Indikator für historische Waldnutzung in Mittelgebirgen?

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Indikator für historische Waldnutzung in Mittelgebirgen?
Podsol – Boden des Jahres 2007:
Indikator für historische Waldnutzung in Mittelgebirgen?
R. Dambeck, S. Müller & H. Stepien
Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt am Main
Einleitung
In einigen Mittelgebirgen (Eifel, Pfälzer Wald,
Spessart, Buntsandstein-Odenwald, Taunus) treten
enge Vergesellschaftungen von podsolierten
Braunerden und Podsolen auf. Der kleinräumige
Wechsel der Bodenformen über Distanzen von
wenigen Metern ist mit den gängigen Vorstellungen
zur Podsolgenese nicht zu erklären.
Unbestritten ist die Tatsache, dass durchlässige,
basenarme Substrate, eine schwer mineralisierbare
Streu liefernde Vegetation sowie klimatische
Bedingungen mit verhältnismäßig hohen Niederschlägen und geringen Jahresmitteltemperaturen
die Podsolierung begünstigen.
Entgegen der Lehrbuchmeinungen und der
jüngsten Veröffentlichungen zum Boden des Jahres
2007, sind die Poster-Autoren der Überzeugung,
dass Podsole in den Mittelgebirgen in der überwiegenden Zahl der Fälle quasinatürliche Bodenbildungen darstellen, deren Pedogenese auf eine
nicht angepasste historische Waldbewirtschaftung
und damit einhergehende Bodenerosion bzw.
Bodenumlagerungen zurückzuführen ist.
Institut für Physische Geographie
Braunerde-Podsol
Braunerde-Podsol
(Kleiner Feldberg/Taunus)
(Müllenborn/NW-Eifel)
Aeh
Ahe
Holozänlage
Ae
20cm
Aeh
Ahe
Holozänlage
Ae
IIBh
IIBsh
40cm
Hauptlage
IIBsv
IIBsv
Hauptlage
60cm
III Cv
Basislage
IIICv
Basislage
Braunerde-Podsol
(Elmstein/Pfälzer Wald)
Entstehung und Diskussion
Bodenvariabilität und Mächtigkeit holozäner Umlagerungen
im mittleren Buntsandstein bei Müllenborn/Eifel
Als ursächlich für die Entstehung holozäner Umlagerungen in heute
Braunerde-Podsol
(Müllenborn/Eifel)
bewaldeten Gebieten ist eine historische Waldnutzung anzunehmen.
Häufig weisen erhaltene Reliktformen unter Wald (z.B. fossile
Ackerraine, Lesesteinhaufen und -streifen, alte Meilerplatten) auf
einen Zusammenhang der Bodenumlagerungen mit ehemaliger
Waldbewirtschaftung hin (z.B. Hackwaldwirtschaft, Köhlerei, Pottaschegewinnung).
Auflichtungen bis hin zu weitgehenden Rodungen der Wälder
resultieren in lateralen Sedimentverlagerungen (z.B. durch Abspülprozesse) oder vertikalen in situ-Umlagerungen (z.B. durch Hacken).
Die Zerstörung der natürlichen Bodenstruktur durch Bearbeitung
begünstigt Ab- und Ausspülung feiner Bodenteilchen (Schluff/Ton)
auf zumeist ohnehin feinmaterialarmen Standorten. Damit ist vor allem
der Lösslehmanteil der Hauptlage, dessen Verwitterungsprodukte
den Großteil der Pufferkapazität gegenüber Säuren bilden (besonders
auf sonst groben, nährstoffarmen Substraten wie z.B. Sandstein),
von Erosion betroffen.
Der selektive Feinmaterialverlust bewirkt eine Sedimentvergröberung
im Sinne der Entstehung eines Residualschutts, was der Podsolierung
Vorschub leistet. Außerdem führt die Unterbrechung der Nährstoff-/
Basenpumpe durch Übernutzung (Waldweide, Streunutzung, Anbau
von Waldkorn) zu einer fortschreitenden Aushagerung der Standorte.
Die Überschreitung eines Schwellenwertes in der Sedimentzusammensetzung (S:U-Verhältnis) entscheidet offenbar über die
Weiterentwicklung zum Podsol oder den Fortbestand als pedogenetisch
ungegliedertes Kolluvium.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die fehlende
Nomenklatur für Holozänlagen zwar seit mehr als einem Jahrzehnt
diskutiert wird (vgl. VÖLKEL 1995), es aber keine Weiterentwicklung
gab, was wahrscheinlich auch in Zukunft zu Verwechslungen und
Fehlinterpretationen des Begriffs „Oberlage“ führt.
Geländebefunde
Im Unterschied zur Schichtung von Braunerden - i.d.R. Hauptlage
(LH) über Basislage (LB) - ist das Auftreten von Podsolen in
Mittelgebirgen häufig an das Vorkommen einer sandigen, holozänen
Schicht (S:U-Verhältnis >6 vgl. FRIED 1984) im Hangenden der LH
gebunden. Bsv-, Bvs- und/oder Bv-Horizonte belegen ein vorhergehendes Braunerdestadium der Podsole.
Sind die holozänen Ablagerungen feinmaterialreicher zusammengesetzt (S:U-Verhältnis <6; vgl. FRIED 1984), besitzen die Sedimente
kolluvialen Charakter, d.h. dann sind kolluvial überdeckte Braunerden
entwickelt.
Fehlt die holozäne Deckschicht, kommen Braunerden und podsolige Braunerden aus LH über LB vor.
Die Verbreitung dieser jüngsten Decke und ihre Zusammensetzung
steuern also den engen Wechsel der Bodenformen.
In Podsol-Profilen ist dabei regelhaft folgende Koinzidenz von
Schichten und Horizonten zu beobachten:
Eluvialhorizonte (A-): Holozänlage
Illuvialhorizonte (B-): Hauptlage
Untergrundhorizonte (C-): Basislage
Dr. Rainer Dambeck
Kolluvial überdeckter
Braunerde-Podsol
(Wahlen/Buntsandstein-Odenwald)
200m
Bodentypen
PP
Kartenausschnitt: TK25 5706 Gerolstein
Ausarbeitung: H. Stepien
Mächt igkeit
Holozänlage/Kolluvium
< 1,5dm
BB-PP
PP-BB
1,5 < 3dm
3 < 4,5dm
BB
4.5 < 6dm
SS-BB
YK
> 6dm
LH oberflächenbildend
Fazit
Die Entstehung von Podsolen in Mittelgebirgen ist
häufig eine Folge quasinatürlicher Sedimentumlagerungen in Verbindung mit historischer Waldnutzung.
Natürliche Faktoren (z.B. relativ hohe Niederschläge
und niedrige Umgebungstemperaturen, eingeschränktes
Bodenleben, Nadelwaldbewuchs und ungünstige
Humusformen) fördern die Podsolierung, sind aber
nicht zwingend die natürliche Ursache der Podsolierung.
Podsoltragende Standorte unter Laubwaldvorkommen,
die vermutlich nie mit Nadelwald bestockt waren (da
Koniferen in den Mittelgebirgen erst ab dem 18. Jahrhundert systematisch angepflanzt wurden), belegen,
das andere, substratbedingte Faktoren für die Podsolgenese ausschlaggebend sind.
Daher stellen Podsole pedogenetische Indikatoren
für historische Bodenübernutzung und irreversible
Landschaftsschäden dar.
Dank
Wir danken den Forstrevieren Königstein/Taunus,
Wahlen/Buntsandstein-Odenwald, Duppach-Roth/Eifel,
Elmstein und Johanniskreuz/Pfälzer Wald für die freundliche Unterstützung der Geländearbeiten sowie Stefanie
Bledow für die Mitarbeit bei der Postergestaltung.
Dipl.-Geogr. Susann Müller
fon: (069) 798 40161 - fax: (069) 798 40169 - e-mail: [email protected] / [email protected]
Professur für Bodenkunde, Institut für Physische Geographie, Altenhöferallee 1, D-60438 Frankfurt am Main