T_Kawai MP8 II
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T_Kawai MP8 II
052 test kawai MP8 II Kawai MP8 II – Stagepiano Rampensau Nein, kleiner ist das Kawai MP8 auch in der Version „II“ nicht geworden, und sicher auch nicht leichter. Dieses Instrument hatte schon in der ersten Version seinen Platz auf den Bühnen und im TV gefunden und erweckt nicht den Eindruck, als wolle es ihn wieder hergeben. 8 II Kawai MP s.de m u z le ie p ard Klangbeis unter www.keybo finden Sie text: Heinz Musculus foto: Dieter Stork Im Gegensatz zu vielen seiner Konkurrenten wirkt das MP8 II nicht schlank oder gar zierlich: Kawai hat ihm ein stattliches Äußeres mit auf den Weg gegeben. Dieses Instrument wirkt selbst auf großen Bühnen recht imposant. Dergestalt war auch schon das Vorgängermodell, doch die wahren Neuerungen stecken im Inneren. What’s new? Regelmäßige KEYBOARDS-Leser werden sich an den Test des kleineren Bruders des MP8 II, das MP5, und der Heim-Variante CA91 in Ausgabe 4/07 erinnern. Beide Instrumente beruhen auf der gleichen Technologie wie das MP8 II. Ich möchte mich hier deshalb auf eine Zusammenfassung der wesentlichen Eigenschaften beschränken: Das Kawai MP8 II bietet die derzeit beste Tastatur aus dem Hause Kawai, die AWA Grand Pro II mit 88 Holztasten. Sie lässt sich exzellent spie- len und genügt auch hohen Ansprüchen. Im Speicher des Instruments schlummern 256 Sounds, die sich maximal 192-fach polyfon spielen lassen. Die Zahl 256 gilt ebenfalls für die Anzahl der Setup-Speicherplätze, wobei ein Setup aus bis zu vier Zonen bestehen kann (sowohl interne Sounds als auch externe Klangerzeuger). Zur Veredelung der Klänge sind sieben verschiedene Halltypen und insgesamt 22 unterschiedliche Effekte zuständig. Clou des imposanten Instruments sind vier Multifunktionsdrehregler (schönes Wort!), über die man in Echtzeit die Effekte, den EQ, die Filter/ Hüllkurven sowie MIDI-Controller regeln kann. Live on Stage Simulieren wir gemeinsam ein Bühnensituation und stellen dabei das MP8 II auf die Probe: Zum Transport benötigt man eindeutig einen kräftigen Helfer, insbesondere wenn das Instrument KEYBOARDS 1.2008 © 2008 MM-Musik-Media-Verlag GmbH & Co. KG KÖLN in einem Flightcase transportiert wird – was unbedingt zu empfehlen ist (Kawai bietet übrigens ein passendes als Zubehör an). Steht das Gerät dann auf einem tragfähigen Spieltisch, wird zunächst das Doppelpedal (sehr gut!) und das Netzkabel (keine Wandwarze, Hallelujah!) angeschlossen. Spielt man über einen eigenen Bühnenmonitor, verwendet man die Klinken-Line-Outs und kann über den VolumeRegler die Bühnenlautstärke regeln. Die PA hingegen wird über die symmetrierten XLR-LineOuts (prima!) versorgt, deren Pegel nicht durch den Volume-Regler beeinflusst werden. Über das, was aus den Lautsprechern ertönt, brauche ich nicht viel zu sagen: Klaviersounds und alles, was im weitesten Sinne dazugehört, vom Allerfeinsten. Eine gelungene Auswahl aus allen Bereichen der akustischen Vorbilder (32 Sounds) und auch alle Spielarten der elektronischen Tonerzeugung und Verstärkung (ebenfalls 32). 053 Ganz hervorragende Möglichkeiten bietet das MP8 II für die internen Pianosounds: Die Simulation der Saitenresonanz, der Key-off-Effekt (das Nachklingen eines Tons nach dem Loslassen der Taste) und Intonation bzw. Voicing. Das bezeichnet – vereinfacht ausgedrückt – die Beschaffenheit des Filzes auf dem Hammer: Harter Filz erzeugt einen helleren, schärferen Ton als ein weicher Filz. Diese drei Funktionen unterstreichen den Anspruch des MP8 II, in die Piano-Oberklasse zu gehören. Bleiben noch 192 Sounds, die sich auf die Kategorien Drawbar, Strings/Vocal, Brass/Wind, Organ, Pad & Synth und Bass/Guitar (jeweils 32) verteilen. Auch diese Klänge sind durchweg von hohem Niveau und machen die eventuelle Anschaffung eines zusätzlichen Universalklangerzeugers für ein paar Streicher und Flötchen hier oder ein Örgelchen da überflüssig. Das spart Platz im Rack und natürlich auch Geld – prima! Trotzdem bin ich persönlich nicht glücklich, wenn ich Orgelsounds über eine gewichtete Pianotastatur spielen muss; auch das SynthSolo oder die simulierte Akustikgitarre regen nur mäßig meinen Serotonin-Ausstoß an. Das liegt wohlgemerkt aber nicht an der Qualität der Sounds selbst, und es ist natürlich möglich (und sinnvoll), solche Sounds von einer entsprechenden MIDI-Tastatur aus anzusteuern. Zur guten Soundqualität tragen auch die Effekte (Hall und diverse Modulationseffekte) bei, deren Einstellungen sich pro Zone (also vier Mal, s. u.) abspeichern lassen. Außerdem beeinflusst auf Wunsch ein 4-Band-EQ das klangliche Geschehen. Tja, und dann haben Sie zu Hause am Hall, an den Effekten und am EQ geschraubt, bis die Potis qualmten und der „Übersound“ aus Ihren Boxen quoll – und jetzt stehen Sie auf der Bühne, und der Mixer Ihres Vertrauens verlangt doch tatsächlich, dass Sie mal eben den Hall samt EQ abschalten, damit er den Saalsound vernünftig mischen kann, weil Ihr „Übersound“ über die PA einfach zu überladen klingt. Hätten Sie jetzt ein beliebiges anderes Instrument, müssten Sie sich in die Tiefen der Setup-Programmierung begeben. Mitnichten beim MP8 II: Hier lassen sich auf Knopfdruck Hall (REV OFFSET) und EQ (EQ OFFSET) komplett für alle Sounds deaktivieren – gute Idee! Zones und Matrix 4x4 Das MP8 II bietet vier freie Zonen. „Frei“ bedeutet dabei, dass jede Zone einen beliebigen Bereich abdecken kann: intern, extern oder auch beides. Für jede Zone lässt sich ein separater Effekt einstellen, die Lautstärke und der Status. Weitere Parameter beziehen sich auf MIDI, die Velocity, das Panorama und die jeweilige Funk- tion der Schalter und Taster – um nur einige zu nennen. Vier Zonen bilden ein Setup, das sich auf einen der 256 Speicherplätze legen lässt. Auch das ist absolut live- und bühnentauglich. Die durchdachte und effektive Bedienung des MP8 II mit vier Drehreglern über vier Ebenen heißt bei Kawai „Matrix 4x4“: Man steuert in Echtzeit entweder vier Effektparameter, den 4Band-EQ, die Parameter CUTOFF, ATTACK, DECAY und RELEASE zur Klangänderung oder MIDIController-Werte. Das geht schnell und – wie gesagt – in Echtzeit. Prima im Studio und ganz sicher auf der Bühne, wenn man nicht lange in den Menüs suchen muss. Damit man sicher navigieren kann, werden die eingestellten Werte im LC-Display angezeigt, welches mit 2 × 16 Zeichen vielleicht vor langer Zeit einmal bühnentauglich war, heute aber – man bedenke auch den Preis des MP8 II – mehr als mager ist. Gerade, weil die Programmierung der Sounds und Setups zu einem großen Teil über dieses Display läuft, gestaltet sich die tiefergehende Programmierung – also nicht über die o. g. Matrix – umständlich und man hängt näher mit der Nase über den Tasten, als es gemeinhin förderlich ist. Doch wenden wir uns wieder erfreulicheren Dingen zu: Lässt man den Blick übers Bedienfeld schweifen, fällt ein mit SW (für „Switch“) beschrifteter Taster ins Auge. Diesen können Sie mit einer von acht Funktionen belegen, die im Bühnenalltag ganz schnell ganz wichtig werden können: Panel Lock, Touch Curve, Wheel Lock, Rotary slow/fast, EQ Bypass, Foot Switch Lock, Expression Pedal Lock oder external Sequencer Start/Stop. Natürlich bietet das MP8 II diverse Möglichkeiten, die Reaktion der Klaviatur an das eigene Spielverhalten anzupassen: durch unterschiedliche Velocity-Kurven und zusätzliche Parameter wie Compression oder Offset. Nicht genug hervorheben kann ich aber die beiden User-TouchKurven: Hier analysiert die Software des MP8 II Ihr persönliches Spielverhalten und errechnet daraus Ihre persönliche Velocity-Kurve. Gleich zwei dieser User-Touch-Kurven können Sie abspeichern. Fazit Zählen wir zusammen: Auf der Habenseite steht ein imposantes Bühnenklavier der Oberklasse, das der Hersteller mit einer hervorragend spielbaren Tastatur und ebenso hervorragenden Klaviersounds ausgestattet hat. Mit an Bord ist eine weitere große Auswahl an zusätzlichen Sounds, und das alles mit einer maximalen Polyfonie, der so schnell nicht die Puste ausgeht. Dank der umfangreichen Masterkeyboard-Funktionen mit vier Zonen ist das MP8 II für alle profil Klangerzeugung: Harmonic Imaging II Stereo 7 Reverb-Typen: Plate, Hall 1 u. 2, Stage 1 u. 2, Room 1 u. 2 20 Effekt-Typen: Chorus, Flanger, Celeste, Ensemble, Auto-Pan 1 u. 2, Tremolo 1 u. 2, Delay 1–4, Phaser 1 u. 2, Rotary 1 u. 2, AutoWah, Pedal-Wah, Enhancer, Overdrive Display: 2 × 16 Zeichen LCD mit Hintergrundbeleuchtung Bedienelemente: Pitchbend-Rad, Modulationsrad, Master Volume, Zone Volume (× 4), Zone Edit Auswahl (× 4), Zone Ein/Aus (× 4), Real-Time-Edit-Regler (× 4) Anschlüsse: 6,3-mm-Klinkenbuchsen für Line-Out (L/mono, R oder 2 × mono), XLR-Outs mit Ground-Lift, Kopfhörer, Dämpfer/ Soft-Pedal, Fußschalter (zuweisbar), Expression (zuweisbar), MIDI-In/ Out/Thru, USB, Netzbuchse Maße / Gewicht: 145 × 44,2 × 18,9 cm / 32 kg Zubehör: F-20 Doppelpedal mit Half-DamperFunktion, Notenpult Hersteller / Vertrieb: Kawai / www.kawai.de UvP / Straßenpreis: E 2.399,– / ca. 2.250,– + sehr gute Klaviatur + hervorragende Klaviersounds und große Auswahl an weiteren Sounds + 192-stimmig + umfangreiche Masterkeyboard- Funktionen sehr kleines Display denkbaren Bühnensituationen im wahrsten Sinne des Wortes gut aufgestellt. Leider absolut unverständlich bleibt mir die Entscheidung, in ein solch professionelles Gerät ein so mickriges Display einzubauen – wirklich schade! Das sollte jedoch im Endeffekt niemanden daran hindern, das MP8 II in die engste Wahl zu ziehen, wenn es darum geht, sich ein Bühnenklavier zuzulegen, das hervorragend klingt und mit dem man darüber hinaus für alle Eventualitäten des Bühnenalltags gerüstet ist. ↵ 1.2008 KEYBOARDS © 2008 MM-Musik-Media-Verlag GmbH & Co. KG KÖLN