Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz
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Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz
Akademische Arbeitsgemeinschaft Verlag Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz I. Nichtraucher im ganzen Betrieb geschützt Arbeitnehmer, die nicht länger passiv rauchen wollen, haben einen gesetzlichen Anspruch gegen Ihren Arbeitgeber auf Nichtraucherschutz, das heißt auf einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz. Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) schreibt ausdrücklich vor, dass ein Arbeitgeber seine nicht rauchenden Mitarbeiter durch wirksame Maßnahmen vor Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch schützen muss (§ 618 BGB i. V. m. § 5 ArbStättV). Der Nichtraucherschutz gilt für alle »Arbeitsstätten«: Dazu zählen neben den eigentlichen Arbeitsplätzen auch Pausen-, Bereitschafts- und Liegeräume sowie Sozialräume (z. B. Kantine, Umkleidekabinen, Wasch- und Toilettenräume). Der Nichtraucherschutz gilt in Büro- oder Betriebsräumen ebenso wie im Freien, auf Baustellen, an Verkaufs- oder Marktständen sowie in Fahrzeugen. Ausnahmen gelten laut Gesetz für Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr. So kann eine nicht rauchende Bedienung von Ihrem Chef beispielsweise verlangen, dass zumindest die Sozialräume tabakrauchfrei sind, wenn schon den Gästen das Rauchen nicht untersagt wird. Doch dürfte diese Ausnahmeregelung in der Praxis keine Rolle mehr spielen, da in etlichen Bundesländern ein Rauchverbot für Gaststätten angeordnet wurde und auch in öffentlichen Gebäuden das Rauchen generell verboten ist. II. Arbeitgeber muss geeignete Schutzmaßnahmen treffen Die Arbeitsstättenverordnung gibt hierfür keine bestimmten Maßnahmen vor. Zu gewährleisten ist im Ergebnis ein wirksamer Gesundheitsschutz vor den Gefahren durch Passivrauchen. Tabakrauch darf am Arbeitsplatz nicht wahrzunehmen sein, das heißt nicht zu sehen, nicht zu schmecken und nicht zu riechen sein (BAG, Urteil vom 17. 2. 1998, Az. 9 AZR 84/97). Eine konkrete Maßnahme zum Nichtraucherschutz können Sie grundsätzlich aber nicht von Ihrem Arbeitgeber verlangen (z. B. getrennte Arbeitsplätze für Raucher und Nichtraucher, die Einführung eines absoluten Rauchverbots im Betrieb). Der Arbeitgeber entscheidet, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um seinen Mitarbeitern einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz einzurichten. Dabei muss er nach billigem Ermessen entscheiden. Beispiele: − Organisatorische Maßnahmen, beispielsweise getrennte Räume für Raucher und Nichtraucher, Rauchpausen an bestimmten Orten (z. B. Einrichtung von Raucherecken/-zonen), unter Umständen auch die Einführung eines betrieblichen Rauchverbots. − Technische Maßnahmen (z. B. Anbringen von Fensterventilatoren, Einrichten eines Be-/Entlüftungssystems, sodass kein Tabakrauch in Nichtraucherzonen dringt). © 2008 Postfach 10 10 61 68001 Mannheim Telefon 0621/8 62 62 62 Telefax 0621/8 62 62 63 [email protected] www.rechtstipps.de 1/3 In einem betriebsratslosen Unternehmen kann der Arbeitgeber aufgrund seines Weisungs- und Hausrechts die geeigneten Maßnahmen anordnen. Sofern ein Betriebsrat besteht, hat dieser bei der Einführung von erforderlichen Rauchverboten oder -beschränkungen ein Wörtchen mitzureden. III. Wie erreichen Sie die Schutzmaßnahmen an Ihrem Arbeitsplatz? Versuchen Sie zunächst gemeinsam eine gütliche Regelung zu finden. Bemühen Sie sich deshalb mit Ihren Arbeitskollegen, die dieselben Interessen verfolgen, einen effektiven Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz zusammen mit Ihrem Arbeitgeber zu gestalten (z. B. führen Sie Gespräche mit Kollegen und Ihrem Vorgesetzten oder schalten Sie den Betriebsrat ein). Sofern diese Bemühungen ergebnislos scheitern, sollten Sie die Geschäftsleitung schriftlich auffordern, den Nichtraucherschutz nach der Arbeitsstättenverordnung einzuführen. Setzen Sie Ihrem Arbeitgeber dazu eine angemessene Frist. Suchen Sie im weiteren Verfahren Hilfe und Unterstützung bei den zuständigen Behörden der Länder, beispielsweise wenn Ihr Arbeitgeber Ihrem Anliegen nicht nachkommen will. In der Regel kontrollieren die Gewerbeaufsichtsämter die Einhaltung des betrieblichen Nichtraucherschutzes. Unser Rechtst|i|pp Die zuständige Behörde erfragen Sie bei Ihrer örtlichen Gemeindeverwaltung oder Sie erkundigen sich bei der Nichtraucher-Initiative Deutschland e. V. (vgl. Abschn. V). Voraussetzung für das behördliche Einschreiten ist, dass die Verhandlungen über geeignete Schutzmaßnahmen endgültig gescheitert sind und auch die schriftliche Abmahnung der Geschäftsleitung innerhalb der gesetzten Frist erfolglos blieb. Unser Rechtst|i|pp Legen Sie dem zuständigen Gewerbeaufsichtsamt sämtliche Unterlagen vor, um die gescheiterte Konfliktlösung und die Missachtung des Nichtraucherschutzes nachzuweisen (z. B. Verhandlungsprotokoll, Fotos). Die Behörde prüft die Zustände am Arbeitsplatz und fordert den Arbeitgeber zunächst ebenfalls unter Fristsetzung auf, notwendige Maßnahmen zu ergreifen. Geschieht daraufhin nichts, kann gegen den Arbeitgeber ein Bußgeld verhängt und gegebenenfalls die Nichtraucherschutz-Maßnahmen gerichtlich durchgesetzt werden. Beachten Sie: Den Anspruch auf Bereitstellung eines tabakrauchfreien Arbeitsplatzes können Sie daneben auch vor dem Arbeitsgericht einklagen. Unter Umständen unterstützt Sie dabei Ihre Rechtsschutzversicherung (BGH, Urteil vom 19. 3. 2003, Az. VI ZR 139/01). IV. Welche Rechte haben Sie außerdem? Unterlässt Ihr Arbeitgeber Maßnahmen des Nichtraucherschutzes und müssen Sie deshalb im Tabakdunst arbeiten, können Sie weitere Ansprüche aus dem Zivil- und Arbeitsrecht verfolgen. Beispiele: − Sie können von der Arbeit fernbleiben, ohne den Entgeltanspruch zu verlieren (§§ 618, 273 BGB). Vorausgesetzt, Sie haben Ihren Arbeitgeber erfolglos aufgefordert, Maßnahmen zum Nichtraucherschutz zu ergreifen, und vorher angekündigt, dass Sie nicht zur Arbeit erscheinen, wenn die Maßnahmen unterbleiben. − Ergibt sich aus den unterlassenen Maßnahmen zum Nichtraucherschutz eine konkrete und ursächlich nachweisbare Gesundheitsbeeinträchtigung, haben Sie als Arbeitnehmer einen wichtigen Grund, Ihr Arbeitsverhältnis außerordentlich zu kündigen (§ 626 Abs. 2 BGB). Allerdings müssen Sie Ihren Arbeitgeber zuvor erfolglos abgemahnt haben (vgl. Beitrag 6 b/5, Abschn. IV). Rechtst|i|pps 2/3 − Können Sie nachweisen, dass Sie aufgrund der unterlassenen Schutzmaßnahmen vor den Folgen des Passivrauchens einen Gesundheitsschaden erlitten haben, steht Ihnen unter Umständen ein Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch zu. Beachten Sie dabei aber, dass die Durchsetzung dieser Ansprüche in der Praxis häufig problematisch ist. Zudem ist die Beweisführung schwierig (z. B. müssen Sie einen konkreten Gesundheitsschaden aufgrund der unterlassenen Schutzmaßnahmen vor Tabakrauch am Arbeitsplatz nachweisen). Lassen Sie sich deshalb unbedingt von einem Rechtsanwalt beraten, ehe Sie gerichtliche Schritte einleiten. Oder nehmen Sie das Beratungsangebot der Nichtraucher-Initiative Deutschland e. V. in Anspruch (vgl. Abschn. V). V. Wo finden Sie weitere Informationen und Hilfestellung? Die Nichtraucher-Initiative Deutschland e. V. (NID) bietet ein Informations-Set zur aktuellen Rechtslage an, das Sie gegen Einsendung von Briefmarken (derzeit im Wert von € 2,75) unter folgender Anschrift anfordern können: Nichtraucher-Initiative Deutschland e. V. (NID) Carl-von-Linde-Straße 11 85716 Unterschleißheim Tel.: 089 / 317−12 12 Fax. 089 / 317−40 47 [email protected] www.nichtraucherschutz.de Über das Internet können Sie zahlreiche Informationen auch online abrufen. Eine ausführliche Link-Sammlung zum Thema »Nichtraucherschutz« finden Sie auf den Internetseiten ebenfalls. Befürchten Sie Sanktionen an Ihrem Arbeitsplatz (z. B. Mobbing; vgl. Serviceteil 12 e/3), wenn Sie sich für den Nichtraucherschutz einsetzen, können Sie sich ebenfalls an die NID wenden. Diese kann als Mittler zwischen den Beteiligten auftreten. Dieser Beitrag ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberschutzgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Das gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung, Mikroverfilmung sowie Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Angaben in diesem Beitrag wurden nach genauen Recherchen sorgfältig verfasst. Eine Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben ist jedoch ausgeschlossen. Rechtst|i|pps 3/3