Keine Sperrfrist iSd § 144 I 1, 2 Nr. 1, III 1 SGB III nach Umzug zum
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Keine Sperrfrist iSd § 144 I 1, 2 Nr. 1, III 1 SGB III nach Umzug zum
1 Keine Sperrfrist iSd § 144 I 1, 2 Nr. 1, III 1 SGB III nach Umzug zum Ehegatten, sofern ausreichende Erwerbsbemühungen vorliegen RA Florian Fritz, Dipl.-Jur. Univ. I. Einleitung Dieser Beitrag behandelt die Frage, ob einem Ehegatten, der ein bestehendes Beschäftigungsverhältnis durch Eigenkündigung oder Aufhebungsvertrag auflöst, um zu seinem Ehegatten zu ziehen, eine Sperrfrist droht. Dies ist grundsätzlich zu verneinen, sofern den Arbeitnehmer keine Obliegenheitsverletzung trifft. II. Allgemeines Gemäß § 144 I 1 SGB III ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer einer Sperrzeit, wenn sich der Arbeitnehmer, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, versicherungswidrig verhalten hat. Der Arbeitnehmer verhält sich bei einer Eigenkündigung oder der Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages grundsätzlich versicherungswidrig (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe, § 144 I 2 Nr. 1 SGB III). Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen (§ 144 III 1 SGB III), wenn nicht ausnahmsweise eine Verkürzung der Sperrfrist gemäß § 144 III 2 SGB III geboten ist. III. Wichtiger Grund iSd § 144 I 1 SGB III Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist die Eheschließung und der Zuzug zum Ehegatten grundsätzlich, sofern keine Obliegenheitsverletzung vorliegt, als wichtiger Grund anerkannt, wenn der Arbeitslose seine Arbeitsstelle von der gemeinsamen Wohnung aus nicht zumutbar erreichen kann (BSG, Urteil vom 17.11.2005, B 11a / 11 AL 49 / 04 R). Zur Beurteilung für die Frage der Zumutbarkeit kann § 121 IV SGB III herangezogen werden (BSG, Urteil vom 17.11.2005, B 11a / 11 AL 49 / 04 R). Gemäß § 121 IV 1 – 3 SGB III gilt Folgendes: Aus personenbezogenen Gründen ist einem Arbeitslosen eine Beschäftigung auch nicht zumutbar, wenn die täglichen Pendelzeiten zwischen seiner Wohnung und der Arbeitsstätte im Vergleich zur Arbeitsstätte unverhältnismäßig lang sind. Als unverhältnismäßig lang sind im Regelfall Pendelzeiten von insgesamt mehr als zweieinhalb Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden und Pendelzeiten von mehr als zwei Stunden bei einer Arbeitszeit von sechs Stunden und weniger anzusehen. Sind in einer Region unter vergleichbaren Arbeitnehmern längere Pendelzeiten üblich, bilden diese den Maßstab. Zum Schutz der Beitragszahler sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht nur die Gründe für die Aufgabe des Beschäftigungsverhältnisses und den Umzug, sondern auch die Vorkehrungen zur Erhaltung des bisherigen sowie zur Erlangung eines Anschlussarbeitsverhältnisses miteinzubeziehen (Obliegenheit). Welche Anstrengungen der Arbeitnehmer / Arbeitslose unternehmen muss, ist zwischen den einzelnen Senaten des BSG noch nicht endgültig geklärt. Der Leitsatz der Entscheidung vom 26.03.1998 des 11. Senats des Bundessozialgerichts scheint dem Arbeitnehmer eine umfassende Bemühensobliegenheit aufzuerlegen (BSG, Urteil vom 27.05.2003, B 7 AL 4 / 02 R). Danach muss sich der Arbeitnehmer sowohl vor, als auch nach der Eigenkündigung / dem Aufhebungsvertrag durch Meldung beim Arbeitsamt und durch eigene Bewerbungen ausreichend um eine Anschlussbeschäftigung bemühen. 2 Der 7. Senat des Bundessozialgerichts scheint hingegen, ohne darüber entschieden zu haben, derartig weitreichende Eigenbemühungen bereits vor der Eigenkündigung / dem Aufhebungsvertrag für nicht angebracht zu halten. Hierzu wird ausgeführt: „Würde man eine umfassende Arbeitssuche bereits vor einer Meldung beim Arbeitsamt und damit ohne Beratung, also bereits zum Zeitpunkt vor einer Verdichtung des Sozialrechtsverhältnisses zwischen dem Arbeitslosen und der Bundesanstalt für Arbeit, verlangen, bestünden vor der Zeit der Arbeitslosenmeldung sogar stärkere, nicht gesetzlich geregelte Verpflichtungen als in der Zeit nach der Arbeitslosenmeldung (BSG, Urteil vom 27.05.2003, B 7 AL 4 / 02 R).“ Zu beachten sind jedoch die Worte „umfassende Arbeitssuche“. Diese Wortwahl des 7. Senats lässt den Schluss zu, dass auch dieser dem Arbeitnehmer / Arbeitslosen bereits vor der Eigenkündigung / dem Aufhebungsvertrag eine Obliegenheit zur Arbeitssuche auferlegt, nur nicht in dem selben Maß wie der 11. Senat. Wie bereits dargelegt, musste der 7. Senat über die Anforderungen zur Arbeitssuche nicht entscheiden, da er den zur Entscheidung vorgelegten Fall über die Verschuldensfrage löste: Der 7. Senat führt hierzu aus, dass eine Obliegenheitsverletzung zumindest ein zurechenbares Fehlverhalten voraussetzt. Dies ist immer dann gegeben, wenn der Versicherte nahe liegende Anstrengungen zur Erlangung eines Anschlussarbeitsplatzes unterlassen habe (BSG, Urteil vom 27.05.2003, B 7 AL 4 / 02 R). Mit anderen Worten, der Arbeitnehmer darf nicht grob fahrlässig gehandelt haben. Diese nahe liegenden Anstrengungen sind nach der Entscheidung des Bundessozialgericht zumindest dann gewahrt, wenn man sich vor der Eigenkündigung / dem Aufhebungsvertrag zumindest telefonisch um einen Anschlussarbeitsplatz bemüht. Im Falle des telefonischen Bemühens kann dem Arbeitnehmer / Arbeitslosen nicht der Vorwurf gemacht werden, sich überhaupt nicht um eine Anschlussbeschäftigung bemüht zu haben, sondern allenfalls, dass er dies nicht intensiv genug betrieben habe. Eine grobe Fahrlässigkeit begründet dies jedoch noch nicht (BSG, Urteil vom 27.05.2003, B 7 AL 4 / 02 R). IV. Fazit Der Umzug zum Ehepartner kann einen wichtigen Grund darstellen, sofern keine Obliegenheitsverletzung vorliegt. Dem Arbeitnehmer ist zur Vermeidung einer Sperrzeit daher zu empfehlen, sich bereits vor der Eigenkündigung bzw. dem Aufhebungsvertrag um eine Anschlussbeschäftigung zu bemühen. Auf Grund der Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung sind bereits vor der Eigenkündigung / dem Aufhebungsvertrag Bewerbungen zu verfassen und abzuschicken. Des weiteren ist eine Meldung bei der Agentur für Arbeit geboten. Unabdingbare Voraussetzung ist aber zumindest ein telefonisches Bemühen um eine Anschlussbeschäftigung vor der Eigenkündigung / dem Aufhebungsvertrag. Abschließend noch ein allgemeiner Hinweis auf § 37 b Satz 1, 2 SGB III (sog. Quickvermittlung). Gemäß § 37 b SGB III sind Personen, deren Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis endet, verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunkts und der Beendigung des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses 3 weniger als drei Monate, hat die Meldung innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts zu erfolgen. Genügt man den Anforderungen des § 37 b SGB III nicht, so droht eine Sperrfrist von einer Woche (§ 144 VI SGB III).