Sulzer Technical Review 1 / 2011

Transcrição

Sulzer Technical Review 1 / 2011
1/2011
Geprüfte Qualität
Innovation durch
Testen
Fortschrittliche Messtechnik
Entwicklung von Kunststoffprodukten
Schutz vor Ausfall
Überwachungsmethoden
für Motoren und Generatoren
Testen und Qualität
EDITORIAL
Sulzer heute
1834 legten die Gebrüder Sulzer in
Winterthur, Schweiz, den Grundstein zum
Sulzer-Konzern, welcher heute global an über
160 Standorten im Maschinen- und Anlagenbau
sowie in der Oberflächentechnik tätig ist.
Die Divisionen nehmen weltweit Spitzenpositionen in ihren Märkten ein. Dazu gehören
die Branchen Öl und Gas, Kohlenwasserstoff
verarbeitende Industrie, Energieerzeugung,
Papier und Zellstoff, Luftfahrt und Automobilindustrie. Im Konzern erarbeiten über 13 000
engagierte Mitarbeitende innovative technische
Lösungen. Diese Produkte und Dienstleistungen
ermöglichen Sulzer-Kunden, ihre Wettbewerbsposition nachhaltig zu stärken.
www.sulzer.com
Testverfahren für die Entwicklung
von Produkten höchster Qualität
Sehr geehrte Technikinteressierte, Kunden und Partner
Kontinuierliche Innovation und Produktverbesserungen beruhen mitunter auf
durchdachten Test- und Messverfahren auf dem neuesten Stand der Technik. Die
Artikel der vorliegenden Sulzer Technical Review (STR) stellen unterschiedliche Testeinrichtungen, Messverfahren und spezifische Kompetenzen der Sulzer-Divisionen
vor, die für die Forschung und Entwicklung, Qualitätsprüfung und Optimierung
unserer Produkte entscheidend sind.
Sulzer Pumps betreibt Prüfstände rund um den Globus. Erfahren Sie mehr über
die weltweit größte Anlage zur Prüfung kompletter Pumpenaggregate in Leeds (GB)
sowie über unsere Prüfstände und Kompetenzen in Suzhou (CN), Kotka (FIN) und
Winterthur (CH).
Moderne Entwicklungseinrichtungen und Produktionsstätten und global koordinierte Teams ermöglichen Sulzer Metco die Herstellung neuer anwendungsspezifischer
Beschichtungsmaterialien. Erfahren Sie unter anderem mehr über unsere neue Pilotanlage in Troy (MI, USA) zur effizienten Herstellung von Versuchspulvern in Mengen
von 5 bis 100 kg.
Im Beitrag von Sulzer Chemtech lernen Sie die Bedeutung der modernen Analytik
bei der Herstellung und Verarbeitung von Kunststoffen kennen. Sulzer Turbo Services
benutzt eine Reihe von Überwachungsmethoden zur Beurteilung des Zustands von
Motoren und Generatoren während des Betriebs. Diese Messtechnik schützt den
Kunden vor langen Ausfallzeiten und Produktionseinbußen. Die Kenntnisse von
Sulzer Innotec in Engineering, Testen und Interpretation von Messergebnissen ermöglichten die Aufbereitung von Laufradmessungen für die Analyse und Bewertung.
Erfahren Sie in den weiteren Beiträgen mehr über unsere Lösungen zur Energierückgewinnung, unsere Forschungskompetenzen und unser Leistungsangebot für
Reparaturen von Motoren und Generatoren.
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.
Ton Büchner
CEO Sulzer
2
| Sulzer Technical Review 1/2011
Sulzer Pumps
Das Angebot an Kreiselpumpen reicht von
komplexen Einzelanfertigungen bis hin zu
standardisierten Serien. Forschung und Entwicklung anwendungsspezifischer Materialien
sowie ein zuverlässiger Service unterstützen
die führende Stellung der Division. Die Kunden
kommen aus den Branchen Öl und Gas, Kohlenwasserstoffverarbeitung, Papier und Zellstoff,
Energieerzeugung, Wasser und Abwasser sowie
aus weiteren Spezialbereichen.
www.sulzerpumps.com
Sulzer Metco
Thermisches Spritzen sowie das Dünnschichtverfahren in der Oberflächentechnik sind hier
die Schwerpunkte. Die Division beschichtet und
veredelt Oberflächen, produziert Materialien
und Anlagen und entwickelt Fertigungsverfahren für Spezialkomponenten. Kunden sind
die Luftfahrt- und die Automobilindustrie, die
Energieerzeugung und weitere spezialisierte
Industrien.
www.sulzermetco.com
Sulzer Chemtech
Für Technologien in den Bereichen Trennkolonnen, Prozesstechnologie, statisches Mischen
und Kartuschen ist die Division Marktführer.
Mit Standorten für Verkauf, Engineering,
Produktion und Service ist Sulzer Chemtech
für ihre Kunden aus den Bereichen Öl und Gas,
Petrochemie, Chemie und Kunststoffindustrie
weltweit präsent.
www.sulzerchemtech.com
Sulzer Turbo Services
Sulzer Turbo Services ist ein führender unabhängiger Anbieter von Reparatur- und Unterhaltsservice für Turbomaschinen, Generatoren
und Motoren mit ausgezeichneten Fachkenntnissen über rotierende Maschinen. Die Division
fertigt und vertreibt zudem Ersatzteile für
Gas- und Dampfturbinen, Kompressoren,
Generatoren und Motoren. Die Kunden von
Sulzer Turbo Services kommen aus den
Industrien Öl und Gas, Kohlenwasserstoffverarbeitung, Energieerzeugung, Transport,
Bergbau und anderen Industriebranchen.
www.sulzerts.com
Sulzer Innotec
Die Forschungs- und Entwicklungseinheit von
Sulzer unterstützt die Divisionen des Konzerns
sowie Industrieunternehmen weltweit in ihren
Entwicklungsvorhaben mit Auftragsforschung
und speziellen technischen Dienstleistungen.
Sulzer Innotec verfügt über ein ausgezeichnetes
Fachwissen in der Material-, Oberflächenund Strömungstechnik sowie der Mechanik.
In diesen klassischen Disziplinen liegen auch
die Kernkompetenzen in der Auftragsforschung.
www.sulzerinnotec.com.
INHALT
4
Nachrichten
Messen, Veranstaltungen
Testen und Qualität
6
Geprüfte Qualität
Innovation durch Testen – spezielle Prüfeinrichtungen unterstützen die
Produktentwicklung
10
Der Schlüssel zu anwendungsgerechten Beschichtungsmaterialien
Fortschrittliche Entwicklung, basierend auf einer «global-lokalen» Organisation
14
Filtern und Fitten
Mit geeigneten Spezialverfahren Verborgenes sichtbar machen und interpretieren
17
Sulzer-Analogie
Gifte prüfen
18
Entscheidend für die Produktentstehung
Messtechnik auf neuestem Stand der Technik
22
Vermeidung von langen Ausfallzeiten
Zustandsabhängige Überwachung von Motoren und Generatoren
25
Sulzer-Innovation
Die perfekte Lösung für korrosive Medien
26
Druck reduzieren – Effizienz steigern
Wenn der Druck in einem Prozess gemindert werden muss,
ermöglicht die Nutzung von Pumpen als Turbinen eine erhebliche Steigerung
der Gesamteffizienz
30
Charakterisierung von beliebigen Verteilungen
Eine neue Methode
33
Sulzer weltweit
Willkommen bei Sulzer Pumps in Suzhou
34
Interview
John Allen, Dowding & Mills
35
Impressum
Panorama
Titelbild:
Die Schwingungsantworten eines Radialverdichterlaufrads werden berührungslos mit dem Laservibrometer gemessen.
Die Auswertung der Messergebnisse mittels eines bei Sulzer Innotec entwickelten Verfahrens ermöglicht die Bestimmung
von Eigenfrequenzen und Eigenformen des Laufrades – für die Qualitätskontrolle und für einen sicheren Betrieb.
Sulzer Technical Review 1/2011 |
3
Messen, Veranstaltungen
7.–9. April 2011, Schanghai, China
China International Engineering Expo & Symposium 2011
www.seexpo.net
Information für Sulzer Metco: Simon Xiao
Telefon +86 21 5226 4713
[email protected]
10.–13. April 2011, Rotorua, Neuseeland
APPITA 2011
www.appita.com
Information für Sulzer Pumps: Claudia Pröger
Telefon +41 52 262 39 04
[email protected]
10.–14. April 2011, Palm Beach, FL, USA
Spring CTOTF
www.ctotf.org
Information für Sulzer Turbo Services: Stephanie King
Telefon +1 713 567 2748
[email protected]
11.–16. April 2011, Beijing, China
The 12th China International Machine Tool Show
www.cimtshow.com
Information für Sulzer Metco: Simon Xiao
Telefon +86 21 5226 4713
[email protected]
12.–14. April 2011, Rotterdam, Holland
Ahoy Rotterdam
www.maintenannext.nl
Information für Sulzer Turbo Services: Elisabeth van den Houten
Telefon +31 181 282 088
[email protected]
2.–6. Mai 2011, San Diego, CA, USA
ICMCTF 2011
www2.avs.org
Information für Sulzer Metco: Corinna Heinz
Telefon +49 2204 299 215
[email protected]
2.–5. Mai 2011, Houston, TX, USA
OTC 2011
www.otcnet.org
Information für Sulzer Pumps: Claudia Pröger
Telefon +41 52 262 39 04
[email protected]
9.–11. Mai 2011, Adelaide, Australien
Ozwater 2011
www.ozwater11.com.au
Information für Sulzer Pumps: Claudia Pröger
Telefon +41 52 262 39 04
[email protected]
9.–13. Mai 2011, Houston, TX, USA
GE 7FA Users Group Conference
http://ge7fa.users-groups.com
Information für Sulzer Turbo Services: Stephanie King
Telefon +1 713 567 2748
[email protected]
4
| Sulzer Technical Review 1/2011
Geografische Expansion, Innovationen
und gezielte Akquisitionen
Sulzer bewies 2010 die Fähigkeit, sich
rasch auf geänderte Marktbedingungen
einzustellen. Das Unternehmen erzielte
eine starke zweistellige Rentabilität mit
einer Umsatzrendite von 12,8% und
einer verbesserten Rendite des Betriebsvermögens (ROCE) von 28,1%. Der
Umsatz (CHF 3,2 Milliarden, –5,0%) war
immer noch vom spürbaren Rückgang
des Bestellungseingangs im Jahr 2009
beeinflusst. Der Nettogewinn stieg um
11% auf CHF 300,4 Millionen, was einem
Gewinn je Aktie (EPS) von CHF 8,92
entspricht. Sulzer baute die globale
Präsenz in den Schwellenländern durch
bedeutende Investitionen und deren
Inbetriebnahme weiter aus. Das Servicegeschäft wurde durch Akquisitionen
deutlich gestärkt. Auf der Basis einer
soliden Bilanz wird Sulzer weitere
Akquisitionen prüfen. Für 2011 erwartet
Sulzer einen leicht höheren Bestellungseingang und ein Umsatzwachstum auf
bereinigter Basis. Das Betriebsergebnis
der Divisionen dürfte leicht zunehmen.
Sulzer verstärkt Tower-Field-ServiceAktivitäten in Kanada
Am 11. Februar 2011 erwarb Sulzer Chemtech das Unternehmen Black Magic Crew
Ltd. in Kanada. Black Magic Crew erwirtschaftet einen jährlichen Umsatz von
ca. CAD 1,5 Millionen. Alle Mitarbeiter einschließlich des ehemaligen Besitzers
verbleiben im Unternehmen. Die Stärkung von Sulzer Chemtech durch das lokale
Unternehmen und dessen erfahrene Mannschaft steigert die Wettbewerbsfähigkeit
der Tower-Field-Service-Aktivitäten der Division in Kanada.
Black Magic Crew Ltd. ist ein anerkannter Spezialist für die Installation von
Kolonneneinbauten und allgemeine Wartung von Gas- und Ethanolanlagen sowie
Raffinerien, vor allem in der Alberta-Region. Das Unternehmen ist als einheimische
Aktiengesellschaft mit Sitz in Turner Valley,
Alberta, registriert. Sulzer Chemtech, ein
globaler Marktführer für Komponenten und
Dienstleistungen für die Trenn-, Misch- und
Kartuschentechnologie, ist in allen wichtigen
Märkten in den Bereichen Vertrieb, Engineering,
Produktion und Kundensupport präsent. Als
bedeutender Anbieter von Komponenten für
den Stoffaustausch und von Installations- und
Wartungsdienstleistungen für Kolonnen ist es
für Sulzer Chemtech strategisch wichtig, in
allen geografischen Regionen sowohl Produkte
wie auch Dienstleistungen anzubieten.
4327
Messen, Veranstaltungen
10.–12. Mai 2011, Rosemont, IL, USA
Electric Power
www.electricpowerexpo.com
Information für Sulzer Turbo Services: Stephanie King
Telefon +1 713 567 2748
[email protected]
11. Mai 2011, Amsterdam, Holland
ERTC Energy Efficiency Conference
www.ev551.eventive.incisivecms.co.uk
Information für Sulzer Chemtech: Claudia von Scala
Telefon +41 52 262 61 41
[email protected]
17.–19. Mai 2011, Stockholm, Schweden
SPCI 2011
www.spcievent.com
Information für Sulzer Pumps: Claudia Pröger
Telefon +41 52 262 39 04
[email protected]
18.–19. Mai 2011, Bari, Italien
3rd Carbon Capture and Storage
www.wplgroup.com/aci/conferences/eu-ecc3.asp
Information für Sulzer Chemtech: Loris Tonon
Telefon +41 52 262 61 89
[email protected]
Shell und Sulzer erweitern
strategische Allianz
Shell Global Solutions International BV
und Sulzer Chemtech AG haben ihre
ursprünglich im Jahr 2000 geschlossene
strategische Allianz erneuert und erweitert. Die neue Vereinbarung stärkt die
langjährige Beziehung zwischen Shell
Global Solutions und Sulzer Chemtech,
einem weltweit tätigen, führenden Lieferanten von Trenn- und Mischtechnologie.
Unter der früheren Vereinbarung
wurde Sulzer Chemtech zum weltweiten
Lizenznehmer der Hochleistungsböden
und der Phasentrenntechnologie von
Shell Global Solutions. Die Vereinbarung
erwies sich als gegenseitig vorteilhaft.
Aufgrund dieses Erfolgs waren sich die
Parteien einig, die Zusammenarbeit
fortzusetzen und mit Bestimmungen zu
erweitern, die eine gemeinsame Entwicklung von neuen Stoffaustauschund Trennausrüstungen formalisieren.
Sowohl Shell Global Solutions wie
auch Sulzer Chemtech sind der festen
Überzeugung, dass infolge dieser erwei-
terten Allianz eine verbesserte Nutzung
der Ressourcen erreicht werden kann.
Zusätzlich sollen wegweisende Produkte,
die alle Aspekte von der Prozessanforderung, über Auslastung der Fertigung
bis zu Marketing erfüllen, entstehen.
«Durch den Zusammenschluss der
gemeinsamen Entwicklung werden Shell
Global Solutions und Sulzer Chemtech
in der einzigartigen Position sein, Produkte, die den Herausforderungen der
Zukunft angepasst sind, zu entwickeln»,
sagte Dr. Dave Clark, General Manager,
Process Licensing, Shell Global Solutions
International BV.
«Wir sind zufrieden, dass wir unsere
erfolgreiche Zusammenarbeit mit Shell
Global Solutions fortsetzen können und
begeistert von den Möglichkeiten der
gemeinsamen Entwicklung mit einem
operativen Prozess-Lizenzgeber», sagte
Philipp Süess, Senior Vice President,
Mass Transfer Technology, Sulzer
Chemtech Ltd.
18.–20. Mai 2011, Yokohama, Japan
Automotive Engineering Exposition 2011
www.taiseisha.co.jp
Information für Sulzer Metco: Aiko Usami
Telefon +81 3 5920 3800
[email protected]
23.–28. Mai 2011, São Paulo, Brasilien
FEIMAFE 2011
www.feimafe.co.br
Information für Sulzer Metco: Andre O’Czerny
Telefon +1 305 477 25 25
[email protected]
24.–27. Mai 2011, Denver, CO, USA
NPRA Reliability and Maintenance Conference
www.npra.org
Information für Sulzer Chemtech: Rodney Alario
Telefon +1 281 441 5807
[email protected]
26.–28. Mai 2011, Schanghai, China
The 6th China International Starch & Starch
Derivatives Exhibition
www.cisie.cn
Information für Sulzer Pumps: Claudia Pröger
Telefon +41 52 262 39 04
[email protected]
30. Mai–2. Juni 2011, Abu Dhabi, UAE
Global Refinery Expansion and Upgrading
www.praxis-global.com
Information für Sulzer Chemtech: Claudia von Scala
Telefon +41 52 262 61 41
[email protected]
Für weitere Messen und Veranstaltungen:
www.sulzer.com/technicalevents
Sulzer Technical Review 1/2011 |
5
TESTEN UND QUALITÄT
Innovation durch Testen – spezielle Prüfeinrichtungen unterstützen die Produktentwicklung
Geprüfte Qualität
Kontinuierliche Innovation erfordert modernste Werkzeuge und Ausrüstungen. Zwar wurden in den
letzten Jahren enorme Fortschritte auf dem Gebiet der numerischen Strömungssimulation
(Computational Fluid Dynamics, CFD) erzielt, entscheidend bei der Entwicklung von Pumpen für die
hohen Ansprüche der Kunden und der Industrie ist jedoch die Umsetzung der Erkenntnisse aus dem
Zusammenspiel von CFD-Berechnungen und realen Strömungsuntersuchungen. Daher setzt Sulzer
Pumps spezielle Prüfstände sowohl für die Produktentwicklung als auch die Designvalidierung ein.
S
ulzer Pumps liefert Pumpen für
anspruchsvolle Anwendungen und
arbeitet gleichzeitig an der kontinuierlichen Verbesserung der Technologie, um auch zukünftige Anforderungen
der Kunden erfüllen zu können. Dazu
betreibt Sulzer rund um den Globus
Prüfstände, die auf die Anforderungen
bestimmter Produkte und Märkte zugeschnitten sind. Zu diesen Einrichtungen
gehören die weltweit größte Anlage zur
Prüfung kompletter Pumpenaggregate
in Leeds (England) mit einer installierten
Antriebsleistung von 30 MW und das
kürzlich eröffnete größte Werk von
Sulzer Pumps in Suzhou (China), das
über einen Prüfstand mit acht Stationen
und einer Gesamtleistung von 15 MW
verfügt. Einer der Schlüssel zum Erfolg
von Sulzer ist die Möglichkeit zur umfassenden Überprüfung jeder Pumpe
vor der Auslieferung zur Sicherstellung
von Leistungsfähigkeit und problemloser
Inbetriebnahme.
Flexible Prüfanlagen
Im Sulzer-Kompetenzzentrum für Prozesspumpen in Kotka (Finnland) ist der
Prüfkreislauf so ausgelegt, dass eine
schnelle Prüfung von Prozesspumpen
aller Größen für die Zellstoff-, Papier-,
Nahrungsmittel-, Metall- und Düngemittelindustrie sowie für Entsalzungsanlagen möglich ist. Wegen der großen
Stückzahl der zu testenden Pumpen ist
eine flexible Anpassung der Anlagen
erforderlich, d.h., bei mehreren Tausend
gefertigten Maschinen im Jahr muss die
Prüfanordnung entsprechend standardisiert sein und einen hohen Durchsatz
ermöglichen. Der dazu erforderliche
schnelle Auf- und Abbau wird durch
1 Das Forschungs-
zentrum in Kotka
(Finnland).
6
| Sulzer Technical Review 1/2011
4328
TESTEN UND QUALITÄT
modulare Schnittstellen für die erforderlichen ein- und austrittseitigen Rohrgrößen erreicht, die in einer speziell angefertigten drehbaren Einheit angeordnet
sind und in kürzester Zeit in Position
gebracht werden können.
In den einzelnen Werken stehen Prüfeinrichtungen für jeden Pumpentyp mit
mehreren Prüfständen für verschiedene
Größen zur Verfügung. Sulzer Process
Pumps hat eine allgemeine Teststation
für Vertikalpumpen, Prozesspumpen
und mehrstufige Pumpen mit Leistungen
bis 500 kW. Der neueste und größte Prüfstand dieser Geschäftseinheit ist der
Prüfstand für große Prozesspumpen. In
diesem Prüfstand können Messungen
mit hohem Durchfluss und geringem
Druck auf der Saugseite durchgeführt
werden. Solche Untersuchungen mit
Drücken nahe dem Dampfdruck in der
Saugleitung sowie großen Fördermengen
spielen eine wichtige Rolle bei der Konstruktion von Pumpen mit hoher spezifischer Drehzahl. Dieser NiederdruckPrüfstand wird unter anderem dazu verwendet, die Pumpbedingungen in großen
Verdampfern zu simulieren.
Energieeffizienz
In der Versuchsanlage für die Produktentwicklung im Forschungszentrum
von Kotka stehen ähnliche Prüfstände
zur Verfügung 1. Der Pumpenkreislauf
für Medien mittlerer Konsistenz mit
einer Leistung von bis zu 600 kW, einer
Fördermenge von bis zu 1200 l/s und
einem Druck von bis zu 25 bar ist für
die Anforderungen der Zellstoff- und
Papierindustrie ausgelegt. Als Prüfmedien werden hauptsächlich mehrphasige Suspensionen mit Gas, meist
eine Mischung aus Wasser, Zellstofffasern und Luft, eingesetzt.
Um möglichst energieeffiziente Versuche zu gewährleisten, wird der Prüfstand für mehrstufige Pumpen in
Finnland mit einem Energierückgewinnungssystem ausgerüstet 2. Dabei wird
der hohe, von der Pumpe erzeugte
Druck mithilfe einer Peltonturbine
zurückgewonnen, die mit demselben
Wellenstrang verbunden ist wie der
Motor und die Pumpe. Diese Anordnung
ermöglicht die Versuche an mehrstufigen
Pumpen mit einer Antriebsleistung von
2,7 MW, wobei nur 1,4 MW aus dem
Stromnetz beansprucht werden. Unter
optimalen Bedingungen wird sogar nur
ein Viertel der Pumpenergie aus dem
Netz entnommen. Gleichzeitig ermöglicht
die Turbine einen äußerst effizienten
Druckabbau mit wesentlich geringeren
Geräuschemissionen als bei Abführung
(und Verlust) der Energie über Ventile.
Die Hydraulikexperten in Finnland
haben die Energieeffizienz einer neuen
mehrstufigen Pumpe für Umkehrosmoseanlagen und des dazugehörigen Prüfstands optimiert. Der Prüfstand soll zur
Validierung der hydraulischen und
mechanischen Verbesserungen an den
vorhandenen mehrstufigen Pumpen und
für die Entwicklung neuer Pumpengrößen eingesetzt werden. Die Turbine
des Energierückgewinnungssystems
wird über Nadelventile mit elektrischen
Antrieben geregelt, d. h., für den Bediener
des Prüfkreises ergeben sich keinerlei
Änderungen in der Handhabung. So
kann eine Versuchsreihe für eine Pumpe
mit einer benötigten Antriebsleistung
von 1,4 MW mit einem Verlust von nur
400 kW durchgeführt werden. Im Vergleich zu einer herkömmlichen Versuchsanordnung können mit dem neuen Prüfstand 8000 kWh elektrischer Energie am
Tag eingespart werden. Da eine normale
Versuchsreihe für eine Pumpenhydraulik
etwa 20 Tage dauert, bedeutet dies eine
erhebliche Kostenreduktion bei gleichzeitiger Entlastung der Umwelt.
Prüfung vor der Auslieferung
Versuche werden nicht nur zur Entwicklung von neuen Produkten eingesetzt,
sie helfen auch dabei, die Qualität der
Fabrikate sicherzustellen. Alle Pumpen,
die das Werk von Sulzer in Leeds verlassen, werden sowohl nach internationalen Standards als auch im Hinblick
auf die kundenspezifischen Anforderungen umfassend überprüft. Speziell für
den Upstream-Bereich der Öl- und Gasindustrie entwickelte Pumpen und
Aggregate (einschließlich des später verwendeten Antriebs) werden vor ihrer
Auslieferung einem Test unterzogen.
Die umfangreiche Anlage verfügt
über alle erforderlichen Systeme zur
Prüfung von Pumpen, die von Gasturbinen mit einer Leistung von bis zu
2 Energierückgewinnungssystem.
30 MW sowie großen Dieselmotoren
und Hochspannungs-Elektromotoren
angetrieben werden. Durch kürzlich vorgenommene Veränderungen am Stromnetz stehen Sulzer in Großbritannien
nun 45 MW an elektrischer Leistung
sowie zwei eigene drehzahlgeregelte
Antriebe zur Verfügung. Der Prüfstand
bietet genügend Platz für mehrere
Pumpeneinheiten bestehend aus Pumpe
und Antrieb und, falls nötig, den vorgesehenen Frequenzumrichtern und alle
erforderlichen Hilfsausrüstungen, wie
mechanische Dicht- und Schmiersysteme.
Die Eignung zur schnellen Prüfung
großer Stückzahlen unterstreicht die
Flexibilität der Anlage und widerspiegelt
die bei Sulzer Pumps verfügbare Wissensbasis. Durch die Versuche wird sichergestellt, dass alle Systeme vor der Auslieferung perfekt zusammenarbeiten und
es so zu keinerlei Verzögerungen bei der
Inbetriebnahme vor Ort kommt.
3 Mit sieben Prüfkreisläufen bietet der Prüfstand in Oberwinterthur (CH)
ein hohes Maß an Flexibilität.
Sulzer Technical Review 1/2011 |
7
TESTEN UND QUALITÄT
4 Rapid Prototyping
mit NC-Bearbeitung
sichert die schnelle
Fertigung von Prüfkomponenten.
Prüfung zur Validierung des CFDDesigns
In Oberwinterthur (Schweiz) betreibt
Sulzer Pumps einen auf die Entwicklung
neuer Produkte speziell zugeschnittenen
Prüfstand zur Unterstützung von großen
auftragsbezogenen Entwicklungsprojekten und für die Grundlagenuntersuchungen 3. Der Einsatz des Prüfstands ist
Bestandteil des Entwicklungsprozesses
für neue Produkte bzw. Pumpenserien
sowie für große Pumpen mit speziellem
Anforderungsprofil. Auf dieser Anlage
wurden z.B. die CFD-Analysen und das
hydraulische Design von Pumpen, die
für eine neue Pipeline in Ostasien entwickelt wurden, mit Modellversuchen
verifiziert.
Die Hauptaufgabe des Entwicklungsprüfstands ist die Validierung sämtlicher
Eigenschaften einer neu entwickelten
Hydraulik, bevor diese in einem neuen
5 Probelauf einer Pumpe mit Gasturbinenantrieb bei Sulzer in Leeds (UK).
Pumpendesign eingesetzt wird. Zu
diesem Zweck werden Versuche an
maßstabgetreuen Modellpumpen durchgeführt, die mithilfe von Rapid-Prototyping-Verfahren (hauptsächlich NCBearbeitung) aus Aluminium gefertigt
sind 4. Der Prüfstand umfasst sieben
kleine bis mittelgroße Kreisläufe, die
eine hohe Flexibilität hinsichtlich der
zu untersuchenden Pumpenbauarten
erlauben, wobei ein Kreislauf für Zweiphasengemische zur Entwicklung der
Sulzer-Mehrphasenpumpen vorgesehen
ist.
Bei den Entwicklungsversuchen
werden alle Standardeigenschaften wie
Volumenstrom, Förderhöhe, Leistung,
Wirkungsgrad und NPSH-Wert der
Pumpen erfasst. Der NPSH-Wert (Net
Positive Suction Head) oder die Haltedruckhöhe beschreibt die Differenz
zwischen dem Druck einer Flüssigkeit
und ihrem Dampfdruck bei einer
bestimmten Temperatur und ist ein wichtiger Wert für das Saugverhalten von
Pumpen. Darüber hinaus werden alle
Informationen erfasst, die für das endgültige Design einer Pumpe oder zur
Sicherstellung des gewünschten Verhaltens unter Anlagebedingungen erforderlich sind. Dazu gehören:
• Interne Druckmessungen zur Identifizierung der Verluste in den verschiedenen hydraulischen Komponenten
• Statische und transiente Messungen
radialer und axialer Kräfte
• Messung der Druckpulsationen am
Ein- und Austritt
• Visualisierung von Kavitationsblasen
auf der Saugseite (und bei Bedarf auf
der Druckseite) der Laufradschaufeln
• Messung der Drücke, Schwingungen
bzw. Belastungen in den rotierenden
Teilen der Pumpe.
Erforschung der Auswirkungen von
Oberflächenrauheit
Die Entwicklung von Hochleistungspumpen erfordert sowohl CFD-Berechnungen auf dem neuesten Stand der
Technik als auch präzise Messungen,
wozu es wiederum spezieller Werkzeuge
und geschulten Personals bedarf. Um
einen dauerhaften Erfolg zu sichern, hat
Sulzer Pumps in beides viel investiert,
wobei die Versuchsresultate seit Jahren
8
| Sulzer Technical Review 1/2011
zur Validierung von CFD-Daten eingesetzt werden. Daher kennen die Experten
bei Sulzer auch die Grenzen von CFDVerfahren bei der Auslegung von Pumpenhydrauliken. Innerhalb dieser
Grenzen liefert die Verknüpfung von
CFD-Ergebnissen mit geometrischen
Designparametern wertvolle Unterstützung bei der Entwicklung neuer hydraulischer Konturen.
Das Zusammenspiel von Messungen
und CFD-Berechnungen ist erforderlich,
um die Genauigkeit des Designprozesses
zu verbessern. Zurzeit befassen sich die
Spezialisten bei Sulzer unter anderem
mit der Frage, ob sich der Einfluss der
Oberflächenrauheit auf die Leistungsfähigkeit einer Pumpe mithilfe von CFDBerechnungen vorhersagen lässt. Um
verschiedene ModelIe für Oberflächenrauheit in den CFD-Programmen kalibrieren zu können, bedarf es Messungen
der Oberflächengüte von Pumpenteilen
und ihrer hydraulischen Leistung sowie
CFD-Berechnungen mit Modellen für
die Fertigungsqualität.
Am finnischen F&E-Standort startet
2011 ein umfangreiches Versuchsprogramm für neue hydraulische und
mechanische Komponenten einer mehrstufigen Pumpe. Jede benetzte Oberfläche
dieser Pumpe wurde mit CFD berechnet.
Folglich basieren auch die zu erwartende
hydraulische Leistung, die zu erwartenden Leckverluste und der Axialschub
auf CFD-Berechnungen. Die Ingenieure
von Sulzer erhoffen sich von diesen
Experimenten genauere Erkenntnisse
über die Gültigkeit des verwendeten
CFD-Modells der Oberflächenrauheit.
Kavitation sichtbar gemacht
Bei Projekten, in denen eine hohe Saugfähigkeit gefordert ist oder aufgrund
der hohen Saugenergie eine erhöhte Erosionsgefahr durch Kavitation besteht,
werden Blasenbeobachtungen auf dem
Prüfstand in Oberwinterthur durchgeführt, um die Kavitationsentwicklung in
Abhängigkeit vom Saugdruck bzw. des
NPSH zu beurteilen. Dazu werden
Modellpumpen mit großen Sichtfenstern
ausgestattet, die einen 360°-Blick auf den
gesamten Laufradeintritt auf der Saugseite ermöglichen. Zur Fertigung der
Modellpumpen nutzt Sulzer Pumps die
TESTEN UND QUALITÄT
Kompetenz von Sulzer Innotec auf dem
Gebiet der komplexen NC-Bearbeitung.
Diese Fähigkeiten sind erforderlich, um
die komplexen dreidimensionalen
Formen der Gehäuse und Laufräder aus
massiven Aluminiumblöcken fräsen zu
können.
Mithilfe des Sichtfensters auf der
Saugseite kann festgestellt werden, bei
welchem Saugdruck die ersten Blasen
auf den Schaufeloberflächen auftreten –
und zwar in allen Stellungen des
Laufrads im Eintrittsgehäuse. Darüber
hinaus ermöglicht es die Bestimmung
der Kavitationslänge bei einem bestimmten Saugdruck zur Einschätzung der
damit verbundenen Erosionsgefahr. Um
auch die Kavitationsentwicklung auf der
Druckseite der Laufschaufeln beobachten
zu können, werden ein oder zwei Schaufeln der Modelllaufräder in Acrylglas
ausgeführt, da die Schaufeldruckseite
beim Blick in den Laufradeintritt normalerweise nicht sichtbar ist. Die Beurteilung
des Kavitationsrisikos ist besonders
wichtig für große Injektionspumpen für
die Öl- und Gasindustrie sowie für
große Kesselspeisepumpen für Wärmekraftwerke, bei denen die Energie im
Laufradeintritt und somit die Gefahr
von Kavitationserosion sehr groß sein
kann.
Prüfung von Prototypen
Kommt bei der Entwicklung neuer Sauglaufräder für derartige Anwendungen
eine Modellpumpe zum Einsatz, wird
diese im Prototypenmaßstab konstruiert.
Dies ermöglicht die Überprüfung der
später eingesetzten Laufräder, womit ein
kavitationsfreier Betrieb vor Ort gewährleistet ist. Das Vorhandensein eines
Fensters begrenzt den möglichen Saugdruck. Demzufolge müssen die Versuche
im Vergleich zu den Betriebsbedingungen
mit einer reduzierten Drehzahl durchgeführt und die Ergebnisse mit Hilfe der
Ähnlichkeitsgesetze auf die Anlagenverhältnisse umgerechnet werden.
Der Entwicklungsprüfstand wird
ferner dazu verwendet, die mechanische
Leistungsfähigkeit wichtiger Pumpenelemente wie Lager oder Dichtungen zu
überprüfen. So wurden z.B. spezielle
Ausrüstungen zur Untersuchung verschiedener Materialkombinationen für
die produktgeschmierten Wellenzwischenlager unter realen Betriebsbedingungen mit sandbeladenem Wasser entwickelt.
Für zukünftige Anforderungen
gerüstet
Sulzer Pumps arbeitet kontinuierlich an
der Entwicklung und Verbesserung der
Methoden zur Analyse neuer Produkte
und Maschinen. So steigt etwa der
Bedarf an Unterwasserpumpen zusammen mit den Anforderungen, die an
solche Pumpen gestellt werden. Um
solche Systeme unter realistischen Bedingungen testen zu können, investiert
Sulzer in Großbritannien in den Bau
eines speziellen Unterwasserprüfstands.
Diese hochmoderne Ergänzung zu
den eindrucksvollen Einrichtungen für
Probeläufe kompletter Pumpenaggregate
in Leeds 5 machen Sulzer zum führen-
den Unternehmen hinsichtlich der verfügbaren Prüfeinrichtungen. Diese Anlage
ermöglicht die Prüfung von Pumpenund Motoraggregaten für den Unterwassereinsatz mit einem Gewicht von
fast 100 Tonnen in Wassertiefen von bis
zu 10 Metern 6.
Beim Einsatz im offenen Ozean
werden diese Pumpen in Wassertiefen
von mehreren tausend Metern arbeiten,
wo sie nicht nur hohen inneren und
äußeren Drücken standhalten, sondern
auch die von den Kunden erwarteten
großen Druckerhöhungen liefern müssen.
Die erste Pumpe, die nach der Inbetriebnahme des Prüfstands getestet werden
soll, ist eine Mehrphasenpumpe mit
3 MW und 6000 U/min. Diese ist in der
Lage, eine Druckerhöhung von über
100 bar zu liefern. Sie eignet sich somit
hervorragend für viele derzeitige Unterwasseranwendungen.
Normalerweise setzen aktuelle Spezifikationen und Marktanforderungen die
Maßstäbe für die Möglichkeiten und
Fähigkeiten von neuen Prüfständen.
Getreu dem Motto «Entwickeln für die
Zukunft» müssen neue Prüfanlagen bei
Sulzer jedoch Raum für zukünftige
Erweiterungen lassen, damit eine langjährige Nutzung der Investitionen sichergestellt ist, auch wenn sich Märkte und
Produkte weiterentwickeln und neuen
Gegebenheiten anpassen. Diese Philosophie ermöglicht Sulzer Pumps,
Produkte zu liefern, die gleichermaßen
den heutigen wie den zukünftigen
Anforderungen des Marktes und der
Kunden gerecht werden.
6 Unterwasser-Prüfstand bei Sulzer in Leeds (UK).
Matt Bourne
Sulzer Pumps (UK) Ltd.
Manor Mill Lane
Leeds, LS11 8BR
England
Telefon +44 113 272 5704
[email protected]
Matti Koivikko
Sulzer Pumps Finland Oy
P.O. Box 66
48601 Kotka
Finnland
Telefon +358 50 555 0268
[email protected]
Philippe Dupont
Sulzer Pumps AG
Zürcherstraße 12
8401 Winterthur
Schweiz
Telefon +41 52 262 4030
[email protected]
Sulzer Technical Review 1/2011 |
9
TESTEN UND QUALITÄT
Fortschrittliche Entwicklung, basierend auf einer «global-lokalen» Organisation
Der Schlüssel zu anwendungsgerechten Beschichtungsmaterialien
Modernste Entwicklungseinrichtungen und Produktionsstätten und global koordinierte Teams
ermöglichen Sulzer Metco die Herstellung neuer anwendungsspezifischer Beschichtungsmaterialien mit sichtbaren Kundenvorteilen.
D
urch die Entwicklung neuer
Märkte steigt der Bedarf an
modernen, speziell entwickelten
Beschichtungslösungen. Gleichzeitig sind
auf den bestehenden Märkten niedrigere
Beschichtungskosten, die Wiederverwendung von Materialien und innovatives
Recycling, die Bereitstellung geeigneter
Alternativen für kritische Rohstoffe
und insbesondere besser berechenbare
und robustere Beschichtungen gefragt.
Die Realisierung von kosten- und
zweckoptimierten (d.h. auf bestimmte
Anwendungen und Betriebsbedingungen
zugeschnittenen) Beschichtungslösungen
beginnt mit der Auswahl des am besten
geeigneten Beschichtungsmaterials. Dies
erfordert einen tiefgreifenden Ansatz,
der sich unter anderem mit dem Einfluss
der verwendeten Materialherstellungsprozesse und -parameter, der Wahl der
Die Pilotanlage ermöglicht die Herstellung von Versuchspulvern in Mengen von 5 bis 100 kg auf effiziente Weise.
10 | Sulzer Technical Review 1/2011
4329
TESTEN UND QUALITÄT
Rohstoffe und der Stoffeigenschaften
wie der Roh- und Schüttdichte, der Partikelmorphologie und -struktur sowie
anderer physikalischer Eigenschaften
auf die Material- und Beschichtungseigenschaften befasst. Solche Faktoren
müssen in einem viel größeren Umfang
berücksichtigt werden als in der Vergangenheit, als sich Beschichtungstechniker
traditionell darauf konzentrierten, einen
Werkstoff ausschließlich auf der Grundlage der Zusammensetzung und Korngrößenverteilung zu wählen und die
Eigenschaften der Beschichtung durch
Variieren der Ausrüstung und Parameter
beim Auftragen sicherzustellen 1.
Ausbau der Materialforschung und
-entwicklung
Die Sulzer-Metco-Geschäftseinheit Materials liefert Pulver-, Draht- und spezielle
Stabwerkstoffe für Beschichtungsverfahren wie thermisches Spritzen, Laserstrahlbeschichten (Laser Cladding) und
Plasma-Auftragsschweißen (PTA) sowie
für Hartlöt-, Diffusionsbeschichtungs-,
Spezialschweiß- und elektronische Füllstoffanwendungen. Das Produktangebot
reicht von verschiedenen Arten von
Keramik-Oxiden, Karbiden, Cermets,
Metallen und Metalllegierungen einschließlich Superlegierungen, MCrAlYs
und selbstfließenden Werkstoffen bis
hin zu verschiedenen Mischungen und
umhüllten Verbundstoffen aus diesen
Materialien.
1 Einfluss des Herstellungsprozesses
von Al2O313TiO2-Pulvern auf den AuftragsWirkungsgrad beim Beschichten mit einem
Brenner vom Typ Sulzer Metco TriplexPro200™ (ähnliche Mikrostruktur).
100 µm
100
Auftragseffizienz (%)
80
60
40
20
0
Metco 6221
Agglomeriert
& gesintert
Metco 130
Mechanisch
umhüllt
Amdry 6228
Geschmolzen &
gebrochen/Mischung
Das Ziel von Sulzer Metco ist es nicht
nur, diesen speziellen Markt mit einer
schlanken Massenproduktion und
modernsten Qualitätssystemen weiterhin
anzuführen, sondern auch die Forderung
nach schnelleren, effizienteren und
wirkungsvolleren Innovationen mithilfe
einer modernen Produktentwicklung
zu erfüllen. Dazu gehört die schnelle
Verfügbarkeit von Versuchspulvern zu
Probezwecken, die Sicherstellung einer
effizienten Übertragung von Prototypen
in den Produktionsmaßstab sowie eine
hohe Reaktionsbereitschaft gegenüber
Kundenanforderungen mit dem Wissen,
wie Beschichtungsmaterialien für bestimmte Leistungs- und Anwendungsanforderungen zugeschnitten werden
können.
Dies erfordert eine spezielle Infrastruktur, die die rasche Herstellung
kleiner Mengen ermöglicht und gleichzeitig die Flexibilität bietet, Materialverarbeitungsparameter, Herstellungstechnologien und gewählte Rohstoffe zu
variieren und in kurzer Zeit die Leistungsfähigkeit und die Eigenschaften
der resultierenden Materialen und
Beschichtungen zu testen.
Um diesen Anforderungen gerecht zu
werden, hat Sulzer Metco den Bereich
der Materialforschung und -entwicklung
in den vergangen Jahren weiter gestärkt
und ausgebaut.
Pulverentwicklungs- und Versuchslabors
An jedem der vier Werkstoffproduktionsstandorte wurden F&E-Labore für
die Pulverentwicklung eingerichtet, die
mit den neuesten Verarbeitungsanlagen
und modernsten Charakterisierungstechnologien ausgestattet sind 2. Jedes
Labor verfügt über spezielle Kernkompetenzen, die mindestens die im jeweiligen Werk verfügbaren Herstellungsmethoden widerspiegeln.
• Das größte der Pulverlabors in
Westbury im US-Bundesstaat New
York wurde in den letzten zweieinhalb
Jahren umfassend erweitert und
modernisiert. Dazu wurden unter
anderem neue Mahleinrichtungen wie
Hochenergiekugel-, Attritions- und
2 Materialforschung und -entwicklung in Westbury, NY, USA:
Neues Rasterelektronenmikroskop mit energiedispersiver Röntgenspektroskopie.
Strahlmühlen, verschiedene Kalzinierungs- und Sinterverfahren sowie
Versuchsanlagen zum mechanischen
Umhüllen und Windsichten von
Pulvern installiert. Das Labor ist
nun in der Lage, HOSP™-Keramiken,
agglomerierte und gesinterte Keramikwerkstoffe, mechanisch umhüllte
Metall- und Keramik-Versuchspulver
sowie Mischungen verschiedener Materialfamilien zu liefern. Völlig unabhängig von den eigentlichen Produktionsanlagen können Versuchschargen
von bis zu mehreren Hundert Kilogramm hergestellt werden 3.
• Das Pulverentwicklungslabor in Troy
im US-Bundesstaat Michigan ist auf
die Gasverdüsung spezialisiert. Mithilfe einer neu installierten VersuchsVerdüsungsanlage und den zurzeit in
der Installation befindlichen Sieb-,
Windsichtungs- und Mischeinrichtungen wird das Labor in der Lage sein,
Versuchspulver in Mengen von 5 bis
100 kg auf effiziente Weise herzustellen.
Schwerpunkt des Labors in Troy ist
die Evaluierung des Einflusses der
Verdüsungsparameter auf die Pulvereigenschaften und -erträge, die Prüfung verschiedener Verdüsungshilfsmittel und die Entwicklung neuer chemischer Zusammensetzungen 4.
• Das Pulverlabor von Sulzer Metco
WOKA in Barchfeld, Deutschland,
wurde 2009 in Betrieb genommen und
verfügt über einen kleinen Sprühtrockner, eine Tablettierpresse, mehrere
Öfen, Zerkleinerungsanlagen mit Hart-
Sulzer Technical Review 1/2011 | 11
TESTEN UND QUALITÄT
Auf diese Weise können neue Werkstoffe unter vollständig skalierbaren
Bedingungen entwickelt werden.
Darüber hinaus bietet das Materialforschungs- und Entwicklungslabor die
Scale-up-Entwicklung und kommerzielle Produktion hochwertiger goldbeschichteter Nickelbasis-Verbundpulver mittels eines firmeneigenen Prozesses. Diese Materialien werden
hauptsächlich für elektronische und
militärische Anwendungen eingesetzt.
3 Hochenergie-Kugelmühle im F&E-Labor in Westbury, NY, USA.
metall-Werkzeugen und einen Windsichter in Kombination mit einer
Strahlmühle. In diesem Labor können
agglomerierte und gesinterte Keramiken und Karbide sowie gesinterte und
gebrochene Karbide als Versuchspulver hergestellt werden.
• Im SMCA-Pulverentwicklungslabor in
Fort Saskatchewan in der kanadischen
Provinz Alberta wird eine Vielzahl
von Pulvern mithilfe hydrometallurgischer Verfahren chemisch
umhüllt. Hergestellt werden geeignete
Mengen zum Testen thermischer
Spritzverfahren und Entwicklungschargen mithilfe eines Laborautoklaven 5 . Darüber hinaus verfügt das
Labor über Möglichkeiten zur Klassifizierung, Trocknung und Wärmebehandlung von Pulvern in verschiedenen Atmosphären, die die Möglichkeiten der eigentlichen Produktionseinrichtungen vollständig abbilden.
4 «Ein neuer MCrAlY-Werkstoff entsteht» – Pulververdüsung im
F&E-Labor in Troy, MI, USA.
12 | Sulzer Technical Review 1/2011
Beschichtungsforschungslabors
Neben den Pulverentwicklungslabors
spielen die Beschichtungsforschungslabors eine wichtige Rolle in der Materialforschung und -entwicklung von
Sulzer Metco. Hauptaufgabe dieser
Labors ist es, eine schnelle erste InhousePrüfung von Beschichtungen zu ermöglichen, die mit den Versuchspulvern hergestellt wurden – ein wichtiger Schritt
zur Erkennung vielversprechender Werkstoffkandidaten. Auf diese Weise lassen
sich schnell Zusammenhänge zwischen
den Eigenschaften der Werkstoffe und
den Beschichtungen erkennen.
Dies wiederum ermöglicht eine
Optimierung der Herstellprozesse und
-parameter zur individuellen Abstimmung der Werkstoffe auf bestimmte
Anwendungen und Betriebsbedingungen. Zu den verfügbaren Einrichtungen
gehören Salzsprüh- und Klimakammern,
Geräte zur Messung der Stromdichte
für die Korrosionsprüfung, verschiedene
Verschleißmessgeräte und Öfen für Temperaturwechselprüfungen. Ein «Burner
rig»-Prüfstand und eine Kavitationsprüfeinrichtung wurden erst kürzlich
installiert 6.
Zusätzlich zu den jeweils vor Ort verfügbaren Einrichtungen nutzt Sulzer
Metco zur abschließenden Validierung
und Prüfung der Beschichtungseigenschaften ein umfassendes Partnernetzwerk von angesehenen Forschungs- und
Prüfeinrichtungen mit erweiterten Möglichkeiten zur Prüfung der Beschichtungen. So steht Sulzer Metco Materials in
Zusammenarbeit mit Sulzer Innotec im
schweizerischen Winterthur ein hochmoderner Prüfstand für Einlaufschichten
zur Verfügung. Dieser Prüfstand stellt
ein wichtiges Werkzeug für gemeinsame
Entwicklungsprojekte mit OEM-Partnern
aus der Luftfahrt und der Gasturbinenindustrie dar.
Die Einrichtung ist die größte und
modernste ihrer Art und ermöglicht Prüfungen bei Einlaufschichttemperaturen
bis 1200 °C mit einer Vielzahl verschiedener Schaufel- und Dichtungskonfigurationen bei verschiedenen Umfangsgeschwindigkeiten und Zustellraten. Ein
kürzlich installiertes Hochgeschwindigkeits-Infrarotpyrometer liefert zusätzlich
wichtige Informationen über die entstehende Reibungswärme zwischen
Schaufel und Einlaufschicht.
Die Vorteile eines «global-lokalen»
Ansatzes
Die Tatsache, dass sich die einzelnen
Pulverentwicklungslabors an den entsprechenden Produktionsstandorten
befinden, ermöglicht einen effizienten
Wissensaustausch zwischen der Forschung und Entwicklung, der Produktion
und dem Qualitätswesen, eine optimale
Nutzung der Analysetechnik (z.B. Rasterelektronenmikroskopie, Röntgendiffraktometrie, Spektroskopie und Teilchengrößenanalyse) sowie die Nutzung der
logistischen Infrastruktur des Werks.
Durch die effektive Übertragung von
erfolgreich validierten Entwicklungen in
die Massenproduktion kann die Markteinführungszeit minimiert werden.
Darüber hinaus wird die F&E-Unterstützung für Produktionsprozesse und
Produktumgebungen vor Ort ermöglicht.
Die Installation und der Betrieb einer
neuen Produktionslinie für gesinterte
und gebrochene Karbide bei Sulzer
Metco WOKA auf der Basis von Prozessen, die von der lokalen F&E-Gruppe
entwickelt wurden, hat innerhalb kurzer
Zeit zur Einführung einer breiten Palette
von neuen, wirtschaftlicheren Produkten
geführt – ein überzeugender Beweis für
den Erfolg dieses Konzepts.
Trotzdem ist auch ein globaler Ansatz
erforderlich. Ein gutes Beispiel hierfür
sind agglomerierte und gesinterte LSM(Lanthan-Strontium-Manganit) und sphärische Titanoxid-Keramikprodukte, die
TESTEN UND QUALITÄT
1250
1000
Temperatur (°C)
mithilfe des Know-hows der Materialforschungs- und Entwicklungsgruppe in
Westbury entwickelt wurden, aber in
einer neu eingerichteten Produktionsanlage bei Sulzer Metco WOKA hergestellt werden.
Ein globaler Ansatz ermöglicht nicht
nur eine optimale Ressourcennutzung,
einen optimalen Wissensaustausch und
die optimale Nutzung von Know-how,
sondern sorgt auch dafür, dass dem
Kunden die bestmögliche Beschichtungslösung angeboten wird. Dies ist
besonders wichtig, da viele Pulver von
Sulzer Metco an mehreren Standorten
mit unterschiedlichen Herstellungsprozessen produziert werden. Trotz gleicher
chemischer Zusammensetzung führt
jedes dieser Pulver zu unterschiedlichen
Beschichtungseigenschaften. Daher ist
es wichtig, dass der Herstellprozess
unabhängig vom Werk oder dem Standort des F&E-Labors ausschließlich nach
der jeweiligen Anwendung und den
Betriebsbedingungen gewählt wird.
Die Balance zwischen lokalem und
globalem Ansatz im Bereich der Materialforschung und -entwicklung wird von
global agierenden Projekt- und Kompetenzleitern sichergestellt, die sämtliche
Forschungsaktivitäten koordinieren und
vorantreiben und die verschiedenen
lokalen Pulver- und Beschichtungsforschungslabors für ihre Arbeit nutzen.
500
250
0
500
6 Temperaturwechselprüfung.
Die Projektdurchführung erfolgt auf
der Grundlage des systematischen und
mehrstufigen Innovationsprozesses von
Sulzer und wird durch funktionsübergreifende und multiregionale Projektteams unterstützt.
Kundenvorteile
Ein global koordiniertes Team, dem
modernste Einrichtungen zur Verfügung
stehen, kombiniert mit einer lokalen
Abbildung der Produktionsmöglichkeiten und einer internen und externen
Vernetzung, ermöglicht Sulzer Metco die
Herstellung von Beschichtungsmaterialien mit sichtbaren Kundenvorteilen.
Allein im vergangenen Jahr wurden eine
Rekordzahl von Versuchspulvern für
5 Ein Versuchsautoklav ermöglicht die schnelle Veränderung von Prozessparametern
und eine effiziente Materialentwicklung.
750
1000
Zeit (min)
1500
Kunden produziert und viele anwendungsspezifische neue Materialien entwickelt und auf den Markt gebracht.
Beachtenswert hierbei ist, dass für
mehrere dieser Entwicklungen keine
neuen chemischen Zusammensetzungen
erforderlich waren. Beispiele hierfür
sind:
• Neue sphärische Titanoxidpulver
(TiOx) mit verschiedenen x-Faktoren,
die Beschichtungen mit außergewöhnlich hoher Auftragseffizienz bei sehr
hohen Materialfördermengen ermöglichen, was besonders bei Sputteranwendungen eine wichtige Rolle spielt.
• Sphärische Keramiken wie Aluminiumoxid und Aluminiumoxid-Titanoxid, die eine schnellere Beschichtung
mit geringeren Verlusten bei gleichzeitiger Erfüllung spezieller Porositätsanforderungen ermöglichen.
• Kostengünstige Karbidwerkstoffe für
Anwendungen in der Luft- und Raumfahrt, die eine hervorragende Auftragseffizienz ohne Beeinträchtigung
der Verschleißfestigkeit bieten.
Das Ziel von Sulzer Metco ist es, den
Markt mit anwendungsspezifischen und
wirtschaftlichen Beschichtungslösungen
anzuführen, die die Bedürfnisse unserer
Kunden erfüllen.
Montia C. Nestler
Sulzer Metco (US) Inc.
1101 Prospect Ave.
Westbury, NY 11590-0201
USA
Telefon +1 516 338 2305
[email protected]
Sulzer Technical Review 1/2011 | 13
TESTEN UND QUALITÄT
Mit geeigneten Spezialverfahren Verborgenes sichtbar machen und interpretieren
Filtern und Fitten
Aus den Signalen nur weniger verfügbarer Sensoren konnte Sulzer Innotec erfolgreich die
wichtigsten Eigenfrequenzen und Schwingungsformen eines Pumpenlaufrades identifizieren.
Die Ergebnisse decken sich weitgehend mit den von Sulzer Pumps durchgeführten FEMRechnungen. Es wurde gezeigt, dass die Resonanzschwingungen so gut gedämpft sind,
dass sie das Laufrad in keiner Weise gefährden können.
S
ulzer Innotec erhielt 2009 von der
Division Sulzer Pumps den Auftrag
zur Auswertung von Messdaten,
die auf einem Pumpenprüfstand aufgenommen worden waren. Die untersuchte
Testpumpe ist die Nachbildung der
letzten Stufe einer Hochdruck-Kreiselpumpe mit drehzahlvariablem Antrieb.
Die Leistungsaufnahme dieser Stufe
beträgt im Auslegungspunkt 1,4 MW.
Das Laufrad hat sieben Schaufeln und
einen Durchmesser von 0,35 m. Durch
Rotor-Stator-Interaktionen oder durch
Strömungsablösungen können stationäre
Teile und das Laufrad zu Schwingungen
angeregt werden, die zu Ermüdungsschäden führen könnten. Aufgrund von
Betriebserfahrungen entschloss sich
1 Platzierung der
Dehnmessstreifen und
Accelerometer
(Ansicht in axialer
Richtung,
Bildquelle: Dissertation
Stefan Berten).
SG4
SG5
Acc3
SG3
SG6
Acc2
SG2
SG7
Acc1
SG1
SG8
Acc = Beschleunigungssensor
SG = Dehnmessstreifen
14 | Sulzer Technical Review 1/2011
Sulzer Pumps, die mechanischen und
hydraulischen Schwingungen im Teillastbetrieb für diese Pumpenstufe
durch Messungen an der EPFL (École
Polytechnique Fédérale de Lausanne) näher
untersuchen zu lassen.
Mithilfe zahlreicher Sensoren für
Druck, Dehnung, Beschleunigung und
Abstand wurden die entsprechenden
Schwingungen aufgezeichnet. Sämtliche
Messungen wurden vom Laboratoire de
Machines Hydrauliques (LMH) an der
EPFL aufgenommen und größtenteils im
Rahmen einer Dissertation ausgewertet.
Spezialauswertung der LaufradSchwingungsformen
Die Aufgabe von Sulzer Innotec bestand
darin, aus den Messdaten der auf dem
Laufrad platzierten Dehnmessstreifen
und Accelerometern die Betriebs-Schwingungsformen des Laufrads zu ermitteln,
diese zu beurteilen und mit Ergebnissen
von FEM-Rechnungen zu vergleichen.
Trifft im Betrieb eine Anregungsfrequenz auf eine schwach gedämpfte
Eigenfrequenz des Laufrads, so kann
sich eine starke Resonanzschwingung
ausbilden. Treten umgekehrt trotz vorhandener Anregung keine starken
Resonanzschwingungen auf, kann auf
genügend gedämpfte Eigenschwingungen geschlossen werden.
Auszuwerten waren die Datensätze
zweier Drehzahlrampen, eine davon
ansteigend, die andere sinkend. Die insgesamt acht Dehnmessstreifen und drei
Accelerometer waren – wie in 1 gezeigt
– auf dem Laufrad platziert.
Signalaufbereitung der Dehnmessstreifen
Die aufgezeichneten Signale der Dehnmessstreifen waren erheblich verrauscht,
teils durch Sensor-Rauschen, teils durch
Bit-Rauschen, aber auch durch Einstreuung von Fremdsignalen. Der Vergleich
aller DMS-Signale zeigte, dass diese
weitgehend in Phase sind und etwa
gleiche Amplituden aufweisen. Der
Verdacht lag deshalb nahe, dass eine
starke Fremdsignal-Einstreuung vorlag,
die den Löwenanteil der Signale ausmachte.
Deshalb wurde vor der Weiterverarbeitung von jedem einzelnen
DMS-Signal der Mittelwert aller Signale
subtrahiert. Dadurch konnte der eingestreute Signalanteil wesentlich verringert
werden. In Spektrogrammen traten nun
die üblicherweise sichtbaren gefächerten
Ordnungslinien als Antwort auf die von
4330
TESTEN UND QUALITÄT
40
1.0
0.8
20
0.6
10
Auslenkung (–)
Beschleunigung (g)
30
0
–10
–20
–30
0.2
0
–0.2
–0.4
–0.6
–40
–0.8
–50
–1.0
–60
0
10
20
30
40
50
60
70
Zeit (s)
der Pumpe verursachten Anregungen
bei den Vielfachen der Laufraddrehzahl
hervor. Insbesondere sind die 12., die
24. und die 36. Ordnungen deutlich vertreten, wie es bei einem mit 12 Schaufeln
bestücken Diffusor zu erwarten ist.
Signale der Accelerometer
Trotz eines ebenfalls nicht optimalen
Zeitsignals 2 mit zahlreichen unplausiblen Ausschlägen in negativer Richtung
sowie Sättigung der Sensoren bei
ungefähr –50g lieferten die Accelerometer
im Frequenzbereich ein klareres Bild als
die Dehnmessstreifen und wurden
deshalb für die weiteren Untersuchungen
herangezogen.
Resonanzen mittels Spektrogrammen
auffinden
Eine übliche Darstellungsform transienter
Schwingungssignale ist das Spektrogramm 3. Dabei werden die Schwingungsamplituden farbcodiert über
der Zeit (x-Achse) und der Frequenz
(y-Achse) aufgetragen. Die LaufradEigenfrequenzen sind im Spektrogramm
eines Accelerometersignals als horizontale, leicht aufgefächerte gelb-rote
Schatten ersichtlich (vgl. rote Pfeil-Markierungen). Die Frequenzbandbreite
dieser Resonanzbereiche beträgt über
100 Hz, was auf eine beträchtliche
Dämpfung schließen lässt. Das Fehlen
scharfer horizontaler Resonanzlinien
5-D
4-D
2500
3-D
2000
1500
Beispiel 1: f = 1150 Hz
(2-Diameter-Mode,
Anregung 23. Ord.)
2-D
0-D
Beispiel 2: f = 900 Hz
(0-Diameter-Mode,
Anregung 21. Ord.)
1-D
500
0
10
20
30
50
100
150
200
250
300
350
4 Auslenkung der Schwingungsform zu einem bestimmten Zeitpunkt.
Rot: gemessene Werte; blau: theoretische Schwingungsform.
3000
1000
0
Radumfang ( º )
2 Zeitsignal Accelerometer (negative Spitzen, teilweise Sättigung).
Frequenz (Hz)
0.4
40
50
60
70
Zeit (s)
3 Spektrogramm des Accelerometersignals von ACC1 (Rampenfahrt mit sinkender Drehzahl,
Eigenfrequenz-Schatten mit Pfeilen markiert, Resonanzen umkreist).
zeigt, dass keine schwach gedämpften
Resonanzen vorhanden sind. Wo die
fächerförmig angeordneten Anregungsfrequenzen der Rotor-Stator-Interaktion
auf eine Eigenfrequenz des Laufrads
treffen (siehe blau umkreiste Linien),
kommt es zwar zu Resonanzen, aber nur
zu geringen Amplitudenüberhöhungen,
weshalb kaum mit erhöhter Beanspruchung aufgrund von Resonanzen zu
rechnen ist.
Bestimmen der Schwingungsform
Es ist bekannt, dass gewisse Erregungsordnungen der stationären Bauteile nur
bestimmte Eigenformen des Laufrads
anregen können (Tanaka, 1990). Nachdem
die Resonanzfrequenzen des Laufrads
aus dem Spektrogramm ermittelt sind,
soll anhand von zwei Beispielen erläutert
werden, wie gemessene Daten mit theoretisch berechneten Rotorschwingungen
angepasst werden können, um die
Schwingungsform des Laufrads zu
bestimmen.
• Beispiel 1: 2-Diameter-Mode bei f =
1150 Hz und Anregung durch die
23. Ordnung: Für jene Zeitabschnitte
aus dem Spektrogramm, während
denen eine Resonanz von der passenden Anregung durchfahren wird,
bildet man gemittelte Transfer-Funktionen. Daraus können die Amplitudenverhältnisse und Phasenunterschiede für f = 1150 Hz abgelesen
werden; die Kohärenz sollte in dem
betreffenden Frequenzbereich einigermaßen gut sein. Mittels Animation der
abgelesenen Amplitudenverhältnisse
und Phasenlagen und Einblenden
einer (von Hand gefitteten) theoretisch
Sulzer Technical Review 1/2011 | 15
TESTEN UND QUALITÄT
Max.
Min.
0.00
50.00
100.00 (mm)
0.00
50.00
25.00
75.00
100.00 (mm)
5 Resultate der FEM-Rechnung für die 2D- und 3D-Eigenmoden.
berechneten Laufrad-Schwingungsform konnte die im Betrieb auftretende
Schwingungsform mit zwei Knotendurchmessern nachgewiesen werden.
4 zeigt die entsprechende Auslenkung
der Schwingungsform zu einem bestimmten Zeitpunkt.
• Beispiel 2: 0-Diameter-Mode bei f =
900 Hz und Anregung durch die
21. Ordnung: Aus der Transferfunktion
für die Resonanzschwingung bei
f = 900 Hz wurde ersichtlich, dass
alle drei Signale in Phase sind und
gleiche Amplituden aufweisen. Somit
handelt es sich hier um eine Schwingung mit null Knotendurchmessern.
Hier erübrigt sich ein Vergleich mit
der theoretischen Schwingungsform.
Vergleich mit Ergebnissen der FEMRechnung
Zum Schluss wurden die Messergebnisse
mit den von Sulzer Pumps selbst durchgeführten FEM-Rechnungen verglichen
5. Als Randbedingungen wurde dabei
ein von Wasser umgebener Rotor verwendet. Da die Versteifung infolge Fliehkraft hier nur einen vernachlässigbar
kleinen Einfluss auf die Eigenfrequenz
hat, wurde ein stillstehender Rotor
modelliert. 6 zeigt einen Vergleich der
gemessenen und der berechneten Eigenfrequenzen.
Die Übereinstimmung der Frequenzen
war gut, außer für den «Umbrella»Mode, für den aus den Messdaten eine
Frequenz von ca. 900 Hz abgelesen
wurde, während die FEM-Rechnung
eine Frequenz von 701 Hz ergab. Diese
Abweichung könnte auf die Masse
des modellierten Wellenstummels zurückzuführen sein.
Es bleibt anzumerken, dass die von
den zwölf Diffusorleitschaufeln verursachten und periodisch auf das Laufrad
einwirkenden Kräfte für die tiefsten
relevanten Ordnungen (12 und 24) im
Betriebsdrehzahlbereich nur geringfügig
unterhalb der Resonanzfrequenzen
liegen:
• 12. Ordnung der max. Pumpendrehzahl: 1135 Hz ↔ Eigenfrequenz
2D-Mode: 1150 Hz
• 24. Ordnung der max. Pumpendrehzahl: 2250 Hz ↔ Eigenfrequenz
4D-Mode: 2500 Hz
Räumliche Unterabtastung
Mit sieben rotationssymmetrisch angeordneten Sensoren können theoretisch
nur die Schwingungsformen mit null bis
drei Knotendurchmessern korrekt erfasst
werden. Für die übrigen Schwingungsformen (mit vier und mehr Knotendurchmessern) ergibt sich wegen der zu
wenig dichten Anordnung der Sensoren
6 Vergleich der gemessenen und berechneten Eigenfrequenzen.
Knotendurchmesser f [Hz]
f [Hz]
Bemerkungen Anregungsordnungen
Grob abgelesen Berechnet aus FEM
Im Spektrogramm sichtbar
0
900
701
Umbrella-Mode
21
1
750
757
Rocker-Mode
22
2
1150
1199
3
1900
1846
4
2500
Nicht berechnet
5
2800
Nicht berechnet
16 | Sulzer Technical Review 1/2011
23
24
38
eine räumliche Unterabtastung. Zum
Bespiel können die Schwingungsformen
mit 1 oder 6 Knotendurchmessern nicht
unterschieden werden, da beide Schwingungsmoden an den Messpunkten identische Signale liefern.
Nimmt man die Resultate der FEMRechnung zu Hilfe, kann trotzdem die
Schwingungsform meist eindeutig zugeordnet werden, selbst mit nur drei
Sensoren. Ohne die Kombination mit
den FEM-Resultaten wäre für eine eindeutige Identifikation der Schwingungsform eine wesentlich dichtere Anordnung
der Sensoren notwendig.
Interpretation
Die während des Betriebs gemessenen
Schwingungen zeigen, dass das Laufrad
zwar Resonanzen bei den durch die
FEM-Rechnung vorausgesagten Eigenfrequenzen aufweist. Die Resonanzschwingungen sind aber so gut gedämpft
und bleiben so klein, dass sie das
Laufrad in keiner Weise beschädigen
werden.
Literatur
• Berten, S., Thesis EPFL No. 4642,
http://library.epfl.ch/en/theses/?nr=4642
• Tanaka, H., “Vibration behaviour and dynamic stress
of runners of very high head reversible pump-turbines,”
IAHR Symposium 1990, special session, Belgrade
Ulrich Moser
Sulzer Markets and Technology AG
Sulzer Innotec
Sulzer-Allee 25
8404 Winterthur
Schweiz
Telefon +41 52 262 82 61
[email protected]
Hans Rudolf Graf
Sulzer Markets and Technology AG
Sulzer Innotec
Sulzer-Allee 25
8404 Winterthur
Schweiz
Telefon +41 52 262 82 40
[email protected]
SULZER-ANALOGIE
Gifte prüfen
In der Pflanzenwelt lauern zahlreiche Gifte, die beim
Konsum zu schweren Schäden oder sogar zum Tod
führen. Menschen müssen immer erst probieren,
um festzustellen, ob etwas giftig ist. Woher wissen
eigentlich Tiere, welche Pflanzen bekömmlich sind
und vor welchen sie sich hüten müssen?
© Smellme | Dreamstime.com
Schwarzer Brüllaffe: Verzehrt unbekanntes Pflanzenmaterial vorerst nur
in kleinen Mengen, um eine allfällige Vergiftung zu vermeiden.
Der Kampf in der Natur ums Überleben
spielt sich keineswegs nur zwischen
dem jagenden Löwen und der fliehenden
Gazelle ab. Auch das scheinbar friedliche
Nebeneinander von Pflanze und Tier ist
ein unablässiges Wettrüsten mit dem
Ziel, nicht unterzugehen, bevor die
eigenen Gene einer nächsten Generation
weitergereicht werden. Da Pflanzen
nicht wegrennen können, müssen sie
sich mit andern Mitteln gegen die
Mäuler der Tiere wehren. Stacheln,
Dornen und borstige Haare bieten
mechanischen Schutz. Schlechter Geruch
mag vom Konsum abhalten. Am wirkungsvollsten aber sind Pflanzengifte,
die einen Übergriff mit körperlichen
Beschwerden oder dem Tod bestrafen.
Allein die Dosis macht das Gift
Die Pflanzenwelt hat eine schier unglaubliche Fülle an chemischer Abwehr entwickelt. Tannine sind stark adstringierend. Sie ziehen die Zunge zusammen,
trocknen Gaumen und Hals aus und
stören schließlich die Verdauung. Den
größten Giftschrank liefern indes die
Strukturformel des
Alkaloids Morphin,
das Friedrich Wilhelm
Sertürner 1806 in
Reinform aus Schlafmohn extrahierte.
4331
Alkaloide, die in 20% aller Blütenpflanzen
zu finden sind. Wer den bitteren
Geschmack nicht als Warnung ernst
nimmt, muss erfahren, wie diese Nervengifte wirken.
Vom Atropin in der Tollkirsche, vom
Chinin in der Chinarinde bis zum
Nikotin im Tabak und zum Koffein im
Kaffee sind diese Gifte auch dem
Menschen bekannt. Wie fast jedes Gift
sind auch die Alkaloide in kleinen Dosen
durchaus verkraftbar und können eine
belebende oder berauschende Wirkung
haben. Mensch und Tier haben auch
gelernt, dass geringe Mengen von Alkaloiden nur den Mikroben und Insekten
schaden und somit den Körper vor
gewissen Infektionen und Plagegeistern
schützen.
Woran merkt nun das Tier, was giftig
ist? Um keine Risiken einzugehen, hält
sich der Panda ausschließlich an die
harmlosen Bambuspflanzen, wobei er
aber von dem wenig nahrhaften Gewächs
Unmengen verzehren muss. Ganz anders
die Ratte. Sie ist ein Allesfresser und hat
sich dank ihrer Flexibilität die ganze
Welt erobert. Da aber überall Gifte
lauern, verhält sich die Ratte Neuem
gegenüber äußerst misstrauisch. Trifft
sie auf unvertrautes Futter, frisst sie erst
eine Miniportion. Nur wenn sie keine
Beschwerden bekommt, konsumiert sie
die Neuentdeckung in größeren Mengen.
Und wenn die Ratte merkt, dass ein für
sie neues Futter von anderen Ratten
ohne Nachteile konsumiert wird, macht
sie sich ebenfalls über das Angebot her.
Giftkurs für Rattenembryonen
Der Giftkurs beginnt bei den Ratten
schon in der Gebärmutter, indem bereits
der Embryo Aversionen gegen schädliche
Gerüche und Vorlieben für sichere
Geschmacksnoten entwickelt. Bei den
Säugetieren lernen die Jungen mit der
Muttermilch, wie gute Nahrung riecht
und schmeckt. Und wenn der Kleine
seiner Mama das Futter aus dem Maul
holt, ist dies nicht nur Bequemlichkeit,
sondern lebenswichtige Qualitätsschule.
Wer wie die Brüllaffen im Uferwald
von Costa Rica von vorwiegend giftigem
Blattzeug umgeben ist, muss sich eine
besonders subtile Fressstrategie einfallen
lassen. Je häufiger eine Baumart, desto
eher wird sie von den Affen gemieden,
denn üppig gedeihen kann nur, was
für Pflanzenfresser unbekömmlich ist.
Wird ein Baum als akzeptabel beurteilt,
suchen sich die Tiere die jungen und
kleinen Blätter – sollte das Gewächs
trotzdem Giftstoffe produzieren, wären
diese im frischen Pflanzenmaterial erst
in kleinen Mengen enthalten. Und
indem die Brüllaffen vom Blatt nur
den Stiel fressen, halten sie sich an die
Pflanzenteile mit dem geringsten Giftgehalt.
Herbert Cerutti
Sulzer Technical Review 1/2011 | 17
TESTEN UND QUALITÄT
Messtechnik auf neuestem Stand der Technik
Entscheidend für die Produktentstehung
Der Produktentstehungsprozess der Sulzer Mixpac AG – eine Geschäftseinheit der
Division Sulzer Chemtech – hat Parallelen zum Wettkampfvorbereitungsprozess eines
Spitzensportlers. In einem definierten Prozess werden die Eigenschaften von neuen
Produkten aus Kunststoff mit neuester Analytik verifiziert.
Z
uerst legt der Sportler den
Prozess fest: wo, bis wann,
aber auch wozu. Wenn die
Rahmenparameter erreichbar scheinen,
beginnt der Spitzensportler mit dem
Trainingsplan. Ein aussichtsreicher
Trainingsplan beginnt mit kleinen
Trainingseinheiten und steigert sich in
Etappen. Wenn das Ziel ein Marathonlauf
ist, misst der Spitzensportler – zuerst bei
kurzen Strecken – beim Training die Zeit
und den Puls und steigert sich sukzessive.
Somit kommt der Sportler vom Soll auf
dem Trainingsplan zum Ist in der
Trainingsrealität.
Von der Produktidee über die ersten
Prototypen zum Werkzeugbau 1 und
anschließender Spritzgussproduktion 2
1 Die Herstellung von
Werkzeugen für die
Spritzgussproduktion
erfordert hohe Präzision.
18 | Sulzer Technical Review 1/2011
4332
TESTEN UND QUALITÄT
muss ein Produktentstehungsprozess
einige Etappen zurückzulegen. Als
letzter Meilenstein vor dem ersten
«Marathon» steht in der Produktentstehung die sogenannte Serienfreigabe.
Dieses Beispiel soll veranschaulichen,
dass die Prozessplanung (Trainingsplan),
die Festlegung der Prozessschritte (das
Training), aber auch die Messung
(Soll/Ist) entscheidend für den Erfolg
der Produktentstehung sind 3. Prozesse
und deren gewünschte Resultate sind
zunächst zu definieren, bevor sie
gemessen werden können. Als Selbstverständnis bei Sulzer Mixpac gilt: «Wenn
etwas verbessert werden soll, muss man
es erst einmal messen.»
Sulzer Mixpac ist ein «Spitzensportler»
in der Kunststoffbranche. Dort wiederum
richtet sich das Unternehmen nicht auf
alle Kunststoffe aus. Der Schwerpunkt
liegt in der Welt der teilkristallinen Thermoplaste. Teilkristalline Thermoplaste
werden aufgrund ihrer Eigenschaften
immer häufiger eingesetzt. Zugleich
verschärfen sich aber auch die Auflagen und gesetzlichen Vorschriften für
die Industrien. Sowohl gesetzliche
Anforderungen als auch das tägliche
Streben nach optimalen Prozessen setzt
eine solide, auf dem letzten Stand von
Wissenschaft und Technik basierende
Mess- und Analysetechnologie voraus.
Diese Technologien werden genutzt
für die Forschung und Entwicklung,
Qualitätsprüfungen, Prozess- und Produktoptimierungen sowie für die
Schadensfallanalysen.
Eine große Bandbreite von physikalischen und analytischen Methoden ist
notwendig, um den gesamten Produktenstehungsprozess messbar abzubilden.
Sulzer Mixpac verfügt in den eigenen
Labors sowohl über die erforderliche
instrumentelle Ausrüstung als auch
über jahrelange Erfahrung und das für
die Polymeranalytik notwendige Knowhow.
Thermische Analytik
Mithilfe der thermischen Analytik
können viele für den Kunststoffspritzguss
wichtige Eigenschaften der Ausgangsmaterialien, aber auch der Endprodukte
bestimmt werden.
• DSC (Differential Scanning Calorimetry):
Mit der DSC-Analyse wird die nötige
Wärmemenge gemessen, die bei der
physikalischen Umwandlung des
Kunststoffes gebraucht wird oder
entsteht. Als Beispiele können die
Reaktionswärme, die Zersetzungstemperaturen, aber auch die Glasübergangs- und Schmelzbereiche genannt
werden.
• TGA (Thermogravimetrische Analyse):
Durch das «kontrollierte Verdampfen»
von Kunststoffen können Rückführungen auf deren Zusammensetzung
und Füllstoffe analysiert werden.
Hierzu werden die Materialien bis zu
1100 °C erhitzt.
Rheologie
Die Rheologie beschreibt die Fließeigenschaften von Stoffen. In der Kunststoffindustrie ist diese Eigenschaft für die
Verarbeitung der verschiedenen Kunststoffe, aber auch für die einzelnen
Chargen von gleichen Kunststoffen ein
sehr wichtiger Messparameter.
• MFR/MVR (Melt Flow Rate/Melt
Volume Rate): Als Endergebnis liefert
der Schmelzfließindex (MFR) das
Fließverhalten des Kunststoffes bei
bestimmten Temperatur- und Druckverhältnissen. Die Viskosität der
Kunststoffschmelze wird bei diesem
Messverfahren ermittelt.
• Rotationsviskometer: Die Probe wird
auf eine beheizbare Platte gelegt und
eine drehbare und motorisch angetriebene Platte bzw. Kegel auf die Probe
gedrückt. Während des Drehvorganges
wird die benötigte Reibungskraft
(Drehmoment) für die Überwindung
des Fließwiderstandes gemessen. Das
2 Spritzgussproduktion in Haag (CH).
gemessene Ergebnis ist z.B. die Scherviskosität der Probe. Dabei gilt es
deren Kennwerte bezüglich der Verarbeitbarkeit bzw. Mischgüte von
Kunststoffen oder gemischten Klebstoffen zu ermitteln.
Spektroskopie
Mittels der Spektroskopie ist es möglich,
die Struktur bzw. die Identität des Kunststoffes zu bestimmen. In der Farbanalytik
ist es damit möglich, subjektive Farbwahrnehmungen in reproduzierbare
Messwerte zu zerlegen.
• FTIR (Fourier-Transformations-Infrarotspektrometer): Mit diesem Messgerät ist
es möglich, sehr schnell Identifizierungen (Charakterisierungen) an organischen Werkstoffen durchzuführen.
Die Probe wird in die ATR-Einheit eingespannt und somit in den Strahlengang eines lasergesteuerten Infrarotstrahls gesetzt. Die Strahlung regt
durch ihre Durchdrängung die Atomgruppierungen der Schmelze an
(Schwingungen). Daraus lässt sich
nun das Absorptionsspektrum messen.
Die Lage und Intensität dieser Spitzen
sind für bestimmte Atomgruppierungen charakteristisch. Durch den
Abgleich mit der in der Datenbank
vorhandenen «Normspektren» können
z.B. Materialcharakterisierung und
Verunreinigungen an Kunststoffen
rasch und einfach festgestellt
werden.
• Spektralphotometer: Um eine Farbe
genau zu bestimmen, verwendet man
das Spektralphotometer. Hiermit wird
das gesamte Farbspektrum von Ultraviolett bis Infrarot erfasst und anschlie-
Sulzer Technical Review 1/2011 | 19
TESTEN UND QUALITÄT
3 Ingenieure von Sulzer Mixpac bei der computergestützten
Produktentwicklung.
ßend zerlegt. Das Ergebnis ist der
Wert für die Helligkeit (L*) in Verbindung mit dem Farbton (a*b*). Es ist
zusätzlich möglich, Reflektions- und
Transmissionsfarbenmessungen durchzuführen.
• GC (Gas-Chromatographie): Bei der
Herstellung von Polymeren (Kunststoffgranulat) können unerwünschte
Bestandteile (z.B. Monomere, Weichmacher, Phtalate) im Granulat zurückbleiben. Diese können unter Umständen gesundheitsschädlich sein und
müssen erkannt und ausgeschlossen
werden. Mittels Gas- Chromatographie
ist es möglich, einen «Fingerprint»
dieser unerwünschten Substanzen zu
erhalten und diese zu quantifizieren.
Mechanische Analytik
Physikalisch-chemische Analyse
Durch die Anwendung physikalischchemischer Analysen ist es möglich,
einen Blick in die bzw. zwischen die
Molekularstruktur von Kunststoffen zu
werfen. Die Verarbeitungseigenschaften
oder aber auch Verarbeitungs- und Konstruktionsfehler können hier gemessen
werden.
• Karl-Fischer-Titration (Wassergehaltsbestimmung): Bei bestimmten Kunststoffen ist die Endqualität des Produktes abhängig vom Wassergehalt
im Kunststoffgranulat vor dem Spritzgussprozess. Die Anwendung der
Karl-Fischer-Methode erlaubt es, durch
Titrationsverfahren den Wassergehalt
quantitativ zu bestimmen. Oberflächenwasser und Wasser, welches
zwischen den Molekülketten gebunden ist, kann quantifiziert werden.
• Dünnschliff-Mikroskopie: Dünnschliffmikroskopie ist die «Pathologie» an
Kunststoffen. Ein Bauteil wird eingebettet, gesägt und auf ca. 30 µm Dicke
geschliffen (zum Vergleich: ein menschliches Haar hat einen Durchmesser
von ca. 50 µm). Unter dem Mikroskop
können nun Spannungsrisse (mittels
polarisierten Lichts) sichtbar gemacht
werden. Strukturelle Fehler oder
Glasfaserverteilungen und Orientierungen werden hier ebenfalls visualisiert.
20 | Sulzer Technical Review 1/2011
Eine Vielzahl von gewünschten Bauteileigenschaften kann mittels zerstörender
mechanischer Bauteilprüfungen einfach
geprüft werden.
• Zug-und-Druck Prüfung: Produkte
werden an diesen Messgeräten mittels
Druck bzw. Zug beaufschlagt. Die
benötigte Kraft bis zum Bauteilversagen wird gemessen und analysiert.
Aussagen bezüglich Dehnung, Bruchstellenform und Berstwerten sind
wichtige Informationen für die Entwicklung (z.B. Auswahl neuer Werkstoffe), aber auch für die periodischen
In-Prozessprüfungen während der
Serienproduktion.
• Torsionsmessungen: Verdrehkräfte
sind oft subjektive Wahrnehmungen.
Ob ein Verschluss an einer Kartusche
schwer aufsetzbar ist oder eher leicht,
darf nicht von der Tagesverfassung
des jeweiligen Anwenders abhängig
sein. Es ist wichtig, reproduzierbare
Kräfte für die Montage durch den
Anwender sicherzustellen. Dazu wird
mittels Torsionsmessgeräts die Produktentwicklung als auch die Serienproduktion laufend überwacht.
Metrologie und Tribologie
Vor dem finalen Freigabeschritt zur
Serienproduktion ist die dimensionelle
Übereinstimmung der Kunststoffprodukte oder Werkzeuge mit der Zeich-
nungsvorgabe zu überprüfen. Dabei
kommt es darauf an, möglichst viele
Messpunkte der Geometrie erfassen und
analysieren zu können. Auch in diesem
Bereich sind die Anforderungen hinsichtlich dimensioneller Genauigkeit in den
vergangenen Jahren deutlich gestiegen.
Die Grundlage dafür ist die Verwendung
der Messgeräte in einem vollklimatisierten Messraum.
CNC-3D-Koordinatenmessgeräte: Um
mittels «berührender» Messung die
genauesten Messergebnisse zu erzielen,
setzen wir auf hochpräzises HighspeedScanning-Verfahren. Damit ist es möglich,
über die Vielpunktmessung selbst komplexeste Produkt- bzw. Werkzeuggeometrien zu erfassen. Die Messgenauigkeit
liegt hier unter 1 µm.
CNC-3D-Optisches Messgerät (mit
Fasertastertechnologie): Bei der CNC-3D
Koordinatenmesstechnik sind aufgrund
der Antastkräfte die zu messenden
Durchmesser bei 0,3 mm begrenzt. Alles,
was kleiner als 0,3 mm ist, wird auf
den Sulzer-Mixpac-CNC-3D-Optischen
Messgeräten erfasst. Auch hier liegt die
Messgenauigkeit im µm-Bereich.
Rauheits-, Welligkeits- und Profilmessung: Werkzeugoberflächen sind Entscheidend für die Oberflächengüte der
daraus hergestellten Kunststoffprodukte.
Es ist Sulzer Mixpac möglich, über hochgenaue Rauheitsmessungen diese Oberflächen zu messen und ggf. Korrekturen
frühzeitig einzuleiten.
CT-(Computer-Tomographie-)Auswertungen: Um ein vollständiges Bild der
gesamten Werkstückgeometrie zu erhalten, ist es z.B. in der Schadensanalyse
nötig, die Computer-Tomographie anzuwenden. Hier macht ein externer Partner
von Sulzer Mixpac die Erfassung mittels
CT, und im Sulzer Mixpac Labor wird
die Auswertung der erfassten Daten
durchgeführt.
Um die Abläufe aus Sicht der
«internen Kunden» einfacher zu gestalten,
TESTEN UND QUALITÄT
wurden Anfang 2011 alle Analysemethoden in einem Labor zusammengefasst.
Damit ist eine schnelle Auftragsabwicklung sichergestellt.
Applikationsengineering
Das Verständnis der Prozesse unserer
Kunden und der Endanwender ist
Voraussetzung für die stetige Weiterentwicklung unserer bestehenden Produkte
und für die Entstehung von neuen Produktideen. Wir haben uns zum Ziel
gesetzt, ein kompetenter Partner für
unsere Kunden zu sein und die gleiche
Sprache zu sprechen, wenn es um die
Verwendung unserer Produkte in den
verschiedensten Anwendungsbereichen
geht.
In der Abteilung Technology beschäftigen wir uns deshalb mit den Prozessen
unserer direkten Kunden wie dem Labelling, der Befüllung, der Lagerung, dem
Transport oder dem Recycling, aber auch
mit den typischen Anwendungsfeldern
der Endkunden; dazu gehören auch
Benchmarking- und Vergleichstests.
Dabei steht immer die funktionelle
Leistungsfähigkeit unserer Systeme
zusammen mit dem eingesetzten
Medium in einem konkreten Anwendungsfall im Vordergrund.
Die folgenden zwei Beispiele erläutern
dies. Eine Basisfunktion all unserer Kartuschen ist das Lagern und Austragen
von reaktiven Zweikomponentenmassen.
Die beiden Komponenten müssen aber
zunächst optimal in die Kartuschenzylinder abgefüllt werden 4. Dabei steht
die Wirtschaftlichkeit durch einfache
und schnelle Befüllung und das Kolbensetzen im Vordergrund, aber auch die
reproduzierbare, gleichbleibende und
luftfreie Abfüllung sind für den Erfolg
des Zweikomponentensystems bei der
Anwendung mitentscheidend.
Wir müssen deshalb die Füllprozesse
mit allen Raffinessen detailliert kennen,
um überhaupt die richtigen Produkte
entwickeln und unsere Kunden in
Fragen der Befüllung auch kompetent
beraten zu können. Wir haben deshalb
bei uns im Hause die Möglichkeit,
eigene Abfüllversuche mit Kundenmaterialen durchzuführen. Nebst der engen
Zusammenarbeit mit professionellen
Abfüllern erlaubt uns dies die unmittelbare und unabhängige Erarbeitung des
notwendigen Wissens.
Eine weitere typische Aufgabe ist der
Wissensaufbau für Protective-CoatingAnwendungen, wobei oft Sprayverfahren
zum Einsatz kommen. Dieses Marktseg-
4 Simultane Befüllung der beiden Zylinder einer Kartusche
über den Auslass.
5 Coating-Applikation aus einer Kartusche mit
Sulzer-Mixpac-Sprühmischer.
ment mit dieser speziellen Technologie
stellt einen komplett neuen Anwendungsbereich für Sulzer Mixpac 5 dar,
und für einen erfolgreichen Markteintritt
ist es wiederum entscheidend, dass
unsere Produkte den Anforderungen
und Eigenheiten dieses Marktes genügen.
Deshalb werden bei uns im Hause Sprayversuche durchgeführt, um unsere
Produkte mit verschiedenen Materialien
zu testen und das Gesamtsystem optimal
entwickeln zu können.
Die Zusammenarbeit zwischen den
Abteilungen QESH und Technology in
unseren Labors zur Erarbeitung des
Applikationswissens und der dazu
nötigen Prüfmethoden und Anlagen
trägt zum nachhaltigen Erfolg von
Sulzer Mixpac bei.
Dank neuester Analytik zum erfolgreichen Produkt
Sulzer Mixpac vereint Herstellungskompetenzen, Analytik und Messtechnik mit
dem zugehörigen Ingenieurswissen.
Unsere Kunden profitieren von unseren
hervorragenden Kenntnissen in der Prüftechnik und unseren F&E-Kompetenzen
in Werkstoffen. Sulzer Mixpac entwickelt
und analysiert anspruchsvolle Kunststoffprodukte zum Nutzen der Kunden.
Stephan Schatz
Sulzer Mixpac AG
Ruetistraße 7
9469 Haag
Schweiz
Telefon +41 81 772 20 20
[email protected]
Paul Jutzi
Sulzer Mixpac AG
Ruetistraße 7
9469 Haag
Schweiz
Telefon +41 81 772 21 50
[email protected]
Sulzer Technical Review 1/2011 | 21
TESTEN UND QUALITÄT
Zustandsabhängige Überwachung von Motoren und Generatoren
Vermeidung von langen
Ausfallzeiten
Sulzer Dowding & Mills nutzt eine Reihe von Überwachungsmethoden zur Beurteilung des Zustands von
Motoren und Generatoren, um Kunden vor langen Ausfallzeiten und Produktionseinbußen zu schützen.
E
ine der häufigsten Ausfallursachen
bei rotierenden elektrischen
Maschinen sind Lagerschäden.
Doch die Ausfallart mit den größten Auswirkungen im Hinblick auf Stillstandzeiten und Produktionseinbußen ist das
Versagen der Isolation an den Statorwicklungen. Dies gilt insbesondere für
Hochspannungsmaschinen. Da ein vorzeitiger Ausfall der Statorisolation zu
kostspieligen Zwangsstillständen führen
kann, ist die Verhinderung solcher
Ausfälle ein wichtiges Ziel. Daher
werden große Anstrengungen unternommen, um zuverlässige Verfahren zur
Beurteilung der Isolationsqualität zu entwickeln.
Sulzer Dowding & Mills nutzt verschiedene Zustandsüberwachungsmethoden, Teilentladungsanalysen, Phasen-
1 Hochauflösendes
Beschleunigung (G-s)
Niederfrequenzspektrum mit vier
Oberschwingungen
der Drehzahl.
0.20
0.15
0.10
0.05
0
20
40
60
80
100
120
100
120
Frequenz (Hz)
2 Vergrößerte
0.05
Beschleunigung (G-s)
Ansicht der
1-X-Rotationsdaten.
0.04
0.03
0.02
0.01
0
20
40
60
80
Frequenz (Hz)
22 | Sulzer Technical Review 1/2011
3 Foto des anhand der Vibrationsdaten in Bild 1 und 2 identifizierten beschädigten Rotors.
stromanalysen, die Bestimmung des
Isolationswiderstands und des Polarisationsindex (PI), Tan-Delta-Analysen und
vor allem eine genaue Sichtprüfung, um
den Zustand der Wicklungsisolation
und des Lagersystems von elektrischen
Maschinen zu beurteilen. Mithilfe von
Vibrationsanalysen wird der Zustand
der Lager und rotierenden Teile der
Maschine bestimmt, während Wärmebildkameras eingesetzt werden, um Veränderungen in der Wärmeentwicklung
aufgrund von Lagerproblemen, mangelhaften elektrischen Verbindungen, asymmetrischer Phasenbelastung usw. zu
identifizieren.
Zu den Parametern, die routinemäßig
entweder periodisch oder online überwacht werden, gehören Vibration, Temperatur, Teilentladung und zum Teil die
Wellenspannung. Diese Daten werden
zusammen mit Betriebsdaten wie Last,
Betriebsstunden, Umgebungs- und
Umweltbedingungen, Systemstörungen
usw. zur Beurteilung des Zustands der
gesamten Maschine verwendet.
Analyse mechanischer Vibrationen
Die Analyse der gemessenen mechanischen Vibrationen ist eine hervorragende
Methode zur Bestimmung des aktuellen
Zustands einer Maschine. Selbst wenn
die Vibrationen nicht sehr groß sind,
liefern sie einen Hinweis auf den
Zustand der Maschine, da sie die dynamischen Kräfte widerspiegeln, die im
Betrieb auf die rotierenden Teile wirken.
Damit ist die Analyse gut zur frühzeitigen
Erkennung von Unregelmäßigkeiten und
Störungen geeignet.
Starke Vibrationen können nicht nur
zur Überhitzung und schließlich zum
Ausfall der Lager führen, sondern auch
Schäden an der Wicklungsisolation im
4333
eine Beschädigung der Käfigläuferwicklung mit mehreren defekten Rotorstäben.
Die Vibrationsanalyse hat sich auch
bei der Erkennung von Lagerschäden in
Verbindung mit umrichtergespeisten
Antrieben als erfolgreich erwiesen.
Frequenzumrichter können bekanntermaßen zur Riffelbildung in Wälzlagern
durch Funkenerosion (Electrical Discharge
Machining, EDM) beitragen, wenn die
Rotorwelle nicht richtig geerdet ist.
Diese Art von Schaden wurde von Sulzer
Dowding & Mills bei mehreren Kundenanlagen festgestellt.
Das folgende Beispiel behandelt einen
vierpoligen Synchronmotor mit 262 kW
und 4160 V, der zum Antrieb eines
Förderbands in einer Aufbereitungsanlage im Kohletagebau eingesetzt wird.
Das Trendbild wies auf Schäden hin,
und die Intensität mehrerer hochfrequenter Spitzen veranlasste Sulzer
dazu, dem Kunden entsprechende
Korrekturmaßnahmen zu empfehlen 4 .
Die Lager 5 wurden ersetzt und der
Motor mit einer speziellen kommerziellen
Dichtung zur Ableitung der am Rotor
entstehenden Wirbelströme versehen.
Dadurch sollte ein erneutes Auftreten
dieser Ausfallart verhindert werden.
Fallbeispiel Gillette
Ein vierpoliger Synchronmotor, der zum
Antrieb eines 1,2 m breiten Förderbands
in einer Aufbereitungsanlage im Kohletagebau eingesetzt wird, wurde einer
Vibrationsanalyse unterzogen. Die Bilder
1 und 2 zeigen den Zusammenhang
zwischen den Vibrationsdaten und
dem tatsächlichen Schaden am Rotor des
750-kW-Synchronmotors. Die Amplitude
der Oberschwingungen und die Anzahl
der Seitenbänder bei der Rotorschlupffrequenz liefern einen Hinweis auf die
Schwere des Problems.
Die Differenzfrequenz der Seitenbänder weist einen Abstand von 0,670 Hz
auf. Daraus ergibt sich der Rotorschlupf
des vierpoligen Motors bei der im
Diagramm dargestellten Drehzahl. Die
Höhe der Seitenbänder in Verbindung
mit einem Anstieg der Schlupffrequenz
liefert einen Hinweis auf die Schwere
der Beschädigung an der Käfigläuferwicklung.
Bild 3 bestätigt den bei der Vibrationsanalyse identifizierten Fehlerzustand als
1.6
1.2
0.8
0.4
0
0
400
800
1200
1600
Tag
Beschleunigung (G-s)
Rotor und Stator verursachen. All diese
Zustände erfordern umfangreiche Reparaturen, für die die Maschine außer
Betrieb gesetzt werden muss. Moderne
Vibrationsüberwachungssysteme bieten
Datenbanken zur Überprüfung der
Vibrationsdaten, die dabei helfen,
mechanische Probleme und zukünftige
Wartungsanforderungen von rotierenden
Maschinen vorherzusagen. So können
die Inspektion erweitert und die für die
Wartung erforderliche Ausfallzeit minimiert werden.
Vibrations- bzw. Wegsensoren werden
an oder möglichst in der Nähe der Lager
auf der Antriebs- und Belüftungsseite
der Maschine installiert. Die Vibrationsmessungen werden radial an zwei 90°
voneinander entfernt liegenden Punkten
auf jeder Seite und axial am Antriebsende
aufgezeichnet. Die Sensorsignale können
als Schwingungsverlauf ausgegeben oder
durch schnelle Fouriertransformationen
verarbeitet und als Frequenzspektrum
zur detaillierten Analyse dargestellt
werden. Durch Analyse der Trendaufzeichnung können Zustandsveränderungen identifiziert und Ausfälle vorhergesagt werden.
PK (in/s)
TESTEN UND QUALITÄT
1.6
1.2
0.8
0.4
0
0
10
5
0
–5
–10
–15
0
1000
0.5
2000
3000
4000
Frequenz (Hz)
1.0
1.5
2.0
2.5
3.0
5000
3.5
4.0
Umdrehungsdrehzahl
4 Trendbild, Frequenzspektrum und Schwingungsverlauf bei einem
Förderband-Antriebsmotor.
lationssystems im laufenden Betrieb
widerspiegelt. Online-Prüfungen liefern
genauere und zuverlässigere Diagnosedaten hinsichtlich des Isolationszustands
im laufenden Betrieb. Systeme zur
Online-Überwachung der Teilentladung
sind in der Lage, TE-Aktivitäten zu
erkennen, wobei ein deutlicher Anstieg
dieser Aktivität auf eine mögliche Degradation der Isolation hindeutet, was bei
großen Maschinen mit mehr als 5000 V
in Laufe der Zeit zum Ausfall der Isolation führen kann.
Messprinzip
TE-Analyse und weitere Prüfungen
Wird bei Online-Prüfungen eine Teilentladungsaktivität (TE-Aktivität) erkannt,
möchten die Betreiber der Maschine
normalerweise durch Sichtprüfung
und/oder weitere Offline-Tests sicherstellen, ob wirklich ein Problem vorliegt,
bevor sie die Maschine außer Betrieb
setzen. Zu den traditionellen OfflineTests gehören die Messung des Gleichstromisolationswiderstands, die Bestimmung des Polarisationsindex, die Überprüfung des Verlustfaktors (Tan-DeltaMessung), Offline-Teilentladungsprüfungen sowie eine genaue Sichtprüfung.
Alle diese Prüfungen sind wohlbekannt
und werden seit vielen Jahren eingesetzt.
Der Nachteil von Offline-Isolationsprüfungen ist, dass die Maschine für diese
Zeit ausfällt, was in manchen Fällen
mehrere Tage dauern kann. Hinzu
kommt, dass die Wicklungsisolation bei
Offline-Prüfungen nicht den Belastungen
des normalen Betriebs ausgesetzt ist und
daher nicht den realen Zustand des Iso-
Bei einer Teilentladungsaktivität in rotierenden Maschinen kommt es unter
hoher elektrischer Beanspruchung zum
physikalischen Zusammenbruch eines
Gases (normalerweise Luft) in einem
Hohlraum, einer Spalte oder in der Nähe
einer festen Isolierung innerhalb eines
Isolationssystems. Diese Entladung kann
zu einer chemischen und thermischen
Degradation der Materialien in der Nähe
der Entladung führen. Bei fortwährender
TE-Aktivität bilden sich aus den Epoxidharzbindemitteln und anderen Stoffen
hochleitfähige Materialien. Die in den
Isolierstoffen enthaltenen Kohlenstoff5 Foto des anhand
der Vibrationsdaten
in Bild 4 erkannten
Lagerschadens.
Sulzer Technical Review 1/2011 | 23
TESTEN UND QUALITÄT
3
1
2
4
5
1 Rogowski-Spulen
2 Lokaler Anschlusskasten
6
7
8
3 StatorMONITOR-Signal-
aufbereitungseinheit
4
Signalkabel (max. 30 m)
5
Laptop mit Datenerfassungskarte
6
StatorMONITOR-Analysesoftware
7 Signalkabel
8 RS232-Filter-Steuerkabel (seriell)
6 Typische Anordnung für eine Teilentladungsprüfung mit dem StatorMONITOR®-System.
atome werden zu freien Molekülen, die
sich verbinden und Kohlenstoffbahnen
bilden. Setzt sich die TE-Aktivität weiter
fort, führt dies zu permanenten Schäden
an der Isolation und schließlich zum
vollständigen Zusammenbruch bzw.
Versagen des Isolationssystems.
Beim Zusammenbruch des Gases
entsteht ein elektrischer Funke, der ein
hochfrequentes Signal erzeugt, das
mithilfe verschiedener Methoden, z.B.
durch einen direkt gekoppelten Kondensator oder indirekt über eine RogowskiSpule, einen Hochfrequenzempfänger,
einen Widerstandstemperatursensor usw.,
überwacht werden kann. Das Online-TEMesssystem StatorMONITOR® wurde
von Sulzer Dowding & Mills zur Überwachung, Diagnose und Evaluierung
des Zustands der Isolationen von Statorwicklungen in Hochspannungsmotoren
und -generatoren entwickelt. Aufgabe
des Systems ist es, Isolationsprobleme in
einem frühen Stadium zu erkennen,
wenn entsprechende Abhilfemaßnahmen
im Hinblick auf die Verhinderung von
ungeplanten Ausfallzeiten und die damit
verbundenen finanziellen Auswirkungen
den größten Nutzen bringen würden.
7 Bei einem der Motoren zeigten sich
Anzeichen für eine Entladung zwischen den
Phasen (rote und gelbe Phasen) und eine
Nutentladung – am deutlichsten zu erkennen
in der blauen Phase.
Entladung zwischen den Phasen
Modulation durch Nutentladung
(Spulenbewegung in der Nut)
24 | Sulzer Technical Review 1/2011
Das von Sulzer Dowding & Mills entwickelte StatorMONITOR-System verwendet Rogowski-Spulen als TE-Detektoren. Die Daten werden online von drei
Phasen gleichzeitig erfasst, was eine
Unterscheidung zwischen TE-Aktivitäten
in der Hauptisolation (für jede Phase),
zwischen den Phasen und in den Wicklungsköpfen ermöglicht. Das System
quantisiert und zeichnet die grundlegenden Entladungsparameter jedes einzelnen
TE-Impulses wie die Stärke, die Polarität
und die Phasenlage des Impulses in
Relation zur Netzfrequenz auf.
Daraufhin werden Mustererkennungsalgorithmen angewandt, um die Art und
Schwere möglicher Probleme zu identifizieren. Regelmäßige, bekannte Interferenzen, wie sie z.B. durch Stromrichter
oder Erregersysteme für Generatoren
hervorgerufen werden und die die
Genauigkeit der Analyse beeinträchtigen
könnten, können ebenfalls erkannt und
beseitigt werden. Die Trending-Funktionen des Systems ermöglichen die Identifizierung von sich entwickelnden potenziellen Problemen oder Degradationsprozessen innerhalb der Isolation. Die
Hauptaufgabe des Systems ist die Erkennung von Entladungsaktivitäten, die für
das Isolationssystem und benachbarte
Komponenten schädlich sein können.
Fallbeispiel Teileinladung in rotierenden Hochspannungsmaschinen
Drei identische zweipolige Maschinen
mit den unten genannten Spezifikationen
wurden mithilfe des StatorMONITORSystems einer Teilentladungsprüfung
unterzogen.
• Motorleistung: 4 MW
• Spannung:
11 kV
• Ausführung: Synchronmotor
• Einsatzort:
Offshore-Ölplattform
Eine typische Prüfanordnung ist in Bild
6 dargestellt.
Zwei der drei vor Ort geprüften
Maschinen wiesen eine normale, geringe
Entladungsaktivität auf. An einem Motor
einer Maschine wurde jedoch ein Wert
von 90 000 Picocoulomb (pC) gemessen,
was auf eine Entladung zwischen den
Phasen (rote und gelbe Phasen in 7)
schließen ließ. Ferner war eine deutliche
Modulation im Entladungsmuster erkennbar (blaue Phase in 7), die auf eine
8 Durch Entladungsaktivität entstandene weiße Ablagerungen an
den Wickelköpfen.
Nutentladung hindeutet, wie sie normalerweise durch Bewegung der Spulen
in den Nuten hervorgerufen wird.
Eine Bewegung der Spulen ist für
gewöhnlich auf lose Verschlusskeile
zurückzuführen.
Dem Kunden wurde empfohlen, den
Motor außer Betrieb zu setzen und zu
überholen. Der Ersatzmotor sollte drei
Monate später während einer planmäßigen Stilllegung installiert werden. Dies
verzögerte sich um einige Monate, und
kurz vor der Stilllegung kam es bei
diesem Motor zu einem Wicklungsausfall.
Bei näherer Untersuchung der Wicklung
nach dem Ausbau zeigte sich, dass
sich die Wicklungsbefestigung gelöst
hatte, was wiederum zum Reiben eines
Phasenkabels und zu einer Entladung
führte, bis es zum Ausfall zwischen
dieser und einer anderen Phase im
Wickelkopf kam.
8 zeigt die weißen Pulverablagerungen im Wickelkopf als Folge der Entladungsaktivität. Weitere Untersuchungen
ergaben, dass sich etwa 10 % der Nutenkeile gelöst hatten, was möglicherweise
ebenfalls auf das Befestigungsproblem
zurückzuführen ist.
Schlussfolgerungen
Die Online-Überwachung mit Vibrationsanalyse und Teilentladungsmessung
ermöglicht die Erkennung von Ausfallmechanismen innerhalb der Maschine,
bevor es zum Ausfall kommt. So können
rechtzeitig entsprechende Abhilfemaßnahmen getroffen werden, um die
Betriebsfähigkeit der Maschine wiederherzustellen, was wiederum dabei
hilft, ihre Lebensdauer zu verlängern
und katastrophale Ausfälle und unplanmäßige Stillstände zu verhindern.
John Allen
Sulzer Dowding & Mills Ltd.
Camp Hill, Bordesley
Birmingham, B12 0JJ
Großbritannien
Telefon +44 121 766 6161
[email protected]
SULZER-INNOVATION
Die perfekte Lösung für korrosive Medien
Der neue Sulzer-KnitMesh-XCOAT™-Tropfenabscheider kombiniert
die chemische Beständigkeit von Fluorpolymeren mit der Festigkeit
und Formbeständigkeit von Metalllegierungen. Damit eröffnet der
Sulzer-KnitMesh-XCOAT-Tropfenabscheider eine neue Dimension im
Umgang mit starken Säuren.
In zahlreichen Anwendungen müssen
Flüssigkeitstropfen effizient aus einem
Gasstrom abgeschieden werden, damit
in nachfolgenden Prozessen keine
Probleme oder Schäden auftreten.
Handelt es sich bei der Anwendung um
einen Prozess mit korrosiven Stoffen,
dann werden an die zu verwendenden
Werkstoffe besondere Anforderungen
betreffend Widerstandfähigkeit gestellt.
Geeignete Werkstoffe zeichnen sich
durch hohe Korrosionsbeständigkeit bei
unterschiedlichsten Betriebbedingungen
aus und zeigen in der Folge eine lange
Einsatzdauer.
Prozess zur Schwefelsäureherstellung
Schwefelsäure ist eine chemische Verbindung des Schwefels mit der Formel
H2SO4. Sie ist eine farblose, ölige, sehr
viskose und hygroskopische Flüssigkeit,
welche eine der stärksten Säuren ist und
stark ätzend wirkt. Schwefelsäure ist
eine der wichtigsten Chemikalien überhaupt und zählt zu den meistproduzierten chemischen Grundstoffen.
Schwefelsäure wird aus Schwefeldioxid (SO2) hergestellt, welches zu
Der neue Sulzer-KnitMesh-XCOAT-Tropfenabscheider.
Schwefeltrioxid (SO3) oxidiert wird.
Dieses setzt man mit Wasser in konzentrierter Schwefelsäure zu Schwefelsäure
um.
Trocknungskolonne in der
Schwefelsäureherstellung
Der Gasstrom zu und aus dem Reaktionsprozess wird durch direkten Kontakt
mit konzentrierter Schwefelsäure getrocknet, um Korrosion durch feuchtes
SO2- bzw. SO3-Gas sowie Kondensation
von Säure bei Anlagenstillständen zu
verhindern, damit der Katalysator nicht
zerstört wird.
Um Korrosion zu vermeiden, werden
die Kolonnen entweder aus speziellen
hochlegierten Stählen gefertigt oder mit
säure- und hitzebeständigem Mauerwerk
ausgekleidet.
Tropfenabscheider in der
Trocknungskolonne
Im Kopf der Trocknungskolonne wird
ein Tropfenabscheider installiert, damit
keine Flüssigkeitstropfen in den nachfolgenden Prozess mitgerissen werden.
Gestrickabscheider von Sulzer Chemtech
sind unter dem Markennamen «Knit
Mesh» erhältlich. Ein KnitMesh-Tropfenabscheider wird aus Drähten oder
Fasern gestrickt.
Die Stärken des KnitMesh-XCOATTropfenabscheiders
Gestrickabscheider in Schwefelsäuretrocknungskolonnen erfordern hochwertige Werkstoffe. Dies betrifft im
Besonderen die dünnen Drähte des
Gestricks, um Korrosion zu vermindern.
Es werden auf Korrosion durch Schwefelsäure optimierte Speziallegierungen ein-
4334
Nahaufnahme XCOAT: Dünner Metalldraht,
ummantelt mit 100 % reinem PTFE
(Polytetrafluorethylen).
gesetzt. Alternativ finden Kunststofffasern in einigen Fällen auch in Kombination mit Metalldrähten Anwendung.
Die obigen Metalllegierungen verhindern Korrosion jedoch nicht völlig,
weshalb trotz allem die Lebensdauer
limitiert bleibt. Gestrickabscheider aus
den obigen Fluorpolymeren zeigen zwar
eine hervorragende chemische Beständigkeit, neigen aber bei höheren Temperaturen zum Schrumpfen, so daß
Bypässe im Gestrick entstehen.
Mit dem Sulzer-KnitMesh-XCOATTropfenabscheider wird nun erstmals
ein Material eingesetzt, welches in
idealer Weise die Festigkeit und Formbeständigkeit eines Metalldrahtes mit
der chemischen Beständigkeit von Fluorpolymeren kombiniert. Ein dünner
Metalldraht, ummantelt mit 100 % reinem
PTFE (Polytetrafluorethylen), dem wohl
besten chemikalien- und temperaturbeständigen Kunststoffmaterial, zeigt in
heißen korrosiven Medien eine längere
Lebensdauer als Drähte aus speziellen
Legierungen oder Fasern aus Fluorpolymeren. Damit eröffnet der SulzerKnitMesh-XCOAT-Tropfenabscheider
eine neue Dimension im Umgang mit
starken Säuren.
Der Sulzer-KnitMesh-XCOAT-Tropfenabscheider steht ab sofort exklusiv und
nur bei Sulzer Chemtech für unsere
Kunden bereit.
Daniel Egger
Für weitere Auskünfte:
Rohit N. Joshi
Sulzer Chemtech India, Pune
Telefon +91 2137 304740
[email protected]
Sulzer Technical Review 1/2011 | 25
PANORAMA
Druck reduzieren –
Effizienz steigern
In vielen industriellen Prozessen müssen unter hohem Druck stehende Flüssigkeiten
gedrosselt werden, um den Anforderungen der nachfolgenden Prozessschritte zu genügen.
Typischerweise werden herkömmliche Druckminderventile eingesetzt, um die hydraulische
Energie abzuführen, wobei diese zwangsläufig verloren geht. Mithilfe sogenannter
Hydraulic Power Recovery Turbines (HPRTs) kann der überschüssige Druck in mechanische
Rotationsenergie umgewandelt und somit die Gesamteffizienz des Prozesses erhöht werden.
Sulzer Pumps besitzt langjährige Erfahrung im Einsatz von rückwärtsbetriebenen Pumpen
als wirtschaftliche Lösung zur Energierückgewinnung.
Generell sind Pumpen ein Mittel zum
Flüssigkeitstransport, die mechanische
Energie in hydraulische Energie umwandeln, indem sie den Druck erhöhen.
Muss der Druck aufgrund der Prozessanforderungen reduziert werden, kann
eine rückwärtslaufende Pumpe eingesetzt
werden, um die sonst verlorene Energie
aufzunehmen. Dabei wird die hydraulische Energie in mechanische Energie
umgewandelt, die dann zum Antrieb
eines Generators oder zur Unterstützung
anderer rotierender Maschinen eingesetzt
werden kann.
Mithilfe einer HPRT können bis zu
85% der sonst in einem Drosselventil
verlorenen Energie zurückgewonnen
werden. Werden modifizierte Standardpumpen als HPRTs eingesetzt, sind die
Investitionskosten im Vergleich zu herkömmlichen Turbinen niedrig. Schon bei
einer relativ geringen Druckminderung
kann sich eine Energierückgewinnung
lohnen.
Nahezu jede Kreiselpumpe kann als
Turbine betrieben werden. Dabei strömt
die Flüssigkeit in die entgegengesetzte
26 | Sulzer Technical Review 1/2011
Richtung, d.h., der Druckflansch der
Pumpe wird zum Eintritt der HPRT, und
der Saugflansch wird zum Austritt. Bei
größeren HPRTs wird das Innere des
Pumpengehäuses modifiziert, um eine
gleichmäßige Zuströmung zum Laufrad
zu gewährleisten.
Energierückgewinnung
Herkömmliche hydraulische Turbinen
können axial, halbaxial oder radial und
ein- und mehrstufig ausgeführt sein.
Welche Art von Pumpe für eine bestimmte Anwendung eingesetzt wird, hängt
von der Fallhöhe, dem Durchfluss und
der Drehzahl ab. Diese drei Parameter
bestimmen die spezifische Drehzahl einer
hydraulischen Maschine. Die spezifische
Drehzahl ist ein charakteristischer Wert
jeder Pumpe bzw. Turbine, der mit zunehmendem Durchfluss und abnehmender
Förder- bzw. Fallhöhe steigt. Axiale Laufräder mit einer hohen spezifischen
Drehzahl werden bei geringer Fallhöhe
und hohem Durchfluss – z.B. in Laufwasserkraftwerken 1 – eingesetzt.
Bei größeren Fallhöhen kommen ein-
oder mehrstufige Radial- bzw. Halbaxialturbinen zum Einsatz. Bei sehr geringem
Durchfluss und großer Fallhöhe ist eine
Freistrahl- oder Pelton-Turbine häufig die
geeignete Lösung. Die Leistungsabgabe
einer Maschine zur hydraulischen Energiegewinnung wird bestimmt vom
Durchfluss und von der Fallhöhe. In
Wasserkraftwerken werden Reaktionsturbinen für Nennleistungen zwischen
500 kW und etwa 700 MW eingesetzt.
In einigen industriellen Anwendungen
wie Umkehrosmoseanlagen, Erdölraffinerien, Düngemittelanlagen und Gasbehandlungsanlagen werden für bestimmte Prozesse hohe Drücke benötigt.
Aminwäscher werden häufig verwendet,
um Erdgas von CO2 und H2S zu befreien.
Der Wäscher arbeitet dabei mit Pipelinedruck. Anschließend wird der Druck
reduziert, um verschiedene weitere Komponenten aus dem Prozessstrom zu entfernen. Die Senkung des Drucks erfolgt
normalerweise durch Drosseleinrichtungen (Ventile, Blenden usw.). Mithilfe einstufiger HPRTs kann diese Energie
zurückgewonnen werden. Bei Hydro-
4335
PANORAMA
desulfurierungsanlagen in Raffinerien
können aufgrund des notwendigen
hohen Druckabfalls mehrstufige HPRTs
erforderlich sein.
Know-how für das richtige Layout
Soll eine Pumpe als Turbine eingesetzt
werden, ist es wichtig, die Unterschiede
im Leistungsvermögen der Maschine
bei umgekehrter Fließ- und Drehrichtung
zu kennen. Bei gleicher Drehgeschwindigkeit und gleichem Laufraddurchmesser gelten folgende allgemeine
Unterschiede 2:
• Der Wirkungsgrad am Bestpunkt der
Turbine entspricht ungefähr dem der
Pumpe bzw. kann je nach Größe der
Maschine etwas höher liegen.
• Die Wirkungsgradkurve bei Überlast
fällt im Turbinenbetrieb langsamer ab
als im Pumpenbetrieb, da die Verluste
mit einer hohen Leistung verbunden
sind.
• Der Wirkungsgrad-Bestpunkt der
Turbine liegt bei einem höheren Durchfluss und einer größeren Fallhöhe, d.h.,
die Leistung ist im Turbinenbetrieb
höher als im Pumpbetrieb.
• In den meisten Fällen ist die Wellenleistung am Bestpunkt der Turbine
etwas höher als am entsprechenden
Punkt der Pumpe.
• Die Kavitationsanfälligkeit ist im
Turbinenbetrieb geringer als im Pumpbetrieb, da sich die Niederdruckzone
im Turbinenbetrieb am Laufradaustritt
befindet.
Sulzer hat bereits mehrere Hundert
HPRTs in verschiedenen Ausführungen
bereitgestellt 3 und Methoden zur
Berechnung der Leistungsfähigkeit von
HPRTs auf der Basis der Pumpendaten
entwickelt. Werden jedoch exakte Daten
benötigt, ist ein Test der HPRT unabdingbar. Turbinentests erfordern eine
umfangreiche Ausrüstung und kosten
daher deutlich mehr als ein Pumpentest 4 .
Um den entsprechenden Durchfluss
und hohen Eintrittsdruck zu gewährleisten, ist eine Druckerhöhungspumpe mit
ausreichender Leistung erforderlich. Die
Ausgangsleistung der HPRT muss mit
einem kalibrierten Generator, Drehmomentmesser oder Dynamometer
gemessen werden. Aus den Messungen
0
1
Pumpe
Turbine
Zu erwartender Bereich
2
2
HT
HT / HP
1
HP
0
1
ηT
η T / ηP
ηP
0
PT
PT / PP
1
PP
0
-0.5
0
QPop:
QTop:
2
QT / QP
2 Kennlinien eines Pumpenlaufrads im Pump- und
Turbinenbetrieb (n = konstant, D = konstant). Der
Wirkungsgrad-Bestpunkt der Turbine liegt bei einer
größeren Fallhöhe und einem höheren Durchfluss.
von Leistung, Durchfluss und Druck wird
dann der Turbinenwirkungsgrad errechnet. Zur Verhinderung von Kavitation
am HPRT-Austritt muss der Gegendruck
am Austritt kontrolliert werden.
1 Große Wasserturbinen können Nennleistungen von 700 MW oder mehr erreichen. Bei viel niedrigeren Nennleistungen stellen herkömmliche,
als Turbinen betriebene Pumpen eine wirtschaftliche Lösung zur Druckminderung in industriellen Prozessen dar.
© Andrey Shchekalev | Dreamstime.com
Sulzer Technical Review 1/2011 | 27
PANORAMA
3 In vielen Fällen wird eine einstufige HPRT eingesetzt, um die Energie des Prozessstroms aufzunehmen und eine
mehrstufige Pumpe anzutreiben.
Betrachtung des Gesamtsystems
Die Bestimmung der Durchgangsdrehzahl ist eine wesentliche Voraussetzung
für den Rückwärtsbetrieb der Pumpe.
«Durchgehen» ist der Betrieb bei maximaler Drehzahl ohne Last. Dieser außergewöhnliche Fall tritt ein, wenn die Netzverbindung des Generators aufgrund
eines Stromausfalls oder eines Blitzschlags verloren geht. Dies kann in Bruchteilen von Sekunden passieren und muss
bei der Auslegung eines hydraulischen
Systems berücksichtigt werden. Die
Durchgangsdrehzahl einer Radialmaschine kann je nach spezifischer Drehzahl
und Bemessungsbedingungen zwischen
140% und 200% ihrer Nenndrehzahl
betragen.
4 Typische HPRT-Prüfanordnung in einem geschlossenen Kreislauf.
Elektroenergieversorgung
Vakuumpumpe
Druckluftversorgung
Abluft
Motor
Verdrängungsbehälter
P
Förderdruck
Saugdruck
Ablauf
Druckerhöhungspumpe
Saugventil
Fluidtemperatur
Drosselventil
Turbineneintrittsdruck
Pl
Pl
Turbine
Durchflussmesser
(Venturi oder
magnetisch-induktiv)
Messung
der elektr.
Leistung
Generator
Stromnetz
28 | Sulzer Technical Review 1/2011
Rückschlagventil
Betrieb mit zweiphasigen Prozessströmen
Besondere Vorsicht ist beim Anfahren
einer HPRT geboten. Treibt die HPRT
einen Generator an, wird die Turbine
normalerweise auf etwa ihre Betriebsdrehzahl beschleunigt. Nähert sich die
Drehzahl der Synchrondrehzahl, wird der
Generator ans Netz geschaltet, wodurch
eine Last entsteht. Ohne Last könnte die
HPRT schnell überdrehen.
5 Anordnung der HPRT-Ausrüstung:
Der Generatorbetrieb mit reduzierter
Drehzahl kann diesen vor Schäden durch
Überdrehen aufgrund eines plötzlichen
Netzausfalls schützen.
Pumpe
HPRT
Motor
Kupplung
Pl
Zulauf
Untersetzung
Messung
der elektr.
Leistung
Dies sollte beim Generatorbetrieb und
bei der Wahl der unter transienten Bedingungen arbeitenden Abschalteinrichtung berücksichtigt werden. Wird die
HPRT zum Antrieb eines Generators
verwendet, kann es sinnvoll sein, ein
Untersetzungsgetriebe zwischenzuschalten und den Generator mit vier- oder
sechspoligen Drehzahlen (1500 U/min
oder 1000 U/min bei 50 Hz Netzfrequenz
bzw. 1800 U/min oder 1200 U/min bei
60 Hz Netzfrequenz) zu betreiben, wobei
der Rotor des Generators mechanisch für
zweipolige Drehzahlen (3000 U/min bei
50 Hz bzw. 3600 U/min bei 60 Hz) ausgelegt sein sollte.
Wasserkraftturbinen verfügen über Einrichtungen zur Steuerung des Durchflusses, z.B. in Form von Leitschaufeln, die
dabei helfen, hohe Druckspitzen unter
transienten Bedingungen zu vermeiden.
In HPRT-Prozessanwendungen ist der
Turbinen-Bypass stets leicht geöffnet und
wird schnell angepasst, um die Regelung
des Flüssigkeitsstands im Eintrittsbehälter zu ermöglichen, wenn das Turbineneinlassventil abschaltet.
Die Prozesssteuerung spielt eine
wichtige Rolle beim Einsatz von HPRTs.
Wird der Druck im Austrittsbehälter um
20% gesenkt, nimmt die Fallhöhe über
der Turbine zu, und die Turbine erzeugt
20% mehr Leistung als bei Nenndurchfluss und -fallhöhe. Aus diesem Grund
ist es häufig ratsam, die Drehmomentkapazität der Turbinenwelle überzudimensionieren, um verschiedene Systemstörungen bei der Druckregelung zu
berücksichtigen.
Meist müssen Prozesse angefahren
werden, bevor die HPRT in Betrieb
genommen werden kann. Häufig wird
eine vollwertige Pumpe mit Motorantrieb
verwendet, um den Prozess zu starten,
während im normalen Betrieb ein paralleles System aus HPRT, Kupplung, Motor
und Pumpe zum Einsatz kommt 5 6.
Bei Prozessen, in denen Gas oder
Dampf im Prozessstrom mitgeführt wird
(Erdgasbehandlung, Düngemittelherstellung, Hydrodesulfurierung usw.), verwandelt sich ein geringer Volumenanteil
von Gas auf der Hochdruckseite in ein
messbares Volumen auf der Niederdruckseite. Dieses Gasvolumen am Austritt
kann Einfluss auf die Größe der HPRT
haben.
Der hohe Gasanteil am Austritt stellt
kein Problem dar, wenn die Welle robust
ist, das Laufrad aus kavitationsbeständigem Material gefertigt ist und die Verschleißteile zur Reduzierung von Kontaktschäden gehärtet sind. Gasblasen in der
Sperrkammer führen jedoch mit Sicherheit zu Schäden an den mechanischen
Dichtungen. Daher werden für HPRTs
in Prozessanwendungen Doppeldichtungen gemäß API-Plan 53 oder 54 empfohlen, um sicherzustellen, dass die mechanischen Dichtungen in einem kontrollierten flüssigen Zustand arbeiten.
Generator
HPRT
PANORAMA
Stripper
Aminwäscher
Süßgasstrom
Flüssigkeitsstandregler
Bypass
Pumpe
Motor
Kupplung
Sauergas
HPRT
Gasarmer Aminstrom
Anfahrpumpe
Anfahrmotor
6 Einige HPRT-Einheiten sind so lang, dass die Grundplatte an einer Kopplung geteilt ist,
um den Transport, das Heben und die Installation zu erleichtern.
Aufbau: HT- MSD – Kupplung – Motor (fehlt) – MSD-Pumpe.
7 Durch den Einsatz einer HPRT in einer Gaswaschanlage können
über 2 MW zurückgewonnen werden.
Anwendung in der Kohlenwasserstoffverarbeitung
zung des 870-kW-Motors genutzt, der
die Druckerhöhungspumpe antreibt.
Eine als Turbine laufende Pumpe ist
schwierig zu regulieren. Je nach Druckabfall und Anwendung kann ein HPRTDurchfluss von 80–90% des effektiven
Durchsatzes erreicht werden. Die übrigen
10–20% werden über ein Bypass-Ventil
entspannt und zur Regelung des
Flüssigkeitsstands im Eintrittsbehälter
zur HPRT genutzt.
Beim Hochfahren der Anlage kann die
Turbine keine Arbeit verrichten, sondern
verbraucht möglicherweise Energie. Ist
der Motor zum Anfahren erforderlich,
verhindert eine Überholkupplung, dass
der Motor in dieser Phase zusätzliche
Energie an die Turbine abgeben muss.
Sobald die hydraulische Energie am
Eintritt zur HPRT ausreicht, läuft die
Turbine auf die Motordrehzahl hoch. Nun
sorgt die Überholkupplung dafür, dass
die HPRT nicht schneller laufen kann
und ihre hydraulische Energie an den
Antriebsstrang abgibt.
Ein großes brasilianisches Ölunternehmen setzt anstelle von Drosselventilen
Pumpen als Turbinen ein, um Energie
zurückzugewinnen.
In einem Fall muss eine mit Gas
beladene Flüssigkeit in einem Waschturm
entspannt werden. In Zusammenarbeit
mit den Ingenieuren des Ölunternehmens
erarbeitete sich Sulzer ein umfassendes
Verständnis des mehrphasigen Prozessstroms. Dieses Wissen bildete die Grundlage für die Konstruktion des Laufrads
und Rotors der HPRT. Die Erfahrung
von Sulzer Pumps in der Konstruktion
von HPRTs half dabei, eine Lösung für
diese anspruchsvollen Bedingungen zu
finden.
Zwischen dem Eintritt und Austritt
einer Turbine fällt der Druck in sehr
kurzer Zeit ab. Gas, das bei hohem Druck
in der Flüssigkeit gelöst ist, diffundiert
aus der Flüssigkeit und bildet Gasblasen.
Das Ergebnis ist ein zweiphasiger Prozessstrom. Erforderlich ist eine Druckminderung von 74,8 bar (1080 psi) auf
14,8 bar (210 psi). Eine fünfstufige HPRT
mit einer Blindstufe wurde gewählt, um
die zukünftige Installation einer weiteren
Stufe für geringere Durchflussmengen
zu ermöglichen 7. Die von der Entspannung zurückgewonnene kontinuierliche
Leistung von 258 kW wird zur Unterstüt-
8 Gasanlage: MSD-Pumpe – Motor – Kupplung – HST-Turbine.
Kurze Amortisationszeiten
In vielen industriellen Prozessen können
Hydraulic Power Recovery Turbines
(HPRT) 8 erhebliche Einsparungen mit
einer kurzen Amortisationszeit ermöglichen. Dabei ist eine Rückgewinnung von
über 1,5 MW nicht ungewöhnlich. Bei
sorgfältiger Beachtung der Prozessbedingungen und der HPRT-Regelung ist ein
zuverlässiger, nutzbringender Betrieb
über viele Jahre hinweg möglich.
Ron Adams
Sulzer Pumps
800 Koomey Road
Brookshire, TX, 77423
USA
Telefon +1 281 934 6029
[email protected]
John Parker
Sulzer Pumps
800 Koomey Road
Brookshire, TX, 77423
USA
Telefon +1 281 934 6011
[email protected]
Sulzer Technical Review 1/2011 | 29
PANORAMA
Eine neue Methode zur Charakterisierung von beliebigen Verteilungen
Für eine realistische Beurteilung einer beliebigen Verteilung müssen sowohl die Schwankungsbreite der beschreibenden Größe als auch ihre räumliche Verteilung berücksichtigt werden.
Aus diesem Grund wurde eine neue Kennzahl (CoD – Verteilungskoeffizient) definiert, die beide
Attribute der Verteilung bzw. der Mischung berücksichtigt. Erste Tests mit künstlichen und durch
numerische Strömungsberechnungen ermittelten Tracerverteilungen lieferten vielversprechende
Ergebnisse. Die neue Kennzahl stellt eine wirksame Methode zur realistischen Beurteilung
von beliebigen Verteilungen dar und kann dabei helfen, die Möglichkeiten bei der Konstruktion
und Entwicklung von Produkten zu verbessern. Darüber hinaus erweitert die neue Kennzahl CoD
die Möglichkeiten zur genauen Definition von Kundenanforderungen.
Das Mischen von Komponenten gehört
zu den ältesten Grundoperationen in der
mechanischen Verfahrenstechnik. Großtechnisch stellen Mischprozesse – besonders bei Flüssigkeiten und insbesondere
bei hohen Viskositäten, eine große
Herausforderung dar. Da der zum
Mischen erforderliche Aufwand mit der
zu erzielenden Homogenität steigt, ist
die Charakterisierung des Mischzustands
von besonderem Interesse.
Die Beurteilung der Homogenität bzw.
des Vermischungsgrads erfolgt für
gewöhnlich mithilfe von Kennzahlen
auf Basis statistischer Methoden. Ein eingeführter und allgemein anerkannter
Wert ist der Variationskoeffizient CoV
(Coefficient of Variation), der das Verhältnis
zwischen der Standardabweichung und
dem Erwartungswert beschreibt.
Da der CoV-Wert eine gemittelte
Größe über eine Region (Fläche oder
Raum) ist, die keine räumliche Verteilung
berücksichtigt, kann die ausschließliche
Quantifizierung von Vermischungen mithilfe des CoV zu einer geringen Aussagefähigkeit oder zu Fehldeutungen
führen. Mischungen, die sich nur in der
räumlichen Verteilung der beschreibenden Größen unterscheiden, ergeben denselben CoV-Wert, obwohl ihre Eigenschaften offensichtlich unterschiedlich
sind 1. Bei chemischen Reaktionen
können unterschiedliche Mischzustände
zu großen Unterschieden in Ausbeute
und Zusammensetzung führen.
1 Zwei Mischungen mit unterschiedlichen räumlichen Verteilungen,
aber nahezu identischen CoV-Werten.
Die zwei Mechanismen des Mischens
Innerhalb einer Mischung gibt es zwei
Mechanismen, die die Qualität der
Mischung verbessern können: das distributive Mischen und den diffusiven Ausgleich von Unterschieden innerhalb
eines Konzentrationsfelds. Beim Letzteren handelt es sich um einen spontanen,
selbstständigen Prozess, der keine zusätzliche Energie erfordert.
Das Ergebnis des diffusiven Transports
lässt sich direkt über den CoV-Wert
messen. Ebenso wichtig wie der diffusive
Ausgleich ist das distributive Mischen,
der zweite Mechanismus, der bei
Mischvorgängen eine Rolle spielt. Es ist
eine Voraussetzung für ein wirksames
Mischen, da es die Kontaktfläche
zwischen Regionen mit höherer und
niedrigerer Konzentration vergrößert.
Da sich der diffusive Transport proportional zu dieser Kontaktfläche und dem
Konzentrationsgefälle verhält, hat eine
größere räumliche Verteilung nicht nur
eine direkte positive Auswirkung auf die
Qualität der Mischung, sondern sollte
sich auch positiv auf den Wert der
Mischqualität auswirken.
CoV für die Diffusion – f für die
Verteilung
Das Ziel ist es, eine Methode zur Beurteilung beider Mischmechanismen – des
diffusiven Transports und des distribu-
30 | Sulzer Technical Review 1/2011
4336
PANORAMA
tiven Mischens – zu entwickeln. Dazu
werden mehrere Verteilungen eines
künstlichen Markierungsstoffes (Tracer)
analysiert. Bild 2 zeigt neun verschiedene
Mischsituationen, die sich in der Durchmischung und der räumlichen Verteilung
unterscheiden. In vertikaler Richtung
sinkt der CoV-Wert von oben nach unten,
da die Durchmischung durch einen
Ausgleich der Werte (zur Simulation
eines diffusen Transportmechanismus)
zunimmt. In diesen Fällen bleibt die
räumliche Verteilung konstant. In horizontaler Richtung hingegen bleibt der
CoV-Wert konstant, aber die Längenskala,
auf der Segregation auftritt, nimmt ab,
d.h., die räumliche Verteilung des Tracers
nimmt in horizontaler Richtung zu (zur
Simulation eines distributiven Mischprozesses).
Wie bereits erwähnt, lässt sich der diffusive Ausgleich mithilfe des Variationskoeffizienten CoV quantifizieren. Auf
die künstlichen Verteilungen in 2 angewandt, entspricht die Durchmischung in
der ersten Reihe einem CoV-Wert von
100%, in der zweiten Reihe von 60% und
in der dritten Reihe von 20%. Diese
Werte sind unabhängig von der räumlichen Verteilung.
Die Größe der farbigen Quadrate beschreibt bei diesem Beispiel die Längenskala, auf der die Schwankungen auftreten. Je kleiner die einzelnen Quadrate
sind, desto besser ist die Verteilung. Ein
gutes Maß für die Größe dieser Quadrate
ist die Länge der Kontaktlinie zwischen
Regionen unterschiedlicher Konzentration. In der Realität ist diese Kontaktlinie
(bzw. Kontaktfläche) ebenfalls von besonderem Interesse, da der diffusive und
dispersive Ausgleich stark davon
abhängt. Die Länge der Kontaktlinie
lässt sich als dimensionslose Größe ausdrücken, indem sie auf eine charakteristische Längenskala wie z.B. den hydraulischen Durchmesser bezogen wird. Auf
die verschiedenen Verteilungen in 2
angewandt, ist diese dimensionslose
Zahl f gleich 2 (= 16/8) für die rechte
Spalte, 6 (= 48/8) für die mittlere Spalte
und 14 (= 112/8) für die linke Spalte
(8 ist die [Referenz-]Breite jeder einzelnen
Verteilung). Diese Werte sind unabhängig
vom Vermischungsgrad bzw. dem CoV.
CoD für den Vergleich von
Verteilungen unterschiedlicher
Schwankungsbreite und -verteilung
Hier stehen zwei Kennzahlen zur Verfügung, die verschiedene Aspekte einer
skalaren Verteilung charakterisieren:
der allgemein verwendete CoV-Wert
zur Beschreibung der Größe der
Schwankungen und der Wert f zur Beschreibung der räumlichen Verteilung
dieser Schwankungen. Die Kombination
beider Werte führt intuitiv zur Definition
des Verteilungskoeffizienten CoD (Coefficient of Distribution), des Quotienten
aus dem CoV und dem Wert f, und
ermöglicht den Vergleich von Verteilungen unterschiedlicher Schwankungsbreite
und -verteilung (diagonale Richtung in
Bild 2 ). Der Wert des Verteilungskoeffizienten CoD (der diffusive und distributive Mischeffekte kombiniert) reicht in
Bild 2 von 50% für den schlechtesten
Mischzustand (oben rechts) bis etwa 1%
für den besten Mischzustand (unten
links).
Im Gegensatz zu künstlichen Systemen
wie in diesem Beispiel ist bei realen
Systemen die Länge der Kontaktlinie
nicht ohne Weiteres feststellbar. Eine
Lösung bietet die Maßtheorie. Es ist
bekannt, dass bei einem vollständig segregierten System die Integration über die
Norm des Gradienten eines normalisierten Wertes genau die Länge der Kontakt-
2 Darstellungen von unterschiedlichen künstlichen Speziesverteilungen. Von oben nach unten
nimmt die Durchmischung und von rechts nach links die räumliche Verteilung zu.
CoV 100.0 (%)
f
14.0 (–)
CoD
7.1 (%)
CoV 100.0 (%)
f
6.0 (–)
CoD 16.7 (%)
CoV 100.0 (%)
f
2.0 (–)
CoD 50.0 (%)
CoV
f
CoD
60.0 (%)
14.0 (–)
4.3 (%)
CoV
f
CoD
60.0 (%)
6.0 (–)
10.0 (%)
CoV
f
CoD
60.0 (%)
2.0 (–)
30.0 (%)
CoV
f
CoD
20.0 (%)
14.0 (–)
1.4 (%)
CoV
f
CoD
20.0 (%)
6.0 (–)
3.3 (%)
CoV
f
CoD
20.0 (%)
2.0 (–)
10.0 (%)
Sulzer Technical Review 1/2011 | 31
PANORAMA
Formel
Skalare Größe
Vektorielle Größe
Mittelwert
Standardabweichung
Variationskoeffizient CoV
Norm des Gradienten
Längenskala
Verteilungskoeffizient CoD
3 Formeln zur Berechnung des neuen Kennwerts CoV
zur Charakterisierung einer Mischung.
linie (zwischen dem Wert 0 und dem
Wert 1) ergibt. Auf reale Systeme angewandt, werden die Verteilungen mittels
Division durch 2 s dimensionslos
gemacht und skaliert. Die charakteristische Längenskala ergibt sich aus dem
Verhältnis des Querschnitts zum hydraulischen Durchmesser. Die grundlegenden
Formeln hierzu sind in 3 aufgeführt.
Eine Einschränkung für die Berechnung der Länge der Kontaktlinie tritt bei
Systemen mit einem massiv, zunehmenden diffusiven Ausgleich auf. In diesem
Fall verliert sie an Bedeutung, doch da
die erreichten Werte kleiner werden,
ergibt sich ein konservativer CoD-Wert.
Anwendung auf industriell
relevante Fälle
Die Anwendbarkeit der hier entwickelten
Theorie wird anhand von Ergebnissen
numerischer Strömungsberechnungen
geprüft. Bild 4 zeigt Tracerverteilungen
von Mischprozessen mit Contour™Mischern verschiedener Ausführung
(von Sulzer Chemtech). Die anfängliche
Verteilung des Tracers war in beiden
Fällen die gleiche: ein vollständig segregiertes System mit einer Tracerkonzentration von eins in der linken Hälfte des
Kanals und von null in der rechten
Hälfte (Bild 1 links). Bild 4 (rechts oben
und unten) zeigt die Verteilungen auf
einem Querschnitt des Mischkanals in
einem gewissem Abstand hinter den
Mischern. Obwohl der CoV-Wert in
beiden Fällen nahezu identisch ist (70%),
würde man die Durchmischung im
unteren Bild intuitiv als besser bezeichnen. Berücksichtigt man jedoch die
Länge der Kontaktlinie, unterscheidet
sich die Qualität der beiden Verteilungen
um den Faktor drei.
Das Konzept zur Beurteilung von Vermischungen durch eine Beurteilung der
Schwankungsbreite einer beschreibenden
Größe sowie deren räumlicher Verteilung
ist nicht auf skalare Verteilungen wie
Konzentrations- oder Temperaturfelder
beschränkt, sondern kann auch auf vektorielle Verteilungen wie Geschwindigkeitsfelder angewandt werden.
Die neue Kennzahl, der Verteilungskoeffizient CoD, stellt eine wirksame
Methode zur realistischen Beurteilung
von beliebigen Verteilungen dar, die
dabei helfen kann, die Möglichkeiten
bei der Konstruktion und Entwicklung
von Produkten zu verbessern. Darüber
hinaus erweitert die neue Kennzahl
CoD die Möglichkeiten zur genaueren
Definition von Kundenanforderungen.
4 In der Vergangenheit wurden verschiedene Designs des Sulzer-Chemtech-Contour™-Mischers, eines statischen
Mischers für hochturbulente Gasströmungen (links), getestet. Rechts sind die Tracerverteilungen für zwei Ausführungen
dargestellt. In beiden Fällen wurde von der gleichen Anfangsverteilung – rot links und blau rechts – ausgegangen.
Carsten Stemich
Sulzer Markets and Technology AG
Sulzer Innotec
Sulzer-Allee 25
8404 Winterthur
Schweiz
Telefon +41 52 262 21 96
[email protected]
32 | Sulzer Technical Review 1/2011
SULZER WELTWEIT
Willkommen bei Sulzer Pumps in Suzhou
Sulzer verstärkt seine Präsenz in China durch die Eröffnung
einer neuen, hochmodernen Fabrik für Spezialpumpen für
die Öl- und Gasindustrie und für die Energieerzeugung.
Im Jahr 2010 investierte Sulzer rund
30 Millionen Schweizer Franken in den
Bau einer neuen Fabrik in Suzhou,
China. Damit baut das Unternehmen
sein globales Fertigungsnetzwerk weiter
aus und bringt seine hochentwickelte
Pumpentechnologie nach China. Schwerpunkt der neuen, hochmodernen Fabrik
für Spezialpumpen ist die Deckung der
steigenden Nachfrage in der Öl- und
Gasindustrie und im Bereich der Energieerzeugung in China.
Suzhou liegt rund 100 Kilometer
westlich von Schanghai und ist eine der
lebhaftesten Industriestädte Chinas. Das
neue, im Alleinbesitz von Sulzer befindliche Werk wurde am 24. November 2010
in Anwesenheit von über 300 Kunden,
Regierungsvertretern und Mitarbeitern
offiziell eröffnet.
Umfangreiche Testmöglichkeiten
Als Teil des globalen Netzwerks von
Sulzer werden im Werk in Suzhou
auf einer Gesamtfläche von 23 000 m2
Spezialpumpen mithilfe von hochmodernen Werkzeugmaschinen gefertigt.
Durch die Anwendung von bewährten
Verfahrensweisen anderer Produktionsstandorte werden eine hohe operative
Leistungsfähigkeit, die Einhaltung der
hohen globalen Qualitätsstandards von
Außenansicht des hochmodernen Werks in Suzhou (China).
4337
Feier zur Eröffnung der Fabrik in Suzhou (China) im November 2010.
Sulzer und zuverlässige Lieferzeiten
sichergestellt.
Das Werk verfügt über umfangreiche
Testmöglichkeiten mit zwei geschlossenen Testkreisläufen, einem Testfeld für
Vertikalpumpen und einem Heißgasprüfstand. Frequenzumrichter ermöglichen ein sanftes Anlassen der Motoren
sowie die parallele Durchführung von
Testläufen an allen vier Testständen
mit einer Gesamtantriebsleistung von
15 MW. Die Anlage wurde unter Verwendung der modernsten Prüftechnologien
von Sulzer Pumps konzipiert.
Bei der Eröffnung des Werks lagen
dem Unternehmen bereits Aufträge in
Höhe von über 30 Millionen Schweizer
Franken vor. Die Engineering- und
Beschaffungsteams arbeiten bereits seit
einiger Zeit an mehreren Großaufträgen,
während die Produktion erst vor kurzem
begonnen hat. Der Prozess zur Zertifizierung nach ISO 9001 läuft, und die endgültige Zertifizierung wird im zweiten
Quartal 2011 erwartet.
Kontinuierlicher Ausbau
Die verschiedenen Divisionen von Sulzer
haben ihre gemeinsame Präsenz in
China in den letzten Jahren kontinuierlich ausgebaut und beschäftigen
mittlerweile über 1000 Mitarbeiter. Sulzer
verfügt über eine Reihe von Vertriebsund Servicestandorten sowie vier
große Produktionsstandorte in China:
in Schanghai für die Abscheidetechnik
von Sulzer Chemtech und für die Oberflächenbeschichtungstechnologie von
Sulzer Metco, in Dalian zur Herstellung
von Pumpen für die Kohlenwasserstoff
verarbeitende und die Zellstoff- und
Papierindustrie und nun auch in Suzhou.
China hat sich aufgrund des starken
Wachstums in den letzten zwei Jahrzehnten zu einem der Hauptmärkte für
Sulzer entwickelt und bietet weiterhin
hervorragende Wachstumschancen sowohl für den lokalen Markt als auch als
Fertigungsstandort für Lieferungen in
alle Welt.
Martin Tempus
Sulzer Technical Review 1/2011 | 33
INTERVIEW
John Allen: «Erweiterter Leistungsumfang für Sulzer-Kunden»
Mit der Akquisition von Dowding & Mills erweitert Sulzer
die technischen Kompetenzen und ergänzt die aktuellen
Aktivitäten von Sulzer Turbo Services um Reparatur- und
Wartungsdienste für Generatoren und Motoren. John Allen,
Technischer Direktor von Sulzer Dowding & Mills, sprach
mit uns über die Möglichkeiten, die sich unseren Kunden
durch diesen erweiterten Service bieten.
Wie hat sich Dowding & Mills im
Laufe der Jahre entwickelt?
Dowding & Mills wurde 1911 in Birmingham gegründet. Im Laufe der Jahre
wurde der Standort immer weiter vergrößert. Zurzeit umfasst das Gelände
eine Fläche von zwei Hektaren mit einer
Gebäudefläche von rund 12 000 m2.
Anfang der 1960er Jahre kam eine
zweite Niederlassung in London hinzu,
und 1965 verdoppelte sich die Zahl der
Niederlassungen mit dem Kauf von
Southampton und Nottingham. Ende der
1960er und in den 1970er Jahren wuchs
das Netz von Niederlassungen in Großbritannien kontinuierlich. In den 1980er
Jahren expandierte das Unternehmen
stark und übernahm elektromechanische
Reparaturniederlassungen, Hamilton &
Dickson (Australien), EMS (USA), Geha
(Niederlanden), AEW (Luxemburg),
EMS (Deutschland), Manning Marine
(GB) sowie Kalibrierungsfirmen in Großbritannien.
In den 1990er Jahren akquirierte das
Unternehmen Betriebe in der Elektronikund Servoreparatursparte, zusätzlich
Peebles Field Services und Verzahnungsbetriebe (R W Gear Banner). Zu Spitzenzeiten besaß Dowding & Mills etwa 40
Niederlassungen in Großbritannien, fünf
34 | Sulzer Technical Review 1/2011
in Europa, fünf in den USA und sechs in
Australien.
Zwischen 2000 und 2010 schrumpfte
das Netzwerk, wurde aber in den letzten
vier Jahren durch die Übernahme von
zwei kleinen Unternehmen in Großbritannien (in Middlesbrough und
Daventry) und die 50%ige Beteiligung an
einem Betrieb in Dubai wieder verstärkt.
walzwerk und der erstklassigen
Fertigungsanlage für Hochspannungsspulen sind wir in der Lage, hochwertige
Hochspannungsspulen für Neuwicklungen schneller herzustellen als irgendein
anderer Anbieter auf der Welt. Diese
Services werden ergänzt durch unsere
Auswuchtanlagen für hohe Drehzahlen
und Überdrehzahlen.
Warum sind die Serviceleistungen
von Dowding & Mills interessant für
Sulzer-Kunden?
Die Kernkompetenz von Dowding &
Mills liegt in der Neuwicklung von rotierenden elektrischen Maschinen. Damit
können Sulzer-Kunden ihre turbinengetriebenen Generatoren oder die Motoren
der Pumpen und Kompressoren nun
auch von Sulzer reparieren lassen.
Durch das elektromechanische Knowhow von Dowding & Mills steht den
Kunden von Sulzer ein erweiterter Leistungsumfang zur Verfügung, wenn ihre
Anlagen einmal ausfallen oder gewartet
werden müssen. Jetzt stehen entsprechende Kapazitäten betriebsintern zur
Verfügung, wo früher Arbeiten an Unterauftragnehmer vergeben werden mussten. Damit erstreckt sich die Qualitätsund Kundenservicekultur von Sulzer nun
von der mechanischen Ausrüstung bis
hin zu Elektromotoren und Generatoren.
Dowding & Mills ist seit jeher ein
serviceorientiertes Unternehmen gewesen, das ein hochwertiges Produkt mit
kurzen Reaktionszeiten und minimalen
Ausfallzeiten bietet. Mit unserem Kupfer-
Wie können die Kunden von
Dowding & Mills vom Zusammenschluss mit Sulzer profitieren?
Kunden von Dowding & Mills profitieren vom Know-how von Sulzer bei der
Reparatur der mechanischen Teile, welche die Motoren und Generatoren antreiben bzw. von ihnen angetrieben werden.
Mit anderen Worten, den Kunden von
Dowding & Mills steht nun ein einziger
Serviceanbieter für ihre Turbinen, Pumpen und Kompressoren zur Verfügung.
Außerdem profitieren sie von der kontinuierlichen Verbesserungskultur von
Sulzer in den Bereichen Personalentwicklung, Managementsysteme, Effizienz,
Qualität, Sicherheit und Umweltschutz,
die auch bei Dowding & Mills umgesetzt
wird.
Was sind die Kompetenzen der
Servicezentren weltweit?
Zurzeit haben wir 27 Niederlassungen
in Großbritannien, drei in den USA, fünf
in Australien und eine in Dubai.
Die Kompetenzen der Servicezentren
sind sehr unterschiedlich. Mehrere Niederlassungen bedienen Nischenmärkte
4338
und sind daher auf die Bedürfnisse
bestimmter Industriezweige und die
Betreuung lokaler Kunden spezialisiert.
Mehrere Niederlassungen sind global
tätig. Insbesondere die Niederlassung in
Birmingham wickelt Maschinen jeder
Größe überall auf der Welt, wo es sich
sicher arbeiten lässt. Repariert werden
Motoren und Generatoren bis einschließlich 16 500 V und 400 MW (allgemein luftgekühlt), von Turbogeneratoren bis hin
zu Wasserkraftgeneratoren mit Statorlängen von bis zu 7 m und Rotordurchmessern von bis zu 16 m. Wenn die
Maschinen für den Transport nach Großbritannien zu groß sind, werden sie vor
Ort neu gewickelt. Dies gilt auch für
Maschinen an Bord von Schiffen, die in
Betrieb sind.
Wie stellen Sie sicher, dass Sie die
Bedürfnisse Ihrer Kunden kennen?
Unser wichtigstes Instrument ist unser 80
Mitarbeiter umfassendes Vertriebsteam
und unsere Niederlassungsleiter, die
einen regelmäßigen persönlichen Kontakt zu ihren Hauptkunden pflegen. Dies
wird unterstützt durch den Kontakt
zwischen den Projektleitern und Kundenbetreuern und den Kunden.
Außerdem überprüfen wir die Bedürfnisse unserer Kunden im Rahmen von
Vertragsprüfungen und erfassen Rückmeldungen seitens der Kunden durch
unser Qualitätssicherungssystem. Um
die Bedürfnisse unserer Kunden noch
besser zu verstehen, führen wir zudem
regelmäßig Umfragen zur Kundenzufriedenheit durch.
Können Sie uns ein jüngeres Beispiel
geben?
2010 kam es bei einem britischen Kunden
zum Ausfall eines 12-MW-Gasverdichtermotors. Da die akute Gefahr bestand,
dass der Kunde nicht in der Lage sein
würde, vertraglich festgelegte Lieferbedingungen zu erfüllen, kam ein längerer
Ausfall nicht in Frage.
Eigentlich war eine Neuwicklung des
gesamten Stators erforderlich. Doch
durch eine vorübergehende Reparatur,
bei der die beschädigten Windungen und
einige gute Windungen zur Balance
herausgetrennt, eine Spleißreparatur an
einer Windung durchgeführt und die
Schäden am Kern repariert wurden,
konnte die Maschine mit einer reduzierten Leistung von 75 % (9 MW) wieder in
Betrieb genommen werden.
Bei der Reparatur wurde deutlich,
dass auch der Rotor neu gewickelt werden musste. Also wurde, als der Stator einige Monate später neu gewickelt wurde,
ein Ersatzrotor vorbereitet und montiert,
so dass der ursprüngliche Rotor neu gewickelt werden konnte. Allerdings ist die
Leistung mit dem Ersatzrotor auf 70%
begrenzt.
Sobald die Neuwicklung abgeschlossen ist, wird der ursprüngliche Rotor in
den neu gewickelten Stator montiert,
womit wieder 12 MW zur Verfügung
stehen. Die Maschine wird bis zur Anschaffung und Installation einer neuen
Maschine im Jahr 2012 in Betrieb bleiben.
Eine letzte Frage: Gibt es technologische Entwicklungen, mit denen
Sie sich verstärkt befassen?
Die Windenergie ist ein Bereich, in dem
wir verstärkt aktiv sind. Dies ist ein anspruchsvolles Gebiet, da die Maschinen
in relativ rauen Umgebungen arbeiten
und auf eine möglichst geringe Masse
ausgelegt sind.
Da die Zahl der Windenergieanlagen
in Großbritannien steigt, sehen wir hier
einen vielversprechenden Wachstumsbereich. Vor diesem Hintergrund sind
wir dabei, zur Steuerung von technischen Belangen einen eigenen Betriebsbereich aufzubauen.
Mit der fortschreitenden Erschließung
anderer erneuerbarer Energiequellen
müssen wir sicherstellen, dass wir in
der Lage sind, die Bedürfnisse dieser
Branchen zu erfüllen.
Interview: Gabriel Barroso
John Allen
John Allen ist diplomierter Elektroingenieur. Zunächst
arbeitete er 15 Jahre lang in der Konstruktion von
rotierenden Gleich- und Wechselstrommaschinen
bei einem britischen Hersteller, sieben Jahre davon als
Chefkonstrukteur. Danach wechselte er zu einem
Dieselstromerzeuger (S G Wilson), wo er zunächst
3 Jahre im technischen Vertrieb arbeitete, dann 6 Jahre
lang die Reparaturwerkstätten leitete und schließlich
16 Jahre lang als technischer Berater für Reparaturunternehmen fungierte. Seit 12 Jahren befasst er sich
mit der konstruktiven Verbesserung der Leistungsfähigkeit von Wasserkraftgeneratoren. Er vertritt
Großbritannien in verschiedenen technischen Komitees
der IEC und IECEx mit seinen besonderen Kenntnissen
in der Reparatur von Ausrüstungen für explosionsgefährdete Bereiche und der Kompetenz von Reparaturpersonal für Ex-Geräte.
Die Sulzer Technical Review (STR) ist die
Kundenzeitschrift des Sulzer-Konzerns;
sie erscheint periodisch in Deutsch
und Englisch sowie einmal jährlich in
Chinesisch. Die Artikel sind auch auf
www.sulzer.com/str verfügbar.
1/ 2011
93. Jahrgang der STR
ISSN 1660-9034
Herausgeber
Sulzer Management AG
Postfach
8401 Winterthur, Schweiz
Chefredaktor
Gabriel Barroso
[email protected]
Redaktionssekretariat
Laura Gasperi
[email protected]
Beirat
Mia Claselius
Ralf Gerdes
Thomas Gerlach
Hans-Michael Höhle
Sue Hudson
Hans-Walter Schläpfer
Heinz Schmid
Shaun West
Übersetzungen
Thore Speck, Flensburg (D)
Gestaltungskonzept
Partner & Partner AG, Winterthur
Gestaltung
Typografisches Atelier
Felix Muntwyler, Winterthur
Druck
Mattenbach AG, Winterthur
© März 2011
Der Nachdruck von Beiträgen und
Illustrationen ist nur mit Genehmigung
der Redaktion gestattet.
Die Sulzer Technical Review (STR) wurde
nach bestem Wissen und Gewissen der
Sulzer Management AG und der Autoren
zusammengestellt. Allerdings können
weder die Sulzer Management AG
noch die Autoren für die Qualität der
Informationen verantwortlich gemacht
werden, insbesondere wird jegliche
Gewährleistung für die Korrektheit
und die Vollständigkeit der publizierten
Informationen abgelehnt.
Auflage 16 000 Exemplare
Magno Satin 135 g/m2
aus nachhaltiger Forstwirtschaft.
For readers in the United States of America only
The Sulzer Technical Review is published periodically by
Sulzer Management Ltd., P.O. Box, 8401 Winterthur,
Switzerland. Periodicals postage paid at Folcroft, PA,
by US Mail Agent – La Poste, 700 Carpenters Crossing,
Folcroft PA 19032.
Postmaster: Please send address changes to Sulzer
Technical Review, P.O. Box 202, Folcroft PA 19032.
Eine effizientere
Oberfläche
Für die Entwicklung von effizienteren Motoren haben sich
Fahrzeugingenieure mit Sulzer zusammengeschlossen.
Seien wir ehrlich. Mit den steigenden Kraftstoffkosten und der Notwendigkeit, unsere Umwelt
zu schonen, brauchen wir effizientere Fahrzeuge. Als Fahrzeugingenieure uns aufforderten,
bessere Zylinderlaufflächen zu entwickeln, übernahmen wir bereitwillig diese Aufgabe.
Gemeinsam haben wir Beschichtungswerkstoffe und -verfahren entwickelt für die Herstellung
von Motoren, die weniger Kraftstoff und Öl verbrauchen, weniger Schadstoffe ausstoßen
und gegenüber Korrosion durch qualitativ schlechte Kraftstoffe resistent sind – alles ohne
Leistungseinbußen. Das Ergebnis? Hunderttausende Fahrzeuge sind nun mit dieser Technologie ausgerüstet und fahren mit geringerem Kraftstoffverbrauch und weniger Emissionen
auf unseren Straßen.
Gemeinsam können wir viel bewegen.
Für weitere Informationen:
Sulzer Metco AG (Schweiz)
Rigackerstraße 16
5610 Wohlen
Schweiz
Telefon +41 56 618 81 81
Fax
+41 56 618 81 00
[email protected]
www.sulzermetco.com

Documentos relacionados