Herr Müller in Malaysia

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Herr Müller in Malaysia
IFIM - NEWS 06 / 2016
Der Inhalt:
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Herr Müller in Malaysia - Was für eine Vorbereitung braucht ein Top-Manager?
Termine offene Seminare bis September 2016
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Herr Müller in Malaysia
Was für eine Vorbereitung braucht ein Top-Manager?
Am 28. April 2016 veröffentlichte 'Die ZEIT' ein Feature über Christoph Müller, bis vor kurzem CEO von
Malaysia Arlines.
Müller war erst 2015 CEO von Malaysian Airlines (MAS) geworden. Diese Berufung verdankte er seinem
Ruf als Sanierer angeschlagener Airlines, zuletzt hatte er die irische Air Lingus wieder auf Kurs gebracht.
Auf den ersten Blick war Malaysian Airlines ohne eigenes Verschulden in wirtschaftliche Turbulenzen
geraten: Am 8. März 2014 verschwand ihr Flug 370 auf Nimmerwiedersehen, ohne dass bis heute bekannt wäre, was an Bord geschehen ist. Ein technischer Fehler ist allerdings unwahrscheinlich.
Aber auch bei deutschen Airlines verliert bekanntlich mal ein Pilot den Verstand, ohne dass das angeblich vorhersehbar war und für die Zugangskontrollen der Passagiere sind nicht die Airlines verantwortlich, sondern die Flughäfen sowie Polizei und Grenzschutz.
Dumm nur, dass 131 Tage später der Malaysian Flug 17 über der
Ukraine abgeschossen wurde. Man weiß, dass damals einige Airlines die Ukraine umflogen, aber die meisten, auch die Lufthansa,
taten das nicht. Auch für dieses Unglück war MAS also nur sehr
bedingt verantwortlich. Dennoch: Eine Airline, auf deren Flügen in
so kurzer Zeit über 500 Menschen sterben, wird nicht mehr gerne
gebucht: Malaysian Airlines stand vor dem Bankrott, allerdings
nicht zum ersten Mal.
Christoph Müller sollte die Gesellschaft retten.
Im ZEIT-Artikel lesen wir:
"Solch harte, politisch unkorrekte Worte sind ungewohnt in Südostasien. Müller will die Tabus bewusst
brechen. Vor der Ankunft habe er ein Kulturtraining für Malaysia gemacht, erzählt er, am Ende habe ihm
die Trainerin Ratschläge für die perfekte Kommunikation gegeben. "Aber wenn ich das tue, werde ich
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06. 06. 2016
hier nichts bewegen können. Würde ich mich zu sehr anpassen, könnte ich nicht der kleine Funken sein,
der hier den Wandel initiiert.""
Herr Müller hat sein 'Kulturtraining' nicht beim IFIM gemacht. IFIM-Trainer würden ihm gewiss auch
'Ratschläge für die perfekte Kommunikation' gegeben haben, aber sicher anders eingebettet.
Interkulturelle Trainer werden sich weitgehend einig sein, welche Kommunikationsformen in Malaysia
'konfliktvermeidend', 'gesichtswahrend' etc. sind. Aber wieweit hilft das einem Manager wie Christoph
Müller, der bei der Sanierung von Malaysian Airlines ganz sicher auch 'harte' Entscheidungen treffen
muss?
Ohne vernünftige Einbettung in die Gesamtaufgabe vermutlich wenig!
'Interkulturelles Managementtraining' wie es das IFIM vertritt, fragt im Gegensatz zu einem 'Kulturtraining' wie man seine Aufgabe unter den bestehenden Umständen möglichst erfolgreich bewältigen kann.
Das fängt damit an, sich mit den Rahmenbedingungen der Aufgabe zu beschäftigen. Beispielsweise mit
der Frage 'wer oder was ist Malaysian Airlines?'
In der ZEIT liest man:
"Im Einkauf fällt ihm (Christoph Müller) die Lieferantenliste auf. "Wir hatten 20.000 Lieferanten", sagt er
kopfschüttelnd. "Zwan-zig-tau-send." Als MAS eine Gebäudewand renoviert ließ, kam die linke Hälfte des
Baugerüstes von einem anderen Anbieter als die rechte Hälfte. Und beide waren sündhaft teuer. "Ist
natürlich klar, was dahintersteckt", sagt Müller: "Vetternwirtschaft.""
Und:
"Vorgeknöpft hat sich Müller auch den Caterer. Einer seiner Vorgänger hatte MAS verpflichtet, sage und
schreibe 25 Jahre lang die Bordverpflegung bei Brahim's Catering einzukaufen: Lebensmittel im Gesamtwert von mindestens 1,4 Milliarden Euro. Für eine Flasche eines beliebten Mineralwassers, die im Handel
für umgerechnet 30 Cent zu haben ist, soll der Lieferant Malaysia Airlines laut Medienberichten bis zu
4,40 Euro abgeknöpft haben. Es ist wohl kein Zufall, dass der Chef des Caterers der Bruder eines früheren
Premierministers ist."
Im 'Corruption Perception Index' von Transparency International steht Malaysia auf Platz 54.
Das ist für ein Schwellenland gar nicht mal so schlecht und
bedeutet, dass das Land nicht 'durch und durch' korrupt
ist. Ein guter Malaysia-Trainer weiß allerdings auch, welches Segment der zwischen Malaien, Chinesen und Indern
geteilten Wirtschaft besonders korruptionsbelastet ist:
Der Bereich, der am direktesten für Eingriffe der politisch
Mächtigen offen steht, vor allem also große staatlich dominierte Unternehmen. Auch das ist kein typisch malaysisches Phänomen, wie die anhaltenden Skandale um die
brasilianische Petrobras, die mexikanische Pemex oder die
russische Gazprom zeigen.
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Wenn, wie im Falle der MAS, widrige Umstände ein Unternehmen treffen, das im Wesentlichen dafür
vorgesehen ist, den Herrschenden Finanzmittel zu verschaffen sowie die Möglichkeiten, verdiente Gefolgsleute mit lukrativen Stellen zu belohnen oder auch, 'aufmüpfige' Mitbürger durch die Vergabe eines
solchen Postens ruhigzustellen, wird es schon in guten Zeiten keine großen Gewinne geben. In Krisensituationen wird es dann schnell eng. Nun wird in der Tat ein Sanierer gebraucht, denn eine Insolvenz
würde zahlreiche Privilegien und Einkommensquellen der Herrschenden beseitigen. Aber der Sinn der
Sanierung ist eben nicht, die sicheren Einkommensströme für den Bruder eines früheren Premierministers und viele andere zum Nutzen des Unternehmens abzuschneiden, sondern sie wieder zu ermöglichen.
Wer eine Aufgabe wie Christoph Müller annimmt, sollte sich darüber klar sein!
Die Sanierung von Air Lingus fand unter ganz anderen Rahmenbedingungen statt und eignet sich daher
nur bedingt als Blaupause.
Wie kann man unter den malaysischen Rahmenbedingungen ein Staatsunternehmen dauerhaft sanieren? Geht das überhaupt? Wie kann man im kaum durchschaubaren Dickicht der malaysischen Eliten
herausfinden, wer tatsächlich an einer Sanierung interessiert ist und wer nur an der Wiederherstellung
der eigenen Privilegien? Wie kann man die dafür notwendigen Vertrauensbeziehungen herstellen? Was
bedeutet 'Loyalität' in diesem Zusammenhang? Wie muss man seine eigene Rolle verstehen? Und welche Rolle spielt das lokale Verständnis von 'Personalführung' und 'Kommunikation' bei alledem?
Es gibt genug Themen, die ein erfahrener Manager mit einem erfahrenen interkulturellen Trainer diskutieren könnte. Vorausgesetzt, der Trainer betrachtet Malaysia - oder welches Land grade zur Debatte
steht - nicht durch eine rosarote Brille und meint, mit 'perfekter Kommunikation' allein lasse sich die
Aufgabe schon bewältigen.
Im April 2016 hat Christoph Müller seinen Posten 'aus persönlichen Gründen' wieder gekündigt, nach
kaum mehr als einem Jahr Amtszeit. Die ZEIT bezweifelt, dass persönliche Gründe die Ursache waren:
"Ein Konflikt mit der Politik sei der wahre Grund für den Abgang, verbreitet die FlugbegleiterGewerkschaft Nufam. "Wir haben Informationen, dass seine Ideen in letzter Minute verworfen und Entscheidungen um 180 Grad gedreht wurden, ohne ihn richtig zu konsultieren", sagt Gewerkschaftschef
Ismail Nasaruddin der ZEIT."
Abdul Aziz Abdul Rahman, der ehemalige CEO der Malaysia
Airlines, ist jedenfalls nicht überrascht vom vorzeitigen Abgang
Christoph Müllers. Und er macht im Interview (hier auf Youtube
zu sehen) sehr deutlich, woran Müller aus seiner Sicht gescheitert ist und mit welchen Erwartungen sich ein MAS - CEO auseinanderzusetzen hat.
Eigentümer der Malaysian Airlines ist schließlich Khazanah Nasional Berhad, der Staatsfond Malaysias, einst gegründet als wirtschaftliches Gegengewicht zur wirtschaftlich dominanten chinesischen Bevölkerungsgruppe Malaysias. Und Chairman dieses Fonds ist der
Prime Minister persönlich…
Hätte gute interkulturelle Vorbereitung den schnellen Abgang verhindern können? Wir wissen es nicht.
Aber Müllers Geschichte ist jedenfalls kein Beispiel dafür, dass man erfolgreich ist, wenn man die Ratschläge aus dem 'Kulturtraining' einfach in den Wind schlägt.
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Sie ist eher ein Beispiel dafür, dass hier die Kommunikation zwischen Trainerin und Manager nicht funktioniert hat, der Manager die Botschaften der Trainerin für seine Situation und Aufgabe nicht als hilfreich erlebt hat. Vielleicht waren sie es tatsächlich nicht.
Aber das muss nicht so sein.
Eine Übersicht über das länderspezifische Trainingsangebot finden Sie hier: www.ifim.de/seminare/
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Termine offene Seminare bis September 2016
Reihe 'Leben und Arbeiten in …- Interkulturelles für Ausreisende und Mitausreisende':
= 1 Tag = 1 Berater = 1.250.- € für Einzelpersonen = 1.850.- € für ausreisende Paare
Philippinen 14. 6 16
VAE und Katar 23. 6. 16
Saudi-Arabien 24. 6. 16
Indien 03. 8. 16
China + Taiwan 16. 8.16
USA 17. 8. 16
Thailand 18. 8. 16
Indonesien 19. 8. 16
Singapur/ Malaysia 23. 8. 16
Türkei 24. 8. 16
VAE und Katar 25. 8. 16
Saudi-Arabien 26. 8. 16
Reihe 'Erfolgreiche Zusammenarbeit mit Partnern aus … ':
= 2 Tage = Bi-kulturelles Trainerteam = 1.600.- €
Süd-Korea 4. - 5. 7. 16
Brasilien 7. - 8. 7. 16
Reihe 'Interkulturelle Auslandsvorbereitung'
= 2 Tage = Bi-kulturelles Trainerteam = 1.780.- €
Südostasien 27. - 28. 6. 16
China 4. 7. - 5. 7. 16
USA 11. - 12. 7. 16
Indien 12. - 13. 9. 16
Türkei 12. - 13. 9 16
Süd-Korea 19. - 20. 9. 16
Brasilien 19. - 20. 9. 16
Südostasien 19. - 20. 16
China 26. - 27. 9. 16
Japan 26. - 27. 9. 16
USA 29. - 30. 9. 16
Alle Preise zuzüglich MwSt. und Hotelkosten
Programme und Buchung
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