Bericht in der Brandwacht 06/2004 - Feuerwehr

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Bericht in der Brandwacht 06/2004 - Feuerwehr
Einsatz in extremen Gelände des Bayerischen Wald
Lage:
Als am frühen Nachmittag des Maria Himmelfahrtstages 2003 Rauchschwaden aus dem
Steinbühler Gesenke aufstiegen, war Heinz Silberbauer, dem Hüttenwirt der Kötztinger
Hütte, der Ernst der Lage sofort klar. In den zurückliegenden Wochen hatte es so gut
wie nicht geregnet, und es herrschten Tagestemperaturen weit über 30° C. Der Boden
war staubtrocken, ebenso die Vegetation stark ausgetrocknet. Zudem ist dieses Gebiet
schwer erreichbar. Das Steinbühler Gesenke, 1044m hoch gelegen, bildet nach Süden
hin den Abschluss der sog. “Rauchröhren“ und des Mittagsstein, einer zerklüfteten Felsformation im östlichen Kaitersberg-Gebietes mit bizarren Vorsprüngen und Überhängen
sowie steilen Abhängen. Da von der Kötztinger Hütte aus der Brandherd nicht eindeutig
zu lokalisieren war, meldete Heinz Silberbauer über Notruf einen Brand im Bereich der
Rauchröhren.
Die Rauchröhren gehören überwiegend zu den Gemeindegebieten Arrach und Hohenwarth, der Mittagsstein sowie das Steinbühler Gesenke zum Gebiet der Stadt Kötzting.
Alarmierung - Einsatzverlauf:
Um 13.52 Uhr alarmierte die Polizeiinspektion Kötzting daher zunächst gemäß Alarmstufe 2 für die Gemeinde Hohenwarth. Außerdem besteht über die Einöde Hudlach in
der Gemeinde Hohenwarth über teils sehr steile geschotterte Forststrassen noch die am
besten nutzbare Zufahrtsmöglichkeit in dieses schwer zugängliche Gebiet.
Kurz nach der Alarmierung machten sich bereits die ersten Fahrzeuge der alarmierten
Wehren auf den Weg: FF Hohenwarth (LF 8, 2 MZF), Ansdorf-Simpering (TSF), Gotzendorf (TSF), Kötzting (Kodf, TLF 16/25, LF 16/12, SW 2000-Tr, V-Lkw) sowie Arrach
(LF 16 CAFS, V-Lkw) und Haibühl (TLF 16/25, LF 8). Ebenso KBR Johann Weber, KBI
Michael Stahl, KBM Reinhard Kollmer und KBM Heinz Schötz.
Da zu diesem Zeitpunkt die genaue Lage des Brandherdes noch unklar war, wurden
das TLF 16/25 aus Haibühl und der V-Lkw der FF Arrach, dessen löschtechnische Beladung annähernd einem LF 8 gleicht, über den Ort Arrach und die Einöde Eschlsaign
nach Hudlach beordert, während alle anderen Fahrzeuge den Weg über Hohenwarth
nahmen.
Die Alarmmeldung ließ von Anfang an einen Einsatz in unwegsamen Gelände erwarten,
so dass viele Feuerwehrkameraden bereits mit den unterschiedlichsten Geländefahrzeugen zum Einsatzort kamen. Die Auswahl an Fahrzeugen reichte vom Geländewagen
über Trikes, Quads, Enduro-Krädern und MB-Tracs bis zu Traktoren und Unimogs.
Während bei gewöhnlichen Einsätzen allzu viele privat zum Einsatzort nachrückende
Kameraden eher hinderlich sind, sollte sich dies bei diesem Einsatz als großer Vorteil
erweisen.
In der Zwischenzeit kristallisierte sich immer mehr heraus, dass der Brandherd mehr an
der Südseite gelegen war. Daher wurde die Nachalarmierung der Feuerwehren Traidersdorf (TSF-W), Arndorf (LF 8), Wettzell (LF 8/6) sowie der Wehren aus dem benachbarten Landkreis Regen veranlasst. Von dort wurden die Wehren aus Arnbruck (TLF
16/25, LF 8/6, MZF), Thalersdorf (TSF), Niederndorf (LF 8), Wiesing (LF 16, MZF),
Drachselsried (TLF 16/25, MZF mit Schlauchanhänger 400 m B-Schlauch)), und Viechtach (Kodf, TLF 16/25, LF 16/12, MZF UGÖEL) veranlasst. Hinzu kamen KBR Hermann
Keilhofer, KBI Peter Altmann und KBM Christian Stiedl von der UG-ÖEL des Landkreises Regen. Parallel dazu wurde die Alarmstufe im Bereich Hohenwarth von 2 auf 3 heraufgesetzt, da KBI Michael Stahl bereits auf der Anfahrt von ortskundigen Feuerwehrleuten Hinweise erhielt, dass der Weiher in Hudlach nur zu einem Drittel gefüllt sei und
zudem aufgrund der anhaltenden Trockenheit kaum Zulauf hatte. Daraufhin veranlasste
KBI Stahl die Wehren aus Lam (TLF 16/25, LF 16/20, MZF), Engelshütt (LF 8), Lohberg
(TLF 16/25, LF 16) und Thürnstein (LF 8, MZF), dazu die nicht im Alarmplan enthaltenen Wehren aus Blaibach (LF 16, MZF) und Lederdorn (TLF 16/25, LF 8, MZF) sowie
mehrere Landwirte mit Güllefässern nachzualarmieren. Eine Liste mit entsprechenden
Telefonnummern von Landwirten liegt bereits seit längerem der Nachalarmierungsstelle
der FF Kötzting vor. Mit den Landwirten war bereits 3 Wochen zuvor aufgrund der Witterung vereinbart worden, dass die Güllefässer mit Wasser gefüllt vorgehalten werden
sollten. Diese Maßnahme machte sich jetzt bezahlt. Im südlichen Bereich konnten die
Ereignisse auf dem Berg von vielen Leuten mit Ferngläsern aufmerksam beobachtet
werden. Dort setzen sich einige Landwirte unaufgefordert mit ihren Güllefässern in Bewegung, um die Einsatzkräfte zu unterstützen.
Gegen 14.15 Uhr trafen die ersten Einsatzkräfte, unter ihnen KBI Stahl, auf dem Bergrücken ein und konnten sich ein erstes Bild von der Situation machen. Auf einer Fläche
von ca. 300 qm brannten Wiesen- und Moosflächen zwischen den Felsen, der Brand
weitete sich schnell aus – am Einsatzende waren ca. 500 qm Fläche verbrannt.
Auf Grund der räumlichen Größe der Einsatzstelle veranlasste die Einsatzleitung, die
durch den Kdt. der FF Hohenwarth Josef Pritzl sowie durch KBI Michael Stahl gebildet
wurde, die Aufteilung in Einsatzabschnitte mit Funkkanaltrennung im 2m Band.
Vom LF 16 der FF
Arrach wurde eine
erste B-Leitung mit
Druckluftschaum
(CAFS)
vorgenommen.
Die
ersten
Einsatzkräfte nahmen
die Brandbekämpfung
in dem unwegsamen
und steil abfallenden
Gelände zunächst mit
großem Risiko und
noch ohne Eigensicherung vor.
Sicherungsmaßnahmen konnten erst
nach
und
nach
umgesetzt
werden.
Auch die Bergwacht Lam wurde alarmiert, um die Sicherung der Einsatzkräfte zu unterstützen bzw. die Löschangriffe in einigen Bereichen überhaupt erst zu ermöglichen.
Derweilen wurde mit
Hilfe des SW 2000-Tr
begonnen vom Weiher
in Hudlach aus eine
erste 900m lange BLeitung zu verlegen.
Knapp
1300m
bei
einem
Höhenunterschied
von
224m
sollten es am Ende
sein, wobei die letzten
400m Schlauchmaterial
und Tragkraftspritzen
auf
Wanderwegen
getragen
werden
mussten. Mit Hilfe der
Güllefässer wurde der
Weiher in Hudlach mit
knapp 70.000 Liter
Wasser befüllt.
Eine zweite B-Leitung wurde am Südhang von Buchberg aus aufgebaut. In Hudlach war
mittlerweile genügend Personal und Material eingetroffen um eine weitere B-Leitung zur
Einsatzstelle verlegen zu können. Dies wurde dort in Bereitschaft vorgehalten. Ebenfalls
waren in Hudlach mehrere Angehörige und Einsatzfahrzeuge des BRK, darunter die
Helfer-vor-Ort-Gruppe des BRK Lam, eingetroffen um die rettungs- und sanitätsdienstliche Betreuung der Einsatzkräfte sicherzustellen. Um diese schnell in alle Einsatzberei-
che bringen zu können stand ständig ein privater Geländewagen eines Feuerwehrangehörigen bereit. Auch die ermittelnden Beamten der Polizei mussten auf die Dienste eines privaten Geländefahrzeuges zurückgreifen.
Die Beamten wurden mit einem MB-Trac zur Einsatzstelle gebracht.
Die Wehren aus dem Zellertal und
dem Landkreis Regen versuchten von
Traidersdorf aus über den Weiler
Buchberg über eine gut ausgebaute
Forststraße
die
Südflanke
der
Rauchröhren bzw. das Steinbühler
Gesenke zu erreichen. Der als
Abschnittsleiter eingesetzte, örtlich
zuständige
Kommandant
der
Feuerwehr Traidersdorf Josef Gogeißl
sowie KBR Johann Weber ließen vom
Weiler Buchberg aus eine ca. 2,5 km
lange B-Schlauchleitung verlegen.
Aufgrund des guten Löscherfolges der
im Gipfelbereich bereits laufenden
und von diesem Einsatzabschnitt
einsehbaren Löscharbeiten brauchte
die Schlauchleitung nicht mehr
vollendet werden, was in der Praxis
aber wegen des extrem steilen und
unwegsamen Geländes nur mit
größten Aufwand und mit zusätzlichen
noch zu alarmierenden Kräften
möglich gewesen wäre.
Inzwischen war auch der angeforderte
Luftbeobachter aus dem Landkreis
Schwandorf über der Einsatzstelle
eingetroffen
und
unterstützte
die
Einsatzleitung. Dieser war durch KBR
Johann Weber angefordert worden, da er
sich zum Zeitpunkt des Einsatzbeginns
bereits in der Luft befand.
Um 14.39 Uhr – also 47 Minuten nach
Alarmierung – konnte das erste C-Rohr
mit Druckluftschaum eingesetzt werden.
Der Löschschaum, der ja ursprünglich für
die Waldbrandbekämpfung konzipiert
worden war, zeigte auch schnell Wirkung.
Um 14.45 Uhr konnte die Meldung „Feuer
unter Kontrolle“, und um 14.58 Uhr bereits
die Meldung „Feuer aus“ gegeben
werden.
Neben umfangreichen
Nachlöscharbeiten und
einer ebenso aufwändigen wie gefährlichen
Suche nach weiteren
Glutnestern
in
den
Felsspalten
durch
Feuerwehr- und Bergwachtangehörige wurden auf dem Bergrücken auch Faltbehälter mit einem Fassungsvermögen
von
10.000 Liter aufgestellt
und gefüllt, um für alle
Fälle gerüstet zu sein.
Ein Teil der B-Leitung
verblieb ebenfalls bis
zum nächsten Tag.
Viele der Einsatzkräfte waren zu diesem
Zeitpunkt bereits dem Ende ihrer physischen Kräfte nahe. Daher wurde die
Schlauchwagengruppe
des
Katastrophenschutzes des Landkreises
Cham nachalarmiert, die ebenfalls in der
Feuerwehrinspektion
Kötzting
beheimatet ist, um die Einsatzkräfte
beim Abbau des Löschangriffs zu unterstützen. Diese kamen mit weiteren
MZF der Feuerwehren Blaibach,
Lederdorn und Kötzting sowie zwei
Unimog des Bauhofes der Stadt
Kötzting zum Einsatz.
Um 17.41 Uhr konnten alle Kräfte
wieder abrücken, nur die Feuerwehren
Hohenwarth, Ansdorf-Simpering und
Gotzendorf verblieben als Brandwache.
Auch am Folgetag waren diese drei
Wehren zu Nachlösch- und Aufräumungsarbeiten vor Ort, abermals
unterstützt
von
der
Schlauchwagengruppe
des
Katastrophenschutzes.
Die Ursache für diesen Brand ist nach wie vor ungeklärt. In Frage kommt sowohl eine
achtlos von Wanderern weggeworfene Zigarette, als auch ein Blitzschlag bei einem
Gewitter in der vorangegangenen Nacht. Dabei könnte sich die Fläche bereits entzündet
haben, der Brand jedoch durch den Regen weitgehend abgelöscht worden sein, wobei
in Felsspalten Glutnester verblieben waren, die nach dem Abtrocknen der Fläche am
Folgetag die Brandausbreitung verursacht haben könnten.
Nachbetrachtung:
Wieder einmal hat sich die Nachalarmierungsstelle vor Ort ,in diesem Fall bei der
FF Kötzting, hervorragend bewährt. Das gut geschulte und ortkundige Personal war bereits in der Anfangsphase des Einsatzes entsprechend verstärkt worden und war jederzeit in der Lage, die von der Einsatzleitung gewünschten Maßnahmen umzusetzen. Regionale Besonderheiten, wie die Telefonliste mit Landwirten mit Güllefässern, können
nur so voll zur Wirkung kommen. Jeder erfahrene Feuerwehrmann kann unschwer
nachvollziehen, wie aufwändig und umfangreich der Funkverkehr bei diesem Einsatz
war. Ein Paralleleinsatz auf dem gleichen Kanal wäre fatal gewesen. Wobei die Wehren
der Inspektion Kötzting jedoch in der glücklichen Lage sind, jederzeit komplett im 2m
und im 4m Band auf einen anderen Kanal auszuweichen.
Bewährt hat sich bei diesem Einsatz auch die Druckluftschaumanlage (CAFS) im
LF16/12 der FF Arrach. Der Druckluftschaum lässt sich über mehrere hundert Meter
ohne erkennbaren Druckverlust fördern. Zudem lassen sich gute Wurfweiten erzielen.
Die Löscheffizienz ist sehr viel größer als bei Wasser, was wesentlich zu dem sehr
schnellen Löscherfolg beigetragen hat. Durch das geringe Gewicht der Schläuche sind
die Einsatzkräfte wesentlich beweglicher. In einigen Bereichen wäre der Löschangriff
mit wassergefüllten Schläuchen gar unmöglich gewesen.
Insgesamt gesehen war das hervorragende Zusammenspiel der ca. 300 Einsatzkräfte
nicht nur aus mehreren KBM-Bereichen, sondern gar aus drei Landkreisen (inkl. Luftbeobachter aus Schmidgaden, Lkr. Schwandorf), das umsichtige Handeln der Einsatzleitung und nicht zuletzt die Bereitschaft der Einsatzkräfte ihre Kräfte bis zum Äußersten
einzusetzen wesentlich für schnellen Einsatzerfolg verantwortlich.
Eingesetzte Kräfte und Fahrzeuge
Aus der Feuerwehr Inspektion Kötzting (Landkreis Cham)
KBR Johann Weber
KBI Michael Stahl
KBM Heinz Schötz
KBM Reinhard Kollmer
FF Hohenwarth
FF Ansdorf-Simpering
FF Gotzendorf
FF Kötzting
FF Arrach
FF Haibühl-Ottenzell
FF Engelshütt
FF Lam
FF Thürnstein
FF Lohberg
FF Traidersdorf
FF Arndorf
FF Wettzell
FF Blaibach
FF Lederdorn
LF 8, 2 MZF
TSF
TSF
Kodf., TLF 16/25, LF 16/12, SW 2000 TR, V-Lkw
LF 16/12 CAFS, V-Lkw
TLF 16/25, LF 8
LF 8
TL 16/25, LF 16/20, MZF
LF 8 (Unimog), MZF
TLF
TSF/W
LF 8
LF 8/6
LF 16/12, MZF
TLF 16/25,LF 8, MZF
Feuerwehr Inspektion Viechtach (Lkr. Regen)
KBR Hermann Keilhofer
KBI Peter Altmann
KBM Christian Stiedl (Leiter der UG ÖEL)
FF Niederdorf
FF Thalersdorf
FF Arnbruck
FF Wiesing
FF Drachselsried
FF Viechtach
LF 8
TSF
TLF 16/25, LF 8/6, MZF
LF 16/12, MZF
TLF 16/25, MZF mit FGA Schlauch 400m
Kdof., TLF 16/25, LF 16/12, MZF der UG ÖEL
BRK Kreisverband Cham
BRK Rettungsdienst Kötzting
SEG Rimbach, HVO Lam
Bergwacht Lam
Polizeiinspektion Kötzting
1 Streifenwagen, 1 Ermittlerfahrzeug
Luftbeobachter der Luftrettungsstaffel Bayern
Standort Schmidgaden (Lkr. Schwandorf)
Verfasser:
KBI Michael Stahl,
OLM Bernhard Hatzinger, FF Arrach
Kdt. Josef Gogeißl, FF Traidersdorf, Kdt. Josef Pritzl, FF Hohenwarth
KBM Josef Bauer, Lkr. Regen
Weitere Bilder und den Einsatzbericht auch unter http://www.kbi-koetzting.de/