T_Kawai MP8 II

Transcrição

T_Kawai MP8 II
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test
kawai MP8 II
Kawai MP8 II – Stagepiano
Rampensau
Nein, kleiner ist das
Kawai MP8 auch in der
Version „II“ nicht geworden,
und sicher auch nicht leichter.
Dieses Instrument hatte schon in der
ersten Version seinen Platz auf den Bühnen
und im TV gefunden und erweckt nicht den
Eindruck, als wolle es ihn wieder hergeben.
8 II
Kawai MP s.de
m
u
z
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ie
p
ard
Klangbeis unter www.keybo
finden Sie
text: Heinz Musculus foto: Dieter Stork
Im Gegensatz zu vielen seiner Konkurrenten
wirkt das MP8 II nicht schlank oder gar zierlich:
Kawai hat ihm ein stattliches Äußeres mit auf den
Weg gegeben. Dieses Instrument wirkt selbst auf
großen Bühnen recht imposant. Dergestalt war
auch schon das Vorgängermodell, doch die wahren Neuerungen stecken im Inneren.
What’s new?
Regelmäßige KEYBOARDS-Leser werden sich an
den Test des kleineren Bruders des MP8 II, das
MP5, und der Heim-Variante CA91 in Ausgabe
4/07 erinnern. Beide Instrumente beruhen auf
der gleichen Technologie wie das MP8 II. Ich
möchte mich hier deshalb auf eine Zusammenfassung der wesentlichen Eigenschaften beschränken:
Das Kawai MP8 II bietet die derzeit beste Tastatur aus dem Hause Kawai, die AWA Grand Pro II
mit 88 Holztasten. Sie lässt sich exzellent spie-
len und genügt auch hohen Ansprüchen. Im
Speicher des Instruments schlummern 256
Sounds, die sich maximal 192-fach polyfon
spielen lassen. Die Zahl 256 gilt ebenfalls für
die Anzahl der Setup-Speicherplätze, wobei ein
Setup aus bis zu vier Zonen bestehen kann (sowohl interne Sounds als auch externe Klangerzeuger). Zur Veredelung der Klänge sind sieben verschiedene Halltypen und insgesamt 22
unterschiedliche Effekte zuständig.
Clou des imposanten Instruments sind vier Multifunktionsdrehregler (schönes Wort!), über die
man in Echtzeit die Effekte, den EQ, die Filter/
Hüllkurven sowie MIDI-Controller regeln kann.
Live on Stage
Simulieren wir gemeinsam ein Bühnensituation
und stellen dabei das MP8 II auf die Probe: Zum
Transport benötigt man eindeutig einen kräftigen Helfer, insbesondere wenn das Instrument
KEYBOARDS 1.2008
© 2008 MM-Musik-Media-Verlag GmbH & Co. KG KÖLN
in einem Flightcase transportiert wird – was unbedingt zu empfehlen ist (Kawai bietet übrigens ein passendes als Zubehör an).
Steht das Gerät dann auf einem tragfähigen
Spieltisch, wird zunächst das Doppelpedal (sehr
gut!) und das Netzkabel (keine Wandwarze,
Hallelujah!) angeschlossen. Spielt man über
einen eigenen Bühnenmonitor, verwendet man
die Klinken-Line-Outs und kann über den VolumeRegler die Bühnenlautstärke regeln. Die PA hingegen wird über die symmetrierten XLR-LineOuts (prima!) versorgt, deren Pegel nicht durch
den Volume-Regler beeinflusst werden.
Über das, was aus den Lautsprechern ertönt,
brauche ich nicht viel zu sagen: Klaviersounds
und alles, was im weitesten Sinne dazugehört,
vom Allerfeinsten. Eine gelungene Auswahl aus
allen Bereichen der akustischen Vorbilder (32
Sounds) und auch alle Spielarten der elektronischen Tonerzeugung und Verstärkung (ebenfalls
32).
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Ganz hervorragende Möglichkeiten bietet das
MP8 II für die internen Pianosounds: Die Simulation der Saitenresonanz, der Key-off-Effekt (das
Nachklingen eines Tons nach dem Loslassen der
Taste) und Intonation bzw. Voicing. Das bezeichnet – vereinfacht ausgedrückt – die Beschaffenheit des Filzes auf dem Hammer: Harter Filz erzeugt einen helleren, schärferen Ton als ein weicher Filz. Diese drei Funktionen unterstreichen
den Anspruch des MP8 II, in die Piano-Oberklasse
zu gehören.
Bleiben noch 192 Sounds, die sich auf die Kategorien Drawbar, Strings/Vocal, Brass/Wind,
Organ, Pad & Synth und Bass/Guitar (jeweils
32) verteilen. Auch diese Klänge sind durchweg
von hohem Niveau und machen die eventuelle
Anschaffung eines zusätzlichen Universalklangerzeugers für ein paar Streicher und Flötchen
hier oder ein Örgelchen da überflüssig. Das
spart Platz im Rack und natürlich auch Geld –
prima!
Trotzdem bin ich persönlich nicht glücklich,
wenn ich Orgelsounds über eine gewichtete
Pianotastatur spielen muss; auch das SynthSolo oder die simulierte Akustikgitarre regen
nur mäßig meinen Serotonin-Ausstoß an. Das
liegt wohlgemerkt aber nicht an der Qualität
der Sounds selbst, und es ist natürlich möglich
(und sinnvoll), solche Sounds von einer entsprechenden MIDI-Tastatur aus anzusteuern.
Zur guten Soundqualität tragen auch die Effekte
(Hall und diverse Modulationseffekte) bei, deren Einstellungen sich pro Zone (also vier Mal,
s. u.) abspeichern lassen. Außerdem beeinflusst
auf Wunsch ein 4-Band-EQ das klangliche Geschehen.
Tja, und dann haben Sie zu Hause am Hall, an
den Effekten und am EQ geschraubt, bis die
Potis qualmten und der „Übersound“ aus Ihren
Boxen quoll – und jetzt stehen Sie auf der
Bühne, und der Mixer Ihres Vertrauens verlangt
doch tatsächlich, dass Sie mal eben den Hall
samt EQ abschalten, damit er den Saalsound
vernünftig mischen kann, weil Ihr „Übersound“
über die PA einfach zu überladen klingt. Hätten
Sie jetzt ein beliebiges anderes Instrument,
müssten Sie sich in die Tiefen der Setup-Programmierung begeben. Mitnichten beim MP8 II:
Hier lassen sich auf Knopfdruck Hall (REV OFFSET)
und EQ (EQ OFFSET) komplett für alle Sounds
deaktivieren – gute Idee!
Zones und Matrix 4x4
Das MP8 II bietet vier freie Zonen. „Frei“ bedeutet dabei, dass jede Zone einen beliebigen Bereich abdecken kann: intern, extern oder auch
beides. Für jede Zone lässt sich ein separater
Effekt einstellen, die Lautstärke und der Status.
Weitere Parameter beziehen sich auf MIDI, die
Velocity, das Panorama und die jeweilige Funk-
tion der Schalter und Taster – um nur einige zu
nennen. Vier Zonen bilden ein Setup, das sich
auf einen der 256 Speicherplätze legen lässt.
Auch das ist absolut live- und bühnentauglich.
Die durchdachte und effektive Bedienung des
MP8 II mit vier Drehreglern über vier Ebenen
heißt bei Kawai „Matrix 4x4“: Man steuert in
Echtzeit entweder vier Effektparameter, den 4Band-EQ, die Parameter CUTOFF, ATTACK, DECAY
und RELEASE zur Klangänderung oder MIDIController-Werte. Das geht schnell und – wie
gesagt – in Echtzeit. Prima im Studio und ganz
sicher auf der Bühne, wenn man nicht lange in
den Menüs suchen muss.
Damit man sicher navigieren kann, werden die
eingestellten Werte im LC-Display angezeigt,
welches mit 2 × 16 Zeichen vielleicht vor langer
Zeit einmal bühnentauglich war, heute aber –
man bedenke auch den Preis des MP8 II – mehr
als mager ist. Gerade, weil die Programmierung
der Sounds und Setups zu einem großen Teil
über dieses Display läuft, gestaltet sich die tiefergehende Programmierung – also nicht über
die o. g. Matrix – umständlich und man hängt
näher mit der Nase über den Tasten, als es gemeinhin förderlich ist.
Doch wenden wir uns wieder erfreulicheren
Dingen zu: Lässt man den Blick übers Bedienfeld schweifen, fällt ein mit SW (für „Switch“)
beschrifteter Taster ins Auge. Diesen können Sie
mit einer von acht Funktionen belegen, die im
Bühnenalltag ganz schnell ganz wichtig werden
können: Panel Lock, Touch Curve, Wheel Lock,
Rotary slow/fast, EQ Bypass, Foot Switch Lock,
Expression Pedal Lock oder external Sequencer
Start/Stop.
Natürlich bietet das MP8 II diverse Möglichkeiten, die Reaktion der Klaviatur an das eigene
Spielverhalten anzupassen: durch unterschiedliche Velocity-Kurven und zusätzliche Parameter
wie Compression oder Offset. Nicht genug hervorheben kann ich aber die beiden User-TouchKurven: Hier analysiert die Software des MP8 II
Ihr persönliches Spielverhalten und errechnet
daraus Ihre persönliche Velocity-Kurve. Gleich
zwei dieser User-Touch-Kurven können Sie abspeichern.
Fazit
Zählen wir zusammen: Auf der Habenseite
steht ein imposantes Bühnenklavier der Oberklasse, das der Hersteller mit einer hervorragend spielbaren Tastatur und ebenso hervorragenden Klaviersounds ausgestattet hat. Mit an
Bord ist eine weitere große Auswahl an zusätzlichen Sounds, und das alles mit einer maximalen Polyfonie, der so schnell nicht die Puste
ausgeht.
Dank der umfangreichen Masterkeyboard-Funktionen mit vier Zonen ist das MP8 II für alle
profil
Klangerzeugung:
Harmonic Imaging II Stereo
7 Reverb-Typen:
Plate, Hall 1 u. 2, Stage 1 u. 2,
Room 1 u. 2
20 Effekt-Typen:
Chorus, Flanger, Celeste, Ensemble,
Auto-Pan 1 u. 2, Tremolo 1 u. 2, Delay
1–4, Phaser 1 u. 2, Rotary 1 u. 2, AutoWah, Pedal-Wah, Enhancer, Overdrive
Display:
2 × 16 Zeichen LCD mit Hintergrundbeleuchtung
Bedienelemente:
Pitchbend-Rad, Modulationsrad,
Master Volume, Zone Volume (× 4),
Zone Edit Auswahl (× 4), Zone Ein/Aus
(× 4), Real-Time-Edit-Regler (× 4)
Anschlüsse:
6,3-mm-Klinkenbuchsen für Line-Out
(L/mono, R oder 2 × mono), XLR-Outs
mit Ground-Lift, Kopfhörer, Dämpfer/
Soft-Pedal, Fußschalter (zuweisbar),
Expression (zuweisbar), MIDI-In/
Out/Thru, USB, Netzbuchse
Maße / Gewicht:
145 × 44,2 × 18,9 cm / 32 kg
Zubehör:
F-20 Doppelpedal mit Half-DamperFunktion, Notenpult
Hersteller / Vertrieb:
Kawai / www.kawai.de
UvP / Straßenpreis:
E 2.399,– / ca. 2.250,–
+ sehr gute Klaviatur
+ hervorragende Klaviersounds und große
Auswahl an weiteren Sounds
+ 192-stimmig
+ umfangreiche Masterkeyboard-
Funktionen
sehr kleines Display
denkbaren Bühnensituationen im wahrsten
Sinne des Wortes gut aufgestellt.
Leider absolut unverständlich bleibt mir die Entscheidung, in ein solch professionelles Gerät ein
so mickriges Display einzubauen – wirklich
schade!
Das sollte jedoch im Endeffekt niemanden
daran hindern, das MP8 II in die engste Wahl zu
ziehen, wenn es darum geht, sich ein Bühnenklavier zuzulegen, das hervorragend klingt und
mit dem man darüber hinaus für alle Eventualitäten des Bühnenalltags gerüstet ist. ↵
1.2008 KEYBOARDS
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