Entwicklungen beim Reifendruck
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Entwicklungen beim Reifendruck
Sonderdruck AT Z www.beru.com Reifendruck-Kontrollsystem Tire Safety System - TSS Stand und aktuelle Entwicklungen bei Reifendruck-Kontrollsystemen Sonderdruck aus der Automobiltechnischen Zeitschrift (ATZ) Perfektion eingebaut ENTWICKLUNG Reifen und Räder Stand und aktuelle Entwicklungen bei ReifendruckKontrollsystemen Mehr Sicherheit, höheren Komfort und größere Wirtschaftlichkeit bieten Reifendruck-Kontrollsysteme. Zunehmend werden sie auch für Volumen-Fahrzeuge nachgefragt. Prinzipiell konkurrieren dabei zwei unterschiedliche technische Konzepte: direkt messende und indirekt messende Systeme. Die Beru AG forciert mit ihrem Tire Safety System (TSS) die direkt messende Version und stellt jetzt mit der dritten Generation ein technisch besonders anspruchsvolles und präzises Prinzip vor. 2 ATZ 2/2005 Jahrgang 107 Die Autoren 1 Einleitung Reifendruck-Kontrollsysteme (RDKS) sind im Begriff, sich als Standardausstattung im Auto zu etablieren. Beschleunigt wird diese Entwicklung durch spektakuläre Schadensfälle mit defekten Reifen. Das hat beispielsweise in den USA den Gesetzgeber dazu veranlasst, künftig die Ausstattung aller Pkw und leichten Nutzfahrzeuge mit derartigen Systemen zu fordern. Zur Mindestanforderung laut National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) zählt, dass eine Warnung bei einem Druckverlust von 25 % bezogen auf den Solldruck erfolgt. Die Druckreduzierung muss spätestens nach zehn Minuten erkannt und angezeigt werden [1]. Bemerkenswert ist dabei das Tempo, mit dem die NHTSA die Einführungsquoten vorsieht: Ab 1. 9. 2005 sollen 50, ab 1. 9. 2006 schon 90 und ab 1. 9. 2007 dann 100 % der Neufahrzeuge über ein RDKS verfügen. Ob weitere Länder ebenso zügig vorgehen, ist zwar noch offen, lässt sich aber entsprechend der Einführungspraxis bei anderen sicherheitsrelevanten Produkten durchaus annehmen. Gesetzgeber wie Autokäufer erwarten von derartigen Systemen in erster Linie einen aktiven Beitrag zur Fahrsicherheit. Beginnender Druckverlust wird rechtzeitig erkannt; per Warnmeldung wird der Fahrer zum Luft-Nachfüllen beziehungsweise Anhalten aufgefordert, womit sich Folgeschäden oder Unfälle in den meisten Fällen vermeiden lassen. Für Fahrzeuge mit Sicherheits-Reifen (Run-flat Tire) ist eine solche Kontrolleinrichtung ohnehin unerlässlich, damit der Fahrer nicht unwissentlich mit einem defekten oder unzureichend befüllten Reifen fährt. Außerdem schätzen die Fahrer die komfortable Art der Reifenfülldruck-Überwachung. Ein Knopfdruck aktualisiert die Druckanzeige in einem Display innerhalb des Fahrzeugs. Da nur dauerhaft ordnungsgemäß befüllte Reifen ihre maximale Lebensdauer erreichen, profitieren RDKS-Nutzer außer von dem Sicherheitsaspekt auch von einer erhöhten Wirtschaftlichkeit. Die Systemkosten sind in den letzten Jahren erheblich gesunken. Deshalb etablieren sich RDKS bereits in Fahrzeugen der Mittelklasse. Basis hierfür sind einerseits reduzierte Preise für die Komponenten aufgrund einer erhöhten Integration der elektronischen Schaltkreise und andererseits der erheblich vereinfachte Einbau beim Autohersteller. 2 Systemvarianten Zur permanenten Ermittlung des Reifen- ATZ 2/2005 Jahrgang 107 drucks sind zwei im Grundsatz verschiedene Verfahren üblich: ■ Indirekt messende Systeme nutzen vorhandene Messwerte aus ABS- und/oder Fahrdynamik-Systemen, um hieraus über Algorithmen die Änderung des Reifendrucks zu berechnen. ■ Direkt messende Systeme ermitteln die vorhandenen Druck- und Temperatur-Werte der Luft in den Reifen und stellen die Ergebnisse einer Auswert-Elektronik im Fahrzeug zur Verfügung. 2.1 Indirekt messende Systeme Indirekt messende RDKS bewerten Differenzdrehzahlen der Räder, gemessen über die in den Fahrzeugen vorhandenen ABSDrehzahlsensoren. Überschreitet die relative Differenzdrehzahl eines Rades plötzlich im Vergleich zu den übrigen Rädern einen berechneten Schwellwert, wird davon ausgegangen, dass der Luftdruck im betroffenen Rad abgefallen ist, und es wird eine Warnung ausgegeben. Der Schwellwert muss dabei dynamisch angepasst werden, um die Umfangsänderung der Räder aufgrund von Reifenabnutzung und Belastung auszugleichen. Unterschiedliche Belastungen liegen beispielsweise während Kurvenfahrten vor oder bei Fahrten unter winterlichen Verhältnissen, wo die Räder aufgrund unterschiedlicher Haftungsverhältnisse Drehzahlunterschiede aufweisen. In diesen Fällen ist die Warnfähigkeit des indirekt messenden RDKS deutlich eingeschränkt. Dieses Arbeitsprinzip lässt sich zwar kostengünstig als Softwaremodul innerhalb der ESP- oder ABS-Steuergeräte realisieren; begrenzt ist der Einsatz jedoch auf die Warnung bei plötzlich abfallendem Druck in einzelnen Reifen aufgrund einer Beschädigung. Schleichenden, an allen Rädern gleichmäßigen Druckabfall – zum Beispiel durch Diffusion – erkennt das System ebenso wenig wie Abweichungen <25 % vom Sollwert. Absolutdruck-Messungen sind ebenfalls nicht möglich. Die aktuell angebotenen, indirekt messenden Systeme erfüllen also die NHTSA-Forderungen nicht. Dies gilt voraussichtlich auch für eine weitere, ebenfalls indirekt messende RDKSVariante, die noch im Entwicklungsstadium ist. Sie setzt auf die Veränderung der Resonanzfrequenz des Rad-Reifensystems in Abhängigkeit vom Reifendruck. Dabei wird über eine Messung der Drehschwingungen, die der Radrotation als Störung überlagert sind, der Druckwert ermittelt. Der Rechenaufwand für das zur Parameteridentifikation eingesetzte Kalmanfilter ist allerdings erheblich und wird sich deutlich in den Hardwarekosten bemerkbar machen. [2] Dr. Harald Bochmann ist Technischer Leiter der Beru Electronics GmbH, Bretten. Ralf Kessler ist Leiter der Produktgruppe Entwicklung Reifendruck-Kontrollsysteme der Beru Electronics GmbH, Bretten. Gunter Schulze ist Leiter der Komponentenentwicklung für Reifendruck-Kontrollsysteme bei der Beru Electronics GmbH, Bretten. Die Anwendungsmöglichkeiten indirekt messender Systeme sind somit grundsätzlich begrenzt. 2.2 Direkt messende Systeme Direkt messende Systeme bestimmen mittels im Inneren der Räder angebrachter Sensoren die Werte für Druck und Temperatur. Die gemessenen Werte gelangen gemeinsam mit einer Identifikationskennung per Funk zur Auswertung an das im Fahrzeug montierte Steuergerät [3]. Die Druck-Sensorelemente arbeiten meist auf mikromechanischer Basis als Teil eines integrierten Schaltkreises. Die Temperatur wird auf dem Chip über eine BandGap-Referenz gemessen. Die Datenübertragung erfolgt – je nach funktechnischen Gegebenheiten des Einsatzlands – im 433MHz- oder im 315-MHz-Band über eine Frequency-Shift-Keying-Modulation (FSK) jeweils als Burst mit 10 kbit/s. Die Telegrammlänge beträgt 96 bit, Tabelle 1. Die Fehlersicherung geschieht über einen Cyclic Redundancy Check-Algorithmus (CRC). Zur Stromversorgung der Radelektroniken dienen spezielle Lithiumbatterien. Diese ermöglichen zusammen mit der energieoptimierten Sensor-Elektronik eine Lebensdauer von bis zu zehn Jahren. Die erforderliche Lebensdauer der Batterie lässt sich über besondere schaltungstechnische Maßnahmen sowie über eine bedarfsgerechte Steuerung der Messzyklen und der Senderaktivität erreichen. Dazu werden die Messzyklen in Abhängigkeit von der Fahrzeugbewegung beeinflusst. Steht das Fahrzeug, sind lange Messintervalle sinnvoll, bei Bewegung werden diese angemessen ver- 3 ENTWICKLUNG Reifen und Räder 2.2 Direkt messende Systeme Byte 1 Synchronisation 1111 1111 Byte 2 Synchronization 1111 1110 Byte 3 Identifier MSB Byte 4 Identifier Byte 5 Identifier Byte 6 Identifier LSB Byte 7 Druck / Pressure Byte 8 Temperatur / temperature Byte 9 Batterie-Restlebensdauer / Battery power indicator Byte 10 Status Byte 11 CRC MSB Byte 12 CRC LSB Termination-Bit „0˝ Tabelle 1: Datentelegramm der Radelektronik Tabelle 2: Vergleich indirekt messender RDKS mit den drei Beru-TSS-Versionen Funktionsmerkmal Druckmessung in 4 Rädern Temperaturmessung in 4 Rädern Warnung bei Reifendefekt Weiche Warnung (geringer Minderdruck) Harte Warnung (Minderdruck 25%) Bewarnung gleichmäßiger Druckverlust aller Räder Ausgabe der Warnung mit Position Automatisches Lernen neuer Radsätze (z.B. Winterräder) Automatisches Lernen neuer Radmontagepositionen Schnelle Diagnose der Komponenten Solldruckübernahme bei geänderten Drücken durch Fahreraktion Druckanzeigemenü mit Messwerten und Position Sofortige Verfügbarkeit der Druckwerte vor Fahrtbeginn Erfüllt NHTSA Mindest-Warngrenzen und Reaktionszeiten ABS-gestützte TSS Generation 2 TSS Generation 2 Generation 3 Serien-Systeme ohne Trigger mit Trigger ohne Trigger – + + + – + + + + + + + – + + + – + + + – + + + – – + + – +* + + – +* + + + + + + + + + + – – + + – +** + +** – + + + *Mit Bedienereingriff; **Steuergerät muss im Stand über Klemme 30 versorgt werden. kürzt und können, sobald über die Zeit signifikante Druckänderungen erkannt werden – also entweder ein Reifendefekt vorliegt oder das Rad befüllt wird – im Sekun- 4 denrhythmus getaktet werden. Die Erkennung der Fahrzeugbewegung erfolgt in der Radelektronik autonom über Beschleunigungsaufnehmer (roll switch). Als Alternative bietet sich eine bedarfsgerechte Triggerung der Messung über einen Rückkanal zur Radelektronik an. Die erforderlichen Triggersender sind hierzu in den Radkästen montiert. Außer einer Taktung der Messvorgänge ermöglichen die Triggersender auf einfache Weise auch das Lernen der Radpositionen. Der für den Triggerkanal verwendete Frequenzbereich um 125 kHz stellt dabei sicher, dass aufgrund der im Verhältnis zur Wellenlänge kleinen Antennenstruktur die Reichweite der gesendeten Triggersignale gering bleibt, was eine zuverlässige Ansteuerung einzelner Radelektroniken ermöglicht. Benachbarte Räder bleiben unbeeinflusst, so dass sich eine eindeutige Identifizierung ergibt. Beim Vergleich der direkt und indirekt messenden Systeme, Tabelle 2, ergeben sich aus Sicht von Beru so klare Vorteile des direkt messenden Verfahrens, dass schon 1995 die Entscheidung fiel, ein RDKS auf dieser technischen Basis zu entwickeln. 3 Funktionskomponenten Die Funktionskomponenten der von Beru entwickelten Lösung als Beispiel eines modernen Reifendruck-Kontrollsystems sind Radelektronik, (Digital-)Antenne, Triggersender und Steuergerät. Zusätzlich sind je nach Applikation Bedieneinheiten und Display nötig. Die Zusammenstellung der einzelnen Elemente ist in den schematischen Systemdarstellungen in Bild 1 dargestellt. 3.1 Die Radelektronik Kernkomponente ist die Radelektronik. Diese am Ventil im Inneren des Rades montierte Einheit, Bild 2, muss extremen Umweltanforderungen widerstehen. Temperaturen von -40 °C bis +120 °C – kurzzeitig sogar bis zu +150 °C – gilt es sicher zu beherrschen. Die auftretenden Beschleunigungen erreichen Werte bis zu 2000 g. Durch die Ausformung des Gehäuses in Verbindung mit der Ventilanbindung über ein Kugelkalotten-Formteil ist es gelungen, mit einer einzigen Bauform der Radelektronik fast alle bekannten Felgenbauarten im Pkw-Bereich zu bedienen, Bild 3. Sicherheit vor dem Eindringen von Feuchtigkeit sowie Beständigkeit gegen Chemikalienrückstände im Reifen bietet ein Verguss. Ein von Beru patentierter Teflonfilter unterhalb eines „Kamins˝ (Chimney), Bild 4, gewährleistet dabei die erforderliche Durchlässigkeit für den Innendruck zum Sensorelement. Die Radelektronik besteht aus drei integrierten Schaltkreisen. Im ersten Schaltkreis werden über mikromechanische Strukturen die Werte von Druck, Tempera- ATZ 2/2005 Jahrgang 107 3 Funktionskomponenten TSS Generation 2 - ohne Trigger TSS Generation 2 - mit Trigger TSS Generation 3 - ohne Trigger, mit Kompaktsteuergerät Bild 1: Systemdarstellung: Die Komponenten: Radelektronik (1), (Digital)-Antenne (2), Zentrales Steuergerät (3), Triggersender (4), Kompaktsteuergerät Steuergerät mit integrierter Digitalantenne (5) tur und Beschleunigung gemessen und digitalisiert. Der Messwert für die Beschleunigung dient als Hilfsgröße. Sie erkennt, ob sich das Rad bewegt, so dass in diesem Fall in einen angepassten Sendemodus umgeschaltet werden kann. Der zweite Schaltkreis enthält eine 433MHz- (oder 315-MHz-) Sendeendstufe sowie den Mikrocontroller zur Ablaufsteuerung. Die Sendeleistung ist so gewählt, dass sich das System einerseits für eine generelle funktechnische Zulassung eignet und andererseits eine möglichst große Systemreserve für den Betrieb gewährleistet ist. ATZ 2/2005 Jahrgang 107 Ein weiterer Baustein weckt beim Empfang eines Triggersignals von 125 kHz das System auf und versetzt es in den aktiven Zustand. 3.2 Die Digitalantenne Die Digitalantenne enthält einen 433-MHz(oder 315-MHz-) HF-Empfänger mit zugehörigem Demodulator und Datendecoder. Über ein LIN-Bus-Interface gelangen die empfangenen Messwerte an das Steuergerät. Gegenüber früheren Systemen besteht der Vorteil dieses Konzeptes darin, dass im Fahrzeug für die Reifendruck-Kontrolle keine HF-Verkabelung nötig ist, was die Un- empfindlichkeit gegenüber elektro-magnetischen Einflüssen erheblich verbessert. Der Empfänger setzt das 433-MHz- (oder 315MHz-) Signal nach der Vorfilterung zunächst auf eine Zwischenfrequenz von 10,7 MHz um. Es folgen Demodulation, Dekodierung und Umformatierung in das LIN-Protokoll. Das Konzept ist dabei so ausgelegt, dass ein Abgleich der HF-Kreise in der Serienfertigung unnötig ist. 3.3 Der Triggersender Der Triggersender als dritte Komponente beinhaltet die Auswertung des LIN-Telegramms zur Ansteuerung, Generierung der 5 ENTWICKLUNG Reifen und Räder 3.1 Die Radelektronik Bild 2: Die Radelektronik wird mit dem Reifenventil kombiniert in der Felge montiert Trigger-Datenworte sowie den 125-kHz-Generator mit einer Ferritantenne als Sendeelement. Sowohl Digitalantenne als auch Triggersender sind wasserdicht und stoßgeschützt in robusten Gehäusen montiert und somit problemlos außen am Fahrzeug montierbar. 3.4 Das Steuergerät Das Steuergerät verarbeitet die von der Digitalantenne gelieferten Informationen und bereitet diese zur Anzeige auf. Warnalgorithmen sowie Anzeigestrategien sind als kundenspezifischer Teil des Gesamtsystems implementiert. Die Software basiert auf dem OSEK-Betriebssystem und lässt sich per Flash updaten. 3.5 Die Bedien- und Anzeigeeinheit Die jeweilige Bedien- und Anzeigeeinheit wird mit dem Fahrzeughersteller abgestimmt und ist an das Interieur Design des jeweiligen Autos angepasst. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten der Informationsausgabe. Sie kann über eine einfache Lampenansteuerung bis hin zur alphanumerischen Ausgabe der Druckund Temperaturwerte mit farblicher Zustandsmarkierung der jeweiligen Räder im Fahrerinformationssystem erfolgen. Bild 3: Der Schnitt durch die Radelektronik zeigt auch die Anpassungsmöglichkeit an verschiedene Felgen 4 Aktuelle Systemkonzepte Aus Einbau- und Kostengründen bieten sich – zumindest für die Länder (die meisten europäischen Länder und die USA), deren funktechnische Vorschriften dies zulassen – RDKS mit einer zentralen Empfangseinrichtung an. Das Spektrum der von Beru entwickelten Versionen umfasst derzeit drei Varianten. 4.1 Basissystem Bild 4: Mikromechanischer Drucksensor als integrierter Baustein – rechts ist der Chimney sichtbar 6 Das Basissystem verzichtet auf die Darstellung der Radzuordnung, wodurch es sehr kostengünstig realisierbar ist und dennoch eine sofortige Verfügbarkeit der Druckinformationen – als Summenzustand – erlaubt. Das heißt, es wird eine Warnung ausgeben, sobald zu geringer Reifendruck erkannt wird, jedoch ohne die Information, um welches Rad es sich handelt. Eine radbezogene Druckanzeige über den Ist-Zustand ist ebenfalls nicht möglich. Die Eigenraderkennung erfolgt ausschließlich über die Identifikationskennung der Radelektroniken. Allerdings müssen die Warnschwellen des Systems entweder für alle Räder einheitlich sein oder einmalig über einen Kalibriertaster aus den gemessenen Druckwerten der Radelektroniken übernommen und den entsprechenden Radelektronik-Identifikationscodes zuge- ATZ 2/2005 Jahrgang 107 ordnet werden. Die Warnanzeige erfolgt über das Fahrerinformationssystem ohne Positionsangabe. 4.2 Triggersystem Wird zudem eine Positionszuordnung der Radelektroniken gewünscht, bietet bei den heute verfügbaren Systemen das Triggersystem die technisch beste Lösung. Dem erhöhten Aufwand an Komponenten steht eine schnelle und zuverlässige Erkennung der Radpositionen gegenüber. Der Sender wird vom zentralen Steuergerät kontrolliert. Ein LF-Auslösesignal veranlasst die zugeordnete Radelektronik, einen neuen Druck- und Temperaturmesswert zu erfassen und in einem als angeforderte Information gekennzeichneten Funktelegramm zu senden. Aufgrund der zeitlichen Korrelation eines im zentralen Empfänger registrierten (markierten) Funkdatensatzes zur Triggeranforderung ist die Zuordnung auf die Radposition sehr schnell möglich. Das triggerbare System stellt die Druckinformation bereits vor Fahrtantritt zur Verfügung. Die Sollwerte für die Reifendrücke können in diesem System sowohl über eine Steuergerätecodierung achsspezifisch vorgegeben als auch über einen Kalibriertaster direkt von den eingestellten Ist-Drücken abgeleitet werden. Die Ausgabe einer Warnung erfolgt über ein Display, das die Positionsinformation in geeigneter Form anzeigt. Ein Beispiel zeigt Bild 5. 4.3 Kompaktsystem 5.1 Einbauräume Bild 6 zeigt die Komponenten des aktuellen TSS. Die neueste Entwicklung reduziert die Anzahl der Systemkomponenten noch weiter: Das Beru-Kompaktsystem (TSS 3. Generation) wird nur noch aus einer zentralen Empfangseinrichtung mit integrierter Steuergerätefunktion, sowie vier Radelektroniken bestehen. Die Positionszuordnung erfolgt aus der Auswertung eines Drehrichtungs-Signales, das die Radelektroniken in den Funkdaten bereitstellen, und der Bewegungsrichtungsinformation des Fahrzeugs, in Kombination mit der achsspezifischen Separierung der montierten Radelektroniken durch den Vergleich unterschiedlicher HFEmpfangspegel. Dies wird dadurch möglich, dass die zentrale Empfangseinheit entweder vorn oder hinten am Fahrzeug verbaut wird, um diese HF-Pegelunterschiede zu provozieren. Die Sollwerthinterlegung der Reifendrücke geschieht wie oben beschrieben. Ein Display übernimmt die Warnanzeige sowie die Positionsinformation. Um die beste Lage für den Einbau der Empfangsantenne zu ermitteln, werden die potenziellen Einbauräume in Bezug auf die Hochfrequenz-Empfangseigenschaften vermessen. Die günstige Position liegt meist im Unterboden- oder Stoßfängerbereich oder in den Radhäusern. Doch auch der Verbau im Innenraum ist – sollte dies vom Fahrzeughersteller gewünscht sein – möglich. Das System ist grundsätzlich so ausgelegt, dass der Empfang der HF-Signale auch bei stark dämpfenden Reifen sichergestellt ist. Zusätzliche Dämpfung durch Umwelteinflüsse (Schnee, Regen) ist in der Systemauslegung ebenfalls berücksichtigt. 5 Integration im Fahrzeug Die Systemintegration in das Fahrzeug teilt sich in zwei Bereiche auf. Zum einen sind die technisch und gestalterisch optimalen Positionen für die Hardware festzulegen, zum anderen muss die Ankoppelung an das Bordnetz erfolgen. 4.2 Triggersystem Bild 5: Display des Beru-TSS, wie es im Audi A6 verwendet wird – es zeigt die Druck- und Temperaturwerte innerhalb der einzelnen Reifen an ATZ 2/2005 Jahrgang 107 5.2 Vernetzung Ein weiterer Teil der Systemintegration besteht in der Anbindung des Systems an das fahrzeugspezifische Bordnetz. In den meisten Anwendungen wird das Steuergerät am vorhandenen Komfort-CAN betrieben. Die Komponenten des Reifendruck-Kontrollsystems sind alle eigendiagnosefähig. Die herstellerspezifischen Diagnosedienste stellen die benötigten Diagnoseinformationen bereit. Bedienung und Anzeige der Druckinformation erfolgen ebenfalls über den Fahrzeugbus. 5.3 Technische Vorgaben Gesetzliche Anforderungen wie beispielsweise die Initiative der NHTSA sowie die Forderungen der Fahrzeug-Hersteller legen den Rahmen für die Warnschwellen und Reaktionszeiten fest. 5.4 Besonderheiten des Beru-TSS Das Tire Safety System von Beru bewertet zusätzlich zum Reifendruck auch die Reifentemperatur. Grundlage hierfür ist das allgemeine Gasgesetz. Mit dieser Temperaturkompensation lässt sich die Warnschwelle an die Reifentemperatur anpassen. Eine Meldung wird ausgegeben, wenn die Warngrenze zweimal in Folge unterschritten wurde. Bei einem Sendeintervall von typisch einer Minute ergibt sich eine Erkennungsdauer von maximal zwei Minuten. Bei starken Druckänderungen sendet die Radelektronik im Sekundenrhythmus. In diesem Fall beträgt die Erkennungsdauer zwei Sekunden. Zusätzlich zum Reifendefekt mit rapidem Druckabfall wird im System auch ein schleichender Druckverlust detektiert – beispielsweise verursacht durch Diffusion oder ein undichtes Ventil. Der Schwellwert dafür liegt üblicherweise bei 0,3 bar. Er kann jedoch herstellerspezifisch variieren. 7 Reifen und Räder 4.3 Kompaktsystem Bild 6: : Komponenten des Beru-TSS Generation 2 ohne Gehäuse, mit sichtbarem Aufbau – von links: Triggersender, Steuergerät, Radelektronik, Digitalantenne Diese Schwelle wird genutzt, um den Fahrer frühzeitig an die erforderliche Korrektur des Luftdrucks zu erinnern. 5.5 Anwendungsbeispiele Das erste Reifendruck-Kontrollsystem von Beru kam 1997 als Option für den BMW 7er auf den Markt. Aktuell ist das Beru TSS in über 20 Modellen verschiedener Fabrikate als Serien- oder Zusatzausstattung erhältlich. In Top-Fahrzeugen wie Bentley Continental GT, allen Ferrari, Maybach, Mercedes SLR und Porsche Carrera GT ist es grundsätzlich ab Werk vorhanden. Auch für den Mercedes-Benz Actros mit Super-Single-Reifen ist eine Version optional lieferbar. Über die Beru-Tochter F1-Systems hat TSS mittlerweile im Rennsport – sogar in der Formel 1 – Einzug gehalten. 6 Ausblick, zukünftige Entwicklungen sten Jahren zu erwarten. Die Vorbereitungen der Automobilindustrie sowie der Zulieferer hierzu laufen mit Hochdruck. Nachdem die Systeme bereits seit einigen Jahren im Premiumsegment als Option eingeführt sind, zielen die laufenden Entwicklungsaktivitäten vorwiegend auf eine Vereinfachung des Installationsaufwands im Fahrzeug sowie die Hochintegration der Komponenten. Diese Maßnahmen sollen eine weitere Reduktion des Systempreises bewirken. Verschiedene Halbleiterhersteller haben dazu bereits hochintegrierte Module für die Radelektroniken angekündigt. Eine Kombination der Funktion des Steuergerätes zur Signalauswertung mit anderen Komponenten im Fahrzeug wie beispielsweise der Funk-Schließanlage oder des ABS-Systems sind ebenfalls möglich. Im Stadium der Vorentwicklung sind derzeit technische Lösungen, die ohne Batterie in der Radelektronik auskommen. Ob hierfür die bekannten Transponderlösungen geeignet sind, oder ob sich Konzepte durchsetzen, welche die Bewegungsenergie der Radelektroniken während der Rotationsphase für die Stromversorgung nutzen können, werden die Entwicklungen der nächsten Jahre zeigen. Literaturhinweise [1] [2] [3] NHTSA-Richtlinie FMVSS 138. Tire Pressure Monitoring Systems (Stand 09/2004) International Patent Application WO 01/87647, World International Property Organization, 2001 Normann, N.: Reifendruck-Kontrollsystem für alle Fahrzeugklassen. In: ATZ 102 (2000), Nr. 11 Gefördert durch die aktuelle Gesetzesinitiative der NHTSA in den USA ist dort die Ausstattung aller Neufahrzeuge mit Reifendruck-Kontrollsystemen in den näch- BERU Aktiengesellschaft Mörikestrasse 155 · D-71636 Ludwigsburg Postfach 229 · D-71602 Ludwigsburg Telefon: ++49/7141/132-693 Telefax: ++49/7141/132-220 www.beru.com Printed in Germany 10.03.05 Bestell- Nr. 5 000 001 068 ENTWICKLUNG