It`s a women`s thang
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It`s a women`s thang
„It's a women's thang.“ Weibliche Rollenmodelle und Identitätskonzepte im HipHop Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 1 2. HipHop & His-Story 4 2.1 HipHop: Begriff und Bedeutung 4 2.2 Entwicklungsgeschichte der HipHop-Kultur 5 2.3 HipHop als Afroamerikanische Kultur (‚oral culture’) 7 2.4 HipHop als ‚glokale’ Kultur 8 3. HipHop & Gender 3.1 3.2 Das Gender-Dilemma im HipHop 11 12 3.1.1 Das Frauen- und Männerbild im HipHop 12 3.1.2 Erklärungsversuche 17 3.1.3 Queer-HipHop 20 Zusammenfassung 4. Her-Story: Ein Stück Geschichte Afroamerikanischer Weiblichkeit 22 24 4.1 Zur Entstehung von Stereotypen 25 4.2 Mythen, Stereotype und Images der Afroamerikanischen Frau 27 4.3 4.2.1 Mammy/ Aunt Jemima 27 4.2.2 Jezebel/ Bad-Black-Girl 32 4.2.3 Sapphire 37 4.2.4 Tragic Mulatto 40 4.2.5 Weitere Mythen und Stereotype 42 Zusammenfassung 5. Weibliche Rollenmodelle und Identitätskonzepte im HipHop 44 48 i 5.1 Role models im HipHop 49 5.1.1 Queen Mother 52 5.1.2 Sista with Attitude 53 5.1.3 Bitch 55 5.1.4 True School MC 60 5.1.5 Zusammenfassung 61 5.2 Vom Stereotyp zum HipHop-role model: 200 Jahre und doch nur ein kleiner Schritt? 62 5.3 Vorbild oder Abbild? Ein Portrait der HipHop-Gruppe Yo! Majesty 68 6. Abschlussbetrachtung 72 Literaturverzeichnis 76 Abbildungsverzeichnis 82 Eidesstattliche Erklärung 83 ii 1. Einleitung “Rumps moving with the alacrity of a jackhammer, hips gyrating like a belly dancer on amphetamines, limbs akimbo, mouths agape in a perpetual state of the orgasmic ‘oh’.”1 Das obige Zitat beschreibt genau jene Bilder von Frauen, die einem begegnen, wenn man sich HipHop-Videoclips auf den Fernsehsendern Viva oder MTV anschaut. Dass Frauen in solchen Videoclips stets als schmückendes Beiwerk und käufliche Huren ohne eine eigene Persönlichkeit dargestellt werden, ist schon lange nichts Neues mehr und hat sich, so scheint es, in den letzten 30 Jahren noch verstärkt. Um das Publikum heute noch provozieren zu können, muss der Rapper einer halbnackten Tänzerin schon seine Kreditkarte durch die Pospalte ziehen, wie im Videoclip zum Song ‚Tip-Drill’ (2003) von Nelly. Wenngleich vom Sexismus im HipHop prinzipiell alle Frauen betroffen sind, sind jene in oben genannten Videos interessanter Weise nahezu immer – auch in Videoclips Europäischer Rapper – hellhäutigere, ethnisch gemischte Afroamerikanerinnen. In der Literatur und später auch im Film wurden sie bereits seit Mitte des 19. Jh. stets als Ideal weiblicher Schönheit dargestellt und signalisieren, laut Sharpley-Whiting, Professorin für Afroamerikanische Studien, vor allem in der Amerikanischen und Europäischen männlichen Vorstellung „the perfect blending of skillfulness in matters of sex (read: black) and physical beauty (read: white).“2 Abgesehen davon, dass, laut dieser Äußerung, mit der Schwarzen Hautfarbe in der Europäisch-Amerikanischen Vorstellung meist Hypersexualität und mit einem Weißen Teint vor allem Schönheit assoziiert wird, impliziert diese Aussage zudem, dass Weiße Frauen als ‚heilige Schöne’ gefeiert und zu einer asexuellen Madonna stilisiert werden, während Schwarze Frauen eher als unattraktiv gelten, denn der 1 2 Sharpley-Whiting 2007: 27 Ebd.: 28 1 oftmals fülligere Po, die krausen Haare und die dunkle Hautfarbe entsprechen nicht dem westlichen Schönheitsideal.3 Die Ursprünge der Auffassung, dass Afroamerikanerinnen hypersexuell und ihre dunkle Hautfarbe nicht schön sei, reichen bis zu den Anfängen der Sklaverei in den Vereinigten Staaten zurück. Während dieser Zeit entstand nicht nur das Image der verführerischen, willigen ‚Jezebel’, sondern auch einige andere stereotype Vorstellungen von Schwarzen4 Frauen, wie z.B. die ‚Mammy’ und die ‚Sapphire’. Alle diese Stereotype nahmen wesentlichen Einfluss sowohl auf die Art wie Afroamerikanerinnen heute noch von westlichen Gesellschaften betrachtet werden, als auch auf die Selbstwahrnehmung dieser Frauen. Bereits seit der Entstehung der HipHop-Kultur versuchen Afroamerikanische Rapperinnen immer wieder Rollenmodelle zu entwerfen, die eine selbstbewusste Alternative zu jenen rassistisch-sexistischen Stereotypen darstellen. Diese Versuche sind durchaus vielfältig und kreativ, werden allerdings von den Rezipientinnen und Rezipienten sehr unterschiedlich bewertet. So wird diesen Rapperinnen oftmals vorgeworfen letztlich doch im sexuellen Diskurs zu verbleiben und damit die Geschichte der Stereotypisierung Afroamerikanischer Frauen fortzuschreiben. Die zentrale Fragestellung dieser Arbeit lautet somit: In welchem Ausmaß ist eine Fortführung stereotyper Vorstellungen von Afroamerikanerinnen in weiblichen ‚role models’ der HipHop-Kultur heute noch erkennbar und damit zumindest teilweise verantwortlich für den sehr vordergründig präsentierten Sexismus an Frauen innerhalb dieser Musikkultur? Die vorliegende Arbeit versucht sich in drei Abschnitten einer Beantwortung dieser Fragen zu nähern. Der erste Abschnitt beschäftigt sich mit der Problemstellung dieser Arbeit, die zunächst eine Einführung in die HipHopKultur als ‚Ort des Geschehens’ (Kapitel 2) beinhaltet, um anschließend differenzierter auf die Problematik des Sexismus im HipHop einzugehen. 3 vgl. Sharpley-Whiting (2007), Rose (1994), hooks (1981) u.a. Die Worte ‚Schwarz’ bzw. ‚Weiß’, die ich im Folgenden als Synonyme für die 4 Bezeichnungen ‚Afroamerikanisch’ bzw. ‚US-Amerikanisch’ und ‚Europäisch’ gebrauche, schreibe ich mit großen Anfangsbuchstaben, da sie ethnische Gruppen bezeichnen und diese im Allgemeinen groß geschrieben werden. 4 2 Dabei wird zum einen die Geschlechterkonstruktion im HipHop dargelegt, wobei der Schwerpunkt auf der Beschreibung des Frauenbilds liegt (Kapitel 3.2.1). In diesem Zusammenhang wird auch die Frage diskutiert, ob HipHop tatsächlich sexistischer ist als andere Popkulturen, um anschließend nach möglichen Erklärungen für den Sexismus innerhalb dieser Musikkultur zu suchen (Kapitel 3.2.2). Zum anderen wird in einem weiteren Unterkapitel die homosexuelle Szene der HipHop-Kultur in Augenschein genommen, die ebenfalls mit Sexismus und Diskriminierung zu kämpfen hat und daher mit einer ähnlichen Problematik konfrontiert ist wie Afroamerikanische Rapperinnen (Kapitel 3.2.3). Der zweite Abschnitt dieser Arbeit widmet sich einer ausführlichen Beschreibung der am meisten verbreiteten und bekanntesten Mythen, Stereotype und Images Afroamerikanischer Frauen (Kapitel 4). Eine detaillierte Darstellung dieser Stereotype ist notwendig, um die sozioökonomischen Umstände ihrer Entstehung und Entwicklung und ihre Einflussnahme auf die Außen- und Innensicht dieser Frauen verdeutlichen zu können. Um jene Stereotype in Bezug zu den weiblichen Rollenmodellen und Identitätskonzeptionen der HipHop-Kultur setzen zu können, ist es vorerst notwendig in einem dritten Abschnitt ebendiese Rollenmodelle (‚role models’) zur erörtern und zu systematisieren (Kapitel 5.1). Anschließend werden die weiblichen Rollenmodelle auf ihre Fortführung stereotyper Darstellungen Afroamerikanischer Frauen überprüft, indem Zusammenhänge und Divergenzen erarbeitet werden. Im letzten Unterkapitel wird die weibliche HipHopGruppe Yo! Majesty vorgestellt, die anderen Rapperinnen und ihren Rezipientinnen und Rezipienten möglicherweise ein modernes, fortschrittliches Identitätskonzept innerhalb der HipHop-Kultur anbietet, das eine selbstbestimmte und selbstbewusste Weiblichkeit außerhalb diffamierender Stereotype beinhaltet und sich gleichzeitig gut vermarkten lässt. 3 2. HipHop & His-Story 2.1 HipHop: Begriff und Bedeutung Über die Entstehung des Begriffs ‚HipHop’ wird viel diskutiert. So behauptet der Autor Brian Dorsey, dass dieser Begriff auf Party-DJs zurückzuführen ist, die ‚hype music’ oder ‚hip music’ bei Tanzveranstaltungen (‚hop’) spielten.5 Andere Stimmen meinen, dass der Ursprung des Begriffs auf den USAmerikanischen HipHop-DJ Lovebug Starsky oder seinen ehemaligen Partner DJ Hollywood zurückgeht, die in ihre Songs Nonsense-Phrasen wie ‚hip to da hop’ o.ä. eingebaut haben. Diese Silben haben wohl so gut zum Beat der Old School gepasst, dass sie sich kurzer Hand als Begriff für die gesamte Musikkultur etabliert haben.6 Der Oberbegriff HipHop beinhaltet ursprünglich vier kulturelle Elemente oder Bestandteile: ‚DJing’, ‚Mcing’ (Rap), ‚B-Boying/ B-Girling’ (Breakdance) und ‚Writing’ (Graffiti). Die ursprünglich klare Ausdifferenzierung in vier Disziplinen existiert in dieser Form heutzutage nicht mehr. Vielmehr ist dieses Musikgenre auf Grund der Kommerzialisierung der Kultur und durch veränderte soziale, technische und kulturelle Rahmenbedingungen einem ständigen Wandel und dauernder Fluktuation unterworfen. So werden heute auch ‚Human-Beatboxing’, ‚Street fashion’, ‚Producing’7 u.v.a.m. als HipHopElemente bezeichnet. Gleichzeitig steht mittlerweile jede einzelne Disziplin mehr für sich und hält Einzug in andere Popkulturen, und umgekehrt wird auch der HipHop von verschiedenen Popmusikkulturen beeinflusst. „So fühlt 5 vgl. Dorsey 2000: 327 vgl. Wikipedia – die freie Enzyklopädie 2010 (online verfügbar unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Hip-Hop) 7 ‚Human Beatboxing’ bezeichnet eine Art ‚vocal percussion’, bei der mit Mund, Lippen, Zunge und Stimme Beats, Rhythmen und Sounds produziert werden. ‚Street fashion’, auch ‚urban fashion’ oder ‚HipHop-Mode’, wird die für HipHop typische Kleidung, bestehend aus weiten, tiefhängenden Hosen (Baggy Pants), Übergrößen, weißen Turnschuhen und Accessoires (z.B. Ketten und funkelnde Ohrstecker), genannt. ‚Producing’ meint die Produktion von HipHop-Musik. Die beiden Hauptelemente des ‚Producing’ sind der ‚Drum Beat’ und das ‚Sampling’ (Mischen von Sounds). Zum Equipment eines ‚Producers’ gehören u.a. Synthesizer und so genannte ‚Digital audio workstations’ (DAW). 6 4 sich zum Beispiel nicht jeder Graffiti-Sprayer HipHop zugehörig und für viele Breakdancer ist HipHop nur ein Teil ihres Backgrounds.“8 2.2 Entwicklungsgeschichte der HipHop-Kultur HipHop, dessen musikalische Wurzeln vor allem im Funk und Soul der 1960er, aber auch Discomusik der 1970er Jahre liegen, entstand Anfang der 1970er Jahre aus einer urbanen Straßenkultur, die sich vor allem in Großstadtghettos der USA entwickelt hatte. Grund für die Entstehung dieser Großstadtghettos war vor allem der soziale und ökonomische Niedergang US-amerikanischer Innenstädte. Innerhalb weniger Jahre brach die Infrastruktur in einigen dieser Städte fast komplett zusammen, wobei am Schlimmsten die Stadtteile Harlem und South Bronx in New York betroffen waren. Die Kriminalitätsrate stieg dort enorm an, der Drogenhandel begann zu blühen und immer mehr Gangs übernahmen vermehrt die Oberhand. Vor allem junge Menschen ethnischer Minderheiten, in den USA in erster Linie ‚Blacks’ und ‚Hispanics’, waren von der Krise der postindustriellen Gesellschaft betroffen.9 In dieser Isolation entwickelten sich mit der Zeit eigene kulturelle Organisationen, so genannte ‚Block Parties’, die in alten Fabrikgebäuden, auf Parkplätzen oder unter freiem Himmel in den Parks und Straßen der Bronx stattfanden. Immigranten aus der Karibik (‚Hispanics’), die in den 1970er Jahren ca. ein Fünftel der Bronx-Bewohner ausmachten, brachten die so genannte Idee der ‚Soundsystems’ – eine Art mobile Diskotheken – aus ihrer Heimat mit, die zum Fundament der spontan organisierten Block Parties wurden. DJs fingen an, ihre Platten manuell zu bewegen und mit Hilfe mehrerer Plattenspieler verschiedene Sounds ineinander zu mixen, wodurch sie die Musik verfremdeten und die instrumentalen Phasen der Stücke verlängerten. Diese Techniken provozierten einen bestimmten Tanzstil, der gekennzeichnet ist „durch den permanenten Wechsel von simultanen und sukzessiven Bewegungen“10: den Breakdance. Gleichzeitig entwickelten sich 8 Orasch 2005: 19 vgl. Klein/Friedrich 2003: 56 10 Ebd.: 15 9 5 die MCs (Master of Ceremony), welche die Tänzer über Sprecheinlagen zum Weitermachen motivierten, zu Rappern, die selbstgereimte Verse rhythmisch vortrugen. Etwa zur gleichen Zeit entstand ebenfalls in New York die Bildtechnik des Graffiti. Aus anfänglichen Namenszeichen, sogenannten ‚tags’, entfalteten sich mit der Zeit dreidimensional gestaltete Schriftzüge und Bilder, auch ‚pieces’ genannt. Im Laufe der Jahre wurden die Block Parties zu Wettbewerben zwischen einzelnen Personen oder Gangs ausgebaut. Mitte der 1980er Jahre entstanden dann auch HipHop-Szenen außerhalb New Yorks und entwickelten dort einen eigenen Style, der politischer war und u.a. das Leben in den Amerikanischen Ghettos schilderte. Beispielhaft für diesen neuen Style ist die Platte ‚It Takes A Nation Of Millions To Hold Us Back’ (1988), mit der die Rap-Band ‚Public Enemy’ ein neues Subgenre, den politischen ‚Conscious Rap’ einleitete und einen drastischen Schlussstrich unter die bisherige Definition von HipHop zog: die ‚Old School’ wurde abgelöst von der so genannten ‚New School’. Gleichzeitig entstand an der Westküste in Los Angeles der ‚Gangsta-Rap’. Seine Themen sind vor allem Kriminalität, Drogen und Sex, wobei die überwiegend männlichen Rapper teilweise ausgesprochen frauenfeindliche, sexistische und gewaltver- herrlichende Texte vortrugen. Ab den 1990er Jahren wurde der völlig neue Sound der Westcoast (New School) zunehmend populärer und übernahm bald die Führung gegenüber der Eastcoast (Old School). Dies führte zu Auseinandersetzungen zwischen Ost- und Westküste bzw. New- und Old-Schoolern, die durch den kommerziellen Aufstieg des HipHop in den 1990er Jahren noch verstärkt wurden. Den neuen Sound der so genannten ‚Next School’ zeichneten komplexere Beats aus, sowie Einflüsse von Musikstilen wie Reggae, Dancehall, aber auch Old-School-HipHop und Elektro-Funk der 1980er Jahre. Zudem wuchsen die Musikstile R&B, Soul und HipHop weiter zusammen und auch der Gangsta-Rap verbreitete sich zunehmend. 6 2.3 HipHop als Afroamerikanische Kultur (‘oral culture’) Hip-Hop-Musik greift auf viele traditionelle musikalische und kulturelle Praktiken zurück. So hat beispielsweise das ‚Rapping’ als dominierendes Element innerhalb der HipHop-Kultur seine Wurzeln im Sprechgesang von Westafrikanischen Wanderern und Geschichtenerzählern, so genannten ‚Griots’. Sie bedienten sich bereits der ‚Call-and-Response-Methode’, die ein wichtiges stilistisches Mittel im Rapping darstellt und die Interaktion zwischen Vortragendem und Publikum meint. Mit der Verschleppung von Afrikanern nach Amerika setzte sich diese Tradition bis heute fort. Damit ist HipHop ist eine so genannte ‚oral culture‘, also eine Kultur, deren Geschichte nicht schriftlich festgehalten und damit für die Nachwelt konserviert wurde – wie das in den sogenannten ‚literate cultures‘ der Fall ist – sondern in Form von Tanz, Musik oder Gesang mündlich überliefert wurde.11 Auf Grund dessen, dass gesprochene Worte flüchtig und zeitgebunden sind und nur von den gerade anwesenden Personen aufgenommen werden können, müssen im Augenblick des Sprechens kleinste Stimmungen wahrgenommen werden. Andernfalls gingen sie durch ihre Unmittelbarkeit verloren. Daher sind das auditive Wahrnehmungsvermögen und Fähigkeiten der verbalen und stimmlichen Artikulation in ‚oral cultures’ viel stärker ausgeprägt, als in ‚literate cultures’. Aus der Kommunikationstechnik des ‚Call-and-Response’ entwickelte sich schließlich die Stilform des ‚verbal duelling‘, bei der es sich um „(…) ritualisierte, symbolische Sprachwettkämpfe [handelt], die die Möglichkeit bieten, Konfliktpotentiale aus dem Alltagsdiskurs auszugliedern und kooperativ auszuagieren“12. Techniken verbaler Manipulation, wie Rappin', Shuckin' und Whuppin', und Formen verbaler Herausforderung, wie Signifyin', Toastin' und Playin' the dozens, sind sprachliche Mittel, die vornehmlich mit der Feststellung von sozialen Rollen bzw. sozialem Status zu tun haben.13 Das vielleicht wichtigste Stilmittel bei einem verbalen Duell ist das so genannte ‚boasting’ (engl.: to boast = angeben, prahlen). Beim Boasting 11 vgl. Sidran 1983: 21-46 Sokol, in: Aschenberg/Wilhelm 2003: 208f. 13 Buß, in: Rösing 1996: 36 12 7 behauptet der Rapper „der beste Rapper und Entertainer der Welt zu sein, die besten Texte zu haben und den besten DJ, die schönsten Frauen zu kennen, am besten auszusehen, den meisten Spaß zu haben und auch sonst allen MCs für alle Zeiten überlegen zu sein.“14 Dabei geht es dem Rapper zum einen um Aufmerksamkeit und Selbstdarstellung, zum anderen ist es durch gutes Boasting möglich sich Respekt innerhalb der Gruppe zu verschaffen. Bei einer weiteren rhetorischen Raptechnik, dem ‚dissen’ (engl.: to disrespect = schmähen, beleidigen), wird der Kontrahent bzw. die Kontrahentin oder dessen wichtige Respekts- oder Bezugspersonen beleidigt oder schlecht über sie geredet. Oftmals führen diese oralen Traditionen zu Missverständnissen in der ‚NichtHipHop-Bevölkerung’, denn in der US-amerikanischen, wie auch in weiten Teilen der Europäischen Kultur, gelten vor allem Bescheidenheit und Zurückhaltung als erstrebenswerte Persönlichkeitsmerkmale. Prahlerei und Angeberei hingegen wirken eher unsympathisch und werden bestenfalls als stark ausgeprägtes Selbstbewusstsein bewertet. Doch sprachliche Kompetenz war in der afroamerikanischen Geschichte ein wichtiges Mittel, um sich gegen Unterdrückung zu wehren, wodurch sich eine eigene Sprache innerhalb des Englischen entwickelte15: „Wem weder die historische Dimension verbaler Rituale noch ihre tiefe Verwurzelung in der schwarzen Alltagskultur geläufig ist, dem fällt es schwer, ausgiebig ausgeschmücktes Angeben und Prahlen als eine Form oraler Kunst anzusehen.“16 2.4 HipHop als ‚glokale’ Kultur Wie alle Popkulturen ist auch HipHop eine globalisierte Kultur; d.h. sie hat zwar ihren Entstehungshintergrund in bestimmten Städten, weitet sich dann jedoch regional und national aus und scheint heutzutage kaum noch an spezifische Orte gebunden zu sein.17 Allerdings unterscheidet sich die HipHop-Kultur diesbezüglich von anderen Popkulturen insofern, dass sich durch ihre Globalisierung wieder eigenständige lokale HipHop-Kulturen 14 Klein/Friedrich 2003: 39 vgl. Grimm 1998: 97 16 Perkins, in: Perkins 1996: 5 17 vgl. Klein/Friedrich 2003: 85 15 8 herausbilden, die in eigenen spezifischen urbanen Räumen entstehen, und innerhalb derer jeweils eigene Slangs und Stile kreiert werden. Kulturelle Globalisierung bewirkt also nicht nur die Loslösung kultureller Praktiken von lokalen Orten. Vielmehr befördern Medien- und Kulturindustrien die Zirkulation von Produkten, Bildern und Symbolen und werden damit auch zum Anlaß für die Bildung neuer lokaler kultureller Praxisformen, mittels derer die global zirkulierenden Produkte in den kulturell disparaten Ausdrucks- und Lebensformen verankert werden.18 Die weltweite Verbreitung des HipHop erfolgt vor allem über die Medien. Während der Amerikanische Soziologe George Ritzer die Meinung vertritt, dass diese mediale Globalisierung eine ‚Verwestlichung’ und Standardisierung der gesamten Popkultur zur Folge habe und dadurch automatisch lokale kulturelle Traditionen zerstört würden, behaupten Vertreter der so genannten ‚Cultural Studies’ wie z.B. Hebdige, Chambers, Willis und Fiske, dass Kultur, abhängig von den örtlichen Rahmenbedingungen, lokal unterschiedlich angeeignet und rezipiert wird. So müssten bereits regionale Varianten eines globalen Medieninhalts als Differenzierung und nicht als Homogenisierung betrachtet und bewertet werden.19 Auch Klein/Friedrich vertreten diese Ansicht und gehen sogar noch einen Schritt weiter, wenn sie behaupten, dass sich Globales und Lokales in einem dynamischen Wechselspiel gegenseitig ständig beeinflusst: Popkulturelle Stile werden an bestimmten Orten und in kulturellen Räumen entwickelt, als kulturindustrielle Ware global verbreitet, in verschiedenen Gegenden der Welt angeeignet. An diesen Orten bilden sich wiederum lokale Stile heraus, die auf die globale Produktion zurückwirken.20 In der Tatsache, dass in vielen Ländern nicht in der Popsprache Englisch, sondern in der eigenen Landessprache gerappt oder Salsa mit House-Musik vermischt wird, sehen Klein/Friedrich einen Beleg dafür, dass HipHop eine hybride Kultur ist und kein ‚popkultureller Einheitsbrei’. „Popkultur ist nicht singulär, sondern pluralistisch, nicht homogen, sondern different.“21 Hingegen halten sie die Behauptung, lokale Neukreationen würden durch die Kulturindustrien vereinnahmt, für eine eindimensionale Betrachtungsweise. Bestärkt werden sie in ihrer Ansicht von Ronald Robertson, der den Begriff 18 Ebd.: 85 vgl. ebd.: 87 20 Ebd.: 88 21 Ebd.: 89 19 9 der ‚Glokalisierung’ in die Kulturwissenschaften eingeführt hat und damit genau jene Wechselwirkung zwischen Globalität und Lokalität beschreibt. Neben den bereits beschriebenen Begriffen Hybridität und Glokalität sind auch Wertkonservatismus, Leistungsorientierung und männliche Dominanz zentrale Aspekte der HipHop-Kultur.22 Hierin zeigt sich eine gewisse Widersprüchlichkeit im HipHop: Diese besteht darin, dass er sich durch seine diversen Ausdrucks- und Kunstformen einerseits zwar deutlich von den ästhetischen Normen des Mainstream abzusetzen versucht, andererseits aber auch gesellschaftlich anerkannten konservativen Werten wie Familiensinn, Ehrgeiz oder 23 Authentizität eine große Bedeutung beimisst. Eine genauere Bearbeitung des Aspekts des Wertkonservatismus, zu dem orale Kulturen generell neigen24, ist dem nächsten Kapitel vorbehalten, wobei vor allem die Haltung der HipHop-Szene gegenüber Geschlechterrollen im Fokus stehen wird. 22 vgl. ebd.: 10f. Leibnitz, in: Bock et.al. 2007: 168 24 vgl. Kage 2002: 142 (siehe auch: Ong, Walter J. (1987): Oralität und Literalität: die Technologisierung des Wortes. Opladen: VS Verlag für Sozialwissenschaften.) 23 10 3. HipHop & Gender „Damn, I birth you, I raise you, and I break my back to feed you all your life – which I am sure every single one of these rappers' mothers did – 'and then this is the thanks I get?”'25 Im Folgenden soll mit Hilfe der Kategorie ‚Gender’ auf die sozialen Geschlechterbeziehungen im HipHop und ihre kulturellen Repräsentationen eingegangen werden. Obwohl HipHop für sich den Anspruch erhebt mit gesellschaftlichen Mustern zu brechen, fügt er sich in seinem Umgang mit Geschlechterkonstruktionen in traditionelle Darstellungen von Gender ein. Dieser Wertkonservatismus zeigt sich dabei nicht nur in Form von Sexismus gegenüber Frauen, sondern bezieht sich auch auf homo- und transsexuelle Orientierungen sowie ein starres Männerbild. Dabei werden Homophobie und Sexismus im HipHop sowohl von Rappern als auch von der Musikpresse oftmals als integraler Bestandteil der HipHopKultur dargestellt. Die Provokation und der Bruch mit konventionellen Umgangsformen seien eben stilistische Mittel, die aus dem HipHop nicht wegzudenken wären. Eigentlich seien die Beschimpfungen und Herabsetzungen aber nicht ernst gemeint.26 Autor und HipHop-Performer Tim Stüttgen (2007) weist allerdings darauf hin, dass die ständige Wiederholung von Schimpfworten mit der Zeit zu Ausschluss führt: „Worte produzieren Wirklichkeit, ob ‚die Hure’ oder ‚der Ausländer’, ‚der Jude’ oder ‚der Nigger’.“27 Um die Gender-Problematik im HipHop differenzierter betrachten zu können, werden im folgenden Kapitel die Aspekte des Sexismus an Frauen sowie die homophobe Haltung der HipHop-Kultur genauer betrachtet. 25 Rose 2004: 45 vgl. Stüttgen, in: Schischmanjan/Wünsch 2007: 134f. 27 Ebd.: 135 26 11 3.1 Das Gender-Dilemma im HipHop28 3.1.1 Das Frauen- und Männerbild im HipHop Grundsätzlich herrscht im HipHop ein Frauenbild vor, das tradierten Rollenvorstellungen der westlichen, und teilweise auch der Afrikanischen Kultur, entspricht und die Frau überwiegend auf ihre Körperlichkeit und Reproduktionsfähigkeit reduziert. Am Offensichtlichsten springt einem dieses Frauenbild im HipHop wohl in Form von Videoclips auf VIVA oder MTV ins Gesicht. Im Mittelpunkt dieser Videos steht meist ein (korpulenter) Rapper, an dessen Seite sich halbnackte, superschlanke Frauen als ‚schmückendes Beiwerk’ inszenieren. Der Fokus liegt dabei vor allem auf den Hinterteilen Schwarzer Frauen, die meist nur dürftig bekleidet sind und sich kreisend vor der Kamera bewegen.29 Frauen dienen in solchen Videos als Statussymbol für die Potenz und den Erfolg des Rappers und werden dazu auf ihre Sexualität und ihr Äußeres reduziert, wodurch ihnen der Raum für die Artikulation von Persönlichkeit und Individualität genommen wird.30 Sie fungieren lediglich als Statisten, die in einer Reihe mit ‚dicken’ Autos, Designer-Klamotten und Goldkettchen stehen. Sexismus geschieht aber auch dort, wo Rapperinnen eine bestimmte Kleiderordnung aufgezwungen wird, die ihnen ebenfalls die Rolle der Verführerin aufdrückt. Die deutsche Rapperin Nina MC z.B. erinnert sich daran, dass sie dem Stilisten zum Video von ‚Bon Vayage’ nur schwer klarmachen konnte, dass sie nicht aussehen wollte wie eine ‚halbe Lil’ Kim’. 28 Der Begriff ‚Gender’ bezeichnet das sozial-kulturelle Geschlecht gegenüber dem biologischen Geschlecht (‚sex’). Während das biologische Geschlecht festgeschrieben ist, werden Geschlechterrollen (‚Gender roles’) je nach Kultur und Milieu auf verschiedene Art und Weise konstruiert. Gender bezeichnet also alles, was in einer Kultur als typisch für ein bestimmtes Geschlecht angesehen wird (z.B. Kleidung, Beruf etc.). Gender bezeichnet aber auch die Geschlechtsidentität (‚Gender identity), die das Wissen und Bewusstsein um Angehörigkeit zu einem Geschlecht meint. Seit den 1970er Jahren ist der Begriff Gender auch auf symbolischer Ebene im Sinne kultureller Ideale und Stereotype von Männlichkeit und Weiblichkeit, sowie auf struktureller Ebene in Bezug auf institutionelle und organisatorische Arbeitsteilung zu verstehen (vgl. Marshall, in: Scott/Marshall 2009: 276f. (auch online verfügbar unter: http://www.encyclopedia.com/doc/1O88-Gender.html) 29 vgl. Rose 1994: 169 30 vgl. Perry, in: Dines/Humez 2003: 137 12 Zwar durfte sie nachher einen Overall tragen, allerdings hatte auch dieser immer noch einen sehr tiefen Ausschnitt.31 Dieser bildhafte Sexismus wird zudem meist von ‚passenden’ (Gangsta)Raptexten unterstützt, in denen Frauen oft als ‚bitch’ (Schlampe bzw. Hündin), ‚ho’ (Hure) oder ‚slut’ (Flittchen) bezeichnet werden, z.B. in Texten wie ‚Six-foot Blow Job Machine’ von Akinelye oder ‚Me so Horny’ von 2 Live Crew. Auch andere Bezeichnungen von Frauen wie z.B. ‚baby’, ‚shorty’ und ‚girl’ implizieren Kindlichkeit und damit Unselbständigkeit und Naivität. Auch im Polit-Rap findet oftmals Sexismus an Frauen statt, wenngleich in anderer Form als im Gangsta-Rap. Während im Letzeren Frauen fast durchweg schlecht gemacht werden und kaum idealistische Repräsentationen existieren, werden sie im Polit-Rap übermäßig verehrt und auf ein Podest gestellt.32 Dies zeigt sich z.B. an Bezeichnungen von Frauen als ‚qeen’, ‚lady’, ‚sister’ und ‚momma’. Schwarze Frauen werden hier nicht als sexuelle Verführerinnen dargestellt, sondern als (asexuelle) Heilige, ‚Queens’ oder ‚Queen Mothers’, die durch „Loyalität, Genügsamkeit und Hingabe charakterisiert [sind].“33 Die uralten Stereotype der Frau als Heilige und Hure, die ihren Ursprung in der christlichen Mythologie haben und tief in der westlichen Kultur verwurzelt sind, scheinen sich somit im HipHop fortzusetzen.34 Auf einer anderen Ebene des verbalen Sexismus werden Leistungen und Einflüsse von Frauen ignoriert. So behauptet beispielsweise der HipHopKritiker Nelson George: „In den über zwanzig Jahren, in denen es HipHop auf Platte und CD zu kaufen gibt, (...) gab es nicht eine Frau, die entscheidend in die Entwicklung des Rap eingegriffen hätte.“35 Obwohl er ein paar Sätze später einräumt, dass Musikerinnen wie Sugarhill, Sha-Rock und 31 vgl. Winkler 2001 (online verfügbar unter: http://www.taz.de/1/archiv/archiv/?dig=2001/06/01/a0136) 32 vgl. Allen, in: Perkins 1996: 169 (auch online verfügbar unter: http://www.umass.edu/afroam/downloads/allen.making.pdf) 33 Leibnitz, in: Bock et.al. 2007: 168 34 Die Kulturwissenschaftlerin Kimiko Leibnitz erklärt, dass die christliche Religion in der Konstellation der Dreifaltigkeit (Vater, Sohn, heiliger Geist) kein weibliches Wesen vorsieht, was bereits eine untergeordnete Rolle der Frau impliziert (im Gegensatz z.B. zur Mythologie Griechenlands oder Altägyptens). Die wichtigste Frauengestalt im Christentum ist die Jungfrau Maria, die entsexualisiert wurde, indem sie das Objekt einer idealisierten Vorstellung ist, in der Fortpflanzung ohne Körperlichkeit und Sexualität möglich ist. Als Gegenentwurf hierzu findet sich in der Bibel auch die Hure in Form der Maria Magdalena (vgl. Leibnitz, in: Bock et.al. 2007: 158f.). 35 George 2002: 239 13 Missy Elliott durchaus Spuren hinterlassen haben, ist er der Ansicht, dass „selbst wenn es von all diesen Musikerinnen nicht eine Platte gäbe, die Geschichte des HipHop keine Spur anders verlaufen wäre.“36 An dieser Stelle muss die Darstellung des HipHop als per se sexistisches Musikgenre etwas differenziert werden. Denn eine sexistische Haltung ist bereits in der Struktur von HipHop, wie auch in allen anderen Rock- und Popkulturen, angelegt. So wurde in der Kulturgeschichte der Mainstream, also z.B. ‚seichte’ Popmusik, oft als ‚weiblich’ klassifiziert und alle modernen, fortschrittlichen, progressiven Musikströmungen mit dem ‚männlichen’ Prinzip gleichgesetzt.37 Zudem ist die Dominanz des Männlichen im HipHop nicht außergewöhnlich, insofern als auch in fast allen anderen Genres der Populärmusik quantitativ die Männer überwiegen, während Künstlerinnen oft lediglich als Imitation der männlichen Version gesehen werden. Nichtsdestotrotz vertreten bspw. Johnnetta Cole und Beverly Guy-Sheftall die Ansicht, dass HipHop frauenfeindlicher sei, als andere Musikgenres: “We are concerned because we believe that hip-hop is more misogynist and disrespectful of Black girls and women than other popular music genres.”38 Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Sexismus als langer Arm des Patriarchats eine Form der Diskriminierung ist, die schon vor der Entstehung des HipHop in der Amerikanischen Gesellschaft existierte. Der Aktivist und Journalist Kevin Powell erläutert hierzu: (...)it is wrong to categorically dismiss hip-hop without taking into serious consideration the socioeconomic conditions (and the many record labels that eagerly exploit and benefit from the ignorance of many of these young artists) that have led to the current state of affairs. Or, to paraphrase the late Tupac Shakur, we were given this world, we did not make it.39 Neal hingegen nimmt den HipHop auch in Verantwortung, indem er auf seine starke Anziehungskraft auf Jugendliche hinweist, mittels derer sich Sexismus und Misogynie im HipHop ungehindert und unkritisch verbreiten und 36 George 2002: 239. Völker und Menrath widerlegen diese These und verweisen auf einige weibliche Größen der HipHop-Kultur wie Sylvia Robinson, die den ersten kommerziell erfolgreichen Rap-Hit ‚Rappers Delight’ produzierte, die Rapperin Roxanne Shanté, welche die Kultur des Battelns auf Vinyl etablierte und damit den HipHop entscheidend beeinflusst hat und Missy Elliott, die den Einsatz von elektronischen Sounds im HipHop veränderte (Völker/Menrath, in: Schischmanjan/Wünsch 2007: 23f.). 37 vgl. Grimm 1998: 43 38 Cole/Guy-Sheftall 2003: 186 39 Powell, in: Paniccioli/Powell 2002: X (Introduction) 14 verfestigen können.40 Auch Cole und Guy-Sheftall bestätigen ihn hierin, wenn sie konstatieren: „The casual references to rape and other forms of violence and the soft-porn visuals and messages of many rap music videos are seared into the consciousness of young Black boys and girls at an early age.”41 Des Weiteren muss darauf hingewiesen werden, dass vor allem der stark kommerzialisierte Teil der HipHop-Szene, sprich v.a. der Gangsta-Rap, und Message- oder Polit-Rap, Sexismus praktizieren. Doch wie bereits beschrieben, besteht HipHop heutzutage aus vielen verschiedenen Subgenres (Spaß-Rap, Polit-Rap, Conscious-Rap u.v.a.m.), die alle andere Schwerpunkte bzgl. ihrer textlichen Inhalte und Ausdrucksformen setzen. „Die Szene ist viel zu groß, als dass man sagen könnte, sie sei prinzipiell sexistisch“.42 So existieren durchaus auch Raps von Männern, die sich für Frauen aussprechen (z.B. ‚Millie pulled a pistol on Santa’ von De La Soul) oder Raps von Frauen, die patriarchale Familienstrukturen unterstützen oder „unreflektiert homophobes Vokabular in ihre raps einbringen“.43 Bei aller Kritik am HipHop und dem Sexismus, den er praktiziert, ist nicht zu verleugnen, dass auch die Frauen, die sich sexistisch darstellen lassen, eine wesentliche Mitschuld trifft. So machen sich z.B. Rap-Video-Darstellerinnen zu willigen Teilnehmerinnen an ihrer eigenen Ausbeutung. Rose erklärt, dass die Teilnahme an solchen Videos eng mit dem ‚rock/sports/film groupie phenomenon’ zusammenhängt, bei welchem vor allem weiblichen Fans eine vorübergehende Star-Aura zuteil wird, indem sie Sex mit reichen und bekannten Personen nachstellen. Laut Rose spricht dies für ein profundes Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Beachtung. Viele Frauen glauben zudem, dass derartige ‚Filmrollen’ ein Sprungbrett für eine eigene Karriere sein oder ihnen sonst irgendwie zu finanzieller Unabhängigkeit verhelfen können. Hinter alldem stecke letztendlich die Hoffnung glücklich zu werden, so Rose.44 Zudem gibt es sicherlich auch heute noch viele Frauen (Weiße und Schwarze), die sich des Sexismus an ihnen und ihres Rechts auf eine 40 vgl. Neal, in: Neal/Forman 2004: 247 Cole/Guy-Sheftall 2003: 186 42 Winkler 2001 (online verfügbar unter: http://www.taz.de/1/archiv/archiv/?dig=2001/06/01/a0136) 43 Glowania/Heil, in: Karrer/Kerkhoff 1996: 102. Vgl. auch: Rose 1994: 149f. 44 vgl. Rose 1994: 169 41 15 selbstbestimmte Sexualität gar nicht bewusst sind. Wie fremd z.B. vielen Afroamerikanischen Frauen ihre eigene Sexualität – auf Grund jahrelanger Diskriminierung in Form von Sexismus und Rassismus – noch Anfang des 20. Jh. war, beschreibt die Autorin Alice Walker anschaulich in ihrem Roman ‚The colour purple’ (‚Die Farbe lila’). Für viele Afroamerkanerinnen ist daher auch heute noch Rassismus (und nicht Sexismus) das primäre ‚Übel’, das bekämpft werden muss.45 Dieser Umstand spiegelt sich auch innerhalb der Rapszene wider. Außer einigen Rapperinnen, welche die Repräsentationen von Frauen im HipHop kritisieren, spielen Gender und Sexismus hier – im Gegensatz zur akademischen Auseinandersetzung mit Gender im Rap – eine sekundäre Rolle.46 Vielmehr stehen der Widerstand und die Rebellion gegen Rassismus zur Debatte, die innerhalb der Rapszene als männliche Domäne und Teil der männlichen Identität betrachtet werden. Diese Konnotierung des Widerstands als 'männlich' verknüpft sich mit den beschriebenen konservativen Tendenzen und dem Versuch, auch aus der Marginalisierung heraus die heterosexuelle männliche Position zu stärken.47 Antirassismus und Sexismus (oder auch Homophobie) widersprechen sich somit nicht unbedingt: „[D]ie Geschlossenheit als Gruppe [führt] dazu, daß die Gender-Struktur nicht hinterfragt wird, um eine Fragmentierung der Interessen zu vermeiden.“48 In vielen Rap Kulturen wird dementsprechend ein relativ starres männliches Rapper-Bild konstruiert, das als Prototyp fungiert und dabei wenig Alternativen zulässt. Dies lässt sich vor allem im nationalistischen und islamistischen HipHop beobachten, der den Mann als Zentrum der Schwarzen ‚community’ begreift. Auch im Polit- und im Gangsta-Rap findet Konstruktion von Männlichkeit hauptsächlich über die Figur des so genannten ‚bad nigger’ statt – im Polit-Rap zusätzlich über die Figur des ‚teacher’ (Lehrer). Der Charakter eines ‚Rapper-Prototyps’ wird als „unbeugsam und stolz“49 oder auch als „cool, kollegial, relaxt, leistungsorientiert, diffus politisch, auf Authentizität bedacht, echt"50 beschrieben. Laut Grimm 45 vgl. hooks 1981: 1ff. vgl. Grimm 1998: 124 47 Ebd.: 37f. 48 Ebd.: 125 49 Kage 2002: 142 50 Klein/Friedrich 2003: 195 46 16 gibt es im HipHop, ähnlich wie für Rapperinnen, kaum Alternativen für die Konstruktion von Männlichkeit.51 Der folgende Abschnitt sucht nun nach Erklärungen für den stark ausgeprägten Sexismus an Frauen und für das ‚harte’ Männerbild im HipHop. Dabei wird sowohl auf die Positionen männlicher und weiblicher AfroamerikanerInnen innerhalb der amerikanischen Gesellschaft und der ‚black community’, als auch auf das Beziehungsverhältnis zwischen Schwarzen Männern und Frauen eingegangen. 3.1.2 Erklärungsversuche Völker und Menrath (2007) führen das Gender-Dilemma des HipHop auf die Afroamerikanische Geschichte zurück, die sich seit Beginn der Sklaverei mit den dualistischen Machtprinzipien der Unterdrückung und Befreiung auseinandersetzen musste. Diesen ‚ewigen’ Kreislauf haben unterdrückte Minderheiten wie z.B. Frauen und/oder Schwarze immer wieder versucht zu durchbrechen. Bereits im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert riefen Schwarze Frauen so genannte ‚Black Women’s Clubs’ ins Leben, um gegen die Stereotypisierung der Schwarzen Frau zu kämpfen, die sowohl von der Weißen Bevölkerung als auch von Schwarzen Männern praktiziert wurde. Auch Bluessängerinnen der 1920er Jahre nutzten ausdrucksstarke Songtexte, um gegen Stereotype Schwarzer Frauen vorzugehen. In den 1960er Jahren war es dann u.a. die Aktivistin Rosa Parks, die sich für die Gleichberechtigung von Schwarzen und Weißen in den USA einsetzte. Die 1970er Jahre brachten Bürgerrechtsbewegungen wie die ‚Black Panthers’ u.a. hervor, die für eine Schwarze Nation eintraten, und denen von Schwarzen Frauen oftmals vorgeworfen wurde, dass sie lediglich die Schwarze Maskulinität befreien wollten, anstatt für die Rechte aller Schwarzen Menschen zu kämpfen. Frauen wurde innerhalb dieser Bewegungen lediglich die Rolle der ‚Unterstützerin’ zugewiesen. Sie sollten ihre ‚pussy power’ einsetzen - „[a] women’s power to help the revolution by not having sex with men who were not revolutionary“.52 Und auch die feministischen 51 52 vgl. Grimm 1998: 128 Pough 2004: 229 (Anm. 46) 17 Bewegungen Weißer US-Amerikanerinnen, die sich für die Gleichberechtigung der Geschlechter einsetzten, übergingen die spezifischen Probleme Schwarzer Frauen. Hinzu kommt, dass Engagements Schwarzer Frauen in Bezug auf die Gender-Debatte von der ‚black community’ oftmals kritisch bewertet würden, da sie häufig als Verrat an Afroamerikanischen Männern verstanden würden und damit auch die Beziehungen zwischen Schwarzen Männern und Frauen beeinflussten, so Grimm.53 Hierin zeigt sich das doppelte Dilemma Schwarzer Frauen bzgl. des Bildens von Koalitionen: „Verbindet sie mehr mit Frauen oder mit Afroamerikanischen Männern? Stoßen sie eher an Schranken aufgrund ihrer strukturellen Benachteiligung als Frau oder aufgrund ihrer ethnischen Herkunft?“54 Laut Grimm führt dies dazu, dass sich Afroamerikanische Frauen in einer Situation befinden, die jenseits der Rassismus-Sexismus-Diskurse existiert. Die Feministin und Autorin Michelle Wallace (1992) schreibt hierzu: „Es gibt einfach keinen theoretischen Diskurs (...), keine Sprache, die den Standort von farbigen Frauen in der US-amerikanischen Gesellschaft analytisch beschreiben und reflektieren würde“.55 Ein weiterer Grund für Spannungen in Schwarzen Beziehungen liege in der ökonomischen Benachteiligung von Schwarzen begründet, so die Meinung des ehemaligen Redakteurs der HipHop-Musikzeitschrift ‚The Source’ Bakari Kitwana (2002).56 Hierin wird er von hooks (1981) bestätigt: Much of the violence against women in this culture is promoted by the capitalist patriarchy that encourages men to see themselves as privileged while daily stripping them of their humanity in de-humanizing work (…).57 Staples erläutert hierzu, dass der Schwarze Mann mittels Rassismus symbolisch kastriert würde. Dadurch, dass ihm die Möglichkeit genommen werde sich nach westlichen Vorstellungen von Männlichkeit zu verhalten (z.B. autoritär zu sein, die Familie zu versorgen und Eigentum zu besitzen), fühle dieser sich entmannt. Um sich seine Männlichkeit wieder zurückzuerobern, übernähme der Schwarze Mann nun die als männlich angesehenen Attribute, die ihm noch blieben (z.B. physische Stärke, sexuelle 53 vgl. Grimm 1998: 35 Ebd.: 35 55 Wallace, in: Diedrichsen 1993: 112 56 vgl. Kitwana 2002: 85ff. 57 hooks 1981: 105 54 18 Leistungsfähigkeit und Kontrolle) und verstärke sie umso mehr. So würde aus dem Schwarzen Mann das, was man in Amerika (und auch in Europa) als ‚Macho’ bezeichnet.58 Durch die Unterdrückung der Schwarzen Frau hole sich der Schwarze Mann sein verlorenes Herrschaftsgefühl zurück, was vor allem im HipHop glorifiziert würde, so Kitwana.59 Auch die Medien tragen hierzu wesentlich bei. So kann hooks nachvollziehen, dass junge Männer und Frauen in einer Kultur, in der Gewalt in den Medien dominiert, selbst gewaltvolles Verhalten glorifizieren.60 Die obigen Ausführungen zum Frauen- und Männerbild im HipHop zeigen einen deutlichen Zusammenhang zwischen Sex und Macht. So kann generell durch Diskriminierung von Minderheiten die eigene Vormachtstellung innerhalb einer hierarchischen Gesellschaft gesichert werden. Gleichzeitig können sich aber auch jene diskriminierten Minderheiten wiederum innerhalb der „komplexen gesellschaftlichen Hierarchie kleine Nischen suchen und ähnliche Machtprozesse reproduzieren (...).“61 Frauen und/oder homosexuelle Schwarze bedeuten dabei eine Bedrohung dieser sozialen Nische. Genau hierin zeigt sich, laut Kage, der Sexismus im HipHop als Machtmittel, mit dessen Hilfe ein Teil der Konkurrenz um die eigene Nische ‚ausgeschaltet’ oder zurückgedrängt werden kann.62 Der tendenziell aggressive Ton und rebellisches Verhalten innerhalb der HipHop-Kultur resultieren also einerseits aus dem Versuch heraus sich aus seiner eigenen unterdrückten Position innerhalb der Weißen Amerikanischen Kultur herauszukämpfen und andererseits die Vormachtstellung innerhalb der ‚black community’ und auch innerhalb der HipHop-Kultur zu erhalten. Auch die „abwertende Haltung Frauen gegenüber lässt sich letztlich als Ausdruck von Angst vor Machtverlust begreifen, die gleichzeitig mit sexuellen Wunschvorstellungen gekoppelt ist.“63 HipHop kann also nicht losgelöst von der Gesellschaft betrachtet werden, aus der er entstand. Trotz aller Kritik am HipHop sieht die HipHop-Feministin Joan Morgan gerade in diesem Musikgenre auch eine gute Möglichkeit für Schwarze Frauen sich auszudrücken, „denn mit HopHop lasse sich einerseits kollektiver Schmerz 58 vgl. Staples 1982: 138-140 vgl. Kitwana 2002: 85ff. 60 vgl. hooks 1981: 104 61 Kage 2002: 143 62 vgl. ebd.: 143 63 Leibnitz, in: Bock et.al. 2007: 160 59 19 darstellen und bearbeiten und andererseits sehr leicht Aufmerksamkeit erzeugen.“64 Da neben dem Sexismus auch die Homophobie im HipHop stark ausgeprägt ist und zwischen beiden Formen der Diskriminierung Zusammenhänge erkennbar sind, ist der folgende Abschnitt dem so genannten ‚Queer HipHop’ gewidmet. Darüber hinaus liefert dieses Unterkapitel die theoretische Grundlage für die Portraitierung der lesbischen HipHop-Gruppe Yo! Majesty in Kapitel 5.3. 3.1.3 Queer-HipHop Während früher überwiegend der Begriff ‚Homohop’ für die schwule HipHopSzene gebraucht wurde, bedient man sich heutzutage eher der Bezeichnung ‚Queer-HipHop’, „weil sie alle alternativen Gender-Identitäten einschließt und sich nicht auf die Kategorien schwul oder lesbisch begrenzt.“65 So sind in diesem Ausdruck beispielsweise auch Transgender-MCs wie Katastrophe miteingeschlossen.66 Ähnlich wie Sexismus gegenüber Frauen ist auch Homophobie im HipHop sehr stark verbreitet. Laut Musikerin Mel Merio zählt HipHop, neben Reggea, zu einer der homophobsten Musikrichtungen.67 Trotz dieser Widerstände begann sich vor ca. zehn Jahren ‚Gay HipHop’ an der Westküste der USA zu entwickeln, wobei einer der Vorreiter der schwule Rapper Deadlee war. Wenngleich der ebenfalls homosexuelle Rapper Shorty Rock im Interview mit Mel Merio (2009) meint, dass mittlerweile viel mehr Akzeptanz des HipHop gegenüber der Gay-Szene spürbar sei als noch vor ein paar Jahren68, müssen sich schwule HipHopper immer noch in zahlreichen Raptexten beleidigen lassen. Der Rapper Trick Trick ruft in seinem Album ‚The Villain’ (2008) sogar zum Mord gegen Schwule auf. 64 zit. in: Völker/Menrath, in: Schischmanjan/Wünsch 2007: 25 Stüttgen, in: Schischmanjan/Wünsch 2007: 138 66 Das Wort ‚transgender’ bezeichnet einerseits Menschen, die sich mit der Geschlechterrolle, die ihnen üblicherweise bei der Geburt anhand der äußeren Geschlechtsmerkmale zugewiesen wurde, nur unzureichend oder gar nicht beschrieben fühlen. Andererseits dient der Begriff als Selbstbezeichnung für Menschen, die sich mit ihren primären und sekundären Geschlechtsmerkmalen nicht oder nicht vollständig identifizieren können. 67 vgl. Merio 2009 (online verfügbar unter http://www.outhiphop.net/gayhiphop.pdf) 68 vgl. Merio 2009 (online verfügbar unter http://www.outhiphop.net/gayhiphop.pdf) 65 20 Viel Aufsehen erregte der Britische (Schwarze) Psychologe Delroy Constantine-Simms mit seinem Buch ‚The greatest Taboo. Homosexuality in Black Communities’ (2001), in dem er u.a. behauptet, dass HipHop schwule Wurzeln und das „Outfit vieler Hip-Hop- und Reggae-Stars seinen Ursprung in der Mode von Schwulenklubs und im Habitus homosexueller Gefangener [habe]“.69 Der Amerikanische Musikjournalist Touré (2001) bestätigt in seinem Beitrag zu diesem Buch: „hip hop is a very public celebration of intense black male-to-black male love“.70 Obwohl Sexismus und Homophobie auf den ersten Blick zwei völlig verschiedene Formen der Diskriminierung zu sein scheinen, sind sie sehr stark miteinander verbunden insofern, dass schwule Männer im HipHop oftmals als ‚unmännlich’ bzw. ‚zu weiblich’ beschimpft werden. Dies wiederum impliziert, dass ‚weiblich sein’ weniger wert ist als ‚männlich sein’ und somit Homophobie als eine Form der Diskriminierung betrachtet werden kann, die Sexismus an Frauen (und an Männern) beinhaltet. Dieser Umstand wird zum Beispiel an der Verwendung des Schimpfwortes ‚bitch niggers’ deutlich. „[T]his double-edged insult not only disrespects women, but also supports a stereotypical view of masculinity.”71 Möglicherweise ist dies auch ein Grund dafür, dass lesbischen Frauen im HipHop weitaus toleranter begegnet wird als schwulen Männern. Da Frauen im HipHop sowieso schon eine untergeordnete Rolle inne haben, stört sich kaum jemand daran, wenn sie zudem lesbisch sind. “White and Black gay women did not pose the same threat as gay men. They were women, and that meant that they were fair game to be demeaned and marginalized by many men.”72 Teilweise wird es sogar gerne gesehen, wenn sich lesbische Frauen auf der Bühne die T-Shirts vom Leib reißen und ihre nackten Brüste zur Schau stellen als Symbol für eine selbstbewusste Weiblichkeit. Durch die eigene Heterosexualität legitimiert können sich Männer so ungehemmt nackte Brüste anschauen ohne als Voyeure zu gelten.73 Oder wie 69 Künzler 2001 (auch online verfügbar unter: http://www.nzz.ch/2001/06/28/fe/article7G4T5.html) 70 Touré, in: Constantine-Simms 2001: 316 71 Independent Lens 2010 (online verfügbar unter: http://www.pbs.org/independentlens/hiphop/Gender.htm) 72 Hutchinson, in: Constantine-Simms 2001: 3 73 vgl. Strube, in: Bock et.al. 2007: 152 21 Kiessling/Stastny (2006) es formulieren: „Es ist cool, wenn zwei Mädchen sich küssen!“74 Darüber hinaus sei an dieser Stelle erwähnt, dass Schwarze Homosexualität innerhalb der Emanzipation, ähnlich der Feminismus-Debatte, eine besondere Stellung einnimmt. Die ‚lesbische Identität’ repräsentiere in erster Linie Weiße Frauen und schließe Schwarze Frauen aus. Schwarze Frauen müssten zum einen gegen die patriarchale Kultur und zum anderen gegen Rassismus und Homophobie im Allgemeinen ankämpfen, so Omosupe (1991).75 3.2 Zusammenfassung An dieser Stelle sollen die wichtigsten Punkte des letzten Kapitels stichpunktartig festgehalten werden: • HipHop ist ein Musikgenre, in dem Sexismus an Frauen sowie Homophobie sehr vordergründig und auf verschiedenen Ebenen präsentiert werden. Ob HipHop allerdings tatsächlich sexistischer und homophober ist als andere Popmusikkulturen, oder ob Formen der Diskriminierung lediglich offener und direkter geäußert werden, konnte nicht eindeutig beantwortet werden. • Das Frauenbild im HipHop orientiert sich an traditionellen christlichen Stereotypen der Frau als Heilige und/oder Hure. • Auch das Männerbild im HipHop orientiert sich an konservativen Wertvorstellungen wie körperliche Stärke, ‚Coolness’, Stolz und Heterosexualität. • Die Aspekte Gender und Sexismus spielen – im Gegensatz zu Rassismus – innerhalb der HipHop-Kultur nur eine sekundäre Rolle. • Afroamerikanische Frauen müssen sowohl gegen Rassismus als auch gegen Sexismus kämpfen. Es existieren allerdings kaum Plattformen, auf denen sie sich ungehemmt gegen beides zur Wehr setzen können. 74 75 Kiessling/Stastny, in: Reitsamer 2006: 39 vgl. Omosupe 1991: 105 22 • Der tendenzielle Hang der HipHop-Kultur zu Aggressivität, Sexismus und Homophobie kann auf folgende Gründe zurückgeführt werden: 1. Die jahrlange Unterdrückungspraxis der US-Amerikanischen Gesellschaft führte zu einer Art ‚Gewaltspirale’, die sich u.a. in der HipHop-Kultur in Form von Sexismus und Homophobie fortsetze. 2. Die ärmlichen und sozial-ökonomischen katastrophalen Umstände, unter denen die HipHop-Kultur entstand, lieferten die Grundlage für einen Musikstil, der u.a. als Mittel zum Ausdruck von Wut, Frust und Hass diente. 3. Vor allem der provokative, gewaltverherrlichende und sexistische HipHop übt insbesondere auf Jugendliche eine starke Anziehungskraft aus und wird von den Medien werbekräftig vermarktet und damit verbreitet und verfestigt. 23 4. Her-Story: Ein Stück Geschichte Afroamerikanischer Weiblichkeit "Either it's the Fat Mama on the Couch syndrome or the Sassy Sister on the Corner syndrome. Where is that woman in the middle who is your doctor, your lawyer, your friend?"76 Die vorangegangenen Ausführungen konzentrierten sich auf die Beschreibung und Erörterung von Grundbegriffen und -aspekten der HipHopKultur und haben die Problematik des Sexismus an Frauen und der Homophobie im HipHop dargelegt. Das folgende Kapitel erörtert nun die verschiedenen Stereotype Afroamerikanischer Frauen, wobei vor allem rassistische und sexistische Inhalte dieser Stereotype, sowie ihre Einflussnahme auf die Fremd- und Selbstwahrnehmung Afroamerikanischer Frauen im Mittelpunkt stehen. Hierzu wird zunächst der Begriff ‚Stereotyp’ definiert und der Vorgang der Stereotypisierung erläutert. Im Anschluss daran folgt eine Darlegung der bekanntesten und am weitesten verbreiteten Stereotype Afroamerikanischer Frauen und ihre Einbettung in den Amerikanischen sozial-ökonomischen Kontext.77 Dabei bilden vier Hauptstereotype den Fokus dieses Kapitels: 1. ‚Mammy’ (‚Fictional Mammy’, ‚Real Mammy’ und ‚Commercial Mammy’) sowie ‚Aunt Jemima’ als wohl berühmteste Mammy-Figur. 2. ‚Jezebel’ oder ‚The bad black girl’ 3. ‚Sapphire’ oder ‚The angry black woman’ (ABW) 4. ‚Tragic Mulatto’ 76 Die Schauspielerin Sheryl Lee Ralph zitiert in: Horowitz 1991 (online verfügbar unter: http://www.nytimes.com/1991/05/29/movies/black-actresses-are-still-waiting-for-starroles.html?pagewanted=2) 77 Die meisten dieser Ausführungen beziehen sich auf Artikel von David Pilgrim, Leiter des Jim Crow-Museums in Michigan und promovierter Soziologe (siehe auch: http://www.ferris.edu/htmls/news/jimcrow/menu.htm). 24 Darüber hinaus werden in Kapitel 4.2.5 drei weitere Stereotype skizziert und beschrieben: Strong black woman, Matriarchy Myth und Welfare Queen. Wenngleich sich diese ‚Nebenstereotype’ alle mehr oder weniger den oben genannten Hauptstereotypen zuordnen lassen, halte ich eine Erwähnung dieser Images für sinnvoll, da sie im alltäglichen US-Amerikanischen Sprachgebrauch Verwendung finden und die Bandbreite Afroamerikanischer Stereotype darlegen. 4.1 Stereotype und ihre Entstehung78 Richard Dyer zufolge geht einer Stereotypisierung immer zuerst eine Typisierung der Welt voraus, die notwendig ist, um sich in ihr zurechtfinden zu können. „Wir verstehen die Welt, indem wir individuelle Gegenstände, Menschen oder Ereignisse in unseren Köpfen auf allgemeine Klassifikationsschemata beziehen, in die sie – unserer Kultur entsprechend – hineinpassen.“79 Dabei wird einer bestimmten Kombination von Eigenschaften eine bestimmte Bedeutung gegeben (z.B. flacher Gegenstand, vier Beine, stellt man Dinge drauf [Eigenschaften] = Tisch [Bedeutung]). Mit der Methode des ‚Typisierens’ lässt sich also ‚das Besondere’ vom ‚Typus’ unterscheiden, was entscheidend für die Produktion von Bedeutung ist.80 Auch bei Personen greift die Methode der Typisierung, indem wir sie nach einfachen, anschaulichen und leicht zu erfassenden Kriterien wie Ethnie, Klasse, Geschlecht usw. bewerten und anschließend bestimmten Rollen oder Gruppen zuordnen. Beim Vorgang der Stereotypisierung wird nun eine Person auf ebendiese einfachen Eigenschaften reduziert. Gleichzeitig werden diese Eigenschaften übertrieben und festgeschrieben. Des Weiteren 78 Im Verlauf der folgenden Ausführungen werde ich zudem die Begriffe ‚Mythos’, ‚Image’ und ‚Karikatur’ im Zusammenhang mit Darstellungen Afroamerikanischer Frauen verwenden. Während das ‚Image’ in diesem Zusammenhang als „a mental picture [gedankliche Vorstellung] of something not real or present” (Free Online Dictionary, online verfügbar unter: http://www.thefreedictionary. com/image) verwendet wird, bezeichnet der Ausdruck ‚Mythos’ eine Erzählung, „die Anspruch auf Geltung erhebt (...). Je nach Standpunkt ist diese Geltung berechtigt (auf Tradition oder Konsens gestützt) oder unberechtigt (als Gerücht oder Lügengeschichte)“ (Wikipedia. Online verfügbar unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Mythos). Die ‚Karikatur’ hingegen kann als Mittel der Stereotypisierung bezeichnet werden. Dabei werden besonders distinkte und offensichtliche Eigenschaften hervorgehoben und z.T. falsch verallgemeinert. Bezeichnend ist der komödiantische oder humoristische Aspekt dieser Darstellungen (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Karikatur). 79 Hall 2004: 143 80 vgl. ebd.: 143 25 werden Gegenstände und Personen mit Hilfe eines dualistischen Systems gespalten, welches das ‚Normale’ vom ‚Anormalen’, das ‚Akzeptable’ vom ‚Unakzeptablen’ trennt, um Letzteres auszuschließen und zu verbannen. Das ‚Normale’ orientiert sich dabei stets an dem, was in einer Kultur als ‚normal’ akzeptiert ist. Da Stereotype der Aufrechterhaltung dieser Grenzen zwischen ‚normal’ und ‚anormal’ und damit auch der Aufrechterhaltung der sozialen und symbolischen Ordnung dienen, sind sie „typischerweise festgeschrieben, eindeutig, unveränderbar.“81 Stereotypisierung tritt vor allem immer da auf, wo große Ungleichheiten in der Machtverteilung existieren, was sich z.B. auf der Ebene des ‚Ethnozentrismus’82 äußert. Ziel dieser Form der Stereotypisierung ist es, „die ganze Gesellschaft nach der eigenen Weltsicht, dem eigenen Wertesystem, dem eigenen Empfinden und der eigenen Ideologie zu formen (...) und in dem Maße, in dem sie damit Erfolg haben, etablieren sie ihre Hegemonie.“83 Gelernt werden Stereotype als Ausdruck der öffentlichen Meinung (z.B. durch Medien) sowie durch die Erziehung der Familie und/oder des Milieus. Ein prominentes Beispiel für ein Medium, über das Afroamerikanische Stereotype in ganz Amerika bekannt wurden, stellen die ‚Minstrel-Shows’ der so genannten ‚Jim-Crow-Ära’ dar. Diese Entertainment-Shows können als Vorgänger der modernen Medien (Film, Fernsehen und Kino) bezeichnet werden und nahmen starken Einfluss auf die Rezeption und den Habitus ihrer Konsumenten in Bezug auf die Afroamerikanische Kultur.84 81 Dyer, zit. in: Hall 2004: 144 ‚Ethnozentrismus’ meint „die Anwendung von Normen der eigenen Kultur auf die der Anderen.“ (Brown, zit. in: Hall 2004: 145) 83 Dyer, zit. in: Hall 2004: 145 84 Mit dem Begriff ‚Jim Crow’ werden heutzutage in den USA jene Gesetze bezeichnet, die von 1877 bis Mitte der 1960er Jahre die ‚Rassentrennung’ vorschrieben und mit deren Hilfe Rassismus rechtlich legitimiert werden konnte. Ursprünglich aber ist Jim Crow eine Schwarze Theaterfigur, die 1828 vom Weißen Schauspieler Thomas Dartmouth ‚Daddy’ Rice erfunden und in so genannten ‚Minstrel Schows’ gespielt wurde. Diese Shows dienten vor allem der komödiantischen Unterhaltung der Weißen Bevölkerung, die oftmals keine Afroamerikaner aus ihrem Alltag kannte, und präsentierten Schwarze als fröhliche, singende und naive Sklaven. Mit schwarz angemaltem Gesicht machte Rice seine Jim-Crow-Figur in den ganzen USA, später sogar auch in Teilen Großbritanniens (London, Dublin) bekannt (vgl. Pilgrim 2005d und 2009b: online verfügbar unter: http://www.ferris.edu/jimcrow/who.htm und http://www.ferris.edu/htmls/news/jimcrow/what.htm). 82 26 4.2 Mythen, Stereotype und Images der Afroamerikanischen Frau 4.2.1 Mammy/Aunt Jemima Die Darstellung der Mammy ist das Image, das in ganz Amerika am weitesten verbreitet ist und sich am hartnäckigsten gehalten hat. Besonders populär war es Anfang des 19. bis Mitte des 20. Jh. Wenngleich diese Darstellung ursprünglich im Süden der USA während der Sklaverei entstand, verbreitete sie sich schon bald in allen Regionen Amerikas. Die Darstellung der Mammy ist so tief in der amerikanischen Kultur verwurzelt, dass sie in nahezu jeder Form von Printmedien und visuellen Medien zu finden ist. Das Mammy-Image lässt sich nach Pilgrim (2005) in drei Darstellungen aufgliedern: die so genannte Fictional Mammy, Real Mammy und Commercial Mammy.85 Fictional Mammy Grundlage des Mammy-Images bildet ihre Tätigkeit als Haus- und Kinderfrau. Damit entspricht die Mammy der damals vorherrschenden Geschlechterrolle der Mutter und Hausfrau. Von der Mammy wurde erwartet, dass sie sich gleichzeitig um zwei Familien kümmert: Die des Sklavenbesitzers und ihre eigene, wobei die Familie des Sklavenbesitzers Vorrang hatte. Bezahlt wurde sie dafür nur geringfügig, wenn sie denn überhaupt entlohnt wurde. Schließlich ging man davon aus, dass eine Mammy es als ihre Berufung ansah, der Weißen Familie zu dienen. In der Amerikanischen Ideologie war sie eine fleißige Arbeiterin, die keine Schwarzen Freunde hatte und so ganz allein für die Weiße Familie da sein konnte. Mammies wurden stets zufrieden, ja sogar glücklich dargestellt und sollten so beweisen, dass die Sklaverei nicht unmenschlich sein konnte. Meist wurde die Mammy in farblosen Baumwollkleidern mit Schürze portraitiert, die ihre Unterwürfigkeit gegenüber ihrem Sklavenhalter andeutete.86 Auf Abbildungen trägt sie fast immer ein Kopftuch, das aus einem 85 86 vgl. Pilgrim 2005b (http://www.ferris.edu/JIMCROW/mammies/) vgl. Jewell 1993: 39 27 großen Taschentuch gebunden wird und ihr krauses Haar verdeckt. Mit ihrer körperlichen Statur repräsentierte dieses Image das Gegenteil vom gängigen Amerikanischen Schönheitsideal: Eine Mammy war fettleibig, sehr dunkelhäutig (was sie ganz unten in der sozialen Hierarchie anordnet), hatte große Brüste und ein stark ausgeprägtes Gesäß. Obwohl alle Amerikanischen Darstellungen von Weiblichkeit Brust und Po betonen, galten die extrem ausladenden Körperteile der Mammy nicht mehr als attraktiv, sondern als mütterlich und fürsorglich.87 Offensichtlich wurden Attraktivität und Mütterlichkeit als zwei miteinander unvereinbare Attribute angesehen. Entweder war eine Frau attraktiv oder sie entsprach dem Image der Mutter. Ebenfalls unvereinbar mit dem Attribut der Mütterlichkeit und der Unattraktivität war die gleichzeitige Existenz einer Sexualität, denn obwohl Mammies meistens selber Kinder hatten, galten sie als asexuell. Ein weiteres Charakteristikum der Mammy waren ihre weißen Zähne, die stets hervorgeoben wurden. Das Zeigen der Zähne beim Lächeln symbolisierte jene Zufriedenheit, die Sklavenhalter von einer Mammy erwarteten. Der Ausdruck von Zufriedenheit im Gesicht der Sklaven erlaubte es den Sklavenhaltern nach außen hin unschuldig, ja sogar wohlwollend gegenüber ihren Sklavinnen zu erscheinen und damit ihre Unterdrückungsmethoden fortzuführen. Gleichzeitig beinhaltete ein überproportionales Grinsen auch immer eine gewisse Komik: „[It] implies a pathetic individual with limited intelligence whose sole purpose for existence is to serve and entertain others.“88 Vor allem während der ersten Hälfte des 19. Jh. war die Darstellung der Mammy von zentraler Bedeutung für die Unterhaltungsindustrie. Eine der berühmtesten Darstellungen einer Fictional Mammy ist wohl Aunt Chloe, die Mammy im Roman ‚Uncle Tom’s Cabin’ von Harriet Beecher Stowe (1852). Attribute dieser Fictional Mammy waren vor allem „self-sacrificing, whiteidentified, fat, asexual, good-humored, a loyal cook, housekeeper and quasifamily member.”89 Auch die Filmindustrie wartete mit einer Menge Filme auf, in denen die Mammy als hoffnungslos naiv (z.B. ‚She Done Him Wrong’ aus dem Jahre 1933), zurückhaltend (z.B. ‚The Gold West’ aus dem Jahre 1932) und loyal (z.B. ‚Made for Each Other’ aus dem Jahre 1939) dargestellt wurde. 87 vgl. ebd.: 39f. Ebd.: 42 89 Pilgrim 2005b (online verfügbar unter: http://www.ferris.edu/JIMCROW/mammies/) 88 28 Später traten Mammies in Filmen auch kess und anzüglich (z.B. ‚The Mad Miss Manton’ aus dem Jahre 1938) sowie aufbrausend und frech (z.B. ‚Judge Priest’ aus dem Jahre 1934) auf und wurden auch als ‚Sassy Mammy’ bezeichnet. Das Dulden dieser Charaktereigenschaften sollte der Amerikanischen Gesellschaft den Eindruck vermitteln, dass Schwarze Frauen in Weißen Familien nicht unterdrückt würden und folglich die Sklaverei nicht sonderlich gewaltsam sein könne.90 Eine der berühmtesten Mammy-Darstellerinnen war die Schauspielerin Hattie McDaniel. Oftmals wurde sie von anderen AfroamerikanerInnen dafür kritisiert, dass sie mit ihren Filmrollen dieses diskriminierende Stereotyp noch verfestige. McDaniels Antwort auf solche Kritiken lautete stets: Why should I complain about making seven thousand dollars a week playing a maid? If I didn't, I'd be making seven dollars a week actually being one.91 Real Mammy Die oben beschriebene Vorstellung einer Mammy ist allerdings eher ein Mythos. Patricia Turner, Professorin für Afroamerikanische, Afrikanische und Amerikanische Studien, argumentiert, dass während der Vorkriegszeit (auch ‚antebellum years’, 1815 – 1860) gerade mal 25% der Weißen SüdstaatenAmerikaner überhaupt Sklaven hielten92. Erst nach Ende der Sklaverei arbeiteten, laut der Historikerin Catherine Clinton, Afroamerikanerinnen vermehrt für Weiße Familien.93 Die meisten dieser Sklaven und Sklavinnen wurden allerdings auf den Feldern eingesetzt, da es sich nur wenige Weiße Familien leisten konnten eine Sklavin für den Haushalt in Anspruch zu nehmen. Turner erklärt weiterhin, dass Sklavinnen und Sklaven generell sehr wenig zu essen bekamen und es daher sehr unwahrscheinlich ist, dass Sklavinnen übergewichtig waren. Darüber hinaus wurden hellhäutigere Sklavinnen für den Haushalt bevorzugt, und nicht sehr dunkelhäutige, ältere, wie es das fiktionale Mammy-Image beschreibt. Da weniger als 10% der 90 vgl. Pilgrim 2009a (online verfügbar unter: http://www.ferris.edu/htmls/news/jimcrow/sapphire/) 91 zit. in: Bogle 2001: 82 92 vgl. Turner 2002: 44 93 vgl. Clinton 1984: 201f. 29 Schwarzen Frauen im 19. Jahrhundert älter als 50 Jahre wurden, waren die meisten Sklavinnen sehr jung und nicht mittleren Alters.94 Die eklatanten Unterschiede zwischen Real Mammy und Fictional Mammy liegen in den sexuellen Verhältnissen zwischen Schwarzen und Weißen begründet. Ein Aspekt der Brutalität der Sklaverei war die sexuelle Misshandlung von vorzugsweise hellhäutigeren Sklavinnen, die dem Amerikanischen Schönheitsideal näher kommen als dunkelhäutigere. Die Erfindung einer Figur, die genau dem Gegenteil dieses Schönheitsideals entsprach, also übergewichtig, sehr dunkelhäutig und eher älteren Jahrgangs, entsexualisierte die Real Mammy. Folglich wurde argumentiert, dass kein ‚vernünftiger’ Weißer Mann Mammies sexuell anziehend finden könne. Da sexuelle Verhältnisse zwischen Weißen und Schwarzen absolut tabu waren – egal ob auf gegenseitiger Zustimmung oder auf Vergewaltigungen beruhend – war es mit Hilfe dieser Argumentationskette möglich Sklavinnen sexuell zu missbrauchen und diese Misshandlungen nach außen hin zu verleugnen, ja sogar die Sklavinnen selbst dafür verantwortlich zu machen95. Die Soziologin K. Sue Jewell (1993) unterstützt diese Annahme, wenn sie sagt: Therefore, when slave owners were sexually involved with female slaves, the implication was that it was the result of the sexual advances of the female slave and not the slave owner.96 Neben der sexuellen Diffamierung wurde das Stereotyp der Mammy auch ein Instrument ökonomischer Diskriminierung. Die Darstellung der Fictional Mammy beinhaltete, dass Schwarze Frauen nur für Hausarbeit zu gebrauchen seien, da sie angeblich schlechtes Englisch sprachen und auch sonst als nicht besonders intelligent oder gebildet galten. Zwischen 1860 und 1950 bekamen Schwarze Frauen daher ausschließlich Jobs als Haus-, Kinderfrauen, Köchinnen, Dienerinnen oder Waschfrauen. Obwohl sich ihre Berufsmöglichkeiten während des Civil Rights Movement97 verbesserten, 94 vgl. Turner 2002: 44 vgl. Pilgrim 2005b (online verfügbar unter: http://www.ferris.edu/JIMCROW/mammies/) 96 Jewell 1993: 40 97 Das ‚Civil Rights Movement’ war die US-amerikanische Bürgerrechtsbewegung der Afroamerikaner der späten 1950er und 1960er Jahre, die gegen die festgeschriebene Diskriminierung der Schwarzen Bevölkerung kämpfte und durch ihren populären Protagonisten Martin Luther King jr. weltweite Aufmerksamkeit und Bedeutung erlangte. 95 30 arbeiteten in den 1980er Jahren immer noch mehr als die Hälfte aller Afroamerikanerinnen als Hausdame.98 Commercial Mammy Während der Jim Crow-Ära 1876 – 1965 wurde die Mammy auch durch die wachsende Werbeindustrie populär. Vor allem wurde sie auf Verpackungen von Haushaltsprodukten wie Müsli, Reinigungsmittel, Aschenbecher, Nähzeug und Getränkedosen abgebildet. Bereits im Jahre 1875 entstand das erste Mammy-Werbeimage, Aunt Sally, das auf Backpulverdosen gedruckt wurde. Später tauchten noch weitere Mammy-Images auf, wie z.B. auf Kaffeund Reinigungsprodukten der Firma Luzianne, dem Reinigungsmittel Fun to Wash und dem sogenannten Aunt Dinah-Sirup. Das Mammy-Image stand für Qualität, Zuverlässigkeit und Bekömmlichkeit der Produkte.99 Das erfolgreichste Commercial-Mammy-Image aber war (und ist) Aunt Jemima. Im Jahre 1889 entwickelten der Zeitungsherausgeber Charles Rutt und der Müller Charles G. Underwood ein Mehl mit Backpulverzusatz für Pfannkuchen und nannten es ‚Aunt Jemima’s recipe’. Später verkauften Rutt und Underwood ihr Pfannkuchen-Rezept und die Marketingfigur Aunt Jemima an die R.T. Davis Mill Company. Diese Firma machte das Mehlprodukt und Aunt Jemima mit Hilfe einer effektiven Marketingstrategie sehr berühmt. Zu dieser Strategie gehörte auch eine Person aus Fleisch und Blut, das Model Nancy Green, die das Image der Aunt Jemima verkörperte. Der eigentliche Durchbruch mit Aunt Jemima gelang der Mill Company im Jahre 1893, als sie all ihr Vermögen in die World’s Exposition-Ausstellung in Chicago steckten. Nancy Green, die 1834 selbst als Sklavin in Kentucky geboren wurde, war auf dieser Ausstellung als Aunt Jemima verkleidet, verkaufte singender Weise Pfannkuchen und erzählte Geschichten über den Old South100 – „stories which presented the South as a happy place for blacks and whites, alike.“101 Der Verkauf der Pfannkuchen von Nancy Green auf dieser Ausstellung wurde ein großer Erfolg und machte Aunt Jemima zu 98 vgl. Pilgrim 2005b: (online verfügbar unter: http://www.ferris.edu/JIMCROW/mammies/) vgl. ebd. 100 der Begriff Old South meint den Süden Amerikas vor dem Bürgerkrieg (1861-1865) und umfasst die Staaten Virginia, Delaware, Maryland, Georgia, North Carolina, and South Carolina 101 Pilgrim 2005b (online verfügbar unter: http://www.ferris.edu/JIMCROW/mammies/) 99 31 einer nationalen Berühmtheit. Zu Beginn des 20. Jh. waren Aunt Jemima und Philip Danforth Armour, ein Amerikanischer Geschäftsmann und Pionier von Tiefkühlkost and Fleisch-Konserven (Armour & Company), die zwei kommerziellen Symbole, denen Amerikanische Hausfrauen am meisten vertrauten.102 Die Autorin Patricia A. Turner begründet den Erfolg Aunt Jemima’s damit, dass dieses Image die Sehnsucht der Amerikanischen Öffentlichkeit nach einem harmonischen Verhältnis zwischen Schwarzen Frauen und Weißen Familien befriedigte. Sie schreibt: Entrusted with the most important meal of the day, Aunt Jemima allowed the consumer to construct a nurturing cenario in which gracious black women committed themselves to the care and feeding of white families. (...). In her homespun calico garb with a turban around her head, Aunt Jemima comforted the public (…). Aunt Jemima's was the kind of face people wanted to remember.103 In den letzten Jahren hat sich das Image dieser Werbefigur verändert: Aunt Jemima wird mit einer helleren Hautfarbe und einer etwas niedrigeren Körpergröße dargestellt, die der natürlichen Größe einer Schwarzen Frau näher kommt. Das Kopftuch wurde durch ein Haarband ersetzt und ihr breites, Zähne zeigendes Grinsen wurde durch ein Lächeln ersetzt.104 4.2.2 Jezebel/ The bad-black-girl Im Alten Testament war Jezebel eine Prostituierte, eine freizügige Frau, welche die Verbannung Elijahs veranlasste. Diese Image wurde auch auf Schwarze Frauen übertragen.105 Eine Jezebel, oder The Bad-Black-Girl, gilt demnach als verführerisch, charmant, weltgewandt, betörend, einladend und anzüglich und beschreibt damit die Antithese zum asexuellen MammyStereotyp.106 Die Vorstellung, dass Afroamerikanerinnen lüstern seien, hat ihren Ursprung noch vor der Sklaverei. Als Europäer Anfang des 17. Jh. nur leicht bekleidete 102 vgl. Pilgrim 2005b (online verfügbar unter: http://www.ferris.edu/JIMCROW/mammies/) Turner 2002: 50 104 vgl. Jewell 1993: 48 105 Capoccia 2000 (online verfügbar unter: http://www.biblebb.com/files/KSS/kssjezebel.htm) 106 vgl. Pilgrim 2005a (online verfügbar unter: http://www.ferris.edu/htmls/news/jimcrow/jezebel/) 103 32 Frauen in Afrika vorfanden, fehlinterpretierten sie diese Nacktheit als Lüsternheit. Auf Grund der dort vorherrschenden Polygamie und der Stammestänze fühlten sie sich in dieser Annahme bestätigt. Das Stereotyp der Jezebel wurde während der Sklaverei vor allem als Erklärung für Beziehungen zwischen Weißen Männern und Schwarzen Frauen benutzt. Es wurde angenommen, dass der Sexhunger der Jezebel so groß war, dass er nicht allein von Schwarzen Männern befriedigt werden konnte und daraus der Wunsch nach sexuellen Beziehungen mit Weißen Männern erwuchs. Die Folge waren zahlreiche Vergewaltigungen der Sklavinnen, die rechtlich gesehen gar nicht existierten. Denn da Sklavinnen Besitztum des Sklavenhalters waren, konnte dieser folglich frei über sie verfügen.107 Eine Sklavin, die sich ihrem Halter verweigerte, riskierte verkauft und/oder geschlagen zu werden. Oftmals wurde ihr auch mit dem Verkauf ihres Mannes oder ihrer Kinder gedroht. Folglich wehrten sich Sklavinnen oft nicht gegen Übergriffe, sondern ließen Vergewaltigungen zur eigenen Sicherheit und zum Schutze ihrer Familie über sich ergehen, was wiederum dazu führte, dass sich Sklavenhalter in ihrem Glauben Schwarze Frauen seien lüstern und ‚leicht zu haben’ bestätigt fühlten.108 Die Vorstellung der ‚lüsternen Schwarzen Frau’ wurde auch durch andere Vorgänge der institutionalisierten Sklaverei untermauert. Sklavinnen, die zum Verkauf angeboten wurden, wurden nackt ausgezogen und körperlich genau untersucht, um, so die allgemeine Behauptung, ihre Gesundheit und ihre Gebärfähigkeit zu untersuchen. In Wirklichkeit hatte das Entkleiden und Anfassen von Sklavinnen sexuell ausnutzende, manchmal sogar sadistische Funktionen.109 Darüber hinaus fühlten sich Sklavenhalter auch von der spärlichen Bekleidung der Sklavinnen sexuell gereizt. Nacktheit war im prüden Amerika des 18. und 19. Jh. gleichbedeutend mit einem Mangel an Zivilisation, Moral und sexueller Zurückhaltung. Folglich wurden verhüllte Weiße Frauen für zivilisiert, zurückhaltend und sexuell rein gehalten, während die meist nur spärlich bekleideten Schwarzen Frauen als unzivilisiert, unbescheiden und 107 Im Gegensatz dazu wurden Schwarze Männer, die im Verdacht standen Weiße Frauen vergewaltigt zu haben, für gewöhnlich kastriert, gehängt, oder beides (vgl. Pilgrim 2005a: online verfügbar unter: http://www.ferris.edu/htmls/news/jimcrow/jezebel/). 108 vgl. ebd. 109 vgl. ebd. 33 ‚sexuell abnormal’ betrachtet wurden.110 Der Umstand, dass Sklavinnen nur wenig bekleidet waren, weil sie erstens nicht viel Kleidung besaßen und zweitens lange Kleider sehr unpraktisch für die Feld- und Plantagenarbeit waren, wurde in der ‚Lüsternheits-Diskussion’ schlicht ignoriert. Des Weiteren wurden Sklavinnen als ‚Brutmaschinen’ missbraucht. Um die Gebärfreudigkeit der Sklavinnen ‚anzukurbeln’, wurden ihnen als Gegenleistung für jedes geborene Kind Nahrungsmittel, Kleidung oder Freizeit angeboten. Gebarten Sklavinnen Kinder, wurde ihre Fruchtbarkeit als Beweis für ihren ungezügelten sexuellen Appetit gedeutet. Die zeitgenössische Historikerin Deborah Grey White stellt fest: Major periodicals carried articles detailing optimal conditions under which bonded women were known to reproduce, and the merits of a particular "breeder" were often the topic of parlor or dinner table conversations. The fact that something so personal and private became a matter of public discussion prompted one ex-slave to declare that "women wasn't nothing but cattle." Once reproduction became a topic of public conversation, so did the slave woman's sexual activities.111 Kinder lebendig und gesund auf die Welt zu bringen, ohne dabei das eigene Leben zu gefährden, war allerdings für Sklavinnen unter den harten Arbeitsbedingungen der Sklaverei äußerst schwierig. Die Frauen waren meist körperlich und psychisch völlig erschöpft und mussten zudem ihre Kinder ohne medizinische Hilfe auf die Welt bringen. Mehr als die Hälfte aller Schwangerschaften endete somit in Fehl- oder Totgeburten.112 War eine Frau unfruchtbar, wurde dies von Sklavenhaltern als Vergehen betrachtet und auch als solches geahndet. Leider endete die sexuelle Diskriminierung Afroamerikanischer Frauen nach Ende der Sklaverei nicht. Seit Ende des Bürgerkriegs bis Mitte der 1960er Jahre wurde kein Weißer Südstaaten-Mann für die Vergewaltigung einer Schwarzen Frau verurteilt. Nichtsdestotrotz war dieses Verbrechen alltäglich.113 Wenngleich das Stereotyp der Mammy das populärste und am weitesten verbreitete Image bis in die 1950er Jahre war, begegneten einem auch 110 vgl. Pilgrim 2005a (online verfügbar unter: http://www.ferris.edu/htmls/news/jimcrow/jezebel/) 111 White 1985: 31 112 vgl. Jewell 1993: 50ff. 113 vgl. Pilgrim 2005a (online verfügbar unter: http://www.ferris.edu/htmls/news/jimcrow/jezebel/) 34 Jezebel-Darstellungen sehr häufig im alltäglichen Leben. So wurde dieses Image in Form von allerlei Alltagsgegenständen, wie z.B. Aschenbecher, Postkarten, Gläser, Cocktailstäbchen und Angelköder, vermarktet, auf denen Afroamerikanische Frauen entweder nackt oder nur spärlich bekleidet dargestellt wurden. Bemerkenswert ist, dass nicht nur Schwarze Frauen als promiskuitiv dargestellt wurden, sondern auch Afroamerikanische Mädchen. Auch sie sind meist nackt abgebildet und die Texte auf solchen Abbildungen enthalten oft sexuelle Anspielungen.114 Diese Darstellungen sollten suggerieren, dass Afroamerikanerinnen bereits im Kindesalter lüstern seien. Bereits in frühen Kinofilmen werden Jezebels als unzivilisiert, korrupt und lüstern dargestellt (z.B. Lydia Brown in ‚The birth of a nation’, 1915). Doch erst ab den 1970er Jahren war man der alten Stereotype, wie Mammies, Toms, Tragic Mulattos und Picaninnies, im Kino überdrüssig und ersetzte diese durch neue Stereotype – Brutes, Bucks und Jezebels – die durch die so genannten Blaxploitation-Filme115 sehr populär wurden. Wenngleich ausschließlich Afroamerikanerinnen und Afroamerikaner in BlaxploitationFilmen mitspielten, waren es doch meist Weiße US-Amerikaner, die diese Filme produzierten und das Geld dafür einstrichen. Dennoch unterstützten Afroamerikaner diese Filme, da sie zeigten, wie Schwarze gegen die korrupte Polizei kämpfen und eine eigene Sexualität leben. Diese Filme boten Schwarzen Männern und Frauen somit eine, wenn auch recht oberflächliche und illusorische, Möglichkeit sich ein Stück weit öffentlich gegen Rassismus zu wehren und ihrer Wut Ausdruck zu verleihen. Bekannte Blaxploitation-Filme, in denen Schwarze Frauen als Jezebel-Huren dargestellt wurden, waren z.B. ‚Sweet Sweetback’s Baadassss Song’ (1971), ‚Taxi Driver’ (1976), ‚Angel Heart’ (1987), ‚Deconstructing Harry’ (1997), ‚Mona Lisa’ (2001) u.v.a.m. Immer wieder werden Schauspielerinnen dafür kritisiert, dass sie Stereotype verstärken, indem sie Rollen als Jezebels oder Mammies annehmen. 114 vgl. Pilgrim 2005a (online verfügbar unter: http://www.ferris.edu/htmls/news/jimcrow/jezebel/) 115 Blaxploitation (auch Black Exploitation) ist ein US-amerikanisches Filmgenre, das in den 1970er-Jahren entstand. Der Name ist ein Kofferwort aus black (= schwarz) und Exploitation (= Ausnutzung), und bezieht sich auf Filme, die aus der Sicht von Afroamerikanern gedreht wurden. Die Blaxploitation-Filme haben meist wenig Anspruch und handeln gewöhnlich von groben, potenten Helden, Kriminalität, Zuhälterei, Drogen und einem mafiös dominierten Milieu. Diese Gangster- und Kriminalfilme spielten meist in den Wohnvierteln der Schwarzen. 35 Gleichzeitig gibt es aber auch Schauspielerinnen, die sich weigern entsprechende Rollen zu spielen. Schauspielerin Angela Bassett beispielsweise, welche die Rolle der Leticia für den Film ‚Monster’s Ball’ (2001) ablehnte, „was criticizing the Hollywood system for continuing to typecast black women in demeaning roles“.116 Die Schauspielerin Halle Berry nahm die Rolle an ihrer Statt an und gewann damit 2002 einen Oskar als beste Schauspielerin. Wenngleich der Film überwiegend positive Rezensionen erhielt, wurde die Oscar-Auszeichnung vor allem innerhalb der ‚black community’ kontrovers diskutiert und von vielen verschmäht. So kritisiert der Amerikanische Radiomoderator Miles Willis: „I simply find the premise of 'Monster's Ball,' in which a character played by one of our most prized beauties, falls in love with a racist white prison guard who led her husband to his execution, deliberately insulting.”117 Auch Pilgrim beanstandet, dass die wenigen Schwarzen Schauspielerinnen, die einen Oscar gewonnen haben, diesen lediglich deshalb bekamen, weil sie es geschafft hatten ihren stereotypen Rollen eine gewisse Tiefe und Komplexität zu geben (z.B. Hattie McDaniel als Mammy in ‚Gone with the wind’). Keine Schwarze Frau hat aber bisher einen Oscar für eine Rolle gewonnen, die Afroamerikanische Frauen außerhalb traditioneller Stereotype präsentiert.118 Wie zeitgemäß das Jezebel-Stereotyp heute noch ist, lässt sich u.a. in Gangsta-Rap-Videoclips beobachten. Auch der Film ‘Notorious’, der im Januar 2009 in den Amerikanischen Kinos anlief und das Leben des 1997 erschossenen Gangster-HipHop-Stars ‚The Notorious B.I.G.’ nacherzählt, belegt die Aktualität dieses Stereotyps eindrucksvoll, denn er „präsentiert (...) fast die ganze Bandbreite der Hollywood-Stereotype der schwarzen Frau.“119 So findet man in dem Film nicht nur die Jezebel und die Sapphire (siehe Kapitel 4.2.3), sondern auch die Mammy und das Stereotyp der Strong Black Woman (siehe Kapitel 4.2.5). Pilgrim macht eine ernüchternde Feststellung, wenn er konstatiert: „A half century after the American civil rights movement, 116 Pilgrim 2005a (online verfügbar unter: http://www.ferris.edu/htmls/news/jimcrow/jezebel/) Iverem 2002 (online verfügbar unter: http://www.seeingblack.com/x032802/post_oscars.shtml) 118 vgl. Pilgrim 2005a (online verfügbar unter: http://www.ferris.edu/htmls/news/jimcrow/jezebel/) 119 Gernert 2009 (online verfügbar unter: http://www.stern.de/kultur/film/notorious-bigschwarze-klischees-in-hollywood-659273.html) 117 36 it is increasingly easy to find Black women, especially young ones, depicted as Jezebels whose only value is as sexual commodities.”120 Bezüglich des Jezebel-Stereotyps existieren in einschlägiger Literatur leicht voneinander abweichende Definitionen. Während Pilgrim und Jewell sich bei der Beschreibung einer Jezebel ausschließlich auf ihre Hypersexualität konzentrieren,121 fügen Yarbrough/Bennet auch die Aspekte der Lügnerei und einer materiellen Denkweise hinzu. Ihr Jezebel-Image ist nicht einfach nur hypersexuell, sondern nutzt seine Attraktivität, um sich im Gegenzug Kleider und Geld von Männern schenken zu lassen122 . Auch der Blogger Abagond beschreibt die Jezebel als eine Frau „[that] uses sex to draw men in to get what she wants. Sometimes it is money. Sometimes it is to destroy them [men].”123 Wyatt (1997) wiederum beschreibt zwar auch ein Stereotyp, in dem sich Eigenschaften wie Hypersexualität und Materialismus vereinen, nennt es aber The She-Devil.124 4.2.3 Sapphire/ Angry Black Woman Laut K. Sue Jewell hat eine Sapphire kaum besondere körperliche Merkmale, außer der Tatsache, dass ihre Hautfarbe meistens braun oder dunkelbraun ist. Auf Bildern wird sie vorwiegend als junge Frau dargestellt, die normal bis kräftig gebaut ist. Dabei ist die eine Hand in die Hüfte gestemmt, mit der anderen zeigt sie auf jemanden, zumeist auf einen/ ihren Afroamerikanischen Mann, der das Objekt einesStreits darstellt.125 Dem Stereotyp der Sapphire werden ähnliche Charaktereigenschaften zugeschrieben wie den späteren Darstellungen der frechen Mammy. So vereinen sich in der Sapphire Eigenschaften wie Durchsetzungsvermögen, eine gewisse Streitsucht, Redseligkeit, Sturheit und Rechthaberei, weshalb sie oft auch als Angry Black Woman (ABW) bezeichnet wird.126 Zu Beginn der Entstehung des 120 Pilgrim 2005a (online verfügbar unter: http://www.ferris.edu/htmls/news/jimcrow/jezebel/) vgl. ebd.; vgl. Jewell 1993: 46f. 122 vgl. Yarbrough/ Bennett 2000 (online verfügbar unter: http://academic.udayton.edu/race/05intersection/Gender/AAWomen01a.htm) 123 Abagond 2008b (online verfügbar unter: http://abagond.wordpress.com/2008/03/06/thejezebel-stereotype/) 124 vgl. Wyatt 1997: 33 125 vgl. Jewell 1993: 45f. 126 vgl. ebd.: 45 121 37 Stereotyps der Sapphire richtete sich ihr Ärger vor allem gegen Schwarze Männer, vornehmlich ihren eigenen Ehemann. Heute bezeichnet dieser Begriff eine Afroamerikanische Frau, die grundsätzlich jede/n, der/die sie beleidigt oder ihr Respektlosigkeit entgegenbringt, attackiert. Die Sapphire wirkt wegen ihrer geradezu übertriebenen Aggressivität und ihres „hands-on-hip, finger-pointing style“127 komödiantisch. Ihr wird nachgesagt sie habe ein übermäßig starkes Bedürfnis zu dominieren, sowie eine Hypersensibilität für Ungerechtigkeiten, weshalb ihr der Vorwurf der dauernden Nörgelei gemacht wird. Ihre Wut sei destruktiv, da sie verbittert sei und anderen Unglück wünsche.128 Auch das Stereotyp der Sapphire dient, laut Pilgrim, der sozialen Kontrolle. Mit seiner Hilfe werden Schwarze Frauen, die versuchen sich von der passiven, nicht-handelnden, ungesehenen und unterwürfigen Rolle der Afroamerikanischen Frau zu befreien, lächerlich gemacht und entmachtet.129 Darüber hinaus lässt sich die Sapphire, ebenso wie die Jezebel, auf die christliche Mythologie zurückführen, „[which] depicted woman as the source of sin and evil.“130 Unter dem Vorwand, dass Schwarze Frauen von Natur aus teuflisch und dämonisch sind, konnten Entmenschlichung und sexuelle Vergewaltigung gerechtfertigt werden.131 Bekannt wurde der Begriff Sapphire mit der ‚Amos `n Andy Radio Show’, die von den Weißen Schauspielern Freeman Gosden und Charles Correll ins Leben gerufen und zwischen 1928-1960 gesendet wurde. Von 1951 bis 1966 wurde diese Show zudem als Sitcom im Fernsehen gezeigt. Die drei Protagonisten dieser Show waren Amos Jones, Andy Brown und George ‚Kingfish’ Stevens, dessen Frau Sapphire Stevens ihren tollpatschigen, faulen Ehemann132 stets beschimpfte und seinen Lebensstil kritisierte. Nachdem sich die ‚National Association for the Advancement of Colored People’ stark gegen diese öffentliche Diskriminierung Afroamerikanischer Männer und Frauen gewehrt hatte, wurde die Show schließlich abgesetzt. 127 Jewell 1993: 45 vgl. Pilgrim 2009a (online verfügbar unter: http://www.ferris.edu/htmls/news/jimcrow/sapphire/) 129 vgl. ebd. 130 hooks 1981: 85 131 vgl. ebd.: 85 132 auch ‚Kingfish’ repräsentierte mit diesen Charaktereigenschaften ein gängiges Stereotyp Afroamerikanischer Männer, den so genannten ‚Coon’. 128 38 Ebenso wie die verführende Jezebel wurde auch die aggressive Sapphire in erster Linie durch Film und Fernsehen bekannt. Während der BlaxploitationÄra bildeten Jezebel und Sapphire eine Kombination und wurden so zu „angry ‚whores’ fighting injustice.“133 Ihr Charakter ähnelte stark dem der Schwarzen Super-Helden; d.h. sie entsprachen dem Amerikanischen Schönheitsideal und waren gleichzeitig aggressiv. Ihre Wut bezog sich nicht allein auf den Schwarzen Mann, sondern konzentrierte sich allgemein auf Ungerechtigkeiten und ihre Verursacher. Bekannte Blaxploitation-Filme dieser Art sind z.B. ‚Coffy’ (1973) und ‚Shaft’ (1971). Noch heutzutage ist die Sapphire eine der dominantesten Darstellungen Afroamerikanischer Frauen, sowohl in Filmen, wie z.B. ‚Barbershop’ (2002) und ‚Why did I get married’ (2007), als auch in Büchern, wie z.B. ‚The angry Black woman’s guide to life’ (2004), sowie in Form von Karikaturen oder Gebrauchsartikeln. Auch ‚Trash talk shows’ wie beispielsweise ‚The Jerry Springer Show’134 und Reality-Shows wie ‚I love New York’ (2007) tragen erheblich zur Verfestigung dieser Stereotype bei. Campbell et al. (2008) sehen solche Shows sehr kritisch, zum Einen weil die stereotypen Darstellungen dieser Show das Weiße Patriarchat unterstützen: Die Jezebel, indem sie die Macht Schwarzer Frauen auf ihre Schönheit und ihre Vagina reduziert, die Sapphire, indem sie ihre Macht übertreibt und sie damit ad absurdum führt.135 Zum Anderen zeigen diese Shows nicht nur wie andere Menschen Afroamerikanerinnen sehen, sondern auch wie sie sich selbst sehen. Gleichzeitig vermitteln Schwarze Frauen ihren Geschlechtsgenossinnen den Eindruck, dass die existierenden patriarchalen (Rollen)Vorstellungen eine Selbstverständlichkeit sind. Campbell et al. bezeichnen Afroamerikanerinnen, die patriarchale Archetypen akzeptieren und unterstützen, daher als ‚black female patriarchy’ und schlussfolgern, dass dieses ‚internalisierte Patriarchat’ in Wertvorstellungen umgewandelt werden muss, die Gleichberechtigung und einen respektvollen Umgang in Partnerschaften beinhalten.136 133 Pilgrim 2009a (online verfügbar unter: http://www.ferris.edu/htmls/news/jimcrow/sapphire/) 134 vgl. ebd. 135 vgl. Campbell et al. 2008: 22 (auch online verfügbar unter: http://www.bridgew.edu/SoAS/JIWS/Nov08/NewYork.pdf) 136 vgl. ebd. 39 4.2.4 Tragic Mulatto Die so genannte Tragic Mulatto ist in erster Linie eine fiktionale Roman- und Filmfigur. Wenngleich sie ebenso wie Mammy, Jezebel und Sapphire sehr bekannt ist, wurde sie nicht so aggressiv vermarktet. In einschlägiger Literatur begegnet man diesem Image daher seltener, und auch in der HipHop-Kultur findet sich ihr Charakter nicht. Gleichzeitig ähnelt sie in sowohl äußerlichen, als auch charakterlichen Merkmalen stark dem JezebelStereotyp. Auf Grund ihrer Popularität und charakterlichen Besonderheit soll dieses Image dennoch an dieser Stelle ausgeführt werden. Als Mulatto wird entweder der erste Nachkomme aus einer Schwarzen und Weißen Partnerschaft bezeichnet oder ein Individuum, das sowohl Weiße als auch Schwarze Vorfahren hat. Mulattos haben für gewöhnlich hellere Haut, schmalere Lippen, glätteres Haar und eine schlanke Figur. Zum ersten Mal wird die Figur der Tragic Mulatto 1842/43 in Kurzgeschichten der Autorin Lydia Maria Child erwähnt. Fast ein Jahrhundert später eroberte diese Figur die Kinoleinwände und die Romanliteratur, wobei vor allem ihre Persönlichkeit im Mittelpunkt stand, die geprägt war von Selbsthass, Depression, Alkoholabhängigkeit, sexueller Perversion und Selbstmord. Das Tragische an der Figur der Tragic Mulatto ist, dass ein Tropfen ‚Negro blood’ in ihren Adern fließt, das sie für immer auch Schwarz sein lässt. Oder mit den Worten Pilgrims gesprochen: “(…) the greatest tragedy was to be nearWhite: so close, yet a racial gulf away“137. Somit gehört eine Tragic Mulatto weder zur Schwarzen noch zur Weißen Ethnie, ist also ein zwischen den Kulturen und Ethnien zerrissenes Individuum. Im Gegensatz zum Stereotyp der Fictional Mammy kennt eine Tragic Mulatto ihren Platz in der Gesellschaft nicht und schämt sich meist sogar für ihre Afrikanische Herkunft. Die Folge sind Depressionen als Reaktion auf Gefühle von Verlassenheit, Einsamkeit und Zerrissenheit. Filme, die Tragic Mulattos porträtierten, endeten demzufolge entweder im Selbstmord oder Alkoholismus dieser Figur.138 137 Pilgrim 2005c (online verfügbar unter: http://www.ferris.edu/htmls/news/jimcrow/mulatto/) vgl. Pilgrim 2005c (online verfügbar unter: http://www.ferris.edu/htmls/news/jimcrow/mulatto/) 138 40 Tragic Mulattos wurden in Filmen oftmals auch von Weißen Frauen dargestellt, da Produzenten mehr Publikumssympathie für eine gedemütigte Weiße Frau erwarteten als für eine Schwarze. Als Beispiel hierfür führt Pilgrim den Film ‚Pinky’ (1949) an, in dem Jeanne Crain, eine Weiße Schauspielerin, die Rolle der Tragic Mulatto, und Ethel Waters ihre dunkelhäutige Großmutter spielt. Er schreibt: When audiences saw Ethel doing menial labor, it was consistent with their understanding of a mammy's life, but when Jeanne Crain was shown washing other people's clothes audiences cried.139 Ähnlich wie die Jezebel wurde auch die Tragic Mulatto als Verführerin dargestellt, deren Schönheit den Weißen Mann dazu brachte sie zu vergewaltigen. Darüber hinaus wurden viele Mulattos auch zum Zweck der Prostitution verkauft. Manche nicht versklavten hellhäutigen Schwarzen Frauen ließen sich sogar freiwillig zu Konkubinen wohlhabender Weißer Männer machen, denn als Gegenleistung für ihre langfristigen sexuellen Dienste erhielten diese Frauen finanzielle Unterstützung für sich und ihre Kinder. Um an einem solchen Abkommen interessierte Mulattos kennenzulernen, wurden für wohlhabende Männer so genannte ‚Quadroon Balls’ veranstaltet – ein Sexmarkt für wohlhabende Leute und sehr hellhäutige, und damit sexuell begehrte, Mulattos.140 Genau wie die Fictional Mammy war auch die Tragic Mulatto mehr Mythos als Realität. Für Weiße war eine Tragic Mulatto der Inbegriff des Tragischen. Dabei ist Selbsthass und Hass auf Weiße nicht auf hellhäutige Schwarze begrenzt, sondern betrifft alle ethnischen Randgruppen in den USA. Auch die Behauptung, dass Mulattos weder in der Weißen noch in der Schwarzen Gesellschaft akzeptiert waren, stimmt nicht. Oftmals waren sie in der Schwarzen Gemeinschaft nicht nur akzeptiert, sondern hatten sogar führende Rollen inne. Die Tragik einer Tragic Mulatto war somit nicht ihr partielles Schwarz-Sein, sondern die Tatsache, dass ihre Chancen auf Grund ihrer Ethnie limitiert waren – wie für alle anderen Schwarzen auch.141 139 Ebd. vgl. ebd. 141 vgl. Pilgrim 2005c (online verfügbar unter: http://www.ferris.edu/htmls/news/jimcrow/mulatto/) 140 41 4.2.5 Weitere Mythen und Stereotype Neben den bereits erwähnten Images existieren eine Reihe weiterer Stereotype, die allerdings nicht so vermarktet wurden wie Mammy, Jezebel, Sapphire und Tragic Mulatto. Allerdings lassen sich diese Stereotype entweder in eine der bereits Beschriebenen einordnen oder setzen sich aus Eigenschaften verschiedener Stereotype zusammen. Ein Stereotyp, dem man in einschlägiger Literatur häufiger begegnet, ist das der Strong Black Woman (SBW). Es beschreibt eine Frau, die meist alleinerziehend ist, weil sie keinen Mann an ihrer Seite braucht bzw. möchte und in mehreren Jobs gleichzeitig arbeitet, um ihre Kinder und sich selbst ernähren zu können. Sie ist immer für alle da und hat stets ein offenes Ohr für die Probleme anderer, während sie gleichzeitig ihre eigenen Bedürfnisse hinten anstellt. Ihr wird nachgesagt, sie sei emotional stärker als andere Frauen, leide nicht so viel und könne sich schneller von Stress erholen. Die Eigenschaft der ‚Stärke’ findet sich auf verschiedene Art und Weise in mehreren Stereotypen wieder, wie z.B. in Form von Wut bei der Sapphire, in Form von Unabhängigkeit im Matriarchy Myth (s.u.) oder in Form einer gewissen Gerissenheit bei der Welfare Queen (s.u.). Das Attribut der SBW entstand während des ‚Women’s Rights Movement’142. Weiße Feministinnen tendierten dazu Schwarze weibliche Erfahrungen während der Sklaverei zu romantisieren und sie als ‚strong’ zu bezeichnen, anstatt den negativen Einfluss dieser Unterdrückung zu diskutieren.143 Die Folge dessen war, dass das romantisierte Image der SWB Einfluss auf die gesamte Afroamerikanische Kultur nahm und die SWB nicht mehr als eine entmenschlichende Bezeichnung aufgefasst wurde, sondern zum „new badge of black female glory“144 erhoben wurde. In ihrem Buch ‚Ain’t I a woman’ (1981) macht die Feministin bell hooks ihrem Ärger über diese Ignoranz seitens des Weißen Feminismus Luft und schreibt: 142 das ‚Women’s Rights Movement’ war eine Organisation Kanadischer Weißer Frauen (1848-1920), die sich für die Gleichberechtigung der Frau einsetze. Dieser Bewegung wurde von Seiten der Afroamerikanerinnen oftmals vorgeworfen sie kämpfe lediglich für die Emanzipation der Weißen Frau und lasse die speziellen Hintergründe und Umstände der Afroamerikanischen Frauen außer Acht. 143 vgl. hooks 1981: 6 144 hooks 1981: 6 42 Black women were told that we should find our dignity not in liberation from sexist oppression but in how well we could adjust, adapt, and cope. We had been asked to stand up and be congratulated for being ‘good little women’ and then told to sit down and shut up.145 Hingegen gibt es auch Schwarze Frauen, die diese Bezeichnung begrüßen, wie z.B. die Rapperinnen Queen Latifah und Sister Souljah. Beide bezeichnen sich selbst als SBW und wollen damit einen Aufschwung ihrer Ethnie signalisieren. Sie unterscheiden die ‚mythische Stärke’ ihrer Mütter, die in einem sehr existentiellen Sinne stark sein mussten - „[I]f they had not been [strong], none of us would be here“146 – von der Stärke, die Schwarzen Frauen heutzutage abverlangt wird, um sich gegen die verschiedenen Formen der Unterdrückung (Sexismus, Rassismus, Klassifizierung) seitens der Amerikanischen Gesellschaft durchsetzen zu können.147 Den selben Typ Frau beschreibt die Psychologin und Autorin Gail Elisabeth Wyatt, wenn sie vom Workhorse spricht. Wyatt (1997) vergleicht das Workhorse mit der Sapphire und bemerkt dazu, dass beiden Stereotypen eine gewisse Unnahbarkeit und Unbeliebtheit, aber auch Unabhängigkeit gemein ist. Wyatt benennt ebenfalls die Ambivalenz der Bezeichnung Workhorse. So sei positiv zu bewerten, dass sich dieses Image zum ersten Mal auf andere Fähigkeiten der Afroamerikanischen Frau konzentriere als Mutterschaft und sexuelles Geschick. Negativ sei allerdings gleichzeitig, dass es Schwarze Frauen als hart und unfeminin präsentiere, und dass es den Frauen abverlangt ihre eigenen Gefühle zu ignorieren, um stark sein zu können.148 Auch der so genannten Matriarchin ist eine gewisse ‚Stärke’ zu eigen. Dieses Image löst seit den 1960er Jahren vermehrt das Mammy-Stereotyp bezüglich seiner Bekanntheit ab und bezeichnet, laut Abagond, „a strong black woman who acts as both mother and father to her children – either because the father has left or is not living up to his duties. She is pictured as dark, fat and 145 Ebd.: 7 Pough 2004: 116 147 vgl. ebd.: 116 148 vgl. Wyatt 1997: 35 146 43 ugly, as acting and looking much like a man.“149 Wie die Sapphire wird auch die Matriarchin als schnippisch, herrisch und rechthaberisch beschrieben.150 Ein weiteres Stereotyp der Afroamerikanischen Frau ist die Welfare Queen. Dieser Begriff entstand 1976 unter der Regierung Ronald Reagans. Er machte die Geschichte einer Schwarzen Frau populär, die unberechtigter Weise Sozialhilfegelder erhielt und, laut Reagan, einen Cadillac fuhr. Obwohl diese Frau nie gefunden wurde, manifestierte sich ihre Erfindung in Form der Welfare Queen in den Köpfen der Amerikaner. So ist sie heutzutage ein weit verbreitetes Stereotyp, das eine Frau bezeichnet, die sich angeblich mit Sozialhilfegeldern ein schönes Leben macht. In der Amerikanischen Ideologie hat sie viele Kinder und ist alleinerziehend, hat keine Lust zu arbeiten und kann ihren Geschlechtstrieb nicht zügeln.151 4.3 Zusammenfassung Die vorangegangenen Ausführungen haben gezeigt, dass insgesamt vier verschiedene Hauptstereotype formuliert werden können, die sehr unterschiedliche Bilder Afroamerikanischer Frauen präsentieren. Wenngleich allen Stereotypen verschiedene Charaktereigenschaften zugewiesen werden können, weisen sie auch Gemeinsamkeiten auf: Sie... 1. ... haben Afroamerikanische Frauen und ihre Entwicklung einer selbstbewussten und selbstbestimmten Weiblichkeit152 über mehr als zwei 149 Abagond 2008c (online verfügbar unter: http://abagond.wordpress.com/2008/03/28/thematriarch-stereotype/) 150 Der Mythos vom Schwarzen Matriarch entstand, als Afroamerikanische Frauen 150 versuchten während der Ära des ‚Cult of True Womanhood’ die Aufmerksamkeit weg von ihrer Sexualität und hin zu ihrer mütterlichen Hingabe zu lenken. Doch diese Versuche einer Anpassung schlugen fehl und wurden von der Amerikanischen Bevölkerung negativ gedeutet. Afroamerikanerinnen wurden als Frauen betrachtet, denen eine gewisse Mütterlichkeit im Blut liege, wurden aber gleichzeitig auch als unfeminin, stur und dominant bezeichnet. Dass die reale Situation Schwarzer Frauen in der Amerikanischen Gesellschaft so gut wie nichts mit der Definition eines ‚echten’ Matriarchats gemeinsam hat, belegt bell hooks ausführlich in ihrem Buch ‚Ain’t I a Woman?’ (vgl. hooks 1981: 70ff.). 151 vgl. Abagond 2008d (online verfügbar unter: http://abagond.wordpress.com/2008/03/11/the-welfare-queen-stereotype/) 152 Den Ausdruck „selbstbewusste und selbstbestimmte Weiblichkeit“ beziehe ich an dieser Stelle sowohl auf die biologischen als auch auf die gesellschaftlichen Aspekte des FrauSeins. Dazu gehören meines Erachtens z.B. eine selbstbestimmte Sexualität, ein positives Körpergefühl, die Lust und Freude an Schwangerschaft, am Gebären von Kindern und am Mutter-Sein, ein Gefühl von Schönheit und Attraktivität sowie erfüllende geistige und/oder körperliche Arbeit, die wertgeschätzt wird, respektvoller Umgang in Partner- und 44 Jahrhunderte lang unterdrückt, missachtet und negativ belegt und Frauen stattdessen entweder als asexuell oder hypersexuell dargestellt. In the nineteenth century when the nation was preoccupied with keeping women in the home and protecting them, only slave women were so totally unprotected by men or by law. Only black women had their womanhood so totally denied.153 2. ... projizieren negativ konnotierte Fähigkeiten auf Schwarze Frauen: ihr sexuelles Geschick, ihre Begabung zu Betrug und Hinterlist, ihre Vorliebe sich zu beklagen und/ oder ihre Berufung zum Dienen. 3. ... verstellen dadurch den Blick auf die Vielfalt an Persönlichkeiten und Lebensstilen, die bei jeder Gruppe von Menschen zu finden ist, egal ob Frauen, Afroamerikaner, Juden, Homosexuelle etc. Vielmehr vermitteln uns diese Stereotype den Eindruck „that black women are happy to do the dirty work (Mammy), do not mind having sex and children without a wedding ring (Jezebel) and complain too much (Sapphire).”154 4. ... dienen dazu Minderheiten, in diesem Fall Afroamerikanische Frauen, zu unterdrücken und diese Suppression gleichzeitig zu rechtfertigen, um die eigene ökonomische und soziale Vorherrschaft zu sichern. Gleichzeitig erleben andere Gruppen von Individuen innerhalb der Gesellschaft durch die Unterdrückung Schwarzer Frauen eine Statuserhöhung. Diejenigen, die vorher in der gesellschaftlichen Hierarchie ganz unten standen, rücken plötzlich eine Stufe nach oben.155 5. Alle drei Stereotype sind heute noch hochaktuell und werden weiterhin durch die Medien (v.a. Film, Fernsehen und Kino) verbreitet und weiter gefestigt. Allerdings ist anzumerken, dass mittlerweile auch einige positive Darstellungen Afroamerikanischer Frauen in Film und Fernsehen existieren. So stellte beispielsweise der Schauspieler Bill Cosby in seiner gleichnamigen Sitcom Afroamerikanerinnen auch positiv dar, indem er Charaktereigenschaften wie Intelligenz, Leistungsorientierung, berufliche Flexibilität und Warmherzigkeit herausarbeitete. Doch auch die Sitcoms Freundschaften, positive und negative Gefühle zulassen und haben dürfen, das Recht zu haben in jeglicher Hinsicht frei wählen zu dürfen (Arbeit, Partner, Freunde etc.) u.v.a.m. 153 White 1985: 162 154 Abagond 2008a (online verfügbar unter: http://abagond.wordpress.com/2008/03/05/stereotypes-about-black-women/) 155 vgl. Jewell 1993: 58 45 dieser Zeit beinhalteten immer noch gleichzeitig mindestens eines der traditionellen, negativ belegten Stereotype.156 Von allen vier beschriebenen Stereotypen nimmt die Tragic Mulatto meiner Ansicht nach eine Sonderrolle innerhalb dieser Kategorisierung ein. Obwohl sie in ihrer Gesamtkonstruktion durchaus ein sehr individuelles Image darstellt, halte ich es für sinnvoll und gerechtfertigt sie auf Grund ihrer vornehmlichen Rolle als Verführerin und ihrer Reduzierung auf Äußerlichkeiten als Variation des Jezebel-Stereotyps zu behandeln. Da sich ihre Gesamtpersönlichkeit zudem nicht in weiblichen role models der HipHop-Kultur wiederfindet, werde ich mich in den weiteren Ausführungen auf folgende drei Stereotype konzentrieren: Die asexuelle Heilige in Form der Mammy, die hypersexuelle Verführerin, auch Jezebel genannt, und die aggressive Domina, die Sapphire. Alle drei können entweder dem UrStereotyp der Frau als Heilige oder Hure zugeordnet werden. Dabei repräsentiert das Mammy-Stereotyp die Heilige, während Jezebel und Sapphire Variationen der Hure darstellen. Diesen Zusammenhang habe ich in untenstehendem Schaubild verdeutlicht: Heilige Mammy Hure Sapphire Jezebel Abb.1: Zuordnung weiblicher Afroamerikanischer Stereotype zum Heilige/Hure-Modell Darüber hinaus haben die Ausführungen des vorigen Kapitels gezeigt, dass die Stereotype nicht immer ganz klar voneinander abzugrenzen sind. So werden teilweise verschiedene Benennungen für die gleichen (oder sehr ähnliche) Stereotype benutzt oder es werden einem Stereotyp unterschiedliche Charaktereigenschaften zugewiesen. Tatsächlich lässt sich feststellen, dass sich die Stereotype zum Teil gegenseitig beeinflussen (siehe Pfeile im Schaubild). So vereint sich beispielsweise in der Sassy Mammy das Mütterliche der Mammy mit dem Aggressiven der Sapphire. Auch moderne 156 vgl. Jewell 1993: 49 46 Jezebel-Darstellungen werden oftmals mit einer gewissen Aggressivität kombiniert. Ebenso präsentieren sich die moderneren Stereotype Welfare Queen und Matriarch als Mischung aus Mammy, Jezebel und Sapphire. 47 5. Weibliche Rollenmodelle und Identitätskonzepte im HipHop “After all, my words are bigger and more valuable than my breasts could ever be.”157 „Die afroamerikanische Geschichte bildet den Hintergrund für die weltweite Meta-Erzählung HipHop – Unterdrückung und Befreiung sind der Subtext für Geschichten und Identitätskonstruktionen im HipHop (...).“158 Eine der bekanntesten Identitätskonstruktionen im HipHop stellt die Präsentation der Frau als Bitch dar (siehe Kapitel 3.2.1). Unter der Oberfläche existieren jedoch eine Reihe weiterer Rollenmodelle, die Frauen während der letzten 30 Jahre kreiert haben und die sich durch sehr unterschiedliche Persönlichkeiten, Einstellungen, Emotionen und Botschaften auszeichnen, welche Rapperinnen zum Ausdruck bringen wollen. Gleichzeitig lässt sich aber auch feststellen, dass sich die Geschichte stereotyper Afroamerikanischer Weiblichkeit im HipHop fortzusetzen scheint. Denn obwohl die Entstehung dieser Stereotype bereits ca. 200 Jahre zurückliegt, lassen sich immer noch frappierende Ähnlichkeiten zwischen weiblichen Rollenmodellen im HipHop und jenen traditionellen Stereotypen erkennen. In Bezug auf den kommerziellen HipHop lässt sich gar vermuten, dass manche Rollenmodelle traditionelle Stereotype noch verfestigen. Dieser Hypothese soll in diesem Kapitel nachgegangen werden. Dazu werden zunächst Identitätskonzepte von Rapperinnen im HipHop vorgestellt und erörtert. Diese Ausführungen beziehen sich vor allem auf Schriften von Cheryl Keyes (2002) sowie Clara Völker und Stefanie Menrath (2007). Anschließend werden jene role models in Bezug zu den traditionellen stereotypen Darstellungen Afroamerikanischer Frauen gesetzt und sowohl ihre Zusammenhänge als auch ihre Diskrepanzen erörtert. 157 Jwl B. im Interview 2008 (online verfügbar unter: http://www.rmchronicle.com/index.php?option=com_content&task=view&id=2231&Itemid=6 158 Völker/Menrath, in: Schischmanjan/Wünsch 2007: 24 48 5.1 Role models im HipHop Im Laufe der letzten Jahrzehnte haben sich verschiedene weibliche Rollenmodelle entwickelt, mit denen sich Frauen identifizieren und mehr oder weniger erfolgreich im HipHop-Biz produzieren können. Sowohl die Ethnomusikologin Cheryl Keyes als auch die Autorinnen Clara Völker und Stefanie Menrath (2007) haben versucht Rapperinnen und ihre Rollenmodelle im HipHop systematisch zu erfassen. Alle drei Autorinnen machen dabei deutlich, dass Rollenmodelle mediale Konstrukte sind, an denen die so genannte ‚interpretive community‘, bestehend aus den Medien, der Musikindustrie, den Zuschauern und der Selbstdarstellung der Künstlerinnen, entscheidend mitwirkt. Cheryl Keyes formulierte 2002 folgende vier Rollenmodelle im HipHop159: 1. Queen Mother 2. Fly Girl 3. Sista with Attitude a) Frankness-Approach b) No-Nonsense-Approach c) Gangsta Bitch d) First Lady 4. Lesbian Völker/Menrath hingegen arbeiteten folgende fünf Kategorien heraus:160 1. Soul- bzw. Conscious-Sister 2. True School MC 3. Queen Bitch 4. Gangster-Rapperin 5. Crew-Sahnehaube 159 160 vgl. Keyes 2002: 189-208 vgl. Völker/Menrath, in: Schischmanjan/Wünsch 2007: 10-20 49 Beide Systematisierungen ähneln sich in vielerlei Hinsicht, zeigen an anderer Stelle aber auch interessante Divergenzen. So fällt z.B. auf, dass Keyes die Kategorie der Lesbian formuliert, die allerdings fünf Jahre später bei Völker/Menrath keinerlei Erwähnung mehr findet. Leider begründen die Autorinnen ihre Entscheidung nicht, so dass sich über das Verbleiben dieser Kategorie nur mutmaßen lässt. Einerseits ließe sich argumentieren, dass die Lesbian unbedingt ins Rollenrepertoire aufgenommen werden muss, da gerade diese Kategorie auf Grund der starken Homophobie im HipHop intensiverer Erwähnung und Diskussion bedarf. Andererseits könnte angemerkt werden, dass eine Eröffnung dieser Kategorie lesbische Frauen in eine Sonderrolle rückt, ähnlich wie die Begriffe ‚Frauen-Rap’ oder ‚Female MC’. Sie würden als ‚das Andere’, ‚das Besondere’ identifiziert und damit diskriminiert. Bemerkenswert an dieser Kategorie ist zudem, dass sie als einzige aller role models nicht ein weibliches Selbstkonzept innerhalb der HipHop-Kultur beschreibt, sondern sich lediglich auf die sexuelle Orientierung konzentriert. Wie bereits erwähnt, kann dies zwar in Anbetracht der vorherrschenden Homophobie im HipHop sinnvoll sein, birgt aber gleichzeitig die Gefahr, dass Lesbisch-Sein an sich bereits als ein Selbstkonzept, also als eine Einstellungssache, betrachtet wird, die veränderbar und überdenkbar ist. Da ich diese Ansicht für äußerst kritisch halte, werde ich die Kategorie der Lesbian nicht in die Rollenmodelle aufnehmen. Um trotzdem der ‚Sonderrolle’ der Homosexualität im HipHop gerecht zu werden, widme ich im Anschluss an die Beschreibung der role models meine Aufmerksamkeit der lesbischen HipHop-Gruppe Yo! Majesty (siehe Kapitel 5.3). Meiner Ansicht nach lassen sich alle role models von Keyes und Völker/Menrath entsprechend ihrer Hauptcharakteristika, ähnlich wie die Stereotype Afroamerikanischer Frauen, in drei Oberkategorien einteilen: Die erste Oberkategorie bildet dabei die Queen Mother, eines der ältesten weiblichen role models im HipHop und gekennzeichnet durch eine mütterliche Ausstrahlung und eine (be)lehrende Attitüde. Die zweite Oberkategorie wird von den Sistas with Attitude repräsentiert, denen vor allem eine gewisse Trotzigkeit und Aggressivität zu eigen ist und die sich meist wenig ‚feminin’ kleiden. Die dritte Oberkategorie bilden schließlich die Bitches, deren Hauptmerkmal das Spiel mit ihrem Körper und ihrer Sexualität ist. 50 Alle anderen role models von Keyes und Völker/Menrath lassen sich diesen Oberkategorien unterordnen. Allerdings nehme ich teilweise eine andere Zuordnung vor als es die Autorinnen getan haben. Beispielsweise formuliert Keyes vier role models, denen sie eine gewisse aggressive Haltung als Hauptcharaktermerkmal zuschreibt. Demnach systematisiert sie FranknessApproach, First Lady, Gangsta Bitch und No-Nonsense-Approach zu den Sistas with Attitude. Doch ebenso wie für Völker/Menrath stehen, zumindest für die ersten drei dieser role models, auch meiner Ansicht nach eher ihre Sexualität und ihr Körper im Vordergrund. Das unten stehende Schaubild verdeutlicht meine Zuordnung der role models und wird darüber hinaus von einem weiteren Rollenmodell, der Playerette, ergänzt, das im Beitrag ‚Verbal Duelling’ (2004) von Monika Sokol161 Erwähnung findet. So ergibt sich folgende Systematisierung: Queen Mother Sista with Attitude Bitch Conscious-Sister Soul-Sister Gangsta-Rapperin No-NonsenseApproach Queen Bitch Frankness-Approach Playerette Gangsta-Bitch Crew-Sahnehaube First Lady Fly Girl True School MC Abb. 2: Kategorisierung der weiblichen role models im HipHop: (Keyes [rot], Völker/Menrath [blau], Sokol [grün]) Bei Betrachtung des Schaubildes zeigen sich bereits zwei wichtige Aspekte: Zum einen fällt auf, dass die Kategorie der Bitch im Vergleich zu den anderen Kategorien eine größere Anzahl an Rollenmodellen aufweist. Zum anderen kristallisiert sich die Kategorie des True School MC heraus, die sich meiner Meinung nach nicht in dieses Schema einpassen lässt. In den folgenden Abschnitten werden die role models im Einzelnen erörtet und weitere Besonderheiten dargelegt. 161 vgl. Sokol, in: Kimminich 2004: 113-160 51 5.1.1 Queen Mother Nach Keyes wird die Queen Mother ursprünglich mit Afrikanischer traditioneller Königskultur des 16. Jh. in Verbindung gebracht, innerhalb derer die Mutter des Königs gewisse Rechte und Privilegien genoss. Eine Queen Mother im HipHop identifiziert sich demzufolge stark mit ihrer Herkunft, was sich u.a. in ihrem Kleidungsstil äußert: Sie trägt für ihr Land typische Kopfbedeckungen, hat kunstvoll geflochtene Haare und schmückt sich mit Ägyptischen Kreuzen und Afrikanischen Stoffen (Kente), die ursprünglich nur Könige tragen durften. Ihre textlichen Inhalte konzentrieren sich auf die weibliche Kraft und Spiritualität und fordern Respekt vor ihrer Ethnie, insbesondere Schwarzen Frauen gegenüber. Sie definiert sich selbst als Afrikanerin, Frau, Kriegerin, Priesterin und Königin. Als Queen Mother werden z.B. die Rapperinnen Queen Kenya (als erste selbsternannte Queen), Queen Latifah, Sister Souljah, Queen Mother Rage und Yo-Yo bezeichnet. Am Beispiel Queen Latifah’s verdeutlicht Keyes das typisch Mütterliche einer Queen Mother: „Lathifah’s maternal demeanor, posture, and full figure contribute to the perception of her as a queen mother.”162 Während Queen Latifah sich allerdings Offstage lieber von dieser mütterlichen Zuschreibung distanziert, rappt sie auf der Bühne über politische und ökonomische Themen in Bezug auf Schwarze Frauen und die ‚black community’ und präsentiert sich damit als eine so genannte ‚othermother’, eine Frau, die sich für ihre ‚community’ einsetzt „by expressing ethics of caring and personal accountability which embrace conceptions of transformation and mutuality.“ Ihre 1989 veröffentlichte Platinum-Single Ladies First, der erste politische Rap-Song einer Künstlerin, hat ihr mütterliches Image zusätzlich verstärkt.163 Sie fungiert als Unterstützerin ihrer community und gleichzeitig als Erzieherin ihrer Zuhörer. Die Rolle der Conscious-Sister nach Völker/Menrath kann als Entsprechung der Queen Mother nach Keyes verstanden werden. Mit dem Begriff der Sisterhood beziehen sich Völker/Menrath auf die Ende der 1980er Jahre entstandenen Bündnisse unter Schwarzen Frauen, die gemeinsam für ihre 162 163 Keyes 2002: 190 vgl. ebd.: 192 52 Rechte kämpften. Der Begriff Conscious (engl.: bewusst) wiederum „bezieht sich auf die politische Ausrichtung in den Texten und auf eine generelle kritische, bewusste Haltung“164 . Die Conscious-Tradition entwickelte sich schließlich weiter zu den so genannten Neo-Soul-Sisters der 1990er Jahre (z.B. Lauryn Hill, Erykah Badu u.v.a.), die politische und persönliche Themen miteinander vermischten. Zudem verschmelzen im Neo-Soul Musikstile wie Swing, Blues, Soul oder Jazz mit HipHop der 1990er Jahre. Der Kleidungsstil lässt immer noch Afrikanische Traditionen erkennen, zeigt sich aber gleichzeitig in etwas modernerem Gewand. Während Conscious-Rapperinnen, laut Völker/ Menrath, mehr zum Tomboy-Stil165 neigen,166 zeigen sich Vertreterinnen des Neo-Soul oder Soul eher feminin (z.B. Ursula Rucker, Jill Scott, Macy Gray). 5.1.2 Sista with Attitude Die Sista with Attitude bildet die zweite Oberkategorie. Ihr Charakteristikum ist vor allen Dingen eine aggressive, arrogante und aufsässige Verhaltensweise.167 Diese Aggressivität äußert sich beispielsweise in beleidigenden Äußerungen wie ‚motherfuckas’, ‚niggas’ oder ‚thug niggas’ männlichen Kollegen gegenüber. Da aber ritualisierte verbale Auseinandersetzungen, auch ‚signifyin’ genannt, eine gängige Technik im Rapping darstellen, können diese Bezeichnungen, je nach Kontext, positiv oder negativ gedeutet werden.168 Bei der Gangsta-Rapperin hingegen zeigt sich ihre Aggressivität unmissverständlich, indem sie sich „unantastbar, androgyn und gewaltbereit“ darstellt und „hart wie ein Mann“169 ist. Diese Androgynität offenbart sich beispielsweise in einem weiten Kleidungsstil (Tomboy). Der Autorin Gail E. Wyatt (1997) zu Folge versuchen Frauen mit Hilfe dieses Kleidungsstils 164 Petri, Jeanette im Interview 2007 (online verfügbar unter: http://www.avivaberlin.de/aviva/content_Kultur_Ausgelesen.php?id=10953) 165 Als Tomboy werden Mädchen oder Frauen bezeichnet, die sich entsprechend der gängigen Geschlechterrolle von Jungen verhalten und kleiden oder deren Kleidungsstil nicht als eindeutig ‚weiblich’ identifiziert werden kann. 166 vgl. Völker/Menrath, in: Schischmanjan/Wünsch 2007: 14 167 vgl. Smitherman 1994: 228 168 vgl. Keyes 2002: 200 169 beide Zitate Völker/Menrath, in: Schischmanjan/Wünsch 2007:17 53 feminine Rundungen zu verdecken, um vom weiblichen Körper abzulenken und stattdessen ihre ‚toughe’ Persönlichkeit zu betonen. Wyatt erläutert: „That is the price of resprectability – sacrificing their sexuality to behave the way people who matter to them expect them to behave”.170 Eine gewisse ‘Toughness’ im Sinne von Unabhängigkeit demonstriert eine GangstaRapperin auch, indem sie ihre Texte selbst schreibt, was bei den anderen bisher vorgestellten role models meist nicht der Fall ist. Das role model der Gangsta-Rapperin verkauft sich auf dem HipHop-Markt bisher nicht besonders gut – ganz im Gegensatz zu ihren männlichen Vertretern wie z.B. Ice Cube und N.W.A. Rapperinnen, die das GangstaImage vertreten, sind z.B. Lady of Rage (der Name ist Programm), Bo$$ und Eve. Auch das role model No-Nonsense-Approach agiert mit aggressiver Attitüde und ist daher den Sistas with Attitude zuzuordnen. Eine Rapperin, die sich laut Keyes dieses role models bedient, ist MC Lyte: „Lyte’s hardcore stage attitude – tough and aggressive – is intensified through the use of expletives but mostly through boisterous speech”.171 Dennoch fallen MC Lytes Kritiken an Männern, die mit den Gefühlen von Frauen spielen, eher subtil aus und sind nicht so ‘geradeheraus’ wie z.B. Äußerungen einer Gangster-Rapperin.172 Gleichzeitig schreibt MC Lyte teilweise sehr lyrische Texte, weshalb sie aus meiner Sicht auch das Modell des True School MC (siehe Kapitel 5.1.4) vertritt. 5.1.3 Bitch Die Bitches repräsentieren die dritte und gleichzeitig differenzierteste Oberkategorie. Da sich sowohl Männer als auch Frauen in den letzten Jahren intensiv mit der Bezeichnung Bitch auseinandergesetzt haben und dieser Begriff dadurch mittlerweile polysem verwendet wird, soll an dieser Stelle genauer auf den Ausdruck eingegangen werden. Dabei beziehe ich 170 Wyatt 1997: 35 Keyes 2002: 201f. 172 vgl. ebd.: 202 171 54 mich auf einen Definitionsversuch von Kimiko Leibnitz in ihrem Aufsatz ‚Die Bitch als ambivalentes Weiblichkeitskonzept im HipHop’ (2007).173 Grundsätzlich gilt, dass sich eine Bitch ausschließlich über ihren Körper und ihre Sexualität definiert und ihre sexuellen Dienste für Ruhm, Macht und Geld anbietet.174 Mittlerweile werden aber auch Frauen als Bitches dargestellt, die „durch verbale oder tatsächliche Attacken bzw. durch eine grundsätzlich aggressive Haltung auffallen und sich somit nicht in ihre kulturhistorisch etablierte Rolle als devotes, selbstloses Objekt einfügen.“175 Darüber hinaus werden in Männerraps jene Frauen als Bitches bezeichnet, die sich abfällig über weniger wohlhabende Männer äußern, positiv hingegen werden sie dargestellt, wenn sie ihren Mann in allen (auch kriminellen) Lebenslagen unterstützen und sich damit konform mit den Werten des Patriarchats verhalten (siehe z.B. ‚Me and my bitch’ von Notorious B.I.G.). Wenngleich es viele Rapperinnen gibt, die genau diesem Frauenbild entsprechen, begegnet man der Bitch in ‚Frauenraps’ auch öfters in Form einer positiven Umdeutung (z.B. bei Lil’ Kim, Da Brat, Missy Elliott). Die Bitch wird dabei als aktiver und selbstbestimmter Part in sexuellen Beziehungen betrachtet. Gleichzeitig wird sie nicht ausschließlich als sexuelles Wesen gesehen, sondern fungiert auch als Mutter oder Freundin. Im Widerspruch zu diesem selbstbewussten, vielfältigen Bild der Bitch steht die Tatsache, dass die Songtexte vieler Rapperinnen dieses role models oftmals von männlichen Autoren verfasst sind, wodurch sich Frauen wieder eines entscheidenden Anteils an Eigenständigkeit und an Abgrenzung von der patriarchalen Unterhaltungsbranche berauben.176 Frauen, die den durch männliche Rapper negativ besetzten Begriff der Bitch übersteigern und ihn positiv besetzen, bezeichnen Völker/Menrath als Queen Bitches, zu denen sich z.B. auch die Rapperinnen Lil’ Kim und Foxy Brown zählen. Sie entsprechen bzgl. ihrer Eigenschaften und ihrer Einstellung zur Sexualität den Bitches. Allerdings treten Queen Bitches nicht nur als selbstbewusste ‚Sexbomben’ auf, sondern weisen mit ihrem aggressiven Auftreten 173 vgl. Leibnitz, in: Bock et al. 2007: 157-171 vgl. Völker/Menrath, in: Schischmanjan/Wünsch 2007: 11 175 Leibnitz, in: Bock et.al. 2007: 158 176 vgl. Pough 2004: 186 174 55 auch auf die „doppelten Standards für weibliche und männliche Rapper (…) im Umgang mit Sexualität“177 hin: Eine unfreundliche, aggressive Frau wird schnell als ‚Bitch’ bezeichnet, während das gleiche Verhalten bei Männern attraktiv wirken soll. Auch Promiskuität ist für Frauen tabu, während Männer damit ihre Männlichkeit unter Beweis stellen.178 Die Methode der positiven Umdeutung der Bitch wird in einschlägiger Literatur sehr unterschiedlich bewertet. So verteidigt beispielsweise Melissa Connerly (2005) Lil’ Kim als Queen Bitch und vertritt die Ansicht, dass Stereotype nur überwunden werden können, indem sie erst angenommen und schließlich Schritt für Schritt angefochten werden: In fact, they should look to the hip-hop community itself, as it seems that the only way to destroy these stereotypes is for African American women such as Lil’ Kim and Queen Latifah to embrace them. The place where these stereotypes were re-born will be the same place they are changed and reconstructed for the better.179 Connerly argumentiert, dass Lil’ Kim das traditionelle Jezebel-Image in Frage stellt, indem sie es selbstbewusst und für jeden erkennbar aufgreift. Lil’ Kim agiere damit auf eine Weise, die Dick Hebdige (1979) als „interrupting the process of ‚normalization’”180 bezeichnet. Genau dieses Ausbrechen aus dem ‚Normalen’, dem ‚Erwarteten’ werte Lil’ Kim’s Position als Jezebel innerhalb der HipHop-Szene auf. Gleichzeitig präsentiere Lil’ Kim weibliche Lüsternheit als akzeptable Eigenschaft und diminuiere dadurch die provokante Wirkung sexistischer Songs männlicher Rapper, so Connerly: (...) the lyrics of songs such as ‘Tip Drill’ are not as strong as they once were because Lil’ Kim makes them acceptable. (...). Lil’ Kim’s actions take on a form of female liberation, where being open sexually is not only reserved for the men in our society.181 Eine Vertreterin der oppositionellen Haltung ist beispielsweise die Autorin Kimiko Leibnitz, die behauptet, dass durch die positive Umdeutung des Begriffs Bitch zwar einerseits die „patriarchalisch-männliche Kategorisierungsmacht (...) untergraben“ wird, andererseits aber „nicht die Überwindung 177 Völker/Menrath, in: Schischmanjan/Wünsch 2007: 12 Ebd.: 12 179 Connerly 2005: 1 (online verfügbar unter: http://dialogues.rutgers.edu/vol_04/pdf_files/m_connerly.pdf) 180 Hebdige 1979: 18 181 Connerly 2005: 8 (online verfügbar unter: http://dialogues.rutgers.edu/vol_04/pdf_files/m_connerly.pdf) 178 56 der misogynen Bezeichnungspraxis“182 gelingt. Auch die Autorinnen und Autoren Gabriele Klein und Malte Friedrich bestätigen diese Kritik, wenn sie bemerken: „Das being bad ist ein struktureller Bestandteil des HipHop. Das bedeutet, daß/sic/ Frauen den Spieß zwar umdrehen können, der Spieß aber eigentlich nicht ihrer ist.“183 Leibnitz beschreibt die Problematik der positiven Umdeutung der Bitch als „ein allgemeines kulturelles Problem“, das nur „durch eine radikale Infragestellung von – bzw. dem Bruch mit – patriarchalen Denkstrukturen“184 zu lösen sei. Bock et al. (2007) merken darüber hinaus an, dass derartige Methoden zwar als Emanzipationspraxis anerkannt werden müssen, dass diese Praxis allerdings gleichzeitig auf einer rein persönlichen Ebene verbleibt, die keine strukturellen Veränderungen mit sich bringt. Die offensive Präsentation auch von weiblicher Sexualität, Homosexualität, sexueller Unterwürfigkeit etc. kann des Weiteren als Emanzipationspraxis auch dann verstanden werden wenn männliche Phantasien bedient werden. Denn sie richten sich zum einen gegen einen vermeintlich weißen Feminismusdiskurs und zum anderen gegen bürgerliche Moralvorstellungen. Alle (...) Emanzipationspraktiken haben jedoch gemeinsam, dass sie nicht regionale, ökonomische, geschlechts- und sexualitätsbedingte, kulturelle und soziale Marginalisierungen und Herrschaftsverhältnisse aktiv zu überwinden trachten, sondern HipHop wird dabei eher als Kompensations- und Lebenshilfe genutzt, diese Marginalisierungen ertragen zu können.185 Wenngleich die Betrachtungsweise der selbstbewussten Bitch durchaus fragwürdig bleibt und genauso viele Fürsprecher wie Gegner findet, muss diese Haltung meiner Ansicht nach zumindest als respektabler Versuch gewertet werden sich aus den Fängen stereotyper Zuschreibungen zu befreien. Dies wiederum gelingt Rapperinnen, je nach Grad ihrer Reflektion, Innovation, Kreativität, Provokation und Vielfalt, in unterschiedlich hohem Maße. Auch wenn Rapperinnen vielleicht nicht die Aufhebung des Sexismus im HipHop erreichen, provozieren sie dennoch angeregte Diskussionen und rufen damit zumindest eine gewisse Irritation innerhalb und außerhalb der HipHop-Kultur hervor. Allerdings ist nicht zu verleugnen, dass vielen Rapperinnen, so vielleicht auch Lil’ Kim, die weibliche Emanzipation nicht so viel bedeutet wie das Geld, das sich mit dem Huren-Image im HipHop verdienen lässt. 182 beide Zitate Leibnitz, in: Bock et.al. 2007: 164 Klein/Friedrich 2003: 208 184 Leibnitz, in: Bock et.al. 2007: 166 185 Bock 2007: 319 183 57 Keyes beschreibt das role model der Queen-Bitch mit dem Wort Frankness und spielt damit auf die Direktheit bzgl. ihrer Ausdrucksweise an, die manchen Rapperinnen, wie Roxanne Shanté, Bytches with Problems (BWP) und Da Brat zu eigen ist. Entsprechend Völker/Menraths Queen-Bitch deuten auch Keyes’ ‚frank women’ den Begriff der Bitch positiv um. Das von Sokol beschriebene role model der Playerette (die weibliche Form des Players oder Moguls186) entspricht ebenfalls den Eigenschaften einer Queen Bitch. In ihr verbinden sich „Assoziationsfelder des Zuhältertums, des eleganten Betrügers, des geschickten Manipulators, des Charmeurs/ Erfolgreichen beim anderen Geschlecht, des mit materiellen Gütern Gesegneten und des performanten Künstlers.“187 Das Online-Lexikon ‚UrbanDictionary’ beschreibt Playerettes als Frauen, die mit Männern ‚spielen’: Sie benutzen sie für ihre Zwecke und lassen sie anschließend fallen.188 Die Gangsta-Bitch kann als sexy Ausführung der Gangsta-Rapperin bezeichnet werden. Da sich die Gangsta-Rapperin nicht gut verkaufen lässt, haben einige Rapperinnen beschlossen sich wieder erotisch zu kleiden, während ihr Vokabular weiterhin sehr hart und aggressiv bleibt.189 Der sehr mondäne Kleidungsstil, sowie die modischen Frisuren und der pompöse Goldschmuck der so genannten Fly Girls haben ihren Ursprung in den Blaxploitation-Filmen und finden ihre Fortführung im HipHop. Fly Girls kleiden sich sehr sexy, tragen High-heels und Miniröcke und sind stark geschminkt. Sie haben oftmals eine fülligere Figur und betonen diese mit enganliegender Kleidung. Im Gegensatz aber zu fügsamen, sexy Bitches tragen Fly Girls ihr ‚Herz auf der Zunge’ und vertreten offen ihre Meinung. Ihr körperbetonter Kleidungsstil ist zudem weniger als ‚Anmache’ zu verstehen, sondern vielmehr als politische Aussage. Denn obwohl sie mit ihrer Körperfülle eher nicht dem US-Amerikanischen Schönheitsideal entsprechen, betonen sie ihre oft vollen Brüste und ausladenden Hinterteile als Ausdruck eines positiven Selbstbildes und plädieren für die Schönheit und Erotik des Schwarzen weiblichen Körpers. Darüber hinaus repräsentieren Fly Girls die Unabhängigkeit der Frau und stellen sich „as an erotic subject rather than an 186 genaueres hierzu bei Lois Slavsky/ I.E. Mozeson/ Dani Reyes Moteson: A2Z. The book of Rap & Hip Hop Slang. 1995. 187 Sokol, in: Kimminich 2004: 139 188 vgl. Urban Dictionary (online verfügbar unter: http://www.urbandictionary.com/define.php?term=playerette) 189 vgl. Völker/Menrath, in: Schischmanjan/Wünsch 2007:17f. 58 objectified object“190 dar. Ein Beispiel für typische Fly Girls sind die Rapperinnen der Gruppe Salt N Pepa, die bestätigen: „We are not ashamed of our sexuality; for we’re Salt-N-Pepa – sexier and more in control.“191 Ähnlich wie bei vielen Queen Bitches werden allerdings auch Salt N Pepa’s Lyrics von ihrem männlichen Produzenten und Manager Hurby ‚Luv Bug’ Azor geschrieben.192 Ebenso wird die Rapperin Yo-Yo zu den Fly Girls gezählt. Wenngleich sie wegen ihrer ermahnenden und belehrenden Botschaften über Afroamerikanische Weiblichkeit und sexuelle Verantwortung bereits dem role model der Queen Mother zugeordnet werden konnte (siehe Kaptiel 5.1.1), zeugen ihr betontes Make-up, ihre blondierten Braids und ihre hautengen Outfits auch von Eigenschaften eines Fly Girls. Yo-Yo scheint es also zu gelingen zwei konträre role models, das der Queen Mother und das der Bitch, in einer Person zu vereinen. Diese Mehrkonzeptionalität treibt insbesondere die Rapperin Missy Elliott auf die Spitze: Während sie einerseits den Fly Girls zugeordnet wird, definiert sie sich andererseits im positiven Sinne als Bitch und zeigt zudem Gemeinsamkeiten mit dem role model der Sista with Attitude.193 Missy Elliott wird auf Grund ihrer Fähigkeit ihr Image permanent zu verändern oftmals mit der Pop-Diva Madonna verglichen. Obwohl sie den Tomboy-Stil oder Baggy-Stil pflegen, kategorisiert die ‚interpretive community’ die Rapperinnen der Gruppe TLC ebenfalls als Fly Girls ein.194 TLC setzt sich, ebenso wie Salt N Pepa, für „mental and physical wellness and body esteem“195 ein und propagiert sexuelle Unabhängigkeit bei gleichzeitiger sexueller Verantwortung (‚safe sex’). Das role model der Fly Girls präsentiert sich somit recht vielseitig. So haben manche Fly Girls etwas von einer Queen Mother an sich, wenn sie politische Botschaften vermitteln und sich im Tomboy-Stil präsentieren. Andere wiederum setzen mehr auf „the theory of the erotic as power“.196 Als Crew-Sahnehaube bezeichnen Völker/Menrath eine Frau, die als optisches Vorzeigemodell für ihre aus männlichen Rappern bestehende 190 Keyes 2002: 195 zitiert in: Rogers 1994: 31 192 vgl. Keyes 2002: 196 193 vgl. ebd.: 198f. 194 vgl. ebd.: 194 195 Ebd.: 197 196 Keyes 2002: 195 191 59 Crew fungiert (z.B. Eve, Foxy Brown, The Firm und Trina von Murder). Als einzige Frau innerhalb ihrer Crew konkurriert sie mit anderen CrewSahnehauben. Während es ihre Aufgabe ist mit einem attraktiven Äußeren ihre Crew zu repräsentieren, sind ihre Fähigkeiten als Rapperin weniger gefragt. Durch ihre Abhängigkeit von ihrer Crew, kann sie nicht als eigenständige Künstlerin hervorgehen und „funktioniert so auch als Alibi für ein diskriminierendes Klima“197. In seltenen Fällen gelingt es Frauen das role model der Crew-Sahnehaube zu nutzen, um später eine eigene Karriere zu starten (z.B. Rah-Digga). Dieselben Autoren beschreiben dieses role model auf Grund ihrer Durchsetzungs- und Konkurrenzfähigkeit gegenüber anderen Crew-Sahnehauben zudem als ‚tough’. Diese ‚toughe’ Attitüde nimmt Keyes wiederum zum Anlass dieses role model, das sie als First Lady bezeichnet, den Sistas with Attitude zuzuordnen. Offensichtlich ist es also möglich ein Rollenmodell aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten. Während Völker/Menrath dieses role model vor allem als Repräsentationsmodell sehen, betont Keyes in erster Linie seine Aggressivität. 5.1.4 True School MC Für True School MCs steht HipHop als Kultur und Kunst im Vordergrund. Da Materialismus und Körperlichkeiten keine Rolle spielen, stehen sie, ähnlich wie die Queen Mother, der Bitch komplementär gegenüber. Sie möchten ausschließlich für ihre Qualitäten als Rapperin bewertet werden und kleiden sich daher weder betont feminin noch maskulin. Wenngleich ihre stets selbstgeschriebenen Texte meist von persönlichen Erfahrungen handeln und unterhalten sollen, werden gelegentlich auch Vorurteile und Diskriminierungen gegenüber Frauen diskutiert, allerdings ohne dabei stark sexualisierend oder belehrend zu sein. Da sie in keine gängigen Rollenmodelle passen bzw. sich Nicht-Sex offensichtlich nicht so gut verkauft, sind sie oft nur schwer zu vermarkten. Vertreterinnen dieser Kategorie sind laut Völker/Menrath z.B. die All-Female-Crew Anomolies sowie die Rapperinnen Bahamadia und MC Lyte. 197 Völker/Menrath, In: Schischmanjan/Wünsch 2007:16 60 5.1.5 Zusammenfassung Aus den Ausführungen des vorangegangenen Kapitels möchte ich insbesondere vier Aspekte bezüglich weiblicher role models im HipHop festhalten: 1. Offensichtlich gibt es neben den Frauen, die sich als Bitch präsentieren auch eine ganze Reihe Künstlerinnen im HipHop, die andere Rollenmodelle vorziehen und sich nicht nur über ihren Körper definieren. Dennoch kann nicht bestritten werden, dass die Kategorie der Bitch am differenziertesten repräsentiert wird. 2. Es konnte beobachtet werden, dass die Autorinnen Keyes und Völker/Menrath bei ihren Kategorisierungen teilweise unterschiedliche Schwerpunkte bzgl. der Charaktereigenschaften eines role models setzen. Dies könnte entweder ein Hinweis darauf sein, dass verschiedene Systematisierungen der weiblichen role models im HipHop denkbar sind, oder es zeigt, dass sich sowohl die mediale Präsentation als auch die Selbstdarstellung der Rapperinnen vermehrt in Richtung der verführerischen Bitch orientieren, die sich am besten verkauft. 3. Eine ähnliche Divergenz zeigt sich bezüglich einiger Rapperinnen, die meist ebenfalls mehreren role models zugeordnet werden können. „Black female rappers can shift between these categories, however, or belong to more than one simultaneously. Each category mirrors certain images, voices, and lifestyles of African American women in contemporary urban society.”198 4. Des Weiteren kann festgestellt werden, dass sich die Oberkategorien Queen Mother, Sista with Attitude und Bitch teilweise überschneiden und somit ebenfalls nicht immer klar voneinander abzugrenzen sind. Dabei sind Mischungen aus Bitches und Sistas with Attitude am Häufigsten anzutreffen. So ist beispielsweise allen Bitches, egal ob Queen-Bitch, Fly Girl oder Crew-Sahnehaube, immer auch eine gewisse Aggressivität oder zumindest ‚Toughness’ zu eigen. Gleichzeitig ist auch bei den Sisters with Attitude gelegentlich eine Tendenz zur ‚bitchyness’ zu beobachten (z.B. Gangster-Bitch). Obwohl sich die Kategorien Queen Mother und Bitch 198 Keyes 2002: 189 61 komplementär gegenüberstehen, gibt es offensichtlich auch diesbezüglich einige Rapperinnen, die mit diesen Kategorien spielen und sich mal mehr mit der einen, mal mehr mit der anderen identifizieren. 5.2 Vom Stereotyp zum HipHop-role model: 200 Jahre und doch nur ein kleiner Schritt? Nachdem in Kapitel 3.4 der Zusammenhang zwischen den Ur-Frauenbildern Heilige/Hure und den weiblichen Afroamerikanischen Stereotypen dargestellt, sowie in Kapitel 4.1 die weiblichen role models der HipHop-Kultur erörtert wurden, sollen nun in einem letzten Schritt eben jene role models in Beziehung zu den Afroamerikanischen Stereotypen gesetzt werden. Dabei wird der Frage nachgegangen inwiefern Einflüsse der Stereotype Afroamerikanischer Frauen auf die Rollenmodelle im HipHop erkennbar sind und in welchen Punkten womöglich Stereotype aufgebrochen werden. Mammy – Queen Mother Zunächst einmal sind die Parallelen zwischen dem role model der Queen Mother und dem Mammy-Stereotyp recht eindeutig. Allein die Bezeichnung des role models als Queen Mother legt einen Ursprung im Mammy-Stereotyp nahe. Wenngleich sich die Fürsorge einer Mammy vornehmlich auf die Weiße Familie beschränkt hat und keinerlei politische Ziele verfolgte, so haben es sich dennoch sowohl die Mammy, als auch die Queen Mother zur Aufgabe gemacht ihre ‚Schützlinge’ zu erziehen, sie zu ermahnen und sich für sie einzusetzen. Sogar bezüglich ihrer Körperfülle weisen sie Gemeinsamkeiten auf. Bezeichnend ist auch eine gewisse Asexualität bzw. Homosexualität, die Vertreterinnen dieses role models – und auch allen anderen Rapperinnen, die sich im Tomboy-Stil kleiden – des Öfteren nachgesagt wird. So musste sich beispielsweise Queen Latifah lange Zeit gegen das Gerücht wehren, dass sie lesbisch sei.199 199 vgl. Völker/Menrath, in: Schischmanjan/Wünsch 2007: 14 62 Allerdings ist das role model der Queen Mother ein HipHop-Modell der 1980er Jahre und in dieser Form heutzutage kaum noch existent. Wenngleich Queen Latifah, die erste weibliche Solo-MC, die mit der Bezeichnung ‚Queen’ kommerziell erfolgreich wurde, eine Rolle im HipHop eingenommen hat, die sich recht stark an den Stereotypen der Mammy und der SBW orientiert, muss auch gesagt werden, dass Queen Latifah, vor dem Hintergrund der damals noch sehr jungen HipHop-Kultur, Pionierarbeit für Frauen im HipHop geleistet hat, indem es ihr gelang „mit ihrem smarten Style (...) Frauen und ihren Themen am Mikrophon ein breiteres Publikum zu verschaffen.“200 Darüber hinaus hat sie die HipHop-Szene mit ihrem weiblichen Aktivismus und ihrer direkten Kritik an der Geschlechtersituation stark beeinflusst und viele Rapperinnen zum Nachahmen ermutigt (z.B. Sister Souljah, Lauryn Hill, Erykah Badu u.v.a.m.). Weiterentwicklungen der Queen Mother, wie z.B. die Soul-Sista, die sich feminin kleidet und ihre Weiblichkeit präsentiert, bewegen sich wieder eher weg vom Mammy-Stereotyp, tendieren dafür aber oftmals zum JezebelStereotyp. Neo-Soul-Sistas wie z.B. Ursula Rucker und Erykah Badu hingegen arbeiten auf einer sehr intellektuellen Ebene mit lyrischen und ‚womanistischen’201 Texten und bewegen sich damit meiner Ansicht nach zwischen den role models Neo-Soul-Sista und True School MC. Im Gegensatz zu vielen anderen True School MCs oder Queen Mothers zeigen sie ihre femininen Seiten, präsentieren sich aber auch nicht ‚bitchy’. Jezebel - Bitch Ebenso springt der Zusammenhang zwischen den Bitches und den Jezebels ins Auge, denn beide definieren sich über ihre Körperlichkeit und ihre Sexualität. Fast allen role models, die der Kategorie der Bitch untergeordnet sind, präsentieren sich darüber hinaus mit einer gewissen Aggressivität und Abgeklärtheit und ähneln damit vor allem dem Jezebel-Stereotyp wie es bei Abagond und Yarbrough/Bennet beschrieben wird (siehe Kapitel 4.2.2). Die 200 Ebd.: 15 Der Begriff ‚Womansim’ enstand als Gegenentwurf zum Europäisch-Amerikanischen Feminismus. Während dem ‘Mainstream-Feminismus’ oftmals vorgeworfen wird sich lediglich für die Belange Weißer Frauen einzusetzen, konzentriert sich der ‚Womanism’ auf die Bedürfnisse aller Frauen und schließt beispielsweise auch den Kampf gegen Rassismus und Klassendiskriminierung mit ein. 201 63 Tatsache, dass sowohl das Fly Girl als auch das Jezebel-Stereotyp den Blaxploitation-Filmen entspringt, kann als weiterer Hinweis auf einen direkten Zusammenhang zwischen beiden Frauenbildern gelesen werden. An dieser Stelle muss ein Vergleich zwischen Bitch und Jezebel differenziert werden. Die role models Crew-Sahnehaube und Playerette verharren meiner Ansicht nach noch am stärksten im traditionellen Jezebel-Stereotyp, denn allen drei liegt ein Frauenbild zugrunde, das sich unreflektiert und passiv über den käuflichen Körper definiert. Rapperinnen mit dem FranknessApproach und role models wie die Queen Bitch (z.B. Lil’ Kim) hingegen versuchen sich von dieser Zuschreibung zu emanzipieren, indem sie die Bezeichnung der Bitch positiv umdeuten. Auch sie definieren sich in erster Linie über ihren Körper, setzen diesen aber bewusst und aktiv ein. Auch das Fly Girl-role model versucht eine andere Form von Weiblichkeit als das der einfachen Bitch zu repräsentieren. Die politische Ansicht, die sich hinter hautenger Kleidung verbirgt, hinterfragt das Jezebel-Stereotyp und bemüht sich, ihm mit Vernunft und Ratio entgegenzusteuern. Womöglich ist dieses role model heutzutage aber nicht mehr provokant genug, als dass es als innovativ und wegweisend wahrgenommen würde. Dies mag daran liegen, dass dieses Rollenmodell ebenfalls im belehrenden, aufklärenden Queen Mother-Diskurs der 1980er Jahre entstand und damit aus heutiger Sicht ein eher ‚angestaubtes’ Emanzipationsmodell repräsentiert. Darüber hinaus bleibt auch hier, ähnlich wie bei der Umdeutung der Bitch, die Frage bestehen, ob eng anliegende, stark körperbetonte Kleidung überhaupt politisch verstanden werden kann, oder ob ein solcher Kleidungsstil auf Grund kulturell bedingter sexueller Bedeutungszuschreibungen immer im Huren-Diskurs verharrt. Sapphire – Sista with Attitude Ähnlich eindeutig wie die Queen Mother und die Bitches scheint auch das role model der Sista with Attitude in direkter Verbindung mit Afroamerikanischen Stereotypen zu stehen, denn Eigenschaften wie Aggressivität und Dominanz, die der Sapphire typischer Weise zu eigen sind, finden sich genauso im role model der Sista with Attitude wieder. Die eindeutigste Vertreterin dieser Oberkategorie ist wohl die Gangster-Rapperin, wie sie 64 bereits in Kapitel 4.1.2 beschrieben wurde. Offensichtlich ist aber ein Rückgriff auf das Stereotyp der Sapphire im HipHop wenig erfolgreich, denn die Gangster-Rapperin ist mit ihrem aggressiven Style und ihrer mangelnden Erotik nicht sonderlich erfolgreich in dieser Musikbranche. Im Gegensatz dazu ist zu beobachten, dass sich eine gewisse Aggressivität gemischt mit Sex-Appeal sehr gut verkauft, wie z.B. nur unschwer an der Queen Bitch zu erkennen ist. Auch das eng mit der Sapphire verwandte Stereotyp der SWB ist in manchen role models vertreten, z.B. wenn Queen Latifah sich als starke Frau innerhalb und außerhalb ihrer ‚community’ positioniert.202 Generell aber existieren die role models Sista with Attitude und Bitch im HipHop nicht so klar getrennt voneinander wie sie im Schaubild dargestellt sind, sondern bilden vielmehr eine Symbiose. Interessanter Weise entspricht diese Mischung auch aktuelleren Darstellungen von Afroamerikanischen Frauen in Film und Fernsehen. So sind diese beiden Charaktere der Sapphire und der Jezebel oftmals nicht nur in ein und derselben Serie zu finden – in ‚I love New York’ sind die Jezebel New York und die Sapphire Sister Patterson sogar verwandt miteinander – sondern finden sich immer öfter auch in ein und derselben Person wieder. So wurde beispielsweise die Schauspielerin Omarosa Manigault-Stallworth in der Reality-Show ‚The Apprentice’ (seit 2004) als „a hypersexual flirt and seductress (...) and a bitter, aggressive Sapphire“203 dargestellt. Somit lassen sich die bereits erstellten Schaubilder aus den Kapiteln 4.3 und 5.1.5 (Abb.1 und 2) nun zu einem Gesamtschaubild zusammenfügen, mit dessen Hilfe die eben beschriebenen Zusammenhänge veranschaulicht werden können: 202 vgl. Völker/Menrath, in: Schischmanjan/Wünsch 2007: 14f. Pilgrim 2009a (online verfügbar unter: http://www.ferris.edu/htmls/news/jimcrow/sapphire/) 203 65 Heilige Hure Mammy Sapphire Jezebel Queen Mother Sista with Attitude Bitch Conscious-Sister Soul-Sister Gangsta-Rapperin No-Nonsense-Approach Queen Bitch Frankness-Approach Playerette Gangsta-Bitch Crew-Sahnehaube First Lady Fly Girl True School MC Abb. 3: Einfluss der Stereotype auf weibliche ‚role models’ im HipHop (Gesamtschaubild) Dieses Schaubild verdeutlicht zum einen auf vertikaler Ebene die Parallelen zwischen den Stereotypen und den role models im HipHop. Zum anderen werden auf horizontaler Ebene die engen Verknüpfungen sowohl innerhalb der Stereotype als auch der role models dargestellt. Dabei sind die besonders häufig auftretenden Verbindungen zwischen Sapphire und Jezebel sowie zwischen der Sista with Attitude und der Bitch durch dickere Pfeile hervorgehoben. Abschließend lässt sich feststellen, dass stereotype Darstellungen Afroamerikanischer Frauen innerhalb der weiblichen role models der HipHop-Kultur weitgehend weitergeführt werden. So sind sowohl der Queen Mother als auch dem Mammy-Stereotyp Eigenschaften wie Mütterlichkeit und Asexualität zu Eigen, die Sista with Attitude und die Sapphire verbindet vor allem eine gewisse aggressive und wütende Attitüde und Bitch und Jezebel sind stark auf ihre Körperlichkeit und Hypersexualität fokussiert. Dadurch, dass vor allem das role model der Bitch im kommerzialisierten HipHop vertreten ist, wird die stereotype Vorstellung der verführerischen, 66 sexsüchtigen Afroamerikanerin verstärkt. Die zahlreichen HipHop-Videos, in denen sich Frauen mit Afroamerikanischem Hintergrund als Huren zeigen und gezeigt werden, unterstützen diese Behauptung zusätzlich. Auch die wütende Attitüde der Sapphire findet sich in ausgeprägter Form im role model der Gangster-Rapperin, aber auch in abgeschwächter Form in den Queen Bitches, dem Frankness-Approach und in machen Fly Girls wieder und untermauert damit ihre Einflussnahme auf die HipHop-Kultur. Ebenso wird das Mammy-Stereotyp im HipHop-role model der Queen Mother fortgeführt. Allerdings ist dieses Stereotyp bei Weitem nicht so intensiv im HipHop vertreten, wie die anderen beiden Stereotype. Somit kann festgehalten werden, dass insbesondere der kommerzielle HipHop die traditionellen Stereotype der Jezebel und der Sapphire verstärkt. Die Versuche Afroamerikanischer Rapperinnen mittels positiver Umdeutung der Bitch oder enganliegender Kleidung eine selbstbewusste Weiblichkeit zu vertreten bleiben nur oberflächlicher Art und können daher meiner Ansicht nach nicht als Ausbruch aus stereotypen Darstellungen gewertet werden. Im folgenden abschließenden Kapitel möchte ich mich, wie bereits angedeutet, der lesbischen HipHop-Gruppe Yo! Majesty widmen, die sich ebenfalls seit ein paar Jahren an einem eigenen Weiblichkeitskonzept versucht. 67 5.3 Vorbild oder Abbild? Ein Portrait der HipHop-Gruppe Yo! Majesty Als Abschluss dieser Arbeit soll im Folgenden die HipHop-Gruppe Yo! Majesty vorgestellt werden, die u.a. zum role-model der Lesbian gezählt werden kann. Doch nicht nur Yo! Majesty’s sexuelle Orientierung macht sie für diese Arbeit interessant, sondern auch ihr Umgang mit dem weiblichen Körper, der innerhalb der HipHop-Szene in dieser Form bisher einzigartig ist. Dieses Weiblichkeitskonzept wird anhand biografischer Daten, Rezeptionen und der Selbstdarstellung der Künstlerinnen in Konzerten, Interviews und Video-Clips beschrieben. Lesbische HipHop-Gruppen und –Songs existieren im HipHop erst seit Ende der 1990er Jahre. Der Song ‚Girlfriend’ (1997) der lesbischen Rapperin Queen Pen, gilt hierbei als „breakthrough for queer culture“204. Queen Pen wird in der Öffentlichkeit als erster weiblicher MC wahrgenommen, der Homosexualität in seinen Lyrics diskutiert. Seitdem entstanden immer mehr lesbische und schwule HipHop-Gruppen. So gründete sich beispielsweise Ende 2000 eine lesbische US- Amerikanische HipHop-Gruppe, die sich Yeah Majesty (nicht Yo! Majesty) nannte, und vorerst aus den Rapperinnen LaShunda Flowers alias Shunda K. und Shon Burt alias Shon B. bestand. Im Jahre 2001 erweiterte sich die Gruppe um die Gospel-Sängerin Jewel Baynham alias Jwl B. Auf Grund zu unterschiedlicher Interessen der einzelnen Gruppenmitglieder hielt diese Konstellation allerdings lediglich ein Jahr lang. Seit die Rapperin Shunda K. im Jahre 2005 einen neuen Versuch startete und zusammen mit Jwl B. das Duo Yo! Majesty ins Leben rief, werden sie von David Alexander und Richard Winstanley (HardFeelingsUK) gemanaged. Beide Rapperinnen sind weibliche, lesbische Afroamerikanerinnen und fordern damit die wertkonservative HipHop-Kultur gleich doppelt heraus. Doch Homosexualität ist im HipHop schon lange nichts Neues mehr, denn lesbische und schwule HipHop-Gruppen gibt es mittlerweile eine ganze Menge. Als provokant wird die Rapperin Shunda K. aber offensichtlich bzgl. ihrer Homosexualität im Zusammenhang mit einer tiefen Verbundenheit zum 204 Keyes 2002: 206f. 68 Christentum empfunden: Wenngleich Journalisten, Interviewer und Medien nur selten explizit ansprechen, dass diese Kombination in den Augen vieler US-Amerikaner als Widerspruch betrachtet wird, so wird zumindest meist implizit auf diese ‚Bigotterie’ hingewiesen, z.B. wenn Shunda K.’s Religiosität und Homosexualität in einem Atemzug erwähnt werden: „LaShunda Flowers, a.k.a. Shunda K, is simultaneously black, gay, devoutly Christian (...)“.205 Zudem präsentieren sich Shunda K. und Jwl B. nicht gerade als keusche Frauen, sondern kommunizieren eine offene Haltung zur Sexualität. Diese Offenheit äußert sich nicht nur darin, dass sie ihre aktuelle EP ‚Kryptonite Pussy’ genannt haben206, sondern deutet sich auch in Form von Jwl B. an, die sich auf der Bühne gerne die Kleider vom Leib reißt. Jwl B. erklärt in einem Interview mit Beth Ditto, dass sie auf der Bühne grundsätzlich macht, was sie will. Und wenn sie Lust hat sich ihr T-Shirt auszuziehen, tut sie es eben.207 Es ärgert sie auch, dass einige Leute oftmals ihre Empörung über diese Freizügigkeit äußern, während ‚oben-ohne’ bei Männern toleriert wird. „A man can take off his shirt and MC, and he gets on the front page of a magazine and is glorified, but I’m a woman with the same ambition, the same drive, and doing the same damn thing onstage. Why can’t I take off my shirt, and why does it have to be sexual?”208 Mit dieser Ansicht steht Jwl. B. keineswegs alleine da. So bildete sich im Jahre 2007 in Schweden eine feministische Bewegung, die sich ‚Bara Bröst’ (übers.: ‚nackte Brüste’, aber auch: ‚bloß Brüste’) nennt und ebenfalls dafür plädiert, dass Frauen öffentlich ihre Brüste zeigen dürfen, ohne dafür wegen ‚Erregung öffentlichen Ärgernisses’ festgenommen zu werden.209 Yo! Majesty scheint ein Duo zu sein, das die HipHop-Szene in vielerlei Hinsicht provoziert und dadurch ins Gespräch kommt. Doch Shunda K. und Jwl B. machen auch musikalisch von sich reden. Dabei werden sowohl ihre Fähigkeiten als Rapperinnen bzw. Sängerinnen gelobt, als auch ihre Party205 Castillo 2008 (online verfügbar unter: http://www.miaminewtimes.com/2008-0522/music/yo-majesty-kyptonite-pussy-and-god/) 206 Kryptonit ist ein erfundenes, grün leuchtendes Element aus dem Superman-Mythos und ist das einzige Mittel, das Superman töten kann. 207 vgl. http://www.youtube.com/watch?v=Os5cYAy5EtI 208 Jwl B. im Interview 2008 (online verfügbar unter: www.rmchronicle.com/index.php?option=com_content&task=view&id=2231&Itemid=6) 209 Mittlerweile hat sich das Engagement der Bara Bröst-Bewegung auch auf Kanada, Dänemark und Norwegen ausgeweitet. Auf Grund der Bemühungen dieser Bewegung hat die schwedische Stadt Sundsvall seit Januar 2008 ‚Oben-ohne-Baden’ für Frauen ausdrücklich erlaubt. 69 Stimmung und ihr neuer Sound, den Arielle Castillo wie folgt beschreibt: “(…) a bass-heavy mix of electronica and early-Nineties rap, with a touch of rock thrown in.”210 „Their music ain't pretty but it is fantastically funky and witty.”211 Betrachtet man die Rezensionen über Yo! Majesty, so werden sowohl ihre betont selbstbewusste Einstellung zur Sexualität, als auch ihre Musik fast gleichermaßen diskutiert und in diesem Zusammenhang Vergleiche mit den HipHop-Gruppen Salt N Pepa und 2 Live Crew angestellt: „(...) Yo Majesty are making and breaking their own boundaries - like a new improved Salt n Pepa for the Noughties.“212 „(…) every bit as filthy as fellow Florida act 2 Live Crew once were, but performed by two out 'n' proud lesbians (...).“213 Zudem finden sich Kommentare, die Yo! Majesty als starke und authentische Frauen bezeichnen und ihnen zugestehen damit eine Nische innerhalb der HipHopKultur gefunden und gefüllt zu haben: „Thanks to a dearth of strong, realisticlooking women in hip-hop, Yo Majesty has ridden to the forefront of the underground scene’s consciousness.“214 Eine Bewertung oder Zuordnung ihres Gesamtstils fällt nicht so einfach, da sie mehrere Rollenmodelle zu repräsentieren scheinen und gleichzeitig musikalische und persönliche Aspekte in die HipHop-Szene einbringen, die es vorher so noch nicht gegeben hat. Jedoch fallen Yo! Majesty durch eine tendenziell aggressive Haltung in Interviews und auf der Bühne auf, was ihnen einen gewissen Gangster-Touch verleiht. „Essentially, Yo Majesty sound like a violent reaction to everything from gangsta posturing to religious bigotry and fawning pop 'babes'.”215 Auch ihr Tomboy-Stil passt dazu, so dass sie durchaus als Sistas with Attitude bezeichnet werden können. Gleichzeitig hat Jwl. B. auf Grund ihrer Freizügigkeit auch etwas von einer Bitch, wenngleich sie betont, dass das Zeigen ihrer Brüste nichts Sexuelles signalisieren soll. 210 Luger 2008 (online verfügbar unter: http://www.rmchronicle.com/index.php?option=com_content&task=view&id=2231&Itemid=6) 211 Haider 2008 (online verfügbar unter: http://www.metro.co.uk/metrolife/328670-yomajesty-futuristically-speaking-never-be-afraid) 212 Bruce 2008 (online verfügbar unter: http://www.bbc.co.uk/music/reviews/x8mq) 213 O’Dair 2008 (online verfügbar unter: http://www.independent.co.uk/artsentertainment/music/music-magazine/music-magazine-features/ones-to-watch-yo-majesty920059.html) 214 Luger 2008 (online verfügbar unter: http://www.rmchronicle.com/index.php?option=com_content&task=view&id=2231&Itemid=6) 215 Haider 2008 (online verfügbar unter: http://www.metro.co.uk/metrolife/328670-yomajesty-futuristically-speaking-never-be-afraid) 70 Ähnlich wie bei der Umdeutung des Begriffs Bitch und beim körperbetonten Kleidungsstil der Fly Girls bleibt auch hier fraglich, ob es innerhalb der westlichen Kultur überhaupt möglich ist öffentlich seine Brüste zu zeigen, ohne dass dies in irgendeiner Form sexuell bewertet wird. Darüber hinaus stellt sich für mich die Frage, ob Jwl. B.s Freizügigkeit womöglich als noch sexueller und provokativer empfunden würde, wenn sie heterosexuell wäre und mehr dem westlichen Schönheitsideal entspräche. Oder anders ausgedrückt: Ist Jwl. B.s Nacktheit auf Grund ihrer Homosexualität und ihres äußeren Erscheinungsbilds womöglich gar nicht so provokativ wie man zunächst annehmen könnte, sondern wird vielmehr als ein Exotikum begafft? Ist es überhaupt möglich als (Schwarze) Frau im HipHop seinen Körper zu zeigen, ohne automatisch in der Bitch-, Jezebel- oder Exotik-Ecke zu landen? Und selbst wenn dieses Verhalten nach Bock et al. als Emanzipationspraxis bewertet werden müsste, ist durchaus fragwürdig wie viel diese gefühlte selbstbewusste Weiblichkeit wert ist, wenn sie keine gesellschaftliche Veränderung mit sich bringt und wenn man permanent Gefahr läuft von außen als exotisches und sexuelles Wesen begutachtet zu werden. Ob Yo! Majesty nun ein emanzipiertes, fortschrittliches, weibliches Rollenmodell in der HipHop-Szene repräsentiert, oder doch wieder nur ein vorübergehendes Anschauungs- und Marketingobjekt darstellt, das sich letztlich ebenfalls an uralten Afroamerikanischen Stereotypen orientiert, kann somit an dieser Stelle nicht eindeutig geklärt werden. Auf jeden Fall hat es Yo! Majesty geschafft, sich einen Namen in der HipHop-Szene zu machen. Sie werden als authentisch wahrgenommen und zudem für ihre musikalischen Fähigkeiten und ihre Bühnenpräsenz respektiert und geachtet. In Interviews treten sie selbstbewusst und extrovertiert auf und versprühen eine positive, dynamische Energie auf ihren Konzerten. Yo! Majesty lebt und liebt, was und wie es ihnen gefällt und haben mit ihrem Style offensichtlich eine Nische innerhalb der HipHop-Kultur gefunden, die sich einer stetig wachsenden Fangemeinde erfreut. 71 6. Abschlussbetrachtung "I would be most content if my children grew up to be the kind of people who think decorating consists mostly of building enough bookshelves."216 Diese Arbeit hat sich mit der Darlegung und Analyse traditioneller Stereotype Afroamerikanischer Frauen beschäftigt und diese auf ihren Einfluss auf weibliche Rollenmodelle in der HipHop-Kultur untersucht. Im Zentrum stand dabei der Umgang mit Weiblichkeit, mit dem eigenen Körper und mit einem Umfeld, das dazu tendiert Schwarzen Frauen eine eigenständige Persönlichkeit abzusprechen und sie auf Sexualität, Asexualität oder Aggressivität zu reduzieren. Hierzu wurde zunächst festgestellt, dass Sexismus im HipHop direkt und indirekt praktiziert wird, indem Frauen entweder in Form von Kleidungsvorschriften und sexistischen Bemerkungen degradiert werden oder ihre Leistungen nicht erwähnt und ihr Einfluss geleugnet wird (Kapitel 3.2). Gleichzeitig konnte aber nicht festgestellt werden, ob HipHop tatsächlich sexistischer ist als andere Popmusik-Genres, oder ob Sexismus lediglich offener und direkter präsentiert wird. Zudem konnte dargelegt werden, dass die Emanzipation der Afroamerikanerinnen in einem ganz spezifischen kulturellen und historischen Kontext stattfindet, der den Kampf gegen Rassismus und Sexismus beinhaltet. Schwarze Frauen befinden sich damit allerdings in einer ‚Pattsituation’, da sich ihr Kampf sowohl gegen den Rassismus Weißer Frauen und Männer, als auch gegen den Sexismus Weißer und Schwarzer Männer richtet. Afroamerikanerinnen stehen demnach mit ihrer speziellen Emanzipationsproblematik ziemlich ‚allein auf weiter Flur’, zumal bisher kaum Plattformen existieren, auf denen sie sich austauschen, informieren und gegenseitig bestärken können. 216 Anna Quindlen 72 Nachdem die Problemstellung des Sexismus an Frauen im HipHop erörtert wurde, beschäftigte sich Kapitel 4 mit der Entstehung und Entwicklung weiblicher Afroamerikanischer Stereotype der letzten 200 Jahre, die ebenfalls wesentlich von sexistischen und rassistischen Zuschreibungen geprägt sind. In Kapitel 4.3 konnten vier Hauptstereotype Afroamerikanischer Frauen herausgearbeitet werden – Mammy, Jezebel, Sapphire und Tragic Mulatto – von denen mir nur die ersten drei für die weiteren Ausführungen relevant schienen. Es konnte festgestellt werden, dass allen drei Stereotypen die am Christentum angelehnten Frauenbilder der Heiligen und der Hure zu Grunde liegen. Darüber hinaus wurde der negative Einfluss der Stereotype auf die Entwicklung einer selbstbestimmten Weiblichkeit Schwarzer Frauen verdeutlicht. Bemerkenswert ist auch, dass diese Stereotype offensichtlich heute noch aktuell sind. Oftmals tragen auch Afroamerikanerinnen selbst zu ihrer eigenen Stereotypisierung bei, indem sie z.B. klischeehafte Filmrollen annehmen. Während sich Kapitel 4 mit der Geschichte der Weiblichkeit Afroamerikanischer Frauen auseinandergesetzt hat, wurden in Kapitel 5.1 die verschiedenen weiblichen role models im HipHop genau beschrieben und neu systematisiert. Dabei konnten, ähnlich wie bei den Stereotypen, drei Hauptkategorien herausgestellt werden: Queen Mother, Sista with Attitude und Bitch. Interessanter Weise ließen sich vor allem in Bezug auf die Hauptcharaktermerkmale deutliche Parallelen zwischen den drei Stereotypen und den drei Haupt-role models erkennen, was bereits nahe legt, dass die traditionellen Stereotype zum überwiegenden Teil in den role models der HipHop-Kultur weitergeführt werden. Vor allem die Rollenmodelle, die den Bitches und den Sisters with Attitude beigeordnet werden konnten, sind im kommerziellen HipHop stark vertreten und „strengthens the idea that black women are nothing but ‚bitches’ and ‚hoes’ – Sapphires and Jezebels.“217 Indes konnten gerade zwischen Bitch und Jezebel auch wichtige Unterschiede herausgearbeitet werden: Während das Stereotyp der Jezebel auf einer unreflektierten Ebene verharrt und dadurch keine Selbstbestimmung erfahren kann, existieren innerhalb der Kategorie der Bitch zahlreiche Rapperinnen, die sich intensiv mit ihrer eigenen Weiblichkeit 217 Abagond 2008a (online verfügbar unter: http://abagond.wordpress.com/2008/03/05/stereotypes-about-black-women/) 73 auseinandergesetzt haben und innerhalb der HipHop-Kultur nach neuen Wegen suchen dieses Selbstwertgefühl authentisch zu demonstrieren, z.B. durch die positive Umdeutung des eigentlich negativ besetzten Begriffs Bitch, durch die enganliegende Kleidung der Fly Girls oder durch die Präsentation nackter Brüste auf der Konzertbühne. Gleichzeitig aber verharrt diese Art der Emanzipation auf einer persönlichen Ebene und schaffte es bisher nicht den praktizierten Sexismus der HipHop-Kultur zu reduzieren. Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass meiner Ansicht nach die Gründung und Nutzung von Plattformen und Netzwerken, in denen Frauen die Abwertung und Diskriminierung ihres Geschlechts reflektieren und kritisieren können, ein wichtiger Schritt sind, um das Selbstbewusstsein von (Afroamerikanischen) Frauen auch im HipHop zu stärken und zu unterstützen. Einige gute Ansätze dafür existieren bereits, wie z.B. das Internetforum femalehiphop.net. Auch die HipHop-Zeitschriften ‚Verbalisms Magazine’ und ‚Anattitude Magazine’ berichten über aktuelle Aktivitäten von Frauen im HipHop und schaffen damit eine wichtige Informationsquelle. Auf Afroamerikanische Frauen haben sich darüber hinaus z.B. die Zeitschriften ‚Essence’ und ‚Today’s Black Woman Magazine’ spezialisiert. Lesbischen Afroamerkanischen Frauen bietet z.B. die ‚Women in the Life Association (WITLA)’ eine Plattform. Darüber hinaus existiert seit Anfang der 1990er Jahre die feministische Untergrund-Bewegung ‚Riot Grrrls’, die Frauen im Kunst- und Musikbusiness unterstützt und sich gegen Rassismus und Diskriminierungspolitik abgrenzt. „Unter dem Motto female selfempowerment wurden Festivals, Konzerte und Übungs-räume, Filmabende, Ausstellungen und Workshops organisiert sowie Fanzines gegründet.“218 Bei der Recherche und Ausarbeitung der vorliegenden Arbeit musste ich allerdings auch feststellen, dass bisher kaum Literatur sowohl über Afroamerikanische Stereotype als auch über die Sexualität und Weiblichkeit Afroamerikanischer Frauen existiert. Bezüglich Ersterem sind ausführliche und aktuelle Informationen ausschließlich auf der Website von David Pilgrim zu finden. Andere Autorinnen und Autoren beschäftigen sich meist nur im Ansatz mit dieser Thematik. Im Hinblick auf den letztgenannten Aspekt ist meiner Meinung nach vor allem die Autorin Tricia Rose mit ihrem Buch ‚Longing to tell’ bahnbrechend. Insgesamt sind meines Erachtens auf beiden 218 Erharter/Zobl 2006: 21 74 Gebieten dringend weitere Forschungen und Veröffentlichungen notwendig, um Afroamerikanische Frauen innerhalb, aber auch außerhalb der HipHopKultur weiter stärken zu können. Wenngleich ich die mediale und persönliche Unterstützung von Frauen im HipHop-Biz für außerordentlich wichtig halte, möchte ich abschließend nochmals darauf hinweisen, dass Sexismus nicht ein HipHop-spezifisches Problem darstellt, sondern in westlichen (kapitalistischen) Gesellschaften veranlagt ist und nur mittels einer Reformierung der Gesellschaft zu überwinden wäre. Ein spielerischer, ironischer und einfallsreicher Umgang mit der eigenen Sexualität ist zwar nett anzuschauen und sorgt womöglich für ein selbstbestimmtes Weiblichkeitsgefühl bei so mancher Frau, verändert gesellschaftlich aber offensichtlich nur wenig. Daher möchte ich diese Arbeit zwar pessimistisch, aber auch provokativ mit den Worten der Autorin Christine Zschirnt abschließen: „Dass wir Highheels nicht verwerflich finden, ist gut. Gleichzeitig müssen wir uns aber ständig versichern: Kaufe ich ein Designerstück nur, weil ich nicht weiss, wer ich eigentlich bin? (...). Wirkliche Freiheit gibt es (...) nicht. Denn wir leben in einer pornografisierten Gesellschaft, und die ‚Playboy’-Ästhetik gibt die Definition von sexy Weiblichkeit vor.“219 219 Zschirnt, Christine im Interview 2008 (online verfügbar unter: http://www.nzz.ch/nachrichten/panorama/schoenheit_ist_so_maechtig_wie_geld_1.747636.h tml) 75 Literaturverzeichnis Abagond (2008a): Stereotypes about black women. 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Alle Stellen der Arbeit, die dem Wortlaut oder dem Sinne nach anderen Werken entnommen sind, habe ich in jedem Fall unter Angabe der Quelle deutlich als Entlehnung kenntlich gemacht. Köln, 21. März 2010 83