SchiedsamtsZeitung Verkehrssicherungspflicht

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SchiedsamtsZeitung Verkehrssicherungspflicht
SchiedsamtsZeitung
Online-Archiv
67. Jahrgang 1996, Heft 06
Seite 82a-86
Organ des BDS
Bund Deutscher Schiedsmänner und
Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 ‹ 44704 Bochum
www.schiedsamt.de ‹ [email protected]
Verkehrssicherungspflicht
von Franz Rustige, Schm. in Eitorf
Der sich aus der Nichtbeachtung der Verkehrssicherungspflicht ergebende
Schadensersatzanspruch kommt im Alltagsleben häufiger vor als man vermuten
kann. Deshalb sollte auch die Schiedsamtsinhaberin/der Schiedsamtsinhaber in
einem allgemeinen Überblick darüber informiert werden, damit er in einem
vermögensrechtlichen Güteverfahren die Sachlage richtig beurteilen kann.
Nach der einschlägigen Rechtsprechung hat der Grundstückseigentümer alle
erforderlichen Vorkehrungen zum Schutz anderer Personen zu treffen. Als
Eigentümer kommen sowohl natürliche Personen (z. B. Hauseigentümer, Gastwirte,
Gewerbetreibende, freischaffende Personen) oder aber auch öffentlich-rechtliche
Körperschaften in Betracht. Die Schadensersatzverpflichtung ergibt sich aus §, 823
BGB: »Wer vorsätzlich oder fahr-lässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die
Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich
verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens
verpflichtet.«
So ist z. B. der Träger einer Straßenbaulast für die Verkehrssicherungspflicht für
Straße und Fahrbahn zuständig.
Bei Schnee- und Eisglätte wird nach der Rechtsprechung die
Verkehrssicherungspflicht auf den Umfang begrenzt, was »die Rücksicht nach der
Verkehrsauffassung« gebietet. Dabei sind die örtlichen Verhältnisse, die Wichtigkeit
der Verkehrswege, die Stärke des Verkehrs, die Leistungsfähigkeit des
Streupflichtigen und die Zumutbarkeit der einzelnen Maßnahmen wichtige
Entscheidungskriterien. Bei der öffentlichen Verkehrssicherungspflicht beginnt die
Streupflicht am Morgen mit dem Einsetzen des Verkehrs und endet am Abend (20
Uhr). Dagegen besteht für einen privaten Hauseigentümer frühmorgens noch keine
Streupflicht für durch Eisbildung verursachte Rutschgefahr auf der Eingangstreppe.
Auch nicht für den Fall, dass der Zusteller einer abonnierten Zeitung stürzt.
Wenn ein Fußgänger auf einem Gehweg, für den der Hauseigentümer die
Verkehrssicherungspflicht hat, außerhalb der zeitlichen Grenzen der Streupflicht
stürzt, so trifft den Fußgänger die Beweislast, und zwar sowohl dafür, dass der
Streupflichtige innerhalb des zeitlichen Bereichs der Streupflicht nicht gestreut hat als
auch, dass der Fußgänger bei pflichtgemäßem Verhalten des Streupflichtigen
spätestens am Ende des Zeitraumes der Streupflicht nicht gestürzt wäre (so die
hierzu ergangene Rechtsprechung).
In diesem Zusammenhang soll noch darauf hingewiesen werden, dass nach der
Rechtsprechung derjenige, der nicht verkehrssicherungspflichtig ist, sich dann
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Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in welcher Anzahl,
auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte erstrecken sich auch auf die
veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der
Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung
des Carl Heymanns Verlages.
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schadensersatzpflichtig macht, wenn er auf Eigeninitiative einen vereisten
Gehwegbereich unsachgemäß reinigt.
Der Betreiber eines Einkaufsmarktes ist verpflichtet, den von ihm hergerichteten
Kundenparkplatz bei winterlichen Witterungsverhältnissen schon bei zu erwartender
Bildung von Glatteis zu streuen, wozu auch die Parkbuchten gehören. Die
Verpflichtung obliegt auch dem Pächter einer Autobahnraststätte für Gehwege, die
vom Parkplatz zum Gaststättengelände führen.
Beachtenswert ist die Rechtsprechung hinsichtlich der Einkaufswagen auf einem
abschüssigen Kundenparkplatz. Hier ist der Geschäftsinhaber gehalten, die
Einkaufswagen mit Feststellbremsen zu versehen. Es genügt in diesem lalle nicht,
wenn der Geschäftsinhaber stehen gelassene Einkaufswagen von Bediensteten
einsammeln lässt, die vorrangig mit anderen Aufgaben beschäftigt sind (so LG
Nürnberg-Fürth und LG Köln). Die Haftung des Geschäftsinhabers für die
Beschädigung eines abgestellten Kundenfahrzeuges entfällt aber dann, wenn nicht
die fehlende Feststellbremse des Einkaufswagens, sondern die Unachtsamkeit eines
Kunden die Schadensursache ist, wie LG Baden-Baden und das AG Augsburg in
Urteilen ausgeführt haben. Bei Beschädigungen auf Kundenparkplätzen ist die
Schadensursache dann besonders schwierig zu ermitteln, wenn keine Zeugen
vorhanden sind.
Bei einem auf einem Waldparkplatz abgestellten PKW kann nicht ohne weiteres
gegen den Eigentümer des Forstgrundstücks ein Ersatzanspruch geltend gemacht
werden, weil bei einem unvorhersehbaren Sturm ein umfallender Baum das Auto
beschädigt hat. Nach einem Urteil des AG Bad-Neuenahr-Ahrweiler braucht ein
Waldparkplatz nur dann gesperrt zu werden, wenn ein Sturm rechtzeitig
vorhersehbar ist.
Bei einer Baustelle hat sowohl der Unternehmer, der den Rohbau erstellt, als auch
der bauaufsichtsführende Architekt — beide als Gesamtschuldner — für die
Absicherung der Baustelle zu sorgen.
Ein Tiefbauunternehmer ist gehalten, vor Eindringen des Baggers in das Erdreich,
sich über den Verlauf der im Erdreich verlegten Versorgungsleitungen an Ort und
Stelle zu unterrichten. Die Verlegungspläne bekommt er bei der zuständigen
Stadt/Gemeinde. Er darf jedoch nicht darauf vertrauen, dass in den Plänen die
regelmäßige Mindesttiefe vermerkt und auch tatsächlich eingehalten ist. Im
Zweifelsfall ist der Erdaushub von Hand vorzunehmen, um jedwedes
Gefahrenmoment auszuschließen. Gerade bei Tiefbauarbeiten ist schon mancher
Unfall passiert, teilweise auch mit tödlichen Personenschäden.
Um Arbeiten an Häuserfronten vorzunehmen, ist fast ausschließlich für die
Aufstellung des Fassadengerüstes die Inanspruchnahme des Gehweges erforderlich.
Zur Absicherung ist eine Baustellenabsperrung aus festem Material erforderlich, weil
sog. Plastik-Flatterleinen leicht einreißen oder sonst wie abgerissen werden können.
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Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in welcher Anzahl,
auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte erstrecken sich auch auf die
veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der
Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung
des Carl Heymanns Verlages.
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Besonders für Kinder ist diese Art der Absperrung ein Anziehungspunkt.
Nach der herrschenden Rechtsprechung muss jeder Verkehrsteilnehmer damit
rechnen, dass am Boden kleine Gegenstände liegen. Da es gegen solche
allgemeinen Gefahren des täglichen Lebens keinen Schutz gibt, haftet eine
Stadt/Gemeinde auch dann nicht, wenn ein Fußgänger auf dem Gehweg stürzt, nach
einem Urteil des LG Berlin selbst dann nicht, wenn es sich bei dem Untergrund um
eine Treppe handelt, die am Unfalltage noch nicht gereinigt worden ist.
Das OLG Zweibrücken hat in einem Urteil entschieden, dass eine Hausaußentreppe
nicht bereits deshalb verkehrsunsicher ist, weil die oberste Stufe ein unzulässiges
Gefälle aufweist. Bei einer Hausaußentreppe, die an sich nicht gefährlich ist, geht die
Verkehrssicherungspflicht nicht so weit, dass sie schon bei bloßer Feuchtigkeit mit
abstumpfenden Mitteln gestreut werden muss.
Das OLG Köln hat in einem Rechtsstreit entschieden, dass bei einer 7 mm über dem
Bodenniveau hochstehenden Abdeckplatte eine Verkehrsunsicherheit nicht gegeben
ist und der Fußgänger mit solchen Unebenheiten rechnen muss.
Für den Zugang zu einem Gebäude trifft die Verkehrssicherungspflicht grundsätzlich
den Grundstückseigentümer. Bei einem gewerblichen Grundstück trifft die
Verkehrssicherungspflicht nur dann den Mieter, wenn der Zugang mitvermietet
worden ist.
Liegt in einem Wegebereiche ein Gitterrost, das 6 cm durchgebogen ist, und dieser
Zustand für einen Fußgänger erkennbar ist, so muss er nach einem Urteil des LG
Regensburg dieser Unebenheit ausweichen und hat bei einem Sturz wegen
Eigenverschuldens keinen Schadenersatzanspruch gegen den
Verkehrssicherungspflichtigen. Anders dagegen liegt der Fall, wenn jemand in den
vor der Hauseingangstüre befindlichen, 1,2 m tiefen Lichtschacht fällt, weil dieser
nicht durch Gitterroste abgedeckt war. Nach einem Urteil des BGH erhöht sich die
Verkehrssicherungspflicht, wenn die Außenbeleuchtung des Hauses schwach ist
oder häufig nicht funktioniert und ein nicht ordnungsgemäß abgedeckter Lichtschacht
eine nicht erkennbare Falle darstellt.
Die Verkehrssicherungspflicht ist auch auf Innentreppen, im Treppenhaus und Fluren
zu beachten. Insbesondere sind bei der Reinigung Pflegemittel zu verwenden, die
keine übermäßige Glätte verursachen. Ansonsten entsteht bei Verletzungen durch
die Anwendung falscher Pflegemittel ein Schadenersatzanspruch gegen den
Verkehrssicherungspflichtigen.
Zur Verkehrssicherungspflicht für den Eigentümer eines Wohnhauses gehört auch —
gleichgültig ob eigengenutztes Einfamilienhaus oder Mietwohngrundstück — für eine
ordnungsgemäße Beleuchtung bei Dunkelheit sowie für die dauernde
Betriebssicherheit der Beleuchtungsanlage zu sorgen. Das gilt sowohl für die
Außenbeleuchtung wie auch für die Beleuchtung des Treppenhauses.
Bei dem Auslegen von Fußmatten zur Verminderung von Verschmutzung ist darauf
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auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte erstrecken sich auch auf die
veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der
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zu achten, dass sie rutschfest verlegt sind. Aber auch hier weist die Rechtsprechung
darauf hin, dass der Benutzer von Anlagen eine gewisse Sorgfaltspflicht zu beachten
hat, sodass nicht in jedem Schadensfalle davon ausgegangen werden kann, dass
der Geschädigte einen Schadensersatzanspruch hat.
Das OLG München hatte in einer Schadenersatzklage über folgenden Fall zu
entscheiden: Ein ahnungsloser Passant war durch ein hell erleuchtetes Schaufenster
von neu eröffneten Ausstellungsräumen angelockt worden. Dabei fiel er in einen
nicht ordnungsgemäß abgedeckten Kellerschacht. Er renkte sich hierbei die linke
Schulter aus und erlitt eine Knochenabsplitterung. Außerdem verletzte er sich hierbei
am rechten Knie.
In diesem Falle musste das OLG München untersuchen, ob der Bauherr
Schadenersatz und Schmerzensgeld zu zahlen habe, obwohl er einen Architekten
und einen Bauunternehmer mit der Beaufsichtigung der Baustelle beauftragt hatte.
In seinem Urteil vom 25. Mai 1994 führte das OLG München folgendes aus: Wenn
Schaufenster hell erleuchtet seien, müsse man besonders damit rechnen, dass dies
Schaulustige anlocken werde. Der Bauherr müsse sich also vergewissern, ob die
Baustelle so gesichert sei, dass Passanten nicht zu Schaden kommen könnten. Bei
einem schlecht abgedeckten Kellerschacht sei dieser Pflicht nicht Genüge getan. Der
Bauherr müsse folglich Schadenersatz und Schmerzensgeld zahlen. Allerdings treffe
den Verunglückten ein Mitverschulden an dem Unfall, da er erkennbar eine Baustelle
betrat und dort mit Gefahrenquellen rechnen musste.
Bei Dacharbeiten und Dachreparaturarbeiten obliegt dem verantwortlichen Bauleiter
die Verkehrssicherungspflicht. Sie ist besonders dann sehr sorgfältig zu beachten,
wenn für die Aufstellung eines Gerüstes und/oder Aufzuges öffentliche
Gehwegfläche in Anspruch genommen werden muss.
Besondere Sorgfaltspflichten obliegen den Inhabern von großen Kaufhäusern und
Verbrauchermärkten. Sie beginnen schon im Eingangsbereich mit Stolperstellen bei
versetztem Bodenniveau und fallen im Innenbereich bei verlegten
Kunststoffbodenplatten an, besonders dann, wenn durch nasse Witterung
Feuchtigkeit hereingetragen wird. In Lebensmittelmärkten hat der Besitzer darauf zu
achten, dass nicht durch heruntergefallene Gefäße Flüssigkeiten oder ähnliche
Materialien auf der Bodenfläche verstreut und damit zu einer akuten Unfallgefahr
werden. Nach der herrschenden Rechtsprechung wird in einer Obst- und
Gemüseabteilung der Verkehrssicherungspflicht genügt, wenn alle 15 bis 20 Minuten
auf dem Boden liegende Ost- und Gemüsegegenstände ordnungsgemäß beseitigt
werden. In diesen Bereichen wird nach der Rechtsprechung auch eine besondere
Sorgfaltspflicht vom Kunden verlangt.
Nach einem Urteil des OLG Koblenz haftet ein Hotelier dann, wenn ein Gast im
Badezimmer deshalb ausrutscht, weil der geflieste Boden nach Beendigung von
Reinigungsarbeiten zu nass war. Dagegen entfällt nach einem Urteil des AG
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Wolfratshausen die Haftung des Hoteliers, wenn ein Gast während oder nach dem
Duschen am Rande der Duschwanne hängenbleibt.
Sehr bedeutsam ist die Verkehrssicherungspflicht, wenn sich auf dem Grundstück
ein Teich oder ein Schwimmbecken befindet.
Das LG Lübeck hat in einem Urteil die Auffassung vertreten, dass bei einem
Mietwohngrundstück der Vermieter die Anlage eines Teiches nicht verbieten kann. In
einem Urteil vom 19.11.1993 hat das OLG Oldenburg ausgeführt, dass sowohl
Mieter als auch Eigentümer eines frei zugänglichen Grundstücks haften, wenn sich
auf dem Grundstück ein ungesicherter Gartenteich befindet. Insbesondere dann,
wenn dieser wegen seiner Tiefe für die in der Nachbarschaft wohnenden kleinen
Kinder eine Gefahr für Leib und Leben darstellt. So reiche es keinesfalls aus, wenn
durch ein an der Grenze aufgestelltes Schild das Betreten des Grundstücks verboten
und Kindern das Spielen untersagt wird. In einem Rechtsstreit hat das OLG
Karlsruhe ausgeführt, dass es auf der Hand liege, dass von einem Gartenteich eine
Anziehung auf Kinder ausgeht. Je größer der Reiz ist, den gefährliche Gegenstände
auf Kinder jeden Alters ausüben, desto wirksamer müssten die Schutzmaßnahmen
sein. Auch, wenn das Grundstück zur Straße durch einen Zaun oder eine Hecke
eingegrenzt werde, sind weitere Sicherungsmaßnahmen nötig. Es reiche keinesfalls
aus, die Mutter von Nachbarkindern anzuhalten, ihre Kinder zu beaufsichtigen.
Der BGH hat zu diesem Problemkreis die Auffassung vertreten, dass eine Haftung
dann entfällt, wenn Nachbarn gegenseitig auf Einfriedigung ihrer Grundstücke
verzichtet haben, dadurch ein Kleinkind unbemerkt an den Zierteich gelangt und
ertrinkt. Die Eltern, so begründet der BGH seine Rechtsprechung, hätten nämlich
durch den Verzicht auf den Grenzzaun ihrem Kind den Zugang zu der
Gefahrenquelle erst ermöglicht. Zwar bestehe eine Verkehrssicherungspflicht nicht
gegenüber Personen, die sich unbefugt auf das Grundstück begeben. Die gelte aber
nicht gegenüber Kindern, da hier der Spieltrieb, die Unerfahrenheit und der
Bewegungsdrang von Kindern berücksichtigt werden müssten. Diese schreckliche
Erfahrung musste ein Eigentümer machen, dessen Grundstück durch einen
seitlichen 1,60 m hohen Zaun zum Nachbargrundstück und durch einen
Metallgitterzaun mit einem 3 m breiten Rolltor gesichert war. Da das Tor tagsüber
häufig offen war, gelangten 3 Kinder zwischen 3 und 5 Jahren hinein, von denen
eines in einem Schwimmbecken ertrank. Das OLG Köln hat den Eltern ein
Schmerzensgeld von 30.000 DM zugesprochen.
Lilie Gemeinde haftet für Unfälle auf öffentlichen Kinderspielplätzen, wenn sie diese
nicht laufend auf ihre Gefahrlosigkeit überprüft. Besondere Verletzungsgefahr
besteht bei Glasscherben unter Kinderrutschen. Nach einem Urteil des LG Aachen
werden weniger hohe Anforderungen an die gemeindliche Kontrollpflicht gestellt,
wenn aufgestellte Spielgeräte von Kleinkindern nicht benutzt werden können.
Sportvereine genügen ihrer Verkehrssicherungspflicht, wenn hinter dem Tor eines
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Fußballfeldes ein 6 m hoher und 30 m breiter Ballfangzaun errichtet ist. Das hat das
LG Ellwangen in einem Rechtsstreit entschieden, in dem ein Fußball eine AutoWindschutzscheibe beschädigt hat.
Die aufgeführten Fälle geben einen Überblick, wie wichtig die Beachtung der
Verkehrssicherungspflicht ist, wie schnell man zum Schadenersatz herangezogen
werden kann und wie häufig der Schiedsamtsinhaber/die Schiedsamtsinhaberin zu
einem Güteversuch in vermögensrechtlicher Hinsicht herangezogen werden könnte.
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