Traveller`s Tales

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Traveller`s Tales
Chrisitan Höller
Traveller's Tales
Von der Mobilität des Bildermachens zu diskursiven Mobilitätsbildern: Tim Sharps
Videoarbeit Traveller's Tales geht dieser Bewegung nicht bloß thematisch nach, sondern
demonstriert diesen Übergang in Form komplexer Montageakte. Traveller's Tales knüpft
ein dichtes diskursives Netz rund um den Zusammenhang von Bildern, Reise, Migration
und Nomadismus, ausgehend von den losen Enden gefundenen Filmmaterials. Letzteres
besteht aus ganzen eineinhalb Minuten "Abfall" einer deutschsprachigen
Dokumentarfilmproduktion, die um das Jahr 1970 unter dem Arbeitstitel "Tuareg"
entstanden sein dürfte. Aus den Out-takes hat Sharp einzelne Motive, meist statische
Aufnahmen simpler Vorgänge oder Posen, extrahiert, geloopt und neu arrangiert. Allein
aus diesem Herauspräparieren des Ausgesparten wird der Konstruktionscharakter
dokumentarischer Wirklichkeit ersichtlich – etwa wenn ein verhüllter Tuareg (bzw.
dessen Darsteller) wiederholt sein Gewehr durchlädt oder ein anderer endlos mit der
Waffe posiert, als seien Zeit und Geschichte im Filmbild vollends suspendiert. Ergänzt
wird diese Vivisektion ethnografischen Rohmaterials durch die konstruierte Tonspur, die
"exotistische" Geräuschspuren und Musikfetzen einstreut, während Anfang und Ende
durch das Ticken bzw. Schlagen einer Uhr gerahmt sind. Schließlich ist über das ganze
ein essayistischer Off-Kommentar gelegt, der Autobiografisches, insbesondere
Reiseerinnerungen des Ich-Erzählers und seines Vaters, mit kurzen Aperçus über
berühmte Orientreisende (Marco Polo, Ibn Battuta) und Nomadentum anreichert. Das
Prinzip der ineinander verschränkten Narrative lässt erkennen – und dies gilt für
Traveller's Tales insgesamt –, welch' komplexe Raster im Abbildprozess fremder,
nomadischer Realität immer schon am Werk sind.

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