Wenn der Bock null Bock aufs Schaulaufen hat
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Wenn der Bock null Bock aufs Schaulaufen hat
LANDKREIS DIENSTAG 22. Juli 2003 Regionalschau des Ziegenzuchtvereins Oedheim in Neckarsulm – Große Liebe zu den Tieren – Arbeitsintensives Hobby Wenn der Bock null Bock aufs Schaulaufen hat Von Anja Kemmler Für wen sein Herz schlägt – daraus macht Tobias Wagenblast keinen Hehl. Das Konterfei von Ziege Amata prangt auf seinem T-Shirt. 21 Geißen und Böcke nennt der 20-Jährige Neudenauer sein eigen. Die schönsten hat er mit zur Regionalschau nach Neckarsulm gebracht. Dort ist das Gemecker groß und der Blick der Jury scharf. Gestatten, Ernst. Ernst ist ein braun-weißer Burenziegenbock, bringt 90 Kilo auf die Waage und hat keinen Bock aufs Schaulaufen. Tobias Wagenblast muss ihn ein bisschen anschieben. Eher widerwillig dreht der Gehörnte seine Runden – und legt noch eine Pinkelpause ein. Die Richter Armin Lang und Karl Belz finden dennoch Gefallen an Ernst. Die Bemuskelung, der Knochenbau, der Gesamteindruck – „ein sehr harmonisches Tier, ohne große Fehler“. Ziemlich zickig gebärdet sich auch der braunfellige Ramon der Rasse Bunte Deutsche Edelziege: „Der mit dem Bock tanzt“ heißt es für seinen Besitzer Peter Blum im Vorführraum. Zehn Mitglieder des Ziegenzuchtvereins Oedheim – sie kommen von Boxberg bis Steinheim – stellen in Neckarsulm 30 Geißen und Böcke aus. Die Zahl der Züchter geht kontinuierlich zurück, bedauert Vereinschef Harald Wendtland aus Nordheim. „Es ist halt ein arbeitsintensives Hobby. Eine Ziege kann man nicht einfach in die Ecke stellen wie ein Fahrrad.“ Nein, wirklich nicht. Tobias WaWas gibt’s denn da zu gucken? Ziegen sind ziemlich neugierig. Ihre Eigenschaften für die Zucht standen jetzt bei der genblast aus Neudenau striegelt seiSchau in Neckarsulm auf dem Prüfstand. (Foto: Ulrike Kugler) ne Buren- und Zwergziegen täglich. „Da warten die schon drauf“, ist er sicher. Manchmal geht der junge Mann auch mit ihnen spazieren. Die intensive Betreuung zahlt sich aus: Ernst hat er schon dazu gebracht, im Winter einen Schlitten durch den Schnee zu ziehen. „Jetzt soll er noch lernen, eine kleine Kutsche zu ziehen.“ Für Ernstens Vorgänger war das kein Problem. Umgeben von Holzgittern und auf Stroh gebettet warten Ozelot, Erle, Beate, Nicki und all die anderen mit Plastiknummern versehen auf ihren großen Auftritt in der Kleintierzuchtanlage. Mit Rauschebart und ohne, mit hängenden Ohren und stehenden, mit Hörnern oder ohne. Ganz schön stressig bei der Probleme beim Stallbau Hitze. Es riecht ein wenig streng. Tobias Wagenblast klärt auf: „Den Geruch verbreiten nur die Böcke.“ Und deshalb war es für den 20-Jährigen auch kein Problem, unlängst ein weibliches Zicklein im Wohnzimmer großzuziehen. „Es wurde von seiner Mutter verstoßen.“ Tobias Wagenblast hat auch Probleme mit seinen Ziegen. So will er schon lange einen neuen Stall bauen – er darf aber nicht, weil der Standort im Landschaftsschutzgebiet liegt. So ein Bockmist. Manchmal geht Tobias Wagenblast die Züchterei ziemlich zu Herzen – dann nämlich, wenn er eins seiner Zicklein zum Metzger bringen muss. Ziegen sind halt ziemlich gebärfreudig – und oft bringen sie Zwillinge zur Welt. Eins ist für den jungen Mann auf jeden Fall klar: Ein Leben ohne Ziegen? „Niemals.“ 300 Mädchen und Jungen beim Gaujugendsingen in Bad Friedrichshall-Kochendorf Mit Singen vom Alltag abschalten Von Anja Kemmler Singen im Chor ist langweilig und irgendwie out – so weit das Klischee. Dass die Realität anders aussehen kann, bewiesen jetzt fast 300 Kinder und Jugendliche beim Gaujugendsingen in Bad Friedrichshall-Kochendorf. Einziger Wermutstropfen: Nur elf von 39 Chören machten mit. Mit himmelblauen T-Shirts und Regenbogen drauf steht der Widderner Nachwuchs auf der Bühne der Realschule und singt von wilden Reitern und weiten Steppen und klatscht im Rhythmus zum Song von der Elefantenbande. Verena, Nadja und die anderen vom Liederkranz Kochendorf können sich zurücklehnen – sie haben ihren Auftritt schon hinter sich. „Es lief gut“, freut sich die elfjährige Nadja. Über 70 Mitglieder hat der Kochendorfer Kinder- und Jugendchor, wissen Nadja und Verena. Fast alle sind Mädchen. „Vielleicht genieren sich die Jungs“, überlegen Lea, Lena und Theresa. Dass Singen langweilig sei – ja, das bekommen die drei schon mal zu hören. „Da machen wir uns nichts draus.“ Sie wissen’s besser: „Singen macht Spaß.“ Kinder- und Jugendchöre zusammenführen, ihnen zeigen, dass es hunderte von anderen Nachwuchssängern gibt und gucken, was die so drauf haben – darum geht’s Susanne Frech, Vorsitzende der Chorjugend im Sängergau Heilbronn, beim Gaujugendsingen. Elf von 39 Kinder- „Man muss die jungen Leute motivieren.“ Käthe Wild und Jugendchören des Gaus sind nach Kochendorf gekommen – die Zahl stimmt Susanne Frech und Schriftführerin Käthe Wild nicht eben froh: „Wir hätten uns mehr gewünscht.“ Woran’s liegt? Am Freibadwetter vielleicht. „Außerdem machen viele Vereine Ausflüge, so dass die Chöre ausgedünnt sind.“ Normalerweise ist das Jugendsingen im Juni, doch das ging dieses Jahr aus terminlichen Gründen nicht. Die Spielregeln sind schnell erklärt: Jeder Chor hat maximal 15 Minuten Zeit, sich mit verschiedenen Liedern zu präsentieren. Benotung und Sieger gibt’s nicht. „Das wär’ für die Kinder nicht gut“, glaubt Frech. Wohl aber gibt es Hans-Georg Hippler. Seinen geschulten Ohren und Augen entgeht nichts. Sind die Stimmen trainiert? Können die Kinder die Töne halten? Sind Bewegungen in die Lieder eingebaut? Auf Vieles achtet der Kritiker, und Vieles notiert er sich. Später bekommt jeder Chor einen Brief von ihm, in dem steht, was gut lief und was noch besser laufen könnte. Das angestaubte Image vom langweiligen Chorgesang – klar, auch dem 19-Jährigen Markus Keim von den „Jungen Wilden“ der Chorfreunde Willsbach ist es schon oft zu Ohren gekommen. Vor allem, als er noch ein paar Jahre jünger war. „Was, du singst?! Das ist doch uncool“ – von solchen Sprüchen kann Markus ein Lied singen. Der Gym- LA1 24 Zaberfeld: Polizei umstellt Wald Dieb wehrt sich mit einem Messer Mit einem Messer hat sich ein 18-jähriger Ladendieb gestern Nachmittag in Zaberfeld gegen seine Festnahme durch einen Detektiv gewehrt. Der junge Mann hatte in einem Einkaufsmarkt in der Ortsmitte eine Schachtel Zigaretten eingesteckt und wollte ohne zu bezahlen das Geschäft verlassen. Anschließend flüchtete er aus Zaberfeld in ein angrenzendes Feld. Die inzwischen alarmierte Polizei umstellte den Wald mit acht Streifen. Bei der Festnahme leistete der Dieb keinen Widerstand. (red) Stadt- und Kreisrat aus Beilstein Paul-Felix Thiede ist gestorben Nach langer und schwerer Krankheit ist Dr. Paul-Felix Thiede aus Beilstein im Alter von 62 Jahren gestorben. Der Grünen-Kommunalpolitiker gehörte dem Beilsteiner Gemeinderat seit 1984 an, saß seit 1989 für die Grünen im Kreistag. Der Historiker und Lehrer am Beilsteiner Gymnasium zählte von Beginn an zu den schärfsten Kritikern des früheren Bürgermeisters Paul Stadel, der wegen des Finanzskandals aus dem Amt geschasst wurde. An dessen Sturz arbeitete Thiede maßgeblich mit, was ihm 1989 die höchste Stimmenzahl bei der Kommunalwahl bescherte. Dem früheren Landrat Otto Widmaier warf er im Zusammenhang mit dem Stadel-Skandal „mafiotischen Kommunalfilz“ vor. Das Heilbronner Schöffengericht stellte 1989 den Beleidigungsprozess unter der Auflage ein, dass Thiede 4800 Mark an eine gemeinnützige Organisation überweist. 1991 versuchte Thiede sein Glück als Heilbronner Grünen-OB-Kandidat, scheiterte aber genauso wie 1995 bei der Beilsteiner Bürgermeisterwahl. Lange Jahre profilierte sich Thiede auch als Gegenspieler von Bürgermeister Günter Henzler in Beilstein oder bei seinen scharfzüngigen Etatreden im Kreistag. Angesichts seiner schweren Krankheit hatte sich Thiede schon seit längerer Zeit immer mehr aus der Kommunalpolitik zurückgezogen. (kin) Und immer schön den Ton halten: Was sie drauf haben, zeigten diese Nach- Landwirtschaftsamt Heilbronn wuchssängerinnen in Bad Friedrichshall. (Foto: Ulrike Kugler) nasiast hat dann versucht, die Ohren auf Durchzug zu stellen. „Ein Grund, aufzuhören, war dieses Geschwätz für mich nie.“ Was ihn am Singen reizt? „Dass man vom Alltag abschalten kann. Das Gemeinschaftsgefühl ist auch wichtig.“ Käthe Wild betont: „Man muss die jungen Leute motivieren, dass sie selbstbewusst zu ihrem Hobby stehen. Deshalb ist die Jugendarbeit so wichtig.“ Viel Pep, nicht nur deutsche Volkslieder, sondern auch mal englische oder italienische Songs, Gospels, Kanons – so werde versucht, das Image aufzupolieren. Offenbar mit Erfolg – Schriftführerin Wild: „Momentan haben wir in den Kinder- und Jugendchören einen Aufschwung.“ Kartoffelschau bei Leingarten Der Beratungsdienst für Kartoffelanbau Heilbronn beim Landwirtschaftsamt Heilbronn zeigt am Mittwoch, 23. Juli, ab 9 Uhr an der Straße von Leingarten nach Nordheim seine Schauversuche mit Kartoffeln. (red) Gleitschirmfliegen für Jugendliche beim Obersulmer Friedrichshof – Höhepunkt des einwöchigen Trendsportfestivals im Weinsberger Tal Für fünf Minuten wird der große Traum vom Fliegen wahr Von Reto Bosch D er kleine Traktor hoppelt in eiliger Fahrt über den unebenen Acker beim Obersulmer Friedrichshof. Er zieht ein Seil hinter sich her, das für zwei Menschen gleich den Traum vom Fliegen wahr machen wird. Am Feldrand steht der behelmte Pilot und prüft ein letztes Mal penibel seinen Tandem-Gleitschirm. In zwei Minuten wird er mit einem Passagier in den Obersulmer Sommerhimmel aufsteigen. Das Angebot Gleitschirmfliegen krönt das einwöchige Trendsportfestival im Weinsberger Tal. An zwei Tagen haben Jugendliche die Möglichkeit, etwas Besonderes zu erleben. „Das ist eine tolle Körpererfahrung“, sagt der Obersulmer Jugendreferent und Mitinitiator des Festivals, Markus Kress. Er sieht im Gleitschirmfliegen die perfekte Verbindung von Sport und Natur. „Pilot und Gerät eingehängt“: Peter Lang macht sich fertig für den Start. Er gibt seinem Mitflieger noch ein paar Hinweise, dann beginnt die Winde an dem insgesamt nieren die Wasseroberfläche. Kein Baum, kein Gebäude stellt sich mehr dem Blick des Betrachters entgegen. Der Wind reißt am Schirm, macht klar, wer hier oben das Sagen hat. Peter Lang weiß diese ungeheuren Kräfte zu kanalisieren und zu steuern. In einem Bogen dreht er bei und fliegt wieder Richtung Startplatz. Sein Passagier kann ihm dabei nicht helfen. Er ist vollauf damit beschäftigt zu staunen. „Bei der Landung wieder mitlaufen“, erklärt Lang, kurz bevor der Traum vom Fliegen wieder endet. Sanft setzt das Duo auf dem harten Ackerboden auf. Dass die Jugendlichen von der neuen Erfahrung beeindruckt sind, machen die jauchzenden Mädchenstimmen und die glühenden Jungengesichter klar. „Das war wirklich schön“, meint Robert Kjellmann. Der 23-jährige Finne war im Rahmen eines Jugendaustausches eine Woche im Weinsberger Tal. „Man muss nichts tun und kann die Natur genießen.“ Am Ho- 45 Quadratmeter Nylon, 60 KunstMit voller Kraft voraus: Anstrengend sind nur die ersten Meter. Ist der Gleitschirm aufgegangen, kommt dem Tandem rizont taucht wieder der Traktor stoffschnüre: Der Gleitschirm ermögdie Seilwinde zu Hilfe. Dann geht es rasch in die Höhe. (Fotos: Ulrike Kugler) licht ein einzigartiges Naturerlebnis. auf. Er wird ungeduldig erwartet. 180 Kilogramm schweren Paket aus zwei Menschen, einem Schirm und diverser Ausrüstung zu zerren. „Immer laufen, nicht fallen lassen“, mahnt Lang noch einmal und gibt das Startkommando. Meter um Meter Ackerboden verschwindet unter den Füßen, die Winde packt zu und reißt die Flieger nach oben. Das alles unter den strengen Augen von Siegfried Seiler. Seiler ist Chef des Vereins Aufwind Brettachtal, der gerne mit Jugendlichen zusammenarbeitet und in Obersulm die jungen Menschen nach oben bringt. Was steckt – neben dem Spaß – hinter der Gleitschirmfliegerei? Seiler: „Wir vermitteln die körperlich-sinnliche Wahrnehmung, dass intensive Bewusstseinszustände und Glücksgefühle ohne Drogen möglich sind.“ Außerdem werde das Selbstvertrauen der Jugendlichen gestärkt. Intensive Bewusstseinszustände? Ganz bestimmt. Das Fliegerpaar schraubt sich immer weiter in die Höhe. Menschen werden zu Ameisen, VW-Busse zu Spielzeugautos. Das gesamte Unterland breitet sich zu den baumelnden Füßen der beiden Flieger aus. Der Breitenauer See blitzt in der Sonne, kleine Segel gar-