42-47 Schwangerschaft

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42-47 Schwangerschaft
Gesundheit geht
durch den Bauch
«So vielfältig sind die Wunder der Schöpfung, dass diese
Schönheit nie enden wird», schreibt der Dichter Gayle High Pine.
Um einem der grössten Wunder, die es gibt, auf die Welt
zu helfen, bedarf es einer gesunden Ernährung.
Bruno Vonarburg erläutert, welche Nährstoffe das Kind
Text: Bruno Vonarburg
Foto: gettyimages
im Mutterleib braucht, um gesund heranzuwachsen.
Kein Getränk für
Schwangere:
Verveine-Tee kann
Wehen auslösen.
Naturheilkunde GESUNDHEIT
bwohl in westlichen Ländern
die meisten Kinder im Krankenhaus zur Welt kommen, ist
die Schwangerschaft ein ganz
natürlicher, physiologischer Vorgang.
Eine werdende Mutter ist keine Patientin
– auch wenn sie aufgrund der hormonellen Umstellung unter kurzzeitigen Beschwerden leiden sollte. Die natürliche
Gesundheit spielt in der Schwangerschaft
eine wesentliche Rolle: Die Mutter sollte
ihre Lebensweise in diesen 9 Monaten
ganz bewusst auf ihr Kind einstellen. Sie
sollte ihren bisherigen Tagesablauf überdenken und Rücksicht auf ihren Zustand
nehmen.
Schwangere brauchen viel Entspannung, Schlaf und Ruhepausen. Wichtig
ist auch die positive Lebensgestaltung,
denn jede Freude und jede Disharmonie
beeinflusst das Wohlbefinden des Ungeborenen. Mutter und Kind benötigen eine
harmonische Umgebung. Stress, streiterische Auseinandersetzungen und zermürbende Einwirkungen von Musik,
Fernsehen und Lektüre sollen vermieden
werden. Das gilt auch für Überbelastungen wie z. B. Leistungssport, lange Autofahrten, Flugreisen, Bergwanderungen
und das Heben und Tragen von schweren
Lasten. Schwangere sollten ganz bewusst
Dinge unternehmen, die ihnen Spass machen. Das dabei entstehende Glücksgefühl wird sich aufs Baby übertragen.
Ferner ist der Pflege der Gesundheit
besonderes Augenmerk zu schenken: Besonders wichtig sind eine gesunde, vollwertige Ernährung, viel Bewegung (z. B.
Schwangerschaftsgymnastik), wenn möglich auch an der frischen Luft (Waldspaziergänge, Schwimmen) sowie Entspannungsübungen mit Atemtechnik.
denrinde, Salbei, Wacholder, Rainfarn,
Poleiminze und Schwedenbitter. Auch
starke Dosierungen von Gewürzen wie
Ingwer, Kardamom, Gewürznelke, Oregano und Zimt sollten vermieden werden. Auch der Gebrauch von homöopathischen Medikamenten sollte mit einem
erfahrenen Homöopathen (Arzt oder
Heilpraktiker) abgesprochen werden.
Grösste Vorsicht ist im Umgang mit
Farben und Holzschutzmitteln geboten,
da sich diese schädigend auf das Ungeborene auswirken können. Auch der
Elektrosmog im häuslichen Bereich soll
vermieden und Telefonapparate, Fernseh- und Radiogeräte von Schlaf- und
Arbeitsstellen entfernt werden. Bernstein,
Rosenquarzkristalle und Netzfreischalter
schützen vor elektromagnetischen und
anderen schädlichen Strahlen. Ein Tabu
für schwangere Frauen ist auch der
Mikrowellenherd in der Küche.
O
Da viele Allopathika (schulmedizinische Medikamente) in der Schwangerschaft nur unter Vorbehalt eingesetzt
werden dürfen, kommt der Naturheilkunde – zum Beispiel pflanzlichen und
homöopathischen Mitteln – eine besondere Bedeutung zu. Allerdings ist auch
bei natürlichen Präparaten eine fachkundige Beratung wichtig, da manche Heilpflanzen bei Überdosierung oder unsachgemässem Gebrauch vorzeitige Wehen
auslösen können. Das gilt zum Beispiel
für Zubereitungen mit Verveine (Eisenkraut), Basilikum, Ingwer, Zimt, Campher, Japanischer Minze, Thuja, Wei-
Naturbelassene Nahrung
Für die Gesundheit von Mutter und Kind
sind ausgewogene, vollwertige und möglichst frisch zubereitete Nahrungsmittel
von grösster Bedeutung. Vor allem sollten
Gesundheitsquelle für Mutter und Kind:
biologisch gezogenes Obst und Gemüse
Der Gebrauch von Medikamenten ist
sorgfältig zu überprüfen. Chemische Arzneien dürfen während einer Schwangerschaft nur in Absprache mit dem Arzt
eingenommen werden. Selbst frei verkäufliche Schmerzmittel wie Aspirin (mit
Acetylsalizylsäure) können schädlich
wirken und bei häufigem Einsatz Herzprobleme beim Ungeborenen verursachen, im letzten Schwangerschaftsstadium die normale Wehentätigkeit verzögern oder zu einem hohen Blutverlust
während der Entbindung führen.
Fotos: Bruno Vonarburg
Vorsicht Medikamente
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GESUNDHEIT Naturheilkunde
biologische, unveredelte Nahrungsmittel
bevorzugt werden, um die Aufnahme
von Stoffen zu reduzieren, welche die
Gesundheit von Mutter und Kind schädigen können. So nimmt jeder Erwachsene
bei «normaler Ernährung» pro Jahr etwa
1 g Schwermetalle, bis 5 kg Lebensmittelzusatzstoffe (Konservierungsmittel, Emulgatoren, Stabilisatoren, Farb- und Aromastoffe) und bis zu 4,5 Liter Pflanzenschutzmittel (Pestizide, Herbizide, Insektizide) aus Gemüse, Obst und Früchten
auf.
Um den Gesundheitswert der täglichen Ernährung zu optimieren, kann sich
die werdende Mutter im Reformhaus
oder bei einer Ernährungsberaterin informieren. Vermieden werden sollte insbesondere der Konsum von zu vielen
Süssigkeiten und Weisszucker (Ersatz:
Honig, Birnendicksaft, Rohrzucker),
gepökeltem Fleisch wie Würsten und
Geräuchertem sowie die Reizstoffe aus
Kaffee, Schwarztee, Alkohol und CocaCola. Es ist inzwischen hinlänglich bekannt, dass auch das Rauchen dem ungeborenen Kind zusetzt; jeder Zug aus einer
Zigarette drosselt die Blutzufuhr in der
Nabelschnur, die Sauerstoffzufuhr vermindert sich, und der Fötus wird gestresst. Im Weiteren benötigt der Organismus einer Schwangeren viel Flüssigkeit:
Sie sollte mindestens 2 Liter täglich trinken, vorzugsweise Wasser, kohlensäurefreies Mineralwasser, Kräutertee, Obst-,
Gemüse- und Fruchtsäfte.
Der alte Spruch, eine werdende Mutter müsse für zwei essen, ist in den letzten
Jahren widerlegt worden. Die Ernährung
der Schwangeren ist kein Mengenproblem. Es kommt dabei in erster Linie auf
die Qualität der Lebensmittel und die
Ausgewogenheit der Nahrung an. Die
werdende Mutter sollte pro Tag etwa
2000 Kalorien zu sich nehmen. Im dritten
Abschnitt der Schwangerschaft erhöht
sich die Zufuhr um 200 Kalorien.
Grundsätzlich rechnet man innerhalb
der 9 Schwangerschaftsmonate mit einer
Gewichtszunahme von 11 bis 16 kg: In
den ersten 20 Schwangerschaftswochen
beträgt die Gewichtszunahme 3 bis 4 kg
und steigt danach mit jeder Woche um
etwa weitere 450 g. Fast die Hälfte des
Gewichts machen Fötus, Gebärmutter,
Nachgeburt und Fruchtwasser aus. Zusätzlich zum Anstieg von Gewebewasser
und Blutvolumen um 3 bis 4 kg legt die
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Mutter in der Regel 1 bis 3 kg Speicherfett
an, das sie während der Stillzeit als Energielieferant benötigt.
Die Bausteine der gesunden
Ernährung
Schwangere Frauen haben oft Vorlieben
für bestimmte Speisen oder werden von
spontanen Gelüsten überfallen. Diese
werden durch die hormonelle Umstellung des Körpers verursacht. Wer sich
grundsätzlich ausgewogen ernährt, darf
den Gelüsten ruhig ab und zu nachgeben.
Sie sollten aber nicht zur täglichen Gewohnheit werden. Den Essgelüsten kann
vorgebeugt werden, indem die Schwangere alle 3 bis 4 Stunden etwas isst und
auf diese Weise grösseren Blutzuckerschwankungen entgegenwirkt. Als Zwischenmahlzeiten eignen sich insbesondere Früchte, Gemüse, Milch, Joghurt,
Vollkornbrot und Magerquark. Das starke
Verlangen nach Schokolade ist oft ein
Hinweis auf einen Magnesiummangel. In
diesem Fall sorgt das Essen von 5 geschälten Mandeln mehrmals täglich für
Abhilfe.
Ausserordentlich wichtig für Mutter
und Kind ist die richtige Zusammensetzung der Nahrung. Während der Gesamtenergiebedarf nur mässig zunimmt, ist
der Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen in der Schwangerschaft zum Teil
doppelt so hoch, und zwar schon vom
ersten Tag an.
Eiweiss (Proteine) sind die Bausteine
von Zellen, Bindegewebe, Muskeln, Knochen und sämtlichen Organen. In den
ersten 3 Monaten benötigen Schwangere
nicht viel mehr Eiweiss, nach dem 4. Monat steigt der Bedarf jedoch deutlich an.
Gute Eiweisslieferanten sind biologische
Milch und Milchprodukte, Kartoffeln,
Hülsenfrüchte, Vollgetreide-Erzeugnisse,
Fisch und Fleisch. Es ist aber nicht notwendig, täglich Fleisch zu essen. Schwangere können ihren Eisenbedarf auch mit
Milch und Milchprodukten decken.
Damit sich die Knochen bilden können, benötigt das werdende Kind 1200
mg Kalzium pro Tag. Die besten Kalziumlieferanten sind Milch und Milchprodukte – zum Beispiel Käse, Joghurt und
Quark. Wer diese Nahrungsmittel nicht
besonders mag, kann den Kalziumbedarf
mit der Einnahme einer zermörserten
Eierschale in Apfelmus (1- bis 2-mal
wöchentlich) oder mit der täglichen Einnahme von 1 bis 2 Bioforce-UrticalzinTabletten decken. Wertvolle Kalziumlieferanten sind auch Broccoli, Fenchel,
Hülsenfrüchte, Vollkornbrot, Nüsse, Sesamsamen und kalziumreiches Mineralwasser.
Zur Sicherung einer guten Versorgung
mit Vitamin D aus Milch, Eigelb, Pflanzenöl und Fisch ist zusätzlich auf eine
regelmässige körperliche Aktivität im
Tageslicht, noch besser im Sonnenschein
zu achten.
In der Schwangerschaft erhöht ist
auch der Bedarf an Natrium, der Hauptbestandteil von Kochsalz. Entgegen der
landläufigen Meinung müssen schwangere Frauen den Kochsalzkonsum aber
weder einschränken noch erhöhen.
Ebenso ist der Bedarf an Eisen
während der Schwangerschaft erhöht. Er
verdoppelt sich auf 30 mg pro Tag. Obwohl der Organismus der Schwangeren
die Eisenaufnahme aus der täglichen
Nahrung um ein Mehrfaches steigert,
kann der Bluteisengehalt bzw. Hämoglobinspiegel im Laufe der Schwangerschaft
etwas absinken, weshalb der tägliche
Speiseplan mit natürlichen Eisenlieferanten angereichert werden muss: zum Bei-
Beruhigt die hormonelle Umstellung:
Zitronenmelisse
pro Tag. Reich an Folsäure sind folgende
Nahrungsmittel: frische, saisonale Gemüse und Früchte, Blattsalate, Getreidekleie, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte
und Eigelb.
Fotos: Bruno Vonarburg
Macht Nahrungsergänzung
Sinn?
spiel mit Vollkorngetreide, Hülsenfrüchten, Fisch, Holundersaft, Himbeeren,
Schwarzen Johannisbeeren, Nüssen,
Mandeln, Sonnenblumen- und Kürbiskernen. Die Aufnahme von pflanzlichem
Eisen aus der Nahrung kann zusätzlich
verbessert werden, indem man nach den
Mahlzeiten Vitamin C aufnimmt, z. B. in
Form eines Glases Orangensaft. So genannte Eisenräuber wie Schwarztee, Kaffee, Spinat, Rhabarber und Cola sind zu
meiden.
In der Schwangerschaft steigt der tägliche Bedarf an Magnesium von 280 mg
auf 350 mg. Die Extraportion Magnesium
verhindert frühzeitige Wehen. Besonders
magnesiumreiche Nahrungsmittel sind
Samen und Nüsse, Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide, Vollkornprodukte, Gemüse
und Obst.
Auch Folsäure, ein Vitamin der BGruppe, ist für die Gesundheit von Mutter
und Kind von grösster Bedeutung – unter
anderem für die Blutbildung und zur Verhinderung des «Neuralrohrdefekts» bei
Neugeborenen (Spina bifida oder «offener
Rücken»), weshalb Ärzte schwangeren
Frauen oft zusätzliche Folsäure verabreichen. In der Schwangerschaft steigt der
Bedarf an Folsäure von 180 mg auf 400 mg
Schwangere haben einen Mehrbedarf an
praktisch allen Vitaminen, Mineralstoffen
und Spurenelementen. Da diese Vitalstoffe in der heutigen Nahrung oftmals
reduziert sind, unter anderem aufgrund
ausgelaugter Böden, langer Lagerungszeiten und industrieller Verarbeitung,
empfiehlt sich die tägliche Einnahme
von Nahrungsergänzungsmitteln. Hierzu
empfiehlt sich beispielsweise der Gerstengrassaft «Barleygreen» von Pador
Altnau (erhältlich in Apotheken und
Drogerien). Es handelt sich dabei um ein
komplexes biologisches Gefüge aus Hunderten von vitalen Bestandteilen: Chlorophyll, Enzymen, Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen. Der Gerstensaft enthält 30x mehr B-Vitamine als
Milch und zusätzlich das Vitamin B12,
ausserdem 6x mehr Vitamin C als Äpfel
(330 mg pro 100 g) und 7x mehr Provitamin A als Spinat. Dieser natürliche
Vitalstoffcocktail beugt einem allfälligen
Vitalstoff-Manko der Schwangeren vor
und normalisiert den Säure-Basen-Haushalt. Anwendung: 3x täglich 1 TL voll in
Wasser verdünnt nach dem Essen einnehmen.
Als Ernährungsratgeber für die
schwangere Frau empfiehlt sich das
Büchlein von Frieda Dähler «Mutter und
Kind – die Ernährung in der Schwangerschaft und Stillzeit – die Ernährung des
Säuglings», erhältlich bei der Schweizerischen Vereinigung für Ernährung (Effingerstr. 2, 3001 Bern, Tel. 031 381 85 81,
Fax 031 382 55 15, Mail: [email protected]).
In dieser Broschüre findet Frau auch
wichtige Angaben über die Bewegung
während der Schwangerschaft, über den
negativen Einfluss von Alkohol, Koffein,
Schwermetallen, Rauchen und über die
Lebensmittelhygiene.
Sich angemessen bewegen
Werdende Mütter sollten sich viel bewegen. In manchen Fällen ist die übermässige Gewichtszunahme in der Schwanger-
Naturheilkunde GESUNDHEIT
schaft lediglich ein Zeichen von Bewegungsarmut. Dabei bietet der Alltag zahlreiche Möglichkeiten, um auf Trab zu
bleiben, etwa vernünftige Haus- und Gartenarbeit, das Einkaufen zu Fuss, Radfahren (statt Busfahren) und Treppensteigen
(statt Liftfahren). Allerdings sollten alle
ruckartigen oder erschütternden Bewegungsabläufe sowie Sportarten ausgeschlossen werden. Nicht zu empfehlen
sind zum Beispiel Joggen, Tennis, Hockey
und Reiten. Ideale Trainingsarten während der Schwangerschaft sind dagegen
Wandern, Radfahren und Schwimmen.
Ungefähr ab der 20. Schwangerschaftswoche ist ein geeignetes Gymnastikprogramm (Schwangerschaftsturnen) angesagt. Anstrengende Übungen
sollten aber nicht länger als 15 Minuten
durchgeführt werden. Die Gymnastik
sollte so gestaltet sein, dass der Puls nicht
140 Schläge in der Minute übersteigt.
Ausserdem ist es wichtig, dass man sich
vor den Übungen aufwärmt, um Verletzungen und Verspannungen zu vermeiden. Hüpfen und Springen sollte
grundsätzlich vermieden werden.
Unterstützt die Gebärmutter:
Frauenmantel
GESUNDHEIT Naturheilkunde
Die Hände üben erste Greifbewegungen, das Öffnen der Augen
steht unmittelbar bevor:
6 Monate alter Fötus
Stationen einer Schwangerschaft
Erstes Trimester (sog. Trimeon):
1. bis 12. Schwangerschaftswoche
Die Entwicklung des Kindes dauert vom
Tag der Empfängnis an rund 38 Wochen.
40 Wochen Schwangerschaft rechnet man
ab dem ersten Tag der letzten Periode. Bereits 7 Tage nach der Befruchtung nistet
sich der Zellklumpen in der Gebärmutterwand ein. Um den 20. Tag beginnt sich die
Plazenta (der Mutterkuchen) zu bilden.
Um den 30. Tag entsteht allmählich die
Wirbelsäule des Embryos. In der 6. Woche
wird das Herz entwickelt. Nach etwa 4 Wochen wiegt das Embryo etwa 1 Gramm und
ist rund 2 mm gross. Doch das Herz hat bereits in diesem winzigen Organismus zu
schlagen begonnen, und zwar doppelt so
schnell wie dasjenige der Mutter.
Nach der 8. Woche wird das werdende
Kind nicht mehr Embryo, sondern Fötus
oder Fetus (von lat. fetus, foetus = Kind,
Sprössling) genannt. Er ist jetzt rund
2,5 cm gross. Die Nabelschnur hat sich entwickelt. Der Mund kann sich öffnen und
schliessen. In der 12. Woche ist das Baby
vollständig ausgeformt, obwohl es erst 6
cm gross ist.
In diesem ersten Trimester laufen die
Veränderungen im Körper der Schwangeren auf Hochtouren, wobei die werdende
Mutter schnell müde wird und empfindlich
reagiert. Gleichzeitig sind die Funktionen
des Herzens und des Stoffwechsels verstärkt, die Gebärmutter beginnt sich zu
verdicken und zu verlängern, die Produktion der Hormone Progesteron und Östrogen ist gesteigert. Nun ist es Zeit für eine
erste Vorsorgeuntersuchung beim Arzt.
Die Vitalität der werdenden Mutter
lässt sich durch Einhalten der auf Seite 43
beschriebenen Tipps und Verhaltensweisen
steigern. Im ersten Trimeon sollte sich die
schwangere Frau ganz besonders intensiv
um ihre Gesundheit kümmern und sich
Vorsicht
Wenn Schwangere plötzlich unter Kreuzschmerzen, Gebärmutterkrämpfen (vergleichbar mit Menstruationsbeschwerden)
oder periodenartigen, hellroten Blutungen –
auch geringfügigen – leiden, besteht Abortgefahr. Sofort ins Krankenhaus!
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auch an ein Ernährungsprogramm halten
(siehe Seiten 44/45). In der Anpassungsphase empfiehlt sich der Gebrauch der
stärkenden und beruhigenden Zitronenmelisse, von der während der ersten 12 Wochen als Kräutertee bis zu 1 Liter über den
Tag verteilt getrunken werden kann. Zur
Resorptionsförderung und Aromaverbesserung werden die getrockneten Zitronenmelissenblätter zu 40% mit einer Kräutermischung vermengt, die in speziellen Drogerien und Apotheken angeboten wird 1.
Zweites Trimester (Trimeon):
13. bis 28. Schwangerschaftswoche
In dieser Phase der Schwangerschaft
blühen die meisten Frauen richtig auf. Die
anfängliche Übelkeit und die Erschöpfung
sind verschwunden. Nun bemerkt die
werdende Mutter, dass die Gebärmutter
langsam zu wachsen beginnt und ein leichter Bauchansatz sichtbar wird. Der untersuchende Arzt kann jetzt die Herztöne
abhören, und ab der 14. Woche nimmt
auch das Baby erste Geräusche wahr. Langsam verhärten sich seine weichen Knochen. Es benötigt hierzu besonders viel
Kalzium, so dass der Bedarf auf das Dreifache steigt (kalziumreiche Nahrungsmittel siehe Seite 44). Auch die Einnahme
von Magnesium aus Haferflocken, Weizenkeimen, Reis und Kohl ist wichtig.
In der 17. Woche wiegt das Ungeborene
zirka 170 g und ist 18 cm lang. Langsam
trainiert es seinen Atem, indem es Fruchtwasser in die Lungen aufnimmt und wieder
abgibt. In der 19. Woche wird das Gehirn
des Babys gebildet: Es findet eine rasend
schnelle Zellvermehrung statt, bei der
50 000 bis 100 000 Gehirnzellen in der Minute entstehen. Hierfür werden rund 70%
der Kalorien aus der aufgenommenen Nahrung benötigt. Besonders wichtig sind jetzt
Omega-3-Fettsäuren aus Lein-, Nachtkerzen- oder Fischöl: Die Mutter kann 3-mal
täglich 1 Kapsel nach den Mahlzeiten einnehmen, und sie sollte vermehrt ungesättigte Fettsäuren aus Olivenöl, Sonnenblumenöl und Kürbiskernen zu sich nehmen.
In der 20. Woche hat das Baby bereits
die halbe Geburtsgrösse erreicht. Die Mutter kann jetzt die ersten Bewegungen ihres
Kindes wahrnehmen und feststellen, ob
es schläft oder sich regt. 4 Wochen später
beginnen sich die Augen zu öffnen, und die
Hände üben die ersten Greifbewegungen.
Am Ende des 4. Monats kann man auch die
Gesichtszüge deutlich erkennen.
Zur Unterstützung der hormonellen
Umstellung wird der tägliche Melissentee
durch Frauenmanteltee abgelöst. Diese
Heilpflanze bewirkt eine optimale Versorgung der Gebärmutter. Auch dieser Tee (bis
1 Liter täglich) kann zu 40% mit einer
resorptionsfördernden und aromaverbessernden Grundmischung vermengt werden1.
Da sich die Körperhaltung der werdenden Mutter langsam verändert, sind spezielle Gymnastikübungen angezeigt, um
den Rücken zu stärken und die Muskeln
aufzubauen. Weil sich die Figur verändert
und die Bänder (Ligamente) entspannt
sind, sollten ruckartige Bewegungen sowie
übermässiges Bücken und Heben vermieden werden.
Drittes Trimester (Trimeon):
29. bis 38. Schwangerschaftswoche
Ab der 29. Woche ist das Baby bereits ungefähr 34 cm gross und hat beträchtlich an
Muskelmasse gewonnen. Nun beginnt die
Vervollkommnung des wachsenden Kin-
Naturheilkunde GESUNDHEIT
Rücksicht für zwei
Schwangere Frauen sollten alles unterlassen, was dem
heranwachsenden Kind schadet. Dazu zählen:
– Diäten und Fasten. Das Baby im Mutterbauch ist auf
den kontinuierlichen Zustrom lebensnotwendiger Vitalund Nährstoffe angewiesen, was durch einseitiges
Foto: Lennart Nilsson, aus «Ein Kind entsteht», Mosaik bei Goldmann Verlag 2003
Essen erschwert wird.
des: Das Atemzentrum, das Fermentsystem, die Temperaturregelung und weitere wichtige Funktionen werden jetzt ausgebildet. Das Ungeborene bewegt sich nun
im Bauch der Mutter wie ein Fisch im Wasser. Es wird immer grösser und schwerer.
Zwischen der 28. und der 34. Schwangerschaftswoche vergrössert sich der Bauchumfang enorm und wird langsam kugelig.
Nun übt das Kind eifrig das Atmen, Saugen
und Schlucken. Anfang des 9. Monats ist
es rund 2,1 kg schwer. Wenn es jetzt frühzeitig auf die Welt käme, könnte es ohne
grosse Schwierigkeiten überleben.
In der 38. Woche macht sich das Baby
langsam zur Geburt bereit. Sein Kopf wird
in den unteren Teil des Uterus gedrängt. In
dieser Phase sollte sich die schwangere
Frau besonders sorgsam vor Harnwegsinfektionen schützen, da diese eine Frühgeburt auslösen könnten. Vitamin E aus
Kartoffeln, Weizenkeimen und Blattgemüse wirkt diesbezüglich vorbeugend.
In den letzten Wochen vor der Geburt
sollte zudem die Vitamin-C-Versorgung
optimiert werden. Ein Mangel könnte bei
der Entbindung zu schweren Blutungen
führen. Angezeigt sind Randen, Rohkost,
– Alkohol. Alkoholische Getränke können dem Kind
schon in kleinsten Mengen schaden.
– Rauchen. Jeder Zug aus einer Zigarette drosselt die
Blutzufuhr in der Nabelschnur, behindert den Sauerstofftransport und stresst den Fötus.
– Rohes Fleisch. Sollte gemieden werden, weil es bakterielle Infektionen auslösen kann.
– Medikamente. Schulmedizinische Medikamente sind
mit der allergrössten Vorsicht und nur in Absprache mit
dem Arzt einzusetzen. Zahlreiche Beschwerden lassen
sich auch in der Schwangerschaft risikolos mit Naturheilmitteln kurieren. Eine Übersicht über die naturheilkundlichen Behandlungsmöglichkeiten finden Sie im
Natürlich vom Juni 2003.
frisches Gemüse, Zitrusfrüchte, Obst,
Schwarze Johannisbeeren, Himbeeren
und vor allem Sanddornsaft (3-mal täglich
1 EL voll in Wasser einnehmen).
Als Kräutertee empfiehlt sich das
Himbeerblatt, welches die Muskulatur des
kleinen Beckens auflockert. Die getrockneten Himbeerblätter können zu 40% mit einer resorptionsfördernden, aromaverbessernden Grundmischung vermengt werden1. Für die Einnahme von 1 Liter Tee
pro Tag werden 1 bis 2 EL der Kräutermischung in einem Krug mit kochend
heissem Wasser angebrüht. 5 Minuten ziehen lassen und den Tee im Laufe des Tages
ungesüsst oder mit wenig Honig trinken.
Zusätzlich ist es empfehlenswert, ab
der 32. Schwangerschaftswoche jeden Tag
einen EL geschrotete Leinsamen einzunehmen. Diese Kur hat einen günstigen Einfluss auf die Schleimhäute im Bereich der
Vagina, was die Passage des Kindes
während der Entbindung erleichtert.
Zur Geburtsvorbereitung sollte ab dem
8. Monat auch eine regelmässige DammMassage mit Johannisöl, dem man 1 bis 2
Tropfen Lavendelöl auf einen Deziliter beimischt, durchgeführt werden. Das macht
ph
den Damm dehnfähiger und kann Risse
verhindern. Die Massage wird täglich
während 2 bis 5 Minuten mit 2 Fingern
zwischen der hinteren Scheidewand und
dem After U-förmig durchgeführt. Auch
die Scheide und die Schamlippen können
etwa 20 Sekunden lang massiert werden. ■
1
Die resorptionsfördernden und aromaverbessernden
Grundmischungen Rugguserli (minzig), Möhlirad (rosig)
und Gradhebe (erfrischend) sind in speziellen Drogerien
und Apotheken erhältlich. Die Bezugsadressen erhalten Sie,
indem Sie ein frankiertes und adressiertes Antwortcouvert
senden an: Xund werde mit Heilpflanzen, Dorfgässli 2,
Postfach 641, 6331 Hünenberg, Telefon 041 780 77 22,
Fax 041 780 77 28, [email protected].
Empfehlenswerte Literatur:
– Stadelmann, Ingeborg: «Die HebammenSprechstunde.» Erschienen bei: Stadelmann
2002, ISBN 3-9803760-0-1, 383 S. Fr. 33.50.
Eine einfühlsame, naturheilkundliche Begleitung zu Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillzeit mit Heilkräutern, homöopathischen Arzneien und ätherischen Ölen.
– Nilsson, Lennart: «Ein Kind entsteht», Mosaik
bei Goldmann Verlag, 1990.
ISBN 3-442-39055-9. 213 S. 440 Farbfotos.
Ein wunderschön illustriertes Buch über
die Entwicklung des Kindes im Mutterleib,
von der Zeugung bis zur Geburt. Fr. 42.–.
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