Halle 96 - DLG
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Halle 96 Das Hindenburg-Programm von Dieter Tasch Vor 100 Jahren begann der Erste Weltkrieg. Natürlich hatte auch die Hanomag als Maschinenbauunternehmen ihren Beitrag zur Rüstung zu leisten. Allein die Werksanlagen waren dafür nicht geeignet. Am Deisterplatz entstand daher ein Gebäude zur Granaten- und Zünderfertigung, das zugleich noch heute als ein Abbild des Selbstverständnisses des Unternehmens angesehen werden kann. Nach aufwändiger Sanierung entstehen hier derzeit Lofts für neue Mieter und Anleger sowie Büroflächen. Gustav ter Meer, seinerzeit Generaldirektor der Hanomag, schreibt zur Geschichte in seinen weitgehend überlieferten Lebenserinnerungen. I m August 1916 wurden Hindenburg und sein Generalstabschef Ludendorf – viel zu spät – mit der Leitung und Führung auf allen Kriegsschauplätzen betraut. Einer seiner ersten Pläne für die Stärkung der inneren Front war das im Herbst 1916 bekanntgegebene Hindenburg-Programm. Danach sollten in den vaterländischen Hilfsdienst alle Männer vom17. bis 60. Lebensjahr eingestellt werden, HANOMAG in Wort und Bild 2014 7 WD 35 Kleinpflug für Südafrika Rückkehr nach mehr als 90 Jahren von Horst-Dieter Görg Von 1912 bis 1924 baute die Hanomag 1.155 so genannte Motor-Tragpflüge. Sie wurden in alle Welt exportiert. Bereits 1959 hatte ein WD-Großpflug aus Argentinien den Weg zurück ins Herstellerland gefunden. Nach umfangreichen Bemühungen ist es jetzt auch gelungen, den einzig bekannten WDKleinpflug aus der Nähe von Kapstadt zurück nach Deutschland zu holen. Er hatte in Südafrika beim Händler, sozusagen neu und nie verkauft, die Zeit überdauert. D ie Information war schon etwas älter. Bereits 1998 gab es den Hinweis auf eine WD-Maschine in Bellville bei Kapstadt. Dort lebt seit mehreren Generationen die deutsche Familie Andrag. Louis Paul Andrag stammte aus Schlieben bei Herzberg in Brandenburg. 1896 wanderte er mit seiner Braut, Anna Emilie Siebörger aus Neuwied am Rhein, nach Südafrika aus. In Gnadental führte Paul HANOMAG in Wort und Bild 2014 17 -Schlepper im Härtetest UdSSR 1931, Teil 1 von Richard Binder (†) und Dr. Klaus Herrmann Die wirtschaftliche Lage in Russland nach der Revolution ist hinreichend bekannt. Um Abhilfe zu schaffen, wurden landwirtschaftliche Schlepper zur Steigerung der Produktion beschafft. Um nicht nur auf den amerikanischen Fordson angewiesen zu sein, wurde auch bei deutschen Firmen angefragt. Neben Lanz, Mannheim, und Linke-Hofmann, Breslau, gehörte auch die Hanomag aus Hannover dazu. Richard Binder war 1931 für den mehrmonatigen Auslandseinsatz mit 20 Maschinen – je 10 Ketten- und Radschlepper, hälftig mit Dieselmotoren angetrieben – unter erschwerten Bedingungen verantwortlich. A m 23. Mai 1931 begrüßte mich der kleine, kugelige Direktor des Hotel Touring in Algier mit den Worten: „Monsieur Biindäär. un telegramme.” Über den sensationellen Inhalt der Drahtung war ich überrascht: „Arbeit beenden – schnellstens zurückkommen – Einsatz UdSSR vorgesehen.” „Ich reise in die Sowjet-Union”, sagte ich zum Hoteldirektor. Er hob beschwörend die Hände: „Mon Dieu, de l’Algérie à la Russie!” Wie recht er hatte! Zwar war der Einsatz in den ausgedehnten Weinbaugebieten HANOMAG in Wort und Bild 2014 29 Schwerlastschlepper Vom R 55 zum R 455 ATK Horst-Dieter Görg / Horst Jobst Während des Zweiten Weltkriegs hatte das Flugzeug eine steigende Bedeutung bei der Beförderung von Personen und Gütern erlangt. Um auf den Rollfeldern der Flugplätze schwere Maschinen und Geräte vernünftig bewegen zu können, bedurfte es ausreichend kräftiger Schlepper, die gewaltigen Lasten ruckfrei bewegen zu können. Hanomag brachte 1951 den R55 mit einer Turbo-Kupplung heraus, der sich im Einsatz bewährte und heute noch als „Flughafen-Schlepper” ein beliebtes Sammlerobjekt ist. D er 55 PS Radschlepper R 55 ATK wurde speziell für die Beförderung schwerer Lasten entwickelt. Besondere Berücksichtigung musste dabei die Forderung finden, diese Lasten trotz des enormen Gewichts weich und ruckfrei anzufahren und zu ziehen. Dieses Problem wurde durch eine hydraulische Kupplung gelöst, die zwischen Motor und normaler Schaltkupplung eingebaut ist. Es ist HANOMAG in Wort und Bild 2014 39 Hanomag „Greif” Ein seltener Vogel von Ralf Lücke Anfang der 1960er Jahre werden die meisten der Hanomag-Schlepper geändert und bekommen zusätzlich zu ihren bisherigen Typenbezeichnungen „richtige” Namen. Den Anfang machte im Jahre 1960 die letzte Schlepper-Neukonstruktion mit Zweitakt-Dieselmotor, der 14 PS starke „Greif” (C 115). Weiterhin verwendete man für die anderen Baureihen Namen wie Perfekt, Granit, Brillant und Robust. Die Produktion des Greif wurde bereits Ende 1962 wieder eingestellt, gut 50 Jahre später Anlass für ein kleines „Portrait” dieses Schleppers. I n den Jahren 1953 bis 1960 konnte Hanomag die stolze Stückzahl von zirka 15000 Schleppern der Baumuster R 12 / C 112 verkaufen. Trotz der immer schwächer werdenden Nachfrage nach kleinen Schleppern entschied man sich, nochmals eine neue Schlepperkonstruktion in der PS-Klasse unter 15 PS zu entwickeln. 1960 wurde der Hanomag Greif mit 14 PS „geboren”. Die Eigenkonstruktion eines neuen Getriebes schien bei den zu erwartenden geringen Stückzahlen zu kostspielig. Man kaufte hier ein Ge- HANOMAG in Wort und Bild 2014 49 Pausbacken aus Hannover Erfolgsstory: Hanomag Kurier & Co. von Holger Gräf Hannover im Herbst 1958. Der Mercedes-Benz L 319 war bereits zwei Jahre auf dem Markt und Borgward hatte im Jahr zuvor mit dem B 1500 F, dem späteren B 611, den ersten Vorboten einer komplett neuen Generation leichter Frontlenker auf den Markt gebracht. Auch bei Opel stand die kurzbehaubte Ablösung für den ‚Weichblitz’ bereits in den Startlöchern. Höchste Zeit also für die Hanomag, einen modernen Nachfolger des bewährten und robusten, aber ein wenig in die Jahre gekommenen L 28 mit 1,5 Tonnen Nutzlast zu präsentieren. U nd modern war das zweifellos, was die Hannoveraner da auf die Räder gestellt hatten – auch wenn verschiedene Pressestimmen den Neuling mit dem Schnelligkeit verheißenden Namen ‚Kurier’ eher zurückhaltend begrüßten und seinem Antlitz fischhafte Züge attestierten. Zugegeben, eine stilistische Meisterleistung war der neue Hanomag nicht unbedingt. Aber das hatte der bekannte Nutzfahrzeug-Journalist Werner Oswald 1956 auch schon dem ärgsten Konkurrenten aus Düsseldorf vorge- HANOMAG in Wort und Bild 2014 59 Radlader 80 E Ein Prototyp mit zweitem Leben von Horst-Dieter Görg Zur BAUMA 1989 stellte die Hanomag in Erweiterung ihrer Produktpalette den Radlader 80 E vor. Mit dem bereits beim 70 E bewährten ALS-System, einem 6-Zylinder Turbo-Diesel mit 320 PS und einer 5 m³-Schaufel war er eine echte Kampfansage an den Wettbewerb. Der kam dann in Form von Komatsu, als neuer Eigentümer nach Hannover und es blieb beim Prototyp. Diese Maschine konnte jetzt von einem Sammler, Heinz Davids aus Kirchhellen erworben und betriebsfähig aufgearbeitet werden – sie ist ein echter Hingucker nicht nur für historische Baumaschinentreffen. D ie Hanomag hatte sich bereits zur BAUMA 1986 eindrucksvoll zurückgemeldet: Mit dem völlig neu konzipierten, auch optisch anspre- chenden Radlader 70 E und dem ALS-System waren zwei deutliche Akzente gesetzt worden. Selbst die kleineren, später ergänzend angebotenen Rad- HANOMAG in Wort und Bild 2014 69 Ein Weltrekordler aus Hannover Zwischenbericht von Horst-Dieter Görg Ab 1936 baute die Hanomag Diesel-Pkw. Um ihre Produkte besser zu vermarkten, entstand 1938 ein Rekordfahrzeug. Damit wurden im Februar 1939 bei Dessau vier Diesel-Weltrekorde aufgestellt. 75 Jahre später und 100 Jahre nach dem Tod von Rudolf Diesel wird das Rekordfahrzeug rekonstruiert. Mit Hilfe von vielen, teils namhaften Sponsoren hat dieses Projekt gut Fahrt aufgenommen und ein wesentliches Etappenziel bereits erreicht. Nachfolgend der Zwischenbericht zu einer kleinen Erfolgsgeschichte. A m Anfang standen drei Bilder, die Spanten- und Linienrisse und eine Idee. Das war vor sieben Jahren, 2006. Bei einem Besuch im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern stachen mehrere JarayModelle ins Auge. Der große Aerodynamiker flüch- tete einst vor den Nazis und verbrachte dann auch seinen Lebensabend in der Schweiz. Und wenn man so relativ einfache Modelle anschaut, liegt es nahe zu sagen, das können wir auch! Und als ein Foto von einem zeitgenössischen Modell, gefertigt in einer HANOMAG in Wort und Bild 2014 79 Hebmüller und Söhne Ein deutscher Stellmacher und Karosseriebauer von Horst-Dieter Görg Die Firma Hebmüller hat sich über Jahrzehnte einen Namen als deutscher Karosseriebauer und Stellmacherbetrieb erworben. 1889 in Barmen, heute Wuppertal, gegründet, wurden viele individuelle Aufbauten für namhafte Hersteller wie Hanomag, Opel und Volkswagen gebaut. Das Produktionsprogramm enthielt neben Personenwagen auch Nutzfahrzeuge und Fahrerhäuser für die Landwirtschaft. Nach einem verheerenden Brand, der das Hauptwerk im Jahre 1949 vollständig vernichtete, kam 1952 das Aus für diese Spezialfabrik. Hebmüller-Fahrzeuge sind heute begehrte Sammlerstücke. D ie Firma Hebmüller aus Wuppertal-Barmen ist vor allem bekannt durch schmucke, zweisitzige Käfer-Cabrios, die ab 1949 für Volkswagen gebaut und seither förmlich zum Kultobjekt erhoben wurden. Dabei ist dieses Cabriolet nur eines von vielen Autos, das in den Karosseriewerken Joseph Hebmüller Söhne sein „Kleid” bekam. Elisabeth Hebmüller Hebmüller gehörte bereits vor dem Zweiten Weltkrieg zu den Liefe- ranten der Hanomag. Die Partnerschaft hatte sich beim Aufbau von eleganten Cabriolets für die Pkw Rekord und Sturm sowie Fahrerhäusern für Zugmaschinen über viele Jahre bewährt. Das 1889 von Joseph Hebmüller gegründete, ab 1919 von den Söhnen Emil, Joseph dem Jüngeren, Paul und Erich Hebmüller geführte Unternehmen blickte nach dem Zweiten Weltkrieg auf einige Erfahrung im Bau von Nutzfahrzeugen HANOMAG in Wort und Bild 2013 2014 89 Joseph Hebmüller Hanomag Wehrtechnik Kanonen und Munition von Friedrich Scheiber Ab 1931 wurde die Hanomag durch die Aktienmehrheit des Bochumer Vereins zum Bestandteil der Schwerindustrie, um hier später schwere Feldhaubitzen, Halbkettenfahrzeuge, Eisenbahngeschütze und Granaten herzustellen. Für diese Produkte waren allerdings umfangreiche Neu- und Umbauten erforderlich, wozu man eine seit 1870 bestehende Werkssiedlung, auch „Klein Rumänien” genannt, abriss, die ehemalige Chemische Fabrik im Jahr 1935 auflöste und somit eine Freifläche von über 80.000 m² innerhalb des Werksgeländes geschaffen hatte, wo anschließend gezielt Neubauten für die Aufrüstung errichtet wurden. U nmittelbar nach der Besetzung Deutschlands durch die alliierten Truppen wurden sämtliche Rüstungsbetriebe durch die USSBS untersucht. Diese Abkürzung steht für United States Strategic Bombing Survey, einer Kommission, die die Wirkung ihrer Bombentreffer auf die Produktivität der deutschen Rüstungsindustrie beurteilen sollte. HANOMAG in Wort und Bild 2014 101 Aquarelle zu Hanomag & Co. Ein Besuch bei Peli von Horst-Dieter Görg Friedrich Karl Nass, Jahrgang 1941, ist als Maler von Nutzfahrzeugen besser bekannt unter dem Pseudonym Peli. Mit seinem breiten Themen-Spektrum deckt er fast die gesamte Hanomag-Palette ab. Seine Liebe und Leidenschaft gilt den Lastwagen, Landmaschinen und Dampflokomotiven ebenso wie den Automobilen und gern auch mal einer Baumaschine. Aber Peli blickt bei seinen zahlreichen Arbeiten auch über den Tellerrand hinaus. So kommen immer wieder auch kuriose Ideen zur Umsetzung. U nsere erste Begegnung war unangenehm, zumindest für mich. Anlässlich der IAA Nutzfahrzeuge 2006 in Hannover, wo wir seitens der Hanomag IG historische Fahrzeuge präsentierten, habe ich im Gedränge mit anderen Interessenten eines der Peli-Gemälde versehentlich von der Wand gerissen – ich hätte vor Scham im Erdboden versinken können. Über die Scherben des Glasrahmens sind wir dann schnell zu einem längeren Austausch gekommen, der mehr als freundschaftlich wurde. HANOMAG in Wort und Bild 2014 111 Neues Leben auf der Hanomag gehört dazu von Horst-Dieter Görg und Daniel Kazemi Die in München beheimatete Doblinger Industriebau AG, kurz DIBAG, hatte im Jahre 1991 große Teile der Industriebrache Hanomag in Hannover-Linden erworben. Es dauerte einige Jahre, bis hohe Vorleistungen in Infrastruktur und Altlastensanierung erbracht und ein neues Nutzungskonzept entwickelt waren. In den letzten Jahren ist auf diesem Areal viel passiert und bewegt worden, neue Firmen wurden angesiedelt und neue Jobs geschaffen. Über DEKRA, Stadler, Telekom, Wirdwärts und das Zentrum für Kreative war in früheren Jahrbuch-Ausgaben bereits berichtet worden. Nun folgt der Verbrauchermarkt von REWE als Schlusspunkt in der Halle 1 an der Göttinger Straße in Hannover-Linden. D ie Halle 1 an der Göttinger Straße ist im Volksmund am besten bekannt unter dem Namen UBoot- oder auch Wilhelmshaven-Halle. Dabei hat dieses große, dreischiffig auf Stahlstützen er- richtete Gebäude zumindest am Standort Hannover nichts mit U-Booten zu tun, so sehr auch immer wieder gern Fantasie-Geschichten dazu verbreitet werden. Von geheimen, nachts erfolgten Baumaßnahmen, HANOMAG in Wort und Bild 2013 2014 119 Die Hanomag IG Ein Rückblick zum 30. von Horst-Dieter Görg Die Hanomag IG wurde 1984 als loser Zusammenschluss von Nutzfahrzeug-Sammlern gegründet, Ende 1985 erfolgte die Eintragung als Verein, der seit 2005 auch als gemeinnützig anerkannt ist. Über die Jahrzehnte hat die überregional agierende Hanomag IG ein Netzwerk aufgebaut, woraus sich Sponsoren und Zustiftungen ergeben haben. Der vereinseigene Fahrzeugbestand konnte in einer Immobilie in Bockenem-Störy gesichert werden, von wo aus auch immer wieder Veranstaltungen vorbereitet und durchgeführt werden. A uf einer Wiese in Wietze nördlich von Hannover trafen sich im Sommer 1984 einige Dutzend Hanomag-Freunde, zumeist mit Schleppern oder Lastwagen. Eingeladen hatten Bodo Bötel, Andreas Hesse und Erhard Ilsemann. Ich hatte als Student damals nur ein fahrbereites Motorrad. Mein erster Hanomag, ein Kurier-Pkw, stand noch unrestauriert und HANOMAG in Wort und Bild 2013 2014 129