Entwicklungen beim Reifendruck

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Entwicklungen beim Reifendruck
Sonderdruck
AT Z
www.beru.com
Reifendruck-Kontrollsystem
Tire Safety System - TSS
Stand und aktuelle Entwicklungen bei
Reifendruck-Kontrollsystemen
Sonderdruck aus der
Automobiltechnischen Zeitschrift (ATZ)
Perfektion
eingebaut
ENTWICKLUNG
Reifen und Räder
Stand und aktuelle
Entwicklungen bei
ReifendruckKontrollsystemen
Mehr Sicherheit, höheren Komfort und größere Wirtschaftlichkeit bieten Reifendruck-Kontrollsysteme. Zunehmend werden sie auch für Volumen-Fahrzeuge nachgefragt. Prinzipiell konkurrieren dabei zwei unterschiedliche technische Konzepte:
direkt messende und indirekt messende Systeme. Die Beru AG forciert mit ihrem
Tire Safety System (TSS) die direkt messende Version und stellt jetzt mit der dritten
Generation ein technisch besonders anspruchsvolles und präzises Prinzip vor.
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ATZ 2/2005 Jahrgang 107
Die Autoren
1 Einleitung
Reifendruck-Kontrollsysteme (RDKS) sind im
Begriff, sich als Standardausstattung im
Auto zu etablieren. Beschleunigt wird diese
Entwicklung durch spektakuläre Schadensfälle mit defekten Reifen. Das hat beispielsweise in den USA den Gesetzgeber dazu veranlasst, künftig die Ausstattung aller Pkw
und leichten Nutzfahrzeuge mit derartigen
Systemen zu fordern. Zur Mindestanforderung laut National Highway Traffic Safety
Administration (NHTSA) zählt, dass eine
Warnung bei einem Druckverlust von 25 %
bezogen auf den Solldruck erfolgt. Die Druckreduzierung muss spätestens nach zehn Minuten erkannt und angezeigt werden [1].
Bemerkenswert ist dabei das Tempo,
mit dem die NHTSA die Einführungsquoten
vorsieht: Ab 1. 9. 2005 sollen 50, ab 1. 9. 2006
schon 90 und ab 1. 9. 2007 dann 100 % der
Neufahrzeuge über ein RDKS verfügen. Ob
weitere Länder ebenso zügig vorgehen, ist
zwar noch offen, lässt sich aber entsprechend der Einführungspraxis bei anderen
sicherheitsrelevanten Produkten durchaus
annehmen.
Gesetzgeber wie Autokäufer erwarten
von derartigen Systemen in erster Linie einen aktiven Beitrag zur Fahrsicherheit. Beginnender Druckverlust wird rechtzeitig erkannt; per Warnmeldung wird der Fahrer
zum Luft-Nachfüllen beziehungsweise Anhalten aufgefordert, womit sich Folgeschäden oder Unfälle in den meisten Fällen vermeiden lassen. Für Fahrzeuge mit Sicherheits-Reifen (Run-flat Tire) ist eine solche
Kontrolleinrichtung ohnehin unerlässlich,
damit der Fahrer nicht unwissentlich mit
einem defekten oder unzureichend befüllten Reifen fährt.
Außerdem schätzen die Fahrer die komfortable Art der Reifenfülldruck-Überwachung. Ein Knopfdruck aktualisiert die
Druckanzeige in einem Display innerhalb
des Fahrzeugs.
Da nur dauerhaft ordnungsgemäß befüllte Reifen ihre maximale Lebensdauer
erreichen, profitieren RDKS-Nutzer außer
von dem Sicherheitsaspekt auch von einer
erhöhten Wirtschaftlichkeit.
Die Systemkosten sind in den letzten
Jahren erheblich gesunken. Deshalb etablieren sich RDKS bereits in Fahrzeugen der
Mittelklasse. Basis hierfür sind einerseits
reduzierte Preise für die Komponenten aufgrund einer erhöhten Integration der
elektronischen Schaltkreise und andererseits der erheblich vereinfachte Einbau
beim Autohersteller.
2 Systemvarianten
Zur permanenten Ermittlung des Reifen-
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drucks sind zwei im Grundsatz verschiedene Verfahren üblich:
■ Indirekt messende Systeme nutzen vorhandene Messwerte aus ABS- und/oder
Fahrdynamik-Systemen, um hieraus über
Algorithmen die Änderung des Reifendrucks zu berechnen.
■ Direkt messende Systeme ermitteln die
vorhandenen Druck- und Temperatur-Werte der Luft in den Reifen und stellen die Ergebnisse einer Auswert-Elektronik im Fahrzeug zur Verfügung.
2.1 Indirekt messende Systeme
Indirekt messende RDKS bewerten Differenzdrehzahlen der Räder, gemessen über
die in den Fahrzeugen vorhandenen ABSDrehzahlsensoren. Überschreitet die relative Differenzdrehzahl eines Rades plötzlich
im Vergleich zu den übrigen Rädern einen
berechneten Schwellwert, wird davon ausgegangen, dass der Luftdruck im betroffenen Rad abgefallen ist, und es wird eine
Warnung ausgegeben. Der Schwellwert
muss dabei dynamisch angepasst werden,
um die Umfangsänderung der Räder aufgrund von Reifenabnutzung und Belastung
auszugleichen. Unterschiedliche Belastungen liegen beispielsweise während Kurvenfahrten vor oder bei Fahrten unter winterlichen Verhältnissen, wo die Räder aufgrund unterschiedlicher Haftungsverhältnisse Drehzahlunterschiede aufweisen. In
diesen Fällen ist die Warnfähigkeit des indirekt messenden RDKS deutlich eingeschränkt.
Dieses Arbeitsprinzip lässt sich zwar
kostengünstig als Softwaremodul innerhalb der ESP- oder ABS-Steuergeräte realisieren; begrenzt ist der Einsatz jedoch auf
die Warnung bei plötzlich abfallendem
Druck in einzelnen Reifen aufgrund einer
Beschädigung. Schleichenden, an allen Rädern gleichmäßigen Druckabfall – zum Beispiel durch Diffusion – erkennt das System
ebenso wenig wie Abweichungen <25 %
vom Sollwert. Absolutdruck-Messungen
sind ebenfalls nicht möglich. Die aktuell
angebotenen, indirekt messenden Systeme
erfüllen also die NHTSA-Forderungen nicht.
Dies gilt voraussichtlich auch für eine
weitere, ebenfalls indirekt messende RDKSVariante, die noch im Entwicklungsstadium ist. Sie setzt auf die Veränderung der
Resonanzfrequenz des Rad-Reifensystems
in Abhängigkeit vom Reifendruck. Dabei
wird über eine Messung der Drehschwingungen, die der Radrotation als Störung
überlagert sind, der Druckwert ermittelt.
Der Rechenaufwand für das zur Parameteridentifikation eingesetzte Kalmanfilter
ist allerdings erheblich und wird sich deutlich in den Hardwarekosten bemerkbar
machen. [2]
Dr. Harald Bochmann
ist Technischer Leiter
der Beru Electronics
GmbH, Bretten.
Ralf Kessler ist Leiter
der Produktgruppe
Entwicklung Reifendruck-Kontrollsysteme
der Beru Electronics
GmbH, Bretten.
Gunter Schulze ist
Leiter der Komponentenentwicklung für
Reifendruck-Kontrollsysteme bei der Beru
Electronics GmbH,
Bretten.
Die Anwendungsmöglichkeiten indirekt
messender Systeme sind somit grundsätzlich begrenzt.
2.2 Direkt messende Systeme
Direkt messende Systeme bestimmen
mittels im Inneren der Räder angebrachter
Sensoren die Werte für Druck und Temperatur. Die gemessenen Werte gelangen gemeinsam mit einer Identifikationskennung
per Funk zur Auswertung an das im Fahrzeug montierte Steuergerät [3].
Die Druck-Sensorelemente arbeiten
meist auf mikromechanischer Basis als Teil
eines integrierten Schaltkreises. Die Temperatur wird auf dem Chip über eine BandGap-Referenz gemessen. Die Datenübertragung erfolgt – je nach funktechnischen Gegebenheiten des Einsatzlands – im 433MHz- oder im 315-MHz-Band über eine Frequency-Shift-Keying-Modulation (FSK) jeweils als Burst mit 10 kbit/s. Die Telegrammlänge beträgt 96 bit, Tabelle 1. Die
Fehlersicherung geschieht über einen Cyclic Redundancy Check-Algorithmus (CRC).
Zur Stromversorgung der Radelektroniken dienen spezielle Lithiumbatterien. Diese ermöglichen zusammen mit der energieoptimierten Sensor-Elektronik eine Lebensdauer von bis zu zehn Jahren. Die erforderliche Lebensdauer der Batterie lässt sich
über besondere schaltungstechnische Maßnahmen sowie über eine bedarfsgerechte
Steuerung der Messzyklen und der Senderaktivität erreichen. Dazu werden die Messzyklen in Abhängigkeit von der Fahrzeugbewegung beeinflusst. Steht das Fahrzeug,
sind lange Messintervalle sinnvoll, bei Bewegung werden diese angemessen ver-
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ENTWICKLUNG
Reifen und Räder
2.2 Direkt messende Systeme
Byte 1
Synchronisation 1111 1111
Byte 2
Synchronization 1111 1110
Byte 3
Identifier MSB
Byte 4
Identifier
Byte 5
Identifier
Byte 6
Identifier LSB
Byte 7
Druck / Pressure
Byte 8
Temperatur / temperature
Byte 9
Batterie-Restlebensdauer /
Battery power indicator
Byte 10
Status
Byte 11
CRC MSB
Byte 12
CRC LSB
Termination-Bit
„0˝
Tabelle 1: Datentelegramm
der Radelektronik
Tabelle 2: Vergleich indirekt messender RDKS mit den drei Beru-TSS-Versionen
Funktionsmerkmal
Druckmessung
in 4 Rädern
Temperaturmessung
in 4 Rädern
Warnung bei
Reifendefekt
Weiche Warnung
(geringer Minderdruck)
Harte Warnung
(Minderdruck 25%)
Bewarnung gleichmäßiger Druckverlust
aller Räder
Ausgabe der Warnung
mit Position
Automatisches Lernen
neuer Radsätze
(z.B. Winterräder)
Automatisches Lernen
neuer Radmontagepositionen
Schnelle Diagnose
der Komponenten
Solldruckübernahme
bei geänderten
Drücken durch
Fahreraktion
Druckanzeigemenü
mit Messwerten und
Position
Sofortige Verfügbarkeit der Druckwerte vor Fahrtbeginn
Erfüllt NHTSA
Mindest-Warngrenzen
und Reaktionszeiten
ABS-gestützte TSS Generation 2 TSS Generation 2 Generation 3
Serien-Systeme
ohne Trigger
mit Trigger
ohne Trigger
–
+
+
+
–
+
+
+
+
+
+
+
–
+
+
+
–
+
+
+
–
+
+
+
–
–
+
+
–
+*
+
+
–
+*
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
–
–
+
+
–
+**
+
+**
–
+
+
+
*Mit Bedienereingriff; **Steuergerät muss im Stand über Klemme 30 versorgt werden.
kürzt und können, sobald über die Zeit signifikante Druckänderungen erkannt werden – also entweder ein Reifendefekt vorliegt oder das Rad befüllt wird – im Sekun-
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denrhythmus getaktet werden. Die Erkennung der Fahrzeugbewegung erfolgt in der
Radelektronik autonom über Beschleunigungsaufnehmer (roll switch).
Als Alternative bietet sich eine bedarfsgerechte Triggerung der Messung über einen Rückkanal zur Radelektronik an. Die erforderlichen Triggersender sind hierzu in
den Radkästen montiert.
Außer einer Taktung der Messvorgänge
ermöglichen die Triggersender auf einfache
Weise auch das Lernen der Radpositionen.
Der für den Triggerkanal verwendete Frequenzbereich um 125 kHz stellt dabei sicher,
dass aufgrund der im Verhältnis zur Wellenlänge kleinen Antennenstruktur die
Reichweite der gesendeten Triggersignale
gering bleibt, was eine zuverlässige Ansteuerung einzelner Radelektroniken ermöglicht. Benachbarte Räder bleiben unbeeinflusst, so dass sich eine eindeutige Identifizierung ergibt.
Beim Vergleich der direkt und indirekt
messenden Systeme, Tabelle 2, ergeben
sich aus Sicht von Beru so klare Vorteile des
direkt messenden Verfahrens, dass schon
1995 die Entscheidung fiel, ein RDKS auf
dieser technischen Basis zu entwickeln.
3 Funktionskomponenten
Die Funktionskomponenten der von Beru
entwickelten Lösung als Beispiel eines modernen Reifendruck-Kontrollsystems sind
Radelektronik, (Digital-)Antenne, Triggersender und Steuergerät. Zusätzlich sind je
nach Applikation Bedieneinheiten und Display nötig. Die Zusammenstellung der einzelnen Elemente ist in den schematischen
Systemdarstellungen in Bild 1 dargestellt.
3.1 Die Radelektronik
Kernkomponente ist die Radelektronik.
Diese am Ventil im Inneren des Rades montierte Einheit, Bild 2, muss extremen Umweltanforderungen widerstehen. Temperaturen von -40 °C bis +120 °C – kurzzeitig sogar bis zu +150 °C – gilt es sicher zu beherrschen. Die auftretenden Beschleunigungen
erreichen Werte bis zu 2000 g.
Durch die Ausformung des Gehäuses in
Verbindung mit der Ventilanbindung über
ein Kugelkalotten-Formteil ist es gelungen,
mit einer einzigen Bauform der Radelektronik fast alle bekannten Felgenbauarten im
Pkw-Bereich zu bedienen, Bild 3.
Sicherheit vor dem Eindringen von
Feuchtigkeit sowie Beständigkeit gegen
Chemikalienrückstände im Reifen bietet
ein Verguss. Ein von Beru patentierter Teflonfilter unterhalb eines „Kamins˝ (Chimney), Bild 4, gewährleistet dabei die erforderliche Durchlässigkeit für den Innendruck zum Sensorelement.
Die Radelektronik besteht aus drei integrierten Schaltkreisen. Im ersten Schaltkreis werden über mikromechanische
Strukturen die Werte von Druck, Tempera-
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3 Funktionskomponenten
TSS Generation 2 - ohne Trigger
TSS Generation 2 - mit Trigger
TSS Generation 3 - ohne Trigger,
mit Kompaktsteuergerät
Bild 1: Systemdarstellung:
Die Komponenten: Radelektronik (1), (Digital)-Antenne (2), Zentrales Steuergerät (3), Triggersender (4), Kompaktsteuergerät Steuergerät mit integrierter Digitalantenne (5)
tur und Beschleunigung gemessen und digitalisiert. Der Messwert für die Beschleunigung dient als Hilfsgröße. Sie erkennt, ob
sich das Rad bewegt, so dass in diesem Fall
in einen angepassten Sendemodus umgeschaltet werden kann.
Der zweite Schaltkreis enthält eine 433MHz- (oder 315-MHz-) Sendeendstufe sowie den Mikrocontroller zur Ablaufsteuerung. Die Sendeleistung ist so gewählt,
dass sich das System einerseits für eine generelle funktechnische Zulassung eignet
und andererseits eine möglichst große Systemreserve für den Betrieb gewährleistet
ist.
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Ein weiterer Baustein weckt beim Empfang eines Triggersignals von 125 kHz das
System auf und versetzt es in den aktiven
Zustand.
3.2 Die Digitalantenne
Die Digitalantenne enthält einen 433-MHz(oder 315-MHz-) HF-Empfänger mit zugehörigem Demodulator und Datendecoder.
Über ein LIN-Bus-Interface gelangen die
empfangenen Messwerte an das Steuergerät. Gegenüber früheren Systemen besteht
der Vorteil dieses Konzeptes darin, dass im
Fahrzeug für die Reifendruck-Kontrolle keine HF-Verkabelung nötig ist, was die Un-
empfindlichkeit gegenüber elektro-magnetischen Einflüssen erheblich verbessert. Der
Empfänger setzt das 433-MHz- (oder 315MHz-) Signal nach der Vorfilterung zunächst auf eine Zwischenfrequenz von 10,7
MHz um. Es folgen Demodulation, Dekodierung und Umformatierung in das LIN-Protokoll. Das Konzept ist dabei so ausgelegt,
dass ein Abgleich der HF-Kreise in der Serienfertigung unnötig ist.
3.3 Der Triggersender
Der Triggersender als dritte Komponente
beinhaltet die Auswertung des LIN-Telegramms zur Ansteuerung, Generierung der
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ENTWICKLUNG
Reifen und Räder
3.1 Die Radelektronik
Bild 2: Die Radelektronik wird mit dem
Reifenventil kombiniert in der Felge
montiert
Trigger-Datenworte sowie den 125-kHz-Generator mit einer Ferritantenne als Sendeelement. Sowohl Digitalantenne als auch
Triggersender sind wasserdicht und stoßgeschützt in robusten Gehäusen montiert
und somit problemlos außen am Fahrzeug
montierbar.
3.4 Das Steuergerät
Das Steuergerät verarbeitet die von der Digitalantenne gelieferten Informationen
und bereitet diese zur Anzeige auf. Warnalgorithmen sowie Anzeigestrategien sind
als kundenspezifischer Teil des Gesamtsystems implementiert. Die Software basiert
auf dem OSEK-Betriebssystem und lässt
sich per Flash updaten.
3.5 Die Bedien- und
Anzeigeeinheit
Die jeweilige Bedien- und Anzeigeeinheit
wird mit dem Fahrzeughersteller abgestimmt und ist an das Interieur Design des
jeweiligen Autos angepasst.
Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten der Informationsausgabe. Sie kann über
eine einfache Lampenansteuerung bis hin
zur alphanumerischen Ausgabe der Druckund Temperaturwerte mit farblicher Zustandsmarkierung der jeweiligen Räder im
Fahrerinformationssystem erfolgen.
Bild 3: Der Schnitt durch die Radelektronik zeigt auch
die Anpassungsmöglichkeit an verschiedene Felgen
4 Aktuelle Systemkonzepte
Aus Einbau- und Kostengründen bieten
sich – zumindest für die Länder (die meisten europäischen Länder und die USA), deren funktechnische Vorschriften dies zulassen – RDKS mit einer zentralen Empfangseinrichtung an. Das Spektrum der von Beru
entwickelten Versionen umfasst derzeit
drei Varianten.
4.1 Basissystem
Bild 4: Mikromechanischer
Drucksensor als integrierter Baustein
– rechts ist der Chimney sichtbar
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Das Basissystem verzichtet auf die Darstellung der Radzuordnung, wodurch es sehr
kostengünstig realisierbar ist und dennoch
eine sofortige Verfügbarkeit der Druckinformationen – als Summenzustand – erlaubt. Das heißt, es wird eine Warnung ausgeben, sobald zu geringer Reifendruck erkannt wird, jedoch ohne die Information,
um welches Rad es sich handelt.
Eine radbezogene Druckanzeige über
den Ist-Zustand ist ebenfalls nicht möglich.
Die Eigenraderkennung erfolgt ausschließlich über die Identifikationskennung der
Radelektroniken. Allerdings müssen die
Warnschwellen des Systems entweder für
alle Räder einheitlich sein oder einmalig
über einen Kalibriertaster aus den gemessenen Druckwerten der Radelektroniken
übernommen und den entsprechenden
Radelektronik-Identifikationscodes zuge-
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ordnet werden. Die Warnanzeige erfolgt
über das Fahrerinformationssystem ohne
Positionsangabe.
4.2 Triggersystem
Wird zudem eine Positionszuordnung der
Radelektroniken gewünscht, bietet bei den
heute verfügbaren Systemen das Triggersystem die technisch beste Lösung.
Dem erhöhten Aufwand an Komponenten steht eine schnelle und zuverlässige Erkennung der Radpositionen gegenüber. Der
Sender wird vom zentralen Steuergerät
kontrolliert. Ein LF-Auslösesignal veranlasst die zugeordnete Radelektronik, einen
neuen Druck- und Temperaturmesswert zu
erfassen und in einem als angeforderte Information gekennzeichneten Funktelegramm zu senden.
Aufgrund der zeitlichen Korrelation eines im zentralen Empfänger registrierten
(markierten) Funkdatensatzes zur Triggeranforderung ist die Zuordnung auf die Radposition sehr schnell möglich. Das triggerbare System stellt die Druckinformation bereits vor Fahrtantritt zur Verfügung.
Die Sollwerte für die Reifendrücke können in diesem System sowohl über eine
Steuergerätecodierung achsspezifisch vorgegeben als auch über einen Kalibriertaster
direkt von den eingestellten Ist-Drücken
abgeleitet werden.
Die Ausgabe einer Warnung erfolgt über
ein Display, das die Positionsinformation in
geeigneter Form anzeigt. Ein Beispiel zeigt
Bild 5.
4.3 Kompaktsystem
5.1 Einbauräume
Bild 6 zeigt die Komponenten des aktuellen
TSS.
Die neueste Entwicklung reduziert die
Anzahl der Systemkomponenten noch weiter: Das Beru-Kompaktsystem (TSS 3. Generation) wird nur noch aus einer zentralen
Empfangseinrichtung mit integrierter
Steuergerätefunktion, sowie vier Radelektroniken bestehen.
Die Positionszuordnung erfolgt aus der
Auswertung eines Drehrichtungs-Signales,
das die Radelektroniken in den Funkdaten
bereitstellen, und der Bewegungsrichtungsinformation des Fahrzeugs, in Kombination mit der achsspezifischen Separierung der montierten Radelektroniken
durch den Vergleich unterschiedlicher HFEmpfangspegel. Dies wird dadurch möglich, dass die zentrale Empfangseinheit entweder vorn oder hinten am Fahrzeug verbaut wird, um diese HF-Pegelunterschiede
zu provozieren. Die Sollwerthinterlegung
der Reifendrücke geschieht wie oben beschrieben. Ein Display übernimmt die
Warnanzeige sowie die Positionsinformation.
Um die beste Lage für den Einbau der Empfangsantenne zu ermitteln, werden die potenziellen Einbauräume in Bezug auf die
Hochfrequenz-Empfangseigenschaften
vermessen. Die günstige Position liegt
meist im Unterboden- oder Stoßfängerbereich oder in den Radhäusern. Doch auch
der Verbau im Innenraum ist – sollte dies
vom Fahrzeughersteller gewünscht sein –
möglich.
Das System ist grundsätzlich so ausgelegt, dass der Empfang der HF-Signale auch
bei stark dämpfenden Reifen sichergestellt
ist. Zusätzliche Dämpfung durch Umwelteinflüsse (Schnee, Regen) ist in der Systemauslegung ebenfalls berücksichtigt.
5 Integration im Fahrzeug
Die Systemintegration in das Fahrzeug teilt
sich in zwei Bereiche auf. Zum einen sind
die technisch und gestalterisch optimalen
Positionen für die Hardware festzulegen,
zum anderen muss die Ankoppelung an
das Bordnetz erfolgen.
4.2 Triggersystem
Bild 5: Display des Beru-TSS, wie es im Audi A6 verwendet wird
– es zeigt die Druck- und Temperaturwerte innerhalb der einzelnen Reifen an
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5.2 Vernetzung
Ein weiterer Teil der Systemintegration besteht in der Anbindung des Systems an das
fahrzeugspezifische Bordnetz. In den meisten Anwendungen wird das Steuergerät
am vorhandenen Komfort-CAN betrieben.
Die Komponenten des Reifendruck-Kontrollsystems sind alle eigendiagnosefähig.
Die herstellerspezifischen Diagnosedienste
stellen die benötigten Diagnoseinformationen bereit.
Bedienung und Anzeige der Druckinformation erfolgen ebenfalls über den Fahrzeugbus.
5.3 Technische Vorgaben
Gesetzliche Anforderungen wie beispielsweise die Initiative der NHTSA sowie die
Forderungen der Fahrzeug-Hersteller legen
den Rahmen für die Warnschwellen und
Reaktionszeiten fest.
5.4 Besonderheiten
des Beru-TSS
Das Tire Safety System von Beru bewertet zusätzlich zum Reifendruck auch die Reifentemperatur. Grundlage hierfür ist das allgemeine Gasgesetz. Mit dieser Temperaturkompensation lässt sich die Warnschwelle
an die Reifentemperatur anpassen.
Eine Meldung wird ausgegeben, wenn
die Warngrenze zweimal in Folge unterschritten wurde. Bei einem Sendeintervall
von typisch einer Minute ergibt sich eine
Erkennungsdauer von maximal zwei Minuten. Bei starken Druckänderungen sendet
die Radelektronik im Sekundenrhythmus.
In diesem Fall beträgt die Erkennungsdauer zwei Sekunden.
Zusätzlich zum Reifendefekt mit rapidem Druckabfall wird im System auch ein
schleichender Druckverlust detektiert – beispielsweise verursacht durch Diffusion
oder ein undichtes Ventil. Der Schwellwert
dafür liegt üblicherweise bei 0,3 bar. Er
kann jedoch herstellerspezifisch variieren.
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Reifen und Räder
4.3 Kompaktsystem
Bild 6: : Komponenten des Beru-TSS Generation 2 ohne Gehäuse, mit sichtbarem
Aufbau – von links: Triggersender, Steuergerät, Radelektronik, Digitalantenne
Diese Schwelle wird genutzt, um den Fahrer frühzeitig an die erforderliche Korrektur
des Luftdrucks zu erinnern.
5.5 Anwendungsbeispiele
Das erste Reifendruck-Kontrollsystem von
Beru kam 1997 als Option für den BMW 7er
auf den Markt. Aktuell ist das Beru TSS in
über 20 Modellen verschiedener Fabrikate
als Serien- oder Zusatzausstattung erhältlich. In Top-Fahrzeugen wie Bentley Continental GT, allen Ferrari, Maybach, Mercedes
SLR und Porsche Carrera GT ist es grundsätzlich ab Werk vorhanden.
Auch für den Mercedes-Benz Actros
mit Super-Single-Reifen ist eine Version
optional lieferbar. Über die Beru-Tochter
F1-Systems hat TSS mittlerweile im Rennsport – sogar in der Formel 1 – Einzug gehalten.
6 Ausblick, zukünftige
Entwicklungen
sten Jahren zu erwarten. Die Vorbereitungen der Automobilindustrie sowie der Zulieferer hierzu laufen mit Hochdruck.
Nachdem die Systeme bereits seit einigen
Jahren im Premiumsegment als Option
eingeführt sind, zielen die laufenden Entwicklungsaktivitäten vorwiegend auf eine Vereinfachung des Installationsaufwands im Fahrzeug sowie die Hochintegration der Komponenten. Diese Maßnahmen sollen eine weitere Reduktion
des Systempreises bewirken. Verschiedene Halbleiterhersteller haben dazu bereits
hochintegrierte Module für die Radelektroniken angekündigt.
Eine Kombination der Funktion des
Steuergerätes zur Signalauswertung mit
anderen Komponenten im Fahrzeug wie
beispielsweise der Funk-Schließanlage
oder des ABS-Systems sind ebenfalls möglich.
Im Stadium der Vorentwicklung sind
derzeit technische Lösungen, die ohne
Batterie in der Radelektronik auskommen. Ob hierfür die bekannten Transponderlösungen geeignet sind, oder ob
sich Konzepte durchsetzen, welche die
Bewegungsenergie der Radelektroniken
während der Rotationsphase für die
Stromversorgung nutzen können, werden die Entwicklungen der nächsten Jahre zeigen.
Literaturhinweise
[1]
[2]
[3]
NHTSA-Richtlinie FMVSS 138. Tire Pressure
Monitoring Systems (Stand 09/2004)
International Patent Application WO
01/87647, World International Property Organization, 2001
Normann, N.: Reifendruck-Kontrollsystem
für alle Fahrzeugklassen. In: ATZ 102 (2000),
Nr. 11
Gefördert durch die aktuelle Gesetzesinitiative der NHTSA in den USA ist dort die
Ausstattung aller Neufahrzeuge mit Reifendruck-Kontrollsystemen in den näch-
BERU Aktiengesellschaft
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