Neue Entwicklungen in der Wettervorhersage: Potential und
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Neue Entwicklungen in der Wettervorhersage: Potential und
Forum für Wissen 2007: 19–23 19 Neue Entwicklungen in der Wettervorhersage: Potential und Anforderungen für Anwender Mathias W. Rotach Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie, MeteoSchweiz, Krähbühlstrasse 58, CH-8044 Zürich [email protected] Der Artikel erklärt Ansätze und Methoden der modernen Wettervorhersage, insbesondere die Veredelung der numerischen Wetterprognosen durch die Prognostiker. Seit einiger Zeit wird die Unsicherheit, die jeder Prognose für ein natürliches System anhaftet, mit so genannten Ensemble-Vorhersagen quantifiziert. Diese liefern neben dem eigentlichen Prognosewert («Morgen wird das Wetterelement X den Wert Y annehmen») zusätzlich die Zuverlässigkeit der Prognose («Der Wert trifft mit einer Wahrscheinlichkeit von Z Prozent ein»). Dieses neue Element erfordert nicht nur eine neue Arbeitsmethodik auf Seiten der Prognostiker. Auch die Anwender müssen lernen, die Methode und ihre Resultate zu verstehen sowie mit diesen Zusatzinformationen in der Praxis umzugehen. 1 Einführung Naturgefahren / Naturkatastrophen – mit Ausnahme der Erdbeben – stehen praktisch immer im direkten Zusammenhang mit aussergewöhnlichen Wetter- oder Klimasituationen. Sei es die Wetterlage selbst, die zum Ereignis wird (Stürme wie Lothar oder Kyrill), sei es das Auftreten seltener klimatischer Ereignisse (die Hitzewelle im Sommer 2003, siehe z. B. BADER 2004; SCHÄR et al. 2004) oder sei es eines der «nachgelagerten Elemente» (Wasser – Überschwemmungen; Feuer – Waldbrände; Erde – Rutschungen, Luft – Aufwirbelung von Sand in einem Sandsturm, Schneeverfrachtung etc.), das in aussergewöhnlicher Weise reagiert und damit zum Naturereignis wird. Die Warnung vor Naturgefahren ist damit immer direkt mit der Wettervorhersage verknüpft. Wetterprognosen unterscheiden sich grundsätzlich nach deren Zeithorizont: Kurzfristprognose (1 bis 3 Tage) und Mittelfristprognose (4 bis 10 Tage). Längere Vorhersagen wie die Monatsprognose oder die saisonale Prognose gelten bereits als «klimatologische Vorhersagen». Diese prognostizieren nicht, dass in 30 Tagen nachmittags in Zürich starke Schneefälle zu erwarten sind (dies ist theoretisch unmöglich), sondern zum Beispiel, dass «der Folgemonat statistisch signifikant kälter als die Klimatologie (der Durchschnitt) sein wird». Auf der anderen Seite der Zeitskala steht das so genannte Nowcasting mit einer Vorhersagedauer von maximal sechs Stunden. Im Gegensatz zu den Kurz- und Mittelfristprognosen, die sich im Wesentlichen auf die grossräumige synoptische Situation abstützen («Wie entwickeln sich Hoch- und Tiefdruckgebiete?, wie bewegen sich Fronten, wo entstehen neue?», usw.), geht es beim Nowcasting vor allem darum, die kurzzeitige Entwicklung bereits bestehender Wetter-Systeme vorauszusagen. Typische Fragen sind: «Wie wird sich eine Gewitterzelle in den nächsten Stunden entwickeln (Wachstum, Zugbahn)?» oder «Gibt es lokal starke Böen im Zusammenhang mit dem Eintreffen einer bestimmten Störung?» Abhängig vom Zeithorizont der Vorhersage betrachten die Meteorologen unterschiedliche geographische Gebiete. Nowcasting beruht wie erwähnt im Wesentlichen auf der Beobachtung bestehender Wettersysteme. Damit liegt das Gebiet des Nowcasting in der Nähe des Gebiets des interessierenden Wettersystems und ist in der Regel eher kleinräumig. Kurzfristprognosen betreffen Wettersysteme, die zum Prognosezeitpunkt möglicherweise in einer Entfernung von mehreren hundert Kilometern entstehen. Das Vorhersagegebiet umfasst damit ganze Kontinente und allenfalls Ozeane. Die Mittelfristprognose schliesslich bedarf direkt globaler Information1, da sich die relevanten Luftmassen für das Wettergeschehen in 5 bis 10 Tagen noch weit weg befinden und lange entwickeln können. Das Vorhersagegebiet umfasst deswegen immer den ganzen Globus. 2 Wettervorhersage Seit dem Beginn der wissenschaftlichen Wetterprognose zu Beginn des 20. Jahrhunderts (BJERKNES 1904) gibt es eine fundamentale Zweiteilung für die Wettervorhersage: 1. Analyse des gegenwärtigen Zustands der Atmosphäre 2. Vorhersage der Entwicklung Die Analyse basiert auf Beobachtungen und Messungen – weltweit führen unzählige so genannte synoptische Stationen ein vorgeschriebenes Messprogramm für die Meteorologie durch. Zu vorgegebenen Zeiten speisen sie ihre Information ins Global Telecommunication System (GTS) – ein globales Datennetz, auf das alle nationalen Wetterdienste zugreifen können. In Abbildung 1 ist die Analyse der MeteoSchweiz für den europäischen Raum wiedergegeben, wobei jede der kleinen Zahlengruppen die Meldung 1 Das gilt, streng genommen, natürlich auch für die kürzeren Prognosezeiträume, da die globalen Prozesse die lokalen bestimmen. 20 einer synoptischen Station darstellt. Diese Zahlen enthalten neben meteorologischen Stationsdaten auch ausgeklügelte Parameter, die bestimmte Tendenzen der Atmosphäre beschreiben. Natürlich ist es eine gewaltige Aufgabe, all diese Informationen gleichzeitig zu verarbeiten. Deshalb nehmen die Meteorologen seit einigen Jahrzehnten vermehrt die numerische Wetterprognose, also die Unterstützung durch Computer, zu Hilfe. Die Computer gestützten Wettermodelle überziehen die Erde (globale Modelle) oder die interessierende Region mit einem Modellgitter (Abb. 2) und lösen auf jedem der Gitterpunkte fundamentale physikalische Erhaltungsgleichungen (Erhaltung der Energie, des Impulses und der Masse). Damit sind Wetterprognosemodelle zumindest theoretisch korrekt – allerdings ergeben sich durch die räumliche Auflösung (Abstand der Gitterpunkte) und durch die Anfangsbedingungen (die Analyse) erhebliche Unsicherheiten. Globale Wettermodelle haben heute eine horizontale Auflösung von ca. 25 km, während regionale Modelle ca. 10 km Auflösung aufweisen2. Die Schweizer Alpen jedoch sind komplex. Das (regionale) Modell der MeteoSchweiz ist daher immer etwas höher aufgelöst als der weltweite Durchschnitt – gegenwärtig sind es 7 km, ab Januar 2008 werden es 2,2 km sein. Die numerische Wetterprognose allein kann auch mit den besten Computern die Prognostiker nicht ersetzen. Aber sie trägt dazu bei, die Arbeit der Prognostiker zu optimieren und ihre Erfahrung bestmöglich auszunutzen. Das Stichwort «Man Machine Mix» beschreibt wohl am besten das gegenwärtig optimale Zusammenspiel der verschiedenen Möglichkeiten in der Wetterprognose. 3 Die Atmosphäre – ein chaotisches System Wie bereits erwähnt, ist die Analyse (Bestimmung des gegenwärtigen Zustands der Atmosphäre) eine wichtige Grundlage für die Wetterprognose. Bis vor wenigen Jahrzehnten galt das Paradigma: «Die Atmosphäre ist unter idealen Bedingungen (also bei optimal bekanntem Anfangszustand) über ei- Forum für Wissen 2007 Abb. 1. Beispiel der synoptischen Analyse der MeteoSchweiz für den 9. August 2007. Abb. 2. Modelgitter eines globalen atmosphärischen Modells mit darin eingebettetem regionalen Modell (am Beispiel des COSMO Modells der MeteoSchweiz, das Europa abdeckt). Typischerweise hat ein atmosphärisches Modell 40 bis 60 vertikale Schichten, die die Troposphäre («Wetterschicht», ca. unterste 10 km der Atmosphäre) sowie den untersten Teil der darüber liegenden Stratosphäre abdecken. nen Zeitraum von ca. 14 Tagen vorhersagbar. Danach machen die zahlreichen nicht-linearen Prozesse in der Atmosphäre eine Vorhersage unmöglich». Die Bahn brechenden Arbeiten von LORENZ (1963) haben dann gezeigt, dass kleinste Variationen in den Anfangsbedingungen dazu führen können, dass sich die Atmosphäre völlig unterschiedlich entwickelt. Diese «Sensitivität auf die Anfangsbedingungen» ist eine zentrale Eigenschaft des so genannten deterministischen Chaos. Eine Strategie in der numerischen Wettervorhersage war es deshalb in der Folge, aus der Not eine Tugend zu machen: Neben dem konventionellen Ziel, mit «möglichst genauen» Anfangsbedingungen eine «möglichst genaue» deterministische Vorhersage zu erreichen3, verfolgten die Meteorolo2 3 Für ein Gebiet von 10 × 10 km Ausdehnung kann ein solches Modell also eine Temperatur, eine Windgeschwindigkeit, etc. voraussagen. Man kann sich vorstellen, dass dies eine drastische Limitierung in der Präzision der Vorhersage darstellt – insbesondere wenn Oberflächennutzung und Topographie stark variieren. Dies wird selbstverständlich immer noch gemacht – je nach Anwendung ist die deterministische oder die probabilistische Vorhersage besser. Forum für Wissen 2007 gen nun auch das Ziel, mehrere Vorhersagen mit leicht veränderten Anfangsbedingungen zu berechnen und deren Ergebnisse zu analysieren. In Abbildung 3 stellt jeder Pfeil eine einzelne Vorhersage dar. Am Anfang (kurzfrist) liegen die Prognosen eher nahe beisammen. Mit der Zeit beginnen sie jedoch auseinanderzudriften. Wichtig ist festzustellen, dass die Vorhersagen nach einer gewissen Zeit auch wieder grössere Übereinstimmung aufweisen können (nicht müssen!). So kann zum Beispiel zwischen den meisten Modellläufen Einigkeit darüber herrschen, dass eine Störung in ca. fünf Tagen eintreffen wird (relativ grosses Vertrauen in die Vorhersage). Der Übergang in diese Phase kann dagegen ungewiss und mit vergleichsweise grossen Unsicherheiten behaftet sein. Die Strategie, mehrere Vorhersagen mit unterschiedlichen Anfangsbedingungen zu rechnen, wird Ensemble Vorhersage oder auch probabilistische Vorhersage genannt. Das globale System des Europäischen Zentrums für Mittelfristprognose (ECMWF) berechnet täglich 50 Prognosen über 10 Tage (MOLTENI et al. 1996). Aufgrund der enormen Computer-Ressourcen, die für ein solches Unterfangen nötig sind, ist die Auflösung gegenüber der entsprechenden deterministischen Prognose reduziert. Gegenwärtig wird das «EPS» (Ensemble Prediction System) des ECMWF um 00 und 12 UTC gestartet und für jeweils 10 Tage in die Zukunft gerechnet. MeteoSchweiz beteiligt sich am Betrieb bzw. der Weiterentwicklung eines regionalen Ensemble-Vorhersagesystems, COSMO-LEPS (MARSIGLI et al. 2005; MOLTENI et al. 2001; WALSER und ROTACH 2006), das mit 10 km horizontaler Auflösung ein ähnliches Modellgebiet abdeckt, wie in Abbildung 2 gezeigt. Als Randfelder benutzt es das globale System des ECMWF. Dieses System wird nur einmal täglich (00 UTC) für jeweils 5 Tage in die Zukunft gerechnet. Mit Hilfe der Ensemble-Vorhersagetechnik lassen sich nicht nur bestimmte Wetterentwicklungen prognostizieren, sondern auch die Wahrscheinlichkeit ihres Eintreffens, bzw. die Zuverlässigkeit der Prognose. Wenn die meisten der 50 Modellläufe für einen bestimm- 21 ten Zeitpunkt und ein bestimmtes Gebiet Niederschlag vorhersagen, bedeutet dies, dass sich dieses Niederschlagsereignis relativ zuverlässig vorhersagen lässt (das Vertrauen in die Prognose ist gross). Wenn umgekehrt ein einzelner oder nur wenige Läufe ein solches Ereignis vorhersagen, ist die Vorhersagbarkeit gering (das Ereignis aber trotzdem nicht unmöglich). Abbildung 4 zeigt eine «Wahrschein- lichkeitskarte» für den 72-StundenNiederschlag während des Unwetters vom August 2005 (MeteoSchweiz 2006). In einem Band entlang der Alpen zeigt die Karte eine grosse Wahrscheinlichkeit (60–90 %) für Niederschlagssummen grösser als 100 mm/72 h und immer noch beträchtliche Wahrscheinlichkeiten für Niederschlagssummen grösser als 150 mm/72 h. Dies entspricht recht ge- Abb. 3. Schematische Darstellung der prognostizierten Entwicklung des «Wetterzustandes» als Funktion der Zeit in einem Ensemble-Vorhersagesystem. Jeder Pfeil entspricht einer einzelnen Prognose. Wenn alle Pfeile übereinander liegen, sagen alle Modell-Läufe eine ähnliche Entwicklung voraus – die Prognose gilt als relativ zuverlässig. Je weiter die Linien von einander abweichen, desto grösser sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Prognosen. Die Zuverlässigkeit nimmt ab. Abb. 4. Vorhersage der Niederschlags-Wahrscheinlichkeiten für das «August 2005 Ereignis» mit dem COSMO-LEPS Modellsystem (MOLTENI et al. 2001; WALSER and ROTACH 2006). Vorhersage vom 19.8.2005 12 UTC für die 72 h-Periode 20.8.2005, 0600 – 23.8.2005 0600 (aus MeteoSchweiz 2006). 22 nau den Beobachtungen. Tatsächlich fielen örtlich sogar über 250 mm/72 h (MeteoSchweiz 2006). Wichtig ist zu beachten, dass eine Prognose mit geringer PrognoseZuverlässigkeit keine schlechtere Prognose darstellt, sondern ein schwieriger vorherzusagendes Ereignis zu prognostizieren versucht. Vor dem tatsächlichen Prognosezeitraum, d. h. vor dem Eintreten des Ereignisses, ist auch nicht bekannt, welche der 50 Prognosen nun tatsächlich «die Richtige» ist: Alle Einzelprognosen sind gleich wahrscheinlich. Und schliesslich ist die Prognostizierbarkeit nicht überall auf der Welt gleich einfach4. Ensemble-Vorhersagen sind wie oben erwähnt immer noch sehr aufwändig herzustellen, und damit ist die enorme Computerleistung nur von grossen Zentren zu bewältigen. Die MeteoSchweiz benutzt die Produkte des «Europäischen Zentrums für Mittelfristprognose» (ECMWF) sowie die Prognosen mit dem höher aufgelösten COSMO-LEPS System für die eigenen Prognosen. Insbesondere wird in Bälde ein Index für die Prognose-Zuverlässigkeit für die allgemeinen Prognosen der MeteoSchweiz auf dem Internet verfügbar sein. Dieser basiert dann natürlich auf solchen Ensemble-Vorhersagen. 4 Potential für Anwender Die Anwendung meteorologischer Prognosen im Zusammenhang mit Umweltrisiken ist in der Regel mit Entscheidungsprozessen verbunden. Dabei mag es auf den ersten Blick wenig sinnvoll erscheinen, eine Wahrscheinlichkeitsangabe («mit 80 % Wahrscheinlichkeit werden im Gebiet XY mehr als 120 mm in 24 h fallen») statt einer deterministischen Aussage («in den nächsten 24 h werden im Gebiet XY 120 mm Niederschlag fallen») zu erhalten. Tatsächlich muss bei Umweltrisiken die letztendliche Entscheidung immer eine eindeutige sein. Trotzdem bringt die probabilistische Prognose wertvolle Zusatzinformation: – Während die deterministische Prognose «nur» die Vorhersage selbst liefert, erhält man bei der Ensemble- Forum für Wissen 2007 – – – – Prognose auch noch eine Information über die Zuverlässigkeit der Information. Mit Hilfe der Ensemble-Vorhersage lassen sich schon einige Tage im Voraus potentiell gefährdete Gebiete ausmachen und entsprechende Vorbereitungen treffen. Für die Lagebeurteilung im Katastrophenfall ist es äusserst wichtig zu wissen, wie genau sich die Situation vorhersagen lässt: ist es klar, dass ein zeitlich und örtlich recht gut eingrenzbares Ereignis bevorsteht? Oder müssen möglicherweise noch andere Gebiete / längere Zeiträume in Betracht gezogen werden? Eine Entscheidung kann auch – je nach Art und Ort der Gefährdung – von der prozentualen Überschreitung eines Grenzwerts abhängig gemacht werden. So mag die Regulierung eines Seebeckens bereits sinnvoll sein, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass der entsprechende Grenzwert überschritten wird, 70 % ist. Im Gegensatz dazu sollte die Evakuierung eines ganzen Stadtteils vielleicht erst bei 90 % Eintretenswahrscheinlichkeit angeordnet werden. Schliesslich kann die probabilistische Information aus der meteorologischen Vorhersage auch an die nachgelagerten Systeme, z. B. die hydrologische Vorhersage, weitergegeben werden. Erfahrungen mit probabilistischen Abflussvorhersagen (z. B. VERBUNT et al. 2006; JAUN et al. 2006) sind äusserst viel versprechend. Dieses Vorgehen erlaubt, die kombinierte Unsicherheit der verschiedenen Systeme (Atmosphäre und Hydrosphäre, in diesem Fall), aber auch deren Interaktion in Betracht zu ziehen. Letztendlich betrifft die Wahrscheinlichkeitsaussage dann direkt die den Anwender interessierende Grösse («Der Abfluss an der Messstelle XY wird mit 80 % Wahrscheinlichkeit einen bestimmten Schwellenwert überschreiten»). Für den Anwender bedeutet die probabilistische Information also einen Gewinn – aber auch eine Herausforderung. Die Ausbildung der Entscheidungsträger ist von grosser Bedeutung, da es nicht reicht, die Zuordnung «XX mm Niederschlag → Gefahrenstufe rot → Handlungsanweisung» zu kennen. Die Interpretation der probabilistischen meteorologischen oder hydrologischen Information erfordert hohe Prozesskenntnis, über die nur die Fachleute der entsprechenden Dienste verfügen. Entscheidungsträger müssen also auf Fachleute zurückgreifen können, die sie in kritischen Situationen unterstützen. Aber – und das ist wichtig im Zusammenhang mit der weiteren Entwicklung der entsprechenden Warnsysteme – auch die Entscheidungsträger müssen lernen «die probabilistische Sprache zu verstehen und zu sprechen». Im Rahmen des internationalen Forschungsprogramms MAP D-PHASE ist die MeteoSchweiz massgeblich an der Entwicklung und dem Test von Systemen beteiligt, die zum Ziel haben, die Vielzahl an wissenschaftlichen und technischen Informationen in die Sprache der Anwender zu übersetzen. Dies umfasst optimale Kombinationen von Informationen und leicht verständliche Darstellungsformen (ROTACH and ARPAGAUS 2006). Das Kernstück des Projekts, das «Demonstration of Probabilistic Hydrological and Atmospheric Simulation of Flood Events in the Alpine Region» heisst, ist eine Visualisierungsplattform, auf der eine Vielzahl von deterministischen und probabilistischen Vorhersagemodellen zusammen mit neuesten Messinformationen aus verschiedenen europäischen Messnetzen und weiteren NowcastingInstrumenten zusammengestellt sind. Während der DOP (D-PHASE Operations Period) vom Juni bis November 2007 nutzen unzählige «Endbenutzer» aus dem gesamten Alpenraum sowie meteorologische und hydrologische Prognostiker diese Plattform und geben ihr Feedback auf strukturierten Formularen – eine Evaluation, die dann mit der objektiven Modellverifikation verglichen werden kann. Auf 4 Das banale Beispiel stellt hier die Prognose «morgen wird es im Gebiet der Sahara heiss und trocken» dar, die mit sehr grosser Zuverlässigkeit gemacht werden kann – aber gerade deshalb von geringem Wert ist. Forum für Wissen 2007 diese Art soll einerseits die objektive Qualität der Modellvorhersagen überprüft werden, andererseits Erkenntnis darüber gewonnen werden, inwieweit die objektive Modellqualität allein die Nützlichkeit in der Anwendung bestimmt. Die Weltorganisation für Meteorologie WMO (World Meteorological Organisation) unterstützt das Projekt als Forecast and Demonstration Project (ROTACH et al. 2005). Erste konkrete Resultate der Auswertungen sind im Verlauf von 2008 zu erwarten. 5 Literatur BADER, S., 2004: Die extreme Sommerhitze im aussergewöhnlichen Witterungsjahr 2003, Arbeitsberichte der MeteoSchweiz, 209: 25 S. BJERKNES, V., 1904: Das Problem der Wettervorhersage, betrachtet von Standpunkte der Mechanik und der Physik. Meteorol. Z. 21: 1–7. JAUN, S.; WALSER, A.; ZAPPA, M.; AHRENS, B.; GURTZ, J.; SCHÄR, C., 2006: On Evaluation Strategies for a coupled atmospheric-hydrologic ensemble prediction system, Procedings 1st D-PHASE Scientific Meeting, 6–8 November 2006, Vienna. S. 94. 23 LORENZ, E.N., 1963: Deterministic Nonperiodic Flow. J. Atmos. Sci. 20, 2: 130–141. MARSIGLI, C.; BOCCANERA, F.; MONTANI, A.; PACCAGNELLA, T., 2005: The COSMOLEPS mesoscale ensemble system: Validation of the methodology and verification. Nonlinear Process. Geophys. 12: 527–536. MeteoSchweiz, 2006: Starkniederschlagsereignis August 2005, Arbeitsberichte der MeteoSchweiz. 211: 63. Erhältlich auf www.meteoschweiz.ch (> Forschung > Publikationen). MOLTENI, F.; BUIZZA, R.; PALMER, T.N.; PETROLOAGIS, T., 1996: The ECMWF ensemble prediction system: Methodology and validation, Q. J. R. Meteorol. Soc. 122: 73–119. MOLTENI, F.; BUIZZA, R.; MARSIGLI, C.; MONTANI, A.; NEROZZI, F.; PACAGNELLA, T., 2001: A strategy for high-resolution ensemble prediction. Part I: Definition of representative members and globalmodel experiments, Q. J. R. Meteorol. Soc. 127: 345–371. ROTACH, M.W.; ARPAGAUS, M., 2006: Demonstration of Probabilistic Hydrological and Atmospheric Simulation of flood Events in the Alpine region (DPHASE), Proceedings Second THORPEX International Scientific Symposium, 4–8 December 2006 Landshut (D). 54–55. Abstract New developments in weather forecasting: potential and requirements for users In this contribution recent methods and approaches in weather prediction are presented and discussed. A particular focus is given to upgrading of products from Numerical Weather Prediction by the forecasters. For some years the uncertainty, which is intrinsically inherent in any forecast for a natural system, is being quantified using so-called Ensemble Predictions. These yield besides the usual forecast (“Tomorrow, weather element X will assume the value Y”) additional information concerning the reliability of this prediction (“This value can be expected with a probability of Z percent”). This new approach not only requires adaptations in the forecast methodology on the side of the forecasters themselves. End users as well will have to get familiar with the methodology and its potential, and they will have to find strategies on how to include this additional information in the context of their practical work. Keywords: weather prediction, ensemble prediction, reliability of forecast, natural hazards, deterministic chaos ROTACH, M.W.; BOUTTIER, F.; BUZZI, A.; DORNINGER, M.; FRUSTACI, G.; MYLNE, K.; RANZI, R.; RICHARD, E.; SCHÄR, C.; STAUDINGER, M.; VOLKERT, H.; WULFMEYER, V., 2005: MAP D-PHASE: A Forecast Demonstration Project in the framework of MAP, Proposal to Scientific Steering Committee of World Weather Research Programme (WWRP-SSC) of WMO. SCHAER, C.; VIDALE, P.; LUETHI, D.; FREI, C.; HAEBERLI, C.; LINIGER, M.; APPENZELLER, C., 2004: The role of increasing temperature variability for European summer heat waves. Nature 427: 332–336. VERBUNT, M.; WALSER, A.; ZAPPA, M.; AHRENS, B.; GURTZ, J.; SCHÄR, J., 2006: Ensemble Flood Forecasting in Switzerland: Selected case studies of extreme events, Proceedings CHR Workshop “Ensemble Prediction and uncertainties in flood forecasting”, Bern, March 30/31 2006. 61–64. WALSER, A.; ROTACH, M.W., 2006: The Benefit of a Limited-Area Ensemble Prediction System with Respect to flood forecasting, Proceedings CHR Workshop “Ensemble Prediction and uncertainties in flood forecasting”, Bern, March 30/31 2006. 31–36.