KHV – Koi Herpesvirus Erkrankung, ein Fallbeispiel

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KHV – Koi Herpesvirus Erkrankung, ein Fallbeispiel
Dr. med. vet. Tamara Frank
Fachtierärztin für Fische
Marktweg 1, D-58453 Witten
Westbahnstr. 26, A-5300 Hallwang
[email protected]
Fallbeispiel: Ausbruch einer Koi Herpesvirus (KHV)-Erkrankung
Vorbericht
Im April 2008 wurden im Abstand von einer Woche zwei Koi (Cyprinus carpio) von zwei
verschiedenen Händlern gekauft. Der erste Neuzukauf befand sich nur für ein paar
Stunden im Quarantänebecken und wurde dann dem Händler aufgrund einer Wunde
wieder zurückgebracht. Der zweite Fisch, der eine Woche später ins gleiche
Quarantänebecken kam, wurde dort für drei Wochen gemeinsam mit Pilotfischen bei einer
Wassertemperatur von 22°C gehalten.
Nachdem innerhalb der drei Wochen keine Auffälligkeiten zu beobachten waren (KHV
Test wurde keiner gemacht), wurde der Neuzugang zum Altbestand, bestehend aus 15
Koi, einem Sterlet und einem Spiegelkarpfen, in den Teich gesetzt.
Acht Wochen nach dem Einsetzten nahm die Fresslust des gesamten Fischbestandes ab,
Die Fische standen bevorzugt am Wassereinlauf und ihre Haut zeigte vermehrte
Schleimbildung.
Untersuchungsergebnisse
Teichvisite: 15.06.2008
Die routinemäßig durchgeführte Wasseranalyse der wichtigsten Wasserparameter ergab
folgende Werte: Temperatur: 21°C; pH: 8,2; Nitrit: 0,00 mg/l; Ammonium/Ammoniak: 0,00
mg/l; Sauerstoff: 8,8 mg/l.
Die Koi zeigten Atemnot, schwammen teilweise mit dem Kopf nach unten im Wasser und
ein Grauschleier der Haut war zu beobachten. Die Koi mit den auffälligsten
Symptomen(drei Stück) wurden zur genaueren Untersuchung aus dem Teich in eine
Behandlungswanne geholt. Von diesen drei Fischen wurden zur parasitologischen
Untersuchung jeweils ein Haut- und Kiemenabstrich gefertigt. In allen Abstrichen war ein
hochgradiger Befall von Ichthyobodo necator (Costia), Trichodina spp. und Gyrodactylus
spp. nachweisbar.
Am Vortag der Visite war vom Besitzer ein Koi aufgrund des schlechten
Allgemeinverhaltens getötet worden und für die Untersuchung eingewickelt in einer
Alufolie im Kühlschrank aufbewahrt worden. Dieser Fisch zeigte mit Ausnahme der
hochgradigen Verschleimung der Haut keine weiteren pathologisch-anatomischen
Veränderungen.
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Zum jetzigen Zeitpunkt lautete die Diagnose „hochgradiger Parasitenbefall“ an Haut und
Kiemen.
Aufgrund der klinischen Symptomatik bestand aber auch die Möglichkeit, dass es sich um
eine Infektion mit KHV oder eine Infektion mit Flavobakterium columnare handeln könnte.
Um diese beiden Erkrankungen ausschließen zu können, wurde vom getöteten Fisch
Probenmaterial zur Diagnosestellung mittels PCR eingeschickt.
Da nicht auszuschließen war, dass die alleinige Ursache der klinischen Symptomatik der
hochgradige Parasitenbefall war und bis zum Zeitpunkt des Laborergebnisses nicht
unnötig Zeit verstreichen sollte, wurde dem Teich noch am selben Tag ein Formalin und
Malachitgrünoxalat enthaltendes Präparat, zur Behandlung gegen die einzelligen
Parasiten, zugeführt. Bei negativem Laborbefund wäre dann auch noch eine
Wurmbehandlung durchzuführen.
Die Teichbesitzer wurden aber auch darüber informiert, dass die Parasitentherapie bei
einem positiven KHV Ergebnis keine dauerhafte Besserung ergeben wird.
Weiterer Verlauf
Telefonat: 16.06.2008
Am Tag nach der Visite geht es den Fischen besser, sie schwimmen nicht mehr mit dem
Kopf nach unten und haben auch etwas Futter aufgenommen.
Telefonat: 17.06.2008
Zwei Tage nach der Visite geht es den Fischen wieder schlecht bzw. schlechter als vorher.
Die Schleimbildung an Haut und Kiemen ist verstärkt und der gesamte Fischbestand
schwimmt wieder mit dem Kopf nach unten im Teich.
Teichbesuch: 18.06.2008
Drei Tage nach der Visite wurde aufgrund der sich verschlechternden Symptomatik noch
am selben Tag ein Termin vereinbart. In der Zwischenzeit ging ein positives KHV
Testergebnis ein, das den Teichbesitzern bei der Visite persönlich übermittelt wurde.
Zu diesem Zeitpunkt waren die Fische hochgradig apathisch und zeigten Symptome wie
sich ablösende Schleim- und Hautfetzen, eingefallene Augen,
Flossenschäden,
hochgradige Atemnot und Kopfabwärtsschwimmen (Abb. 1).
Abb. 1 Kopfabwärts schwimmender Koi
mit Flossenschäden ( ).
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Bei allen in der Behandlungswanne untersuchten Fischen (selbst bei Fischen bei denen
man vor drei Tagen noch keine Kiemenveränderungen gesehen hat), konnten diesmal
hochgradige Kiemennekrosen festgestellt werden (Abb. 2).
Abb.2. Der Koi zeigt Kiemen mit hochgradigen Nekrosen (
Abschleimung im Kopfbereich (
).
) und abnorme
Die Besitzer wurden bereits bei der Probenentnahme darauf hingewiesen, dass es sich bei
einer Infektionen mit KHV um eine anzeigepflichtige Erkrankung handelt und dass im
Falle eines positiven Befundes die zuständige Behörde, das heißt der Amtstierarzt,
benachrichtigt werden muss, der dann das weitere Vorgehen bestimmt.
In der Regel ist es dem Koibesitzer selbst überlassen ob er einer Tötung zustimmt oder
die Fische behält. Durch eine Erhöhung der Wassertemperatur über das Aktivitätsoptimum
des Virus können Verluste eingedämmt werden. Hierfür wird die Wassertemperatur auf
30°C erhöht und die Fische für ca. vier Wochen bei dieser Temperatur gehalten.
Werden die Fische jedoch nicht getötet, so muss man sich bewusst sein, dass die
überlebenden Tiere Carrierstatus besitzen, d.h. dass sie wahrscheinlich zeitlebens
Virusträger sind und somit neue, KHV-negative Fische anstecken können.
In diesem Fall entschieden sich die Besitzer aufgrund des sich kontinuierlich stark
verschlechternden Zustandes aller Koi (mit Ausnahme des Störes: Störe gelten als
Virusreservoir, erkranken aber selbst nicht an KHV) schweren Herzens für eine Erlösung
des Bestandes. D.h. der gesamte Fischbestand wurde euthanasiert und unschädlich
beseitigt.
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