Lizenzen aus Kiel: Die Farce an der Förde

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Lizenzen aus Kiel: Die Farce an der Förde
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Die Farce an der Förde
Glücksspiellizenzen: Kurz vor der von
der schleswig-holsteinischen Regierungs­
koalition forcierten Abstimmung über die
Aufhebung des Glücksspielgesetzes
wurde der Innenminister plötzlich sehr aktiv
und erteilte fleißig Glücksspiellizenzen.
W
ären die Ereignisse der vergangenen Tage in
und um den Schleswig-Holsteinischen Landtag ein Theaterstück, könnte die „Farce an
der Förde“ der Titel sein. Veranstaltungsort wäre das
„Kieler Schmierentheater“.
25 Sportwetten-Lizenzen erteilt
• NordwestLotto Schleswig-Holstein GmbH & Co. KG
(Angebot Oddset)
• Polco Ltd. (Betfair-Gruppe)
• Personal Exchange International Ltd. (mybet Holding SE)
• Hillside New Media Ltd. (bet365)
• Bet-at-home.com Internet Ltd.
• Electraworks Kiel Ltd. (bwin)
• Tipico Company Ltd.
• 888 Germany Ltd.
• Cashpoint Malta Ltd.
• Ladbrokes International PLC
• Admiral Sportwetten GmbH
(Rellingen),
• Admiral Sportwetten GmbH
(Gumpoldskirchen, Österreich),
• Victor Chandler International Ltd. (betvictor)
• bet90
• Interwetten Gaming Ltd.
• Spread Your Wings Germany Ltd.
(mit der Sportwettenmarke „Sportingbet“)
• Primebet International Ltd.
• OnGoingMedia GmbH
(übernahm das Lottogeschäft der Jaxx SE)
• Nordbet GmbH
• World of Sportsbetting Ltd. (HappyBet)
• RULEO Alpenland GmbH
• IBA Entertainment Ltd. (bet3000)
• Wettenleip GmbH
• Trading Technologies Ltd. (merkur-win)
• Cash-Line Sportwetten GmbH
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Zuerst zu den Fakten: Am 24. Januar 2013 hat die Landesregierung aus SPD, Grünen und der dänischen Minderheitenpartei SSW, wie angekündigt, das Landesglücksspielgesetz aufgehoben und den Beitritt zum
Glücksspielstaatsvertrag beschlossen. Eine Auskunft
des schleswig-holsteinischen Innenministers Andreas
Breitner vom 21. Januar 2013 über die Anzahl der
Lizenzinhaber war bereits zwei Tage später veraltet, da
das SPD-geführte Innenministerium am 23. Januar, also
einen Tag vor der Abstimmung über die Aufhebung
des Landesglücksspielgesetzes und dem Beitritt zum
Glücksspielstaatsvertrag, weitere Lizenzen erteilte.
Doch damit nicht genug. Jemand, der noch am 24. Januar, am Tag der Abstimmung, hin und wieder einen
Blick auf die Webseite des Innenministeriums warf,
musste sich verwundert die Augen reiben. Denn siehe
da, drei weitere Inhaber von Sportwetten-Lizenzen
erschienen dort grau auf weiß. Erstaunlicherweise
verschwand eines dieser drei Unternehmen, Sportech
Racing GmbH, am Nachmittag wieder von der Seite.
„Ein technisches Versehen“, wie es aus dem Innen­
ministerium heißt.
EU-Recht-konformes Gesetz aufgegeben
Interessant dabei ist, dass das zuständige Ministerium
die Erteilung der Lizenzen seit Dezember 2012 nicht
mehr mit Pressemitteilungen begleitet. Eine vertrauenerweckende Öffentlichkeitsarbeit sieht anders aus.
Über die Hintergründe kann nur spekuliert werden.
Vielleicht ist es dem Innenministerium unangenehm in
der Öffentlichkeit stets die ungebrochene Treue zum
fragwürdigen Staatsvertrag zu beschwören, obwohl
man im eigenen Haus einem EU-konformen Gesetz gemäß zahlreiche Lizenzen für Sportwetten und OnlineCasinospiele erteilt.
Doch obwohl das Kieler Innenministerium bereits 25
Sportwetten-Lizenzen, 21 Online-Casinospiele-Lizenzen und 14 Lizenzen für Lottovermittler, Stand: 29. Januar 2013, erteilt hat, könnten noch weitere Unternehmen in den Genuss von Lizenzen aus Kiel kommen.
Laut den „Kieler Nachrichten“ werde das Gesetz
frühestens am 8. Februar 2013 in Kraft treten.
„Solange das Glücksspielgesetz in Kraft ist, werden
Anträge ordnungsgemäß bearbeitet. Ob sich daraus
weitere Genehmigungen ergeben, lässt sich im Voraus
nicht sagen“, sagt Minister Breitner. Immerhin liegen
nach seinen Angaben noch 13 Anträge auf Sportwetten und 9 Anträge auf Online-Casinospiele vor.
Februar 2013
© Schleswig-Holsteinischer Landtag
Spiegel der Branche
Die Regierungskoalition Schleswig-Holsteins nutzte ihre
knappe Mehrheit und hob am 24. Januar das Glücksspielgesetz auf, um dem Staatsvertrag beizutreten.
Worauf man sich – wahrscheinlich – verlassen kann: Die
erteilen Sportwetten- und Online Casino-Lizenzen gelten
laut Breitner ab sofort. Auf die Frage, ob die bereits erteilten Lizenzen mit einer eventuellen Aufhebung des
Landesglücksspielgesetzes ihre Gültigkeit verlieren, antwortete Minister Breitner knapp und klar mit „Nein“.
Welchen Sportwettenanbietern das Innenministerium
Schleswig-Holsteins Genehmigungen erteilt hat, lesen
Sie im Kasten auf Seite 18. Nach Angaben des Innenministeriums vom 24. Januar besitzen folgende Unternehmen eine Erlaubnis Sportwetten im Internet und stationär anzubieten: Admiral (Gumpoldskirchen), Admiral
(Rellingen), bet90, Cash-Line, Cashpoint, Tipico, Wettenleip. Die anderen Anbieter haben nur die Genehmigung
für ein Online-Angebot von Sportwetten.
Lizenzen weiterhin gültig
Das Vorgehen der Regierungskoalition hat erwartungsgemäß völlig unterschiedliche Einschätzungen bei den
Landtagsabgeordneten in Kiel hervorgerufen.
Unabhängig von allen Parteischarmützeln steht fest:
Auch nach dem Kursschwenk wird der Norden ein Sonderfall bleiben, denn die nach dem Glücksspielgesetz erteilten Lizenzen gelten weiter bis ins Jahr 2018. Vor diesem Hintergrund herrschte im Landtag in einem Punkt
Einigkeit. Die Diskussion um die Regulierung des Glücksspielmarktes wird fortgesetzt, sowohl politisch als auch
juristisch.
Der Bundesgerichtshof hat unmittelbar vor der Landtagsdebatte am 24. Januar ein Verfahren zur Vergabe von
Glücksspiel-Lizenzen in Nordrhein-Westfalen ausgesetzt
und den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen.
Dieser soll nun klären, wie die derzeitige rechtliche Inkohärenz in Deutschland zu bewerten ist. Eine unendliche
Geschichte droht.
Weitere Details und Hintergründe lesen Sie in der
Januar/Februar-Ausgabe des SportwettenMarkts,
dem Fachmagazin der Sportwettenbranche. ❒
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Februar 2013