delfinschutz in der adria - Gesellschaft zur Rettung der Delphine eV

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delfinschutz in der adria - Gesellschaft zur Rettung der Delphine eV
Projekt Dominica
Schutz von Pottwalen
und anderen Meeressäugern
Ein Projekt der
Projektbericht 2010
Gesellschaft zur
Rettung der Delphine/GRD
I.
II.
III.
IV.
Hintergrund
Projektinhalte
Projektmaßnahmen 2010
Pottwal-Patenschaften
in Zusammenarbeit mit dem
Anchorage Whale Watch
and Dive Center.
Roseau, Dominica
(www.anchoragehotel.dm)
sowie
Kinder in Dominica
(www.kinderindominica.ch)
GESELLSCHAFT ZUR RETTUNG DER DELPHINE (GRD)
Kornwegerstr. 37, 81375 München
Tel. 089/74 16 04 10 – Fax 089/74 16 04 11
[email protected] - www.delphinschutz.org
Stadtsparkasse München
Konto-Nr. 109 138 388 - BLZ: 701 500 00
BIC: SSKMDEMMXXX - IBAN: DE47 7015 0000 0109 1383 88
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Pottwalschutz auf Dominica
I. Hintergrund
Die GRD setzt sich für den
Erhalt der Artenvielfalt in den
Gewässern vor Dominica ein.
Die Gewässer rund um die Karibikinsel Dominica zeichnen sich
durch eine sehr hohe Meeressäuger-Artenvielfalt aus. Neben
den seltenen Breitschnabeldelfinen (Peponocephala electra)
können hier ca. 11 weitere Arten wie Kleine Schwertwale
(Pseudorca crassidens), Borneo-Delfine (Lagenodelphis hosei),
Zügeldelfine (Stenella frontalis), Große Tümmler (Tursiops
truncatus),
Gewöhnliche
Delfine
(Delphinus
delphis),
Schlankdelfine (Stenella attenuata), Spinner-Delfine (Stenella
longirostris),
Indische
Grindwale
(Globicephala
macrorhynchus), Zwergpottwale (Kogia breviceps), Bryde-Wale
(Balaenoptera brydei), Buckelwale (Megaptera novaeangliae)
sowie 5 bis 6 Pottwalgruppen mit ca. 30 Individuen regelmäßig
beobachtet werden.
Dominica ist ein kleiner Inselstaat der dritten Welt. Wegen des
vulkanischen Ursprungs hat die Insel ein von hohen Bergen mit
vielen Steilabfällen und tropischem Regenwald geprägtes
Profil. Landwirtschaft ist hier nur in sehr begrenztem Umfang
möglich. Fehlende Strände und eine nur schwach entwickelte
touristische Infrastruktur tragen dazu bei, dass die Insel zu den
ärmsten und ursprünglichsten Ländern der Karibik gehört. Viele
Eltern können es sich kaum leisten, ihre Kinder zur Schule zu
schicken, Unterrichtseinheiten über Meeressäuger oder
Meeresbiologie und Umweltschutz gibt es nicht.
Whale Watching statt Walfang
In der Bevölkerung herrschte bis vor wenigen Jahren zu Fragen
des Walfangs und Meeressäugerschutzes noch Gleichgültigkeit,
denn der weitaus größte Teil der Inselbewohner hat noch nie
etwas von Pottwalen und den anderen Arten, die hier leben,
gehört.
Borneo-Delfin © A. Steffen
Kommerzielle Walbeobachtung existiert in Dominica erst seit
wenigen Jahren. Nach bescheidenen Anfängen sind jedoch
besonders
die
Pottwale
eine
Attraktion
für
Kreuzfahrtschiffbetreiber (u.a. Hapag Lloyd Kreuzfahrt und die
AIDA) geworden, die nun verstärkt den Inselstaat ansteuern.
Gerade der Walbeobachtungstourismus durch Kreuzfahrtschiffe hat sich zu einem bedeutenden wirtschaftlichen Faktor
für die einheimische Bevölkerung entwickelt.
Im Jahre 2008 hat die Insel Dominica auf der IWC
(Internationale Walfangkommission) erstmals nicht mehr für die
Wiederaufnahme des kommerziellen Walfangs gestimmt. Damit
konnte eines der Kernziele des Projekts umgesetzt werden.
Premierminister
Roosevelt
Skerrit
begründete
seine
Entscheidung damit, dass die Insel Dominica sich „The Nature
Island“ nennt und dieser Begriff nicht mit dem Fang von Walen
vereinbar ist.
Pottwalfluke © A. Steffen
Die mögliche Wiederaufnahme des kommerziellen Walfangs
verbunden mit fehlenden Schutz- und Managementmaßnahmen für die vor Dominica lebenden Meeressäuger
könnte ein schnelles Ende des aufkeimenden Tourismus mit
gravierenden negativen Folgeschäden für die Bevölkerung mit
sich ziehen.
Pottwalschutz auf Dominica
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Projektstart
Ins Leben gerufen wurde das GRD-Projekt auf Dominica im
Jahr 2005 mit der offiziellen Eröffnung der GRDPottwalforschungsstation in Roseau auf Dominica durch die
ehrenamtlich tätigen GRD-Projektleiter Andrea und Wilfried
Steffen, die auch den Grundstein für das Projekt legten.
Als ständiger Mitarbeiter vor Ort führt Pernell Francis die
Forschungsarbeiten kontinuierlich durch und informiert die
Projektleitung regelmäßig mit den neuesten Daten und
Bildern, die dann in Deutschland ausgewertet werden.
Zuständig für die Durchführung von „Whale Watch for Kids“ ist
Petra Charles.
Mit einem toten Pottwal fing alles an
2004 hatten Andrea und Wilfried Steffen zusammen mit dem
Pottwalexperten
und
ehemaligen
Direktor
des
Nordseemuseums Bremerhaven, Günther Behrmann, ein
Pottwalskelett rekonstruiert. Das etwa 12 Meter große
Weibchen war drei Jahre zuvor tot an einen Strand der Insel
gespült worden. Todesursache war wohl eine Schiffskollision.
Zunächst wurde der Kadaver vergraben, nach 2 Jahren die
einzelnen Skelettteile wieder freigelegt und 1 Jahr darauf
erfolgte die Rekonstruktion.
Das Skelett, das erste und einzige in der Karibik, steht im
Anchorage Whale Watch and Dive Center in Roseau. Besitzer
Andrew Armour hat für das Forschungszentrum einen Raum
zur Verfügung gestellt, in dem neben dem Exponat auch
Schautafeln über Pottwale, Walfang und Meeresschutz
informieren.
Bereits seit 1997 verbringt das Ehepaar Steffen seinen Urlaub in
den Gewässern Dominicas mit der Erforschung von Pottwalen.
Die beiden bauten eine Pottwalflukendatenbank auf, mithilfe
derer
einzelne
Tiere
wiedererkannt
und
Bestandsentwicklungen in Gruppen erforscht werden können.
Zusammen mit Wissenschaftlern der kanadischen DalhousieUniversität konnten die Steffens so die Anzahl der vor
Dominica lebenden Pottwalfamilien bestimmen. 5 bis 6
Pottwalgruppen mit ca. 30 Individuen sind dort regelmäßig zu
beobachten. Die Gruppen bestehen aus erwachsenen
Weibchen mit ihren Jungtieren, die sich ganzjährig in den
Gewässern rund um die Insel aufhalten. Ausgewachsene
Männchen verlassen die Gruppe und ziehen im Sommer in
nördlichere gelegene Nahrungsgründe.
Das Pottwalforschungszentrum in
Roseau wurde 2004 von den
ehrenamtlichen GRD-Mitarbeitern
Andrea
und
Wilfried
Steffen
eröffnet. Hauptattraktion ist ein 10
m großes Pottwalskelett, das die
beiden
eigenhändig
rekonstruierten. © A.+W. Steffen
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Pottwalschutz auf Dominica
II. Projektinhalte
o
Einrichtung von Meeresschutzgebieten
o
Ausbau der Pottwalforschungs- und -schutzstation im
Anchorage Whale and Dive Center (Roseau), u.a. bessere
Räumlichkeiten zur Durchführung von Workshops, Unterricht
& Präsentationen für Schulklassen, interaktive Einrichtungen
o
Weiterbildungsund
Aufklärungsprojekte
für
die
einheimische Bevölkerung zum Meeres- und Meeressäugerschutz mit Schwerpunktsetzung auf Kinder und Schulklassen
o
Durchführung von kostenlosen Whale-Watch-Ausflügen
und speziellen Schulungen zum Meeresschutz und
Meeressäugerschutz für einheimische Schulklassen
o
Etablierung von Regeln zum umweltverträglichen Whale
Watching
o
Schulung und Aufklärung von Touristen (u.a. Gäste von
Kreuzfahrtschiffen)
o
Erforschung, Beobachtung und Bestandserfassung des
Pottwalbestandes, Aufbau einer Flukendatenbank, Datenund
Informationsaustausch
mit
Forschungsinstituten,
Identifikation einzelner Pottwale und Aufbau und Pflege
eines Pottwal-Patenschaftsprogramms
Umwelterziehung beginnt in
der Schule. Die Kombination
aus Theorie und Praxis sorgt
für anschaulichen Unterricht.
Auch Buckelwale sind gelegentlich
vor Dominica anzutreffen.
© A. Steffen
Bisherige Maßnahmen
o
Aufbau der Pottwalforschungs- und –schutzstation in
Roseau
o
Lobbyarbeit gegen den Walfang
o
Druck
von
englischsprachigen
Flyern
Edukationszwecken für Einheimische und Touristen
o
Herstellung von speziellen Projekt-T-Shirts, die kostenlos
an
die
an
Whale-Watching-Programmen
teilnehmenden Kinder verteilt wurden
o
Forschungsarbeiten und Fotoidentifikation der vor
Dominica
lebenden
Pottwale;
Aufbau
einer
Flukendatenbank
o
Wiederaufbau des durch einen Hurrikan 2008 schwer
beschädigten Pottwalskeletts in der Forschungs- und
Schutzstation
zu
2008 stimmte Dominica auf
der
IWC
(Internationale
Walfangkommission)
erstmals nicht mehr für die
Wiederaufnahme
des
kommerziellen
Walfangs.
Damit konnte eines der
Kernziele unseres Projekts
umgesetzt werden.
Pottwalschutz auf Dominica
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III. Projektmaßnahmen 2010
Pottwalforschungszentrum
Anfang des Jahres wurden das 2008 von Hurrican Omar zerstörte
Pottwalskelett und Teile des Zentrums wieder vollständig
aufgebaut. So konnte es direkt für Outdoor-Unterricht für eine
Schulklasse genutzt werden, an dessen Anschluss eine WhaleWatching-Exkursion folgte. Die Kinder erhielten ein Projekt-T-Shirt
„We save the Whales“.
Öffentlichkeitsarbeit
Im Januar wurden im Zentrum Gäste des Kreuzfahrtschiffs Aida
empfangen und über das Projekt zum Schutz von Pottwalen auf
Dominica informiert.
Projektleiterin Andrea Steffen erklärt
Gästen des Kreuzfahrtschiffes Aida,
wie wichtig der Schutz von Walen
und Delfinen vor Dominica ist.
© W. Steffen
Whale Watching for Kids
Umwelterziehung beginnt in der Schule. “Whale Watching for Kids”
ist eine auf Dominica bislang einzigartige Initiative, die wir 2007 ins
Leben riefen. So finanziert das Projekt mit konkreten Lerninhalten
über Biologie und Gefährdung von Walen verbundene
Walbeobachtungsausflüge für einheimische Kinder. Ziel dieses
Unterrichts ist es, den Kindern die marine Artenvielfalt ihrer Heimat
näherzubringen und sie für ihren Schutz zu motivieren.
Das erste Kinder-Whale-Watching des Jahres fand im August für
das Ferienlager Irie Eco Summercamp statt. Im September folgte
ein weiteres, diesmal mit Kindern der katholischen St. Luke‟s Primary
School. Unsere Betreuerin vor Ort, Petra Charles, berichtet: „Wir
konnten natürlich erst einmal nur 50 Kinder der über 250 Schüler
dieser Schule ausführen und ich habe nach diesem tollen Erfolg
versprochen, den nächsten Whale-Watching-Ausflug ebenfalls für
diese Schule zu machen. Die Kinder waren ein Ausbund an
Wissbegierigkeit und Fröhlichkeit und Dankbarkeit. Bis wir wieder
umkehren mussten, gab es keine Sichtung, nicht einmal ein
Fliegender Fisch ließ sich sehen, doch die Kinder sangen und
tanzten und verloren nie das Interesse, stellten während der
gesamten Ausfahrt unentwegt ihre brennenden Fragen.
Einige hatten bereits gehört, dass es in unseren Gewässern einen
„berühmten" Pottwal namens Scar* gibt und wollten wissen,
welche Sprache er spricht, wie wir uns mit ihm denn unterhalten
können. Als ich die Bedeutung der Clicks und Codas erklärte,
standen die Münder weit offen und für 20 Minuten versuchte dann
eine Gruppe ausgelassener Kinder, sich auf diese Weise zu
verständigen. Dass die "Group of Seven" eine Familie ist und wir u.a.
auch wissen, wer die Mutter von Scar ist und dass Enigma das Kind
von Mysterio ist, wollte man mir zunächst nicht glauben. ‚Jetzt
flunkerst du, Petra!„ meinte ein cleveres Kerlchen. ‚Was heißt denn
dann auf pottwalisch z.B. ‚Mama, komm mal schnell?„„ Oder:
‚Woher wollt ihr wissen, dass das die Mama ist, wenn die Kinder es
nicht richtig sagen, sondern nur clicken?!„
Schulkinder auf Dominica mit ihren
Projekt-T-Shirts
„We
save
the
whales“.
Erst die Theorie…
…dann die Praxis.
* Der Pottwalbulle Scar war der
„Fernsehstar“ in einem 2007 von
Vox Tours gedrehten Bericht über
unser Dominica-Projekt.
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Pottwalschutz auf Dominica
Kurz vor der Heimkehr wurden wir belohnt mit der Sichtung eines
einzelnen Schnabelwals, der sich auch nicht durch laute
Freudengesänge abschrecken ließ. Die Lehrerinnen waren ebenfalls
begeistert und ihre einhellige Meinung nach dem Ausflug war: ‚We
could do this every day!„“
Fluke
des
Paten-Pottwals
Pinchy © A. Steffen
IV. Pottwal-Patenschaften
Die Pottwale, für die eine Patenschaft übernommen werden kann,
gehören zur sogenannten „Group of Seven". Sie ist eine von fünf
Familien, die ständig vor der Küste Dominicas leben. Sie besteht aus
sieben Pottwalen, die voneinander sehr gut anhand ihrer
charakteristischen Fluke zu unterscheiden sind. Bei dieser Gruppe
handelt es sich um die am besten erforschte Pottwal-Familie
weltweit. Schon seit den 90er-Jahren haben Wissenschaftler der
kanadischen Dalhousie-Universität in Halifax sie im „Visier“. So wissen
wir bereits einiges über die familiären Beziehungen und sozialen
Bindungen innerhalb der Gruppe.
Das Pottwalweibchen Pinchy
mit deutlicher Verletzung auf
dem Rücken. © Pernell Francis
Zur „Group of Seven“ gehören Quasimodo, Fingers, Mysterio mit
Baby Enigma sowie der inzwischen 12 Jahre alte Scar, Sohn von
Weibchen Pinchy, das inzwischen einen weiteren Sohn, den 4 Jahre
alten Scrape, hat.
Im Laufe des Jahres 2010 wurden alle Patenpottwale gesichtet.
Pinchy verletzt
Mitte November machte Projektmitarbeiter Pernell Francis eine
schreckliche Entdeckung: Das Pottwalweibchen Pinchy hatte eine
massive Verletzung, anscheinend wurde es bei einer Schiffskollision
von einer Schiffsschraube getroffen. Vorne links hinter dem Blasloch
und auf dem Rücken waren Einschnitte zu erkennen. Auf dem
Rücken hatte sich die Haut schon größtenteils abgelöst, sodass der
Blubber freilag. Bislang scheint sich in der großflächigen Wunde
keine Infektion gebildet zu haben, sodass Pinchy gute Chancen hat
zu überleben.
Ihr Tod wäre besonders tragisch, da sie den 4-jährigen Scrape noch
säugt. Auch taucht er noch nicht tief, was sich an den Schiffshaltern
zeigt, die an seinem Körper hängen. Wenn Pinchy stirbt, wird Scrape
wohl auch nicht überleben.
www.pottwale.de
Pinchy (links) und ihr Junges
Scrape. Es ist 4 Jahre alt und
wird noch von der Mutter
gesäugt. © Pernell Francis
Anders als bei Delfinen,
die
man
an
der
Rückflosse, oder Finne,
wiedererkennt, dient bei
Pottwalen die Schwanzflosse, oder Fluke, zur
Identifizierung
von
Individuen.