Université Laval, 2013-14 - Akademisches Auslandsamt

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Université Laval, 2013-14 - Akademisches Auslandsamt
Erfahrungsbericht
Name: Dennis Wandel
Austauschjahr: Herbstsemester 2013
Gastuniversität: Université Laval
Stadt: Québec
Land: Québec, Kanada
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kann aber im Akademischen Auslandsamt erfragt werden.
Überblick über mein Semester an der Université Laval in Québec, Québec, Kanada im
Herbst 2013
Ich studiere Lehramt Gymnasium im achten Semester in den Fächern Englisch und Französisch und hatte seit langem den Wunsch, eine Zeit lang im französischsprachigen Ausland
zu verbringen. Zunächst wollte ich eines der Schulpraktika im Ausland absolvieren, um zum
einen Unterrichtspraxis zu erlangen und zum anderen in einer meiner beiden Fremdsprachen den Alltag zu meistern. Schlussendlich hat mich aber ein Auslandssemester mehr
überzeugt, das ich mit Recherchen für meine Zulassungsarbeit in französischer Sprachwissenschaft kombinieren konnte.
Bereits mehr als ein Jahr im Voraus habe ich mich über mögliche Studienorte informiert. Dabei wurde mir schnell klar, dass ich nicht nach Frankreich wollte wie die meisten Kommilitoninnen und Kommilitonen, sondern lieber in ein anderes, exotischeres frankophones Land.
Die Möglichkeiten in Québec haben mich schließlich am meisten überzeugt, da ich für mich
weder in der Schweiz, noch in Belgien eine interessante Universität finden konnte. Fast zur
gleichen Zeit hatte ich mich mit Frau Prof. Schwarze am Lehrstuhl für romanische Sprachwissenschaft bereits auf ein Thema für meine Zulassungsarbeit mit Bezug zu Québec geeinigt. Ende des Jahres 2012 waren bedauerlicherweise zeitweilig nur noch wenige kanadische Universitäten bereit, deutsche Studenten in einem Austauschprogramm aufzunehmen.
Dennoch hatte ich die Wahl zwischen der Université de Sherbrooke im Süden Québecs und
der Université Laval in der Hauptstadt Québec, mit denen die Universität und insbesondere
der Lehrstuhl von Frau Prof. Schwarze seit Jahren enge Beziehungen unterhält. (Man beachte die regelmäßigen Veranstaltungen zum Thema Québec mit einer Reihe von Gastdozenten aus Québec, die in Augsburg stattfinden.)
Da es sich bei dem Austausch mit der Université Laval um eine direkte Kooperation zwischen beiden Universitäten handelt, konnte ich mich mit zwei weiteren Studentinnen mit einem kurzen Motivationsschreiben bei Frau Prof. Schwarze bewerben und erhielt Ende Januar 2013 bereits eine Zusage, die im März 2013 dann frühzeitig von der Université Laval bestätigt wurde. Daraufhin buchte ich bereits meine Flüge für August und Dezember, das Semester in Québec beginnt am 2. September und endet eine Woche vor Weihnachten, wobei
jeweils eine Woche vor und nach dem Semester für Organisatorisches und Klausuren eingeplant werden sollte. Ein möglichst kurzer und direkter Hin- und Rückflug von München über
Montréal nach Québec mit Lufthansa und Air Canada ist zu empfehlen, Kostenpunkt etwa
1000 €. Wie von mir leidvoll erfahren, kann vor Weihnachten ein Blizzard auch leicht dazu
führen, dass man Weihnachten außerplanmäßig im schönen verschneiten Québec verbringen darf. Außerdem empfiehlt sich eine rechtzeitige Bewerbung für das PROMOSStipendium des DAAD für ein Semester in Kanada, das im besten Falle 300 Euro monatlich,
sowie Reisekostenübernahme bietet. Dies ist meiner Erfahrung nach eine sehr empfehlenswerte Möglichkeit, die Mehrkosten eines Auslandsaufenthalts zu decken. Der formale Bewerbungsprozess sollte aber unbedingt ernst genommen werden (Bewerbungsfrist). Zudem
vergibt der bayerische Ministerpräsident ein Stipendium für Abschlussarbeiten, für die ein
mehrwöchiger Aufenthalt in Québec für Recherchen notwendig ist, das mir für meine Zulassungsarbeit große Dienste geleistet hat (mehr Informationen bei Frau Prof. Schwarze).
Noch im März 2013 habe mich auch für ein Zimmer im Wohnheim der Université Laval beworben, dass ich durch die Zahlung der ersten Miete von 312 $/ etwa 220 € per Kreditkarte
reservieren konnte. Dieser Schritt ist sehr frühzeitig zu empfehlen, da später im Jahr eine
Warteliste für Zimmer eingerichtet werden muss.
Nach meiner Ankunft am 21. August hatte ich noch ausreichend Zeit, Organisatorisches und
Touristisches noch vor dem Semester zu erledigen. Die Wohnheimzimmer sind alle relativ
alt, aber möbliert und sauber. Gemeinschaftsduschen , -toiletten und -küchen sind annehmbar, und weitgehend sehr gepflegt. Alle Wohnheime sind auf dem weitläufigen Campus verteilt und mit allen anderen Gebäuden für den harten Winter mit unterirdischen Gängen verbunden. Das zusätzliche Mieten von Mikrowelle und Kühlschrank sind eine nützliche Option,
da die Küchen darüber nicht verfügen (beides zusammen etwa 150 $ pro Semester). Geschirr etc. kann aber im eigenen Schrank (casier) in der Küche verstaut werden. Auch Bettwäsche ist selber mitzubringen, will man die erste Nacht nicht auf einer leeren Matratze verbringen. Jedoch findet man westlich des Campus das größte Einkaufszentrum Québecs
(Laurier), mit Geschäften wie Simmons, Sears, Dollorama, Metro, die alles für den Alltag bieten. Grundsätzlich haben insbesondere Supermärkte großzügige Öffnungszeiten (etwa 7-23
Uhr).
Das Kursangebot der Universität ist reichhaltig, die Université Laval bietet so ziemlich jeden
erdenklichen Studiengang. Auch wenn ich in Français langue seconde (FLS) eingeschrieben
war, konnte ich nach einigem Verhandeln vor Ort auch einen Englischkurs und einen Kurs
für kanadische Studenten besuchen. Das Niveau der Kurse variiert teils stark, weswegen
man sich überlegen sollte, ob man wie ich bereits in fortgeschrittene Kurse für Muttersprachler oder doch eher nur in Kurse für Lerner des Französischen gehen sollte. Alle Kurse im Bereich Englisch und Französisch dauern drei volle Stunden, mit einer oder zwei kurzen Pausen. Dadurch dürfen auch höchstens fünf Kurse pro Semester besucht werden, was aber
aufgrund des ziemlich hohen Arbeitsaufwands zur Vor- und Nachbereitung nur sinnvoll ist.
Die Anerkennung von Kursen für das Studium an der Universität Augsburg sollte nach Möglichkeit schon vor dem Auslandssemester bei den jeweiligen Dozenten abgeklärt werden, um
bösen Überraschungen vorzubeugen. Ungewohnt mag auch sein, dass alle Kurse eine Klausur im Semester und eine am Ende des Semester voraussetzen. Zudem werden je nach
Kurs ein bis mehrere schriftliche Essays oder kürzere Hausarbeiten verlangt. Das Französische wird dabei auch bei Ausländern immer mit bewertet wie bei Muttersprachlern.
Persönlich würde ich nicht von einem großen Kulturschock sprechen, insgesamt ist Kanada
schon sehr europäisch. Unbedingt sollte man jedoch wissen, dass man in jedem Fall eine
300 $ teure Krankenversicherung für jedes Semester bezahlen muss (zu Beginn des Semester schickt die Universität dazu ein Schreiben). Außerdem spricht fast jeder in Québec nur
Französisch, das sich aber je nach Herkunft und Person sehr stark vom Französischen
Frankreichs unterscheidet. Missverständnisse sind vorprogrammiert, werden aber von niemandem übel genommen. Auch Franzosen haben ihre Schwierigkeiten bei der Kommunikation, da das Québecois über ein eigenes Vokabular verfügt. Wichtig für den Mietwagen zum
Beispiel: la voiture = le char. Voiture versteht am Ende aber auch jeder. Die Preise in Supermärkten sind in Québec grundsätzlich etwas höher als zum Beispiel in Ontario. Dennoch
würde ich insgesamt von ähnlichen Preisen wie in Bayern sprechen. Größere Einkäufe sind
vorprogrammiert, Black Friday ist ein Muss: Rabatte bis 90 Prozent winken. Der Kauf von
Winterkleidung ist dringendst vor Ort zu empfehlen, bereits im Dezember können wie 2013
mehr als ein Meter Schnee und minus 30 Grad auftreten. Allgemein ist ein kalter Wind und
niedrige Temperaturen im September keine Seltenheit. Dennoch scheint sehr häufig die
Sonne und im August winken noch 30 Grad plus. Man sollte also auf alle Jahreszeiten vorbereitet sein.
Das Zentrum Québecs Vieux-Québec liegt einige Kilometer entfernt vom Campus, der sich in
Sainte-Foy befindet. Die Buslinien 800 und 801 bringen einen fast überall hin zum Preis von
2,75 $ pro Fahrt. Monatstickets sind nur bei sehr häufigen Fahrten ratsam. Die Altstadt mit
der einzigen Festungsanlage Nordamerikas und dem weltbekannten Hotel Château
Frontenac ist der touristische Mittelpunkt der Stadt. Eine organisierte Führung des Bureau de
la Vie Étudiante BVE ist sehr lehrreich und bietet einen ersten Überblick zur Orientierung.
Auch der Hafen, die Fährüberfahrt nach Lévis mit Blick auf die Stadt und die Pont de Québec
nahe des Campus sind Höhepunkte. Dabei kann bis Oktober auch der kostenlose Fahrradverleih der Universität genutzt werden.
Freizeitmöglichkeiten sind in Québec fast unerschöpflich. Im Sommer kann die Joggingstrecke auf dem Campus genutzt werden. Zudem ist das PEPS mit Sporthallen, Fitnessstudio,
Schwimmbad etc. für Studenten kostenlos, es werden auch Kurse angeboten. Im Sommer ist
eine Fahrt zum 200 Kilometer entfernten Fjord von Saguenay unvergesslich. In Tadoussac
tummeln sich fast alle Walarten auf engstem Raum. Die Anreise mit Mietwagen (50€ pro
Tag) und eine Bootsfahrt sind bezahlbar und eindrücklich. Ein internationaler Führerschein
(12 €) wird von den Autovermietungen gerne einmal verlangt. Auch mehrtägige Reisen an
den Lac Saint-Jean (etwa 250 km) im Herzen Québecs, in die Gaspésie (etwa 800 km), nach
Sherbrooke (etwa 250 km), Montréal (250 km), Toronto (800 km), die Niagarafälle (950 km),
Ottawa (450 km), Motorschlitten und Hundeschlitten auf der Île d'Orléans (35 km) sollten in
Betracht gezogen werden. Ein Abstecher nach New York ist Pflicht und natürlich per Flugzeug, aber auch deutlich günstiger mit Bus oder Bahn über Montréal möglich. Reisebüros
auf dem Campus bieten auch schon fertige Gruppenreisen an, wenn man in Gruppen reisen
möchte. Zudem bietet das BVE zahlreiche Ausflüge in die nähere Umgebung in Nationalparks, zu Hockeyspielen, in die Altstadt, zur Apfelernte auf der Ausflugsinsel Île d'Orléans
und vieles mehr an.
Es ist sehr einfach andere Studenten in den gemeinsamen Küchen kennenzulernen, insbesondere zu Beginn des Semesters. Vermutlich der Tatsache geschuldet, dass sehr viele
Franzosen in Québec studieren, fällt es einem gar nicht so leicht, die Bekanntschaft von vielen Québecern zu machen. Auch Deutschland ist fast so gut wie Frankreich in der Studierendenschaft vertreten, was erstaunen mag. Im neuen Einführungskurs für ausländische
Studierende Découvrir le Québec waren im Herbst 2013 etwa die Hälfte französisch, die andere Hälfte deutsch und eine Person aus Haiti beziehungsweise New Brunswick. In Kursen,
die nicht für Ausländer gedacht sind, sieht die Situation anders aus. Deshalb bei der Kurswahl auf die Kursbeschreibungen achten und Prioritäten setzen, da ja eben nur maximal fünf
Kurse pro Semester machbar sind.
Insgesamt kamen mir die viereinhalb Monate am Ende doch eher kurz vor, dennoch habe ich
alles erlebt, was ich erleben wollte. Auch alle interessanten Reisen haben in der Semaine de
lecture im Oktober und an langen Wochenenden Platz gefunden. Auch ein Abstecher nach
New York City, um mit Herrn Professor Middekes Exkursionsgruppe zusammenzutreffen,
ließ sich unterbringen. Grundsätzlich gilt aber, dass für sehr gute Ergebnisse fast das ganze
Semester lang verhältnismäßig viel Arbeit in das Studium gesteckt werden muss. Von einem
Urlaubssemester ist der Aufenthalt an der Université Laval (zum Glück) weit entfernt. Die
Qualifikationen und Kompetenzen meiner Dozenten muss definitiv auch noch positiv erwähnt
werden.
In meiner kurzen Zeit in Québec und Kanada habe ich das Québecois, die Menschen und
die Natur so schätzen gelernt, dass ich mit Freuden für einen kurzen Forschungsaufenthalt
2014 zurückkommen werde. Auch darüber hinaus werde ich sicher noch häufiger über den
Atlantik nach Kanada fliegen, dieses gigantische Land zieht einen mit seinem Charme leicht
in seinen Bann. Und einige gelernte Ausdrücke des Québecer Französisch werde ich mit
Freuden meine Leben lang jedem, der sie (nicht) hören will, zu Ohren kommen lassen!