Changyu, GER, Weinkrampf unter der Sonne, Chateau AFIP

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Changyu, GER, Weinkrampf unter der Sonne, Chateau AFIP
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Industrie // Medien
MONTAG, 24. SEPTEMBER 2012
FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND
Xstratas Deal
mit Glencore
zieht sich hin
Der Schweizer Bergbaukonzern Xstrata erhält von den britischen Behörden
mehr Zeit, über einen Verkauf an Glencore nachzudenken. Auf Wunsch
beider Unternehmen wurde die Frist
bis zum 1. Oktober verlängert, teilte
Xstrata am Freitag mit. Ursprünglich
sollte der Konzern seinen Beschluss
spätestens am Montag bekannt geben.
Der in der Schweiz ansässige Rohstoffhändler Glencore hatte seine
Offerte für Xstrata vor Kurzem um
2 Mrd. Dollar auf 36 Mrd. Dollar erhöht. Xstrata-Großaktionär Katar
sträubt sich gegen die Transaktion
und verlangt mehr Geld. Das Geschäft
zieht sich mittlerweile seit sieben Monaten hin, entsprechend verstärkte
die jüngste Verzögerung nun die Nervosität der Anleger. Die Xstrata-Aktie
schloss am Freitag in London 4,2 Prozent niedriger, Glencore büßte 1,7 Prozent ein. Als Grund für die Verzögerung gab Xstrata an, dass die externen
Direktoren mehr Zeit bräuchten und
zunächst die Rückmeldung der Großaktionäre abwarten wollten. Die Fusion wäre der größte Zusammenschluss in der Branche seit 2007.
Glencore und Xstrata versprechen
sich milliardenschwere Einsparungen
und die massive Rohstoffnachfrage
aus China und anderen Schwellenländern besser bedienen zu können.
Gemäß der nachgebesserten Offerte soll nicht länger Xstrata-Chef
Mick Davis das fusionierte Unternehmen führen, vielmehr soll innerhalb
von sechs Monaten nach Abschluss
die Leitung an Glencore-Chef Ivan
Glasenberg übergehen.
REUTERS, FTD
FTD/Ruth Fend
Bergbaukonzern erhält für
Verkauf längere Bedenkzeit
Retortendorf Chateau Changyu AFIP Global, eine Stunde von Peking entfernt. Bis 2015 sollen in China insgesamt acht Kopien von französischen Weingüter entstehen, auch zu touristischen Zwecken
Weinkrampf unter der Sonne
In China wird mehr Rebensaft verkauft als angebaut. Trotzdem wird neuerdings gegen Importe aus Europa
gewettert. Der Grund für die Beschwerden über Dumping könnte bei einem ganz anderen Gewerbe zu suchen sein
Ruth Fend, Peking
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Bis ins Detail hat sich der chinesische
Weinproduzent an das europäische
Vorbild gehalten. Die Apotheke im
französischen Dorf ziert wie in Frankreich ein grünes Kreuz, zu dem türmchenübersäten Schloss im BordeauxStil führt Kopfsteinpflaster. Für chinesische Damenfüße ist das so ungewohnt wie unbequem. „In euren Ländern ist das vielleicht natürlich. Hier
ist das so ein Fake!“, entfährt es plötz-
lich der bis dahin aalglatten Kommunikationsfrau.
Das Chateau Changyu AFIP, eine
Stunde von Peking entfernt, ist nur eines von sechs pompösen Schlössern
des größten chinesischen Weinproduzenten. Acht sollen es bis 2015 werden. Am Hauptsitz Yantai in der Küstenprovinz Shandong entsteht derzeit
sogar für 1 Mrd. Dollar eine ganze
„Winetropolis“ inklusive Weinhandelsgeschäft und Touristenstadt.
Es sind nicht gerade Pläne, die ein
gebeuteltes Unternehmen aushecken
würde, sollte man meinen. Warum
also forderte der Industrieverband
China Alcoholic Drinks Industry Association im August das chinesische
Handelsministerium auf, etwas gegen
unfairen Wettbewerb aus Europa zu
unternehmen? „Wir bemerken eine
klare Absicht, europäischen Wein unterhalb der Produktionskosten zu verkaufen“, kritisierte ein Sprecher. In
drei Jahren hätten europäische Hersteller ihren Marktanteil auf 14 Prozent fast verdreifacht. „Fast alle heimischen Weinhersteller sagen, dass
ihr Geschäft schwer getroffen wurde.“
Die Klage hat ironische Komponenten. Aus Sicht des Verbrauchers,
der für eine Flasche mittelmäßigen
europäischen Wein in chinesischen
Geschäften das Dreifache dessen
zahlt, was er in einem deutschen Supermarkt ausgeben würde. Schon jetzt
werden an der Grenze 48 Prozent Zoll
fällig. Dazu kommen enorme Margen
der Importeure und Großhändler. „In
Hotels liegen die Margen sogar bei
400 bis 500 Prozent“, sagt Edward
Ragg, Mitgründer von Dragon Phoenix Wine Consulting in Peking.
Dazu kommt: Die größten Nutznießer von ausländischem Dumpingwein
sind die großen heimischen Weinhersteller selbst. Der chinesische Weinmarkt, schon jetzt weltweit Nummer
fünf, wächst so schnell, dass sie mit
dem eigenen Anbau nicht hinterherkommen – und den eigenen Wein mit
europäischem Massenwein panschen
oder gleich komplett in die eigenen
Weinflaschen abfüllen.
„Ich schätze, dass sicher ein Drittel
des als chinesisch verkauften Weins
eigentlich aus dem Ausland kommt“,
sagt ein chinesischer Ex-Mitarbeiter
einer französischen Weinfirma in
Peking. „Für den Gaumen ist das Panschen eine ziemliche Erleichterung“,
sagt Weinverkoster Ragg. Bei
Changyu gibt man das Mixen sogar
zu, wenn auch nicht in dem Umfang:
„Wir kaufen derzeit Massenwein aus
Chile, Frankreich und Italien und
mischen ihn mit unserem Wein“, sagt
Sun Hongbo, Geschäftsführer des
Changyu-AFIP-Weinguts bei Peking.
Und wiegelt ab: „Es ist nicht sehr viel,
nur ein paar Tausend Tonnen.“
Tatsächlich steigt der Marktanteil
der Ausländer beim Weinverkauf, weil
die Chinesen den wachsenden Bedarf
gar nicht selbst decken können. Die
Chinesen sind weit davon entfernt, auf
ihrem eigenen Wein sitzen zu bleiben,
was die ominöse Verbandsklage vermuten ließe. Ihre Produktion ist viel
zu gering. Angesichts des Umfangs
der Chateau-Anlage mit ihren französischen Fassaden und dem Dekokirchturm, vor dem Hochzeitspaare für Fotos posieren, wirken etwa die wenigen
rebenbewachsenen Hügel rundherum
wie Zierde. 3000 Tonnen könne man
Guter Tropfen
Chinesische Weinimporte nach Ländern
im 1. Hj. 2012, Anteil in %
17,9
36,7
sonstige
Frankreich
10,1
Australien
gesamt
200
Mio. Liter
17,3
Chile
FTD/mg;
Quelle: Jing Daily/www.haiguan.info
18,0
Spanien
eigentlich produzieren, sagt WeingutChef Sun, aber 2011 waren es nur 700.
„Es gab nicht genug Trauben.“
Und so groß China auch ist: Für den
Anbau von Qualitätswein eignen sich
klimatisch nur wenige Gebiete.
Changyu weiß das – und hat selbst im
Ausland Weingüter gekauft.
„Insgesamt müssen die Chinesen
sich eigentlich keine großen Sorgen
machen. Sie sind in einem ganz anderen Segment unterwegs als die Importweine“, sagt Ragg. Die großen
Hersteller verkaufen vor allem Billigweine für 3 bis 5 Euro. Und auch im
hochpreisigen Segment haben sie
eine Nische gefunden: Bis zu 90 Prozent des in China verkauften Weins
kommen als Geschenk oder für Bankette der Eliten zum Einsatz – und
hier zählt vor allem eine protzige Verpackung. Der 2005er-Cabernet-Sauvignon für 95 Dollar beispielsweise
schmeckt mittelmäßig – wird aber in
einer aufwendigen Holzkiste geliefert.
Was ist also der Grund für die
Klage gegen Importe, die den Chinesen eher nutzen als schaden? Pekinger EU-Mitarbeiter vermuten, dass er
rein gar nichts mit Wein zu tun hat –
sondern mit der chinesischen Solarindustrie. Gegen die zeichnete sich zum
Zeitpunkt der Beschwerde eine AntiDumping-Klage aus der EU ab, die den
Chinesen gar nicht ins Konzept passte. Und wie sie in solchen Fällen reagieren, haben sie schon öfter gezeigt.
„Die Anti-Dumping-Klagen der Chinesen sind immer reaktiv“, heißt es in
EU-Kreisen. Sie fühlen sich provoziert. „Dann kommt das Handelsministerium und legt irgendeinem Verband eine Beschwerde vor und sagt:
Da, unterschreibt.“
Universal darf EMI übernehmen
Kartellwächter in EU und USA stimmen Musikdeal zu, verlangen aber den Verkauf von Sparten
Mark Schrörs, Brüssel,
und Benjamin Dierks, Hamburg
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Der weltgrößte Musikkonzern Universal darf das traditionsreiche Londoner Plattenlabel EMI schlucken.
Die Wettbewerbshüter der EU und der
USA billigten am Freitag die rund
1,5 Mrd. Euro schwere Übernahme.
Die EU-Kommission stellte aber
einige Bedingungen: Damit das zum
französischen Medienkonzern Vivendi gehörende Universal nicht zu viel
Marktmacht erhält, muss das Unternehmen zahlreiche EMI-Sparten verkaufen. Dazu zählt das lukrative Kultlabel Parlophone, das Künstler wie
Coldplay, Kylie Minogue und David
Bowie unter Vertrag hat. Die US-Kartellbehörde FTC erhob anders als erwartet keine weiteren Forderungen.
„Durch die überaus umfangreichen
Zusagen von Universal ist sichergestellt, dass der Wettbewerb in der
Musikbranche gewahrt bleibt und die
europäischen Verbraucher weiterhin
sämtliche Vorteile nutzen können“,
sagte
EU-Wettbewerbskommissar
Joaquín Almunia. Die zu verkaufenden Teile machten rund zwei Drittel
der EMI-Einnahmen in Europa aus.
Trotz der Auflagen der EU zementiert der Deal die Marktführerschaft
von Universal in der europäischen
Musikindustrie. Auch nach den Spartenverkäufen kann der Konzern
seinen Marktanteil mit EMI hier auf
rund 40 Prozent ausbauen. Mit der
Übernahme bleiben von den vier Großen der von sinkenden Verkaufszahlen gebeutelten Musikindustrie noch
drei. Für EMI enden 80 Jahre als
eigenständiges Unternehmen.
Die EU-Kommission hatte vor allem untersucht, welche Folgen die
Übernahme für den digitalen Verkauf
von Musik haben wird. Zwar macht
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„Musikliebhaber können
auch künftig eine breite Auswahl genießen“
JOAQUÍN ALMUNIA,
EU-Wettbewerbskommissar
der Verkauf von CDs und anderen physischen Tonträgern noch den größten
Teil des Absatzes aus. Der digitale
Verkauf nimmt aber zu und dürfte den
von CDs bald überholen.
Die Kommission wollte verhindern, dass Universal Anbietern digitaler Musik wie Apple oder Spotify dann
höhere Preise und teurere Lizenzbedingungen auferlegen kann. „Musikliebhaber in Europa können auch
künftig eine breite Auswahl an Musikdienstleistungen genießen“, sagte Almunia. Er bezeichnete den Kartellfall
als „einen der schwierigsten“.
Neben EMI Recording Limited, zu
dem Parlophone gehört, müssen noch
eine Reihe EMI-Sparten in verschiedenen Ländern und weitere Labels
verkauft werden – darunter Mute (unter anderem The Ramones) und Chrysalis (Depeche Mode, Moby). Zu den
Interessenten dürften Rivalen wie
Sony, Warner sowie Inhaber von Independent-Labels gehören. UniversalChef Lucian Grainge kündigte an,
dass er trotz aller Rivalitäten an den
höchsten Bieter verkaufen werde.