Verbot der Ablagerung auf Deponien - Deponie

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Verbot der Ablagerung auf Deponien - Deponie
GASTKOMMENTAR
Aus Erfahrungen lernen – Ein Rückblick nach vorn
Ministerialrat
Dr.-Ing. Heinz-Ulrich Bertram
Niedersächsisches Ministerium für Umwelt,
Energie und Klimaschutz, Hannover
A
m 1. Juni 2005 trat das Verbot der Ablagerung
von unbehandelten Abfällen auf Deponien in
Kraft. Die Umsetzung der damit verbundenen
Pflicht zur thermischen oder mechanisch-biologischen
Behandlung von biologisch abbaubaren Abfällen ist
auch mit dem Abstand von zehn Jahren ein Meilenstein
in der Entwicklung der Abfallwirtschaft.
Mit dieser in der Abfallablagerungsverordnung festgelegten Pflicht, die inzwischen in der Deponieverordnung verankert ist, endeten die teilweise erfolgreichen
Bemühungen von Deponiebetreibern, über Ausnahmegenehmigungen die bereits in der TA Siedlungsabfall
festgelegte Pflicht zur Abfallbehandlung zu umgehen.
Dies gab den Betreibern von Abfallbehandlungsanlagen
Rechtssicherheit für die erforderlichen Investitionen.
Durch die Vermeidung von Emissionen (Methangas,
organisch belastetes Sickerwasser) aus Abfällen, die
nach diesem Stichtag abgelagert wurden, konnte die
Umweltbelastung durch die Deponierung von Abfällen
deutlich reduziert werden.
In Anbetracht der ablehnenden Haltung von Anwohnern und Lokalpolitikern gegenüber der Errichtung von
Abfallentsorgungsanlagen überrascht dieser Erfolg.
Wählerstimmen werden häufig nicht durch die Befürwortung dieser Anlagen sondern durch deren Ablehnung gewonnen. So wurde nach dem Regierungswechsel in Niedersachsen im Jahr 1990 für die Entsorgung
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von Hausmüll festgelegt, dass „die Koalitionspartner unverzüglich alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen
werden, um auf die Verbrennung von Hausmüll zu verzichten. … Stattdessen wird auf die Deponierungsstrategie für den Restmüll zurückgegriffen.“
Es spricht für die Mitarbeiter der Abfallwirtschaftsverwaltung, dass sie diese aus Sicht der Umweltvorsorge
inakzeptable Strategie nicht buchstabengetreu umsetzten. Sie förderten vielmehr die getrennte Erfassung von
organischen Abfällen auch zur Entfrachtung des Rest­
abfalls – Niedersachsen liegt hier seit vielen Jahren an
der Spitze – und hatten maßgeblichen Anteil daran, dass
die mechanisch-biologische Abfallbehandlung umgesetzt wurde. Im Hinblick auf das Behandlungsergebnis
stellt dieses Verfahren zwar nur die „zweitbeste“ Lösung
dar. Dessen Verankerung in der Abfallablagerungsverordnung hat jedoch maßgeblichen Anteil an der erfolgreichen Umsetzung der flächendeckenden Restabfallbehandlung:
1. Die verantwortlichen Entscheidungsträger konnten
sich der Pflicht zur Restabfallbehandlung nicht mehr
dadurch entziehen, dass sie die Abfallverbrennung
aus politischen Gründen ablehnten. Ihnen standen
zwei unterschiedliche Behandlungsverfahren zur
Auswahl, zwischen denen sie sich entscheiden mussten. Dies erleichterte auch die Arbeit der Aufsichtsbehörden.
2. Einige Gebietskörperschaften hatten in den neunziger Jahren große Deponien errichtet. Nach Zuweisung durch die Aufsichtsbehörden mussten sie benachbarten Körperschaften aus deren Entsorgungsnotstand helfen. Bei einer thermischen Behandlung
ihres Restabfalls hätten ihnen nach dem 1. Juni 2005
Abfälle für die Verfüllung des verbliebenen Deponievolumens gefehlt. Mit der mechanisch-biologischen
Abfallbehandlung konnten sie die Investitionskosten
durch die Ablagerung der Behandlungsrückstände
langfristig refinanzieren.
3. Der Wettbewerb am Entsorgungsmarkt mit neuen
Anlagenbetreibern und neuen Verfahren führte bei
anwachsenden Behandlungskapazitäten in einer Zeit
mit hohen Verbrennungspreisen zu deutlichen Preissenkungen.
4. Die Verfahren der mechanischen sowie der aeroben
und anaeroben biologischen Abfallbehandlung wurden technisch weiterentwickelt. Dies kam den Anlagenherstellern und der Abfallwirtschaft zu Gute.
Diese Ergebnisse sind zwar plausibel. Sie waren jedoch
nicht strategisches Ziel bei der Einführung und Umsetzung der mechanisch-biologischen Abfallbehandlung.
Vorrangiges Ziel war es, die Ablagerung von unbehandelten Abfällen trotz des „Verbotes“ der Abfallverbrennung zu beenden. Zudem wurde so in kurzer Zeit Entsorgungssicherheit zu vertretbaren Kosten mit hohen
Umweltstandards bei den Verfahren der Abfallbehandlung und bei der Deponierung erreicht.
Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Dipl.-Pol. Bernhard Reiser auch bei deponie-stief.de veröffentlicht
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GASTKOMMENTAR
Das ausreichende Angebot führte zu niedrigen Entsorgungs­
kosten. Gebühren konnten gesenkt werden und auch die private
Wirtschaft profitierte von dieser Entwicklung. Diese stabilen Verhältnisse sollten nicht durch eine künstliche Verringerung von
Verbrennungskapazitäten aufs Spiel gesetzt werden. Deren Entwicklung sollte dem Wettbewerb überlassen und nicht durch staatliche Eingriffe beeinflusst werden. Den Preis zahlt am Ende der
Verbraucher. Daher überrascht es, dass sich Verbraucherschützer
und diejenigen, die in der Vergangenheit hohe Abfallentsorgungsgebühren beklagt haben, in dieser Debatte noch nicht ge­äußert
h
­ aben.
Der Markt wird bei den anstehenden Anlagenerneuerungen ohnehin reagieren. Produktionsanlagen werden bei fehlender Rentabilität geschlossen. Warum sollte dieses nicht auch für die Abfall­
entsorgung gelten? Außerdem ist für die mechanisch-biologische
Abfallbehandlung ausreichendes Deponievolumen erforderlich. In
Anbetracht der Schwierigkeiten bei der Errichtung neuer Deponien werden die Betreiber von MBA-Anlagen keine neuen Deponien
bauen, nur um diese Anlagen weiter betreiben zu können. Somit
müssen für diese Abfälle kurz- bis mittelfristig thermische Behandlungskapazitäten zur Verfügung stehen.
Vor diesem Hintergrund werden die Chronisten am 25. Jahrestag des Verbotes der Ablagerung von unbehandelten Restabfällen
feststellen, dass die mechanisch-biologische Restabfallbehandlung
in der Entwicklung der Abfallwirtschaft ein unverzichtbarer Trittstein auf dem Weg zu einer weitgehend flächendeckenden thermischen Abfallbehandlung war.
(Hinweis: Der Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder)
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Dr.-Ing. Heinz-Ulrich Bertram
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