Zusammenfassung_moderiertes Gespräch_Schwesig und Hannack

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Zusammenfassung_moderiertes Gespräch_Schwesig und Hannack
Zusammenfassung:
Moderiertes Gespräch mit Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig und der
stellvertretenden Vorsitzenden des DGB Elke Hannack
„Anforderungen an eine Lebenslaufpolitik“
Wie kann der kulturelle Wandel befördert werden, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besser
umzusetzen? Und welche Möglichkeiten bieten Politik und Gewerkschaften diesbezüglich an? Diese und weitere
Fragen beantworteten die Familienministerin Manuela Schwesig und die stellvertretende Vorsitzende des DGB
Elke Hannack in einem moderierten Gespräch mit Manuela Rukavina, die durch den Tag führte.
Zunächst wurden die gesetzlichen Verbesserungen für eine familienbewusstere Gestaltung von Arbeitszeiten
dargelegt, die durch das Familienministerium im ersten Jahr der laufenden Legislaturperiode erreicht werden
konnten. Im Besonderen betonte die Ministerin den quantitativen und qualitativen Ausbau der Infrastruktur im
Kita- und Schulbereich, der für viele Familien eine Entlastung und Bereicherung darstellt. Zusätzlich werde die
geplante Einführung des neuen ElterngeldPlus eine längere Unterstützung für junge Familien bringen. Die
Ministerin unterstrich die stützende und gestaltende Funktion dieser Gesetze für eine bessere Vereinbarkeit von
Familie und Beruf. Ein umfassender Wandel könne, laut Schwesig, jedoch nur erreicht werden, wenn eine breite
Öffentlichkeit in der Gesellschaft, in den Betrieben und in den Familien, dieses Thema als wichtig und
veränderbar wahrnimmt. Um den Gefahren einer ständigen Flexibilisierung entgegenzuwirken, müsse es eine
gemeinsame Aufgabe sein, die Arbeitswelt familienbewusster zu gestalten.
Trotz dieser Erfolge sehe Elke Hannack noch einigen Verbesserungs- und Handlungsbedarf. In keinem anderen
EU-Land liegt die Anzahl der Arbeitsstunden bei Männern und Frauen so weit auseinander wie in Deutschland.
Die (unfreiwillige) Teilzeitarbeit, von der meist Frauen betroffen sind, hat nicht nur finanzielle Nachteile. Auch
Karrierechancen und gesellschaftliche Anerkennung fallen geringer aus, so Hannack. Die reale Arbeitswelt
müsse sich hier stärker an die Wünsche der Arbeitnehmerschaft anpassen. Immer häufiger sprechen sich auch
männliche Beschäftigte für eine Verkürzung ihrer Arbeitszeit aus, während weibliche Beschäftigte sich weiterhin
längere Arbeitszeiten wünschen. Auch in Bezug auf die bestehende Entgeltungleichheit (Gender Pay Gap) wäre
nach Aussagen von Hannack wichtig, die Position der Betriebs- und Personalräte zu stärken und deren
Mitbestimmungsrechte zu erweitern. Nachbesserungsbedarf sehe der DGB vor allem im Bereich der kleinen
Betriebe mit unter 15 Beschäftigten, da hier das Teilzeit- und Befristungsgesetz keine Anwendung findet. In
diesem Zusammenhang sprach sich Elke Hannack für eine gemeinsame Initiative mit den Ministerien aus.
Ein weiteres Thema des Gesprächs waren tradierte Rollenbilder, die für die Unterschiede zwischen Männern und
Frauen bei Arbeitszeiten und Entgelt mitverantwortlich sind. An die Ministerin wurde deshalb die Frage
gerichtet, wie es in Zukunft gelingen kann, Erwerbsarbeit und Familienarbeit gerechter zu verteilen und damit
einen übergreifenden kulturellen Wandel zu schaffen. Als Antwort darauf forderte Manuela Schwesig eine
Projekt „Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestalten!“
bessere Unterstützung für Paare, die sich ein gerechter verteiltes Lebens- und Arbeitsmodell wünschen. Sie
betonte ausdrücklich, dass es nur Aufgabe der Paare selbst sein könne, zu entscheiden, welches Lebens- und
Familienmodell sie leben möchten. Sie verwies jedoch auf die Nachteile, die durch traditionelle Rollen- und
Familienbilder, insbesondere für Frauen, entstehen können: Keine oder eine niedrige Rente, wenig soziale und
finanzielle Absicherung im Trennungsfall oder die alleinige Fürsorgepflicht für die Familienangehörigen. Deshalb
sei es der Ministerin wichtig, dass die Politik ein modernes Arbeits- und Familienmodell unterstütze. Dabei
stimmte sie dem DGB zu, dass echte Selbstbestimmung nur durch ein eigenes Einkommen und eine
selbstständige Existenzsicherung möglich ist. Hier sehe sie auch die vorbildhafte Funktion der Frauenquote.
Durch eine vermehrte Präsenz von Frauen in Führungspositionen wird stärker denn je die öffentliche Debatte
nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf angestoßen und die Selbstverständlichkeit von berufstätigen
Frauen demonstriert, so Schwesig.
Elke Hannack betonte ebenso wie die Ministerin, wie wichtig es sei, Paare zu unterstützen, die sich eine
gerechtere Aufteilung der Arbeits- und Familienzeit wünschen. Gewerkschaften und Gesetzesgeber müssten
hier ihren Beitrag leisten. Das ElterngeldPlus sei dabei eine logische Konsequenz, um die guten Ansätze des
letzten Regierungsjahres fortzusetzen. Zudem hätten viele Unternehmen inzwischen verstanden, dass Frauen
die größte ungenutzte Arbeitskraftreserve darstellen und als Leistungsträgerinnen einbezogen werden müssen,
um konkurrenzfähig zu bleiben. Dennoch schaffen es Frauen nur selten in Führungspositionen, weshalb die
Diskussion um die Einführung der Frauenquote besonders wichtig sei. Ein kultureller Wandel in der Arbeitswelt,
so erklärte Elke Hannack, sei nur möglich, wenn ein gesetzlicher Rahmen vorhanden sei, der die Unternehmen
an bestimmte Vorgaben binde. Der DGB sehe sich weiterhin in der Verantwortung, Betriebs- und Personalräten
beim Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu unterstützen.
Am Schluss wurden die Perspektiven für das Gesetz zur Familienarbeitszeit diskutiert. Manuela Schwesig verwies
darauf, dass die Debatte um die Frauenquote gezeigt habe, dass die Gleichberechtigung noch nicht so weit ist,
wie viele sich das wünschen würden. Drei Viertel der arbeitstätigen Frauen in Deutschland seien einer Umfrage
zu Folge der Meinung, dass Ungerechtigkeit in der Arbeitswelt herrsche. Die Familienarbeitszeit besitze in
diesem Zusammenhang eine Schlüsselfunktion, so die Ministerin. Mit ihrer Einführung ergäben sich positive
Effekte für eine Angleichung von Arbeitszeiten und Entlohnungen bei Männern und Frauen. Außerdem würde
sich das Bruttoinlandsprodukt als Folge der erhöhten Arbeitsstunden vergrößern. Die Ministerin versicherte, dass
sie sich in dieser Legislaturperiode für eine Umsetzung der Familienarbeitszeit stark machen und ein Gesetz
spätestens in der nächsten Legislatur auf den Weg gebracht werde.
Die zentralen politischen Herausforderungen für die Zukunft sehe Elke Hannack erstens in er Einführung einer
vollzeitnahen Teilzeit als führendes Arbeitsmodell, zweitens in der Abschaffung von Minijobs bzw. deren
Umwandlung in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse sowie drittens in der staatlichen und
gesellschaftlichen Honorierung von privater und professioneller Pflege.
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