Schneckengetriebe für die Armaturenautomatisierung Hand

Transcrição

Schneckengetriebe für die Armaturenautomatisierung Hand
Schneckengetriebe für die Armaturenautomatisierung
Wenn es darum geht, die notwendigen Drehmomente für große Schwenkarmaturen aufzubringen, so
führt kein Weg an der Verwendung eines Schwenkgetriebes vorbei. Dabei hat sich der
Drehmomentbedarf in der vergangenen Dekade erhöht, werden doch beispielsweise in
Ballungszentren Pipelines mit immer größeren Durchmessern eingesetzt oder mit immer höheren
Drücken betrieben. Hier bietet sich das Konstruktionsprinzip des Schneckengetriebes an.
Zwischenzeitlich gibt es Schneckengetriebe mit Ausgangsmomenten bis zu 675000 Nm. Die
Konstruktion von Getrieben, mit denen sich solche Kräfte beherrschen lassen, erfordert viel Knowhow und Erfahrung. Höchste Zuverlässigkeit der Stellgeräte ist eine Grundanforderung bei
Anwendungen in diesen Dimensionen, denn ein Versagen kann zu fatalen Folgen führen.
Die Schneckengetriebekonstruktion ermöglicht hohe Untersetzungen in einer einzigen Getriebestufe. Dadurch
lassen sie sich sehr flach bauen, was den Platzverhältnissen im Bereich der Armaturenautomatisierung zu
Gute kommt. Wichtiger noch ist die selbsthemmende Wirkung der Schneckengetriebe. Diese verhindert, dass
durch Krafteinwirkungen am Stellkörper dessen Stellung verändert wird.
Hand- oder Motorbetrieb
Durch die hohen Untersetzungen eignen sich Schneckengetriebe für die Handbetätigung. Dann ist am
Getriebeeingang ein Handrad oder eine Kurbel montiert. Je größer die Armatur und somit das Drehmoment,
desto seltener erfolgt die Betätigung per Handkraft. Prinzipiell ist es aber möglich, durch sogenannte
Vorgelege, das sind vorgelagerte Getriebestufen am Getriebeeingang, das Eingangsmoment so weit zu
reduzieren, dass auch die größten Getriebe per Hand betätigt werden können.
In Zeiten zunehmender Automatisierung gewinnt die motorische Betätigung an Bedeutung. Dazu wird am
Getriebeeingang ein elektrischer Stellantrieb montiert, die Verbindung erfolgt über nach ISO 5210 genormte
Flansche, Wellenenden und Abtriebsformen.
Genormt ist auch die Verbindung zwischen Getriebe und Armatur. Die Flanschmaße entsprechen der ISO
5211, ebenso die Bohrung in der Kupplung zur Übertragung des Drehmoments. Die Kupplung ist ein
separates Bauteil und wird auf die Armaturenwelle gesteckt. Danach wird das Getriebe wiederum auf die
Kupplung aufgesteckt und die beiden Flansche werden miteinander verschraubt. Die Kraftübertragung
zwischen Schneckenrad und Kupplung erfolgt über eine feine Längsverzahnung.
Untersetzungen, Wirkungsgrad und Stellzeiten
Die typische Untersetzung der Schneckenstufe liegt bei ca. 50 zu 1. Durch Montage eines der bereits oben
erwähnten Vorgelege sind Gesamtuntersetzungen bis zu ca. 7 000 zu 1 möglich. Die Vorgelege sind in der
Regel ein-, zwei- oder dreistufige Planeten- oder Stirnradgetriebe.
Die erforderliche Selbsthemmung bedingt einen Wirkungsgrad des Getriebes von unter 50 %. Bei der
Berechnung des erforderlichen Eingangsmomentes spielt somit nicht nur die Untersetzung eine Rolle, sondern
auch der Wirkungsgrad. Die Untersetzung multipliziert mit dem Wirkungsgrad ergibt das Verhältnis von
Ausgangsmoment zu Eingangsmoment.
Die meisten elektrischen Drehantriebe wiederum decken ein Drehzahlspektrum von 4 Umdrehungen pro
Minute bis 180 Umdrehungen pro Minute ab. In Kombination mit den vielen verfügbare Untersetzungen der
Schneckengetriebe ergeben sich nahezu unerschöpfliche Kombinationsmöglichkeiten. Über eine ganze
Baureihe hinweg, das heißt Drehantriebs-Schneckengetriebe-Kombinationen für Armaturen von einigen
Zentimetern Durchmesser bis zu etlichen Metern, ergibt sich ein Stellzeitspektrum von 17 Sekunden bis zu 27
Minuten. Die Stellzeit ist auf die Zeit zum Durchfahren einer 90° Schwenkbewegung bezogen.
Endanschläge
Schneckengetriebe zur Betätigung von Schwenkarmaturen enthalten Endanschläge. Im Falle von
durchdrehenden Armaturen beschränken sie bei handbetätigten Armaturen den Stellweg. Bei motorischer
Betätigung dienen die Endanschläge zur Sicherheit, falls die automatische Wegschaltung versagen sollte.
Prinzipiell gibt es für die Endanschläge zwei Konstruktionsprinzipien. Im ersten Fall werden keine kompletten
Schneckenräder eingesetzt, sondern nur Schneckenradsegmente. In der Endlage fährt dann das
Segmentende über eine Einstellschraube gegen einen Anschlag im Getriebegehäuse. Berücksichtigt man die
große Untersetzung der Getriebe, so führen bereits geringe Überhöhungen des Eingangsmomentes zu
enormen Belastungen des Gehäuses. Stellt man sich ein Szenario vor, dass ein Bediener am Handrad oder
an der Kurbel einen Hebel ansetzt, um die Armatur „richtig dicht“ zu schließen, so liegt ein Bruch des
Gehäuses im Bereich des Möglichen. Das Getriebe ist dann nicht mehr betriebsfähig.
Dieses Sicherheitsrisiko wird bei Einsatz des anderen Konstruktionsprinzips, der Anschlagmutter, vermieden.
Am Ende der Schneckenwelle befindet sich ein Gewinde, auf dem die Anschlagmutter zwischen zwei
Endanschlägen hin und her fährt. Auf diese Endanschläge wirken nicht die großen Ausgangsmomente,
sondern die wesentlich geringeren Eingangsmomente und das Getriebegehäuse bleibt belastungsfrei. Im Falle
des Festfahrens oder eines Bruchs des Endanschlages durch zu hohe Belastung kann das Getriebe trotzdem
noch betätigt werden, denn das Gehäuse bleibt unbeschädigt. Wird außerdem ein komplettes Schneckenrad
eingesetzt kann das Getriebe mit jedem beliebigen Schwenkwinkel oder, bei Verzicht auf die Endanschläge,
auch durchdrehend betrieben werden.
Endanschläge mit Block Stop
Fährt die Anschlagmutter mit überhöhtem Drehmoment gegen einen Endanschlag, z.B. bei Versagen der
Wegabschaltung , so verhindert je ein Sicherheitskeilscheibenpaar vor den Endanschlägen (Patentanmeldung,
in Markteinführung für Drehmomente bis derzeit ca. 60 000 Nm) ein Blockieren der Anschlagmutter. Das zum
Lösen erforderliche Moment beträgt lediglich ca. 60 % des Momentes, mit dem der Endanschlag angefahren
wurde. Somit ist sichergestellt, dass das zum Lösen aus dem Endanschlag erforderliche Drehmoment in
jedem Fall zur Verfügung steht.
Erreicht wird das durch die Keilflächen der Sicherheitskeilscheiben (Safety Wedge Discs). Bewegt sich die
Anschlagmutter auf das Scheibenpaar zu, bilden außenliegende Radialrippen mit der Mutter bzw. mit dem
Endanschlag auf der drehenden Schneckenwelle eine formschlüssige Verbindung. Die Scheiben fahren
gegeneinander und leiten einen Teil der Kraft in die Keilflächen bzw. schieben sich auf den Keilflächen nach
oben. Entsprechend gleiten die Scheiben auf den Keilen beim Lösen zurück.
Zusammenfassung
Armaturen müssen zuverlässig bedient werden können, zu jedem Zeitpunkt. Angesichts der immer größer
werdenden Nenndurchmesser und der steigenden Drücke braucht es ein Getriebedesign, das von Grund auf
die Belastungen auf die Getriebekomponenten minimiert. Unter diesem Gesichtspunkt ist die
Anschlagmutterlösung vorzuziehen. Das Getriebegehäuse bleibt von Belastungen durch die hohen
Ausgangsmomente verschont, ein Ermüdungsbruch des Gehäuses bei Anfahren der Endanschläge ist
ausgeschlossen. Selbst bei einem Bruch eines Endanschlags kann das Getriebe zumindest noch
behelfsmäßig betätigt werden. Durch die Sicherheitskeilscheiben wird das Blockieren der Endanschläge
verhindert. Somit ist keine Situation denkbar, die für das Betriebspersonal vor Ort nicht beherrschbar wäre.
Bilder und Bildunterschriften
Bild 1: Schneckengetriebe/Drehantriebs-Kombination mit Ausgangsmoment bis 675 000 Nm
Bild 2: Schneckengetriebe/Drehantriebs-Kombination in einem Heizkraftwerk
Bild. 3: Aufbau Schneckengetriebe mit Motorflansch und alternativ Handradflansch. Die Kupplung zur
Übertragung des Drehmoments auf die Armatur ist steckbar.
Bild 4: Mehrstufiges Vorgelege
Bild 5: Endanschlagskonstruktion. [1] Anschlagmutter, [2] Endanschläge, [3] Sicherheitskeilscheiben