Industrie-Applikationen
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Industrie-Applikationen 662 Maximale Sequenzinformation durch optimierte cDNA-Banken Georg Gradl1, Wolfram Hemmer1, Fritz Thümmler2 1GATC Biotech AG, Konstanz, 2Vertis Biotechnologie AG, Freising Abb. 1: Wege zur Reduktion der Redundanz in cDNA-Banken In den letzten Jahren wurden Hochdurchsatz-Methoden zur Sequenzierung von genomischer DNA und cDNA entwickelt und etabliert. Nach der Entschlüsselung des Humangenoms sowie der Genome einiger Modellorganismen steht die differenzielle Genexpression im Mittelpunkt vieler wissenschaftlicher Fragestellungen. Es rücken auch weniger bekannte Organismen und spezialisierte Gewebe immer mehr in das Zentrum des Interesses der Forschung. Die Sequenzierung von cDNA-Banken ist eine gängige Methode zur Identifizierung exprimierter Gene. Die einzelnen mRNA-Spezies werden jedoch in den Zellen in ganz unterschiedlichen Mengen gebildet. Es ist deshalb schwierig, aber häufig von großem Interesse, solche Gene zu finden, die nur gering bzw. nur in wenigen Zellen exprimiert sind. Um den zeitlichen und finanziellen Aufwand solcher Projekte zu mini- noch ist es mit ihrer Hilfe möglich, die Gene, die in dem betreffenden Gewebe exprimiert werden, umfassend zu identifizieren und zu isolieren. Subtraktive cDNA-Banken dienen speziell der Anreicherung differenziell exprimierter Gene und sind damit ideal für das Studium verschiedener Zustände von Zellen und Geweben, wie z.B. gesund/krank, behandelt/unbehandelt oder Wildtyp/ Mutante. Für die Herstellung normalisierter cDNA-Banken wird eine kinetische Methode benutzt. Diese beruht auf Denaturierung und Reassoziation doppelsträngiger cDNA (ds-cDNA)[2]. Die einzelnen Schritte auf dem Weg zur Nor- malisierung von cDNA-Banken sind in Abb. 2 veranschaulicht. Zuerst wird mRNA aus entsprechenden Geweben mit Hilfe von Standardmethoden in ds-cDNA umgeschrieben. Das Anheften von synthetischen Linkern an die Enden der cDNA ermöglicht die spezifische Vermehrung nach jedem Normalisierungs-Zyklus. Die ds-cDNA wird durch Erhitzen in ihre beiden komplementären DNA-Einzelstränge (ss-cDNA) aufgeschmolzen (Denaturierung). Unter kontrollierten Bedingungen finden die komplementären ss-cDNA-Stränge wieder zueinander und bilden doppelsträngige cDNA-Moleküle (Reassoziation). Das Zusammentreffen der beiden komplementären DNA-Stränge ist der zeitbestimmende Schritt bei der Reassoziation, welche eine Reaktion 2. Ordnung darstellt. Die Geschwindigkeitskonstante k der Reassoziation von DNA-Molekülen ist umgekehrt proportional zur Konzentration an komplementären DNA-Strängen. Als Folge davon renaturieren in einer komplexen Mischung unterschiedlicher cDNA-Spezies diejenigen, welche in hoher Konzentration vorliegen wesentlich rascher als jene, welche in niedriger Konzentration vorhanden sind. In Abb. 3 ist die Kinetik der Renaturie- mieren sollten deshalb Wege eingeschlagen werden, die Redundanz der einzelnen Klone in den cDNA-Banken so klein wie möglich zu halten. Dies ermöglicht die Verringerung der Zahl der zu analysierenden Klone ohne dabei Informationsverluste in Kauf nehmen zu müssen. Zwei effiziente Ansätze um dies zu erreichen sind die Normalisierung und die Subtraktion von cDNA-Banken (Abb. 1). Durch die Normalisierung von cDNABanken wird erreicht, dass die Klone in annähernd gleichmäßiger Verteilung vorliegen[1]. Solche Banken können auch aus Geweben hergestellt werden, die nur in sehr geringer MenAbb. 2: Schematische Darstellung der einzelnen Schritte bei der Herstellung normalisierter cDNA-Banken ge vorliegen – den- BIOspektrum · 5/02 · 8. Jahrgang Industrie-Applikationen 663 rung von drei cDNA-Spezies dargestellt, von denen eine in hoher (cDNA-A), die beiden anderen in mittlerer (cDNA-B) bzw. in niedriger Ausgangskonzentration vorliegen (cDNA-C). Als Folge der unterschiedlichen Reassoziationsgeschwindigkeiten nähern sich die Konzentrationen der verbleibenden ss-cDNA-Stränge der einzelnen cDNA-Spezies mit der Zeit einander immer mehr an. Trennt man nun zu einem bestimmten Zeitpunkt (Endpunkt der 1. Normalisierung) die bereits gebildete ds-cDNA von der verbleibenden ss-cDNA ab, erhält man nach PCR-Vermehrung der ss-cDNA-Fraktion eine dscDNA-Population, in der sich die Konzentrationen der einzelnen cDNA-Spezies bereits deutlich angenähert haben. Führt man mit der einmal normalisierten cDNA-Bank einen weiteren Denaturierungs-ReassoziationsZyklus durch (2. Normalisierung), erhält man eine normalisierte cDNA-Bank, in der alle exprimierten Gene in nahezu gleicher Verteilung vorliegen (Abb. 3). An einem Beispiel (Abb. 4) wird gezeigt, dass man bei nicht normalisierten cDNA-Banken bereits nach ca. 13.000 sequenzierten Klonen in einen Bereich kommt, in dem man bei jeder weiteren Analyse 50 % und mehr für bereits ca. 16.500 Sequenzen nötig. Die schwarze Linie stellt den Idealzustand dar (jeder Klon ist individuell repräsentiert). Die Einsparungen bei der Sequenzierung überkompensieren den Mehraufwand für die Normalisierung also bereits nach wenigen tausend Sequenzen. Literatur [1] Marcelo Bento Soares, Maria de Fatima Bonaldo, Pierre Jelene, Long Su, Lee Lawton, Argiris Efstratiadis. Construction and charac- terization of a normalized cDNA library, Proc. Natl. Acad. Sci USA (1994), Vol. 91, 9228–9232 [2] Minoru S.H. Ko. An equalized cDNA library by the reassociation of short double-stranded cDNAs, Nucleic Acids Research (1990), Vol. 18, 5705-5711 Abb. 3: Graphische Darstellung der Reassoziationskinetik von 3 cDNASpezies, die in unterschiedlichen Ausgangs-Konzentration vorliegen. Die Kinetik der Reassoziation ist als Abnahme der Konzentration an einzelsträngiger cDNA (ss-cDNA) mit der Zeit nach vollständiger Denaturierung der doppelsträngigen cDNA (ds-cDNA) dargestellt. Die Renaturierung folgt als Reaktion 2. Ordnung der Gleichung C = Co/(1 + k•Co•t) mit C = Konzentration an ss-cDNA, Co = Konzentration an ss-cDNA zum Zeitpunkt 0, k = Geschwindigkeitskonstante und t = Zeit. Am gewählten Endpunkt der 2. Normalisierung liegen die drei cDNA-Spezies in praktisch gleicher relativer Konzentration vor. bereits bekannte Sequenzen findet (d.h. Sequenzen, die in „Cluster“ mit zuvor analysierten Sequenzen fallen). Hingegen sind diese Effizienzverluste bei der Sequenzierung von normalisierten Banken wesentlich ge- ringer. Abb. 4 zeigt den Unterschied: Um 8.000 unterschiedliche Cluster zu erhalten, muss man mit einer normalisierten cDNA-Bank etwa 10.000 Sequenzen generieren; mit einer Standard-cDNA-Bank sind da- Abb. 4: Drastische Reduktion des Sequenzieraufwandes durch die Verwendung einer normalisierten cDNA-Bank BIOspektrum · 5/02 · 8. Jahrgang Korrespondenzadressen: Dr. Georg Gradl GATC Biotech AG Jakob-Stadler-Platz 7 D-78467 Konstanz Tel.: 07531 81 60 0 Mobil: 0172 8920198 [email protected] www.gatc-biotech.com PD Dr. Fritz Thümmler vertis Biotechnologie AG Lise-Meitner-Straße 30 D-85354 Freising-Weihenstephan Tel.: 08161 141 1211 Fax: 08161 141 1212 [email protected] www.vertis-biotech.com