Tag der Metallurgie 2014: Akzeptanz für Industrie in Deutschland
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Tag der Metallurgie 2014: Akzeptanz für Industrie in Deutschland
Metall vor ort Tag der Metallurgie 2014: Akzeptanz für Industrie in Deutschland erhalten hier die beste, effizienteste und ökologischste Technologie.“ BDI-Präsident Ulrich Grillo forderte vor mehr als 100 Teilnehmern auf der Veranstaltung, Europa brauche einen Wettbewerbsfähigkeitsrat, der auch entscheidungsfähig sei. „Der bestehende Rat sollte aufgewertet und zum zentralen Wächter der Wettbewerbsfähigkeit in der EU werden“, sagte Grillo. „Die Experten sollten ein echtes Mitspracherecht haben – nicht nur eines, das auf dem Papier steht.“ Wettbewerbsfähigkeit sei eine Voraussetzung, um am globalen Wachstum teilzuhaben. Grillo sprach von einer Benchmark für internationale Handelsankommen. Das Freihandelsabkommen TTIP bezeichnete Grillo als große Chance. „Das Abkommen sei für beide Seiten ein kostenloses Konjunkturprogramm.“ Der BDI-Präsident hofft nun nach der Wahl in Europa auf mehr Sachlichkeit in der Debatte. Neues Verfahren zum Recyceln von Röhren- und LCDBildschirmen mit dem Kaiserpfalz-Preis der Metallurgie ausgezeichnet Der Präsident der Gesellschaft der Metallurgen und Bergleute, Prof. Dr. Hans Jacobi, warnte davor, die Wertschöpfungskette in Deutschland zu gefährden. „Sie ist die Basis unserer Wirtschaftskraft. Wir müssen alles tun, um sie zu erhalten.“ Dies sei unter anderem nur möglich, wenn den Unternehmen Energie ohne Unterbrechungen und zu auskömmlichen Preisen zur Verfügung stehe. „Die Energiewende kann dieses Ziel gefährden und möglicherweise Investitionsentscheidungen von Unternehmern negativ beeinflussen“, mahnte Jacobi auf dem Tag der Metallurgie in Goslar. Die Veranstaltung fand als das zentrale Treffen der Nichteisen-Metallindustrie vom 23. bis 25. Juni in Goslar auf Einladung der GDMB und der WirtschaftsVereinigung Metalle statt. F ür den Hauptgeschäftsführer der WirtschaftsVereinigung Metalle, Martin Kneer, ist die Akzeptanz der Industrie in den kommenden Jahren ein entscheidender Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands. „Wohlstand fällt nicht einfach vom Himmel. Wir werden ihn uns auch in den kommenden Jahren weiterhin hart erarbeiten müssen. Dazu muss Wettbewerbsfähigkeit – eine Voraussetzung für Wachstum Die sichere Energieversorgung stand im Mittelpunkt zahlreicher Tagunsgbeträge. So diskutierte Prof. Dr.-Ing. Martin Faulstich, Geschäftsführer des CUTEC Instituts an der TU Clausthal, ClausthalZellerfeld, die Energiewende und Rohstoffwende mit ihren Herausforderungen an Wirtschaft und Gesellschaft. Ulrich Altstetter, Vorstand Wieland-Werke AG, Ulm, thematisierte Chancen und Grenzen der Energieeffizienzsteigerung in Unternehmen. Die Beiträge der stromintensiven Industrie zur Erhaltung einer sicheren und wettbewerbsfähigen Stromversorgung in Deutschland erläuterte Dipl.-Ing. Heribert Hauck, Leiter der Energiewirtschaft, TRIMET Aluminium SE, Essen, am Beispiel der Aluminiumhütte. die Industrie in der Gesellschaft akzeptiert sein“, sagte Kneer. Die Nichteisenmetallbranche ist Kneer zufolge auch in Zukunft von zentraler Bedeutung. „Der Ausbau von Infrastruktur und die Entwicklung des Wohlstands in Drittländern werden dazu führen, dass der Bedarf an Nichteisen-Metallen weiter steigen wird. Ziel muss es sein, dass Know-How in Deutschland dabei zu nutzen: Wir haben Fotos: GDMB Recycling alter und neuer Bildschirme Prof. Dr. Hans Jacobi, Präsident der GDMB Gesellschaft der Metallurgen und Bergleute 294 Im Rahmen der Veranstaltung wurde der mit 50.000 Euro dotierte Kaiserpfalzpreis der Metallurgie vergeben. GDMB und WVM hatten den Preis für herausragende wissenschaftliche Leistungen im Feld der Metallurgie im Jahr 2008 ins Leben gerufen. In diesem Jahr ging die Auszeichnung an ein Team um Prof. Dr. Michael Stelter von der TU Bergakademie in Freiberg, das zusammen mit dem Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie ein Verfahren entwickelt hat, mit dem Blei aus 7-8/2014 | 68. Jahrgang | METALL Metall vor ort Verleihung der Kaiserpfalzpreises der Metallurgie in der Kaiserpfalz Goslar Bildröhrenglas zurückgewonnen werden kann. Das Verfahren ermöglicht zudem eine kombinierte Rückgewinnung von Indium, Zinn und weiteren Metallen aus modernen LCD-Flachbildschirmen. Produkte dieses Verfahrens sind ein marktfähiges Glas sowie die separate Rückgewinnung der Metalle, einschließlich der Edelmetalle aus den Bildschirmen. Der Hintergrund: Das Entsorgen von Röhren- und LCD-Bildschirmen birgt bis heute ein hohes Risiko für die Umwelt. Gleichzeitig gehen wertvolle und begehrte Inhaltsstoffe wie die Metalle Indium und Zinn dabei verloren. Die Entsorgung von alten Fernsehgeräten ist problematisch, da im Glas der Bildschirme viel Blei enthalten ist; der Bleigehalt liegt bei etwa 30 %. Auch LCD-Bildschirme sind ein Problem für das Recycling. Schätzungen zufolge werden in der EU bis 2018 rund 550.000 Tonnen LCD-haltige Schrotte anfallen. „In geringen Mengen enthalten sie die wertvollen Metalle Indium und Zinn, die auf dem Weltmarkt stark nachgefragt und auch für unsere Industrie von großer Bedeutung sind“, erklärte Prof. Dr. Michael Stelter vom Institut für Nichteisenmetallurgie und Reinststoffe der TU Bergakademie Freiberg. Ein wirtschaftlich tragfähiges Verfahren zum Recycling beider Gerätetypen gab es bislang nicht. Am Institut für Nichteisenmetallurgie und Reinststoffe wurde nun in Zusammenarbeit mit dem Institut für Keramik, Glas- und Baustofftechnik und dem Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie ein Konzept entwickelt. „Dieses neue Verfahren löst die METALL | 68. Jahrgang | 7-8/2014 Probleme beim Recycling der Schrotte der beiden Bildschirmgenerationen und stellt damit eine strategisch und wirtschaftlich interessante, innovative Lösung dar“, sagte Robert Wolf vom Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie, welches zum Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf gehört. Kombination in einem einzigen pyrometallurgischen Verfahren Dieser Lösungsansatz für das Recycling von Bleigläsern und LCDs ist sehr einfach und besticht gerade durch diese Einfachheit. In einem einzigen pyrometallurgischen Verfahren, wobei die Bildschirme samt Glas in einem Ofen geschmolzen werden, können beide Schrottsorten gemeinsam verarbeitet werden. So lassen sich die Vorund Nachteile der beiden Schrotte kombinieren und sich gegenseitig aufwiegen. In der Summe ergibt sich ein Prozess, in dem beide Schrotte mit einigen Additiven zusammen geschmolzen werden. Produkte sind ein Mischglas, das als Glaskeramik genutzt werden kann und eine bleihaltige Phase, in der alle Metalle enthalten sind. Daraus können anschließend Indium oder Zinn wiedergewonnen werden. Es entstehen also aus dem Prozess bis auf das Abgas keine weiteren Abfallstoffe. Erste Versuche zeigten, dass über 80 % des enthaltenen Indiums in den LCD-Monitoren zurückgewonnen werden kann. Auch Zinn wurde bereits nachgewiesen. Prof. Dr. Michael Stelter bedankte sich im Namen der verschiedenen beteiligten Institute für den Preis: „Die Auszeichnung ist der höchst dotierte Preis in diesem Bereich in Europa. Die Ehrung zeigt, dass die Kooperation verschiedener Institute exzellente Forschung hervor bringen kann – alleine wäre es in dieser Form sicher nicht möglich gewesen“. Er fuhr fort: „Das Geld können wir für das Projekt gut gebrauchen. Wir müssen noch untersuchen, wie weit wir bei der Extraktion des Indiums gehen können. 80 % bekommen wir schon raus, nun müssen wir die absoluten Grenzen ausloten.“ Perspektivisch werde der Einsatz des Verfahrens in der Industrie anvisiert. Es bestehe auch die Möglichkeit, nach diesem Verfahren weitere Schrotte zu verarbeiten, beispielsweise Abdeckscheiben von Solarmodulen oder LEDs mit Indium im Kristall. Diesjährige Preisträger: Stellvertretend für das gesamte Team nehmen Prof. Dr. Michael Stelter (rechts) von der TU Bergakademie Freiberg und Robert Wolf vom Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie den Preis entgegen. 295