aktuell Nr. 33 vom 22.08.2016 ( PDF , 5,3 MB)

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aktuell Nr. 33 vom 22.08.2016 ( PDF , 5,3 MB)
D 8512
52. Jahrgang
Nr. 33
22. August 2016
NACHRICHTEN
POLITIK
Nicht ohne Erdgas
Geopolitische Entscheidungen
im Baltikum: Litauen will von
Russlands Erdgaslieferungen
unabhängig sein.
Seite 4
STREITKRÄFTE
Nicht ohne Spuren
Leutnant Thomas Leonhardt ist Tatortermittler und leitet die Ermittlergruppe des Feldjägerregimentes 1
in Leipzig. Ein Porträt. Seite 8
Steiler Aufstieg
In Österreich läuft erstmals der binationale Lehrgang
für Heeresbergführer. Die Aufnahmeprüfung führt
in eiskalte Höhen – und hat es in sich. Seiten 6/7
SPORT
Nicht ohne Gold
Die Sportsoldaten der Bundeswehr haben in der Endphase der
Olympischen Spiele noch einmal
gezeigt, was sie können. Neu:
ia-App
Die Med
eswehr.
der Bund
VIDEO DER WOCHE:
Die Fallschirmjäger aus Seedorf üben bei „Storm Tide 3“
in Ostende an der belgischen
Atlantikküste.
­
Unterschiedliche
­
Szenarien dieser mehrtägigen
Evakuierungsübung stellen ihre
Durchhaltefähigkeit und volle
Flexibilität auf die Probe. Die Operation „Pegasus“ mit dem Einnehmen der örtlichen Schule ist die
erste Prüfung für die Soldaten.
Foto: Bundeswehr/Burghard Lindhorst
BW CLASSIX: In diesem Classix aus dem Jahr 1995 geht es um
den Umweltschutz bei der Bundeswehr. Militärische Übungen
sind notwendig, damit die Truppe
ihren Auftrag erfüllen kann.
Rücksicht auf die Natur spielt
dabei eine wichtige Rolle. (eb)
Der QR-Code zum
Video „Fallschirmjäger
bei Storm Tide“. Mehr
unter www.youtube.
com/bundeswehr.
[email protected]
2
aktuell
INTERN
22. August 2016
Foto: Bundeswehr/Mario Bähr
BILD DER WOCHE
Die Besten: Die Fähnriche Alisa Jung (l.) und Yasmin Donner (r.) haben mit Auszeichnung die britische Offizierausbildung an der Royal Military Academy in Sandhurst
abgeschlossen. Sie sind die ersten deutschen Offizieranwärter, die die Ausbildung an der renommierten Militärakademie absolviert haben. Mehr auf www.deutschesheer.de
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ZITAT
EDITORIAL
„I could never have imagined I would take
such risks with my life when I went to medical
school.“
Die Feldjägertruppe liegt mir am
Herzen. Ursprünglich wollte ich
auch einmal dazugehören. Ich
wurde zwar Panzergrenadier,
aber dennoch zähle ich die Aufgaben der Feldjäger weiterhin
zu den vielseitigsten und spannendsten, die die Bundeswehr
zu bieten hat.
Die deutsche Militärpolizei ist
überall: deutschlandweit und in
allen Auslandseinsätzen unserer
Streitkräfte. Sie begegnen uns im
Tagesdienst bei Kontrollen auf der
Panzerringstraße und als Unterstützung bei Ermittlungen nach
Unfällen. Im Einsatz sind sie als
Personenschützer, Ermittler und
als Spezialisten beim Eindämmen
von Krawallen.
Ich habe in meiner Dienstzeit
viele Feldjäger kennen gelernt –
einen von ihnen habe ich sogar
geheiratet. Über ihn und seine
Kameraden habe ich zahlreiche
weitere Aspekte dieser Truppengattung kennengelernt: Begleitung
von Marschkolonnen ganzer Brigaden, Einsatz von Diensthunden und natürlich die Feldjägereskorte für hochrangige Gäste
des Verteidigungsministeriums.
Ja, es stimmt. Zum Teil haben
die Feldjäger in der Truppe
einen schlechten Ruf. Ich vermute, den verdanken sie wohl
den Geschwindigkeitskontrollen.
Der US-amerikanische Arzt Zaher Sahloul gegenüber dem britischen
The Guardian. Er zählt zu den wenigen Ärzten, die weiterhin regelmäßig im syrischen Aleppo vor Ort sind, um zu helfen.
KALENDERBLATT
Vor 25 Jahren: Am 25. August 1991 läuft der US-amerikanische
Leichtathlet Carl Lewis einen neuen Weltrekord über 100 Meter. Mit
9,86 Sekunden schlägt er seinen Landsmann Leroy Burrel. Im Laufe
seiner Karriere gewinnt Lewis insgesamt zehn olympische Medaillen
und acht Weltmeistertitel.
Vor 80 Jahren: Am 26. August 1936 erhält das damalige britische
Protektorat Ägypten volle Souveränität. Die Bedingungen der Briten:
ein Beistands- und Bündnispakt und die Duldung eines begrenzten
Kontingentes britischer Truppen am Suezkanal.
Vor 90 Jahren: Am 24. August 1926 wird Max Schmeling deutscher
Boxmeister. Nach dem Sieg gegen Max Diekmann gilt er als neuer
Stern am Boxhimmel. Vier Jahre später gewinnt er den Weltmeistertitel im Schwergewicht. Im Jahr 1935 fordern die Nationalsozialisten
Schmeling auf, sich von seiner tschechischen Frau und jüdischen
Freunden zu trennen. Das lehnt Schmeling ab.
Vor 175 Jahren: Am 26. August 1841 vollendete August Heinrich
Hoffmann von Fallersleben das „Lied der Deutschen“. Joseph Haydn
komponierte die Melodie im Jahr 1797 als österreichisches Kaiserlied.
1922 erklärt Reichspräsident Friedrich Ebert das „Lied der Deutschen“
zur deutschen Nationalhymne. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird es
durch die Alliierten verboten. Seit 1952 singen die Deutschen ihre
Nationalhymne wieder – aber nur die dritte Strophe.
(eb)
Die stellen einen Bruchteil ihrer
Tätigkeiten, aber für viele Soldaten den einzigen Berührungspunkt mit den Feldjägern dar.
Die Kameraden, mit denen
ich bisher zusammenarbeiten durfte, haben das nicht verdient: Sie arbeiten professionell,
zielstrebig, freundlich und vor
allem mit dem Blick für das große
Ganze.
aktuell stellt in den kommenden Wochen die Feldjäger und
ihre Aufgaben in einer Serie vor.
In dieser Ausgabe: ein Ermittler
der Feldjäger bei seiner Arbeit
(Seite 8).
Die Feldjäger sehen sich als
Unterstützer für die Truppe und
für Vorgesetzte – und genau so
habe ich sie immer erlebt.
Anika Wenzel
Ressortleiterin Streitkräfte
22. August 2016
MINISTERIUM / HINTERGRUND
aktuell
3
Auf Truppen-Tour
Die Verteidigungsministerin beendet ihre Sommerreise – und hakt bei den Soldaten mit „vielen Fragen“ nach.
Foto: Bundeswehr/Torsten Kraatz
­
Fotos: Bundeswehr/Björn Wilke (2)
Berlin. Verteidigungsministerin
Ursula von der Leyen hat in der
vergangenen Woche mit Besuchen an den Standorten Weißenfels, Jagel und Wilhelmshaven
ihre Sommerreise 2016 beendet.
In der Zeit vom 29. Juni bis zum
18. August war die Ministerin
an insgesamt 13 Standorten der
Bundeswehr.
Sie besuchte am vergangenen
Donnerstag, dem letzten Tag ihrer
Sommerreise, die Einsatzflottille
2 in Wilhelmshaven – Deutschlands größter Bundeswehrstandort. Dort dienen 8600 Bundeswehrangehörige. Von der Leyen
bezeichnete Wilhelmshaven als
„Dreh- und Angelpunkt für die
Marine im Einsatz“. Dort seien
für die kommenden Jahre Investitionen von rund 500 Millionen
Euro geplant.
Die Ministerin war beeindruckt
von der Leistung des Einsatzgruppenversorgers „Berlin“.
Das Versorgungsschiff rettete
während seines fünfmonatigen
Einsatzes im Mittelmeer bei
der Operation „Sophia“ nahezu
2000 Menschen aus 16 seeuntauglichen Booten. An Bord
der „Baden-Württemberg“, der
neuen Fregatte der Klasse F125,
die jedoch noch nicht offiziell
in Dienst gestellt ist, sagte die
Ministerin: Dieses Schiff stehe
„prototypisch“ für das breite Aufgabenspektrum der Marine.
Auf ihrer Sommerreise nahm
sich die Ministerin vor allem
Zeit für Gespräche mit den Soldaten. Beispiel Jagel: Dort überzeugte sie sich am vergangenen
Mittwoch auf dem Fliegerhorst
Ministerin vor Ort: In Jagel (o.) besuchte von der Leyen das Taktische Luftwaffengeschwader 51
„Immelmann“, in Wilhelmshaven die Fregatte „Baden-Württemberg“ (u. l.) samt Speedboot (u. r.).
von den Fähigkeiten des Taktischen Luftwaffengeschwaders 51
„Immelmann“. Für Triebwerksmechaniker Markus Höschel war
es die erste Begegnung mit der
Ministerin. Der Stabsunteroffizier
freute sich darüber, wie sie auf
ihn und die anderen Soldaten
zuging: „Es war ein sehr offenes
und nettes Gespräch. Sie interessierte sich vor allem für die
Einsatzvorbereitung der ECRTornados und die dazu notwendigen Anforderungen.“
„Die Ministerin hat viele
Fragen gestellt“, machte Hauptmann Sebastian Beth deutlich.
Der Leiter Einsatz der Technischen Gruppe erläuterte ihr
die Aufgaben. Den Eindruck
aller Beteiligten während des
Türen auf im Bendlerblock
leutnant Monika Leu. Wenn die
Besuchergruppen am Eingang
zum Reichspietschufer – dem
sogenannten Vestibül – ankommen, erleben sie, wie echte Delegationen hier empfangen werden. Ein Ehrenposten steht samt
Motorrad-Eskorte bereit. Besucher haben Gelegenheit, den Soldaten Fragen zu ihrem Dienst zu
stellen. Auf der rund einstündigen Tour durch das Haus passieren Besucher unter anderem die
Säulenhalle, das Gästekasino und
können – nach derzeitigem Planungsstand – einen Blick in das
Büro der Verteidigungsministerin
werfen. Führungen gibt es auch
am Ehrenmal der Bundeswehr.
Zurück auf dem Paradeplatz
zeigen die Stützpunkttaucher
Wilhelmshaven in einem Tauchcontainer, was sie können. Ob
Foto: Bundeswehr/Till Rimmele
Berlin. Wenn sich am 27. und
28. August jeweils von 10 bis 18
Uhr die Türen des Verteidigungsministeriums in Berlin öffnen,
haben die Organisatoren bereits
Mammutaufgaben erledigt. Neun
Schwerlasttransporte wurden
koordiniert, um Großgeräte der
Bundeswehr zum Bendlerblock
zu befördern. Der Schützenpanzer Puma, der Kampfpanzer
Leopard 2 und das gepanzerte
Transportfahrzeug GTK Boxer
werden zu sehen sein. Ein Blick
ins Cockpit eines Tornados ist
ebenfalls möglich.
Im Bendlerblock selbst stellen
Mitarbeiter des Ministeriums als
Tourguides den Besuchern ihren
Arbeitsplatz vor. „Das verleiht
jeder einzelnen Führung eine sehr
persönliche Note“, sagt die Leiterin des Besucherdienstes, Oberst-
Foto: Bundeswehr/Andrea Bienert
18. Tag der offenen Tür der Bundesregierung am Dienstsitz des Verteidigungsministeriums in Berlin.
Tag der offenen Tür im vergangenen Jahr: Auch in diesem Jahr werden
wieder ein Tornado (l.) und das Wachbataillon (r.) zu sehen sein.
die Schuhe des Helmtauchers
tatsächlich jeweils elf Kilo wiegen und der ganze Anzug gar 90?
Auch das können Besucher nachprüfen.
Das Drillteam des Wachbataillons ist mit dabei, genauso wie
die große Flughafenfeuerwehr
und die Diensthunde der Bundes-
wehr, die Sprengstoff aufspüren
oder Angreifer dingfest machen.
Auch Sportsoldaten, die gerade
von den Olympischen Spielen
aus Brasilien zurückgekehrt sind,
gestalten das Programm mit.
Um bei all den Angeboten
nicht den Überblick zu verlieren,
haben Interessierte die Möglich-
keit, auf einer Hebebühne in luftige Höhen gefahren zu werden
und so eine Gesamtschau über
den Platz zu erhalten.
Die Bundeswehr als Arbeitgeber ist für den Nachwuchs interessant. Karriereberater haben nicht
nur den Überblick über die Vielfalt der aktuellen Jobangebote,
sondern können auch individuelle
Tipps für eine Bewerbung bei der
Bundeswehr geben.
Der Parlamentarische Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung, Markus
Grübel, wird am Tag der offenen Tür am Sonnabend teilnehmen und sich den Fragen zum
Auftrag der Bundeswehr stellen.
Am Sonntag führt der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Volker Wieker, Gespräche mit
Besuchern und Gästen. (pau)
4
aktuell
POLITIK / HINTERGRUND
22. August 2016
Russland greift IS
vom Iran aus an
Moskau. Die russische Luftwaffe hat in der vergangenen
Woche erstmals vom Iran aus
Angriffe auf Ziele in Syrien
geflogen. Darunter waren die
Provinzen Aleppo, Deir Essor
und Idlib. Nach Angaben des
russischen Verteidigungsministeriums hätten die Angriffe
dem Zweck gedient, den „Islamischen Staat“ (IS) und die
­Al-Nusra-Front
­
anzugreifen.
Neben mehreren Ausbildungslagern des IS seien auch Lager für
Waffen und Treibstoff zerstört
worden. Nach Einschätzung des
Westens stehen Russland und der
Iran im syrischen Bürgerkrieg an
der Seite des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Sie unterstützen ihn militärisch, finanziell
und politisch.
(gt)
Regierungsgegner
geraten unter Feuer
Conakry. Bei einer Kundgebung im westafrikanischen Guinea haben Sicherheitskräfte in der
vergangenen Woche das Feuer
auf Regierungsgegner eröffnet
und mindestens einen Menschen
getötet. Zwölf weitere seien verletzt worden. Bei der Großdemonstration gegen die Regierung in der Hauptstadt Conakry
seien Teilnehmer gewalttätig
geworden, so Sicherheitsminister
Kabélè Camara. Guinea ist eines
der ärmsten Länder der Erde. Die
Bevölkerung hofft auf ein Ende
der Korruption und Arbeitslosigkeit sowie mehr Respekt vor
demokratischer Freiheit. (pw)
Energie: Litauen will die Wahl
Das Land will sich unabhängig machen – von russischen Öl- und Gaslieferungen.
Von Julia Weigelt
Klaipeda/Litauen. Der Name
des Erdgas-Terminals macht
sofort klar, wie Litauen seine
Investition versteht: „Independence“ („Unabhängigkeit“) heißt
die schwimmende Anlage, an der
Tanker aus aller Welt flüssiges
Erdgas anliefern. Unabhängigkeit will der baltische Staat auch.
Unabhängigkeit von den Erdgaslieferungen aus Russland, auf die
Litauen bislang angewiesen war.
Das Anfang 2015 in Betrieb
genommene Terminal wurde unter
anderem mit Fördermitteln der
EU gebaut. Denn auch die Europäische Union möchte die Marktmacht des russischen Staatskonzerns Gazprom bremsen, dessen
Gas- und Öllieferungen rund ein
Drittel des europäischen Bedarfs
ausmachen.
Energie als
Druckmittel
Der CDU-Europaabgeordnete Michael Gahler unterstützt
diese EU-Linie: „Russland missbraucht seine Energielieferungen für politische Zwecke“, sagt
der sicherheitspolitische Sprecher
der konservativen EVP-Fraktion der Redaktion der Bundeswehr. „Moskau will mit diesem
Druckmittel die Unabhängigkeit
von Staaten verhindern oder einschränken.“ Diese Druckmittel
reichen von überhöhten Gaspreisen bis hin zum Lieferstopp, wie
bereits in der Ukraine geschehen.
Die EU ging gegen Gazprom
zuletzt mit einem Wettbewerbsverfahren vor. Im April 2015 beschuldigte Wettbewerbskommissarin
Margrethe Vestager den russischen Konzern, seine marktbeherrschende Stellung missbraucht zu
haben.
Während Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite von einem
„Ende der Erpressung durch den
Kreml“ sprach, nannte Russlands
Außenministerium die EU-Klage
„inakzeptabel”.
„Kein
Boykott“
Die „Independence“, die im
Hafen von Klaipeda vor Anker
liegt, ermöglicht Litauen nun
zwischen mehreren Anbietern
wählen zu können. „Litauen will
Russland ja nicht boykottieren“,
sagt Michael Gahler. „Es möchte
aber Wahlmöglichkeiten haben.
Und wenn der Preis stimmt, können die Litauer auch bei Russland
kaufen.“ Die Folgen des Terminalbaus waren enorm: Gazprom
senkte den Gaspreis um 20 Prozent ab. Litauen hat sich beim
Abschluss eines neuen Liefervertrages dennoch für Norwegen
entschieden, das sein hochverdichtetes Flüssigerdgas („LNG“,
siehe Kasten) mit Tankern über
die Ostsee bringt. Damit beliefert
die litauische Firma Litgas inzwischen auch die Nachbarstaaten
Estland und Lettland.
Die Unabhängigkeit von
russischen Energielieferungen
bleibt indes Thema im EU-Parlament. Gazprom möchte in
der Ostsee eine weitere Pipeline nach Deutschland verlegen
(„Nord Stream 2“), was die konservative Europäische Volkspartei ablehnt. EVP-Fraktionsvorsitzender Manfred Weber
hält das Projekt für unvereinbar
mit dem Ziel der EU, Energie
von verschiedenen Lieferanten
zu bekommen. Die Abhängigkeit von russischen Gasimporten
würde durch „Nord Stream 2“
sogar noch erhöht, ist sich
Weber sicher. Die Bundesregierung macht sich indes für das
Projekt stark, um bei Krisen in
Transitländern wie der Ukraine
dennoch russisches Gas beziehen zu können.
Das Beispiel Litauen zeigt,
wie schnell Energielieferungen
vom wirtschaftlichen zum geopolitischen Thema werden – und
zwar in der gesamten EU.
„Wir brauchen Öl und Gas
sowohl für unsere Bürger als
auch unsere Industrie“, sagt der
Europaabgeordnete Michael
Gahler. „Wenn wenige Anbieter uns Preise diktieren, bedroht
das unsere Wettbewerbsfähigkeit.
Deswegen brauchen wir Liefersicherheit zu konkurrenzfähigen
Preisen.“
Foto: AFP/Getty Images/Petras Malukas
Berlin. Moskau hat angesichts
der humanitären Krise in Aleppo
seine Bereitschaft erklärt, jede
Woche eine 48-stündige Feuerpause in der syrischen Großstadt
einzuhalten. Die Feuerpause solle
erstmals in dieser Woche Hilfslieferungen für die belagerte
Bevölkerung ermöglichen, teilte
das russische Verteidigungsministerium am vergangenen Donnerstag mit. Die Bundesregierung
begrüßte Russlands Bereitschaft
ausdrücklich. Außenminister
Frank-Walter Steinmeier hatte
Anfang vergangener Woche bei
einem Treffen mit seinem russischen Amtskollegen Sergej
Lawrow darauf gedrungen, die
Versorgung der Menschen in der
umkämpften syrischen Großstadt
mit humanitärer Hilfe zu ermöglichen. Ursprünglich hatte Moskau, dessen Luftwaffe Angriffe
auf den „Islamischen Staat“ in
Aleppo fliegt, nur eine täglich
dreistündige Feuerpause zubilligen wollen.
(ogo)
Foto: Alamy Stock Photo/ZUMA Press, Inc./Serg Glovny
In Aleppo sollen 48
Stunden Waffen ruhen
Oktober 2014: Litauer begrüßen die „Independence“.
LNG: Behandeltes Erdgas
LNG („Liquified Natural Gas“) ist Flüssigerdgas, das auf minus
164 Grad Celsius gekühlt ist. Es ist so viel dichter als unbehandeltes Erdgas und kann auch mit Schiffen oder Zügen transportiert werden. Im Terminal im litauischen Klaipèda wird der Brennstoff wieder in seinen gasförmigen Zustand umgewandelt und
kann durch konventionelle Gasleitungen fließen.
Konflikt in der Ukraine schürt Ängste im Baltikum – Spannungen nehmen zu
Berlin. Das besondere Sicherheitsbedürfnis
der baltischen Staaten und Polens ist vor
dem Hintergrund des Konflikts zwischen
Russland und der Ukraine zu sehen. Die
Kontroverse um die Krim rückte in der vergangenen Woche wieder in den Fokus der
Weltöffentlichkeit.
Die Ukraine versetzte ihre Soldaten in
Alarmbereitschaft, nachdem Russland eine
Ausweitung seiner Militärpräsenz auf der
2014 annektierten Schwarzmeer-Halb-
insel angekündigt hatte. Angesichts der
neuen Spannungen zwischen Russland
und der Ukraine rief Außenminister FrankWalter Steinmeier zur Zurückhaltung auf.
„Deeskalation“ sei das Gebot der Stunde,
sagte Steinmeier nach einem Gespräch mit
seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow
in Jekaterinburg. Lawrow sagte, es sei „entscheidend, sich nicht von Emotionen hinreißen zu lassen und nicht auf extreme Weise
zu handeln“.
Moskau wirft der Ukraine vor, auf der Krim
Unruhe stiften zu wollen und heimlich bewaffnete Gruppen dorthin entsandt zu haben. Die
Ukraine wies die Vorwürfe zurück.
Die Organisation für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa äußerte sich
in der vergangenen Woche besorgt über
anhaltende Verstöße ukrainischer Truppen
und prorussischer Separatisten gegen das
Waffenstillstandsabkommen in der Ostukraine.
(eb)
22. August 2016
EINSATZ / BUNDESWEHR
Vom Zelt zur Pionierschule
Prizren. Planungsoffiziere
des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr, der
militärischen Organisationsbereiche und des Österreichischen Bundesheeres haben im
Kosovo mit der Führung des 44.
Deutschen Einsatzkontingents
KFOR die Rückverlegung
der Einsatzkompanie besprochen. Dabei ging es auch um
die für 2017 geplante Übernahme der Führung des Operational Reserve Force Bataillons durch das Bundesheer. „Wir
sehen der Rückverlegung der
Einsatzkompanie positiv entgegen und denken, dass keine
zusätzlichen Herausforderungen zu erwarten sind“, sagt
Oberstleutnant Sascha K., der
für die KFOR-Planung im Einsatzführungskommando der
Bundeswehr zuständig ist. (fsc)
Wie geht
es weiter?
Schwerpunkt ist nun, die Feinheiten auszuplanen und die afghanischen Ausbilder auf den Stand
der amerikanischen Mitarbeiter
zu bringen, die derzeit noch in den
Ausbildungsklassen unterstützen.
Und: In naher Zukunft soll eine
zusätzliche Ausbildungsfläche
für Abwehrmaßnahmen gegen
selbstgebaute, unkonventionelle
Sprengladungen geschaffen werden – durch die sogenannten IED
(Improvised Explosive Devices)
sterben in dem Land weiterhin
Hunderte Menschen pro Jahr.
Mehrere Bauruinen werden derzeit zu einem Ausbildungsareal
umgebaut, das zum Aufspüren
und Räumen von versteckten
Ladungen in Gebäuden genutzt
werden soll.
Die Bandbreite der Lehrgänge
hat im Laufe der Zeit deutlich
zugenommen. Wurden in der
Anfangsphase im Wesentlichen
Pioniere für die Unterstützung der
Kampftruppen benötigt, werden
mittlerweile auch Fähigkeiten als
Schreiner, Klempner, Elektriker
für den Betrieb eigener Liegenschaften ausgebildet.
Neue Kurse werden zunächst
durch die amerikanischen Ausbilder übernommen und nach und
nach an die Afghanen übergeben.
„Es ist immer wieder schwierig, die Balance zu finden, wann
diese Aufgaben an die afghanischen Ausbilder übergeben werden können“, sagt Oberstleutnant
Stefan K., einer der deutschen
Berater vor Ort. Letztlich führe
aber kein Weg daran vorbei, den
Afghanen die volle Verantwortung zu überlassen, um das Ziel
einer selbstständigen afghanischen Armee zu erreichen.
Der vollständige Bericht auf
www.einsatz.bundeswehr.de.
Foto: Bundeswehr/Wilfried Luchtenberg
Schreiner, Klempner,
Elektriker
Fotos: Bundeswehr/Marcus Schaller (3)
Masar-i Scharif. Eine Zeltstadt und nur wenig pioniertechnische Ausrüstung – das waren
die Anfänge der Pionierschule in
Afghanistan. Inzwischen sieht das
ganz anders aus: Heute lernen an
der Schule bis zu 1000 Soldaten
in 17 verschiedenen Lehrgängen,
und zwar gleichzeitig.
Von Beginn an war die Pionierschule ein Schwerpunkt der deutschen Beteiligung beim Aufbau
der Afghan National Army. Ende
2009 wurde sie im afghanischen
Camp Shaheen in Masar-i Scharif
aufgestellt und auch heute noch
von deutschen und internationalen Soldaten der Mission Resolute Support beraten.
Im Jahr 2010 waren zusätzlich
zur Zeltstadt die ersten Gebäude
errichtet, die Schule besaß etwa
70 Prozent der vorgesehenen
technischen Ausrüstung. So
oder so lief die Ausbildung unter
Schulkommandeur Oberst Ahmadullah und mit Hilfe ziviler amerikanischer Ausbilder an. Inzwischen besteht eine Infrastruktur
von 55 Gebäuden und auch die
Zahl der afghanischen Ausbilder
hat zugenommen. „Wir bilden
selbst aus“, sagt Oberst Ahmadullah nicht ohne Stolz.
5
Rückführung
bei KFOR im Plan
Die Geschichte eines militärischen Entwicklungsprojektes in Masar-i Scharif.
Von Wilfried Luchtenberg
aktuell
Fortschritt: Schulkommandeur Oberst Ahmadullah besichtigt mit dem
internationalen Beraterteam die Pionierschule (o.). Im Hintergrund
stehen die ersten festen Gebäude (M.). Hier wird im Entschärfen
von Kampfmitteln an einem Roboter ausgebildet (u.).
UNMISS –
4000 Blauhelme mehr
Juba. Der UN-Sicherheitsrat hat die Entsendung von
4000 zusätzlichen Blauhelmsoldaten in den Südsudan
beschlossen. Mit der Resolution
wird das Mandat von UNMISS
(United Nations Mission in
the Republic of South Sudan)
bis Mitte Dezember verlängert. Auf Grund der aktuellen Entwicklungen im Land
sollen die zusätzlichen Soldaten
die bisher 13 500 Mann starke
Blauhelmmission unterstützen.
Die Soldaten sollen überwiegend
aus afrikanischen Streitkräften
kommen. Die deutsche Mandatsobergrenze von 50 Soldaten
ist nicht betroffen. Derzeit befinden sich 18 deutsche Soldaten bei
UNMISS im Einsatz.
(kie)
Das letzte große Manöver
Dschibuti. Vor zwei Wochen
haben die Fregatte „Bayern“
und der Betriebsstofftransporter
„Spessart“ das Einsatzgebiet
bei „Atalanta“ verlassen. Beide
kehren in diesen Tagen in ihre
Heimathäfen zurück. Ein Ersatz
für die beiden Einheiten ist während der Monsunzeit in Somalia
nicht geplant. Die derzeit rund
30 deutschen Soldaten im Unterstützungselement Dschibuti
werden ab September wieder
durch die Marineflieger der Einsatzgruppe P-3C Orion verstärkt.
Als letztes gemeinsames
Manöver übten die beiden Schiffe
das Abschleppen. Was bei einer
Autopanne auf der Straße Standard ist, gestaltete sich auf
See für die Fregatte „Bayern“
Fotos: Bundeswehr/Christin Krakow (2)
„Bayern“ und „Spessart“ kehren von „Atalanta“ zurück – vorher hängen noch 14 000 Tonnen am Haken.
Am Haken: Die „Spessart“ (l.) wird durch reine Muskelkraft der Besatzung gehalten.
und den Betriebsstofftransporter „Spessart“ allerdings etwas
komplizierter. 14 000 Tonnen an
einen Haken zu nehmen, ist ein
forderndes Manöver.
Per Funk meldet die vermeintlich manövrierunfähige „Spes-
sart“ ihren Defekt zunächst an die
Fregatte „Bayern“. Nach genauer
Analyse von Wind und Strömung
kann das Abschlepp-Manöver
starten. Langsam nähert sich die
„Bayern“ der rund 130 Meter langen „Spessart“. „In einem Winkel
von fast 90 Grad fahren wir auf
sie zu. Mit Hilfe des Windes drehen wir dann langsam ein, bis
wir direkt vor ihr stehen“, erklärt
„Bayern“-Kommandant Fregattenkapitän Markus Brüggemeier.
Kurz bevor sich das Heck der
Fregatte auf Höhe des Bugs der
„Spessart“ befindet, wird eine
Leine in Richtung des Betriebsstofftransporters verschossen.
Die erste Verbindung steht. Unter
dem Kommando des Decksmeisters wird die Schleppleine übergeben und an der Ankerkette
befestigt.
Am Ende des Tages hat die
„Bayern“ zehn Anläufe durchgeführt. Vier Mal wurde eine
Verbindung zur „ Spessart“
hergestellt, bei den restlichen
sechs Anläufen konnten die
Wachoffiziere das Anfahren
der „Schleppanläufe“ üben.
Der Kommandant ist zufrieden:
„Sicherlich eine außergewöhnliche Möglichkeit. Es ist alles gut
und sicher verlaufen.“ (chk/kie)
aktuell
STREITKRÄFTE
t
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L
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d
n
Stä
TEIL 1
Von Burghard Lindhorst
Saalfelden/Österreich. Wallner-Kaserne. Im Hörsaal 7 des
Gebirgskampfzentrums blicken
34 Augenpaare erwartungsvoll in
Richtung Tür. Seit Monaten haben
sich die Lehrgangsteilnehmer
intensiv auf diesen Moment vorbereitet. Es ist 13.00 Uhr. Major
Philipp Egele und sein binationales Ausbildungsteam treten
ein. Der Lehrgangskommandant
des ­Heeresbergführerlehrganges
beginnt mit der Einweisung in
die Überprüfungswoche. Dort
werden Kondition, Durchhaltewillen, Klettervermögen in Eis
und Fels sowie skifahrerisches
­
Können
getestet.
Im Dezember 2013 hatten das
Österreichische Bundesheer und
die Bundeswehr einen Vertrag
über die Kooperation bei Ausbildungs- und Übungsvorhaben unterzeichnet. Die qualifizierte Gebirgsausbildung sieht
ein zweistufiges Modell vor. Das
besteht aus dem Heereshochgebirgsspezialisten (HHGS) und
dem Heeresbergführer (HBF) als
Höchstqualifikation. Der erste
HBF-Pilot-Lehrgang wurde
2015/16 am Ausbildungsstützpunkt Gebirgs- und Winterkampf
in Mittenwald durchgeführt. Die
34 Kandidaten des zweiten Lehrganges kommen aus insgesamt
fünf Ländern. Unter ihnen sind
zwei Soldaten aus Großbritannien, zwei Schweden und ein
­
Niederländer.
Am nächsten Tag wird es
ernst. Wenige Kilometer von der
Kaserne entfernt ist der Kletter-
Der zweite binationale Heeresbergführerlehrgang hat begonnen. Zuvor
müssen die Lehrgangskandidaten in einer knallharten Überprüfungswoche nachweisen, dass sie die Einstiegsvoraussetzungen erfüllen.
garten „Rieder Pauli“, benannt
nach einem ehemaligen Ausbilder des Gebirgskampfzentrums.
„Den Schwierigkeitsgrad 4+ im
alpinen Gelände im Vorstieg mit
schweren Profilschuhen beherrschen“, so beschreibt Egele die
Forderung. Vier Touren sind vorbereitet. Zwei davon sind Pflicht
für alle teilnehmenden Soldaten, die dritte wird zugelost. Alle
unter Seilsicherung, jeweils 30
bis 45 Meter lang. Eine davon in
einem Kamin zwölf Meter senkrecht hoch.
Auf dem
Gletscher
Aufmerksame Beobachter
sind auch der Kommandant des
Gebirgskampfzentrums, Oberst
Jörg Rodewald, und der Leiter des Mittenwalder Ausbildungsstützpunktes Gebirgs- und
Winterkampf, Oberst Michael
Warter. Rodewald betont, die
Teilnehmer seien „ständig am
Limit“ gefordert. „Von jeder
Nation das Beste übernehmen“,
benennt Warter seine Zielsetzung. So könnten Ausbildung
und Ausrüstung weiter perfektioniert und vereinheitlicht werden. Die Heeresbergführer seien
die ersten Berater der Kommandeure bei der Planung, Vorbereitung und Durchführung von Einsätzen im Gebirge. Ganz wichtig
ist dabei auch die nur bei ihnen
vorhandene Expertise zur Leitung von Bergrettungseinsätzen
bei Unfällen im schwierigen oder
extremen Gelände im Auslandseinsatz.
Bei strahlendem Sonnenschein geht die Kletterüberprüfung zu Ende. Alle wissen: Der
nächste Tag wird Ihnen erneut
alles abverlangen. Prüfungen im
Tiefschnee und im Eis stehen an.
Es wird eine kurze Nacht.
Um 4.45 Uhr Antreten, danach
Abfahrt mit Bussen. Nach zweieinhalb Stunden Ankunft in Hintertux. Der dortige Gletscher
bietet an 365 Tagen perfekt präparierte, schneesichere Abfahrten. Von der Talstation in 1500
Metern Höhe aus geht es mit den
Gondelbahnen hinauf bis zur Station „Gefrorene Wand“ auf 3250
Meter.
Den Aufstieg
alleine meistern
Morgens um neun Uhr scheint
noch die Sonne. Optimale Bedingungen. Mehrere Ski-Nationalteams trainieren an derselben
Stelle. Die Lehrgangsteilnehmer würdigen die herrliche
Landschaft allerdings mit keinem Blick. Sicheres und kontrolliertes Kurvenfahren in paralleler Skistellung und verschieden
großen Radien in unterschiedlich
steilem, unverspurtem Gelände
mit Rucksack und dienstlicher Skiausrüstung: So
lautet die Aufgabe. In
drei Gruppen eingeteilt müssen die
Soldaten auf jeweils drei verschiedenen Abfahrten ihr Können zeigen. Wechselnde Schneeverhältnisse und phasenweise
diffuses Licht erschweren die
Aufgabenstellung.
12.30 Uhr. Schlagartig ändert
sich das Wetter: zuerst Regen,
dann Schnee und Nebel. Die
Sichtweite sinkt auf 20 Meter.
Major Egele entscheidet sich,
die für den Nachmittag geplanten
Elemente Klettern und Gehen im
Eis in einer kombinierten Aufgabe zusammenzufassen. So will
er Zeit sparen vor Eintreffen des
Gewitters.
Sammelpunkt ist der Fuß des
3476 Meter hohen
Olperer.
In Gruppen zu fünf
Soldaten
geht es hoch
Richtung
­G i p f e l .
E i n e r
nach dem
Anderen
verschwindet
im
Nebel.
Am
Einstieg des vereisten, teilweise
auch noch mit Schnee bedeckten
Grates werden sie eingewiesen
und müssen von da ab alleine den
Aufstieg meistern. Sie haken sich
in das Sicherungsseil ein, dürfen
es als Hilfe aber nicht nutzen.
Die besondere Schwierigkeit:
Sie tragen immer noch die festen Skistiefel und nun zusätzlich
darunter die Steigeisen. Diese
ermöglichen es den steilen Grat
mit wechselnden Verhältnissen
– blanker Fels, Eis, Schnee –
zu bewältigen. Dafür benötigen
die Teilnehmer Grundfertigkeiten beim Klettern mit Steigeisen,
Feingefühl und technisches Können. Die mit der Schlechtwetterfront einhergehende Nässe und
Kälte fordert die Lehrgangsteilnehmer zusätzlich.
aktuell
und Klettern im Eis“. Dabei
müssen die HBF-Anwärter die
Grundfertigkeiten beim vertikalen Aufstieg und bei horizontalen
Querungen mit der Frontal- und
Vertikalzackentechnik zeigen.
Nach rund 30 Minuten haben
sie es geschafft und machen sich
einzeln auf zum Sammelpunkt.
Der Kampf
gegen die Uhr
Zurück in der Kaserne bleibt
erneut nicht viel Zeit, den Tag
noch einmal Revue passieren
zu lassen. Denn der letzte Prüfungsteil wartet mit unerbittlicher Härte auf sie.
Die ganze Nacht über Regen.
Die Wege sind aufgeweicht und
glitschig. Alles Andere als gute
Bedingungen.
Die 34 Kandidaten marschieren geschlossen zum Startpunkt
des Konditionslaufes. Dieser liegt
am Fuße des 2347 Meter hohen
Persailhorns. Ihre Aufgabe: Eilmarsch ins Gebirge. Die Herausforderung bei der fünf Kilometer
langen Strecke ist der brutale Aufstieg von 600 Höhenmetern. Mit
zwölf Kilogramm Gepäck. „Eine
Prüfung mit klaren Regeln“,
erklärt Major Egele.
„Springt
der Zeiger von
59 Minuten auf eine Stunde um,
gilt sie als nicht bestanden.“
Da der Weg teilweise sehr schmal ist, findet der Massenstart in
zwei Gruppen mit fünf Minuten
Abstand statt. Der Starter steht
über Mobiltelefon mit dem Ziel in
Verbindung, um eine exakte Zeitmessung zu garantieren. „Fünf
– vier – drei –zwei –eins – los!“
Fast alle Läufer drücken die Stoppuhr an der eigenen Armbanduhr. Die Ersten stürmen voran.
Sie wollen vorne sein, wenn die
Gruppe nach 50 Metern vom
breiten Forstweg
in einen engen Wanderpfad abbiegen muss. Dort ist das Überholen
schwierig. Von nun an nur noch
bergauf. Ohne Pause. Das steilste
Stück kurz vor dem Ziel. Dann
noch über eine dreistufige Treppe
und es ist geschafft. Schnellster
– mit 43 Minuten und 26 Sekunden – ist Oberleutnant Peter Lamprecht vom Jägerbataillon 26 aus
Spittal an der Drau.
Am Nachmittag fassen die
Ausbilder ihre Erkenntnisse
zusammen. Am Ende wissen 30
Soldaten, dass sie die Überprüfungswoche bestanden haben. Sie sind
7
zum echten „Lehrgangsteilnehmer“ geworden.
Der Sommerteil des Lehrgangs
startet mit den Ausbildungsabschnitten „Fels Basis“ in Saalfelden und „Fels Alpin“ im Wilden
Kaiser. Die Felsprüfung wird in
den Dolomiten sein. Danach geht
es wieder ins Eis, unter anderem nach Chamonix. Der Winterteil beginnt im Januar und endet
Ostern. Im Mai soll die offizielle
Ernennung zum Heeresbergführer erfolgen. Wer diese einzigartigen Herausforderungen besteht,
darf dann zu Recht das Abzeichen an seiner Brust tragen.
Der Beitrag „Der
Gehen und
Klettern im Eis
Weg zum Heeresbergführer“ unter
www.youtube.com/
Nach dem
Fels dann
„Gehen
bundeswehr.
1 Prüfung auf der Piste: Die Soldaten
müssen auf jeweils drei verschiedenen
Abfahrten ihr Können zeigen.
1
2
2 Der Kampf gegen die Uhr: Fünf Kilometer und 600 Höhenmeter müssen die
Teilnehmer mit zwölf Kilogramm
Gepäck bewältigen.
3 An der Wand: Einer der Leistungstests
ist in der Kletterhalle.
4 Aufmerksame Beobachter: Oberst Jörg
Rodewald (2. v. l.), Kommandant des
Gebirgskampfzentrums, und der
Leiter des Mittenwalder Ausbildungsstützpunktes Gebirgs- und Winterkampf,
Oberst Michael Warter (1. v. l.) sind bei
der Überprüfungswoche dabei.
5 Unter Sicherung: Wenige Kilometer von
der Kaserne entfernt ist der Klettergarten „Rieder Pauli“. Hier müssen die
Kandidaten drei Touren absolvieren.
4
5
3
Die Ausbildung zum Heeresbergführer
Die Ausbildung zum Heeresbergführer (HBF) wird seit
2015 in einem gemeinsamen Lehrgang wechselweise
beim Ausbildungsstützpunkt Gebirgs- und Winterkampf in Mittenwald und dem Gebirgskampfzentrum
der Heerestruppenschule in Saalfelden, Österreich,
durchgeführt. Sie ist keine Laufbahnprüfung, sondern
eine Zusatzqualifikation.
Ausbildungsziel ist die Fähigkeit und Fertigkeit sowie
die Bereitschaft, die Aufgaben eines HBF unter allen
Bedingungen zu beherrschen. Die Ausbildung erfolgt
in zwei Lehrgängen:
• HBF-Sommer-Lehrgang
(960 Ausbildungsstunden).
• HBF- Winter-Lehrgang (644 Ausbildungsstunden).
Die zwei Lehrgänge werden innerhalb eines Jahres
absolviert, wobei der Sommer-Lehrgang zwingend vor
dem Winter-Lehrgang stattfinden muss. Dazwischen
nehmen die Teilnehmer ihren Urlaub und/oder gehen
in die Stammeinheit zurück.
Während des Sommer-Lehrgangs sollen die Lehrgangsteilnehmer befähigt werden,
• zur Erfüllung eines Auftrages im Hochgebirge
Soldaten im Sommer gebirgstechnisch zu führen,
• Rettungsmaßnahmen im Sommer, auch unter
Abstützung auf Hubschrauber, durchzuführen
und zu leiten,
• schwierige Geländeabschnitte im Gebirge im
Sommer für die Truppe gangbar zu machen,
• die Ziele der Gebirgsausbildung gemäß ANTRA
2-3 und der Aus-und Fortbildung der Heereshochgebirgsspezialisten (HHGS) und der
Vorbereitung von Soldaten für den HBF-Lehrgang
im Sommer zu vermitteln und/oder
diese Ausbildungen zu leiten und
• vorgesetzte Ebenen bis zum Kommandeur bei
Planung, Vorbereitung und Durchführung von
Einsätzen im Gebirge im Sommer zu beraten und
im Führungsverfahren mitzuwirken.
Im Rahmen des Winter-Lehrgangs sollen die Lehrgangsteilnehmer befähigt werden,
• durch strategische und analytische Verfahren die
Lawinengefahr für militärische Unternehmungen
zu bewerten und gefahrenreduzierende
Maßnahmen (einschließlich Lawinensprengen)
durchzuführen,
• Aufträge als HBF-Truppführer im winterlichen
Hochgebirge durchzuführen,
• plan- und behelfsmäßige Bergrettungsverfahren
mit Schwerpunkt Rettung aus Lawinenfeldern
durchzuführen und zu leiten,
• die Gebirgs- und Skiausbildung im Winter zu planen,
durchzuführen und zu leiten und
• vorgesetzte Ebenen bis zum Kommandeur bei
Planung, Vorbereitung und Durchführung von
Einsätzen im winterlichen Hochgebirge gebirgstechnisch zu beraten und im Führungsverfahren
mitzuwirken.
4
Fotos: Bundeswehr/Burghard Lindhorst (4); Bundeswehr/Christian Thiel (3)
6
8
aktuell
BUNDESWEHR
22. August 2016
Auf Spurensuche
Änderungen bei
Bekleidungsartikeln
FELDJÄGER
Teil 1
Berlin. Nach der Übernahme des
LHBw­Konzerns hat der Bund
nun die Geschäftsprozesse geprüft.
Ergebnis der Prüfung war, dass
die Soldaten mit Bekleidungs­
zuschüssen und Abnutzungsent­
schädigungen aktuell auch Artikel
abrechnen können, die sie nach
den gesetzlichen Bestimmungen
nicht abrechnen dürften. Hierbei
handelt es sich um solche Artikel,
die entweder bereits unentgeltlich
bereitgestellt werden, beispiels­
weise Kampfhandschuhe, oder
die nicht vorgehalten werden
müssen, wie der Gesellschaftsan­
zug. Ab dem 30. September 2016
werden die Selbsteinkleider und
Teilselbsteinkleider zunächst nur
noch Artikel abrechnen können,
die sie auch selber beschaffen
müssten. Die Umstellung wird
jedoch keinen Einfluss auf die
bestehenden Guthaben der Treu­
handkonten haben.
(hdl)
Mehr dazu auf www.bundeswehr.de
Bundeswehr
auf Snapchat
Von Cornelia Riedel
Berlin. Mein Fin­
gerabdruck prangt
unsichtbar auf dem
glänzenden Metall
der Edelstahl­Thermoskanne.
Leutnant Thomas Leonhardt
streift sich die weißen Gum­
mihandschuhe über und tunkt
einen dünnen schwarzen Pin­
sel in Rußpulver. „Ich sichere
jetzt Ihre Fingerspuren an der
Kanne“, erklärt er, während er
den feinen Staub über die Stellen
pudert, an denen ich vorher die
Kanne berührt habe. Nach und
nach erscheinen dünne schwarze
Linien auf dem Gefäßbauch.
Leonhardt löst die Schutzschicht
von einer Fingerabdruckfolie und
presst sie auf meinen Kaffeekan­
nen­Fingerabdruck. „Die klas­
sische Handarbeit eines Tator­
termittlers“, nennt er das. Dann
sichert er meinen Fingerabdruck
auf einer Karteikarte mit Maß­
stab und Angabe des verwen­
deten Pulvers und Pinsels. Der
34­Jährige leitet die Ermittler­
gruppe der 9. Kompanie des Feld­
jägerregiments 1 in Leipzig. „Als
Gruppenführer bin ich für neun
Feldwebel verantwortlich, die
unter anderem Spuren am Tatort
sichern oder Verkehrsunfälle auf­
nehmen“, erzählt der Leipziger.
Zeugenaussagen
unter die Lupe nehmen
Die Ermittlergruppe der Feld­
jäger wird immer dann gerufen,
wenn Spuren zu sichern, Indizien
zu sammeln oder Zeugen zu
befragen sind. „Unsere Aufga­
ben sind teilweise mit denen der
Mit Akribie: Leutnant Thomas Leonhardt sichert mit Rußpulver einen Fingerabdruck an der Thermoskanne (o.l. u. r.). Mithilfe von Wischproben kann er am Telefon Drogenspuren feststellen (l.u.).
polizeilichen Tatortermittler ver­
gleichbar“, erzählt Leonhardt.
Sein Spezialgebiet als Offi­
zier sind dabei Vernehmungen.
„Beim Ermittlerlehrgang an der
Schule für Feldjäger­ und Stabs­
dienst der Bundeswehr in Han­
nover habe ich gelernt, wie man
mit unterschiedlichen Frage­
techniken Zeugen und Tatver­
dächtige interviewt.“ Beweise
vom Fingerabdruck über Brand­
beschleuniger­Reste bis hin zu
Zeugenaussagen werden von
den Ermittlern unter die sprich­
wörtliche Lupe genommen. „Da
bekomme ich schon Fingerkrib­
beln, denn ich will den Fall auf­
klären und die Puzzleteile bei der
Tätersuche zusammentragen. Das
ist eine spannende Aufgabe!“
Drogentests
am Arbeitsplatz
Doch nicht nur Brände und Fin­
gerabdrücke können die Leipzi­
ger Feldjäger analysieren, auch
Drogentests gehören zu ihren
Aufgaben: Auf Ersuchen eines
Disziplinarvorgesetzten packt
Leonhardt ein Teststäbchen aus
einer Folie, wischt damit einige
Mal über einen Telefonhörer und
tropft die Probe auf einen Test­
streifen. Auf einer Skala sind etli­
che Abkürzungen aufgedruckt.
„Damit können wir Wischproben
nehmen und feststellen, ob und
welche Drogen konsumiert oder
auch transportiert wurden.“ Zur
Ausrüstung der Ermittlertruppe
gehört für all diese Aufgaben ein
kompletter Spurensicherungssatz.
Neben großen und kleinen Pin­
seln, Ruß­ und Magnetpulver für
Fingerspuren haben die Feldjäger
Foto­ und Videokameras, Mate­
rial für Gipsabdrücke, Diktierge­
räte und auch eigene Rauschgift­
oder Sprengstoffspürhunde. Hinzu
kommt eine umfangreiche Unfall­
aufnahmeausstattung, die insbe­
sondere im Auslandseinsatz zur
Anwendung kommt. „Damit kön­
nen wir den Unfallort von oben
fotografieren, um das Geschehen
dann am PC realitätsgetreu nach­
zustellen, Brems­ und Blockier­
spuren zu analysieren und das
Trümmer­ und Splitterfeld ein­
zugrenzen“, so Leonhardt. „Wahr­
heit schaffen“, das ist für Leon­
hardt erklärtes Ziel seiner Arbeit.
Den Himmel im Blick
Bei Persistent Presence überwachen Soldaten aus Holzdorf den Luftraum über dem Baltikum.
Fotos: Bundeswehr/Johannes Heyn (2)
Berlin. Ein kleiner Geist vor
gelben Hintergrund: Das ist
Snapchat. Rund 200 Millionen
Menschen sollen die kostenfreie
App bereits weltweit nutzen, um
damit Bilder und Videos zu ver­
schicken. Zwischen 16 und 24
Jahre ist mehr als die Hälfte der
Nutzer alt, die die App regelmä­
ßig auf Smartphone oder Tablet
verwenden. Auch die Bundes­
wehr ist jetzt auf diesem Kanal
vertreten, um zielgruppenge­
recht über sich als Arbeitgeber
zu informieren. Sie ist damit
eines der ersten großen deutschen
Unternehmen, die Snapchat nut­
zen. Auf der gamescom in Köln,
der weltweit größten Messe für
interaktive Unterhaltung, wurde
der Kanal von den YouTube­Grö­
ßen Joyce Ilg, C­Bas von Bullshit
TV und Marc Rene Lochmann von
BradeTV übernommen, die live
vom Bundeswehr­Stand berich­
teten.
(cp)
Fotos: Bundeswehr/Cornelia Riedel (3)
Foto: Bundeswehr /Jonas Weber
Leutnant Thomas Leonhardt ist Tatortermittler bei den Feldjägern. Ein Porträt.
Konzentration gefragt: Auf dem verlegefähigen Gefechtsstand (r.)
in Lettland wird der Luftraum über dem Baltikum überwacht (l.).
Lielvarde. 24 Stunden täglich,
365 Tage im Jahr überwacht der
Einsatzführungsdienst der Luft­
waffe den Luftraum über Deutsch­
land. Zusätzlich ist der verlege­
fähige Gefechtsstand der Luftwaffe
derzeitig im lettischen Lielvarde
stationiert. Das Deployable Control
and Reporting Centre, kurz DCRC,
ist inzwischen einsatzbereit. Das
eigene Radargerät wurde aufgebaut
und zusammen mit den baltischen
Radaren in das System des DCRC
integriert. Aufgabe ist es, einen
Teil des baltischen Luftraums zu
überwachen und ein Luftlagebild
zu erstellen.
Einer der Hauptthemenpunkte
des Readiness Action Plans, auf den
sich 2014 die 28 Mitgliedsstaaten
der NATO geeinigt haben, ist eine
erhöhte Aktivität an der östlichen
NATO­Flanke. Das heißt konkret:
Bei Persistent Presence überwacht
das DCRC des Einsatzführungs­
bereichs 3 Schönewalde/Holz­
dorf für drei Monate den Luftraum
über dem Baltikum. Sämtliche
Objekte im baltischen Luftraum
werden erfasst, identifiziert und
verfolgt. Zusätzlich bilden deut­
sche Soldaten lettische Fachkräfte
im DCRC aus.
Neben den zwei fest installierten
Gefechtsständen in Deutschland,
den Control and Reporting Centres,
besitzt die Luftwaffe das DCRC.
Der transportable Gefechtsstand
kann weltweit aufgebaut werden.
So können Schwerpunkte gebil­
det oder Lücken in der Radar­
abdeckung geschlossen werden.
Das modular aufgebaute DCRC
besteht aus bis zu 21 Containern.
Es kann an die Anforderungen
und Gegebenheiten des Einsat­
zes angepasst werden. In der Stan­
dard­Konfiguration besteht das
DCRC aus 14 Containern. Das
Besondere ist die Mobilität. Inner­
halb von ein bis zwei Wochen
kann es in Schönewalde abgebaut
werden und über Land mit Zug
oder LKW, auf dem Seeweg oder
mit dem Flugzeug transportiert
werden.
(spr)
22. August 2016
e
n
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g
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D
Herz
ZOOM aktuell
9
Im Jahr 1945 hinterlassen
Dreharbeiten für einen britischen
Kinofilm Spuren – auf einem Feld in Niedersachsen.
Herz”. „The Captive Heart” lautete der Originaltitel des Films, der schon 1946 mit großem
Erfolg in den englischen und auch deutschen
Kinos gezeigt werden sollte. Die meisten
Szenen wurden in einem ehemaligen deutschen Kriegsgefangenenlager in Westertimke
und Umgebung gedreht – Orte, an denen nur
Monate zuvor tatsächlich noch Briten interniert waren. Für andere Szenen aber, darunter
die lange Anfangssequenz des Films, dienten
die Felder um Horneburg als Kulisse.
T
orben Schuback ist ein echtes Glückskind. Wenn der 25-jährige Polizist mit
seinem Metalldetektor auf die Felder im südlichen Kreis Stade in Niedersachsen zieht,
kommt er fast nie mit leeren Händen zurück.
Als ehrenamtlicher Sondengänger für die
Kreisarchäologie Stade hat er allein im vergangenen Jahr ein bronzezeitliches Beil, einen
Schwertgriff, eine sehr seltene sächsische
vergoldete Fibel sowie zahlreiche Münzen
und weiteren Schmuck gefunden. So war
Schuback zunächst fast enttäuscht, als er auf
einer vom Regen freigespülten Fläche am
Radweg der Kreisstraße 44 bei Horneburg
einen unscheinbaren Knopf entdeckte. Nachdem er aber den Schmutz von der Oberfläche
gewischt hatte, wurde schnell klar, dass hier
nicht einfach einem Bauern ein Jackenknopf
abgesprungen war. In der Mitte des verbeulten
Fundstücks prangte der australische Kontinent unter der britischen Krone, umrandet von
dem Schriftzug „Australian Military Forces“.
Schuback hatte einen australischen Uniformknopf gefunden (Fotos).
Ein Fund sorgt
für Verwunderung
Wie aber kam der an einen Radweg im
Alten Land? Australische Truppen hatten
im Zweiten Weltkrieg nicht auf deutschem
Boden gekämpft. Entsprechend konnte es
auch keine Kriegsgefangenen gegeben haben,
die bei den Horneburger Bauern Zwangsdienste leisteten. Und nach dem Krieg kontrollierten die Briten die Nordwestzone ohne
jegliche Beteiligung von Australiern. Wem
also mochte der Knopf von der Uniform
­gefallen sein?
Dietrich Alsdorf von der Stader Kreisarchäologie, selbst in der Gegend aufgewachsen, erinnerte sich sofort an eine Geschichte,
die er schon vor 20 Jahren von dem Horneburger Zeitzeugen Helmut Schering gehört hatte.
Kurz nach dem Krieg herrschte für einige
Wochen große Aufregung in der Umgebung,
als britische Filmteams die Dörfer belagerten.
Sie drehten das Kriegsepos „Das gefangene
Völkerverständigung
am Filmset und im Kinosaal
Helmut Schering war als 15-jähriger
Schüler bei den Dreharbeiten dabei gewesen. Die K44 war damals noch ein einfacher
Sandweg. Im Film schleppt sich eine lange
Kolonne britischer Kriegsgefangener auf eben
diesem Weg dem Lager entgegen. Kurz nach
dem Krieg musste während der Dreharbeiten
vieles improvisiert werden. Die Hauptrollen
des Films wurden zwar von professionellen Schauspielern besetzt, bei den meisten
Statisten aber handelte es sich um britische
Soldaten, die als Kostüme einfach alte, verschlissene Uniformen aus den Beständen
überzogen. Darunter offenbar auch eine, die
den Weg von Australien nach Deutschland
gefunden hatte – mit einem losen Knopf an
der Jacke.
Auch einige Horneburger wurden als
Komparsen verpflichtet. So ist auf dem Gefangenenzug das Pferdegespann eines Bauern
zu sehen, beladen mit „verwundeten” Dorfbewohnern. Einer der Insassen des Wagens
allerdings war kein Horneburger, sondern
einer der Hauptdarsteller: der damals noch
junge Schauspieler Gordon Jackson. Er wurde
später durch seine Rolle als „Major George
Cowley“ in der beliebten Krimi-Serie „Die
Profis“ bekannt.
Eine erneute Suche mit dem Metalldetektor brachte weitere Requisitenteile ans Licht.
Schuback und Alsdorf fanden einen weiteren
Knopf von einer britischen Uniform sowie ein
Mützenabzeichen der „Queen’s Own Cameron
Highlanders“, einer schottischen Einheit. Mit
einer Besetzung, die aus Menschen bestand, die
nur wenige Monate zuvor
noch erbittert gegeneinander gekämpft
hatten, war der
Film viel mehr
als Unterhaltung. Er war
ein beeindruckendes
Projekt zur
Völkerverständigung.
Fotos: Studiocanal/www.studiocanal.co.uk (3); Thorben Schuback (2)
Von Angelika Franz
Szenen aus „Das gefangene Herz“: Der Schauspieler Michael
Redgrave (Mitte und u. r.) spielt die Hauptrolle in dem Film – den
tschechischen Offizier Karel Hasek, der sich als Brite ausgibt.
Handlung: „Das gefangene Herz”
In den Wirren nach der Schlacht um Dünkirchen im Sommer 1940
wechselt ein tschechischer Offizier, der aus dem Konzentrationslager
in Dachau fliehen konnte, seine Identität. Er stiehlt einem gefallenen britischen Offizier Papiere und Erkennungsmarke und gibt sich fortan als
Captain Geoffrey Mitchell aus. Nach vielen Irrungen und Wirren, die
meist in einem deutschen Gefangenlager spielen, gibt es ein Happy
End: In England verlieben sich der Tscheche und die Witwe des
gefallenen Offiziers ineinander. Der Film traf mit seinen Themen
– zerstörte Beziehungen, vom Krieg gezeichnete Soldaten – den
Nerv der damaligen Zeit. Der Film kann in seiner englischen
Originalfassung „The Captive Heart“ als DVD bezogen werden.
10
aktuell
SPORT
Medaillenregen in Rio
Silber macht nicht alle
glücklich
Im zweiten Satz wurde es dann
immer leiser, denn die Deutschen
spielten sich in einen Rausch:
Schmetterbälle und Blocks flogen den Gegnerinnen nur so um
die Ohren und am Ende stand
ein klares 21:14. „Ich habe bei
der Siegerehrung die ganze Zeit
nur den Kopf geschüttelt und
gelacht“, sagte Walkenhorst.
„Bei mir ist das immer noch nicht
ganz angekommen.“ Es war der
erste Olympiasieg überhaupt für
ein europäisches Beachvolleyball-Frauenteam.
Für eine Sensation sorgte auch
Hauptgefreiter Petrissa Solja
gemeinsam mit ihren Teamkolleginnen Han Ying und Shan
Xiaona – und damit ist nicht
die deutliche 0:3 Niederlage im
Tischtennisfinale gegen China
gemeint. Mit dem Ergebnis gegen
die haushohen Favoriten hatte
jeder gerechnet. Der dramatische
und sich über vier Stunden ziehende Finaleinzug gegen Japan
und damit die sichere Silbermedaille war die eigentliche Überraschung. „Es ist ein unglaubliches Gefühl, bei den ersten
Olympischen Spielen direkt Silber
zu gewinnen“, sagte Solja. „Die
Medaille ist schwer, aber man
trägt sie gerne“, fügte sie hinzu.
Weiteres Silber gewann der
Deutschlandachter mit den Stabsunteroffizieren (FA) Richard
Schmidt und Felix Drahotta.
Die Ruderer waren allerdings
nicht zufrieden – zu groß war
der Wunsch, die Goldmedaille
von London zu verteidigen.
Anders die Gemütslage bei
Oberfeldwebel Tina Dietze, die
im Kajak-Zweier über 500 Meter
mit Franziska Weber ebenfalls
Silber aus der Lagune Rodrigo de
Freitas fischte. „Fünf Hundertstel
am Gold vorbei, das ist doch nur
ein Wimpernschlag. Wir haben
uns nichts vorzuwerfen“, zeigte
sich Dietze versöhnlich.
Unverhofft
Bronze
Und dann wäre da noch eine
Bronzemedaille, die im Getöse
um das Diskus-Gold von Christoph Harting beinahe untergegangen wäre: Im selben Wettbewerb
wuchtete Stabsunteroffizier (FA)
Erfolgreich in Rio: Für den Deutschlandachter (o.) gibt es Silber, im Beachvolleyball erkämpfen Kira
Walkenhorst und Laura Ludwig Gold (r. u. l.), im Tischtennis holt Petrissa Solja im Team Silber.
Daniel Jasinski die Scheibe quasi
aus dem Nichts auf den dritten
Rang – und das mit dem letzten Versuch. Mit ihm hatte im
Vorfeld niemand gerechnet. Seinem Kommentar „Bei Olympia
ist alles möglich, es ist Wahnsinn“ kann man nur zustimmen.
Nicht schlecht staunten auch
die Zuschauer in der Rio Olympic
Arena, in der Hauptgefreiter
Sophie Scheder am Stufenbarren
die Übung ihres Lebens turnte.
Die erst 19-Jährige glänzte mit
Mit purem Willen zu Bronze
15,566 Punkten und profitierte
im Anschluss von Patzern der
Konkurrenz. So reichte es für sie
ebenfalls zu Bronze.
Weitere Bronzemedaillen gingen an Wasserspringer Stabsunteroffizier (FA) Patrick Haus-
ding bei seinem Olympischen
Abschied vom Dreimeterbrett, an
Segler Obermaat (BA) Erik Heil
in der 49er-Bootsklasse sowie
Unteroffizier (FA) Tom Grambusch und Hauptgefreiten Niklas
Wellen im Männerhockey.
Aus Rio berichten
Stefan Rentzsch und Jane Schmidt
Fotos: Bundeswehr/Jane Hannemann; Bundeswehr/Stefan Rentzsch
Rio de Janeiro. Die Sportsoldaten der Bundeswehr haben es in
der Endphase der Spiele nochmal
ordentlich krachen lassen. Neben
einigen sicheren Medaillen gab
es auch viele Überraschungen.
Für das schillerndste Finale sorgten zweifellos die Beachvolleyballerinnen Stabsgefreiter Kira
Walkenhorst und Laura Ludwig.
Das deutsche Duo schlug im
Endspiel der Frauenkonkurrenz
die Brasilianerinnen Agatha und
Barbara glatt in zwei Sätzen und
vergoldete so den Sand an der
Copacabana. Die über 10 000
brasilianischen Fans in der
Beachvolleyball-Arena bejubelten jeden Punkt ihrer Schützlinge frenetisch. Die Stimmung
im Strandstadion brodelte.
Doch Walkenhorst und Ludwig
ließen sich dadurch nicht aus der
Fassung bringen und gewannen
den ersten Satz mit 21:18.
Fotos: Bundeswehr/Jane Schmidt (4)
Beachvolleyball, Tischtennis und so viel mehr: Sportsoldaten veredeln die zweite Olympiawoche.
Rio de Janeiro. Bei den Military World Games im vergangenen
Oktober in Südkorea zahlte er noch
Lehrgeld. Im März landete er schon
auf dem dritten Rang bei den Europameisterschaften. Und jetzt holt
sich Ringer Hauptgefreiter Denis
Kudla bei Olympia die Bronzemedaille! Das Edelmetall für
den gerade einmal 21-jährigen
Sportsoldaten am vergangenen
Montag gehört sicherlich zu den
größten Überraschungen bei den
Olympischen Spielen.
Der Fight um Bronze im griechisch-römischen Stil gegen den
Ungarn Viktor Lorincz war eine
knappe Angelegenheit. Beim
Endstand von 3:3 siegte Kudla
nur, weil er die letzte Wertung
im Kampf wegen Passivität des
Gegners erhielt. Nach den intensiven sechs Minuten ließ er sich
völlig erschöpft auf den Rücken
fallen und schlug die Hände vors
Gesicht. Sein Trainer, Feldwebel
Michael Carl, feierte mit ihm auf
der Matte. „Es ist unbeschreiblich! Seit Jahren trainiere ich
zweimal täglich, bin oft weg“,
so Kudla. „Alle leiden darunter: die Familie, Freunde, meine
Freundin. Jetzt hat sich das alles
gelohnt. Ich freue mich tierisch.“
Dabei machte es sich der Schifferstädter alles andere als einfach: Er verlor das Viertelfinale
und qualifizierte sich über einen
Hoffnungskampf für das Match
um Bronze. Somit musste er an
einem Tag gleich fünf Mal auf die
Matte. „Vor dem letzten Kampf
Fotos: Bundeswehr/Jane Schmidt (2)
Ringer Hauptgefreiter Denis Kudla erkämpft sich mit nur 21 Jahren Olympisches Edelmetall.
Kämpfer auf der Matte: Denis Kudla geht in Rio an seine körperlichen Grenzen – und wird belohnt.
hatte ich nur 20 Minuten Pause,
mein Gegner über drei Stunden“,
sagte der Athlet. „Meine Arme
und Beine fühlten sich schlapp.
Aber ich habe mir gedacht:
Jetzt nochmal sechs Minuten
alles geben – auch wenn ich
umkippe.“
Der Traum vom Olympischen
Edelmetall festigte sich bei Kudla
schon früh: „Mit neun Jahren
habe ich das erste Mal Olympia
geschaut. Beim Einmarsch der
Athleten habe ich mir geschworen: Das willst Du auch mal
schaffen“, erinnert sich Kudla.
Der Ringer sieht sich noch
längst nicht am Ende angekommen. „Ich bin bekannt für
meinen Ehrgeiz. Er wird nicht
nachlassen. Ich werde weiter hart trainieren. Die Goldmedaille bleibt mein großer
Traum.“
(sr)
22. August 2016 SOZIALES / PERSONAL Die Alleswisser
Die Info-Punkte der Bundeswehr bieten Soldaten und Angehörigen vielfältige Hilfe.
Sonthofen. Bei Markus
Piotrowski kommen sie alle vorbei: Die Snowboard-Begeisterten,
die Bürokratie-Verzweifelten
­
und die Schnäppchenjäger.
Der Oberstabsfeldwebel leitet
den Info-Punkt an der Schule
ABC-Abwehr und Gesetzliche
Schutzaufgaben in Sonthofen –
und das mit Herzblut. Seit anderthalb Jahren gibt es den Anlaufpunkt in der Kaserne, und das
Angebot wird rege genutzt.
Standorten Deutschlands wurden die Beratungseinrichtungen
als Teil der Agenda Attraktivität
eingerichtet. Doch nicht überall
wird das Angebot so gut angenommen wie im Allgäu. Was
läuft hier anders?
„Wir haben den Info-Punkt
offensiv beworben“, erklärt
Piotrowski. „Es gab eine Eröffnungsfeier, wir haben alle
Spieße angeschrieben, die örtliche Presse, den Bürgermeister,
Landratsamt und Altenpflegeheime.“
Hilfe bei ganz
alltäglichen Fragen
Schnelle Unterstützung
bei Versetzungen
Wann erreiche ich den Sozialdienst am Standort? Wo hat der
Militärpfarrer sein Büro? Wer
ist beim Arbeitsamt der beste
Ansprechpartner, wenn ich mit
meinem Partner umziehe und er
einen Job sucht? Piotrowski hat
seitenweise Telefonnummern
gelistet, Öffnungszeiten und
Kontaktpersonen zusammengetragen und so ein breites Netzwerk erstellt. Es umfasst Experten innerhalb, aber auch jenseits
des Bundeswehr-Kosmos, und
richtet sich außer an Bundeswehrangehörige zudem an deren
Partner sowie Ehemalige.
Nicht nur in Sonthofen werden
die Angebote und Ansprechpartner vom Info-Punkt-Personal
gebündelt. An vielen anderen
Der Oberstabsfeldwebel weiß:
Wenn ein Soldat heute versetzt
wird, ist das deutlich komplexer
als noch in den Siebzigerjahren.
Auch der Partner braucht dann
einen neuen Job und manchmal
müssen die pflegebedürftigen
Eltern mit umziehen. Wer also
von Hamburg ins Allgäu wechselt und vorher zur Erkundung
vorbeikommt, kann mit Hilfe
des Info-Punktes gezielt jede
Menge Ansprechpartner finden,
ohne vorher stundenlang nach
Zuständigkeiten zu fahnden.
Das hat sich bei den 6000 Lehrgangsteilnehmern, die jährlich
in Sonthofen eintreffen, herumgesprochen. „Viele Kameraden
rufen inzwischen vorher bei mir
an und fragen mich, was hier in
Von Julia Weigelt
i
der Umgebung unternommen
werden kann“, erklärt Piotrowski. Auch in schweren Zeiten ist
der Info-Punkt in Sonthofen eine
wichtige Anlaufstelle. „Kürzlich
kam die Witwe eines verstorbenen Soldaten zu uns, um sich den
Kontakt zum Bundeswehrsozialdienst vermitteln zu lassen.“
Bestandteil der
Agenda Attraktivität
Der Kommandeur der Schule
ABC-Abwehr und Gesetzliche
Schutzaufgaben, Oberst Klaus
Werner Schiff, ist vom Engagement seines Oberstabsfeldwebels und dem Konzept des
Info-Punktes begeistert. „Ich
war zuvor in Bruchsal beim
Pilotprojekt dabei“, sagt Schiff.
Dort bemerkte er, wie gern viele
Bundeswehrangehörige die Vermittlung durch die Experten in
Anspruch nehmen. Dass sich
inzwischen dort auch Angehörige und Hinterbliebene informieren können, begrüßt der Oberst.
„Für mich sind die Info-Punkte
ein wichtiger Bestandteil der
Agenda Attraktivität. Das Tolle
ist dabei: Das ist eine Maßnahme,
die direkt umgesetzt werden kann,
quasi aus dem Stand heraus.“
Schiff sieht die Beratungseinrichtung als Teil seiner Fürsorgepflicht – ein Bestandteil seiner Aufgaben als Vorgesetzter.
Er lobt die Arbeit der Spieße, die
aktuell
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i
sich um ihre Soldaten kümmern.
„Jetzt haben wir diese Beratung
standortspezifisch und institutionalisiert, also mit gleichbleibender
Qualität.“ Die könne natürlich nur
gewährleistet werden, wenn dafür
entsprechend Personal bereitgestellt werde, ergänzt der Oberst.
„Wenn ich das meinem Leiter
Schulstab noch als fünfte Aufgabe gebe, dann ist es zum Scheitern verurteilt“, sagt er.
Doch das Team Schiff und
Piotrowski hat alles richtig
gemacht, ist sich Fregattenkapitän Volker Richter sicher. Er
koordiniert das Projekt im Verteidigungsministerium. „Bis zur
Jahresmitte haben es beinahe alle
Dienststellen geschafft, die InfoPunkte einzurichten“, sagt Richter und hofft, dass BundeswehrAngehörige sowie Ehemalige das
Angebot intensiv nutzen.
Ganz neue Töne in Rio
Rio de Janeiro. Stabsfeldwebel
Peter Mocha kommt viel herum.
Mit der Big Band der Bundeswehr reist der 50-jährige Musiker
für etwa 70 Konzerte jährlich
quer durch Deutschland und die
Welt. Seine letzten Auftritte führten ihn nach Rio de Janeiro. Bei
den Olympischen Spielen musizierten er und die Band am Deutschen Haus für die Athleten und
am deutschen Strandpavillon für
Hunderte Zuhörer. „Es hat mich
sehr verblüfft. Aber die Musik
kam bei den Brasilianern sehr gut
an. Das haben wir auf der Bühne
gespürt“, sagt der gebürtige Wolfenbütteler. Mit Dixieland, auch
Oldtime Jazz genannt, werden die
Leute „eben schnell warm“ – das
weiß Mocha aus Erfahrung.
An dem Musikstil, der Anfang
des vergangenen Jahrhunderts in
den Südstaaten der USA entstand,
schätzt er vor allem den erdigen,
herzlichen Charakter. „Das ist
noch handgemachte Musik. Sie
drückt die Lebensart der wilden
Foto: Bundeswehr/Jane Schmidt
Stabsfeldwebel Peter Mocha verzückt mit seiner Posaune und der Big Band der Bundeswehr die Brasilianer.
Zeiten aus“, schwärmt Mocha.
Er spielt in der Band die Posaune:
„Sie ist einfach universell einsetzbar. Außerdem ist sie dem Klang
der menschlichen Stimme sehr
ähnlich“, sagt der Niedersachse.
Seit mehr als 25 Jahren ist er bei
der Big Band der Bundeswehr,
die in Euskirchen stationiert ist.
„Ich bin 1989 eigentlich nur als
Krankheitsvertretung eingesprungen. Der Kamerad schied dann
aus der Bundeswehr aus – so
bekam ich die Stelle“, erinnert
sich Mocha.
Bei den Winterspielen in
Sotschi vor zwei Jahren war
er ebenfalls mit der Band eine
Woche vor Ort. Was die Leistungen der deutschen Sportler betrifft,
hat er eine eigene Theorie: „Als
wir da waren, purzelte das Edelmetall. Danach lief kaum noch
etwas zusammen.“ Auch in Rio
ging der Medaillenregen erst los,
als die Musiker eintrafen. „Wir
müssen Glücksbringer sein“, sagt
Mocha augenzwinkernd.
Die Reise nach Brasilien ist für
ihn etwas ganz Besonderes. „Die
Brasilianer sind einfach sehr nette
Menschen, wir wurden herzlich
aufgenommen“, sagt Mocha. Und
das wird bei seinen nächsten Auftritten in Deutschland sicher nicht
anders sein.
(str)
Was wäre Ihre berufliche Alternative?
Tischler oder Zimmermann (bin so ein heimlicher Holzwurm), zwei
sanierte Bauernhäuser sprechen Bände.
Welche Redewendung gebrauchen Sie häufig?
Wer sein Gewicht halten möchte, muss auch mal essen, wenn er
keinen Hunger hat!
Wie können Sie am besten entspannen?
Bei Jazzmusik der 30er à la Pasadena Roof Orchestra oder Fletcher
Henderson.
Welches Talent besitzen Sie?
Selbst in den blödesten Situationen nicht den Humor zu verlieren.
Welches Talent möchten Sie besitzen?
Wirklich zuhören zu können. Und die Begabung, mir jede Fremdsprache locker anzueignen.
Auf welchen Gegenstand könnten Sie im Alltag nicht mehr verzichten?
Mit all den Möglichkeiten, die das Gerät mittlerweile bietet, muss
ich leider bekennen: das Smartphone.
Was war das Verrückteste, was Sie jemals erlebt haben?
Die Liebe meines Lebens übers Quizduell kennengelernt zu haben.
Mit wem würden Sie gerne einmal essen gehen?
Günther Jauch.
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aktuell
VERMISCHTES
22. August 2016
Früher war
mehr Lametta
„Ödipussi“ (1988) und „Papa
ante Portas“ (1991) zeigen Szenen aus dem Leben – gespickt
mit durchdringender Komik,
einigen Paletten Senf im Keller
und einer Ehe(farb)beratung mit
einem „ganz frischen Steingrau“.
Loriot malt, schreibt Drehbücher, führt Regie und ist Schauspieler. Er dichtet, hält glänzende Festreden und moderiert.
Im Kollegenkreis ist sein Hang
zur Perfektion ebenso geschätzt
wie gefürchtet. Bisweilen dirigiert
er sogar am Pult des berühmten
Herbert von Karajan die Berliner
Philharmoniker. Ein Angebot, das
Orchester nach Karajans Tode zu
übernehmen, schlägt der musikbegeisterte Laie allerdings aus, wie
Loriot schließlich im Jahr 2009 –
20 Jahre nach dem Angebot aus
Berlin – öffentlich bestätigt.
Vor fünf Jahren starb der Humorist,
Karikaturist und Regisseur Vicco von Bülow.
Berlin. Viele Deutsche kennen
ihn nur unter seinem Künstlernamen – Loriot. Der ist dem
Wappenvogel derer von Bülow,
einer der namhaftesten preußischen Familien, entlehnt: dem
Pirol (französisch: le loriot).
Seien wir nun einmal „gemütlich“ (Loriot, Folge 14) und
erinnern uns an diesen Loriot,
eigentlich Bernhard-Viktor
Christoph-Carl oder kurz eben
Vicco von Bülow, und seinen
unbeschreiblich ­spitzfindigen
Humor. Weihnachten ohne
Loriots Hoppenstedts? Undenkbar. Sei es der Zwang zur weihnachtlichen Gemütlichkeit
(„Früher war mehr Lametta.“),
sei es die abgeschlossene Berufsausbildung dank „Jodeldiploms“
oder die langjährige Freundschaft, die sich im Streit ums
Dessert, den „Kosakenzipfel“,
in Beschimpfungen wie „Winselstute“ und „Jodelschnepfe“ auflöst. Loriot zeigt die Wahrheiten des Lebens auf subtile Weise.
Ein Blick in die Familiengeschichte des Vicco von Bülow
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zeigt Bischöfe, Generale und
Feldmarschalle, einen Reichskanzler (1900-1909) und den
ersten Chef der Berliner Philharmoniker. Doch wohl kaum
einem von ihnen wird je in den
Sinn gekommen sein, dass ein
Bülow einmal Generationen
von Deutschen wenigstens zum
Schmunzeln bringen würde.
Eine ungewöhnliche
Karriere
Lang bevor seine Zitate und
Wortschöpfungen fester Bestandteil des feinen Humors werden,
erblickt Bernhard-Viktor Christoph-Carl am 12. November 1923
in Brandenburg an der Havel das
Licht der Welt. Es folgen Notabitur und Offizierslaufbahn im
Zweiten Weltkrieg. Der junge
Vicco verdingt sich schließlich
als Holzfäller, absolviert ein
Studium an der Kunstakademie,
arbeitet als Nebendarsteller und
später als Karikaturist. Von 1967
bis 1972 flimmert „Cartoon“ über
die Fernsehschirme der Bundesrepublik – die erste eigene Sendung.
Abgezapft und
„original verkorkt“
Foto: ddp images/Jadis BildID:166776
Von Andreas Müller
Er bleibt unvergessen: Vicco von Bülow (l.), besser bekannt als
Loriot, gemeinsam mit Filmpartnerin Evelyn Hamann.
Loriots Markenzeichen sind
das grüne Sofa, Männchen
mit Knollnase, der Mops – ein
Leben ohne ihn „ist möglich, aber
sinnlos“ – und allerlei schräge
Grimassen. Die Partnerschaft vor
der Kamera mit Evelyn Hamann
(1942-2007) ist genial: der Perfektionist Loriot hier, die einzigartige Hamann dort. Zu Höchstform laufen beide auf der großen
Leinwand auf. Die Kinofilme
Evelyn Hamann und Vicco
von Bülow starben binnen vier
Jahren und ließen ein Gefühl
der Leere zurück. Wer würde
uns – dem Fernsehpublikum
– nun den Spiegel derart rigoros und mit spitzbübischem
Schmunzeln vorhalten? Die Antwort fällt leicht: natürlich weiterhin die zeitlosen geistreichen
Momente, die Loriot einzufangen
verstand. Momente eines farbenfrohen Lebens in einem „grünlich-blauen Rot-Braun-Grau“,
das Glas „Oberföhringer Vogelspinne“ zur Hand.
SUDOKU
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Senden Sie die vier Lösungszahlen,
lück
die sich aus den farbigen Feldern
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ergeben, per E-Mail mit dem Betreff
„Sudoku 33/2016” und Ihrer Postanschrift an:
[email protected]
Einsendeschluss:
Sonntag dieser Woche
Zu gewinnen:
APC Mobile Power Bank 10 000 mAh
Dieser externe Zusatzakku für Smartphones und
Tablet-PCs bietet bis zu vier Ladevorgänge für unterwegs.
Lösung 31/2016: 6 7 8 6
Gewonnen hat: Lothar Mückel
Spielregeln: Füllen Sie das Raster mit den Zahlen von 1 bis 9. In jeder Zeile und jeder Spalte darf jede Zahl nur einmal vorkommen.
Zudem kommt auch in jedem 3 x 3 Feld jede Zahl nur einmal vor. Doppelungen sind nicht erlaubt.
Aus allen richtigen Einsendungen wird der Gewinner ausgelost. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.