Goodbye America - Rationalgalerie

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Goodbye America - Rationalgalerie
Goodbye America
Guten Tag Europa
Autor: U. Gellermann
Datum: 09. November 2012
This land is your land, this land is my landFrom California, to the New York IslandFrom the
redwood forest, to the gulf stream watersThis land was made for you and meWoody
Guthrie, 1940
Wenn die Deutschen den amerikanischen Präsidenten hätten wählen dürfen,
über 90 Prozent von ihnen hätten, laut einer Umfrage der ARD, Barack Obama
ihre Stimme gegeben. Das ist fraglos gut gemeint. Obama, so denkt die von den
Medien geformte Öffentlichkeit, ist einfach netter, hat die progressivere
Hautfarbe, die hübschere Frau und kommt den Vorstellungen, die Europäer von
einem Politiker haben, am nächsten. Noch sind die Stimmen nicht alle
ausgezählt, aber viel mehr als die Hälfte der US-Amerikaner werden wieder
nicht zur Wahl gegangen sein. Also dürfte der alte und neue amerikanische
Präsident mit etwa einem Viertel der Wählerstimmen regieren. Demokratie geht
anders. Würde man Obama von seinen politischen Postionen her in ein
deutsches Parteien-Schema einordnen, verträte er den rechten Flügel der FDP.
Mehr Stimmen als die hat er allerdings.
Rund sechs Milliarden Dollar hat der Wahlkampf gekostet. Das Budget der
Kandidaten war ungefähr gleich hoch. Nur die großen Spender unterscheiden
sich. Danach kann man sagen, der Mann der Computer-Industrie (18,9
Millionen) und der Rechtsanwälte/Lobbyisten ( 25, 5 Millionen), Obama, hat über
den Kandidaten der Finanzindustrie (52,1 Millionen), Romney, gesiegt. Denn
eins ist sicher: Wahlkampfspenden gibt es nicht umsonst: Sie werden nach den
Wahlen eingeklagt. Und während man bei den 8,6 Millionen von der
Energie-Industrie für Mitt Romney ziemlich genau weiß, was dessen Job
gewesen wäre, nämlich Umweltschutz weiter abzubauen, erscheinen die 12, 1
Millionen von "Interessengruppen" für Obama diffus. Es könnten jene
Lobbyisten sein, die ein Interesse daran haben, dass die Notenbank weiter mehr
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Geld druckt als die USA in Wahrheit hat. Aber vielleicht sind auch
Energie-Unternehmen dabei. Denn trotz des Wirbelsturms Sandy, der die
letzten Tage des Wahlkampfes prägte, war von Obama vier lange Jahre nichts
zum Umweltschutz zu hören.
Die Zeiten von "Yes we can" sind lange schon vorbei. Was der Präsident konnte,
war Osama bin Laden ermorden zu lassen (denn so nennt man eine Tötung
ohne gerichtliches Verfahren). Und diesen Mord im Fernsehen genüsslich
zelebrieren, konnte er auch. Was er nicht konnte, war: Den amerikanischen
Haushalt zu sanieren. Was er konnte war: Den Libyen-Krieg voranzutreiben und
den bisher nur angekündigten Rückzug aus Afghanistan mit neuesten Drohnen
zu sichern: Kollateral? Scheißegal. Der Präsident hat sich vom klinisch
fragwürdigen Benjamin Netanyahu vorführen lassen und den Bürgerkrieg in
Syrien mit 25 Millionen Dollar und der üblichen Menschenrechts-Rhetorik
angeheizt. Das Bündnis der Bush-Familie mit den Saudis hat Obama ebenso
nicht gekündigt wie die Arbeitsverträge in Guantanamo. Nach wie vor florieren
die Gefängnisfabriken in den USA, während das Gesundheitswesen brach liegt.
Und man muss schon viel Fantasie haben, um zu glauben, ein farbiger Präsident
würde die schlechte Lage der Farbigen in den USA nachhaltig bessern: Alles,
was die Schwarzen in den USA in den letzten Jahrzehnten an
Bewegungsfreiheit gewonnen haben, verdanken sie der eigenen Bewegung.
Die USA sind schon lange nicht mehr jenes Land, das Woody Guthrie besungen
hat, nicht mehr das Land, that `was made for you and me´. Sie sind längst das
Land einer dünnen Schicht, die in `gated communities´ lebt, ein eigenes privates
Gesundheitswesen besitzt, und sich Wählerstimmen wie Kandidaten kaufen
kann. Und daran wird sich auf absehbare Zeit nichts ändern. Für Europa - eine
Gegend, von der die Mehrheit der Amerikaner nicht weiß wo genau sie liegt, ein
politisches Gebilde, an dem ihre Präsidenten zunehmend weniger Interesse
haben - kann das nur bedeuten eigene Wege zu gehen. Und nicht wie bisher im
Gefolge der USA von Krieg zu Krieg taumeln, Hilfstruppen für die NATO zu
stellen, sich dem Diktat amerikanischer Rating-Agenturen zu unterwerfen und
den Markt für das Maß aller Dinge zu halten. Es gibt in den USA auch Leute, die
sich dem Mainstream entgegenstellen. Sie sind gering an Zahl. Und sie sollten
jederzeit Asyl in Europa bekommen können. Der alte Kontinent ist voller Fehler
und Schwächen. Aber wenn er sich auf sich selbst besinnt, ist er das Land der
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unbegrenzten Möglichkeiten. Goodbye, America.
Gute Tag, Europa.
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