EY - Versicherungsbarometer 2014
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EY - Versicherungsbarometer 2014
Versicherungsbarometer 2014 Eine Studie von EY und der Universität St.Gallen über die Herausforderungen im Schweizer Versicherungsmarkt Institut für Accounting, Controlling und Auditing Inhalt 1 Editorial 3 2 Einleitung 4 Aufbau der Studie 6 Der Schweizer Versicherungsmarkt 8 3 Die grössten Herausforderungen bis 2020 10 Herausforderung 1: Regulierung – kein Ende in Sicht! 13 Herausforderung 2: Niedrigzins- und Kapitalmarktumfeld oder: Wie sieht eine Versicherung ohne Rendite aus? 17 Herausforderung 3: Demographie – Chance oder Bedrohung? 22 Herausforderung 4: Technologie – Gefahr oder aktive Gestaltungsmöglichkeit? 25 Herausforderung 5: Kundenverhalten: Wie erreiche ich in Zukunft meine Kunden? 30 4 Zentrale Handlungsfelder 34 Geschäftsstrategie 36 Geschäftsprozesse 39 Neue Geschäftsmodelle 40 5 Fazit 44 6 Appendix 48 2 Befragte Versicherer 50 Endnoten 51 Autoren 53 | EY Versicherungsbarometer 2014 1 Editorial Das Versicherungsgeschäft gilt für den heimischen Markt als stabil. Wir alle benötigen in unterschiedlichen Lebenslagen N]jka[`]jmf_]f$ngf\]jEglgj^Y`jr]m_%Z]j@Y^lhÖa[`l% und Kranken- bis hin zur Lebensversicherung. Doch die Welt bewegt sich, durch technologische Neuerungen, verschärfte Regulierung, verändertes Kundenverhalten und erhöhte Preistransparenz. Zusammen mit den anhaltend tiefen Zinsen wächst der Handlungsbedarf. Dies wirft Fragen nach der Zukunft des Schweizer Versicherungsgeschäfts auf, die wir in den Mittelpunkt dieser Studie stellen. Um die Herausforderungen im Schweizer Versicherungsgeschäft aus möglichst vielen Blickwinkeln zu beleuchten, hat sich ein Team des Instituts für Accounting, Controlling und Auditing der Universität St. Gallen mit Versicherungsberatern und -prüfern von EY zusammengetan und einen Fragebogen entwickelt. Dieser soll im regelmässigen Turnus der jeweiligen Geschäftsleitung von Schweizer Versicherern vorgelegt werden, um so ein Stimmungsbild, sprich Barometer, der Schweizer Versicherungswirtschaft zu ermitteln. Da die Befragung dieses Jahr zum ersten Mal durchgeführt wurde, haben wir uns entschlossen, die Startbasis mit den Geschäftsleitungsmitgliedern der wichtigsten Versicherer zu n]jaÕra]j]fmf\af]af]jme^Yf_j]a[`]fKlm\a]rmhjk]fla]ren. In angeregten Diskussionen wurden die Antworten und Aussagen hinterfragt. Deshalb möchten wir uns bereits an dieser Stelle für die Offenheit bedanken, die wir in den Gesprächen erleben durften. Und auch dafür, dass sich so viele hochrangige Vertreter der Versicherungswirtschaft unserer Diskussion gestellt haben. Die befragten Unternehmen decken im Bereich Leben prämienmässig mehr als 90 % und im Bereich Schaden knapp 70 % des Schweizer Marktes ab. Prof. Dr. Hans-Jürgen Wolter Ernst & Young AG, Partner Leiter Aktuariat Schweiz Was sind die wesentlichen Erkenntnisse? Das makroökonomische, gesellschaftliche und technologische Umfeld bleibt labil und wird die Geschäftsmodelle der Versicherer massiv Z]]afÖmkk]f&<a]Mfl]jf]`e]fk]`]fYZ]jngfo]alj]a[`]f\]f Massnahmen ab, zumal sich die Folgen nicht zuverlässig vorhersagen lassen. Die weitere Regulierung führt zu steigenden Fixkosten, womit die kritische Grösse wichtiger wird. Die Versicherungen konzentrieren sich auf den gesättigten Schweizer Markt, in dem jedoch Prämienerhöhungen schwierig durchzusetzen sind. Deshalb fokussieren sie sich alle auf Prozess- und Kostenoptimierung. Den Markt mit neuartigen Dienstleistungen aufzumischen ist derzeit kein Thema. Investitionen in neue Geschäftsfelder sind eher gering. Versicherungsgesellschaften haben alle eine ähnliche Ausgangslage und halten sich gegenseitig in Schach. Eine Revolution der Geschäftsmodelle ist dadurch ausgeschlossen. Der Veränderungsdruck ist derzeit zu gering. Trotzdem müssen die Unternehmen den technologischen Wandel vorantreiben, denn die IT-Systemlandschaft ist teilweise veraltet: Die Eigenkapitalsituation wie auch die Margen sind gegenwärtig noch komfortabel, womit die Schweizer Versicherungsgesellschaften jetzt noch aus einer Position der Stärke agieren und die Geschäftsmodelle auf die Zukunft 2020 und danach ausrichten können. Diese Studie will Denkanstösse geben und aufzeigen, wie sich Versicherungsunternehmen auf die neue Realität einstellen können. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen eine spannende Lektüre und freuen uns auf angeregte Diskussionen. Vorhersagen können wir die Zukunft nicht – wohl aber mitgestalten. Prof. Dr. Andreas Blumer Lehrbeauftragter an der Universität St.Gallen Thomas Brotzer Ernst & Young AG, Partner Leiter Versicherungen Schweiz EY Versicherungsbarometer 2014 | 3 2 Einleitung Das Versicherungsgeschäft galt lange Zeit als planbares Geschäft. Heute sind Wirtschaft und Gesellschaft aber von nachhaltigen Veränderungen geprägt. Dies ändert die Rahmenbedingungen für die Versicherungsunternehmen fundamental: Eine der stärksten Veränderungen dieses Jahrhunderts geht vom demographischen Wandel aus. Menschen werden älter, viele wichtige Industriestaaten, aber auch einige Schwellenländer verzeichnen einen Geburtenrückgang, zudem beginnt die Generation der Babyboomer das Rentenalter zu erreichen. Rentensysteme stossen an die Grenze ihrer Finanzierbarkeit und Diskussionen über die Solidarität zwischen Generationen gewinnen an Bedeutung. Zunehmende private Vorsorge, auch Z]jHÖ]_]n]jka[`]jmf_]fmf\Yf\]j]f]m]Dkmf_]f$oaj\ unumgänglich sein. Wie lange die Folgen der Finanz- und Staatsschuldenkrise zu spüren sind und ob diese schon vollends ausgestanden ist, bleibt ungewiss. Zentralbanken halten derzeit an ihrer Tiefzinspolitik fest, Staaten suchen nach zusätzlichen 4 | EY Versicherungsbarometer 2014 Einnahmequellen, was den Druck auf die Steuerquote und Steuertransparenz steigen lässt. Regulatorische Vorschriften machen die in früheren Jahren erfolgte Deregulierung rückgängig und schränken den Handlungsspielraum der Versicherungen ein. Zudem hat die Tiefzinspolitik einschneidende Auswirkungen auf die Anlagemöglichkeiten von Versicherern und die Attraktivität von Versicherungsprodukten, gerade mit Blick auf das Niveau von möglichen Zinsgarantien. Dadurch steigt der Anteil des Kostenblocks. Internet und soziale Medien bringen Menschen zusammen. Deutlich mehr Informationen sind rascher verfügbar, die Transparenz wächst, physische Kontakte werden durch najlm]dd]]jk]lrl&<a]kZ]]afÖmkkl\YkCgfkmen]j`Ydl]f&<a] Preissensibilität wächst, der Druck auf die Margen steigt. Kunden informieren sich vermehrt online, auch wenn Versi[`]jmf_k_]k[`^l]e]`j`]alda[`fg[`aee]jg^Öaf]Z]j\a] traditionellen Vertriebskanäle abgeschlossen werden. Dadurch werden die Beziehungen zwischen Versicherungen und ihren Kunden neu gestaltet. Die Veränderungen sind Teil eines generellen Wertewandels. Der makro- und sozioökonomische Rahmen verändert sich. Dabei verläuft der Übergang nicht geordnet; vielmehr handelt es sich um einen durch Instabilität gekennzeichneten Umbruch. Diese Periode – die neue Realität – ist durch Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität (VUKA1) gekennzeichnet: Volatilität. Vordergründig ist das Versicherungsgeschäft stabil. Das Prämienvolumen entwickelt sich über die Zeit – mit einigen Ausnahmen, beispielsweise im Lebensversicherungsgeschäft – relativ stetig. Eine hohe Volatilität weisen hingegen das Finanzergebnis und die ökonomischen Bilanzen auf, vor allem im Lebensversicherungsgeschäft. Ursache dafür sind die Entwicklungen an den Kapitalmärkten. Ein rascher Zinsanstieg oder eine weitere Reduktion der aktuellen Zinsen (allenfalls sogar Negativrafk]f!`YZ]f]af]f]j`]Zda[`]f=afÖmkkYm^\a]ÕfYfra]dd] Situation der Versicherer. Auch Bewegungen an den Aktien- und Immobilienmärkten erhöhen die Volatilität der Ergebnisse der Versicherungsunternehmen. Komplexität. Unsicherheiten gepaart mit der erwähnten Volatilität erhöhen die Komplexität der versicherungstechnischen Modelle wie auch der gesamten Prozesskette. Die Komplexität erhöht sich auch durch die Notwendigkeit einer Multi-Channel-Vertriebsstrategie und massgeschneiderten Produkten. Die Regulierung verlangt zusätzliche Sicherheiten und Validierungen von Annahmen und fordert mehr Transparenz. Auch die produkt- und vertriebsseitigen Anpassungen an die neue Realität erhöhen die Komplexität der Geschäftsprozesse wie auch das immer grösser werdende Anlageuniversum. Ambiguität. Die Trends, die den Versicherungsmarkt in den vergangenen Jahren in hoher Folge erfasst haben, wirken in unterschiedliche Richtungen. Eine eindeutige Projektion der Zukunft ist unmöglich. Der Mehrdeutigkeit der neuen Realität begegnet die Versicherungswirtschaft mit Szenarien zur ÕfYfra]dd]f$kljYl]_ak[`]fmf\hgdalak[`]f<ae]fkagf& Unsicherheit. Die Versicherer übernehmen Risiken der gesamten Volkswirtschaft. In diesem Sinn gehören Unsicherheiten zum Kerngeschäft der Versicherungswirtschaft. Die aktuariellen Modelle zur Bewertung dieser Risiken basieren auf vielen Annahmen zu versicherungstechnischen Unsicherheiten. Zudem ist die Lebensversicherungswirtschaft mit zusätzlichen politischen Unsicherheiten konfrontiert. Entscheide zur steuerlichen Förderung von Einzellebensversicherungspolicen oder ein Umbau der 1. und 2. Säule hätten einschneidende Konsequenzen. Weiter beschäftigt sich die Versicherungswirtschaft mit Unsicherheiten, die in neuen Technologien und dem veränderten Kundenverhalten begründet sind. EY Versicherungsbarometer 2014 | 5 Aufbau der Studie Ausgangspunkt der Studie bildet ein von EY und dem Institut für Accounting, Controlling und Auditing der Universität St.Gallen entwickelter Fragebogen. Repräsentanten von 11 verschiedenen Schweizer Versicherern haben an der Studie teilgenommen (siehe Kapitel 6). Mit Einbezug von Konzern- und Ländergesellschaften wurden 14 Gesellschaften befragt. Der Schwerpunkt dieser Unternehmen (Nicht-Leben oder Leben) ist relativ ausgewogen; Rückversicherer wurden in die Studie nicht mit einbezogen. Neun der zehn grössten Versicherungsunternehmen konnten für die Studie gewonnen werden. Die befragten Unternehmen decken im Bereich Leben mehr als 90 %, im Bereich Schaden knapp 70 % des Marktes (ohne Krankenversicherer) ab. Dies zeigt auch die hohe Konzentration, die der Schweizer Versicherungsmarkt aufweist. Die Studienergebnisse spiegeln damit die massgebenden Kräfte des Marktes sehr genau. Die Studie ist dieses Jahr zum ersten Mal durchgeführt worden; die Befragung fand im Frühling und Sommer 2014 statt. Deshalb wurden im Anschluss an die Auswertung des schriftlichen Fragebogens persönliche Gespräche mit den CEOs und anderen Mitgliedern der Geschäftsleitung durchgeführt, um Themen zu vertiefen und die Zukunft der Versicherungswirtschaft zu erörtern. Der eher nahe Zeitpunkt 2020 wurde bewusst gewählt, um möglichst konkrete und realitätsnahe Entwicklungen im Versicherungsgeschäft aufzuspüren. Die zahlreichen qualitativen Erkenntnisse aus den Gesprächen begründen und ergänzen die quantitativen Ergebnisse. 6 | EY Versicherungsbarometer 2014 Am Anfang der Studie stehen die Herausforderungen, mit welchen Versicherer bis 2020 rechnen. Diese werden in Kapitel 3 diskutiert. Der Handlungsbedarf, der sich daraus auf Unternehmensstufe ergibt, wird in Kapitel 4 erörtert. Im Fazit in Kapitel 5 werden die Aussagen der Versicherer überprüft. Befragte Unternehmen 10 % Leben 30 % 50 % Überwiegend Leben Nicht-Leben Überwiegend Nicht-Leben 10 % EY Versicherungsbarometer 2014 | 7 Der Schweizer Versicherungsmarkt Für die Schweizer Volkswirtschaft ist die Versicherungsbranche von grosser Bedeutung. Die Bruttowertschöpfung lag 2013 bei CHF 28,3 Mrd., rund 4,7 % des Bruttoinlandprodukts.2 Die Lebens- und Schadenversicherer nahmen im letzten Jahr in der Schweiz CHF 79,7 Mrd. Prämien ein, im Ausland erzielten die Unternehmen zusätzlich CHF 77,7 Mrd. Gemessen am Schweizer Prämienvolumen ist die AXA mit CHF 12,1 Mrd. das grösste Schweizer Versicherungsunternehmen.3 Der Schweizer Versicherungsmarkt zeichnet sich durch die höchste Versicherungsdichte weltweit aus: Im Jahr 2013 beliefen sich die Prämien pro Einwohner auf rund CHF 7‘330, vor den Niederlanden und Dänemark mit weniger als CHF 6‘000.4 Der Schweizer Versicherungsmarkt gilt grösstenteils als gesättigt und wird daher als anspruchsvoll bezeichnet. In der Nicht-Lebenversicherung sind die insgesamt vereinnahmten Prämien über die letzten 15 Jahre kontinuierlich gestiegen.5 Die Nicht-Lebenversicherungen erfahren typischerweise weniger Prämienschwankungen. Die Palette der offerierten Produkte im Retailgeschäft ist konstanter als im vergleichbaren (Einzel-)Lebengeschäft und unterliegt weniger ökonomischen Schwankungen. Ausschläge auf der K[`Y\]fk]al]]loY\mj[`=d]e]flYjk[`\]fZ]]afÖmkk]f roYj\Yk=j_]Zfak$`YZ]fYZ]jcYme]af]f=afÖmkkYm^\a] Prämien. Diese wachsen in etwa mit den versicherten Werten. Ebenso ist der Preiswettbewerb derzeit noch weniger stark ausgeprägt. Anders das Lebengeschäft: Hier übertrafen die Prämien 2013 mit CHF 32,7 Mrd. gerade das Niveau vom Jahr 2000. Die Gesamtergebnisse in diesem Bereich sind in den vergangenen Jahren zum grossen Teil durch das gute Kollektivlebengeschäft getrieben, das allein im Jahr 2013 um 7,9 % wuchs, vor allem aufgrund von Vollversicherungslösungen. In der Schweiz entscheidet sich nach wie vor jeder zweite Arbeitgeber für die Nicht-Leben- und Lebenprämien (in CHF Mrd.) 40 35 30 25 20 Nicht-Lebenprämien 15 Lebenprämien 10 5 Quelle: FINMA 8 | EY Versicherungsbarometer 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 2000 1999 1998 1997 1996 0 angesichts herrschender Unsicherheiten und tiefer Zinsen gefragt, was allerdings aus Sicht der Versicherungsgesellschaften sehr kapitalintensiv ist. Bei den Einzellebensversicherungen wächst das Geschäft im Moment nur noch im Bereich der traditionellen Kapitalversicherungen. Alle Yf\]j]f:]j]a[`]kaf\j[cdmÕ_ÇgZog`d\a]N]jka[`]rungswirtschaft innovative hybride Produkte offeriert. Diese bestehen aus einer Kombination von traditionellen und fondsgebundenen Produkten und verlangen weniger Eigenkapitalunterlegung. Sicherheiten des Vollversicherungsmodells. Allerdings handelt es sich hierbei weniger um eigentliches Wachstum, sondern vielmehr um eine Umschichtung von den autonomen Pensionskassen der 2. Säule zum Versicherungssektor. Die Entwicklung im Kollektivlebengeschäft kompensiert das eher schwache Einzellebengeschäft, das von den tiefen Zinsen und einer geringeren Sparquote der jüngeren Generation betroffen ist. Einmalprämien bei Einzellebensversicherungen gingen im Vergleich zum Vorjahr um 7,5 % zurück. Zwar herrschen in der Schweiz noch keine Verhältnisse wie in Deutschland, wo 7 von 90 Lebensversicherern das Neugeschäft einstellen oder stark einschränken wollen.6 Die Einzellebensversicherung ist mit rund CHF 5,49 Mrd. Bruttoprämieneinnahmen im Jahr 2013 jedoch auf dem tiefsten Stand seit über 15 Jahren. Allgemein ist die Lage im Lebensversicherungsgeschäft kritisch: Implizite und explizite Garantien sind von Kunden Einzel- und Kollektivlebenprämien (in CHF Mrd.) 30 25 20 15 Einzellebenprämien Kollektivlebenprämien 10 5 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 2000 1999 1998 1997 1996 0 Quelle: FINMA EY Versicherungsbarometer 2014 | 9 10 | EY Versicherungsbarometer 2014 3 Die grössten Herausforderungen bis 2020 EY Versicherungsbarometer 2014 | 11 Auf die Frage nach den grössten Herausforderungen aufgrund externer Veränderungen bis 2020 nennen alle Befragten das Thema Regulierung. Auch das Zinsumfeld und die demographische Entwicklung werden jeweils von mindestens der Hälfte der Befragten als massgebend betrachtet. Deutlich weniger dringend werden Technologie und Kundenverhalten eingestuft, was aufgrund der zunehmenden Digitalisierung erstaunt. Das Leben- und Nicht-Lebengeschäft wird von den Verändejmf_]fmfl]jk[`a]\da[`Z]]afÖmkkl&<a]\j]a_jkkl]f Herausforderungen betreffen vor allem Lebensversicherer. Technologie und Kundenverhalten stehen im Nicht-Leben im Vordergrund. Dies schlägt sich in der Diskussion nieder. Werden einzelne Herausforderungen nicht explizit für das Leben- oder Nicht-Lebengeschäft genannt, heisst dies allerdings nicht, dass sie in diesem Bereich keine Rolle spielen. 12 | EY Versicherungsbarometer 2014 Die grössten Herausforderungen bis 2020 Regulierung 100 % Niedrigzinsumfeld 64 % Demographische Entwicklung Technologie Kundenverhalten 50 % 21 % 14 % «Man hat sich in der Schweiz schon sehr früh mit der Regulierung auseinandergesetzt. Das hat der ganzen Branche geholfen.» Herausforderung 1: Regulierung – kein Ende in Sicht! HINTERGRUND Als Teil des Finanzsektors sind auch die Versicherer nach der Finanz- und Staatsschuldenkrise von einer beispiellosen Regulierungswelle erfasst worden. Aus regulatorischer Sicht stehen dabei die Stärkung der Eigenmittel, die Verbesserung des Konsumentenschutzes sowie die Sicherung der Altersvorsorge im Fokus. Eigenmittel. OYk\a]N]jZ]kk]jmf_\]j=a_]fcYhalYdÕfYfra]rung betrifft, so sind im Versicherungssektor wesentliche Gesetzesänderungen und Regulierungen bereits Jahre vor der letzten Finanzkrise im Jahr 2008 in Angriff genommen worden. In der Schweiz unter anderem mit der Revision des Versicherungsaufsichtsgesetzes, das per 1. Januar 2006 in Kraft getreten ist, in Europa mit EU Solvency II. Der Schweizer Solvenztest (SST) ist seit 2011 in Kraft, das europäische System EU Solvency II wird als risikobasierte Versicherungsaufsicht nach wiederholten Verschiebungen voraussichtlich zum 1. Januar 2016 eingeführt. Seit 2011 ist die Berechnung der Eigenmittelanforderungen gemäss dem SST für die Schweizer Versicherer verbindlich. Die FINMA überwacht diese Berechnung, bis heute werden aber nur Informationen auf Markt- und nicht auf Unternehmensstufe publiziert. Die einzigen Angaben auf der Stufe einzelner Unternehmen stammen von den Versicherern selbst. «Altersvorsorge 2020». Die garantierten Vorsorgeleistungen rmÕfYfra]j]fkl]ddl\a]Ngjkgj_]o]jc]mf\\a]D]Z]fkn]jkacherer vor grosse Herausforderungen. Die Mindestzinsen für die Verzinsung der Altersguthaben und der Umwandlungssatz im obligatorischen Bereich sind stark politisch getrieben und vollumfänglich von der steigenden Lebenserwartung und dem aktuellen Tiefzinsumfeld entkoppelt. In der Konsequenz werden heute insbesondere die Rentenleistungen durch überhöhte Risikobeiträge der aktiven Generation quersubventioniert. Die Umverteilung wirft bis jetzt keine hohen Wellen, _]ekk]af]jYclm]dd]f=Q%Klm\a]rmjZ]jmÖa[`]fNgjkgj_]af der Schweiz äussern die Mitarbeitenden kaum Kritik an dieser Quersubventionierung.7 Mit der grossen Rentenreform will der Bund die Finanzierung der Altersvorsorge in der Schweiz langfristig sichern. Die Vernehmlassung des Entwurfs ist abgeschlossen, bis Ende 2014 will der Bundesrat dem Parlament die Botschaft vorlegen. Einige der vorgeschlagenen Massnahmen, unter anderem die Anpassung des Mindestumwanddmf_kkYlr]kaf\]jgZda_Ylgjak[`]fZ]jmÖa[`]fNgjkgj_]g\]j \a]=j``mf_\]j~Z]jk[`mkkimgl]$Z]]afÖmkk]fmfeall]dZYj das Geschäftsmodell der Versicherer. Dies kann die Rendite auf dem unterlegten Eigenkapital so weit schmälern, dass der eine oder andere Anbieter aus diesem Geschäft aussteigen könnte. Konsumentenschutz. Die Regulierung fokussiert zunehmend auf den Konsumentenschutz. Mit der EU-Gesetzgebung zur Finanzmarktrichtlinie MiFID II stärkt die Europäische Union dieses Anliegen; wesentlich sind zudem die Neufassung der Richtlinie über die Versicherungsvermittlung (IMD II) sowie die neue Verordnung über Basisinformationsblätter für Anlageprodukte (Packaged Retail Investment Products – PRIPs). Die Schweiz geht mit dem geplanten Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG), das in die Vernehmlassung geschickt wurde, in eine ähnliche Richtung. Zudem ist damit zu rechnen, dass das Versicherungsvertragsgesetz angepasst wird; es stammt aus dem Jahr 1908 und entspricht nicht den heutigen Bedürfnissen. Diese Revision wurde 2012 an den Bundesrat zurückgewiesen, der nun an einer (weiteren) Teilrevision arbeitet. EY Versicherungsbarometer 2014 | 13 «Das ideale Kapital gibt es nicht.» MARKTEINSCHÄTZUNG Alle Befragten sehen in der Regulierung die grösste Herausforderung. Die Diskussion zeigt, dass es sich dabei weniger um ein Zukunftsthema handelt als um eine aus der Vergangenheit resultierende Aufgabe. Im Vordergrund stehen dabei bestehende und geplante Vorschriften hinsichtlich Eigenmittel, Konsumentenschutz und Altersvorsorge, weiter die Relevanz von Systemrisiken im Versicherungsmarkt sowie der Umgang der Versicherer mit den wachsenden Regulierungskosten. Die Finanz- und Staatsschuldenkrise wird noch mehr Regulierung zur Folge haben und die Handlungsfreiheit für Versicherungen einschränken. Stimme voll zu 29 % Stimme eher zu Eigenmittel. Für rund die Hälfte der Versicherer ist der Prozess des Eigenmittelaufbaus noch nicht abgeschlossen. Fmj*)\]j:]^jY_l]fk]`]f\]Õfalanc]af]f:]\Yj^e]`j& Diese Aussage hat Gewicht, zumal die Ergebnisse des Solvenztests bis dato nicht pro Versicherer veröffentlicht werden. Darüber, wie die betroffenen Unternehmen ihre eigenen Mittel aufstocken wollen, legen sich die Befragten nicht fest. Grundsätzlich kommt eine Kapitalerhöhung durch =afZ]`Ydlmf_ngf?]oaff]fg\]j\mj[`CYhalYdrmÖmkkngf aussen infrage; die Unternehmen bauen auch das Geschäftsmodell um und reduzieren die Bilanzrisiken, oder sie kaufen eine zusätzliche Rückversicherungsdeckung ein. Bereits 2011 hatte eine EY-Umfrage gezeigt, dass die Einführung des Solvenztests zu einer zusätzlichen Nachfrage nach Rückversicherungskapazität führen wird.8 Unser Unternehmen ist aufgrund der neuen Regulierung zu einem zusätzlichen Eigenmittelaufbau gezwungen. 21 % 36 % 71 % Stimme voll zu Stimme eher zu Stimme eher nicht zu Stimme überhaupt nicht zu 29 % Die Experten sind sich einig, dass die Regulierungswelle weiter rollt und zusätzliche Vorschriften erlassen werden. Vor allem wegen des sich verschärfenden Niedrigzinsumfelds, der Zunahme des Konsumentenschutzes und der Konsequenzen aus der Reform der «Altersvorsorge 2020» befürchten sie weitere Vorschriften. Auf längere Sicht erachten sie aber auch eine Deregulierung als möglich – sie hoffen, dass sich das Pendel der Regulierung irgendwann wieder zurückbewegt. Ist das realistisch oder basiert dies auf dem Prinzip Hoffnung? Obwohl die Regulierung die meistgenannte Herausforderung ist, wird die Umsetzung der immer neuen Regulierungen bereits als «business as usual» wahrgenommen. 14 | EY Versicherungsbarometer 2014 14 % Konsumentenschutz. Die Befragten sind sich einig, dass die Regulierung hinsichtlich des Konsumentenschutzes im Finanzsektor in den kommenden Jahren verschärft wird. Die Europäische Union hat die neuen Vorschriften zum Konsumentenschutz im Finanzsektor mit der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II) bereits verabschiedet. Die =ph]jl]fkl]`]f]af]jYmkm^]jf\]f<gcme]flYlagfkhÖa[`l r&:&]af]en]jhÖa[`l]f\]f:]jYlmf_khjglgcgddEa>A<AA!mf\ ]af]jAf^gjeYlagfkhÖa[`l \]e=jkl]dd]f]af]kC]qAfn]klgj Documents wie in der PRIPs-Verordnung) kritisch gegenüber. Sie begründen dies damit, dass sich Versicherungsprodukte grundlegend von anderen Anlageprodukten unterscheiden. Die Europäische Union trägt dieser Tatsache Rechnung und nimmt die Versicherungsprodukte von MiFID II aus; der Konsumentenschutz wird durch eine Anpassung der EU-Richtlinie über die Versicherungsvermittlung (IMD) verbessert. Der Bundesrat hat im Frühsommer das Pendant – das Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) – in die Vernehmlassung geschickt. Im Unterschied zum EU-Konzept sind gemäss dem Vernehmlassungsentwurf die rückkaufsfähigen Versicherungen ebenfalls dem FIDLEG unterstellt. Diese Unterstellung wird durch die Experten kritisch betrachtet. Diese Kritik am FIDLEG deckt sich mit der Haltung des Schweizerischen Versicherungsverbands (SVV). Dieser sieht keinen Bedarf, die Versicherungsbranche (Versicherer und Versicherungsvermittler) dem FIDLEG zu unterstellen.9 Allfällige Anpassungen müssten mittels einer Revision des über 100 Jahre alten Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) erfolgen. Durch das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) mit dazugehöriger Verordnung und das VVG bestehe bereits heute ein hoher Kundenschutz, sowohl seitens der Produktgestaltung als auch im Vertrieb, weshalb grundsätzlich kein hoher Anpassungsdruck vorhanden sei. «Altersvorsorge 2020». Die Experten sehen das grundlegende Problem im Bereich der Vorsorgeleistungen weniger im Geschäft selbst, als vielmehr im politischen Umfeld und in den Erwartungen der Kunden. Politik wie auch Kunden müssen sich den Realitäten des Finanzmarktes stellen. Als Beispiel oaj\`mÕ_\]j:N?%MeoYf\dmf_kkYlr_]fYffl&<a]k]jda]_l «ökonomisch grundlegend falsch». Der Bevölkerung muss klargemacht werden, dass eine Senkung unumgänglich ist. Eine umfassende Reform der Altersvorsorge halten die Befragten für richtig. Die Aussagen decken sich mit jenen des SVV, der es als notwendig und dringend erachtet, die ökonomischen Rahmenbedingungen anzupassen. Auch die Garantie der Versicherer im Vollversicherungsmodell ist entsprechend zu entschädigen. Eine Erhöhung der Legal Quote (Anteil der af\]jZ]jmÖa[`]fNgjkgj_]]joajlk[`Y^l]l]f~Z]jk[`kk]$ die den Versicherten gutgeschrieben werden müssen) von heute 90 auf bspw. 92 % wäre in diesem Sinne falsch.10 Dadurch werden die Versicherer noch stärker belastet, indem die Verzinsung des Eigenkapitals übermässig reduziert wird. Einige Unternehmen gehen noch weiter und sagen, dass sie bei einer Änderung der Legal Quote aus dem BVG-Geschäft aussteigen müssten. Bei anhaltend tiefen Zinsen könnten die Versicherer ihre Anlagestrategie überdenken und sich überlegen, zusätzliche Risiken einzugehen. Wegen der zusätzlichen Solvenzanforderungen, die damit verbunden wären, sind die ökonomischen Anreize für die Versicherer allerdings begrenzt. Zudem bestehen bei gewissen Anlagekategorien wesentliche Einschränkungen. So sind etwa Anlagen in langfristige Infrastrukturprojekte geradezu ideal für Versicherungsgesellschaften, sie werden aber u.a. durch die Anforderungen an das gebundene Vermögen stark eingeschränkt. EY Versicherungsbarometer 2014 | 15 «Korrelationen kommen meistens nie so, wie man gemeint hat.» Systemische Risiken. Im Juli 2013 haben das Financial Stability Board (FSB) und die International Association of Insurance Supervisors (IAIS) eine Liste von neun Global Systemically Important Insurers (G-SII) veröffentlicht. Zwei der weltweit grössten Versicherungsunternehmen, die zudem potenziell als systemrelevant eingestuft werden, haben ihren Sitz in der Schweiz.11 Diese Einstufung erachten die meisten Experten als ungerechtfertigt. 86 % sehen auch im klassischen Versicherungsgeschäft keine mit dem Bankgeschäft vergleichbaren systemischen Risiken. Die Ansteckungsgefahr (contagion risk) ist zwischen Versicherungsunternehmen deutlich geringer, anders als bei Banken, die durch das Interbankgeschäft viel stärker vernetzt sind. Ausserdem verfügt die Versicherungsbranche über deutlich mehr Liquidität und eine höhere <an]jkaÕcYlagf&9dd]f^Yddkcffl]f?jgkk]j]a_fakk]oa] Naturkatastrophen einen makroökonomischen Schock auslösen und zu Solvenzproblemen für einzelne Versicherer führen. Die Risikostreuung mittels Rückversicherungsnetzwerk reduziert eine systemische Konzentration. Selbstverständlich hätte der Ausfall eines grossen Versicherers erhebliche Folgen für die Schweizer Volkswirtschaft, allein schon im BVG-Geschäft. Dies wird jedoch nicht unter Systemrisiko im engeren Sinne verstanden. Im klassischen Versicherungsgeschäft kann ich kein systemisches Risiko erkennen, das mit dem des Bankgeschäfts vergleichbar wäre. 14 % 43 % Stimme voll zu Stimme eher zu Stimme eher nicht zu 43 % Risiken werden auch aufgrund einer Kanalisierung im Anlagebereich erkannt: Zusammen mit den Anlagerichtlinien läuft die Regulierung (v.a. SST) Gefahr, die Anlagestrategien der einzelnen Unternehmen zu stark zu vereinheitlichen, was die :dYk]fZad\mf_n]jkljclmf\\a]<an]jkaÕcYlagfke_da[`c]al]f einschränkt12. Grundsätzlich wird befürchtet, dass im Zeichen der Finanzkrise, insbesondere in den Bereichen systemische Risiken und Konsumentenschutz, die Unterschiede zwischen Versicherungsbranche und Bankensektor nicht gebührend berücksichtigt werden. Zudem droht die Verhältnismässigkeit zwischen Kosten und Nutzen der Regulierung in den Hintergrund zu rücken. 16 | EY Versicherungsbarometer 2014 Regulierungskosten. Die Regulierung stellt nicht nur inhaltlich, sondern auch aus Kostensicht weiterhin eine Herausforderung dar. Die Befragten bestätigen einen Mehraufwand, allerdings ist dieser nicht exorbitant. Wie reagieren die Versicherer darauf? Werden die Kosten etwa durch Prämienerhöhungen auf die Kunden abgewälzt? Die Verschärfung der Regulierung verursacht höhere Kosten. Wie reagieren Sie? Prozessoptimierung prozessoptimierungen 86 % Personalreduzierung personalreduzierungen 57 % Volumenwachstum volumenwachstum 36 % Outsourcing outsourcing 29 % eröffnung Eröffnung neuer neuer geschäftsfelder Geschäftsfelder 29 % prämienerhöhungen Prämienerhöhungen 14 % Prämienerhöhungen sind im Urteil der Befragten so gut wie ausgeschlossen. Gerade im Lebengeschäft sind diese am Markt nicht durchsetzbar. Stattdessen versuchen die Versicherer mit Prozessanpassungen und Personalreduktionen die Kosten zu senken. Potenzial besteht, weil in diesem Bereich der Handlungsdruck über Jahre verhältnismässig gering war: Hinsichtlich Industrialisierung hinken die Versicherer anderen Branchen hinterher (siehe Kapitel 4: Zentrale Handlungsfelder). Die Verbesserungen möchten die Unternehmen aber möglichst selbst in die Hand nehmen. Outsourcing wird eher kritisch betrachtet. Die Geschäftsmodelle werden nicht grundlegend neu überdacht. Trotz der allgemeinen Sättigung des Schweizer Marktes sehen einige Teilnehmer auch Möglichkeiten des Volumenwachstums. Dies insbesondere im Lebensversicherungsbereich, wo einerseits Vermögenswerte vom Bankensektor in den Versicherungssektor umgeschichtet werden können und andererseits der Versicherungssektor weiterhin von Umk[`a[`lmf_]fae:N?%?]k[`^lhjgÕla]j]fcYff&CdYjaklYZ]j Ym[`$\YkkhjgÕlYZd]kOY[`klmeafYfkgfkl]f_]klla_l]f Märkten nur durch Differenzierung von den Konkurrenten möglich ist. Zudem besteht Potenzial in versicherungsnahen Dienstleistungen. «Die Margen in vielen Versicherungsprodukten sind noch immer komfortabel.» Herausforderung 2: Niedrigzins- und Kapitalmarktumfeld oder: Wie sieht eine Versicherung ohne Rendite aus? HINTERGRUND MARKTEINSCHÄTZUNG Die Nachwirkung der Finanzkrise in Form von Tiefstzinsen stellt für das Lebengeschäft nach wie vor eine Bedrohung dar. Schon vor Jahren wiesen Marktbeobachter darauf hin, dass anhaltende Zinsen auf rekordtiefem Niveau «das Ende der eingesetzten Geschäftsmodelle in der Lebensversicherung» bedeuten könnten.13 Bei anhaltenden Niedrigzinsen besteht die Gefahr für die Lebensversicherer insbesondere darin, dass die durchschnittliche Rendite schneller sinkt als die Garantien im Bestand. Es gilt zu berücksichtigen, dass die Lebensversicherer rund die Hälfte ihres Portfolios (53 %) in festverzinsliche Anlagen investiert haben.14 Zwei Drittel der Experten sehen das Zinsumfeld als eine der grössten Herausforderungen. In der Diskussion wird die Diskrepanz deutlich zwischen den veränderten Kundenbedürfnissen und den Optionen der Anbieter, auf die tiefen Zinsen zu reagieren. <YkRafkfan]YmZ]]afÖmkklYm[`\a]9lljYclanallngf Kapitalschutzprodukten. Die Eigenmittelvorschriften des Schweizer Solvenztests führen dazu, dass der Eigenmittelbedarf bei tiefen Zinsen überproportional zum Garantielevel steigt. Dies kontrastiert mit den Bedürfnissen der Kunden, die nach der Finanzkrise sichere Anlagen bevorzugen. Weiter erschwert das Zinsumfeld, die in der Vergangenheit geweckten Renditeerwartungen der Kunden zu erfüllen. In den 1990er-Jahren begannen die Versicherer damit, das Finanzmarktumfeld für die Lancierung renditegetriebener Sparprodukte zu nutzen. Diese Angebote haben das Bewusstsein verankert, dass Versicherer zu den biometrischen Risiken (u.a. Langlebigkeit, Invalidität und Tod) auch Zinsgarantien übernehmen. Das Tiefzinsumfeld zwingt nun die Versicherer zu einem Spagat, den Versicherungsgedanken aufrechtzuerhalten und gleichzeitig eine angemessene Rendite zu erzielen. Das Nicht-Lebengeschäft ist von Tiefzinsen und den damit verbundenen Herausforderungen weniger stark betroffen. Anders als in den 1980er- und 1990er-Jahren hat das Finanzergebnis an Bedeutung verloren, dies aufgrund der verbesserten Schaden-Kosten-Quote (combined ratio). Allerdings sind die Erträge auf das Finanzanlagevermögen immer noch ein wesentlicher Ertragspfeiler. Herausforderungen. Die niedrigen Zinsen stellen für die Versicherer nach wie vor eine Gefahr dar. Keiner der Befragten schliesst aus, dass dadurch das bisherige Lebensversicherungsmodell langfristig bedroht sein könnte. Noch sind die realisierten Renditen nicht unter die zu leistenden Garantien gefallen, weil die Versicherer von höher verzinsl]f9dlYfdY_]fhjgÕla]j]f&<a]?]^Y`jZ]_afflka[`YZ]j teilweise zu materialisieren, wenn die Aktiven wieder und neu angelegt werden müssen. Einige Befragte weisen auch darauf hin, dass Lebensversicherungen als Finanzprodukt angesehen werden und das Sparen in einem Niedrigzinsumfeld generell an Attraktivität verliert. Ein langfristiges Niedrigzinsumfeld wäre für unser Geschäft bedrohlich. 14 % 22 % Stimme voll zu Stimme eher zu Stimme eher nicht zu 64 % Als Ausweg sehen die Experten vor allem die Anpassung der Produkte – wobei sowohl die Angebotspalette als auch das Pricing zu überdenken sind. Die Versicherer räumen ein, dass in der Branche über Jahre das sogenannte «cost plus»-Pricing angewendet wurde, wobei die Margen technisch bestimmt wurden. Gerade jüngere und preissensitive Kunden akzeptieren dieses Vorgehen nicht mehr; sie sind besser informiert, stellen vermehrt Vergleiche an. Neu sollten sich der Preis und damit der Kostenzuschlag an der Zahlungsbereitschaft der Kunden orientieren. Falls dies bei Produkten zu einem Verlust führt, müssen diese angepasst werden. Wie gross der Anpassungsbedarf für die Branche ist, zeigt sich etwa darin, dass die Zahlungsbereitschaft der Kunden – in anderen Branchen zentral für die Preisfestsetzung – in vielen Segmenten nur im Ansatz bekannt ist.15 EY Versicherungsbarometer 2014 | 17 «Ist auch der Kunde volatil?» Was Kunden wollen. Welche Faktoren halten die Versicherer aus Kundensicht für besonders attraktiv? Alle Befragten gehen davon aus, dass die Kunden den Fokus auf den Kapitalschutz legen. Seit der Finanzkrise wird kundenseitig grundsätzlich mehr Sicherheit gefordert. Im Gegenzug schwindet das Interesse an Produkten mit Mindestrendite oder solchen mit Upside. Die biometrischen Risiken spielen für den Kunden eine untergeordnete Rolle. Dies zeigt, dass Lebensversicherungen primär als Kapitalanlagen mit attraktiver steuerlicher Privilegierung betrachtet werden. Die Befragten weisen auf erhebliche Vorteile hin: Werden zum Beispiel Obligationenportfolios in einer fondsgebundenen Lebensversicherung verpackt, spare der Kunde die Einkommenssteuern. Die Attraktivität dieser Produkte hängt massgeblich vom gesetzlichen Rahmen ab. Einige Befragte betonen, das Geschäft würde in kürzester Zeit wegbrechen, falls der Bundesrat die 3. Säule nicht mehr steuerlich privilegiert behandeln würde. Weltweit halten es Marktbeobachter für e_da[`$\YkkÕfYfra]ddYf_]k[`dY_]f]KlYYl]f\a]9Zk[`Y^fung bzw. die Reduktion der steuerlichen Begünstigung von Lebensversicherungen als einfaches Mittel nutzen könnten, um Steuereinnahmen zu steigern. Für die Schweiz scheint dies allerdings noch kein Thema zu sein. Attraktivität aus Kundensicht kapitalschutz Kapitalschutz 100 % tax benefits LYpZ]f]Õlk 43 % Biometrische biometrischeRisiken risiken 29 % Mindestrendite mindestrendite 29 % Upside-Potenzial upside potential 18 21 % | EY Versicherungsbarometer 2014 Teurer Kapitalschutz. Im Niedrigzinsumfeld sind garantierte D]aklmf_]faee]jk[`oa]ja_]jrmÕfYfra]j]f&>jf]m] Verträge müssen Garantieniveaus im Vergleich zur Vergangenheit niedriger angesetzt oder ganz aufgegeben werden. Kann der Versicherer anbieten, was der Kunde verlangt? Wo sehen Versicherer das optimale Level an Kapitalschutz? Gegeben sind tiefe Zinssätze. Welcher Level an Kapitalschutzgarantiert aus Sicht der Versicherungsgesellschaften die optimale Attraktivität eines Versicherungsprodukts mit 10-jähriger Laufzeit? 7% 21 % 80 % 90 % 100 % 43 % 110 % 29 % Aus Angebotsperspektive ist ein möglichst niedriger Kapitalschutz ideal. Dies deshalb, weil SST bzw. EU Solvency II deutlich mehr Eigenkapital für langfristige Risiken verlangen. So ist zu erklären, weshalb die Hälfte der Befragten ein Kapitalschutzlevel von weniger als 100 % als optimal betrachtet. Interesse an einem geringen Kapitalschutz wird in erster Linie bei grösseren, vermögenderen Kunden für denkbar gehalten, die über grösseres Fachwissen in Finanzfragen verfügen. Ob dies am Markt letztlich durchsetzbar ist, wird allerdings kritisch beurteilt. Aus psychologischen Gründen dürfe der Kapitalschutz im Massenmarkt aus einer Nachfrageperspektive nicht unter 100 % liegen, halten einige Interviewpartner fest. Dies lässt sich auch aus dem Wort «Versicherung» schliessen – der Kunde geht davon aus, dass er zumindest sein Geld mit Sicherheit zurückerhält. Einige Experten weisen darauf hin, dass Versicherungen mit klassischen Sparprodukten im Wettbewerb stehen und daher eine Mindestren\al]YfZa]l]fekk]fÇogealfa[`lfmj\YkCYhalYd$kgf\]jf auch eine Mindestverzinsung gefordert wird und der von Kunden verlangte Kapitalschutz auf über 100 % steigt. «Ohne Garantie ist es schwierig, ein Versicherungsprodukt zu verkaufen.» Potenziale von Produktklassen. Was die Wachstumsmöglichkeiten betrifft, so stehen aus Sicht der Experten zwei unterschiedliche Lebensversicherungsprodukte im Vordergrund: die reine Risikoversicherung, die keinen Sparanteil enthält, sowie fondsgebundene Produkte mit Kapitalgarantie. Für beide Produkte sehen jeweils zwei Drittel der Befragten am meisten Potenzial. Einige weisen darauf hin, dass reine Risikoversicherungen in der Schweiz im Widerspruch zum BVG-Rahmenwerk stehen, weil dieses für die versicherten Ereignisse Tod und Invalidität bereits einen guten Schutz bietet. Die gesellschaftlichen Veränderungen können das Bedürfnis nach Risikodeckung aber dennoch erhöhen: Erwähnt werden beispielsweise die Reduktion des Arbeitspensums (Teilzeitarbeitsmodelle reduzieren den BVG-Schutz) und die Bezüge von Altersguthaben für die Wohneigentumsförderung, die ebenfalls einen negativen Effekt auf den Versicherungsschutz haben können. Was die Attraktivität fondsgebundener Produkte mit Garantie betrifft, so haben viele der Befragten scheinbar neue Garantiekonzepte mit Drittgarantieanbietern im Auge; diese waren bis 2007 und 2008 stark gefragt. Die Versicherer sind sich einig, dass zumindest ein Teil des Risikos dem Versicherten übergeben werden muss. Aber lässt sich das im heutigen Marktumfeld wirklich durchsetzen? In welchen Produktklassen sehen Sie in der Zukunft vor allem Wachstumspotenziale? Klassische Kapitalversicherung 29 % Fondsgebundene Produkte mit Garantie Fondsgebundene Produkte ohne Garantie Reine Risikoversicherung 64 % 14 % 64 % Die Befragten sind sich nicht einig darüber, wie gut die Kunden über Versicherungsprodukte informiert sind. Mehrfach geäussert wird die Ansicht, die Mehrheit der Kunden wisse gar nicht, welche Art von Versicherung und Garantiestellung sie abgeschlossen hat. Noch schwieriger fällt ihnen die Entscheidung darüber, welche Versicherung sie in Zukunft benötigen. Klar ist, dass in der klassischen Kapitalversicherung als Versicherungsprodukt mit biometrischem Schutz wenig Wachstumspotenzial gesehen wird. Nur fondsgebundene Produkte ohne Garantie (dem Kunden Upside, aber keine Garantie zu bieten) werden noch seltener genannt. Dies deckt sich mit den Bedürfnissen der Kunden, die nach einer Finanzkrise tendenziell sichere Produkte nachfragen. «Viele Kunden wissen gar nicht genau, welche Art von Versicherung sie abgeschlossen haben.» EY Versicherungsbarometer 2014 | 19 Kapitalmarktumfeld. Die Finanzkrise hat bei allen Unternehmen am Finanzmarkt deutliche Spuren hinterlassen. Im Vergleich zum gesamten Finanzmarkt sieht die Mehrheit der Befragten ihr Unternehmen aber gestärkt. Tatsächlich waren die Banken deutlich stärker von den Verwerfungen an den Finanzmärkten betroffen. Die Versicherer haben schon früh Massnahmen zur Risikoreduktion getroffen. Institut, relativ zum Finanzmarkt Die Risiken auf der Anlageseite setzen sich aus dem Kreditund Marktrisiko, vorwiegend auf den Obligationen-, Darlehen-, Aktien- und Hypotheken-Portefolios zusammen. Die Befragten stufen beide Risiken als bedeutend ein. Es zeigt sich aber, dass das Kreditrisiko trotz der Staatsschuldenkrise keine übergeordnete Rolle spielt, vor allem deshalb nicht, weil einige Gesellschaften gezielt aus Bonds mit niedrigem Rating ausgestiegen bzw. ihnen ferngeblieben sind. Marktrisiko 14 % Gestärkt 50 % Eher gestärkt 50 % 50 % Gleich bleibend 36 % Sehr bedeutend Eher bedeutend Kreditrisiko Eher nicht bedeutend 36 % 36 % 28 % 20 | EY Versicherungsbarometer 2014 Vertrauen in Versicherungstitel. Über zwei Drittel der Experten beurteilen den Ausblick für Versicherungsaktien, verglichen mit anderen Finanztiteln, als positiv. Neue Herausforderungen sind bereits in den Kursen enthalten, weshalb der Versicherungssektor als unterbewertet betrachtet wird (Notierungen unter dem Embedded Value). In Zukunft wird mit einer Bewertungsanpassung beim Price-Earnings Ratio (P/E) und Kursgewinnen gerechnet. Die Befragten sind der Meinung, die Versicherer seien in der Finanzkrise zu Unrecht abgestraft worden. Die Unternehmen beweisen ihre Solidität durch eine stabile und hohe Dividende. Grundsätzlich sind Dividendenrendite und Combined Ratio die zwei wichtigsten Af\acYlgj]f$o]d[`]\a]CYhalYdeYjclZ]o]jlmf_Z]]afÖmkk]f& Einige Befragte räumen allerdings ein, dass sie eine Versicherungsaktie mit Fokus Nicht-Leben derjenigen mit Fokus Leben vorziehen würden. Attraktivität der Versicherungsaktien relativ zu anderen Finanztiteln 13 % 7% Seit 2012 steigen die P/E-Durchschnittswerte der Schweizer Versicherer wieder an. Einige der Befragten weisen darauf hin, dass das Bewertungsniveau gestiegen sei, ohne dass sich die Gewinne merklich erhöht hätten. Den Anstieg dürfte der Umstand begünstigt haben, dass einige Versicherer Angaben zum Ergebnis des Solvenztests publizieren, was zu einer Stärkung des Vertrauens geführt hat. Eine andere Erklärung liegt darin, dass Anleger innerhalb der Finanzbranche vermehrt zwischen Banken und Versicherungen unterscheiden, gerade was die operationellen und Compliance-Risiken betrifft. Price-Earnings Ratio 14 12 10 8 6 Sehr attraktiv Attraktiv 20 % Gleich bleibend Weniger attraktiv 60 % 4 2 0 06 07 08 09 10 11 12 13 14 P/E Durchschnittswerte der börsenkotierten Gesellschaften, die an der Studie teilgenommen haben (Allianz, AXA, Baloise, Generali, Helvetia, Swiss Life und Vaudoise) EY Versicherungsbarometer 2014 | 21 «Als Arbeitgeber haben wir sicher \YngfhjgÕla]jl$\Ykk:Yfc]f]af Imageproblem hatten und Stellen abgebaut haben.» Herausforderung 3: Demographie – Chance oder Bedrohung? HINTERGRUND Die demographische Entwicklung in der Schweiz zeichnet sich durch zwei Bewegungen aus: Die Überalterung der Gesellschaft nimmt zu, gleichzeitig wächst die Bevölkerung, verstärkt in urbanen Gebieten. Überalterung der Gesellschaft. Von 1960 bis 2010 ist die Lebenserwartung der 65-Jährigen stark gestiegen, bei Frauen von 15,2 auf 22,2 Jahre, bei Männern von 12,9 auf 18,9 Jahre.16 Diese Entwicklung wirkt sich vor allem auf das Lebengeschäft aus. Aufgrund der steigenden Lebenserwartung müssen Renten länger ausbezahlt werden, zudem beginnt nun die Generation der Babyboomer das Rentenalter zu erreichen – beides mit direkten Folgen für die Altersvorsorge. Die Überalterung gefährdet \a]\j]aKmd]f\]j9dl]jkngjkgj_]$\a]Z]jmÖa[`]mf\ hjanYl]Ngjkgj_]oa]Ym[`\a]9@N&Af\]jZ]jmÖa[`]f Vorsorge werden die Berufstätigen aufgrund des hohen Umwandlungssatzes heute gezwungen, die Rentenleistun_]fealrmÕfYfra]j]f&:]a\]f=afr]dd]Z]fkn]jka[`]jmf_]f verrechnen Versicherer aufgrund der höheren Lebenserwartung zusätzliche Prämien, was die Attraktivität der Produkte senkt. Die demographischen Verschiebungen bedrohen auch die AHV. Bereits ab dem Jahr 2020 werden die Finanzen der AHV voraussichtlich aus dem Gleichgewicht geraten.17 Mit der «Altersvorsorge 2020» versucht der Bundesrat, die in den letzten 15 Jahren Zdg[ca]jl]KYfa]jmf_ngf9@N$Z]jmÖa[`]jmf\hjanYl]j Vorsorge voranzubringen (siehe Herausforderung 1: Regulierung). Bevölkerungsanstieg und Urbanisierung. Der zweite grosse Treiber der demographischen Entwicklung liegt im Bevölkerungswachstum. In den letzten 50 Jahren ist die Schweizer Bevölkerung so stark gewachsen wie noch nie: Seit 1960 ist die Einwohnerzahl um 30 Prozent gestiegen und hat 2012 die Grenze von 8 Millionen überschritten. Zwei Drittel des konstant starken Bevölkerungsanstiegs in der Schweiz sind eine Folge der Zuwanderung, ein Drittel ist auf den Geburtenüberschuss zurückzuführen. Parallel zum Bevölkerungswachstum ist in der Schweiz eine vermehrte Urbanisierung zu beobachten. Seit Ende der 1990er-Jahre steigt die Einwohnerzahl in städtischen Gebieten stärker als in ländlichen.18<a]KlY\lÖm[`l$\a]YZ 1960 zu einer deutlichen Bevölkerungsabnahme in den Zentren geführt hatte, kehrt sich nun wieder um. Dies zeigt sich exemplarisch in Zürich, wo die Wohnbevölkerung seit 1997 wieder kontinuierlich zunimmt und Ende 2013 knapp 400‘000 Einwohner erreicht hat, so viele wie seit 1974 nicht mehr.19 Die Urbanisierung führt zu einer erhöhten Konzentration von Vermögenswerten in den Zentren. Aus einer Risikoperspektive ist dies vor allem bei grossen Schadenereignissen relevant; im Vordergrund stehen dabei Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Stürme. Angesichts aktueller Klimaszenarien, die eine Zunahme extremer Wetterereignisse voraussagen, kann dies im Schadengeschäft Chancen eröffnen. Veränderungen zeichnen sich auch bei Motorfahrzeugversicherungen ab: Vor allem in den Städten werden in privaten Motorfahrzeugen weniger Kilometer zurückgelegt und auch die Zulassungen gehen zurück. Diese Entwicklung, «Peak Car» genannt, deuten Fachleute als Beleg, dass der Individualverkehr etwa in Deutschland, Österreich und der Schweiz seine Wachstumsspitze erreicht hat. Carsharing Angebote setzen sich durch, weshalb Versicherer vermehrt über neue (mobil buchbare) Kurzzeitversicherungen nachdenken sollten. 20 «Durch die starke Zuwanderung ist der demographische Wandel momentan noch kein Problem.» 22 | EY Versicherungsbarometer 2014 MARKTEINSCHÄTZUNG Die Hälfte der Befragten sieht in der demographischen Entwicklung eine zentrale Herausforderung. Im Vordergrund der Diskussion stehen die Überalterung der Gesellschaft und die Frage, ob die veränderte Demographie die Versicherer zu einer Anpassung ihrer Geschäftsmodelle zwingt. Überalterung. Was die demographische Entwicklung bezüglich der zunehmenden Überalterung betrifft, so sind die Einschätzungen ambivalent. Zum einen ist nicht jede N]jka[`]jmf_k_]k]ddk[`Y^l_d]a[`]jeYkk]fZ]ljg^^]fÇ\Yk Nicht-Lebengeschäft wird generell weniger stark vom OYf\]dZ]]afÖmkkl&RmeYf\]j]fZa]l]l\a]=floa[cdmf_ sowohl Chancen als auch Bedrohungen. Chancen, weil die alternde Bevölkerung zu neuen Wachstumsmöglichkeiten in Alterseinkunftprodukten (retirement income products) verhilft. Zusätzlich werden aufgrund neuer Versi[`]jmf_kZ]\j^fakk]$]loYealHÖ]_]n]jka[`]jmf_]f$ zusätzliche Prämien generiert. Der Sparprozess wird gesamtwirtschaftlich geringer werden. Entsparprodukte bzw. «umgekehrte Hypotheken» werden an Bedeutung gewinnen. Die Gesetzgebung dazu muss allerdings noch angepasst und erweitert werden. Allgemein gehen die Interviewpartner davon aus, dass sich die Nachfrage nach privater Altersvorsorge erhöhen wird. Auch der SVV weist darauf hin, dass im Bereich der Einzelrentenversicherung im Schweizer Markt weiteres Wachstumspotenzial vorhanden ist.21 Bedrohungen, weil eine steigende Lebenserwartung bei gleichzeitig tiefem Zinsumfeld die Versicherer herausfordert. In der Vergangenheit mussten aufgrund des Anstiegs der Lebenserwartung die Deckungsrückstellungen stetig erhöht werden (umgangssprachlich als «Nachreservierung» bezeichnet). Die weitere Entwicklung der Lebenserwartung, die auf dem medizinischen Fortschritt basiert, ist schwierig abzuschätzen. Zudem kann die Überalterung die bereits Yfkhjm[`kngdd]Km[`]fY[`imYdaÕra]jl]fEalYjZ]al]f\]f erschweren. Angesichts eines drohenden «war of talents» halten es einige der Befragten für nötig, die Attraktivität der Versicherungsunternehmen als Arbeitgeber zu steigern. Gemäss dem Stelleninformationsportal JobDirectory sind derzeit über 1'200 Stellen bei Versicherern nicht besetzt22. Wird der Personalpool aufgrund der demographischen Entwicklung kleiner, so verschärft sich das Problem. Die Befragten räumen ein, dass der Personalmangel heute deutlich ausgeprägter wäre, hätten die Versicherer im Nachgang der Finanzkrise nicht viele Spezialisten von Banken rekrutieren können. Bevölkerungsanstieg. Die Zunahme der Wohnbevölkerung in der Schweiz wird grundsätzlich positiv beurteilt. Sie wirkt für die Versicherer als angenehmer Wachstumsmotor. Ob die politischen Vorstösse zur Begrenzung der Zuwanderung diesen Trend brechen werden, ist derzeit offen – die Umsetzung der im Februar 2014 vom Volk angenommenen Masseneinwanderungsinitiative steht noch aus, die Abstimmung zur Ecopop-Initiative (Stopp der Überbevölkerung – zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen), welche \a]RmoYf\]jmf_fg[`kljc]j]afk[`jfc]foadd$Õf\]l erst nach Redaktionsschluss dieser Studie statt. Die gleichzeitig zu beobachtende Urbanisierung verändert die Versicherungsbedürfnisse. Die Befragten weisen darauf hin, dass in städtischen Gebieten die Nachfrage nach Motorfahrzeugen zurückgeht. Allgemein können demographische Entwicklungen unterschiedliche Auswirkungen haben, je nach Kundensegment und Produktangebot. EY Versicherungsbarometer 2014 | 23 Geschäftsmodelle. Ist aufgrund der demographischen Entwicklung eine grundlegende Anpassung der Geschäftsmodelle notwendig? Über die Hälfte der Experten verneint diese Frage. Vielmehr werden sich die Unternehmen in Richtung eines umfassenden Anbieters von Vorsorge- und Finanzlösungen weiterentwickeln. Zudem gilt es, die Kundensegmentierung zu verstärken. Jüngere Kundensegmente sind stärker anzusprechen, die Produktpalette entsprechend anzupassen (siehe Herausforderung 5: Kundenverhalten). Die grosse Mehrheit der Befragten ist der Ansicht, die Unternehmen seien auf die demographischen Veränderungen vorbereitet – jedenfalls sofern dies überhaupt möglich ist. Denn der Gesamtmarkt wird durch die Regulierung geprägt: zum einen durch die geplante «Altersvorsorge 2020»; diese erfordert von den Versicherern eine hohe Agilität, um schnell auf allfällige Änderungen reagieren zu können (siehe Herausforderung 1: Regulierung); zum anderen wird den demographischen Risiken bereits in der geltenden Gesetzgebung Rechnung getragen; so sind im Schweizer Solvenztest die aktuellen Parameter bezüglich Langlebigkeit, Zinssatz usw. zu berücksichtigen. Zudem weisen die Experten darauf hin, dass sich die verschiedenen demographischen Risiken teilweise aufheben: So fallen die Lebensversicherungsleistungen durch die steigende Lebenserwartung höher aus, werden aber durch höhere und länger einbezahlte Versicherungsprämien kompensiert, was zu einer zusätzlichen Volumenausweitung führt. Die Demographie erfordert eine grundlegende Anpassung des Geschäftsmodells. Unser Unternehmen hat sich bereits auf diese demographische Entwicklung vorbereitet. 15 % 22 % 57 % 16 % Stimme voll zu Stimme voll zu Stimme eher zu Stimme eher zu Stimme eher nicht zu Stimme eher nicht zu 21 % 69 % 24 | EY Versicherungsbarometer 2014 Herausforderung 4: Technologie – Gefahr oder aktive Gestaltungsmöglichkeit? HINTERGRUND Viele Branchen sind durch Technologisierung und Digitalisierung vollständig im Umbruch, vom Handel (Amazon, Zalando) über die Reiseindustrie (Expedia, Booking.com) und die Musikindustrie (Spotify, iTunes) bis zum TV-Markt Koakk[geLN$F]lÖap!&<YZ]ar]a_lka[`$\Ykkka[`AffgnYtionen immer schneller ausbreiten. Dies verlangt, Veränderungen sorgfältig zu beobachten und frühzeitig darauf zu reagieren. Auch das Versicherungsgeschäft ist von neuen Technologien betroffen, ob bei IT-Prozessen, bei Anwendungen über das Internet oder mobilen Applikationen. Es ist denkbar, dass sich der Internetkanal auch im Versicherungsgeschäft verselbstständigen kann. Bereits heute informieren sich Versicherungskunden vermehrt online, lla_]f\Yff\]f9Zk[`dmkkb]\g[`g^Öaf]&<]j9fl]ad\]j Kunden, die den sogenannten ROPO-Prozess (research gfdaf]$hmj[`Yk]g^Öaf]!o`d]f$akl]loYaf<]mlk[`dYf\ zwischen 2009 und 2012 von 29 auf 42 % gestiegen.23 Neue Geschäftsmodelle werden auch von Big Data vorangetrieben. Grosse Datenmengen lassen sich heute schneller und effektiver auswerten, woraus sich wichtige Hinweise auf Kundenbedürfnisse und Produktgestaltung gewinnen lassen. Die Deutsche Bank kommt in einer Studie zum Schluss, dass Big Data die Struktur bestehender Wirtschaftszweige verändern wird. Viele etablierte Geschäftsmodelle würden «durch den digitalen Strukturwandel aus den Angeln gehoben». 24 Generell tangiert der technologische Wandel das Nicht-Lebengeschäft stärker. Im Schadenmanagement können Digitalisierung und Datenanalysen einen Umbruch herbeiführen. Laufende Produktinnovationen sorgen für zusätzlichen Anpassungsdruck. Die Schadenversicherung wird unter anderem durch Fahrerassistenz und Telematik herausgefordert. Dabei spielen nicht nur die bekannten elektronischen Assistenzsysteme wie Parkhilfen eine Rolle. Mit der Cloud mobil vernetzte Fahrzeuge werden in der Zukunft Unfall- und Gefahrenstellen in Echtzeit weiterleiten können. Selbst Ampeln könnten künftig kommunizieren, wann die nächste Grünphase eintritt. Eine Bepreisung nach >Y`j`mÕ_c]almf\>Y`jklad L]d]eYlac$¿hYqYkqgm\jan]À oder «pay how you drive») könnten Fahrzeuglenker vorsichtiger machen. Dabei ist zu bedenken, dass bei einer konsequenten Individualisierung der Tarife letztlich das Solidaritätsprinzip geschwächt wird. Hohe Aufmerksamkeit zieht derzeit zudem das führerlose Fahren auf sich. Neben einigen Automobilkonzernen hat auch Google jüngst sein Projekt angekündigt. Allerdings ist eine breite Einführung des vollautonomen Fahrens erst in einigen Jahren zu erwarten. Dass auch auf strategischer Ebene Handlungsbedarf besteht, hat die globale EY-Versicherungsstudie von 2013 festgestellt: Weltweit sehen 67 % der Versicherer das Stichwort «digital» bloss als Teil ihres gewöhnlichen Geschäfts («business as usual») an und sind nicht zu einer vollständigen Transformation übergegangen.25 Auch die IT im klassischen Sinn muss erneuert werden: Weltweit arbeiten mehr als zwei Drittel der Schaden- und Lebensversicherer mit Systemen aus den 1970er- und 1980er- Jahren.26 Laut dem Analyse-und Beratungsunternehmen Ovum werden die Versicherer im Jahr 2017 weltweit USD 109 Mrd. für IT ausgeben, wobei die jährlichen IT-Budgets stärker wachsen als in anderen Branchen.27 EY Versicherungsbarometer 2014 | 25 MARKTEINSCHÄTZUNG Die Versicherer stehen dem Umbruch durch neue Technologie recht gelassen gegenüber. Nur einer von fünf Befragten sieht darin eine grosse Herausforderung. In der Diskussion haben einige der Experten auf eine klare Digitalisierungsstrategie ihrer Unternehmen verwiesen. Dabei stehen zwei Grundthemen im Fokus: zum einen die Technologie der unternehmensinternen Prozesse, zum andern die Technologie hinter dem Kundenauftritt. Technologie der unternehmensinternen Prozesse Was die traditionelle IT betrifft, so haben zwei Drittel der befragten Versicherer starken Anpassungsbedarf. Solche Projekte stehen unmittelbar bevor oder werden bereits durchgeführt. Dies führen die Befragten vor allem darauf zurück, dass die Unternehmen mit alten (administrativen) Verwaltungssystemen (legacy systems) gewachsen sind, die dem heutigen Anforderungsniveau nicht mehr entsprechen. Statt auf Optimierung wird der Fokus nun auf Transformation gesetzt. Hier wollen die Befragten die Industrialisierung vorantreiben und Prozesse verschlanken, sowohl zur Kostenk]fcmf_YdkYm[`rmjKl]a_]jmf_ngf9_adallmf\=^Õra]fr (siehe Kapitel 4: Zentrale Handlungsfelder). Wie bewerten Sie Ihr Unternehmen im IT-Bereich? Das IT-System innerhalb unseres Unternehmens verfügt heute über eine integrierte Datenarchitektur, die es uns erlaubt, kombinierte Risiko- und Finanzszenarien, Analysen und J]hgjlk]^Õra]flmf\klYf\Yj\aka]jlmfl]jn]jk[`a]\]f]f Fragestellungen zu erstellen. 7% Stimme voll zu Stimme eher zu 47 % Stimme eher nicht zu 46 % Schadenmanagement. In der Anwendung neuer Technologien sehen die Befragten enormes Potenzial. 90 % der Versicherer, die im Sachbereich tätig sind, versprechen sich Verbesserungen im Schadenmanagement. Der Einsatz neuer Technologien wird ausserdem zu einer Erhöhung von Datenqualität und besseren Modellen führen. Auf dieser Basis lassen sich Pricing wie auch die Rückstellung der Schäden genauer bestimmen. Insbesondere ein verbessertes Management der Daten bietet unserem Unternehmen die Möglichkeit, das Schadenmanagement im Sachbereich zu verbessern. 19 % Sind bereits auf dem aktuellsten Stand 19 % 62 % 11 % Geringe Anpassungen nötig Starke Anpassungen nötig 33 % Stimme voll zu Stimme eher zu Stimme überhaupt nicht zu In einem VUKA-Umfeld spielt die Informatik eine zentrale strategische Rolle: IT-Systeme und Datenmanagement müssen derart ausgestaltet sein, dass Unternehmen erforderliche Anpassungen an den Geschäftsmodellen auch tatsächlich vornehmen können. Über die Hälfte der Experten gibt an, bereits über eine integrierte Datenarchitektur zu verfügen, \a]9fYdqk]fmf\J]hgjlk]^Õra]flmf\klYf\Yj\aka]jlmfl]j verschiedenen Fragestellungen erstellen lässt. 26 | EY Versicherungsbarometer 2014 56 % «Telematik ist der ‹kleine Bruder von Big Brother›.» Durch den intelligenten Einsatz von Technologien (Analyse von «real-life data», intelligente Autos, gesundheitsunterstützende Mobile-Apps etc.) werden Versicherungsschäden in der Zukunft zurückgehen. 14 % 29 % Stimme voll zu Stimme eher zu Stimme eher nicht zu 57 % Die überwiegende Mehrheit der Befragten stimmt auch zu, dass durch einen intelligenten Einsatz neuer Technologien die Versicherungsschäden abnehmen werden. Dies ist vor allem im Nicht-Lebengeschäft von Bedeutung, wird aber auch im Lebengeschäft genannt. Fahrerassistenz und Telematik. Die Auswirkungen neuartiger Fahrsysteme auf die Versicherer sind derzeit noch unklar, rmeYdYZk]`ZYj]=floa[cdmf_]f_]_]fdmÕ_kaf\&Kg vermuten die Befragten, dass sich zwar die absolute Schaden`mÕ_c]aln]jjaf_]jfoaj\&?d]a[`r]ala_oaj\ka[`YZ]j\a] Schadenlast erhöhen, weil der Wert der Fahrzeuge steigt. Der grössere Einsatz von Elektronik macht die Autos zudem anfälliger für Cyberkriminalität, deren Auswirkungen auf die Versicherungsgesellschaften im Moment noch ungewiss sind. Über den Effekt von Telematiktarifen, von der Fahrweise abhängige Versicherungen, sind sich die Experten nicht sicher. Damit wird eine Preisdifferenz zwischen überwachtem und nicht überwachtem Fahren eingeführt – ein Befragter nannte es den «kleinen Bruder von Big Brother». Es ist fraglich, ob diese Tarife in der Schweiz mehrheitlich akzeptiert werden. Die Experten erwarten weiter, dass zuerst vorsichtige Fahrer in die Überwachungstarife wechseln. Dadurch dürfte die Preisdifferenz für die übrigen Versicherungsnehmer noch grösser werden (Stichwort: Adverse Selektion) – unabhängig davon, ob ein Autofahrer die Kontrolle scheut, weil er tatsächlich einen riskanten Fahrstil hÖ]_lg\]jo]ad]j\]j<Yl]f]j^Ykkmf__jmf\klrda[` misstraut. In diesem Fall erhalten bestimmte Risikogruppen womöglich keine bezahlbare Motorfahrzeugpolice mehr. Bezahlt jeder nur noch sein individuelles Risiko, nimmt die Solidarität ab und der eigentliche Grundgedanke einer Versicherung wird teilweise ausgehebelt. Sollte der Risikoausgleich im Kollektiv komplett wegfallen, müssten die Versicherer eine reine Einzelkalkulation betreiben, was sehr aufwändig ist. Nutzung von Big Data. In einem Punkt sind sich fast alle Befragten einig: Die Unternehmen verfügen bereits heute über viel mehr Kundendaten, als sie tatsächlich nutzen. Daher investieren sie in Systeme, um diese besser auszuwerten. Die externe Beschaffung von Daten ist kein Thema, zumal externe Daten oft von ungenügender Qualität sind. Falls doch Inputs von aussen in Betracht gezogen werden, _adl]krm]jkl\]fN]jo]f\mf_kro][crm\]Õfa]j]fmf\ daraus die Art der Daten abzuleiten. Die Interviewpartner weisen zudem darauf hin, dass die Methoden der Datenerhebung entscheidend sind, um sie korrekt und sinnvoll auszuwerten. Daher kooperieren einige der Befragten mit Universitäten – eine Zusammenarbeit, von der beide hjgÕla]j]f&<a]N]jka[`]j]j]j`Ydl]f\a]E]l`g\]f$\a] Forschungsinstitute die Daten. Die Befragten sind ferner der Ansicht, dass Big Data in der Zukunft vermehrt in die Segmentierung sowie in die Produkt- und Preisgestaltung einbezogen werden. Denn von einem individualisierten 9f_]ZglhjgÕla]jld]lrlda[`\]jCmf\]& EY Versicherungsbarometer 2014 | 27 «Kein Mensch füllt Unfallprotokolle im Internet aus.» Technologie hinter dem Kundenauftritt Für die meisten der Experten sind Internet, Neue Medien und mobile Technologie bereits heute sehr bedeutend. Über zwei <jall]d`Ydl]f\a]HÖ]_]\]kCmf\]fcgflYclkmf\\]f9m^ZYm von Kundenloyalität über die Neuen Medien für relevant. Das Internet, Social Media und Smartphone-Applikationen sind ^jmfkZ]a\]jHÖ]_]\]kCmf\]fcgflYclkkgoa]^j\]f Aufbau von Kundenloyalität sehr bedeutend. 7% 36 % 21% Stimme voll zu Stimme eher zu Stimme eher nicht zu Stimme überhaupt nicht zu 36 % Das Internet, Social Media und Smartphone-Applikationen sind für uns beim Claims-Management heute sehr bedeutend. 7% 21 % Stimme voll zu Stimme eher zu Stimme eher nicht zu 43 % 29 % 28 | EY Versicherungsbarometer 2014 Stimme überhaupt nicht zu Apps. Eine Applikation für Smartphones zur Schadenmeldung ist heute für die meisten Sachversicherer ein Muss. Solche Zusatzdienstleistungen bieten Differenzierungspotenzial in dem sonst standardisierten Geschäft. Fotofunktion und GPS-Ortung der Smartphones machen die mobilen Prozesse enorm schnell und bequem, was von den Kunden sehr geschätzt wird. Die Nutzung dieser Angebote, darauf weisen die Befragten hin, hängt jedoch stark von der konkreten Situation ab: In Stresssituationen, etwa nach einem Unfall, kommunizieren Kunden am liebsten mit einer Vertrauensperson, die sie auch beruhigt. Einige Apps werden nicht nur für das eigentliche Geschäft entwickelt. So ist zum Beispiel die Wetter-App eines Versicherers sehr beliebt und erlaubt es, die Kontaktfrequenz zu erhöhen. In der Vergangenheit kommunizierte das Unternehmen in der Regel nur bei Vertragsabschluss und im Schadenfall mit den Kunden. Neu lassen sich Kundenkontakte an verschiedenen Orten erzielen, wodurch sich die Loyalität erhöhen lässt; dank der engeren Bindung steigt die Chance, auch zusätzliche Produkte zu verkaufen. Tatsächlich geben Versicherer die Steigerung der Kundenloyalität als wichtigstes Argument für Investitionen in mobile Kanäle an. 28 Internet. Die Schweizer Versicherer nutzen das Internet erst beschränkt als Werbeinstrument: Laut MarktforschungsafklalmlE]\aY>g[mk]flÕ]d]f*()+ngf;@>1*Eag& Werbeaufwendungen weniger als 2 % auf das Internet; dabei erhöhten die Versicherer ihre Ausgaben für diesen neuen Kanal um über 50 %. Dazu passt, dass der Anteil digitaler Investitionen in Europa inklusive der Schweiz im Vergleich zum globalen Benchmark gering ist.29 Die Befragten erkennen den Nachholbedarf. Mit einer Erweiterung des klassischen Internetauftritts möchten sie vor allem die Transparenz erhöhen, neue Informationsmöglichkeiten schaffen und die Kunden so auf das eigene Portal lenken. Als Beispiel wird erwähnt, Verträge online abzurufen. Die Serviceorientierung gegenüber dem Kunden soll verbessert werden, gleichzeitig versucht man, Kunden auf den kostengünstigeren Kanal zu lenken und Mitarbeitende zu entlasten. Im Vergleich zum klassischen Internetauftritt halten die Experten Facebook und andere soziale Medien aber teilweise für einen Hype. «Man muss gewisse Services einfach haben, egal ob sie benutzt werden oder nicht.» Das Internet ist bereits seit einiger Zeit wichtiger Ausgangspunkt für die Informationssuche. Viele Anbieter präsentieren auf ihre Webseite ihre Produkte und bieten auch provisorische Prämienkalkulationen an. Aber ist das Internet auch ein eigenständiger Vertriebskanal oder wird es dies in Zukunft? Die Befragten sehen Internet, soziale Medien und Apps als bedeutend und Teil einer Multi-Channel-Strategie. Doch diese Kanäle werden sich nicht verselbstständigen. Der Kunde folgt eher dem JGHG%Hjgr]kk j]k]Yj[`gfdaf]$hmj[`Yk]g^Öaf]!& Gerade bei komplexen Produkten im Bereich Leben ist der Beratungsbedarf noch sehr hoch. Viele Kunden Das Internet, Social Media und Smartphone-Applikationen sind als Vertriebskanäle für unser Unternehmen heute sehr bedeutend. wissen nicht, welche Form der Versicherung sie überhaupt abgeschlossen haben. Unterstützt durch Vergleichsportale wird zwar ein wachsender Teil einfacher Sachversicherungen über das Internet abgeschlossen. Dies betrifft aber eher jüngere Cmf\]fk]_e]fl]&=af]fZ]\]ml]f\]f=afÖmkkYm^\Yk Geschäftsmodell hat dies daher (noch) nicht. Den Trend zu Neuen Medien sehen die Experten daher nicht als Bedrohung, sondern als Chance, um sich besser als Mitbewerber auf die neuen Kunden einzustellen und zu differenzieren. Sehen Sie einen Trend zu Neuen Medien als eine Bedrohung oder als eine Chance für Ihr Unternehmen? 7% 7% 20 % Stimme voll zu Eindeutig eine Chance Stimme eher zu 33 % Stimme eher nicht zu Stimme überhaupt nicht zu 50 % 43 % Eher eine Chance Eher eine Bedrohung 40 % «Versicherung ist ein ‹low interest›-Produkt. Warum sollte es ‹high interest› sein, nur weil es eine App gibt?» EY Versicherungsbarometer 2014 | 29 Herausforderung 5: Kundenverhalten: Wie erreiche ich in Zukunft meine Kunden? HINTERGRUND Unternehmen können nur im Markt bestehen, wenn sie ihre Kunden erreichen. In der Vergangenheit hatten die Versicherer wenig Anlass, sich am Kunden zu orientieren30 – der Markt in der Schweiz war lange geschützt. Aufgrund fehlender Transparenz war ein Vergleich der Produkte kaum möglich. Das hat sich inzwischen geändert: Unterstützt durch die Informationstechnologie fällt es den Kunden viel leichter, Angebote zu vergleichen. Was Kundenerwartungen betrifft, so haben Unternehmen aus dem Technologiesektor neue Standards gesetzt. Sie haben eine neue Generation von Konsumenten herbeigeführt, die Einfachheit, Schnelligkeit und Bequemlichkeit in ihrer Interaktion (wie Amazon OneClick) wollen. Es reicht daher nicht, wenn Versicherer sich an ihren Wettbewerbern orientieren. Man spricht von einem Paradigmenwechsel in der Kundenorientierung, denn die Versicherer sind heute mit sehr unterschiedlichen Kundengruppen konfrontiert, welche die neuen Technologien völlig unterschiedlich einsetzen. Das veränderte Kundenverhalten verlangt eine Anpassung der Vertriebskanäle, aber gleichzeitig auch das kostspielige Betreiben von mehreren Vertriebskanälen. Versicherungskunden benötigen Informationen auf dem Unternehmensportal – Stichwort ROPO (ausführlicher unter Herausforderung 4: Technologie). Vergleichsportale wie comparis.ch sind heute wichtige Informationsquellen für Versicherungskunden. 30 | EY Versicherungsbarometer 2014 Vertreter müssen daher helfen, Onlinekunden auf ihre eigenen Portale zu lenken – sonst wandern sie zu Aggregatoren ab. Um den Kunden von morgen bedienen zu können, müssen die verschiedenen Kommunikationskanäle zusammengeführt werden. Der traditionelle Vertriebskanal über Agenten und Makler soll nicht losgelöst von einem Internetvertrieb operieren. Der Aussendienstmitarbeiter ist vielmehr auf die Möglichkeiten des Internets und der neuen Kommunikationsmittel wie soziale Medien angewiesen, die wesentliche Bestandteile eines integrierten modernen Vertriebs sind. Ist der «neue Kunde» auch grundsätzlich preissensitiver? Die globale EY-Studie zeigt, dass im Nicht-Lebengeschäft der Preis deutlich wichtiger ist als die Marke.31 Eine Capgemini-Studie kommt zu einem ähnlichen Ergebnis:32 Der Preis steht an erster Stelle bei den Faktoren, die einen Kunden bei \]jOY`d]af]kN]jka[`]j]jkZ]]afÖmkk]f&?jmf\klrda[`akl die jüngere Generation preissensitiver als die ältere. In der Schweiz besteht jedoch bislang noch eine erhebliche Preisdiskrepanz zwischen homogenen Versicherungsprodukten – obwohl sich die Kunden selbst als preissensitiv bezeichnen.33 Auch die Wechselneigung ist im Vergleich mit anderen Ländern (noch) gering. MARKTEINSCHÄTZUNG Nur 15 % der Experten stufen das veränderte Kundenverhalten als eine der grössten Herausforderungen ein. In der Diskussion nehmen Fragen darüber, wie der Kunde in Zukunft angesprochen werden kann, jedoch viel Platz ein. Tatsächlich machen sich die Versicherer intensiv Gedanken zur Kundenkommunikation über Neue Medien. Allerdings n]jdYf_l]k]j`]Zda[`]ÕfYfra]dd]Eall]d$?]k[`^lkeg\]dd und System konsequent auf die Kunden auszurichten. Angesichts der zahlreichen Herausforderungen und beschränkter Ressourcen konzentrieren sich kleinere Versicherer auf zentrale Aspekte im Kundenkontakt; ein Beispiel sind Apps für Schadenereignisse (siehe Herausforderung 4: Technologie). Das digitale Angebot der Versicherer mit Onlineauftritt, Apps und weiteren Dienstleistungen hat bis heute mehrheitlich reaktiven Charakter und basiert selten auf der Analyse entscheidender Kundenbedürfnisse. Eine bereichsund funktionsübergreifende Digitalisierungsstrategie ist aber die einzig mögliche Antwort auf ein grundlegend verändertes Kundenverhalten. 34 Bisher sind es erst ein paar grosse Versicherungsunternehmen, die diesen Weg gehen. Segmentierung. Gerade in der Schweiz stellen Kunden scheinbar unterschiedliche Leistungsansprüche und möchten differenziert behandelt werden. Eine Studie des I.VW der Universität St.Gallen35 hat fünf grundlegende Cmf\]flqh]fa\]flaÕra]jl$\]j]fkh]ra]dd]9f^gj\]jmf_]f die Versicherer berücksichtigen sollten: den Unterstützung suchenden Individualisten, den Produktoptimierer, den desinteressierten Minimalisten, den preissensitiven Analysten und den beziehungsorientierten Traditionalisten. Das Bedürfnis, die Kunden gezielt anzusprechen, erkennen auch die Befragten. Sie sind der Ansicht, die Kundensegmentierung müsse vorangetrieben werden. Einzelne Unternehmen haben dies bereits umgesetzt. Produkte. Laut den Experten werden die Produkte im Lebengeschäft an die neuen Kundenbedürfnisse angepasst. DYm^r]al]fo]j\]fÖ]paZ]d$RY`dmf_kmfl]jZj[`]kaf\ möglich, andere führen ein Drei-Phasen-Rentenmodell ein (mit Start-, Flexibilitäts- und Rentenphase). Von speziellen Lebenszyklusprodukten, bei denen Kunden ihrem Alter entsprechend angesprochen werden, sehen die Befragten eher ab. Produkte werden zudem individuell und modular gestaltbar: Mit einem Basisprodukt und nur drei beliebig wählbaren Modulen können die Kunden zwischen acht verschiedenen Segmenten wählen.36 Als Beispiel dienen Ö]paZd]D]Z]fkn]jka[`]jmf_khjg\mcl]$Z]a\]f\]j9fl]ad der sicheren klassischen Anlage (Prinzip der gemischten Lebensversicherung) 60 %, 70 %, 80 % oder 90 % betragen kann. Im Sektor Nicht-Leben werden Pakete angeboten, die verschiedene Versicherungsdeckungen enthalten, oder es werden Produktpakete geschnürt, die einen Versicherungsschutz mit einem Konsumgut verbinden (z.B. Skibruchversicherung oder Garantieverlängerung für die neue Waschmaschine). Modulare Produkte tragen dazu bei, den Wettbewerb vom Preis auf Innovationen zu lenken. Marke. Die Marke kann ein wichtiger Differenzierungsfaktor sein, um Kunden anzusprechen. In der Schweiz nutzen die Versicherer diese Chance zu wenig. Laut Daten des BrandAsset™ Valuator, der umfangreichsten Markenstudie der Schweiz, haben fast alle Versicherer ein ähnliches Image bei den Kunden, eine klare Differenzierung ist nicht gegeben. Eine einzige Marke, die Mobiliar, kann sich von der Konkurrenz gut abheben, sie gilt als «einzigartig, weil andersartig». 37 EY Versicherungsbarometer 2014 | 31 «Alle prognostizieren eine Margenerosion seit Jahren, aber solange die Schweiz reich genug ist, nicht um jeden Rappen zu kämpfen, wird die Dienstleistungsqualität weiterhin im Vordergrund stehen.» Vertreter. Das veränderte Kundenverhalten stellt die heutigen Vertriebskanäle in Frage. Im Nicht-Lebengeschäft wird damit gerechnet, dass die Vertreter an Bedeutung n]jda]j]f$]loYZ]aEglgj^Y`jr]m_%@Y^lhÖa[`ln]jka[`]rungen oder anderen Standardprodukten. Im Lebengeschäft geht die Mehrheit der Befragten allerdings davon aus, dass die Versicherungsvertreter wichtig bleiben werden. Die Vorsorgesituation ist gerade in der 3. Säule komplex. Hier hat die Beratungsleistung der Versicherer ein Alleinstellungsmerkmal. Ausserdem besteht in der doch ländlich geprägten Schweiz eine Art sozialer Druck, der dazu führt, dass man beim lokalen und freundschaftlich bekannten Vertreter kauft. Veränderte Rahmenbedingungen könnten die Bedeutung der Vertreter schmälern, ]loYo]ffÖ[`]f\][c]f\F]llglYja^]]af_]^`jlo]j\]f oder sich die Honorarberatung etabliert; in den Niederlanden wird z.B. Onlinehonorarberatung angeboten. 32 | EY Versicherungsbarometer 2014 <YkAfl]jf]loaj\\a]=flÖ][`lmf_ngf_]g_jYh`ak[`]jF`] aeN]jka[`]jmf_kZ]j]a[`Z]]afÖmkk]f$mf\ Versicherungsvertreter werden in diesem Zusammenhang an Bedeutung verlieren. 7% 29 % Stimme voll zu Stimme eher zu Stimme eher nicht zu 64 % Omni-Channel und Digitalisierung. Die befragten Versicherer halten nicht die Ablösung eines Vertriebskanals durch den anderen als zentral. Entscheidend ist vielmehr das intelligente Miteinander. Sie sehen daher auch die Notwendigkeit, dass die Vertreter in die Digitalisierungsstrategie des Unternehmens mit einbezogen werden müssen – um «digital» und «persönlich» zu verknüpfen. Ein Vertreter soll beispielsweise mit moderner Technologie ausgestattet werden, etwa einem iPad mit Echtzeit-Anbindung zur Datenbank des Unternehmens. Viele Experten verfügen bereits über ein integriertes IT-Tool, mit dem der Vertrieb direkt durchpreisen kann. Der Vertreter muss aber in Zukunft auch unsichtbare Kundenbeziehungen erkennen können, etwa wenn ein Kunde eine Motorfahrzeugversicherung besitzt, die nur im Hintergrund durch den Versicherer betrieben wird (White Labelling). Auch soll ein Vertreter den Kunden gezielt dort abholen können, wo er im Internet nicht weitergekommen ist. Einige Unternehmen verwenden bereits ein sogenanntes Co-Browsing, bei dem ein zugeschalteter Kundenbetreuer einen Neukunden durch den Onlineberatungsprozess führt. Die Interviewpartner sind sich einig, dass hier und in den Neuen Medien noch Investitionsbedarf besteht, der nicht vernachlässigt werden darf. Ein Befragter betont, die Assekuranz habe bei der Digitalisierung (sektorübergreifend) sicher keine Vorreiterrolle, müsse aber schrittweise mitziehen, auch um im Wettbewerb nicht zurückzufallen. Generell machen es die verschiedenen Kanäle schwieriger, die Kundenansprüche insgesamt zu erfüllen. Schlechte Kundenerfahrungen, die etwa über soziale Medien einfach geäussert werden können, bieten erhebliches Reputationsjakacg&<]k`YdZ_adl]k$af\a]HÖ]_]\a]k]jf]m]fCgeemnikationskanäle zu investieren. Wie sich das Kundenverhalten die nächsten Jahre entwickeln wird, ist allerdings schwer zu prognostizieren. EY Versicherungsbarometer 2014 | 33 34 | EY Versicherungsbarometer 2014 4 Zentrale Handlungsfelder EY Versicherungsbarometer 2014 | 35 Angesichts der vielfältigen Herausforderungen sehen sich die Unternehmen mit Handlungsbedarf konfrontiert. Dabei lassen sich drei Dimensionen unterscheiden. Auf strategischer Ebene gilt zu klären, wie die Unternehmen die Zukunft gestalten wollen. Auf operativer Ebene sind die Geschäftsprozesse einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Bei der Analyse von Strategie und Prozessen ist eine dritte Ebene relevant: Es gilt zu prüfen, welche Veränderungen von neuen Wettbewerbern ausgehen und wie ernst neuartige Geschäftsmodelle zu nehmen sind. Für die Formulierung der Geschäftsstrategie werden zukunftsorientierte Szenarioanalysen von immer grösserer Bedeutung sein. Welchen Planungshorizont setzen Sie dazu an? Kontinuität zeigt sich auch in der Einschätzung der Geschäftsentwicklung: Sowohl retrospektiv als auch prospektiv stufen sämtliche Befragten den Geschäftsgang als positiv oder sehr positiv ein. Dies überrascht aus zwei Gründen: zum einen weil die Zinsentwicklung die operative ?]k[`^lk]floa[cdmf_\]jd]lrl]fBY`j]Z]]afÖmkkl`Yl$ zum anderen weil über fast alle Bereiche hinweg ein starker Wettbewerbsdruck erkennbar ist. Wie bewerten Sie die operative Geschäftsentwicklung Ihres Unternehmens in den vergangenen 12 bis 24 Monaten? 13 % 6% Änderungen im Kundenverhalten, zum makroökomischen Umfeld und zu den Entwicklungen hinsichtlich Regulierung. Kein Unternehmen arbeitet ausschliesslich mit Szenarien. Trotz des instabilen Umfelds stufen die Experten die Kontinuität im Geschäftsverlauf als ausreichend ein, um wie bisher zu planen. Ist diese Annahme heute wirklich noch gerechtfertigt? 37 % 1 bis 3 Jahre 3 bis 5 Jahre 5 bis 10 Jahre 36 % 10 bis 15 Jahre Sehr positiv Positiv 44 % 64 % GESCHÄFTSSTRATEGIE Die grosse Mehrheit der Befragten erarbeitet die Geschäftsstrategie mit einem Horizont von weniger als fünf Jahren. Im kurzfristigen Planungshorizont spiegelt sich das instabile makroökonomische Umfeld (VUKA). Wie erwarten Sie die operative Geschäftsentwicklung Ihres Unternehmens in den kommenden 12 bis 24 Monaten? Unternehmen, die einen längeren Horizont angeben, beziehen sich meist auf Szenarienanalysen, die sie zusätzlich zur allgemeinen Strategieplanung durchführen. Entscheidende Variable innerhalb dieser Planung sind Annahmen, zum Beispiel zur Entwicklung der Zinsen und Kapitalmärkte, zu 21 % Sehr positiv Positiv 79 % 36 | EY Versicherungsbarometer 2014 «Man sollte nicht wie ein Tanker starr geradeaus fahren, sondern eher wie ein Hase agieren, der die Richtung wechseln kann.» Konkurrenz. Ebenfalls nicht zur positiven Zukunftseinschätzung passt, dass sich fast zwei Drittel der Befragten vom Marktverhalten ihrer direkten Konkurrenten bedroht fühlen – vor allem in der Sachversicherung, aber auch im Lebengeschäft. Sinkende Margen sind bereits im Motorfahrzeugbereich zu beobachten. Die Unternehmen gehen deshalb präventiv strategische Kooperationen mit Autoherstellern oder -importeuren ein. Dennoch wird der Schweizer Markt als eher zäh beschrieben, etwa im Vergleich zu Grossbritannien, wo Verträge nach zwölf Monaten auslaufen. Dieser wesentliche Unterschied wird auch in der globalen EY-Versicherungsstudie38l`]eYlaka]jl2<gjlÕf\]fka[`^j?jgkkZjalYffa]fmf\ die Niederlande deutlich andere Präferenzen als für die Schweiz. In diesen Ländern ist persönliche Interaktion weniger wichtig (auch im Lebengeschäft). Das erklärt auch, weshalb die Schweizer Versicherer ihre Preispolitik nicht überdenken. Dazu äussert sich ein Befragter aus spieltheoretischer Perspektive: Die Versicherer hätten zwar de facto kein Kartell, aber kein einzelnes Unternehmen sei daran interessiert, «kollektiv die Margen aufs Spiel» zu setzen. Geschützter Schweizer Markt. Was Konkurrenz aus dem Ausland betrifft, sieht ein Grossteil der Experten den Schweizer Markt als abgeschottet. Mehrsprachigkeit, das politische Umfeld und die Kostenstruktur des Schweizer Marktes wirken als natürliche Barriere und erschweren den Marktzugang ausländischer Versicherer. Zudem lässt die Regulierung grundsätzlich kein grenzüberschreitendes Geschäft ausländischer Versicherer ohne effektive Präsenz in der Schweiz zu. Die Mehrheit der Befragten rechnet auch nicht mit weiteren Wettbewerbern – zumindest nicht mit solchen, die organisch, also ohne Akquisition, in die Schweiz eintreten wollen. Die wichtigen ausländischen Versicherungskonzerne sind zudem bereits präsent. Wer die potenzielle Konkurrenz als positiv beurteilt, tut dies aus Sicht der Kunden. Direkte Konkurrenzunternehmen mit verändertem Marktverhalten (z.B. bei der Preispolitik) sehen wir als Bedrohung für unser Kerngeschäft. Wie wird sich die Konkurrenz von Versicherern aus dem Ausland in den nächsten 3 Jahren auf das Geschäft in der Schweiz auswirken? 7% 21 % 36 % Stimme voll zu Stimme eher zu 36 % 14 % Positiv Eher positiv Stimme eher nicht zu Gar nicht bzw. eher nicht Eher negativ 43 % 43 % EY Versicherungsbarometer 2014 | 37 «Der Fokus bleibt auf dem Schweizer Markt.» Kein Drang ins Ausland. Im Umkehrschluss legt auch die Mehrheit der befragten Versicherer ihren Fokus nicht auf Auslandsmärkte: Rund zwei Drittel sehen die Globalisierung und die dadurch wachsende Mittelschicht in den Schwellenländern für ihr Unternehmen nicht als strategisch bedeutsam; aufgrund der überproportionalen Zunahme der Komplexität einer solchen Auslandsstrategie sehen sie darin keinen Nutzen. <a]ka[`\YjYmk]j_]Z]f\]fN]jf\]jmf_]fo]j\]f=afÖmkk auf die Auslandsstrategie unseres Unternehmens haben. Über zwei Drittel der Experten planen keine (weitere) Expansion ins Ausland. Eines von fünf Unternehmen will sein Auslandsengagement sogar reduzieren. Fremde Märkte erfordern hohe Managementkapazität, die Befragten verweisen zudem auf negative Beispiele. G^leYdkoaj\\Yk\]Õralj]9mkdYf\_]k[`^leal`ad^]\]k erfolgreichen Schweizer Geschäfts subventioniert. Grundsätzlich gibt es im Schweizer Markt noch «genug zu tun», die allfälligen Gewinne werden als zufriedenstellend bezeichnet. In welchen Ländern planen Sie, Ihr Engagement in den nächsten 2-4 Jahren zu expandieren (+1) bzw. zu reduzieren (-1)? 31 % Stimme voll zu )( Stimme eher zu Stimme überhaupt nicht zu 54 % 15 % + * ) Ͳϭ 38 | EY Versicherungsbarometer 2014 ) Ͳϭ Ͳϭ + «Es ist erstaunlich, was der Mangel an Kommunikation an Af]^Õra]fr]fhjg\mra]jl&À GESCHÄFTSPROZESSE Me\a]HjgÕlYZadallae@]ae_]k[`^lo]al]jrm]j``]f$ setzen die Befragten auf die Verbesserung der Prozesse. Generell soll die Industrialisierung vorangetrieben werden. Die Versicherungsunternehmen stehen dabei ganz am Anfang. Im Vergleich mit anderen Branchen war der Handlungsdruck lange gering. Den Firmen ging es im Urteil der Befragten zu gut. Einige Unternehmen setzen auf Six-Sigma-Verbesserungsprojekte, kombiniert mit den Methoden des Lean Management, oder überprüfen das Produktportfolio auf Tarife, die volumenmässig keinen Sinn machen. 50 bis 60 % der Prozessoptimierungen sind IT-bezogen, auch in anderen Bereichen lassen sich ka_faÕcYfl]=afkhYjmf_]f]jra]d]f& Unser Unternehmen plant mittelfristig (2-5 Jahre) eine Erhöhung der Industrialisierung (Standardisierung, Zentralisierung und Automatisierung von Prozessen) vorzunehmen. 7% Stimme voll zu 21 % Stimme eher zu Stimme eher nicht zu 72 % Outsourcing.<a]<a_alYdaka]jmf_ae:Y[cg^Õ[]akl]af Schwerpunkt. Das elektronische Dokumentenmanagement =<E!oaj\`mÕ__]fYffl$meh`qkak[`]<gcme]fl] durch digitale zu ersetzen. Die Unternehmen möchten mit weniger Papier auskommen. Dabei ist auch Outsourcing eine Option: Ergänzend zum Betrieb des internen Postdienstes übernimmt etwa Swiss Post Solutions auch das Management des Policenarchivs und das Scannen von Dokumenten. Weitere Bereiche, die ausgelagert werden können, sind die Wertschriftenbuchhaltung oder Rechenzentren. Die Befragten sehen mehr Synergien darin, mit anderen Unternehmen in der Schweiz ein neues Verwaltungssystem einzuführen als etwa mit Unternehmenskollegen aus Belgien oder Deutschland. Über die Standardsoftware wird gemäss der Konzernstrategie entschieden (und diese Entscheidung steht nicht zur Debatte). Bei Verwaltungssystemen können sich die Befragten solche Synergien durch Zusammenarbeit hingegen vorstellen. Bereiche, die ein Unternehmen nicht industrialisieren kann, lassen sich grundsätzlich auslagern. Allerdings begrenzen die Experten den Spielraum für Outsourcing auf jene Funktionen, die keine Relevanz für das Kerngeschäft haben. Zudem darf dies dem Kunden nicht auffallen. Die Mehrheit der Befragten zählt die IT zu den zentralen Funktionen, die sich grundsätzlich outsourcen liessen. Ein Callcenter in einem Land zu betreiben, in dem Mitarbeitende keine der Landessprachen sprechen, ist ausgeschlossen. Zusätzlich sind sich viele Unternehmen ihrer gesellschaftlichen Funktion als Arbeitgeber bewusst, gerade in strukturschwachen Regionen. Ferner führt Outsourcing zu einem Abhängigkeitsverhältnis gegenüber den Dienstleistern. Gerade kleine Gesellschaften müssen deshalb vorsichtig sein. Schliesslich lagern viele Versicherer einzelne Funktionen lieber innerhalb des Konzerns aus, etwa an konzerneigene Dienstleistungsgesellschaften, weil bei externem Outsourcing oft ein Qualitätsmangel festzustellen ist. Unser Unternehmen wird mittelfristig (2-5 Jahre) gewisse Funktionen outsourcen, um sich besser auf das Kerngeschäft konzentrieren zu können. 14 % 36 % Stimme voll zu Stimme eher zu Stimme eher nicht zu 21 % Stimme überhaupt nicht zu 29 % EY Versicherungsbarometer 2014 | 39 Konsolidierung. Ob es aufgrund begrenzter organischer Wachstumsmöglichkeiten in der Zukunft zu einer Konsolidierung kommen wird, wagen nur wenige eindeutig zu beantworten. In der Zwischenzeit ist das in den Diskussionen regelmässig genannte Übernahmeziel Nationale Suisse durch die Helvetia-Gruppe übernommen worden. Damit erhöht sich die Konzentration weiter: Sowohl im Leben- als auch im Nicht-Lebengeschäft wird der Schweizer Markt von wenigen Unternehmen beherrscht. Im Schweizer Versicherungsmarkt wird es in den kommenden Jahren zu einer Konsolidierung kommen. 7% 43 % 40 NEUE GESCHÄFTSMODELLE In der Frage, ob branchenfremde Konkurrenz das Kerngeschäft bedrohen kann, sind sich die Experten nicht einig. Grundsätzlich kann den Versicherern aus verschiedenen Bereichen neue Konkurrenz erwachsen: zum einen durch Automobilhersteller, die Rundum-sorglos-Pakete (inkl. Versicherungen) anbieten, zum anderen durch Unternehmen, die Versicherungen als Zusatz zu bestehenden Produkten verkaufen, oder durch Start-ups mit neuen Geschäftsmodellen. Branchenfremde Konkurrenz sehen wir als Bedrohung für unser Kerngeschäft. 7% 14 % 43 % | EY Versicherungsbarometer 2014 7% Stimme voll zu Stimme voll zu Stimme eher zu Stimme eher zu Stimme eher nicht zu Stimme überhaupt nicht zu 36 % 43 % Stimme eher nicht zu Stimme überhaupt nicht zu Automobilhersteller. Vor allem bei den Automobilherstellern sehen die Befragten die Gefahr, substituiert oder bei Kooperationsmodellen zum blossen Abwicklungspartner herabgestuft zu werden. Allerdings ist die Bedrohung nicht akut, da sich dieser Trend bis jetzt nicht stärker etabliert hat. Noch erkennen die Befragten in der Schweiz keine Verdrängung. Zudem schätzen die Interviewpartner die Gefahr als begrenzt ein: Ein solcher Vertriebskanal kann zwar den Margendruck verstärken, aber dies wird nicht zu neuen Versicherern führen, die ihr Risiko selbst managen. O]jhjgÕla]jlngf\a]k]j=floa[cdmf_2\a]9mlgegZad`]jsteller oder die Versicherungsbranche? Als eigentliches Problem nennen die Experten die Sorge um die Kundenschnittstelle. Dementsprechend betrachten sie auch das automatisierte elektronische Notrufsystem «eCall» (EU-weite Einführung für 2015 geplant) kritisch. Dieses System kann dazu führen, dass Motorfahrzeughersteller bei Pannen ihre Vertragswerkstätten bevorteilen. In diesem Fall verliert die Kommunikation mit der Versicherung und dem verbundenen Werkstattnetzwerk an Bedeutung. Die Vernetzung durch «eCall» erlaubt es Motorfahrzeuginhabern, zahlreiche Zusatzdienste in Anspruch zu nehmen, die über die reine Notrufmeldung hinausgehen: etwa AssistanceLeistungen bei einer Panne, aber auch Telematikleistungen wie die Ortung des Autos bei Diebstahl. White Labelling. Der Vertrieb von Produkten eines externen Anbieters unter eigenem Namen kann die nächste Generation von Geschäfts- und Kooperationsmodellen für die Versicherungsbranche darstellen. Einige der Befragten sehen in White Labelling einen interessanten Ansatz, eine Agenturgesellschaft zu gründen und die als hoch angesehenen Vermittlungsgebühren von Versicherungsgesellschaften einzunehmen. Einerseits kann es sich für Versicherer lohnen, Synergie- und Skaleneffekte sowie fremde Vertriebskapazität zu nutzen, andererseits können auch die Distributoren zusätzliche Einnahmen generieren, Kundenpotenziale ausbauen sowie Kundenbindung und Markenwahrnehmung stärken. Auch Marktbeobachter sehen im White Labelling gerade für die Motorfahrzeugversicherung viel Potenzial.39 Allerdings sind Interessenkollisionen mit dem Eigenvertrieb sowie der technische, prozessuale und organisatorische Mehraufwand dieses Konzepts nicht zu unterschätzen.40 EY Versicherungsbarometer 2014 | 41 «Es wird so viel geschrieben, wer nicht alles in unseren Markt eindringen soll. Sogar Google. Das glaube ich erst, wenn ich es sehe. Wenn es so leicht wäre, dann wären alle mit diesen neuen Geschäftsmodellen schon erfolgreich.» Konkurrenz durch Start-ups. Welche Rolle spielen branchenfremde Wettbewerber aus dem digitalen Bereich? Gemäss einer globalen Accenture-Studie41 können sich über zwei Drittel der befragten Versicherungskunden vorstellen, Versicherungsprodukte von Nicht-Versicherern zu erwerben. 23 % würden sogar Versicherungsprodukte von reinen Online-Service-Providern wie Google oder Amazon kaufen. Für die Befragten ist diese Bedrohung im Schweizer Markt nicht akut. Vielmehr fragen sie sich, weshalb es Anbieter wie Google bis heute nicht geschafft haben. Einen Grund sehen sie darin, dass das Geschäftsmodell der Versicherer stark durch die Regulierung bestimmt wird, etwa was Transparenz oder Courtagen betrifft. Start-ups oder neu gegründete Versicherungsunternehmen auf der grünen Wiese werden wenig thematisiert. Unsere Interviewpartner sehen kein Potenzial, dass ein neues Unternehmen von aussen in den Versicherungsmarkt eindringen kann. Tatsächlich haben Start-ups im engeren Sinne (siehe Box) erst einen begrenzten Bekanntheitsgrad. 42 | EY Versicherungsbarometer 2014 Innovative deutsche Modelle Das Start-up Schutzklick bietet eine Onlinelösung, mit der mobile und stationäre Elektronik schnell und unkompliziert versichert werden können. Der Kunde schliesst die Versicherung vollständig online ab und muss kaum Daten von sich preisgeben (keinen Papierkram erledigen, nur die Seriennummer des Geräts angeben). Die Versicherungsprodukte stellt Schutzklick in Zusammenarbeit mit namhaften Versicherungsträgern zur Verfügung. Schutzklick integriert seine Lösungen bei Onlineshops des Fachhandels und erweitert das Versicherungsangebot stetig. Das Start-up Friendsurance ist die erste Versicherungsplattform, die das Solidaritätsprinzip von Versicherungen mit modernen sozialen Netzwerken kombiniert. Auch dieses Unternehmen vermittelt Versicherungen verschiedener Anbieter. Das Besondere bei Friendsurance ist jedoch, dass sich die Kunden zu kleinen Gruppen zusammenschliessen. Ein Teil der N]jka[`]jmf_kZ]alj_]Öa]kklaf]af]f_]e]afkYe]f Topf, aus dem kleine Schäden beglichen werden. Wenn keine oder nur wenige Schadenfälle aus dem Gruppentopf beglichen werden, erhalten die Kunden bis zur Hälfte der Versicherungsbeiträge zurück. Bei grösseren Schäden springt zusätzlich der Versicherer ein. Friendsurance verspricht vor allem günstigere Preise, weil das soziale Netzwerk zu verändertem Verhalten führt (u.a. auch Vermeidung von Versicherungsbetrug) und sich das Marketing einfacher gestalten lässt. «Ich kenne nur Misserfolgsgeschichten von Start-ups, die in die Assekuranz reingehen.» Der Onlinekanal kann die Richtung weisen. Die Möglichkeit, BVG-Verträge online abzuschliessen, halten viele der Befragten für eine gute Idee. Einige Unternehmen bieten dies bereits an, wenn auch nur für eine spezielle Kundengruppe (Start-up-Firmen). Dank eines transparenten, klar ausgerichteten und innovativen Modells wurde ein Kanal mit dem «Innovationspreis der Schweizer Assekuranz 2013» ausgezeichnet. Ein 100-prozentiger Online-Motorfahrzeugversicherer auf dem Schweizer Markt ist St Bernard. Das Unternehmen konfektioniert seine Produktbündel etwas feiner als die Konkurrenz und ermöglicht Kunden mit Jahresverträgen und einer Kündigungsfrist von nur einem Arbeitstag grösstmögliche Flexibilität und Ungebundenheit.42 Eine Schweizer Plattform, die für Motorfahrzeugversicherungen nicht nur Anträge entgegennimmt, sondern etwa auch die Bezahlung und Kommunikation mit dem Strassenverkehrsamt direkt abwickelt, hat sich allerdings bisher noch nicht durchsetzen können. Onlineversicherer: ein Zukunftsmodell? Sollten Versicherer ein reines Onlineunternehmen gründen? In Europa wird sich laut Accenture der Versicherungsabsatz über das Internet bis 2016 auf jährlich EUR 25 Mrd. Prämienvolumen verdoppeln.43 Sogar die Smartphone-Dichte ist in der Schweiz so hoch, dass kaum Kundengruppen verloren gingen, falls man sich ausschliesslich auf mobile Anwender fokussiere.44 Was Convenience, Nutzerfreundlichkeit oder Schnelligkeit betrifft, gelten die (Online-) Direktversicherer als klare Vorreiter in der Branche.45 Auch in der Schweiz scheinen die (Online-)Direktversicherer Erfolg zu haben: Das Internetportal comparis.ch befragt einmal jährlich seine Nutzer zur Zufriedenheit mit den Leistungen ihrer jeweiligen Versicherungen. Auf den beiden ersten Plätzen landeten zwei (Online-)Direktversicherer mit der Bewertung «gut». Ende September 2014 hat die Allianz, Europas grösster Versicherer, ihre neue Onlinestrategie für Deutschland vorgestellt. Zukünftig werden sämtliche Verträge auch auf der Onlineplattform und nicht nur durch lokale Vertreter angeboten. Zudem will die Allianz eine grössere Preistransparenz schaffen und Kunden eine schnelle Prämienschätzung ermöglichen. Ähnliche Pläne waren vor fünf Jahren noch von den Allianz-Vertretern gestoppt worden. Tatsächlich hat sich das Umfeld innert zehn Jahren radikal verändert: Während 2005 noch rund 90 Prozent der Allianz-Kunden alle Verträge über einen Vertreter abgeschlossen haben, sind es heute weniger als 50 Prozent. EY Versicherungsbarometer 2014 | 43 44 | EY Versicherungsbarometer 2014 5 Fazit EY Versicherungsbarometer 2014 | 45 Wie gut sind die Versicherer auf die künftigen Herausforderungen vorbereitet? Sind sie agil genug, um im Wandel zu bestehen? Folgende vier Themenfelder zeigen die Bedrohungen und machen deutlich, wo die Unternehmen den Wandel vorantreiben müssen. Instabiles Umfeld. Die verschiedenen Unsicherheitsfaktoren, mit den sich Versicherer konfrontiert sehen, spielen zusammen und erhöhen Unsicherheit und Komplexität. Dies verlangt von den Unternehmen ein hohes Mass an Flexibilität und Agilität. Der Regulierungsdruck hält an. Mit Blick auf die Systemrelevanz sind weitere Vorschriften auf grosse Unternehmen ausgerichtet. Dies führt zu steigenden Kosten. Die kritische Grösse wird wichtiger, kleine Anbieter geraten unter Druck, die Konzentration im Markt kann weiter steigen. Eine besondere Herausforderung stellt das Tiefzinsumfeld dar. Dieses zwingt die Versicherer zu einem Spagat, den Versicherungsgedanken aufrechtzuerhalten und gleichzeitig eine angemessene Rendite zu erzielen. Aufgrund neuer Eigenmittelanforderungen bindet die Übernahme von Garantien erhebliche Mittel. Die Versicherer können darauf reagieren, indem sie Risiken an Drittanbieter abgeben oder beim Kunden belassen. Die Finanzkrise hat jedoch gezeigt, dass dies mit erheblichen Gefahren verbunden ist. Das Portfolio mit den Kundenbedürfnissen abzustimmen ist im gegenwärtigen Umfeld die schwierigste Frage, mit der die Versicherer konfrontiert sind. 46 | EY Versicherungsbarometer 2014 Neue Konkurrenten. Die Versicherer sehen den Schweizer Markt als abgeschottet und stufen die Gefahr durch neue Wettbewerber als gering ein. Entspricht dies der Realität? Neue, zum Teil branchenfremde Anbieter drängen in den Versicherungsmarkt. So hat sich Volkswagen zum Ziel gesetzt, innerhalb weniger Jahre mehr als 40 Prozent aller verkauften Fahrzeuge des VW-Konzerns mit einer Motorfahrzeugversicherung der Volkswagen Autoversicherung AG auszustatten. Und mit dem Produkt «MultiAssurance für MultiLease», einer Alles-aus-einer-Hand-Lösung, erübrigt sich für Leasingnehmer die Suche nach einer Versicherungslökmf_&Ka]hjgÕla]j]fngfZ]j\mj[`k[`fallda[`]fD]aklmf_]f und begleichen Leasingrate und Versicherungsprämie zusammen in einer monatlichen Zahlung;46 die unter der Bezeichnung MultiAssurance angebotenen Versicherungsdeckungen stammen von der Allianz Suisse und werden in Kooperation über die Markenvertreter vermittelt.47 Auch die Gefahr durch Onlinekonkurrenz schätzen die Schweizer Versicherer als gering ein. Allerdings besteht gerade bei Motorfahrzeugversicherungen durchaus Potenzial. Gemäss einer Studie von Zurich und Google werden in der Schweiz bislang 13 % der Neuabschlüsse von Motorfahrzeugund 9 % der Haushaltsversicherungen online getätigt.48 Für Deutschland liegen die Werte bei 32 % und 26 %. Marktanteile wie in Deutschland, so folgert die Studie, seien für die Schweiz \mj[`Ymkj]Ydaklak[`$\]ff\a]9^Õfall^jGfdaf]cm^]k]a hierzulande mit jener in Deutschland vergleichbar. Neue Technologie. Es stellt sich die Frage, ob die Versicherer den Wandel durch Technologie und Digitalisierung genügend ernst nehmen. Bis heute ist der Schweizer Versicherungsmarkt nur am Rand von der Innovationswelle erfasst worden. Andere Branchen zeigen, wie radikal der Umbruch sein kann. Trotz der Umwälzungen durch technologische Neuerungen der letzten zehn Jahre und angesichts absehbarer Veränderungen (Stichworte sind selbstfahrende Autos, Internet der Dinge oder Big Data) sehen nur wenige der befragten Versicherer in der Technologie eine Herausforderung. Die Vernachlässigung lässt sich auch daran ablesen, dass 62 % der Befragten angeben, im IT-Bereich seien zukünftig noch starke Anpassungen notwendig. Dabei besteht die Gefahr, dass sich die Gesellschaften auf den Ersatz der bestehenden IT-Infrastruktur fokussieren, anstatt mit neuester Technologie einen Quantensprung in der Neuausrichtung der Geschäftsmodelle zu erzielen. Ein Grund für die geringe Beachtung mag in der hohen Regulierung des Versicherungsmarktes liegen. Diese schützt vor Marktzutritten, doch selbst im hochregulierten Bankenmarkt treten IT-Firmen wie PayPal oder Apple Pay vermehrt als Konkurrenten auf. Geschäftsmodelle. Die Schweizer Versicherungsgesellschaften konzentrieren sich auf den gesättigten Schweizer Markt, in dem Prämienerhöhungen schwierig durchzusetzen sind. Im Vordergrund stehen Prozess- und Kostenoptimierung. Investitionen in neue Geschäftsfelder sind eher gering, eine Revolution der Geschäftsmodelle ist unwahrscheinlich. Fehlt es den Versicherern an Mut? Herrscht ein Verdrängungswettbewerb, weil sich keiner vorwagt, um das Kundenverhalten zu Z]]afÖmkk]f7<]jN]jf\]jmf_k\jm[caklrmcd]af&?d]a[`r]ala_ erschwert es das labile Umfeld, die Folgen weitreichender Massnahmen zuverlässig vorherzusagen, weshalb die Unternehmen davon absehen. Trotzdem müssen die Versicherungsunternehmen den technologischen Wandel vorantreiben: Die Eigenkapitalsituation wie auch die Margen sind gegenwärtig noch komfortabel. Das erlaubt es den Unternehmen, aus einer Position der Stärke heraus Technologisierung, Digitalisierung und die Auswertung von grossen Datenmengen zu nutzen und Geschäftsmodelle auf das Jahr 2020 und danach auszurichten. Die Versicherer haben es in der Hand, die nötigen Schritte zu ergreifen und die Zukunft aktiv mitzugestalten. EY Versicherungsbarometer 2014 | 47 48 | EY Versicherungsbarometer 2014 6 Appendix EY Versicherungsbarometer 2014 | 49 Befragte Versicherer • Allianz Suisse • AXA • Baloise • Generali • Groupe Mutuel • Helvetia • Die Mobiliar • Pax • Swiss Life • Vaudoise • VERSA 50 | EY Versicherungsbarometer 2014 Endnoten 1 Das Konzept VUKA (VUCA) wurde vom U.S. Army War College entwickelt. Stiehm, J. (2002). The U.S. Army War College: Military Education in a Democracy. Temple, Philadelphia 2 Finanzstandort Schweiz – Kennzahlen 2014. Staatssekretariat für internationale Finanzfragen SIF und Bundesamt für Statistik, April 2014 3 Zahlen und Fakten 2014 der privaten Versicherungswirtschaft (Schweizerischer Versicherungsverband SVV) sowie Geschäftsberichte 2013 4 Versicherungsprämien pro Kopf 2013. SVV/Swiss Re. Recherchiert am 10.10.2014 unter www.svv.ch/de/zahlen-und-fakten/ versicherungspraemien-pro-kopf 5 Prämieneinnahmen Schadenversicherung 1996-2013. SVV/Finma. Recherchiert am 10.10.2014 unter www.svv.ch/de/zahlen-und-fakten/ schadenversicherung 6 Wenn ein Goldvreneli für die Rendite herhalten muss. Zeitschrift: Schweizer Versicherung, Mai 2014 7 Vorsorgestudie 2014. EY Schweiz, Oktober 2014 8 SST-Studie 2011. EY Schweiz, Juni 2011 9 Finanzdienstleistungsgesetz für Versicherer nicht nötig. Medienmitteilung SVV, Juni 2014 10 Reform Altersvorsorge 2020: ein Zukunftsprojekt für die Schweiz. Dossier SVV, Juli 2014 11 Standortanalyse für das Schweizer Versicherungsgewerbe – Eine Studie im Auftrag des Schweizerischen Versicherungsverbandes. BAKBASEL, Juni 2013 12 Siehe 11 13 Stalder, M. und Khan, I. (2012). Megatrends und die Herausforderungen für die Finanzbranche. In: Strebel-Aerni, B. (2012) Finanzmärkte im Banne von Big Data 14 Bericht über den Versicherungsmarkt 2013. FINMA, August 2014 15 Klar im Vorteil. Zeitschrift: Schweizer Versicherung, April 2014 16 Erläuternder Bericht Reform der Altersvorsorge 2020. Bundesamt für Sozialversicherungen, November 2013 17 Siehe 16 18 Bevölkerungsstand und -struktur, Bundesamt für Statistik. Recherchiert am 11.09.2014 unter www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/ themen/01/02/blank/key/raeumliche_verteilung/agglomerationen.html 19 Bevölkerungsstand, Stadt Zürich. Recherchiert am 11.09.2014 unter www.stadt-zuerich.ch/prd/de/index/statistik/bevoelkerung/ bevoelkerungsstand.html 20 Pricing-Strategien in der KFZ-Versicherung. I.VW Universität St. Gallen / Solution Providers, 2014 21 Die Schweizer Privatversicherer – Strategie 2020. SVV, August 2013 22 Onlineportal JobDirectory www.jobdirectory.ch 23 Customer Journey Versicherungsprodukte. GfK / AXA, Oktober 2013. Recherchiert am 18.08.2014 unter www.axa.de/presse/ gfk-studie-axa-google 24 Big Data – die ungezähmte Macht. Deutsche Bank Research, März 2014. Recherchiert am 12.10.2014 unter www.dbresearch.de/PROD/ DBR_INTERNET_DE-PROD/PROD0000000000328652.PDF 25 Insurance in a digital world: the time is now. EY Global Insurance Digital Survey 2013 26 Auf sämtlichen Kanälen. Zeitschrift: Schweizer Versicherung, März 2014 EY Versicherungsbarometer 2014 | 51 27 Die Projekte der Grossen. Zeitschrift: Schweizer Versicherung, November 2013 28 Haltet den Kunden! Zeitschrift: Schweizer Versicherung, Mai 2014 29 Siehe 25 KlYd\]j$E&mf\@g^eYff *()(!&N]jka[`]jmf_]fÇHjgÕlYZadallaeC]jf_]k[`^l\mj[`]afk[`f]a\]f\]N]jf\]jmf_]f&=QAfka_`l^gj Executives in Financial Services 30 31 Voice of the customer – Time for insurers to rethink their relationships. EY Global Consumer Insurance Survey 2012 32 World Insurance Report 2013, Capgemini 2013 33 Schmeiser, H. (2013). Geschäftsmodell Versicherung: Was bringt uns die Zukunft? Präsentation 2. IBM Versicherugskongress, Potsdam 34 Digitale Strategien – Versicherung 2.0. Zeitschrift: Schweizer Versicherung, März 2014 35 Trust, transparency and technology – European Customers' Perspective on Insurance and Innovation. I.VW Universität St. Gallen / IBM, 2008. Recheriert am 18.08.2014 unter www-05.ibm.com/de/versicherungen/studie_vertrauen.html 36 Trendwende in der Produktgestaltung. Zeitschrift: Schweizer Versicherung, August 2012 37 Andersartig weil einzigartig. Zeitschrift: Schweizer Versicherung, Mai 2014 38 Siehe 31 39 Experten prognostizieren das Ende der klassischen Kfz-Versicherung – Kurzstudie. H&Z Unternehmensberatung, November 2013. Recherchiert am 15.10.2014 unter www.huz.de/presse/pressemitteilungen/dkm-kurzstudie 40 Die nächste Generation von Kooperationsmodellen. White Labelling für Versicherungsprodukte. Solution Providers, Dezember 2008. Recherchiert am 22.06.2014 unter www.solutionproviders.com/Portaldata/1/Resources/dokumente/solutions/SOL_1208_White_Labelling_ fuer_Versicherungsprodukte_Nuetzenadel.pdf 41 Insurance Customers Would Consider Buying Insurance from Internet Giants. Accenture, Februar 2014. Recherchiert am 17.08.2014 unter newsroom.accenture.com/news/insurance-customers-would-consider-buying-insurance-from-internet-giants-according-to-accentures-globalresearch.htm 42 Kurzportrait St Bernhard Fahrzeugversicherung. Newsletter Solutions Providers, August 2014. Recherchiert am 18.10.2014 unter www.solutionproviders.com/Portaldata/1/Resources/dokumente/dokumente_pdf/Newsletter_StBernard_Versicherung_20140814_V2.pdf 43 Versicherungsabsatz über das Internet verdoppelt sich in Europa bis 2016 auf jährlich EUR 25 Mrd. Prämienvolumen. Medienmitteilung Accenture, November 2013. Recherchiert am 17.08.2014 unter www.accenture.com/ch-de/company/newsroom-switzerland/Pages/ accenture-studie-versicherungsabsatz-uber-das-internet-verdoppelt-sich-in-europa-bis-2016.aspx 44 Haltet den Kunden! Zeitschrift: Schweizer Versicherer, Mai 2014 45 <aj]cln]jka[`]jmf_kejcl]aeo]dlo]al]fN]j_d]a[`<]mlk[`]Mfl]jf]`e]f^`j]f\aeD]Z]f%:]j]a[`&Hj]kk]eall]admf_A&NOMfan]jkall St. Gallen, Juli 2013. Recherchiert am 18.08.2014 unter www.ivw.unisg.ch/~/media/internet/content/dateien/instituteundcenters/ivw/ pdfs/pm_dvs_presse30-07-2013.pdf 46 MultiAssurance. Ihre Versicherungslösung. Recherchiert am 17.10.2014 unter www.emilfrey.ch/de/rund-ums-auto/auto-versicherung/ 47 Über Uns. MultiAssurance. Recherchiert am 17.10.2014 unter stage.multiassurance.ch/index.php?id=4581 48 Online im Schweizer Versicherungsmarkt. Whitepaper Google Schweiz und Zurich Schweiz, 2012, gemäss Consumer Commerce Barometer, Stand 2010 52 | EY Versicherungsbarometer 2014 Autoren Ernst & Young AG (EY) Thomas Brotzer Leiter Versicherungen Schweiz, Partner +41 58 286 34 12 [email protected] Prof. Dr. Hans-Jürgen Wolter Leiter Aktuariat Schweiz, Partner +41 58 286 34 91 [email protected] Marcel Stalder Leiter Financial Services Schweiz, Partner +41 58 286 34 01 [email protected] Universität St.Gallen (HSG) Prof. Dr. Andreas Blumer Studienleiter +41 71 224 74 19 [email protected] Felix Dietrich Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand +41 71 224 74 20 [email protected] Alex Soppera Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand +41 71 224 74 18 [email protected] EY Versicherungsbarometer 2014 | 53 Ernst & Young Universität St.Gallen Assurance | Tax | Transactions | Advisory Institut für Accounting, Controlling und Auditing Die globale EY-Organisation im Überblick Im Rahmen der Universität St.Gallen bildet das Institut für Accounting, Controlling und Auditing (ACA-HSG) ein Kompetenz- und Transferzentrum für Lehre, Forschung und Praxis im Bereich der Finanziellen Führung: Die globale EY-Organisation ist eine Marktführerin in der Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Transaktionsberatung und Managementberatung. Wir fördern mit unserer Erfahrung, unserem Wissen und unseren Dienstleistungen weltweit die Zuversicht und die Vertrauensbildung in die Finanzmärkte und die Volkswirtschaften. Für diese Herausforderung sind wir dank gut ausgebildeter Mitarbeitender, starker Teams sowie ausgezeichneter Services und Kundenbeziehungen bestens gerüstet. «Building a better working world»: Unser globales Versprechen ist es, gewinnbringend den Fortschritt voranzutreiben – für unsere Mitarbeitenden, unsere Kunden und die Gesellschaft. Die globale EY-Organisation besteht aus den Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited (EYG). Jedes EYG-Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen. Ernst & Young Global Limited ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht und erbringt keine Leistungen für Kunden. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Website: www.ey.com. Die EY-Organisation ist in der Schweiz durch die Ernst & Young AG, Basel, an zehn Standorten sowie in Liechtenstein durch die Ernst & Young AG, Vaduz, vertreten. «EY» und «wir» beziehen sich in dieser Publikation auf die Ernst & Young AG, Basel, ein Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited. © 2014 Ernst & Young AG Alle Rechte vorbehalten. Diese Publikation ist lediglich als allgemeine, unverbindliche Information gedacht und kann daher nicht als Ersatz für eine detaillierte Recherche oder eine fachkundige Beratung oder Auskunft dienen. Obwohl sie mit grösstmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, besteht kein Anspruch auf sachliche Richtigkeit, Vollständigkeit und/oder Aktualität; insbesondere kann diese Publikation nicht den besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung tragen. Eine Verwendung liegt damit in der eigenen Verantwortung des Lesers. Jegliche Haftung seitens der Ernst & Young AG und/oder anderer Mitgliedsunternehmen der globalen Ernst & Young-Organisation wird ausgeschlossen. Bei jedem spezifischen Anliegen sollte ein geeigneter Berater zurate gezogen werden. • Unser in Zusammenarbeit mit anderen Instituten der Universität St.Gallen angebotene Master of Arts in Accounting and Finance (MAccFin) bereitet auf höchstem Niveau auf Führungsaufgaben im Finanzbereich oder in der Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung vor. • Für berufserfahrene Praktiker sind wir mit den verschiedensten Angeboten und Programmen im Bereich der Executive Education tätig. • Im Rahmen beratender und gutachterlicher Tätigkeiten arbeiten wir Hand in Hand mit privaten Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen am Aufbau moderner Systeme der finanziellen Unternehmensführung. Weitere Informationen finden Sie unter www.aca.unisg.ch