zurück mp3 abspielen - Katholisches Rundfunkreferat NRW

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11/09 2004:
weinen
Tränen, die zum Glauben rühren
Autor: Weihbischof Prof. Dr. Franz-Peter Tebartz-van Elst
Ort: Münster
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Verehrte Hörerinnen und Hörer,
Sie haben sicher noch die schrecklichen Fernsehbilder vor Augen:
Die Flugzeuge, die heute vor drei Jahren in das World Trade Center gesteuert wurden; die einstürzenden Türme, die
entsetzlichen Aufschreie und das bittere Weinen der Menschen, die ihre Angehörigen dabei verloren hatten. Das Entsetzen Vieler
in jenen Tagen bestand im Erschrecken darüber, dass Menschen solche Grausamkeiten anderen Menschen antun können.
Geblieben ist die Trauer. Auch sie gehört zu den Stimmungen des Lebens. Die darin verborgene Stimme des Glaubens ertönt, wo
Trauer sich in Tränen löst.
Der Dichter Eugen Roth hat den markanten Vierzeiler verfasst:
An erster Stelle zu erwähnen
als Wunderbalsam sind die Tränen.
Sie lösen, sparsam selbst geweint,
das eigene Herz, schon ganz versteint.
Menschen, die nicht weinen können, sind arm. Es gehört zum großen Reichtum unserer Seele, dass sie uns im Innersten
anrühren kann.
Wo die Augen feucht werden, ist der ganze Mensch ergriffen. Wir mögen diejenigen vergessen, mit denen wir gelacht haben,
aber nie diejenigen, mit denen wir geweint haben. Tränen verbinden. Sie gemeinsam zu vergießen, kann helfen, miteinander
Trost und Perspektive zu finden. Tränen reinigen die Augen.
Bei Kindern kann man beobachten, dass dort, wo noch die letzte Träne kullert oder an den Wangen haftet, sich oft schon im
nächsten Augeblick das Gesicht aufhellt und der Blick besonders klar erscheint. Von Menschen, die weinen, darf man nicht
einfach sagen, sie hätten nahe am Wasser gebaut .
Wer weint, kann aber nahe am Evangelium sein. Die Bibel berichtet davon, dass viele Menschen weinend zu Jesus kommen und
ihn um Hilfe bitten.
Als er der Mutter des toten Jünglings von Nain begegnet, heißt es:
So, wie der Herr die Frau sah, hatte er Mitleid mit ihr und sagte zu ihr: Weine nicht! (Lk 7,13) Nach Ostern begegnet der
Auferstandene Maria Magdalena am Grab und spricht sie mit den Worten an Frau, warum weinst du? (Joh 20,13) Die innere
Bereitung für den österlichen Glauben kommt nicht ohne Tränen aus. In den Evangelien begegnen wir aber auch Jesus in
Begebenheiten des Lebens, die ihn zum Weinen bringen. Sein Blick auf Jerusalem macht ihn traurig, weil die Stadt damals - so
wenig wie wir heute - erkennt, was zum Frieden dient. (vgl. Lk 19,41) Angesichts des Todes seines Freundes Lazarus kommen
ihm die Tränen. (vgl. Joh 11,35)
So, wie er ruft: Lazarus komm heraus (Joh 11,43) gibt er unserer Sehnsucht nach Leben eine kraftvolle und verheißungsvolle
Stimme.
Liebe Hörerinnen und Hörer,
in allen Stimmungen unseres Lebens, (wie wir sie in den Morgenandachten dieser Woche bedacht haben), keimt die österliche
Stimme unseres Glaubens. Ich wünsche Ihnen, dass Sie diese O-Töne neu vernehmen und ihnen zugleich Resonanz geben.
Denn wir werden lebendiger, wo wir dem Ausdruck geben, was in uns spricht und schweigt, was zum Singen und Lachen bewegt
aber auch, was in uns schreit und weint. Morgen ist Sonntag, der Feiertag unseres Glaubens. Wir Christen kommen zusammen,
um die Stimmungen der Woche vor Gott zu tragen. Eucharistie feiern, bedeutet, mit dem Wunder der Wandlung beschenkt zu
werden: Wo zu viele Worte waren, kehrt Ruhe ein. Wo Sprachlosigkeit um sich gegriffen hat, wachsen uns neue Worte zu. Wo
Traurigkeit Kopf und Hände sinken ließ, richtet sich der Blick wieder auf und wo das Herz versteinert war, will Gott es neu
bewegen.

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