Ich folge meiner musikalischen Intuition

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Ich folge meiner musikalischen Intuition
KULTUR
REDEZEIT
»Ich folge meiner musikalischen Intuition«
Die Sängerin Maya Saban über ihr neues Album »5773«,
jiddische Klassiker und Rosch Haschana
14.09.2012 - von Philipp Peyman Engel
Frau Saban, Ihr neues Album heißt – passend zu Rosch Haschana – »5773«. Was
erwartet die Hörer der CD?
Das Album besteht aus jiddischen Klassikern wie »Glik«, »Yankele« und »Bei mir bist du
schejn«. Wie der Titel andeutet, verweist das Album auf die Gegenwart. Wir haben versucht,
jiddische Evergreens neu zu interpretieren und ins 21. Jahrhundert zu holen. Viele Songs haben
wir elektronisch aufgepeppt, es gibt sowohl House- als auch Rap-Elemente, und manchen Liedern
haben wir auch ein Swing-Arrangement mit großem Orchester verpasst. Ich finde, es war Zeit für
neue Versionen all dieser schönen, aber etwas angestaubten Lieder.
Hat es wirklich noch eine weitere Version der allzu oft gecoverten Lieder gebraucht?
Ob es das gebraucht hat, können wohl die Zuhörer am besten beantworten. Ich folge einfach
meiner musikalischen Intuition und fühle mich mit den neuen Arrangements sehr wohl.
Wie ist das Album entstanden?
2005 und 2007 hatte ich zwei Alben veröffentlicht, die beide im Singer-Songwriter-Stil und in
deutscher Sprache gehalten waren. Danach wollte ich gern neue musikalische Wege gehen.
Welche das genau werden sollten, wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht. Ein befreundeter DJ
spielte mir dann zufällig verschiedene Club-Beats vor. Dazu habe ich automatisch den Text von
»Bei mir bist du schejn« gesungen. So ist die Idee entstanden, jiddische Klassiker musikalisch neu
zu verpacken.
Gab es dabei musikalische Vorbilder?
Im weitesten Sinne haben mich die Interpretationen der Barry Sisters aus den 1950er-Jahren
inspiriert. Die beiden Musikerinnen haben zu ihrer Zeit ja auch Songs neu interpretiert, die jeder
Jude von Barmizwa-Feiern oder Hochzeiten kennt. Aber auch orientalische Einflüsse sind in mein
Album mit eingeflossen.
© Jüdische Allgemeine - Wochenzeitung für Politik, Kultur und Jüdisches Leben
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Sie singen viele Lieder im jiddischen Original. Mussten Sie die Sprache extra lernen?
Ich verstehe, was ich auf dem Album singe, doch richtig Jiddisch spreche ich nicht. Das war aber
kein Problem bei den Aufnahmen. Ich bin gut darin, mir Liedtexte rein phonetisch anzueignen.
Mit dem jüdischen Ensemble »Gita« habe ich schon mit acht Jahren russische Songs gesungen,
obwohl ich nicht ein Wort Russisch spreche. Und beim Jiddischen ist es ja noch einfacher, weil es
dem Deutschen sehr nah ist.
Wie feiern Sie Rosch Haschana?
Wie jedes Jahr: mit der ganzen Familie. Meine Mutter hat vier Schwestern und einen Bruder, die
wiederum viele Kinder haben. Wir sind insgesamt nie weniger als 20 Personen am Tisch. Für
mich ist das immer eine schöne Zeit, auch, um Ruhe zu finden – bevor dann im neuen Jahr alles
wieder von vorne los geht.
Was erwarten Sie vom neuen Jahr 5773?
Dass es süß wird, natürlich. Beruflich wünsche ich mir, dass ich weiterhin so viel mit meiner
Band spielen kann. Persönlich hoffe ich, dass alle in meiner Familie und meinem Freundeskreis
gesund und glücklich sind. Wenn alles so bleibt wie bisher, bin ich happy.
Mit der Sängerin sprach Philipp Peyman Engel.
—
Maya Saban wurde 1978 in Berlin geboren. 2005 veröffentlichte sie das Album »Mit jedem Ton«,
2007 folgte »Hautnah«. Sie arbeitete unter anderem mit den Söhnen Mannheims, Lena
Meyer-Landrut und Sabrina Setlur zusammen. Ihr Projekt »Jewdyssee«, das sich mit jüdischer
und jiddischer Kultur auseinandersetzt, ist sowohl eine Musikgruppe als auch ein Yiddish Lifestyle
Blog für Autoren.
www.jewdyssee.com
Hörproben der neuen Songs gibt es hier:
http://soundcloud.com/jewdyssee/sets/jewdyssee
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