brauneck allnighty_new

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brauneck allnighty_new
Brauneck allnighty
die Nacht zum Neumond vom 10.12.2015 auf den 11.12.2015
N. G.
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Megalange Nacht – megalanges Intro
Fast genau zum Neumond vom 10.12. auf den 11.12. waren die Prognosen für die Berge wieder atemberaubend. Unter 20% Luftfeuchte waren
prognostiziert (Messstation zeigte rückblickend teils Werte von um die 3%) und die klassische Inversionswetterlage für diese Jahreszeit lockte mit
deutlichen Plusgraden am Berg. Dummerweise hatte es den Tag zuvor nochmals geschneit. Der kürzlich noch begehbare Gipfelweg am Wendelstein
wäre mir dieses mal zu riskant. Ich überlegte hin und her, ob ich mir nun am Wendelstein irgendwo bei dem Restaurant an der Gipfelstation auf so
1700 m beobachten sollte – oder lieber zum Brauneck auf 1550 m Höhe. Die Terrasse am Wendelstein schien mir letztens etwas zugig und wer weiß,
was da nachts nicht alles beleuchtet wird. Ob man wen findet, der das dann ausschaltet/ auszuschalten bereit ist, ist die nächste Frage. Mir wurde die
Alternative Brauneck immer sympathischer, zumal die Webcam-Ansicht der Nacht zuvor zeigte, dass weder die Schneekanonen beleuchtet waren noch
dieses undefinierbare helle Licht, welches immer die Lärche anstrahlt. Ich dachte mir schon in Bezug auf die Nacht, wenn die Zirren nicht kommen, wird
die Nacht im positiven Sinne übel.
Gegen Mittag wo die Zirrenprognosen rauskamen, nahm das Übel leider gegenteilige Gestalt an: wie so oft dieses Jahr, waren Zirren prognostiziert. Die
sollten gegen Mitternacht hereinrücken. Hieße also, sinnlos 8 Stunden auf dem Berg hocken und nichts tun können. Schlafen fällt ja eh aus dank
chronisch kalter Füße bei Einschlafversuchen. Eine halbe Stunde bevor meine letzte BOB-Bahn ging, um die letzte Bergbahn am Wendelstein zu
erwischen, prüfte ich die Möglichkeit, am Brauneck ein Zimmer für eine Nacht zu buchen. Der Vorteil eines Touriberges! Ich rief an, fest entschlossen,
da zu reservieren. Wenn die ollen Zirren kämen, könnte ich wenigstens gemütlich schlafen gehen. Das Luftbild zeigte das Geschmiere schon im Westen
und die Chancen standen gut, dass die Zirren sogar schon am Abend kurz nach Dämmerung reinsiffen könnten... Viel zu hohes Risiko. Also zum telefon
gegriffen und Brauneckhaus angerufen. Keine Möglichkeit, ein Zimmer zu reservieren! Ausgerechnet heute müsse die Belegschaft ebenfalls mit der
letzten Gondel ins Tal aus terminlichen gründen. Aber: das bedeutete auch, dass dort niemand oben sein würde – auf dieser tollen Terrasse!!!!! Ein
Logenplatz ganz für mich allein, eine Insiderinfo, die sonst nicht zu bekommen ist, ein purer glücklicher Zufall. Das war mir wesentlich sympathischer als
Wendelstein, denn hier wusste ich, woran ich mit dem Platz war. Einziges Risiko war die Beleuchtung von benannten Quellen. Lange Rede kurzer Sinn:
auf zum Brauneck!
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…so sollte das Ganze laut Prognose am Abend zuvor aussehen, auf dem nachbarlichen Wallberg, ähnliche Höhe …
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Um Gottes Willen… immer noch Intro!
Selbstverständlich wurde wieder alles reichlich knapp und ich musste ziemlich hetzen. Gerannt bin ich aber nicht, das geht mit dem 30kg-Gepäck eh
nicht. Zur Not wäre ich einfach im Flachland beobachten gegangen. Auch dort waren teilweise um die 60% Feuchte Vorhergesagt. Eigentlich die viiiiel
sicherere Variante. Aber die Topbedingungen am Berg waren zu verlockend. Ich kam entspannt in Lenggries an. Ein Bus stand bereit, ich fragte den
Fahrer ob der an der Talstation vorbeikommt: negativ. Sonst bin ich stur alleine losgelaufen die knappe halbe Stunde. Nee danke. Taxi genommen, steht
praktisch gleich eins da und hat am Bhf sein Büro. Nette 5-Minuten-Fahrt, kurzer Plausch, aus Mischung von symphatischem Fahrer, Mangel an Münzen
und vorhandener Vorfreude statt 7 Euro nen 10er gegeben und ab in die Berggondel. Ich drehte in der Gondel schon ziemlich am Rad aus Vorfreude
und gröhlte herum. In der Gondel zog ich mir schonmal die Unterhose unter, sieht ja keiner. Wie gewohnt war es oben aber wärmer als unten. Ich
suchte schonmal die Bergstation nach diesen ominösen Beleuchtungsquellen ab, deren Auswirkung die Webcambilder immer zeigen. Das einzige was
ich sah, waren längliche Innenbeleuchtungen. Aber genau die stellte es sich später heraus, sind die Quelle! Ich stapfte den noch recht frischen Schnee
die wenigen Höhenmeter zum Gipfelhaus. Es warteten an einer engen Stelle ein paar Leute und eine Dame meinte „Guten Flug!“. Tja, da war wieder
das vertraute Misverständnis. Kein Wunder hier aber, jene die da auch noch hochstapfen, haben seehr ähnliches Gepäck – zumindest vom Volumen
her.
Am Brauneckhaus war die Terrasse leider nicht vom Schnee geräumt wie ich gehofft hatte. Der schöne Holzterrassenboden! Schade. Es war noch
Betrieb in der Hütte und Gelächter schallte heraus. Bald kam nach und nach eine Horde – mehr als ein Dutzend – von gestandenen Herren heraus,
offenbar eine Art Betriebsausflug von irgendeiner Firma. Die Jungs freuten sich wie die kleinen Kinder, flachsten herum, bewarfen sich mit
Schneebällen und meinten ironisch “so ein Scheisswetter hier“ und ich musste grinsen. Die waren in der gleichen Stimmung wie ich – wir freuten uns
alle riesig über diese tolle Kulisse. Ich begann auf der Terrasse aufzubauen. Eine Hintertür vom Brauneckhaus ging auf und die Belegschaft kam heraus.
Schade, Werner nicht dabei, der Hüttenwirt mit dem ich schonmal kurz zusammen beobachtet habe. Aber am Schluss war die nette Dame vom Telefon
dabei, die mich gleich mit den Worten erkannte - „Ah, der Sternegucker!“. Als die anderen schon etwas vorausgegangen sind, flüsterte sie mir zu
„wenns nix G´scheits wird, geh …xxxxxx…, da ist ein Notlager – aber PSST!“ Ein Nicken von ihr, ein Daumen hoch und Danke von mir – und schon war ich
allein. Wobei, es waren noch ein paar Gleitschirmflieger oben. Ein paar kamen sogar noch mit der Gondel hoch. Zwei kamen jedoch bald runter, was
mich wunderte. Nach dem Frage-Antwortspiel, was ich da aufbaue, frage ich, warum die zurückstapfen: kein gescheiter Wind. „Auf runterlaufen hab ich
keine Lust“. Verständlich, wenn man das Gepäck und die Wegeverhältnisse sieht... Eins zwei Leute blieben jedoch wacker oben und hofften. Ich war
gespannt. Nicht, dass der nicht mehr runterkommt und ich hab den da oben dann irgendwie an der Backe... Zum Glück erwischten die noch ihr Lüftchen
und schwebten in der Dämmerung von dannen. Es wurde schon dunkel. Im kurzen Gespräch mit der netten Dame habe ich genau den Augenblick des
Sonnenuntergangs verpasst. Aber mit der Info von ihr und dem Angebot ein verkraftbares Opfer: geniale Information!
Wendelstein
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Ja Herrschaftszeiten… Noch immer Intro?!?
Als ich aufgebaut und justiert hatte, bemerkte ich bald das Licht unten an der Bahnstation. Sofort ging ich hinunter – sinnloses Licht? Das käme mir
nicht in die Tüte! Also unten erstmal geguckt, was ist das für ein Licht und dann festgestellt, genau, sind diese länglichen Lampen. Eine einzige Tür von
den dreien war noch offen und zum Glück einer der Gondelverantwortlichen zu sehen. Ich winkte ihm. Ich erkundigte mich danach, ob das licht
ausgemacht würde noch und erfuhr, etwas weiter oben beim Gipfelrestaurant wäre noch bis 23 Uhr herum Weihnachtsfeier. Er meinte, er würde
schauen, dass er nix Unnützes brennen lässt. Ich dankte ihm handgebend und ging wieder nach oben, um sogleich auch mal die Notunterkunft zu
checken. Dazu musste ich erstmal schaun, nicht im Schnee zu versinken. Nasse Füße! Die könnte ich wahrlich nicht gebrauchen zu Beginn der Nacht.
Sofort Schuhe und Socken ausgezogen und den Schnee abgeschüttelt, bevor er schmelzen und die Socken einnässen konnte. Der Blick in das
sogenannte Notlager war ernüchternd. Ich hoffte auf ein niedliches kleines Feldbett mit einer Decke. Nix da! Das war irgendsoein Gerümpelschuppen.
Ohne Fenster sowieso. Neee danke, werde ich wohl nicht brauchen.
Jetzt war es langsam schon richtig dunkel. Wind kam auf. Schnell zeigte sich, auf der Terrasse würde es zu windig für sinnvolle Beobachtungen. Zu glück
– das ist der Knaller an diesem Beobachtungsplatz – hat das Brauneckhaus mit dem Eingangsbereich einen Vorsprung, hinter welchem man
hervorragend windgeschützt gegenüber der Hauptwindrichtung beobachten kann. Ein weiterer Punkt, weshalb ich mich für das Brauneck entschied.
Schon bevor ich in die Ecke umzog, verhängte ich den Bewegungsmelder an der Eingangstür mit einem Taschentuch und meinem beidseitigen
Klebeband. Wer weiß wofür man das braucht – da hatte ich die Antwort! Zugegebenermaßen war das Band aber ein Überbleibsel der letzten Tour mit
kaputten Schuhen. Ein Glück noch in der Hosentasche... Ich würde in der Nacht auf der Terrasse häufiger mal entlangspazieren und aufgleißendes Licht
würde ich da nicht gebrauchen können. Auch so ging das Licht erfahrungsgemäß schonmal an. Einfach so, ohne dass wer vorbeikommt. Schon ein
Lüftchen reicht, welches das Taschentuch zum Wedeln bringt, und ZACK, ist die Lampe an. Ich arretierte es noch fester.
Blieb noch die störende Notausgangsbeleuchtung, welche erfahrungsgemäß echt hell ist. Ich prüfte, in welcher Position ich das Licht am besten
blockiert bekomme und arretierte meine Isomatte mit einer Mischung aus Klebestreifen und einem davorgestellten „Wasgibtsheutezuessen-Schild“ zur
Beschwerung. Funzt. ENDLICH konnte es losgehen. Schon wieder Zeit verloren. Dazu rauschte natürlich mein Dob wieder, etwas zu stark beladen mit
dem 26er Nagler, Richtung Boden – Zack – Justage weg. Zum Glück schnell behoben. Jetzt konnte es endgültig losgehen. Der Wind rüttelte am Mast mit
den Brauneckhaus-Wimpeln, dass es nur so klapperte. GOTT, war ich froh, diese windgeschützte Ecke zu haben. Ein Schritt vors Haus – Wind. Ein Schritt
zurück in die Ecke – windstill. Klasse!
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… die Lichtschutzmaßnahmen:
Sieht doof aus, verdeckt aber exakt das ausgehende Licht
(die Fensterläden sind leider Attrappen)
Leider am Ende vergessen zu entfernen:
das Schnuffeltuch am Bewegungsmelder
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Jeeeeetzad! … Die Objekte
Bei den benannten Bedingungen muss man kompromisslos auf alles halten, was sonst bei schlechteren Bedingungen absäuft. Glücklicherweise habe ich
da einiges an Objekten parat, denn die Superthinliste mit ihren 133 Objekten hat noch einiges an schwachen Funzeln übrig. Wann wenn nicht jetzt
diese ganzen 14-15-mag Viecher abschießen? Also druff. In den folgenden vier Stunden verleierte ich mir die Augen an folgenden Exemplaren:
Auf meinem Zettel hatte ich zuerst UGC 11455 mit 14m5: nach kurzem Einsehen recht einfach zu halten im 8mm-Okular.
UGC 11859 mit 15m2 hatte ich die letzte gute Nacht auf dem Wendelstein vorher probiert -ohne Erfolg. Die Notiz daneben: nur bei sehr gutem Himmel
nochmal probieren. Diese Notiz habe ich vor dem Beobachten nicht gesehen, macht aber nix. Denn der Himmel IST sehr gut! Zumindest in den
wichtigen Regionen. Die Ausdehnung und Lage der Gx habe ich korrekt erkannt, denn ich habe mir selbige vorher nicht exakt eingeprägt. Erst gesehen,
dann kontrolliert. Das ist die sicherste Methode, um etwas zuverlässig wirklich zu sehen und nicht sich einzubilden. Die Kulmination hatte die Gx zwar
schon hinter sich, aber der gute Himmel ging weit Richtung Horizont hinunter. Von daher wird die nicht perfekte Höhe vernachlässigbar sein. Ganz kurz
erschien die Gx sogar recht klar. Aber sehr! kurz das ganze. Extrem schwer. Ich hatte sicher eine knappe Stunde gebraucht für die verifizierte Sichtung.
Denn wenn man eines hat in einer Winterneumondnacht – dann Zeit! Die nahm ich mir – bei allen Objekten. Ein seltener Luxus.
Zugspitze
Dann war die sogenannte ESO 540-16 dran – superdicht an Deneb Kaitos stehend, einem roten Stern von 2. Größe im Walfisch. Auf Arbeit noch schnell
die DSS-Karte ausgedruckt und verblüfft schon im 26er Nagler eine Sichtung vermutet. Bei 14m5?? Es ist zu vermuten, dass hier ein kleines Sternchen
und ein Vordergrundsternchen der Galaxie in die Irre führten. Bei höherer Vergrößerung war die Gx eindeutig sichtbar. Die Sichtung im 26er stelle ich
aber mal in Frage, ich habe es nicht nochmal extra geprüft nach der Sichtung bei höherer Vergrößerung. Wäre aber spannend, das bei Gelegenheit
nachzuholen. In jedem Fall ein sehr interessantes Objekt – gerade auch wegen den irritierenden Sternchen. Ein Lehrstunde in Sachen glaubhafter
Beobachtungen. In jedem Fall zeigte sich von dem Vordergrundsternchen ausgehend ein feiner silberner Steif . Den Galaxie-Anteil der auf den DSSAufnahmen zwischen diesem Sternchen und dem äußeren an der Gx anliegenden Sternchen konnte ich nicht klar wahrnehmen (Vordergrundsternchen
12m2 und außen anliegendes laut Wikisky 15m1). Zum ersten Mal stellte ich Reflexprobleme bei meinem 12er Nagler fest. Bei diese hellen Stern gab es
einen brutalen Reflex, obwohl der Stern außerhalb des Sehfelds lag. Ich vermute, das ist die blanke Fläche des 2“großen 1 1/4-Okulars um den
Okularstutzen, die zum Fangspiegel zeigt. Das muss ich mal ausprobieren mit Schwärzen. So beobachtete ich – wie fast mittlerweile Standard- mit dem
8er Ethos diese Galaxie.
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Dann ging´s weiter mit dem Eridanus und ähnlichen Gefilden, wo noch einige 15m-Kandidaten lauerten. Ich gönnte mir aber auch mal eine
hellere – UGC 1999 mit 14m1. Hellere – aha. Ja Pustekuchen! Das Ding war sauschwer. Eigenartig bei dieser Helligkeitsangabe und Höhe
von +19 Decl. . Von dieser leicht gebogenen form war natürlich nichts zu sehen, ich war froh, dass überhaupt was aufblitzte. Ich notierte
mir bei einem nahen kleinen Sternchen stolz „gesehen“, obwohl dieses in der Nachrecherche mit 14m35 glänzt. Eigentlich kein Ding. Also
könnten die Bedingungen an dieser Stelle zu dieser Zeit ggf. etwas eingetrübt gewesen sein. Auf der DSS schaut das Sternchen allerdings
recht schwach aus.
Dann kamen wie vorhergesagt die Zirren. Gegen 23 Uhr sollte laut Spaceagenten noch alles klar sein, aber die nächste Prognosezeitstufe
von 2 Uhr zeigte die Zirren. Waren sie eben schon früher da – wie befürchtet. Mit Blick auf das aktuelle Satellitenbild beim Losfahren hätte
ich allerdings mit Schlimmerem gerechnet, es hätte auch gar nix werden können auf dem Berg... Kurzum: ich war bereits jetzt total happy,
dass ich 4 Stunden bei bestem Himmel beobachten konnte. Die Zirren waren dicht genug, dass mein Programm gestrichen war. Ich hätte
noch ein paar Häufchen zeichnen können aber das Projekt hieß jetzt erst mal etwas zu essen. Ich zog mich in den Eingangsbereich vom
Brauneckhaus zurück. Ein unfassbar lauschiges Plätzchen, v.a. Wenn man bedenkt, dass für gewöhnlich dort die Massen über die Schwelle
treten und ein unfassbarer Betrieb herrscht. Und genau dort saß ich nun, vor dem Wind geschützt, mit Blick auf das südliche
Alpenpanorama, dem Orion beim Aufgehen zuschauend. Ein eingerahmtes Sichtfeld, wie ein kleiner Ausguck. Einfach wunderbar.
Während ich auf meinem belegten Brot kaute, flog eine niedliche kleine aber helle und kurze Sternschnuppe unterhalb des Gürtels gen
Horizont und blitzte ganz kurz orange auf. Ein niedliches Bolidchen :-) Ich beschloss auch bald, mich etwas auszuruhen, die 4 Stunden
haben mich schon ganz schön knülle gemacht. Hab sogar etwas geträumt glaube ich. Dann war ich bald wieder auf den Beinen – ca. ein
Stündchen später – und schon zog der Himmel wieder frei. Nur wie lange? Sofort machte ich mich wieder an die Arbeit. Das sah jetzt
richtiggehend alpin aus und diese Bedingungen müssen bestmöglichst genutzt werden. Beim Streichen über meinen schaumstoffartige
Sitzunterlage sprühten blaugraue Funken. Jo, scheint also nicht soooo feucht zu sein die Luft...Ohman!
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Ich entdeckte für mich, während ich da so in dem geschützten Eingangsbereich saß, einen Aschenbecher. So ein zylinderförmiges
hüfthohes Aluteil. Die perfekte Höhe zu Sitzen für viele meiner Objekte! Mit dem Schaumstoffsitz draufgepackt eine richtig bequeme
Angelegenheit... Was für ein Glück – ein Stühlchen frei „Haus“. Das sollte bei den Beobachtungen enorm helfen, gerade dann, wenn man
sich lange auf dass Objekt einsehen muss um überhaupt was zu erkennen.
Für gewöhnlich fange ich an zu zittern vor angestrengter Haltung, genau in dem Augenblick, wo etwas anfängt aufzutauchen... Das war
mal eine richtig luxuriöse Geschichte – windgeschützt, Logenplatz, Stühlchen. Fehlt nur noch, dass ein Mitarbeiter des Brauneckhauses,
der die letzte Bahn verpennt hat, auf einmal aus dem Häuschen springt und mir ´nen Kaffee reicht. War leider nich so. Musste ich mich
halt mit kalter Limo begnügen wie immer. So ging es also weiter mit den dünnen Galaxien. Die Reihenfolge weiß ich nicht mehr genau,
aber im Grunde arbeitete ich ja so, dass die niedrigeren Rektaszensionen zuerst dran sind. Und davon dann natürlich die niedrigsten am
besten zur Kulminationshöhe.
Ich probierte mich an UGC 2092 mit ihren 15m0. Obwohl ich superbequem im Sitzen bei bestem Himmel beobachtete und lange
probierte, war nichts zu machen. Das muss ich nochmal probieren, aber hinterste Priorität. ZUVIEL Energie sollte man da nun auch nicht
in Einzelobjekte reinstecken. Lieber erstmal vorwärtskommen. Ab hier war meine Liste zu Ende und ich nahm mir die Übersicht aller
Superthins zur Brust, wo nach Rektaszension sortiert alles aufgeführt ist. Zuerst war es glaube ich NGC 1886, in einem Sehfeld mit M 79,
dem Kugelhaufen unter dem Orion im Hasen. Trotz des tiefen Standes wirkte der KS brillant – grob mit M 56 vergleichbar, der aber viel
höher steht. Trotz – 24 Grad Deklination eine traumhafte Galaxie. Gut, dass sie nicht 2 Grad niedriger Stand, sonst hätte sie es nicht in
diese Liste geschafft, wo -25 Grad Decl. die Grenze ist. DAS wäre wirklich schade gewesen.
der Rest des leuchtenden Pfads des Notausgangs,
hier Richtung Abgrund…
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ein paar Zeichnungen gingen auch her…
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Dann entschied ich mich für NGC 1145: sehr leicht trotz 14m2 und -18 Decl. -eine wunderschöne Galaxie! Dann UGCA 145: trotz 14m3 und
-20 Decl. einfach in ihrer Lage zu erkennen. Anschließend UGCA 151 mit 14m4 mit gleichem niedrigen Stand ebenfalls zu sehen – allerdings
benötigte es hier schon etwas Zeit, aber dann zeigte sich eine ungewohnt lange Nadel, sehr schwach aber gut zu sehen, vergleichsweise
einfach insgesamt. Zwischendurch gönnte ich mir zum Aufwärmen mal einen Blick auf M 51. Je später die Stunde, umso krasser wurde das
Geschehen da oben – was für ein Teil. Aber genug genossen, es muss weiter gearbeitet werden. So ein Himmel – solche Chancen... da
muss man hart bleiben.
Irgendwann wagte ich mich an einen ganz üblen Kandidaten – ESO 494-7 in Puppis: -24 54 22 Decl, 14m9. Warum musste dieses Ding noch
die -25-Hürde schaffen? So ein Arschloch! Ganz finsteres Ding, im wahrsten Sinne des Wortes. Aber überraschend schnell das Zielgebiet in
dem Milchstraßengewimmel gefunden. In dem Hauch von eins zwei Momenten war im hintersten Keller eine Vermutung indirekt zu
vermuten dass da was indirekt sein könnte. Leider war ausgerechnet diese eine der gefühlt drei Schwierigsten des ganzen Katalogs knapp
über der kleinen Lichtglocke, wo noch etwas von gestört haben dürfte. Der Anblick im Okular war aber dunkel und klar. Ein Phänomen von
transparentem Himmel was ich schon einmal erlebt habe: M 15 stand in einer Nacht auf dem Nebelhorn schon im Lichtsiff, aber bei
geringster Luftfeuchte. Im Okular ein brillantes Teil, wie es nicht zu vermuten gewesen wäre in Anbetracht der Lichtverschmutzung, die
dort schon hineinwirkte. Nunja, nochmal versuchen werde ich die Galaxie, aber dann unter den getopptesten Topbedingungen.
Dann landete ich spontan und endlich bei einer helleren Superthin-Galaxie. Namentlich NGC 2424 – ja, es gibt hier auch NGCs in der Liste!
;-). Der Knüller – diese Galaxie liegt nahe dem sogenannten „Intergalactic Wanderer (NGC 2419)“, dem so glaube ich am weitesten
entfernten KS, zumindest weiter weg als die meisten…. Dieser allein ist einfach ein Traum anzuschaun. Schon die Nähe zu den hellen
Sternchen rundrum. Der Wahnsinn. Und die Galaxie mit ihren 14m1 und Decl. 40 sorgte für eine sofortige Sichtung im Aufsuchokular – ein
wunderschönes Ziel am Himmel. In dieser Höhe war ich jetzt auch nur unterwegs, weil unten langsam am Horizont was reinsiffte.
Zwischendurch streute ich mal eine notierte Galaxie ein, welche ähnlich in Form und Schwäche wie die meisten Superthins daherkommt –
unweit des Fledermausnebels beim Orion. PGC 16636 konnte ich gerade so erkennen meine ich, sogar recht breit, überprüfe ich zur
Sicherheit aber bei Gelegenheit nochmal. Laut Simbad irgendwas um die 15 Bmag. Es musste weitergehen mit der Liste. Im März will ich
einen Vortrag halten zu diesen Dingern und da habe ich noch Einiges zu leisten... Immerhin, eine Handvoll konnte ich schon in der ersten
Nachthälfte abhaken.
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Ruhe, Weite, Freiheit …
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die Lounge…
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Outro
Die Nacht wollte irgendwie nicht enden. Schon ein paar mal dachte ich, JETZT kommt die Dämmerung. Immer wieder täuschte ich mich.
Unfassbar. Ich blieb dran bis zum Schluss. Auch so einen ominösen angeblich hellen Kometen habe ich mit Karte probiert, bin aber mehrfach
gescheitert. Karte wohl zu ungenau. Am Ende der Nacht hatte ich 9 positive Sichtungen der Dünnen, teilweise welche mit 15mag dabei und
drei richtig schöne Exemplare. Das ist hervorhebenswert, denn meistens sind die Dinger einfach nur ein K(r)ampf. Nur kurz nahm ich mir die
Zeit, ein paar Nachtbilder zu schießen, zu kostbar war die Zeit. Ich war für meine Verhältnisse überraschend schnell in der Objektfindung. Es
hat alles wie am Schnürchen geklappt ohne langes Gesuche. Erstaunlich, wie dennoch die Zeit verging. Viele der Objekte bedurften einer
richtig langen Konzentration. Gefühlt oft 20 Minuten, offenbar in der Realität teilweise deutlich länger.
Ein Wahnsinn – ca. 10 Stunden DeepSky! Ein Traum, ein Wahnsinn, ein Traum. Leider ging diese Nacht nun zu Ende. Ich war überrascht, dass
es schon 7 Uhr morgens war, als ich in der Dämmerung auf die Uhr blickte. Viertel nach 8 wollte ich doch mit der Gondel wieder hinunter! Um
die Bahn zu erwischen und schnellstmöglichst zu Haus im Bett zu liegen. So packte ich langsam zusammen, immer die Kamera neben mir
liegend. Fünf Minuten bevor ich losmusste um die erste Gondel zu erwischen, blitzte die Sonne neben dem Guffert auf – einem markanten
Berg Österreichs. Ich freute ich sehr, das noch mitnehmen zu können – perfektes Timing! Ich knippste schnell ein paar Eindrücke und machte
mich auf den Weg. Ich plauschte kurz mit den beiden Gondelangestellten, der eine war gestern der nette Bursche mit dem ich mich wegen
dem Licht unterhielt. Gegen Mitternacht war es tatsächlich zappenduster und kein Licht mehr an. So verabschiedete ich mich mit einem
fröhlichen Servus und glitt gen Tal. Was für eine Nacht. Per Handy in der Gondel das Taxi zur Talstation bestellt – hat alles geklappt – super fix
der Bursche. War mir nochmal ein Trinkgeld von 40% wert. Immerhin saß ich nämlich supergut getimed in der Bahn und lag schon wieder halb
11 im Bettchen. Schon seit dem Morgengrauen kamen Zirren herein. Als hätten sie dieses mal extra auf mich gewartet. Ein Friedenssignal ob
der vielen verzirrten Nächte dieses Jahr. Sie hatten Erbarmen und ein Einsehen.
Danke!
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