Fidos Figaros

24
Tages-Anzeiger – Mittwoch, 9. Februar 2011
Bellevue
B-Side Radio Bellevue
EVA
von
Jaermann/
Schaad
62-62
EVA_VORLAGE
1-M35 / ta35
Depeche Mode zur
Hochzeit, Züri West
zur Beerdigung
Nils Althaus denkt
bei Kiss an seine
verlorene Jugend.
Der Schauspieler
und Mundartliedermacher spielt
am 1. März sein Programm «Ändlech»
im Theater am
Hechtplatz.
Fidos Figaros
Ihr erstes Lieblingslied?
«Probier’s mal mit Gemütlichkeit» vom
Dschungelbuch-Soundtrack.
Auch beim Scheren des Pudels zählt vor allem die Nüchternheit. Das zeigte die Schweizer Meisterschaft
der Hundecoiffeure in Winterthur. Und so bleiben Schweizer Hundefriseure Mittelmass.
Von Beat Metzler (Text)
und Sabina Bobst (Bilder)
Wozu brauchen Pudel einen Coiffeur?
Damit sie aus ihren Augen sehen. Wie
menschliches Kopfhaar wächst Pudelfell
ins Endlose. Liesse man ihnen die Locken spriessen, sähen sie aus wie überdimensionierte Haarknäuel. Doch zum
Pudelwohl gibt es Hundecoiffeusen. Deren Scheren verwandeln die Knäuel in
stupsnasige Ballerinas auf vier dünnen
Beinen. «Continental» heisst der klassische Pudelschnitt im Jargon.
Letztes Wochenende massen sich
mehr als 20 Hundecoiffeusen an der
Schweizermeisterschaft. Umgeben von
den Messeständen der Hund 11 in Winterthur – an der Hündeler alles finden,
was die Existenz ihrer vierbeinigen Lebensabschnittspartner betrifft –, schnipselten, strählten, rasierten und föhnten
die «Groomer» (englisch für Pfleger)
Hunde verschiedener Rassen.
Die Schweiz als Schwellenland
Die Frisuren seien alles andere als unnatürlich, sondern hätten einen praktischen Ursprung. Pudel waren früher Apportierhunde, die die von Jägern geschossenen Enten aus dem See fischten. Damit
sich das Pudelfell beim Schwimmen nicht
Was pfeifen Sie unter der Dusche?
«Beautiful Freak» von den Eels.
Zu welchem Lied würden Sie in die
Sommerferien fahren?
«Nimm mich mit» von 2raumwohnung.
Bei welchem Lied denken Sie an
Ihre verlorene Jugend?
«Love Gun» von Kiss. Ich hab mir mal
Paul-Stanley-Rockerstiefel gekauft, mich
dann aber so geschämt damit, dass ich
sie ein einziges Mal getragen habe.
Welches Lied müsste an Ihrer
Hochzeit gespielt werden?
«A Pain That I’m Used To» von Depeche
Mode.
Und welches an Ihrer Beerdigung?
«Popsong» von Züri West.
Sie werden auf eine einsame Insel
verbannt und können nur ein Lied
mitnehmen. Welches?
«Lights» von Archive. Nicht unbedingt,
weil es kein Besseres gäbe, aber es dauert 18 Minuten und 29 Sekunden.
Stoische Frisurenmodels
Dabei geht es um mehr als freie Sicht für
Pudelaugen. Es gewinnt, wer die klassischen Schnittvorlagen am genausten
umsetzt. Bei den Pudeln heissen sie
«Scandinavian», «Modern» und eben
«Continental». Bis zu zweieinhalb Stunden Zeit beansprucht das perfekte Hundestyling. Und anders als in Salons für
Menschen verläuft die Prozedur in völliger Stille. Die Frauen arbeiten andächtig
wie Skulpteure. Man hört Scheren ratschen, auf dem roten Teppich sammeln
sich Büschel aus weissem Hundefell.
Die Hundemodels, auf einem Podest
stehend, lassen die Prozedur stoisch
über sich ergehen. Mehrere Zuschauer,
alles Hundebesitzer, rufen aus: «Ach, die
armen Tiere!» Mit diesem Eindruck sind
sie nicht allein: Letztes Jahr rückte
«10 vor 10» die Coiffeusen in die Nähe
von Tierquälerinnen, die wehrlosen
Hunden ein absurdes Aussehen verpassen. Die Coiffeusen wehren ab. Die
Hunde würden kaum ruhig stehen, wenn
sie unter dem Schneiden litten. Es gehe
vor allem darum, den Besitzern ein «gepflegtes Tier» zu präsentieren. Ausserdem könnten Hundecoiffeusen gesundheitliche Probleme früh erkennen.
Welches Lied läuft Ihnen nach?
«Boys Boys Boys» von Sabrina.
Welches war das beste Konzert Ihres
Lebens?
Freundeskreis im Bierhübeli in Bern,
vor etwa zehn Jahren. Double Pact mit
Stress war die Vorband.
Welches ist für Sie das schönste
Liebeslied aller Zeiten?
«First Day of My Life», Bright Eyes. (TA)
Fransen schneiden: Wer schön sein will, muss stillhalten, manchmal stundenlang.
mit Wasser vollsog und das Tier in die
Tiefe zog, wurden gewisse Stellen geschert. Damit die Hunde im kalten Wasser nicht froren, liess man die Haare an
anderen Stellen wachsen. Daraus habe
sich der «Continental-Look» entwickelt,
«Warum es keine
männlichen Groomer
gibt? Kein Mann sagt
gerne, sein Beruf sei,
Pudel zu strählen.»
Nicole Kramer, Jury-Präsidentin
der – perfekt ausgeführt – zur Haute Couture in Sachen Hundefrisuren gehöre,
sagt Jury-Präsidentin Nicole Kramer.
In Sachen hündischer Couture gilt die
Schweiz als Schwellenland. An internationalen Meisterschaften haben hiesige
Groomerinnen nur geringe Chancen. Oft
kommen die Gewinner aus den USA. Dort
sind Grooming-Wettkämpfe Spektakel
mit Hunderten von Zuschauern, an
denen Coiffeure wirre Fantasien in Hundefell verwirklichen: Pudel werden zu
giftgrünen Drachen gestylt, zu Kamelen
mit Fellhöckern oder Hühnern «umgestaltet». In Winterthur herrschte dagegen
Nüchternheit. Mit Haarsprays oder Färbemitteln nachzuhelfen, war verboten.
Einzig die Genauigkeit des Schnitts entschied über Sieg oder Niederlage.
Einen Hauch internationalen Glamours trug der Engländer Colin Taylor in
die Eulachhalle. Der breite Mann mit
schmalem Ziegenbart hat fast alle Titel
gewonnen, die man im Wettkampf-Grooming abräumen kann. In Winterthur gehörte er zur Fachjury. Etwas verloren
sass er hinter dem Richtertisch, konsultierte regelmässig sein Smartphone und
musterte die sich abzeichnenden Frisuren: «Some will be amazing.»
Taylor bildete eine weitere Ausnahme. Er war der einzige Mann in der
Arena der Hundecoiffeusen. Im Gegen-
satz zu den USA finde man hierzulande
fast keine männlichen Groomer, sagt Nicole Kramer. Das Prestige sei wohl zu
klein. «Kein Mann sagt gerne, sein Beruf
sei, Pudel zu strählen.»
Im Alltag lieber sportlich
Die fehlende Weltklasse der Schweizer
Groomer hänge auch mit der Ausbildung
zusammen, meint Kramer. «Hundecoiffeuse» ist kein geschützter Berufstitel:
Jeder, der will, kann einen Hundesalon
eröffnen. Es gebe viele Kurse, die nur
mangelhafte Kenntnisse vermittelten.
Weltklasse-Kompetenz ist im Alltag
vieler Hundecoiffeusen auch nicht gefragt. «Ich mache viele sportliche
Schnitte», sagt Jacqueline Meier, Besitzerin des Salons Dolly im Kreis 4. Extravagante Wünsche müsse sie selten umsetzen. Die meisten wollten einfach ein
sauberes Tier, das nicht «müffele».
Den Schweizer Meistertitel erschnitt
sich übrigens Doris Kapferer vom Hundesalon Esprit in Kreuzlingen.
Das Rezept
Ananas-Tarte-Tatin
Für 26-cm-Form
150 g Zucker, 3 EL
Wasser, 50 g Butter,
1 frische Ananas,
geschält, 1 Leisi-Blätterteig, rund ausgewallt, 1,8 dl Halbrahm,
½ TL Ingwerpulver,
2 TL Zucker
Für das Caramel Zucker und Wasser ohne
Rühren aufkochen. Die Hitze reduzieren und
unter gelegentlichem Hin- und Herbewegen
der Pfanne köcheln, bis ein hellbraunes
Caramel entsteht. Sofort die Butter unterrühren und in die feuerfeste Glas- oder Wähenform giessen. Die Ananas der Länge nach
halbieren, den Strunk entfernen, quer in
dünne Scheiben schneiden und fächerartig
auf das Caramel legen. Den Blätterteig mit
einer Gabel mehrmals einstechen, darauf
legen und überstehenden Teig nach unten
umschlagen. Die Tarte im unteren Drittel des
auf 180 Grad vorgeheizten Ofens rund 30
Minuten goldbraun backen, herausnehmen,
etwas abkühlen lassen und warm auf eine
Tortenplatte stürzen. Dazu mit Ingwer und
Zucker aromatisierten Schlagrahm reichen.
Aus der
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Vorgegebener Schnitt: Eine Coiffeuse verpasst ihrem Pudel einen «Continental».
Fellflocken: Die geschnittenen Pudelhaare werden nicht weiterverwendet.