Fragwürdige Sexualmoral

Transcrição

Fragwürdige Sexualmoral
5.2.2005
unizeit | personen + projekte | seite 6
Fragwürdige
Sexualmoral
In den Vereinigten Staaten werden heute noch Taten
allein deshalb bestraft, weil sie moralischen Standards
der Gesellschaft nicht entsprechen.
In Jonathans Kaplans Film »Angeklagt« (1988) spielt Jodie Foster ein Vergewaltigungsopfer.
Die Täter kommen mit einer geringen Strafe davon. Das Sexualstrafrecht in den Vereinigten
Staaten unterscheidet sich deutlich vom deutschen. Foto: Paramount Home Entertainment 2005©
Das Strafrecht der USA ist traditionell Recht der Einzelstaaten. Jeder verfügt
über ein eigenes Strafgesetzbuch. Was also in
North Carolina geahndet wird, kann hinter der
Grenze in South Carolina schon wieder legal
sein. Dr. Margit Watzinger hat in ihrer Dissertation die teilweise sehr unterschiedlichen
Sexualstrafgesetze der Einzelstaaten mit den
deutschen verglichen und darin auch Widersprüchliches, Frauenfeindliches und Veraltetes aufgespürt.
Prostitution ist in fast allen Bundesstaaten der
USA verboten. »Man hofft, damit die organisierte Kriminalität im Umfeld in den Griff zu
bekommen«, erklärt Watzinger. Die meisten
Staaten verurteilen jedoch nur Prostituierte,
während die Freier straffrei davon kommen.
Ein Widerspruch, den die Rechtswissenschaftlerin offen kritisiert: »Wäre die Prostitutionsausübung erlaubt, könnten Straftaten im
Umfeld leichter aufgedeckt werden. Prostituierte werden nur dann zu Anzeigen bereit
sein, wenn sie nicht selbst eine gesetzliche
Strafe befürchten müssen«, vermutet sie. In
einem Staat wie New York, einem der wenigen, in denen auch die Kunden zur Rechenschaft gezogen werden können, werden sie
dagegen nur selten verurteilt: »Es wurde festgestellt, dass auf 2994 weibliche festgenommene Prostituierte nur 60 festgenommene
Freier fallen.«
Ein Gesetz, das in Deutschland 1969 abgeschafft wurde, fand Margit Watzinger bei
ihren Recherchen immerhin noch in den
Gesetzbüchern von 19 der 51 amerikanischen
Staaten: Ehebruch. Dabei wird oftmals zwischen der ehebrechenden Frau und dem ehebrechenden Mann unterschieden. So wurde
beispielsweise eine verheiratete Frau in Massachusetts noch 1983 bestraft, weil sie mit
Wasserstoff
durch Mikroalgen
Wasserstoff soll helfen, unsere Energieprobleme zu
lösen. Methoden zur umweltfreundlichen Erzeugung
des Energieträgers erforschen Kieler Wissenschaftler
am Botanischen Institut.
»Es ist nicht so, dass wir die Lösung
für die Energieprobleme der Welt gefunden
haben. Aber es ist ein Lösungsansatz und
zudem ein sehr verlockendes Prinzip.« Das
Prinzip, von dem Professor Rüdiger SchulzFriedrich spricht, ist die Fähigkeit bestimmter
Mikroalgen, der Cyanobakterien und Grünalgen, mit Hilfe der Sonnenenergie Wasserstoff
zu erzeugen. Dieser könnte zum Beispiel in
Brennstoffzellen zur Stromerzeugung genutzt
werden. Auch als Energieträger für Kraftwerke oder Kraftstoff für Autos ist Wasserstoff
prinzipiell einsetzbar. Technologien zur Nutzung von Wasserstoff sind mittlerweile weit
fortgeschritten. Wenn sich die Technologien
durchsetzen, wird der weltweite Bedarf an
Wasserstoff steigen. Bisher wird das Gas
hauptsächlich aus fossilen Brennstoffen hergestellt.
Die Herstellung von Biowasserstoff mit Hilfe
von Mikroalgen bietet jedoch zwei entscheidende Vorteile, sagt der Kieler Biologe, der
sich bereits seit 15 Jahren mit der Thematik
befasst: »Wir verwenden die regenerative
Energieform, das Sonnenlicht. Die Photosynthese ist der effizienteste Lichtsammelprozess, den es gibt. Und die Umweltbelastung
der an die Photosynthese gekoppelten Wasserstoffproduktion ist äußerst gering. Denn
unser Prozess ist kohlendioxid-neutral. Es
wird kein zusätzliches Treibhausgas produziert. Als ›Abgas‹ entsteht allein Wasserdampf.« Doch noch ist alles Zukunftsmusik.
»Um wirklich zu einer Produktion zu kommen,
dauert es noch acht bis zehn Jahre. Bis die
Produktion in großem Maßstab möglich ist,
werden vermutlich 20 bis 25 Jahre vergehen«,
so der Leiter der Abteilung Physiologie und
Biotechnologie der pflanzlichen Zelle am Botanischen Institut.
Zur Zeit beschäftigten die Wissenschaftler vor
allem zwei Probleme: Natürlicherweise bilden
Cyanobakterien und Grünalgen keine ausreichenden Mengen Wasserstoff, um auch nur
den Energieaufwand für ihre Haltung zu decken, geschweige denn einen brauchbaren
Überschuss zu produzieren. Außerdem reagieren die Enzyme, die die Wasserstoffproduktion vermitteln, die Hydrogenasen, empfindlich auf Sauerstoff. »Wenn wir Photosynthese und Wasserstoffproduktion parallel
ablaufen lassen wollen, ›beißt sich die Katze
in den Schwanz‹. Denn bei der Photosynthese entsteht immer auch Sauerstoff und dieser
bremst derzeit noch die Wasserstoffproduktion.« Ziel aktueller Forschungsarbeiten ist
daher, Produktionsstämme von Mikroalgen zu
entwickeln, die eine höhere Wasserstoffaus-
einem Dritten in einem Lastwagen in einem
versteckten Waldviertel Sex hatte. Die
Begründung: Der Ehemann müsse vor Unterhaltszahlungen für mögliche außereheliche
Kinder geschützt werden. Ein Grund, der für
die Rechtsexpertin aus Deutschland haltlos
ist: »Ein Ehemann kann nach Anfechtung der
Ehelichkeit zu einer solchen Zahlung nicht
verpflichtet werden, wenn er nachweislich
nicht der Vater des Kindes ist.« Watzinger vermutet vielmehr, die Gesetzesabsicht diene
eher dem »Eigentumsinteresse des Mannes
an der Frau.« Auch, wenn dieses wie zahlreiche andere der in der Dissertation erwähnten
Gesetze heute kaum noch angewandt wird,
zeige sich eines immer wieder: »In Einzelfällen werden diese Gesetze hier und da hervor
geholt und sind daher nicht zu unterschätzen«, fasst Margit Watzinger ihre Recherchen
zusammen. Auch für »Spanner« hält heute
noch etwa die Hälfte der Vereinigten Staaten
ein eigenes Gesetz vor. »Voyeurismus als eigenen Tatbestand kannte das deutsche Strafgesetzbuch nie. Die Tat wird hierzulande eher als
ein psychologisches als ein kriminologisches
Problem verstanden; vom Spanner scheint
keine allzu große Gefahr auszugehen.« In vielen amerikanischen Staaten übertreten jedoch
beute erlauben und deren Hydrogenasen resistenter gegenüber Sauerstoff sind. Dabei
gehen die Wissenschaftler mehrgleisig vor.
Sie versuchen einerseits, das Enzym gentechnologisch so zu verändern, dass der Sauerstoff dort keinen Schaden anrichten kann.
Zudem wollen sie bestehende MikroalgenSammlungen – eine umfangreiche gibt es zum
Beispiel in Göttingen – daraufhin absuchen,
ob es natürliche Stämme gibt, die besser als
die bisher verwendeten sind.
Im Vordergrund steht zur Zeit noch die Grundlagenforschung. Warum produzieren die Organismen Wasserstoff? Wie machen sie das?
Schulz-Friedrich: »Es muss noch viel erforscht
werden. Je mehr wir wissen, desto besser
können wir das System nutzen.« Dass die
Arbeitsgruppe ihre Forschungsaktivitäten
jetzt intensivieren kann, verdankt sie unter
anderem der Förderung durch die Linde AG.
Darüber hinaus finanziert das Ministerium für
Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur
des Landes Schleswig-Holstein zusammen
mit der Innovationsstiftung Schleswig-Holstein ein Kooperationsprojekt mit dem Elmshorner Unternehmen »BlueBioTech GmbH« .
Zusammen mit dem Biotechnologie-Unternehmen soll ein größerer Bioreaktor aufgebaut
und getestet werden.
Neben Cyanobakterien und Grünalgen gibt es
noch weitere Bakterien, die Wasserstoff produzieren. Sie benötigen aber immer chemische Verbindungen oder organische Substanzen als »Futter« und stoßen damit an Grenzen.
»Man kann zum Beispiel aus Abfällen der
Zuckerindustrie Wasserstoff produzieren.
Voyeure Gesetze. Wer zum Beispiel in Mississippi dabei erwischt wird, heimlich in fremde
Wohnungen zu spähen, kann bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt werden.
Die Promotionsarbeit der Juristin ist gespickt
mit Details und vielen Einzelfällen, die die große Menge an gesetzlichen Vorschriften und
Entscheidungen mit sich bringen. Nachdem
sie alle Delikte im Bereich des Sexuellen
erfasst, die Unterschiede und Besonderheiten
in den Vereinigten Staaten herausgearbeitet
und mit dem deutschen Recht verglichen hatte, entstand ein 310-Seiten-Werk, das zeigt,
wie eng die Moralvorstellungen der amerikanischen Bevölkerung heute noch mit dem
Gesetz verflochten sind.
so
Dr. Margit Watzinger hat im Sommersemester 2004
an der Juristischen Fakultät der CAU bei Professor
Andreas Hoyer promoviert. Ihre Idee für die rechtsvergleichende Dissertation geht auf einen dreimonatigen Aufenthalt in Boston/USA im Rahmen ihrer Referendarausbildung zurück. »Ich wollte ein Thema
bearbeiten, über das noch nicht viel geschrieben
wurde", begründet sie ihre Entscheidung für das
Sexualstrafrecht. Heute arbeitet sie im Bereich
Gesellschafts- und Insolvenzrecht im bayerischen
Rosenheim.
Die Wasserstoffproduktion von Mikroalgen
funktioniert am besten unter Ausschluss von
Sauerstoff. Im Labor muss daher oft in einem
Zelt gearbeitet werden.
Foto: Botanisches Institut
Angenommen man nutzt die gesamten Abfälle der deutschen Zuckerindustrie, um Wasserstoff herzustellen, dann könnten mit der
produzierten Wasserstoffmenge 10.000 Autos
ein Jahr lang durchschnittlich 15.000 Kilometer fahren. Das hört sich viel an, wird aber
nicht unsere Energieprobleme lösen.« Die
Organismen, mit denen die Kieler Arbeitsgruppe arbeitet, koppeln dagegen die Wasserstoffproduktion direkt an die so genannte
oxygene Photosynthese, bei der Sauerstoff
entsteht. Die Organismen benötigen also in
erster Linie Licht und Wasser, um den wertvollen Energieträger Wasserstoff zu bilden.
ne
Wann kommt das Wasserstoff-Auto?
In letzter Zeit ist wenig zu lesen und zu
hören über die Fortschritte der Autobauer
bei der Entwicklung der ersten Wasserstoff-Autos. Dabei tut sich durchaus einiges
in den Unternehmen.
Zum Beispiel bei Opel: Das krisengeschüttelte Unternehmen hat im vergangenen
Jahr auf einer 10.000 Kilometer langen
Fahrt quer durch Europa ein Auto mit reinem Wasserstoffantrieb erfolgreich getestet. Am 3. Mai startete ein Opel Zafira im
norwegischen Hammerfest in Richtung Lissabon. Bis 2010, so die Planung des Unter-
nehmens, soll das Fahrzeug serienreif
angeboten werden.
Fast alle Autohersteller entwickeln Fahrzeuge, die mit Wasserstoff fahren. Die meisten planen, den Wasserstoff in einer
Brennstoffzelle in elektrische Energie
umzuwandeln, um so Elektromotoren anzutreiben. BMW jedoch favorisiert eine andere Technik: Die Münchner halten am Verbrennungsmotor fest und tauschen nur den
Treibstoff. Diesen gibt es seit November
2004 in der weltweit größten öffentlichen
Wasserstofftankstelle am Berliner Messe-
damm. Experten schätzen jedoch, dass es
bis 2030 dauern wird, bis WasserstoffAutos tatsächlich in großer Zahl auf unseren Straßen fahren. Denn abgesehen davon,
dass erst alle Tankstellen umgerüstet werden müssen, Brennstoffzellen sind sehr viel
teurer als heutige Verbrennungsmotoren,
und die Systeme zur Wasserstoffspeicherung sind noch nicht ausgereift. Außerdem
wird Wasserstoff derzeit vor allem aus Erdgas hergestellt, das damit anderen Anwendungsfeldern entzogen wird.
ne