Befiehl du deine Wege

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Befiehl du deine Wege
Befiehl du deine Wege
Trösten und hoffen mit Paul Gerhardt
Tobias Wegschaider
Autor:
Tobias Wegschaider
Art:
Abschlussarbeit
Version:
-
Datum Erstellung:
August 2009
Seiten:
84 (inkl. Deckblatt)
Copyright:
IGW International
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Vorwort für Abschlussarbeiten
Vorwort
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anderem in den Abschlussarbeiten der IGW-Absolventen. Jedes Jahr werden
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Thema ist eine gewinnbringende Erfahrung, bei der die Studierenden durch
überraschende Entdeckungen und neue Erkenntnisse ihren Horizont erweitern.
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von IGW begrüsst darum die Veröffentlichung der vorliegenden Arbeit.
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Abschlussarbeit BA
Befiehl du deine Wege
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INHALTSVERZEICHNIS
1. LIEDER DES TROSTES UND DER HOFFNUNG .........................................................1
1.1 Vorwort ...........................................................................................................................1
1.2 Vorstellung der Arbeit ....................................................................................................1
1.2.1 Ansatz ................................................................................................................ 1
1.2.2 Ziel .................................................................................................................... 3
1.2.3 Methodik............................................................................................................ 3
1.3 Bedeutung und Wirkung von Kirchenmusik ..................................................................4
1.3.1 Definition von Kirchenmusik .............................................................................. 4
1.3.2 Die seelsorgerliche Wirkung der Psalmen .......................................................... 7
1.3.3 Das Werk von Paul Gerhardt ........................................................................... 11
2. LEBEN VON PAUL GERHARDT ..................................................................................14
2.1 Biographischer Abriss...................................................................................................14
2.2 Wichtige Stationen seiner musikalischen, dichterischen und geistlich- theologischen
Prägung und Praxis .......................................................................................................16
2.2.1 Fürstenschule St. Augustin Grimma (1622-1627) ............................................. 16
2.2.2 Universität Wittenberg (1628-1642/43) ............................................................ 18
2.2.3 Hauslehrer und Hilfsprediger in Berlin (1642/43-1651) ................................... 23
2.2.4 Pfarramt in Mittenwalde (1651-1657) .............................................................. 24
2.2.5 Pfarramt an der Nikolaikirche in Berlin (1657-1668)....................................... 25
2.2.6 Pfarramt in Lübben (1668-1676)...................................................................... 26
3. BEFIEHL DU DEINE WEGE UND WAS DEIN HERZE KRÄNKT..........................28
3.1 Aufbau, Form und Sprache des Liedguts von Paul Gerhardt .......................................31
3.1.1 Textaufbau und Sprache ................................................................................... 31
3.1.2 Versmaß........................................................................................................... 38
3.1.3 Melodie............................................................................................................ 38
3.2 Untersuchungen zur Theologie des Liedguts von Paul Gerhardt .................................40
3.2.1 Trost und Hoffnung durch die alles umfassende Fürsorge Gottes ..................... 40
3.2.2 Trost und Hoffnung durch Glaubensgewissheit und Glaubensfreude................. 49
3.3 Die seelsorgerliche Wirkung des Liedguts von Paul Gerhardt in der Gegenwart ........51
3.3.1 Trost und Hoffnung .......................................................................................... 51
3.3.2 Wegbegleitung ................................................................................................. 52
3.3.3 Grund zur Freude ............................................................................................ 53
3.4 Trösten und Hoffen mit Paul Gerhardt – ein Dreiklang................................................54
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3.4.1 Der Grundton: Klang Gottes ............................................................................ 54
3.4.2 Die Terz: Klang des Lebens ............................................................................. 54
3.4.3 Die Quinte: Klang der Sprache und Musik ....................................................... 54
4. AUSBLICK UND EMPFEHLUNGEN FÜR LIEDERDICHTER................................55
5. BIBLIOGRAPHIE.............................................................................................................56
ANHANG.................................................................................................................................62
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1. LIEDER DES TROSTES UND DER HOFFNUNG
1.1 Vorwort
„Schon wieder dieser Gerhardt“, geht es mir durch den Kopf… Egal ob in Gesprächen, im
Gottesdienst, auf Seminaren, in Zeitungen und Zeitschriften usw., immer wieder fällt sein Name.
Besonders 2007 wurde seinem Lebenswerk wieder besondere Aufmerksamkeit geschenkt – in
diesem Jahr gedachte man seines 400. Geburtstags. Sogar in der dritten und damit neuesten
Ausgabe des modernen Liederbuches „Feiert Jesus“, aus dem in den unterschiedlichsten
Gemeinden und Kirchen gemeinsam gesungen wird, sind mehrere seiner Lieder vertreten. Wie
konnte es dann auch auf dem Kongress „Geistlich Leiten – da, wo sie sind“ im Februar 2008 in
Oberhausen anders sein, als dass sein Name erneut fiel. Es war eine Aussage des
Theologieprofessors Michael Herbst, die mich aufhorchen ließ. Seine Worte lauteten dem Sinn
nach: „Unsere Gemeindelieder erreichen mitunter nicht die Tiefe derer eines Paul Gerhardts.“
Dieser Satz setzte sich nicht nur in meinem Gedächtnis fest, sondern wie ich im Nachhinein
feststellte, fiel er bereits auf vorbereiteten Boden.
Schon oft hatte ich mir den Kopf darüber zerbrochen, warum es kaum neuere deutsche
Gemeindelieder gibt, die innere Nöte und Kämpfe ausdrücken und Gott trotzdem im Zentrum
haben. Die wohl ältesten überlieferten geistlichen Lieder, die Psalmen, vermitteln uns gerade ein
solches Bild. In den Klageliedern, der größten Gattung der Psalmen, findet man den Psalmisten
nicht nur himmelhoch jauchzend und Halleluja rufend, sondern auch zu Tode betrübt und klagend
vor. Verfolgung, Anfechtung, Angst, Verzweiflung, Schwermut, Depression, Leid, Trauer,
Schmerz usw. schreien aus seiner Seele zum Himmel. Selbst wenn von da scheinbar keine Antwort
kommt – er hofft, findet Trost und am Ende wird Gott trotzdem gelobt. So etwas ist in unseren
gegenwärtig gesungenen Liedern sehr wenig thematisiert.
Es fehlt etwas! Herbst sagt: Es fehlt die Tiefe! Die Tiefe der Lieder eines Paul Gerhardts! Doch
was haben seine Lieder was andere nicht haben? Für mich gab es nur eine Möglichkeit es
herauszufinden: Gerhardt auf den Grund gehen! Die folgenden Seiten möchten mehr Licht auf die
Gestalt Gerhardts, sein Leben und seine Lieder werfen.
1.2 Vorstellung der Arbeit
1.2.1 Ansatz
Als ich damit anfing mich mit den Texten Gerhardts zu beschäftigen, geschah etwas. Um es mit
Bonhoeffer auszudrücken, es war als sei ich „von guten Mächten wunderbar geborgen.“ Die Worte
und die kunstvolle Poesie in den Versen Gerhardts besitzen eine enorme Ausstrahlungskraft und
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Tiefe, so dass es einem beim Lesen ganz warm ums Herz werden kann. Ganz stark scheint in ihnen
immer wieder das tröstende Wesen Gottes durch, in dem die Hoffnung sichtbar wird, die uns
Menschen in Jesus Christus geschenkt ist. Gerhardts Lieder waren es, die über Jahrhunderte
hinweg unzählige Menschen, unter ihnen auch den bereits zitierten Bonhoeffer1, immer wieder
aufrichteten, im Glauben stärkten und ermutigten (Bunners 2007:249ff).
Geistliche Lieder und Psalmen haben das Leben der Gläubigen schon immer stark beeinflusst. Das
wird am Beispiel des Alten und Neuen Testamentes der Bibel und auch im Laufe der
Kirchengeschichte deutlich. Im Ausdruck ihrer Texte und Melodien spiegelt sich die Identität der
Kirche wider. Luther z.B. hat der Musik den ersten Platz nach der Theologie eingeräumt. Er sieht
das Vorbild dafür bei David und den Propheten, „weil sie all das ihre in Metren und Gesängen
überliefert haben…“ (Meiser 2005:15). Wer Lieder wie Gerhardt geschrieben hat, die seit über 400
Jahren Identitätspfeiler der Kirche sind, der ist zu den Persönlichkeiten zu zählen, die nach Barth
„…nicht tot, sondern lebendig [sind].“ (McGrath 1997:21). „Sie reden noch und wollen als
Lebendige gehört werden… Augustin, Thomas, Luther, Schleiermacher und all die
Anderen…“(:21). Gerhardts Lieder ziehen, ähnlich wie die Errungenschaften der genannten
Theologen, auch heute noch weite Kreise. Sie sprechen eine Sprache wahren Trostes und wahrer
Hoffnung. An diesem Punkt und mit folgender Fragestellung, setzt die Diplomarbeit an:
Fragestellung
Aufgrund der noch heute gegebenen großen Resonanz der Lieder Gerhardts sind dieser Arbeit drei
Fragen zu Grunde gelegt. a) Wie kam es zu seinen Liedern und warum haben sie eine solche
Strahlkraft? b) Warum geben sie noch heute soviel Trost und Hoffnung und c) was können
Kirchenliederdichter des 21. Jh. von Paul Gerhardt lernen? Um darauf Antworten zu finden,
werden Leben, dichterische und musikalische Prägung, Theologie des Liedguts und gegenwärtige
Erfahrungsberichte von Paul Gerhardt untersucht und ausgewertet.
Definition „Liedgut“
Ist im Rahmen der BA-Arbeit vom Liedgut Paul Gerhardts die Rede, dann gelten dafür
exemplarisch zwei Lieder: Zum einen „Befiehl du deine Wege“ und zum anderen „Ist Gott für
mich, so trete“. Die kompletten Texte erscheinen zu Beginn des dritten Kapitels. Bewusst habe ich
die Ursprungsversion von 1657 gewählt, um den Bezug zur damaligen Sprache und Zeit
beizubehalten. Dem Anhang der Arbeit sind die revidierten Texte beigefügt. Sie sind der aktuellen
Ausgabe des Buches „Paul Gerhardt. Wach auf mein Herz, und singe. Vollständige Ausgabe seiner
Lieder“, herausgegeben von Eberhardt von Cranach-Sichart, entnommen.
1
Bonhoeffer fand gerade während seiner Haft 1941-1944 Trost und Halt in den Liedern Gerhardts (Bunners
2007:254)
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1.2.2 Ziel
Die Diplom-Arbeit will u. a. zeigen, wie und warum Menschen heute noch Trost und Hoffnung in
den Liedern Paul Gerhardts erfahren können. Dabei ist zu bedenken, dass man nicht unbedingt
beim ersten Hinsehen oder -hören einen Zugang zu den Liedern bekommt. Um sie zu verstehen und
von ihrer Strahlkraft erfasst zu werden, müssen auch gewisse Barrieren überwunden werden.
Tatsache ist, dass sich Gerhardts Lieder einer poetischen Sprache bedienen und auf dem
Hintergrund der Zeit, einer Kultur und eines Weltbildes von vor 400 Jahren entstanden sind. Hinzu
kommt, dass ihnen biblisch-theologische und auch kirchlich-dogmatische Kenntnisse zu Grunde
liegen, die zunächst einmal nachvollzogen und begriffen werden wollen. Es ist daher
unumgänglich, sich umfassender mit den Hintergründen von Zeit und Geschichte, Biographie und
Leben, Theologie und Frömmigkeit, Text und Melodie und Musik und Sprache Gerhardts
auseinanderzusetzen. Unter diesen Aspekten dürften seine Lieder noch einmal oder gerade erst
dann in einem erheblich stärkeren Licht erscheinen. Dennoch wirken sie auch unmittelbar, und es
darf hier nicht der Eindruck erweckt werden, die aufgezeigte Vorgehensweise sei zwingend nötig,
um einen Zugang zu Gerhardts Liedern zu finden. Das würde sein Werk in ein wissenschaftlich
künstliches Licht rücken, was dem eigentlichen Kern der Sache nicht entspricht.
„Befiehl du deine Wege“ soll dazu ermutigen, sich unter den genannten Gesichtspunkten den
Liedern Gerhardts zuzuwenden. Ich bin davon überzeugt, dass eine Auseinandersetzung mit dem
Werk des ev. Liederdichters die Botschaft des Trostes und der Hoffnung hell aufleuchten lässt und
tief in Geist, Herz und Seele hineinspricht. „Befiehl du deine Wege“ ist die ermutigende
Aufforderung Gottes sich mit seinem Leben ihm ganz anzuvertrauen.
Vorrangig Kirchenliederdichter, aber auch geistliche Leiter, Pastoren und Seelsorger unserer Zeit,
sollen durch diese Arbeit motiviert und praktisch dabei unterstützt werden, im Sinne von Paul
Gerhardt zu trösten und Hoffnung zu geben. Aus den gewonnenen Erkenntnissen sollen Kriterien
abgeleitet werden, die aufzeigen warum solch tröstende und Hoffnung spendende Wirkung aus den
Liedern Gerhardts hervorgehen. Diese Kriterien sollen Orientierungspunkte für
Kirchenliederdichter unserer Zeit sein und sie inspirieren, Texte und Melodien zu schreiben, die
trösten und hoffen lassen.
1.2.3 Methodik
Bei der Diplom-Arbeit „Befiehl du deine Wege. Trösten und hoffen mit Paul Gerhardt“, handelt es
sich um eine Mischung aus Forschungsarbeit und Erfahrungsanalyse. Die Grenzen sind dabei
fließend. Es werden hierfür zwei Haupt-Quellen betrachtet. Kapitel 2 umfasst die erste. Dort
werden Biographie, dichterische, musikalische und theologische Prägung und zwei Lieder2
2
„Befiehl du deine Wege“ und „Ist Gott für mich so trete“
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Gerhardts auf Text, Sprache, Versmaß, Melodie und Theologie hin analysiert. Dabei soll ermittelt
werden, welche Kriterien für die tröstende und Hoffnung schenkende Wirkung des Werkes
Gerhardts ausschlaggebend sind. Kapitel 3 beinhaltet die zweite Quelle, eine Art Gäste- oder
Zeugnisbuch aus dem Jahre 2007. Es enthält die Aussagen von Besuchern der Paul-GerhardtKirche in Lübben, in denen ihre Erfahrungen mit den Liedern Paul Gerhardts schriftlich zum
Ausdruck kommen. Die kurzen Berichte werden untersucht und thematisch geordnet. Dadurch
sollen mögliche Gründe für die seelsorgerliche Wirkung der Lieder Gerhardts, die bis in unsere
Zeit hineinreicht, aufgezeigt werden.
Abschließend werden die Erkenntnisse aus den beiden Forschungsbereichen bzw. Quellen
Zusammengefasst und als Thesen formuliert, die in Kapitel 4 in einen Ausblick und Empfehlungen
an Liederdichter münden.
1.3 Bedeutung und Wirkung von Kirchenmusik
Die Bedeutung und Wirkung von Kirchenmusik soll im Folgenden durch eine Begriffserklärung
und anhand der seelsorgerlichen Wirkung der Psalmen und dem Werk Paul Gerhardts verdeutlicht
werden.
1.3.1
Definition von Kirchenmusik
Die Bezeichnung Kirchenmusik hat einen weit reichenden Bedeutungshorizont. In ihr sind Kirche
und Musik, zwei eigenständige Begriffe, miteinander verbunden. Beide Ausdrücke für sich sind
schon äußerst facettenreich und komplex. Welch großes Ausmaß es annähme, den vollständigen
Begriff in seiner ganzen Bandbreite zu erläutern, ist mir hiermit bewusst. Es würde den Rahmen
dieser Arbeit sprengen! Insofern halte ich es für sinnvoll, das Hauptaugenmerk in diesem Kapitel
auf das Verständnis der Kirchenmusik zur Zeit der reformatorischen Entwicklung zu beschränken.
Zwei Namen sind damit untrennbar verbunden: Martin Luther und Johannes Calvin. Auch wenn
dem ersten der beiden Reformatoren im Laufe der gleich folgenden Ausführungen wesentlich mehr
Aufmerksamkeit zukommt, sei damit nicht gesagt, Luther hätte im Vergleich zu Calvin die
Kirchenmusik intensiver geprägt. Letztlich geht es mir darum die Spur von Luther zu Gerhardt
aufzudecken und zu verfolgen. Deshalb möchte ich auch verstärkt die lutherische Kirche in den
Fokus nehmen. Paul Gerhardt war überzeugter Lutheraner. Wie stark ihn seine Theologie formte
wird an anderer Stelle noch deutlich werden.3
Form und Entfaltung
Die Entwicklung der Kirchenmusik innerhalb der definierten Grenzen nach zu zeichnen, bedeutet
3
Siehe Kapitel 2.0
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auf die Anfänge der reformatorischen Kirche und ihrer Gottesdienste zu blicken. So wie das Singen
von Psalmen4, Lob- (Hymnen)5 und geistlichen Liedern6 im Urchristentum untrennbar mit dem
Gottesdienst verbunden war (vgl. 1Kor 14, 15-26; Eph 5,19 und Kol 3,16), ist es die Kirchenmusik
der lutherischen Kirche von Beginn an auch (Schrade 1993:1113).
Der Begriff Kirchenmusik umfasst zu Beginn /Mitte des 16. Jh. verschiedne Arten von Liedern. Es
stellt sich daher die Frage, wie und woher sie kamen und welche Form sie hatten. Bereits im 9. Jh.
mischten sich durch den liturgischen Wechselgesang, Kirchensprache und Volkssprache. Ca. 100
Jahre später entstanden daraus die sog. Leisen. Dabei handelt es sich um Vierzeiler in Reimform,
die auch auf Wallfahrten und Prozessionen gesungen wurden (Doerne 1959:1458). In ihnen sind
die Hauptwurzeln des deutschsprachigen Kirchenlieds zu finden. Martin Luther hat schon in jungen
Jahren solche deutschen geistlichen Lieder gesungen. Er sammelte etliche von ihnen, bearbeitete
sie später oder schuf sie sogar neu, um sie dann der erneuerten Kirche vorzustellen (Jenny
1983:15). Dabei erfuhr er die tatkräftige Unterstützung von Johann Walter, der sein musikalischer
Berater war. Walter, Magister der Philosophie war, ein begnadeter Musiker und gilt als Begründer
der evangelisch-lutherischen Kirchenmusik.
Luthers Beweggründe für die gottesdienstliche Musik waren nach paulinischem Vorbild (1Kor, 14,
15-26), Gottes Wort und die christliche Lehre auch im musikalischen Sinne zu treiben und zu üben:
„Deshalb habe ich… geistliche Lieder gesammelt, um das heilige Evangelium in Schwung zu
bringen, damit auch wir uns rühmen… so daß Christus unser Lob und Gesang sei…“ (Luther bei
Jenny:39). Weil Luther entsprechendes Liedgut pflegte und es als bearbeitetes deutschsprachiges
Gemeindelied in den ev. Gottesdienst einführte, kam die ev. Kirche zu ihren Liedern. Er war nicht
nur der Erfinder des Psalmliedes (Psalmen in Reimform), sondern übertrug auch mittelalterliche
Hymnen und Leisen in die Zeit der Reformation. An dieser Stelle möchte ich hervorheben, dass
Luther wahrscheinlich die Psalmen in ihrer Tiefe erst verstanden hat, als er angefochten war und in
ihnen Hilfe suchte (Jenny 1983:17). Dadurch muss er erkannt haben, dass Elemente wie Lob und
Klage, Versuchung und Gewissheit, zum berechtigten Inhalt kirchlicher Musik gehörten. In einem
bezeugten Brief kann man lesen, wie Luther Freunde darum bat, bestimmte Psalmen in Reimform
zu gießen. Als Vorlage schickte er ihnen sein Lied zu Psalm 130 (:17). Das schon erwähnte
Psalmlied entstand und mit ihm eine neue Liedgattung, denn: die Psalmen in solcher Form gab es
4
Es sind sowohl die jüdisch-vorchristlichen (Ps 1-150), als auch die daran angelehnten neuen Psalmen (Lk
1,47-55: Magnificat; Lk 1,68-79: Benedictus Lk 2,29-32: Nunc dimittis) gemeint (Stalmann 2001:19).
5
Im NT heißt es Lobgesänge und im Urtext Hymnen. Dabei handelt es sich um Gesänge, die im NT
angegeben sind und sich an hellenistischen Hymnen orientieren. Sie beinhalten Anrufung, Prädikation
(preisende Benennung) und Doxologie (Verherrlichung) (:19).
6
Unter geistlichen Liedern versteht das NT vom Heiligen Geist inspirierte Gesänge. Sie sind für den
Augenblick bestimmt, jedoch konnten sie sich bei positiver Resonanz in der Gemeinde zu Psalmen oder
Hymnen verfestigen.
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selbst ansatzweise vorher noch nicht!
Luthers Psalmlieder hatten enorme Breitenwirkung. So kam auch Johannes Calvin in Straßburg
und anderen Orten mit der Form des Psalm-Singens in Berührung. Unter seiner Federführung und
Mitwirkung des franz. Dichters Clement Marot (1496-1544) entstand 1542 ein Gesangbuch mit 39
Gesängen von denen 32 Psalmübertragungen waren (Albrecht 1995:33). Calvin hat den
Psalmengesang in seine Gottesdienstform fest integriert. Allerdings wurden die Lieder stets a
capella gesungen. 1562 lagen die kompletten Psalmen in Liedform vor. Der Genfer Liedpsalter war
entstanden. Von ihm sind die Melodien Johann Crügers, einer der wichtigsten Melodiengeber Paul
Gerhardts, beeinflusst worden (Albrecht 1995:81). Bereits an dieser Stelle scheint durch, wie
bedeutend das Zusammenspiel von Dichtern und Musikern (Luther/Walter; Calvin/Marot und
Gerhardt/Crüger) für die Entwicklung der Kirchenmusik gewesen ist.
Theologische und liturgische Gesichtspunkte
Durch Luther wurde die Musik als wichtiges und unverzichtbares Element in den ev. Gottesdienst
eingegliedert: „Ich möchte, daß wir möglichst viele Lieder hätten, die das Volk während der Messe
singen könnte…“ (Luther bei Jenny 1983:15). Der Gesang hatte im Gottesdienst liturgischen
Charakter, d.h. es war genau festgelegt, wann welches Lied gesungen werden sollte. Luthers
Messordnung sah zwischen den beiden Lesungen ein Psalm-Lied vor, und als Antwort auf den
gesungenen Lobpreis nach dem Abendmahl den sog. feststehenden Gesang (Jenny :15). Die
Kirchenmusik erfüllte dabei den Sinn, auf das verkündigte Wort Gottes zu reagieren und zu
antworten. Der Gemeinde sollte dadurch Sprache gegeben werden, mit der sie in das Lob Gottes
einstimmen konnte. Auf diese Weise, wurde die ganze Versammlung in den Lobpreis Gottes mit
einbezogen und gestaltete den Gottesdienst in aktiver Weise mit. Luther schien das allgemeine
Singen im Gottesdienst eine Hilfe dafür zu sein, wodurch die Gemeinde das allgemeine Priestertum
aller Gläubigen praktizieren konnte (Albrecht 1995:18).
Zwar war Luther gegenüber der Kunst im Allgemeinen aufgeschlossen und es zählten für ihn in der
Kirchenmusik auch die schöpferischen Fertigkeiten, jedoch dem Lob Gottes Ausdruck zu
verleihen, hatte für den Reformator neben allen anderen Künsten die größte Bedeutung (Schrade
1993:1113). Die Musik sollte dem dienen, der sie gemacht und geschaffen hat. Schrade (:1116)
bringt diesen zentralen Aspekt auf den Punkt in dem er zusammenfassend erklärt: Echte
Kirchenmusik wird dort erklingen, wo Gemeinde – sei sie auch noch so klein oder exklusiv – sich
mit der Musik als Lob Gottes identifiziert.
Noch einmal stärker aus theologischer Sicht betrachtet, wird Kirchenmusik im Wesentlichen
dadurch charakterisiert, dass sie an einen biblischen Text gebunden ist. Zum Kern gehörten aber
auch Glaubenszeugnisse in poetischer Form, mit der sich die versammelte Gemeinde identifizieren
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konnte. Wir werden später sehen, dass Gerhardt beide Aspekte meisterhaft miteinander verbunden
hat.7 In Luthers „Freut euch liebe Christen gmein“ flossen auch seine eigenen Erlebnisse, die mit
den Kämpfen um die Gerechtigkeit Gottes aus Klosterzeiten verbunden waren (Albrecht 1995:19).
Im Zentrum der Lieder stand aber immer ganz klar das biblische Wort. Die Theologie hatte in der
Kirchenmusik die Aufgabe da Richtschnur zu sein, wo Texte anfingen zu verwischen. „Schließlich
sei für das Evangelium nur das Beste gut genug.“ (Schrade1993:1113). Luther war darin das große
Vorbild, denn ihm ist es gelungen, biblischen Inhalt und persönlichen Glauben in Einklang zu
bringen.
Musikalische Ausprägung
Luthers erste Lieder waren in einem Chorgesangbuch zu finden, das 1524 von Johann Walter in
Wittenberg herausgegeben wurde. Es handelte sich dabei nachweislich um das erste evangelische
Gesangbuch (Albrecht 1995:25). Die Kirchenmusik zum damaligen Zeitpunkt war so ausgeprägt,
dass die Gemeinde einem Vorsänger mit ihrem Gesang folgte. Aus dem Wechselgesang zwischen
Vorsänger und Gemeinde entstanden die Kirchenchöre, durch die sich wiederum die Kantoreien
bildeten (Schrade1993:1113). Es bleibt hier zu erwähnen, dass die Orgel erst im 17 Jh. Einzug in
die Kirchen fand und somit die Aufgabe der Liedbegleitung übernahm. Im reformierten
Gottesdienst sangen die meisten Gemeinden zwar mehrstimmig, aber ohne Orgel. Nur sehr selten
sind Blechblasinstrumente zur Begleitung eingesetzt worden. Calvin hatte hier nur den reinen
Psalmengesang zugelassen (:1114).
Luther verstand unter Kirchenmusik eine Einheit aus Wort und Ton. Ob er einen Text zu einer
vorhandenen Melodie dichtete, eine überlieferte Melodie bearbeitete oder eine ganz neue Art zu
singen einführte, das Ergebnis war ein Gleichklang aus Sprache und Melodie (Jenny 1983:29).
Bewusst wurden die Lieder mehrstimmig gesetzt, so dass auch die Tonlagen der Jugend mit
einbezogen wurden. Für Luther war das ein wichtiger Aspekt zur musikalischen Bildung und der
Entwicklung der Kirchenmusik auf ein hohes künstlerisches Niveau.
Zusammenfassung: Kirchenmusik hat ihren Ursprung in den Psalmen. Das Lob Gottes steht dabei
im Mittelpunkt. So wie das Volk Gott für seine Taten gepriesen hat, versteht Luther das Singen von
geistlichen Liedern als Antwortcharakter auf die Verkündigung des Wortes Gottes im Gottesdienst.
1.3.2 Die seelsorgerliche Wirkung der Psalmen
Die Psalmen waren für das Volk Israel ein wichtiger Bestandteil ihres Gottesdienstes. Sie hatten
die Aufgabe, den Anbetenden mit Gott zu verbinden (Fee 2002:213). Für den wieder errichteten
Tempel, waren sie das Gesangbuch und für die Synagoge blieben sie das Gebetbuch. In der
7
Siehe Kapitel 3.2.1
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apostolischen Kirche entdeckte man das Leiden und die Auferstehung Christi in ihnen und
verwendet sie gleichermaßen als Gebetbuch. Die Psalmen waren Kern und Inhalt des klösterlichen
Stundengebets und der Liturgie der Kirche. Das Kirchenlied und neuere Lieder entspringen aus
ihnen und täglich orientieren sich Christen im Gebet daran (Burkhardt 2002:1244).
Es wird deutlich, dass die Psalmen zu allen Zeiten eine zentrale Rolle im Leben der Gläubigen
spielten. Was sind die Gründe, die sie zu solch einem besonderen biblischen Buch machen? Ich
möchte die Antwort schon hier andeuten: Sie geben Trost und Wegweisung in Lebens -und
Glaubenskämpfen (Lloyd-Jones 1985-11)! Mit den Begriffen Trost und Wegweisung ist hiermit
auch die Definition für „seelsorgerliches Wirken“ gegeben, welche für die jetzt folgenden
Ausführungen geltend sein soll. Hier nun vier verschiedene Aspekte der tröstenden und
wegweisenden Kraft der Psalmen:
Die Psalmen ermöglichen Identifikation
In den Texten der Psalmen ist mit ausdrucksstarken Worten beschrieben, wie es um den Zustand
der Seele des Schreibers steht. So z.B. in Ps 42,11 u. 12: „Es ist wie Mord in meinen Gebeinen,
wenn mich meine Feinde schmähen und täglich zu mir sagen: Wo ist nun dein Gott? Was betrübst
du dich meine Seele und bist so unruhig in mir?“ Worte wie diese eröffnen dem Leser bzw. Beter
einen Zugang zum Inhalt des Geschriebenen und regen zum Mitdenken und -fühlen an. Plötzlich ist
der Text nicht nur mehr ein Text, sondern man identifiziert sich selbst mit der Situation des
Psalmisten. Solche von den Psalmen dargestellten Bilder malen uns Urbilder des Menschen vor
Augen, die unsere eigenen sind (Busslinger-Stimmen1982:59). In gewisser Weise wird erfahrbar
wie z.B. David (ein Mann nach Gottes Herzen) von heftigsten Lebensstürmen gebeutelt wird (Ps
69) oder nach schwerer Sünde um Gnade fleht (Ps 51), aber dennoch Geborgenheit und Vergebung
in Gott findet. Oder Asaf, (u. a. Leiter des Gottesdienstes mit Chorgesang in Israel), wie er sich in
Widersprüchen seines Lebens verfängt und in Selbstmitleid verfällt, am Ende dann doch durch
Gottes Wahrheit befreit wird und Trost findet (Ps 73). Das Buch der Psalmen ist dicht besät mit
vielen weiteren Beispielen, die nur all zu gut die Dinge charakterisieren, mit denen sich einzelne
Christen und dadurch auch ganze Gemeinden noch heute konfrontiert wissen.
Indem die Worte der großen Glaubensvorbilder des Alten Testamentes auch ihre schwache,
menschliche und verletzliche Seite zum Ausdruck bringen, kommen sie uns auch entgegen. Wenn
solche „Heiligen“ Fehler und Schwächen zugeben und somit zeigen, dass sie in ihrem Leben und
ihrer Beziehung zu Gott auch zu kämpfen haben, dann findet man sich darin leicht wieder. Dadurch
werden die Psalmen schon zu einem starken Trost und Kraftspender (Lloyd-Jones 1995:9). In
gleicher Weise wie ein David oder Asaf können wir dadurch die Wegweisung Gottes erfahren.
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Die Psalmen überzeugen durch Ehrlichkeit
In den Psalmen erfährt man wie die Beter mit sich selber oder zu ihrer Seele reden, ihr Herz
ausschütten, ihre Probleme analysieren und sich selbst ermutigen. Hierbei ist jedoch wichtig zu
verstehen, dass solche Klagen, aber auch Dank und Lob in die großen Rettungstaten Gottes an
seinem Volk Israel eingebettet sind. Diese Taten prägen das Wesen der Psalmen. Somit kommt
nicht einfach nur der Mensch oder ein Volk und seine Not zur Sprache, sondern die gesamte
Erfahrung, die er bzw. es mit Gott gemacht hat (Pfister 1982:54). Ob sie nun vor Freude
übersprudeln oder sich im Tal der Depression befinden, die Psalmisten sind mit sich selber und vor
Gott radikal ehrlich. „Mein Gott mein Gott, warum hast du mich verlassen? Fern von meiner
Rettung sind die Worte meines Gestöhns.“ (Ps.22). „Preise den Herrn, meine Seele! Herr mein
Gott, du bist sehr groß, mit Majestät und Pracht bist du bekleidet.“8 (Ps.104). Es handelt sich hier
um Worte, die aufrichtig nach dem Angesicht Gottes suchen oder es schon gesehen haben. Der
Psalmist reagiert auf seine Situation, indem er sich bewusst wird, mit wem er es zu tun hat. Dabei
hat er schon immer das Ziel vor Augen: Gott! Er stellt nicht die Existenz Gottes in Frage, sondern
„ob sich Gott lebendig zu erkennen gebe.“ (Pfister 1982:54:53).
Wenn ihm auch seine Not noch so zu schaffen macht und die Seele niederdrückt – seine Hoffnung
ist Gott. Ihn redet er an, zu ihm betet er und das hebt den Deckel der Verzweiflung und der Angst,
in der er eingekesselt scheint (Pfister 1982:51). Alles, aber auch alles legt der Psalmist offen vor
Gott und erfährt darin wie Gott ihm nahe kommt. Darin besteht ein weiterer Grund, warum die
Psalmen seelsorgerlich so wertvoll sind. Wenn wir genauso ehrlich sind, dann können wir gleiches
erfahren (Lloyd-Jones 1995:9).
In der Begegnung mit Gott führen die Psalmen den Beter zur Überwindung der Anfechtung
Die Psalmen zeigen einen Weg, ja einen Prozess auf, den ein Psalmist durchläuft. Obwohl soviel
Klage zum Ausdruck kommt, gibt es bis auf ganz wenige Ausnahmen immer einen Wendepunkt
(Lloyd-Jones 1985:106; Pfister 1982:54). Dieser Wendepunkt spiegelt sich in den Worten
„dennoch“ und „aber“ wider.9 Der Psalmist bleibt nicht bei seinem Problem stehen, sondern trotz
aller widrigen Umstände fängt er an Gott zu danken, zu loben oder zu preisen. Jemand, der um die
Güte Gottes weiß, der wendet sich, nachdem er alles Leid beklagt hat, um und wird offen für das
Evangelium (Lloyd-Jones:105). Zwar ist er einen mühsamen Weg der Selbsterkenntnis gegangen,
doch gerade dann, wenn er am Ende ist, öffnet sich die Tür zur Hoffnung und es kommt ein
„dennoch“ oder „aber“ über seine Lippen.
8
Beide Psalmen nach der rev. Elberfelder 1984
In der rev. Lutherübersetzung 1984 kommt das Wort „aber“ 66 Mal und das Wort „dennoch“ 7 Mal im
Zusammenhang mit einem Wendepunkt vor. Die Zahlen beruhen auf eigenen Nachforschungen, werden aber
indirekt (ohne numerische Angaben) durch Aussagen von Lloyd-Jones (1985:105) bestätigt.
9
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Bezogen auf den Psalm 73,23ff, in dem beschrieben wird, wie der Psalmist vom Klagen zum
Loben kommt, sagt Lloyd-Jones (:106): „Dieses Wort [dennoch] erstaunt und macht ganz froh.“ Es
ist der Wendepunkt in einer Situation. „Gott ist dennoch Israels Trost…“, ruft Asaf, der als
Verfasser von Ps 73 gilt (Stuttgarter Erklärungsbibel 2005:715). Zuvor hatte er sich über die
Ungläubigen ausgelassen und ist in Selbstmitleid verfallen. Durch sein Jammern und Klagen
hindurch kommt er jedoch noch zur Selbsterkenntnis: „…da war ich ein Narr und wusste nichts, ich
war ein Tier vor dir.“ (Ps 73,22).
Asaf bringt zum Ausdruck, dass er den ganzen Klageprozess über in Gottes Gegenwart war und es
immer noch ist: „Dennoch bleibe ich stets an dir, denn du hältst mich bei meiner rechten Hand…“
(Ps 73,23). Genau das ist der zentrale Punkt, der nicht nur in diesem Psalm die Wende bedeutet
sondern fast in allen Klagepsalmen. Der Psalmist bezeugt, dass Gott ihn trotz seines uneinsichtigen
Verhaltens nicht verstoßen hat, sondern ihn fest in seiner Gegenwart hält. Es bedeutet Befreiung,
immer noch in der Gegenwart Gottes gewesen zu sein, auch wenn es noch so dunkel um den
Psalmisten war (Lloyd-Jones 1985:107). Hiermit wird für den Beter die Dimension der Gnade
sichtbar und es versetzt ihn in Ehrfurcht und Staunen vor solch einem großen und barmherzigen
Gott.
Ein Psalm bietet demnach die Möglichkeit, den bereits aufgezeigten und durchlaufenen Weg des
Psalmisten Schritt für Schritt mitzugehen und das zu erfahren, was er auch erfahren hat, nämlich
Heilung. Es gibt kaum etwas Lohnenswerteres als die Heilung einer Seele mit zu erleben (:105).
Die Psalmen beinhalten Lehre
Diesen Weg durch das „dennoch“ möchte Gott alle Menschen in ähnlicher Weise lehren. Der
Psalmist kommt nicht sofort vom Klagen zum Loben, sondern durch einen Prozess. Man kann
verfolgen, wie seine Seele nicht nur Trost, sondern auch Heilung erlebt. Die Psalmen möchten
anhand einer solchen Entwicklung aufzeigen, wie Gott handelt, so dass auch wir in gleicher Weise
Wiederherstellung erleben können. Hier erkennen wir den Lehrcharakter der Psalmen. Lloyd Jones
(1995:10) geht sogar so weit, zu sagen, dass man sich zuallererst vom Lehrinhalt des biblischen
Textes unterweisen lassen sollte. Dann erst sei es gut, die Personen und ihre Schwierigkeiten
genauer zu betrachten. Um Richtungsweisung aus einem Psalm zu erfahren, bedarf es, ihn auch
objektiv zu betrachten und herauszufinden, was er generell vermitteln will. Ein solcher Ansatz
schützt davor, sich nicht nur auf den Psalmisten und seine Erfahrungen zu fixieren und aus ihnen
zu leben, sondern den engeren Sinn zu erfassen. Letztlich geht es um die Gnade Gottes. Wenn der
Psalmist Heilung und Rettung aus seiner Situation erfährt, dann nur aufgrund der Gnade Gottes.
Wer diesen Lehraspekt der Psalmen nicht erkennt, hat ihre Bedeutung nicht verstanden
(Lloyd:108). Somit wird er für sich auch nicht die Ermutigung und Wegweisung bekommen, die
ihm von Gott her zugedacht ist.
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Zusammenfassung: Die Psalmen sind ein Trostspender für den, der sich in seiner Not und mit all
den dazugehörigen Gefühlen und Gedanken an Gott wendet. In ihnen wird deutlich, wie
lohnenswert und heilsam es ist, vor Gott ehrlich sein Leid zu klagen. Die Erkenntnis, dass Gott
den Beter trotz Leid und Klage an der Hand hält, ist der Wendepunkt in einer solchen Situation.
1.3.3 Das Werk von Paul Gerhardt
Wer kennt sie nicht, die Melodien von „Geh aus mein Herz und suche Freud“, „Die güldene
Sonne“, „Lobet den Herren alle die ihn ehren“ oder „Ich steh an deiner Krippen hier“? Um die
gängigsten Lieder von Paul Gerhardt zu kennen, muss man nicht einmal in der Kirche gewesen sein
– zumindest wurden bis zur 75’er Generation diese Lieder im Musik-, Religions- und
Chorunterricht gesungen. Neben Grimms Märchen und noch vor Luthers Bibelübersetzung
gehörten sie zu den bekanntesten poetischen Texten überhaupt, äußerte sich der Lyrikforscher
Hans-Georg Kemper dazu (Bunners bei Cranach-Sichart 2007:10). Wollte man das Werk Gerhardts
unter einen Leitspruch stellen dann könnte er folgendermassen lauten:
Ermuntert einander mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen
Liedern, singt und spielt dem Herrn in eurem Herzen und sagt Dank Gott,
dem Vater, allezeit für alles, im Namen unseres Herrn Jesus Christus.
(Epheser 5,19-21)
Wenn man von geistlichen Liederdichtern der Geschichte behaupten kann, dass sie durch ihre
Lieder, viele Glaubensbrüder und -schwestern in hohem Maße ermuntert haben, dann gehört Paul
Gerhardt zu den herausragenden Dichtern geistlicher Lieder.
Entstehung der Lieder: Auf den Entstehungsgeschichten der Lieder und Gedichte Paul Gerhardts
scheint ein undurchsichtiger Schleier zu liegen. Außer den Jahreszahlen, in denen sie veröffentlicht
wurden, gibt es keine nachvollziehbaren Hintergründe, die konkrete Entstehungsgedanken des
Dichters oder die seiner Zeitgenossen belegen. Zwar begegnet man in verschiedenster Literatur, auf
CDs oder im Internet so mancher ausgeschmückten Erzählung darüber, wie es zu den Liedern
gekommen sein soll – sie sind jedoch rein spekulativ und legendenhaft. Anerkannte und
ernstzunehmende Autoren der Gerhardt-Forschung wie Bunners, Grosse, Axmacher, Foss,
Cranach-Sichart, Petrich u. a. bestätigen in ihren biographischen bzw. wissenschaftlichen Büchern,
dass keine Belege für etwaige Erfahrungen und Erlebnisse zur Entstehung seiner Lieder überliefert
sind. Das bestätigen auch Winrich und Beate Schefbuch (1997:228), in ihrem bereits zum siebten
Mal aufgelegten Buch „Den Kummer sich von Herzen singen. So entstanden bekannte Lieder“.
Die bedeutendste Grundlage, die einen Rückschluss auf das Werden seiner dichterischen Werke
zulässt, sind somit die Lieder selbst.
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Ausbreitung der Lieder: In der „praxis pietatis melica“10 der dritten Ausgabe des erstmals 1647
erschienenen Gesangbuches von Johann Crüger kommt diese Begabung in 18 abgedruckten
Liedern zum Ausdruck (Matthias 1993:1414; Grosse 2001:19). Gerhardts geistliche Gesänge sind
in Form von alten und eigenen Weisen zunächst vom Kantor der St. Nicolai-Kirche in Berlin,
Johann Crüger, und später dann von seinem Nachfolger Johann Georg Ebeling herausgegeben
worden. So kam es, dass in der 10. Auflage der „praxis pietatis melica“ von Crüger, bereits 88
Lieder von Paul Gerhardt verzeichnet waren (Matthias 1993:1414; Grosse 2001:19).
In der Fülle der Gerhardt-Literatur wird immer wieder sein zurückhaltender und bescheidener
Charakter erwähnt. Daraus entspringt auch die Annahme, dass es für ihn nicht wichtig gewesen sei,
als großer Dichter bekannt und berühmt zu werden. So kann man vermuten, dass Gerhardt sich
nicht darum bemühte seine eigenen Werke herauszugeben – dafür sorgten ja, wie gesehen andere.
Doch Kurt Ihlenfeld (1964:115) wirft die Frage auf, ob er nicht schon vor der Veröffentlichung der
Praxis von Crüger 1648, seine Lieder als Flugblätter unter die Leute gebracht habe. Schon Luther
nutzte zu Beginn der Reformation die Möglichkeit auf diesem Wege Schriften zu verbreiten, um
die Menschen in den neuen geistlichen Aufbruch der Kirche mit hinein zu nehmen (Jenny
1984:16).11 Sollte also nicht auch Gerhardt die Vorteile einer solchen Vorgehensweise beansprucht
haben, um viele Menschen aufgrund der Kriegsauswirkungen zu trösten? Eindeutig zu belegen, ist
diese Aussage nicht, wenngleich eine Zusammenarbeit von Gerhardt und Crüger darauf schließen
lässt, dass bei einer gezielten Verbreitung der Lieder auch das Engagement des Liederdichters
beteiligt war.
Georg Ebeling war es 1667, der insgesamt 120 Lieder als „Paul Gerhardts Geistliche Andachten“
zusammen fasste und veröffentlichte. Ebeling war neben Crüger der bedeutendste Komponist und
Melodienschöpfer der Lieder Gerhardts. Nach neuestem Stand der Forschung liegen uns heute 139
deutsche Lieder und Gedichte von Paul Gerhardt vor (Bunners 2007:121). Zwar gibt Grosse 2001
eine Zahl von 137 an, jedoch konnte Bunners weitere zwei Gedichte, die bis dato unbekannt waren,
Gerhardt zuordnen. Von ihnen haben 40 eine bis in die heutige Zeit tief greifende Wirkung. Ein
Grund dafür ist u. a., dass Gerhardts Liedschatz thematisch weit gefächert ist. Somit ist es auch
legitim zu behaupten, seine Lieder könnten ein eigenes Gesangbuch bilden oder wären ein
Gesangbuch im Gesangbuch (Matthias 1993:1414; Swarat 1993:1250). Seit 1993 befinden sich im
10
Die lateinischen Worte bedeuten: Übung der Gottseeligkeit im Gesang. Der komplette Text des
Titelblattes von Abbildung 1 heißt: „Das ist Übung der Gottseligkeit in christlichen und trostreichen
Gesängen, Herrn Doc Martini Luther führnehmlich wie auch anderer vornehmer und gelehrter Leute:
Ordentlich zusammen gebracht und über vorige Edition mit gar vielen schönen neuen Gesängen (derer
insgesamt 500) vermehret: Auch zur Beförderung des so wol Kirchen- als Privat=Gottesdienstes mit
beygesetzten Melodeyen nebst dazu gehörigem Fundament verfertiget Von Johann Crügern…“ (Becker
2001:546).
11
Seitdem die Buchdruckkunst erfunden war, verbreitete man üblicherweise Helden- und Schlachtenlieder,
aber auch Lebensbeschreibungen von Heiligen und Märtyrern in Liedform als Flugblätter.
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„Evangelischen Kirchengesangbuch (EG)“ 26 12 Lieder von Paul Gerhardt, womit er dort nach
Luther der am meisten vertretene Liederdichter ist. Geht es um die Anzahl der Strophen im
„Evangelischen Kirchengesangbuch“, dann übertrifft Gerhardt mit 289 weit die von Luther, der mit
143 zu Buche steht.
Erstaunlich ist, dass sich Gerhardts Werk auch über konfessionelle Grenzen hinweg verbreitete hat.
Sowohl in den evangelischen Freikirchen und kirchlichen Gemeinschaften, als auch in der
katholischen Kirche wurden sie in die entsprechenden Gesangbücher übernommen und finden
somit bis heute Anklang. In einer von Bunners (2007:122) thematisch angeordneten Übersicht13 der
Lieder fällt auf, dass mit einer Anzahl von 24, den meisten Paul Gerhardt Liedern das Thema
„Kreuz und Trost“ zu Grunde liegt. Dazu zählen allein neun Psalmlieder14, „Ist Gott für mich so
trete“, „Warum sollt ich mich denn grämen“ und viele mehr (Cranach-Sichart 2007:206-283). Wir
sehen, dass wir es mit einem der einflussreichsten Dichter geistlicher Lieder überhaupt zu tun
haben, zumal seine Lieder selbst in weiten Teilen der Welt erklingen.
12
In verschiedenen regionalen Ausgaben des „Evangelischen Kirchengesangbuches“ sind bis zu vier weitere
Texte Gerhardts enthalten (Bunners 2007:215).
13
Siehe Anhang
14
nach dem 13., 27., 37., 42., 52., 62., 73., 85. und 93. Psalm
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2. LEBEN VON PAUL GERHARDT
2.1 Biographischer Abriss
1607: Paul Gerhardt wird am 12. März in Gräfenhainichen, einer Provinzstadt des Kurfürstentums
Sachsens, geboren. Schon vor dem Augsburger Religionsfrieden15 1555, war Sachsen stark
lutherisch geprägt.16
Der Vater Christian Gerhardt kam aus einer bäuerlichen Familie, betrieb selber Ackerbau,
einen Ausschank und war einer der drei Bürgermeister der Stadt. Die Mutter Dorothea
hingegen entstammte einer Pfarrfamilie, in der ihr Vater den Titel des Magisters trug und
Superintendent war.17 Paul Gerhardt hatte einen Bruder und zwei Schwestern.
ca.1614: Schon in der Stadtschule von Gräfenheinichen lernt Paul Gerhardt Latein und war am
gottesdienstlichen Gesang beteiligt.
1616: Die Eltern lassen ihre beiden ältesten Söhne Christian und Paul im Studentenverzeichnis der
Universität Wittenberg registrieren.
1618: Der „30-jährige Krieg“ bricht aus.
1619: Paul Gerhardts Vater stirbt. Zwei Jahre später erleidet er den ebenso schmerzlichen Verlust
der Mutter.
1622: Gerhardt kommt an die Fürstenschule nach St. Augustin nach Grimma.
1625/1626: Die Folgen des 30 jährigen Krieges wirkten sich nun auch in Sachsen aus. Es kommt in
Grimma zu einer Seuche und später auch zur Pest.
15
Durch den Reichstagsbeschluss in Augsburg wurden die Kämpfe zwischen römisch-katholischen und
evangelisch-lutherischen Kräften beigelegt und das Luthertum anerkannt. Es gilt nun Religionsfreiheit für die
fürstlichen und städtischen Obrigkeiten, also für die Reichsstände nach dem Prinzip „wer herrscht bestimmt
die Konfession der Untertanen“. (Lexikon der Weltgeschichte 1977:140).
16
Das 17. Jh. wurde auch das Zeitalter des Konfessionalismus (lat. „confessio“Bekentnis) genannt, da sich
verschiedene private und gemeinschaftliche Lebensräume mit unterschiedlichen Frömmigkeitsausprägungen
und christlichen Bekenntnissen herangebildet hatten. Nicht nur das dazugehörige Luthertum sondern auch die
röm. Katholische Kirche so wie der Calvinismus beanspruchte innerhalb seiner Konfession den wahren
richtigen Glauben zu lehren. Paul Gerhardt wurde also in eine Zeit hineingeboren, in der die Theologien
kämpfende Theologien waren (Bunners 2007:17).
17
Caspar Starcke, so der Name von Gerhardts Großvater mütterlicherseits, war in der Ausübung seines
pastoralen Amtes ein treuer Verfechter des Luthertums. So hielt er auch bei aufkommenden
Lehrstreitigkeiten zwischen reformierten und lutherischen Kräften am Inhalt der Bekenntnisschriften Luthers
fest, was für ihn und etliche Gleichgesinnte zu einer zwischenzeitlichen Amtsenthebung führte (Bunners
2007:17). Der Familie Gerhardt wurde von Seiten Starckes somit Treue zum Luthertum vorgelebt. Das dürfte
nicht bedeutungslos für die geistige und geistliche Prägung Paul Gerhardts gewesen sein.
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1627: Mitte Dezember verlässt der nun 20 jährige Gerhardt, nach erfolgreicher Abschlussprüfung,
die Fürstenschule.18
1628: Paul Gerhardt setzt den bereits vorgezeichneten akademischen Weg seiner beruflichen
Ausbildung fort und nimmt seinen Platz als Student an der Universität in Wittenberg ein.
1634: Im Hause des Archidiakones (die führende Pfarrstelle neben der des Diakons) der
Wittenberger Stadtkirche übt Gerhardt Lehrtätigkeiten19 aus.
1640: Die grausamen Kriegsgeschehnisse20 und ihre Auswirkungen zur Zeit Gerhardts waren nicht
die einzige Not mit der er konfrontiert war. Der Stadtbrand von Wittenberg zerstörte viele
Existenzen und traf die Bürger Wittenbergs schwer. Man vermutet, dass aus Gründen
persönlicher Betroffenheit über das große Feuer und die verheerenden Folgen des Krieges,
Gerhardts erste Lieder entstanden sind (Petrich bei Grosse 2007:17; Bunners 2007:31).
1641: Paul Gerhardt ist nach wie vor Theologiestudent. Offenbar hat er sehr gründlich studiert, was
der Gehalt an Weisheit in seinen Liedern und die „später führende theologische Position in
Berlin“, so Bunners (2007:30), zeigt.
1642/1643: Um diese Zeit hält sich Gerhardt in Berlin auf, wo er als Hauslehrer in der Familie des
Kammergerichtsdieners Andreas Berthold als Hauslehrer arbeitete. Er ist immer noch
Student.
1643-1647: In diesem Zeitabschnitt kam es zur Begegnung mit dem Berliner Kantor Johann Crüger.
1647: Bereits 18 Gerhardt-Lieder finden sich in der der „praxis pietatis melica“ Crügers wieder.
1648: Der Westfälische Frieden wird besiegelt
1651: Im Alter von 44 Jahren wird Paul Gerhardt als Probst nach Mittenwalde im Markgrafentum
Brandenburg berufen. Er wurde dafür in der Berliner Nikolai Kirche ordiniert und gegenüber
den lutherischen Bekenntnisschriften verpflichtet.
18
Seine Lehrer bescheinigten ihm im Zeugnis, dass er ein gewissenhafter und sorgfältiger Schüler war. Das
Anfertigen von schriftlichen Arbeiten habe er beherrscht und seine lateinischen Gedichte seien erträglich
gewesen (Rödding 2006:32).
19
Zur damaligen Zeit war es nicht ungewöhnlich, dass in wohlhabenden Familien Hauslehrer für die
schulische Erziehung und Bildung der Kinder angestellt waren. Für viele Studenten ohne feste Anstellung
bedeutete dies eine Möglichkeit sich finanziell über Wasser zu halten.
20
Als Ursache einer stets wechselhaften Politik gegenüber den führenden Mächten, bekam das
Kurfürstentum Sachsen nun besonders stark die Auswirkungen des noch immer tobenden Krieges zu spüren.
Besonders schlimm betroffen war dadurch Gräfenhainichen – Paul Gerhardts Heimatort. Die unter der
Führung von Gustav Adolf einmarschierte schwedische Armee, hatte die Stadt geplündert und in Brand
gesteckt. Das Anwesen der Gerhardts war davon auch betroffen. Noch im gleichen Jahr starb sein Bruder an
den Folgen der Pest, die mit einer Hungersnot einhergehend vielen weiteren Einwohnern der Stadt das Leben
kostete.
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1653: Bereits die 5. Auflage der „praxis pietatis melica“ von Crüger erscheint. Erweitert wurde sie
mit 58 neuen Liedern Paul Gerhardts, unter denen sich auch „Befiehl du deine Wege“ und
„Ist Gott für mich so trete“ befanden. Insgesamt waren dadurch 82 Gerhardt-Lieder
veröffentlicht.
1655: Im Alter von 48 Jahren heiratet Paul Gerhardt Anna Maria Berthold in Mittenwalde.
1656: Das erste Kind, eine Tochter wird geboren. Sie stirbt aber schon nach acht Monaten.
Insgesamt hatten Paul und Anna Maria Gerhardt fünf Kinder, von denen im Zeitraum von
neun Jahren vier sterben.
1657: Paul Gerhardt wird als Diakonus (Pfarrer) nach Berlin St. Nikolai berufen.
1660: Paul Gerhardt muss sich im Religionsstreit von Berlin behaupten.21
1666: Die Konsequenz des Religionsstreites bedeutet Gerhardts Amtsenthebung.
1667: Am 12. März erscheinen Ebelings „Geistliche Andachten“22 Gerhardt lehnt aus
Gewissensgründen das Angebot zur Weiterführung seines Amtes in St. Nikolai ab.
1668: Schwer trifft Paul Gerhardt der Tod seiner Ehefrau Anna Maria. Was ihm bleibt ist sein
sechsjähriger Sohn Paul Friedrich.
1669: Zusammen mit seinem Sohn und seiner Schwägerin zieht Gerhardt nach Lübben in
Kursachsen zurück. Dort kann er sein Amt als Pfarrer weiter ausüben.
1676: Am 27. Mai stirbt Paul Gerhardt. Er wird in der Lübbener Kirche begraben.
Zusammenfassung: Paul Gerhardt hatte aufgrund der uns überlieferten Lebensdaten ein bewegtes
Leben. Ein roter Faden, der sich durch seine Geschichte zieht ist erkennbar: Seine Prägung durch
die lutherische Orthodoxie und Kirchenform der Reformation. Wie man sieht, war er auch mit viel
Leid konfrontiert. Nicht nur mit persönlichem, sondern auch mit den Krisen seiner Zeit. All das
sind Gründe, die nach Trost und Hoffnung verlangen.
2.2 Wichtige Stationen seiner musikalischen, dichterischen und
geistlich- theologischen Prägung und Praxis
2.2.1 Fürstenschule St. Augustin Grimma (1622-1627)
Geistliches Leben und Theologie: Wie der Name der Schule St. Augustin vielleicht schon verrät,
21
Siehe Kapitel 2.2.5
22
Siehe Kapitel 1.3.3 Ausbreitung der Lieder.
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war die fürstliche Lehranstalt ein ehemaliges Augustinerkloster.23 Der Tagesablauf war streng in
Unterrichts-, Andachts- und Essenszeiten unterteilt. Freizeit gab es kaum. Beim Essen wurde aus
der Bibel vorgelesen, denn man sollte den ganzen Tag Gott vor Augen haben.
Zulassungsvoraussetzung für den Übertritt war es, u. a. die Erklärungen des lutherschen
Katechismus in lateinischer Sprache auswendig zu können (Bunners 2007:24). Die Zielsetzung
aller damaligen Fürstenschulen Sachsens – insgesamt waren es drei an der Zahl – lautete: ‚darinnen
die Jugend zu Gottes Ehren und im Gehorsam erzogen, in den Sprachen, den Künsten und
vornehmlich in der Heiligen Schrift gelehrt und unterwiesen werde, auf daß es mit der Zeit an
Dienern der Kirche und anderen gelehrten Leuten in unsern Landen kein Mangel gebe’ (Bunners
:22). Wie aus dieser Formulierung hervorgeht, bestand das Fundament des lutherischen
Bildungswesens aus einer engen Verknüpfung von klassischer Bildung, Bibelstudium und
Frömmigkeitserziehung.24 Unter Frömmigkeit verstand man damals nicht unbedingt die Art und
Weise wie der Einzelne geistlich lebte, sondern dass man die biblisch-reformatorischen Wahrheiten
und Lehren bejahte (:26). Auf diese Weise sollten die aus der Reformation neu gewonnenen
theologischen Erkenntnisse bewahrt und überliefert werden.
St. Augustin war unter dem Einfluss der lutherischen Rechtgläubigkeit, durch die ja Gerhardt schon
innerhalb seiner Familie gefärbt wurde, ein kräftiger Nährboden für seine geistliche und
theologische Entwicklung. Aufgrund des sehr gut organisierten und durchdachten Bildungssystems
Kursachsens, wurden die Schüler und Studenten Schritt für Schritt und sehr gründlich auf ihr
späteres Berufsleben vorbereitet. Gerhardt schuf sich, wie schon in seinem Lebenslauf erwähnt,
durch seinen Fleiß, einen starken Willen und das nötige Durchhaltevermögen die Voraussetzungen
für ein erfolgreiches Theologiestudium.
Dichtung: Aufgrund der vorherrschenden lutherischen Bildungsphilosophie, die den Erwerb von
Sprachkompetenz besonders betonte, wurde Gerhardt hauptsächlich in Latein, Griechisch und auch
Hebräisch unterrichtet. Die Dichtkunst spielte dabei eine bedeutende Rolle. Sie diente dem Zweck,
wichtige Lehrinhalte theologischer, aber auch humanistisch-philosophischer Art zu vermitteln und
aufrecht zu erhalten. Zur Zeit des Barocks war das Präsentieren von Gedichten und Liedern zu
besonderen Anlässen Gang und Gäbe und deshalb eine beliebte Ausdrucksform. Dazu war vor
23
Während der Reformation gingen alle klösterlichen Besitztümer an die Fürsten über. Der damalige
Kurfürst Sachsens, Moritz, finanzierte nicht nur die evangelischen Pfarreien und Stadtschulen, sondern auch
drei sächsische Fürstenschulen. Moritz war es ein großes Anliegen das lutherisch gewordene Sachsen sowohl
politisch als auch geistlich zu einem starken Kurfürstentum zu entwickeln. Dafür brauchte er gut gebildete
Führungs- und Verwaltungskräfte. Aus den damaligen drei Fürstenschulen Sachsens gingen bedeutende
Dichter-Persönlichkeiten wie Friedrich Gottlieb Kloppstock, Gotthold Ephraim Lessing und eben auch Paul
Gerhardt hervor (Bunners 2007:22).
24
Zur Hauptsache hat Phillip Melanchthon, der Freund und Mitstreiter Luthers, dieses Bildungskonzept
entwickelt und zum pädagogischen Programm gemacht (Bunners 2007:24).
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allen Dingen eine rhetorische und sprachliche Kompetenz erforderlich. Diese Fähigkeit sollte den
Schülern vermittelt und eingeprägt werden.
Durch die angewandten Methoden, nach denen damals unterrichtet wurde, lernten die
Gymnasiasten von St. Augustin Inhalte entsprechender Themengebiete zu modifizieren, ohne dabei
ihren ursprünglichen Sinn zu verändern. Solche Imitationen oder Modifikationen wurden bereits im
zweiten Unterrichtsjahr auf Prosa und Poesie angewandt. In Gerhardts späteren lateinischen
Gedichten spiegelte sich die Technik solcher Übungen wider (Bunners 2007:27):
Schon als Schüler zu Grimmaer Zeiten lernte Gerhardt höchstwahrscheinlich die sieben
Passionssalven (dichterische Leidens Betrachtungen)25 aus der lateinischen Dichtung des
Mittelalters kennen. Später sollten sie ihm als Vorlage für eigens kreierte Passionslieder dienen,
aus denen eines seiner berühmtesten Werke „O Haupt voll Blut und Wunden“ entstand (Heine
1999:28). An dieser Stelle ist es interessant festzustellen, dass im Gegensatz zu den ursprünglichen
Passionssalven, die den Zweck der Meditation und der Anrede des gekreuzigten Christus hatten,
Gerhardt mit seinen Leidens-Liedern, den Christen Trost und Ermahnung schenken wollte (Grosse
2001:242). Daran wird deutlich, dass die Unterrichtsmethodik der Imitation und Modifikation,
einen gewissen Einfluss auf die Gestaltung der Liedtexte Paul Gerhardts hatte.
Musik: Als Paul Gerhardt die Fürstenschule in Grimma besuchte, war der Kantor Helmini für den
Musikunterricht zuständig. Vier Mal in der Woche unterwies er seine Schüler im Chorgesang.
Dabei wurden lateinische Hymnen sowie neuere und ältere Kunstmusik einstudiert und gesungen.
Auch die musikalische Gestaltung der Klostergottesdienste war eine regelmässige Aufgabe des
Schulchors. Die Gymnasiasten von St. Augustin sollten durch den praktischen Bereich des
gottesdienstlichen Singens ihre Bildung und persönliche Religiosität verbinden können. Dadurch
verwirklichte sich Luthers und Melanchtons Idee, die Musik zum einen als Übung zu nutzen, die
lateinische Sprache zu trainieren und zum anderen die Frömmigkeit im Alltag und Gottesdienst zu
beleben. Der Rektor der Fürstenschule betonte schon in seinen Unterrichtsanweisungen, dass nicht
nur mit der Stimme, sondern mehr mit dem Herzen gesungen werden sollte (Bunners 2007:27).
Damit ist angedeutet welch grundlegende Rolle die Musik im damaligen Bildungswesen spielte.
2.2.2 Universität Wittenberg (1628-1642/43)
Paul Gerhardt begann sein Theologiestudium an der Universität in Wittenberg26 zu einer Zeit, in
25
Die Passionssalven stammen dem neuesten Stand der Wissenschaft nach mit größter Wahrscheinlichkeit
von Arnulf von Löwen (um 1200-1250). Er war ein Zisterziensermönch, der im Frömmigkeitsstil
zurückgehend auf Bernhard von Clairvaux gelebt hat (Heine 1999:27).
26
Die von Kurfürst Friedrich dem Weisen gegründete Universität zu Wittenberg erreichte seine erste Blüte,
als Martin Luther dort 1512 zu lehren begann. Durch den Reformator und seinen Mitstreiter Melanchthon
war sie zu diesem Zeitpunkt zu einer „Leuchte der Wissenschaft“ geworden (Bunners 2007:31).
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der man intensiv versuchte, den Geist der Reformation aufrecht zu erhalten. Die 100 Jahrfeier zum
Gedenken an die Augsburger Konfession und den zuvor geschehenen Aufbrüchen kirchlicher
Erneuerung durch Luther, setzte einen Massstab für alle weiteren Feste zur Kultivierung des
Luthertums. Durch sie wurde der Anspruch geltend gemacht, dass die wahre Kirche sich in der
Lutherischen Kirche verwirkliche (Stegmann 2008:20). Paul Gerhardt dürfte diesen Gedanken fest
verinnerlicht haben, denn später verteidigte er rigoros diese Haltung gegenüber der calvinistisch
gestimmten Fürstenhoheit.
Theologie und Dichtung: Um die weitere theologische und dichterische Prägung Gerhardts
darzustellen, sollen die Rahmenbedingungen des Studiums der Theologie an der Universität in
Wittenberg genauer unter die Lupe genommen werden. Da über direkte Zusammenhänge zwischen
Gerhardt, seinen Dozenten und damaligen Studieninhalten nichts überliefert ist, kann seine
Prägung hauptsächlich an dem gemessen werden, bei wem ein Student zur damaligen Zeit in
Wittenberg studierte (Stegmann 2008:16). Hier nun einige wichtige Persönlichkeiten, die Gerhardt
beeinflussten:
Nicht unwesentlich hat der Theologe Leonhard Hutter zwischen 1563 und 1616 zu einem
Aufschwung an der Universität in Wittenberg beigetragen. Das Luthertum war durch das
Konkordienbuch27 gefestigt worden und Hutter war maßgeblich daran beteiligt die Universität
Wittenberg in diesem Sinne umzustrukturieren. Er verfasste wie andere auch, ein Kompendium mit
richtungweisenden Schriften zur Weiterentwicklung der lutherisch theologischen Lehre.
Von 1629 an war Johann Hülsemann als Professor der Theologie in Wittenberg. Er wandte sich
strikt gegen den Versuch, zwischen lutherischer und reformatorischer Theologie einen Konsens
(Übereinstimmung) zu finden, was richtungweisend für das Luthertum war. Im Fach der
Kontroverstheologie mussten sich die Studenten mit seinen klaren lutherischen Ansichten
auseinandersetzen. Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass Paul Gerhardt dadurch das lutherisch
orthodoxe Verständnis nach außen hin zu verteidigen lernte. Aus einer den Quellen nach belegten
Disputation (wissenschaftliches Streitgespräch) von ihm, lässt sich der Rückschluss ziehen, dass
der damalige Theologiestudent mit den grundlegenden Kenntnissen der Logik und Dialektik
27
Das Konkordienbuch beinhaltete u. a. den großen und kleinen Katechismus und die Konkordienformel.
Durch die Konkordienformel 1577 versuchten die Lutheraner einerseits die calvinistischen Thesen zu
widerlegen und andererseits innere Streitigkeiten beizulegen. Inhaltlich waren darin die Lehren über das
Abendmahl, Taufe, Prädestination (Erwählung) und den Gottesdienst fixiert (Venard 1992:325/326).
Zunächst entwickelten sich in einzelnen Kurfürstentümern umfangreiche Lehrartikel, bis es schließlich durch
eine Theologenkommission zur einheitlichen und endgültigen Konkordienformel kam. Sie gingen vom
sächsischen und brandenburgischen Kurfürsten und vom würtembergischen Herzog an alle evangelischen
Reichsstädte. Dort sollten ihr sämtliche Pfarrer und Lehrer per Unterschrift zustimmen. 1580 wurde dann mit
dem sog. Konkordienbuch ein fortan überregional verbindliches Schriftwerk mit gültigen Bekenntnissen und
Lehren veröffentlicht (Hauschild 1999:424).
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vertraut war und sie auch praktisch anwenden konnte (Stegmann 2008:36). Interessanterweise
werden darin auch Aussagen gemacht, die zeigen, wie Gerhardt über das „Christ -sein“ denkt:
Bekenntnis und Taufe seien für ihn demnach wichtige äußerliche Bedingungen, doch der
wesentliche Kern des christlichen Lebens „…müsse sich an inhaltlichen Dingen messen lassen,
nämlich am Glauben und Leben des Christen.“ (:39) Wie klar und deutlich eine solche Aussage
doch das dogmatische Verständnis Gerhardts zum Ausdruck bringt!
Zurück zu Hülsemann. Trotz der durchklingenden Neigung für die Auseinandersetzung mit der
Kirchen- und Dogmengeschichte als wichtiges Element des Theologiestudiums in Wittenberg,
stand für den damaligen Theologieprofessor das Bibelstudium im Zentrum theologischen
Arbeitens. Das Ziel war es, in diesem Sinne durch Wissen und Verstehen dem anderen zu dienen.
Für den Studienablauf im theologischen Fachbereich der Universität traf er eine gründliche und
vielfältige Literaturauswahl. Sie beinhaltete biblische Kommentare, fundamentale theologische
Schriften, Bücher, in denen Theologien kontrovers diskutiert wurden und Werke zum praktisch
geistlichen Leben (Bunners 2007:34). Zu ihnen gehörten das Kompendium von Hutter, aber auch
Erbauungsschriften des Theologen Johann Gerhard, der zwischen 1582 und 1637 gewirkt hatte.
Zusammenfassend wird deutlich, dass Studenten unter Hülsemann, und dazu dürfte Paul Gerhardt
gehört haben, sich Exegese, Dogmatik und Kontroverstheologie gründlich aneignen konnten (:43).
Paul Gerhardts biblisches Verständnis wurde in Wittenberg mit Sicherheit stark vertieft und scharf
ausgeprägt.
Zu Gerhardts Zeit hatte auch Paul Röber einen Lehrstuhl in Wittenberg inne. Röber war vor seiner
Berufung zum Professor in Wittenberg als Archidiakon tätig und kam somit aus der Praxis.
Wesenszüge die Bunners (:35) von Röber überliefert, könnten auch bei Gerhardt gefunden werden:
So seien beide auf Einheit in der Lehre bedacht, dabei aber liebevoll, um geistliches Leben bemüht
und hochgeschätzt, voller fester Theologie und persönlicher Wärme in ihrer Rede, rhetorisch
gewandt und bildhaft in der Sprache. Bunners (:35) berichtet von Röber, dass er bei der
Ankündigung einer Vorlesung über eine Reihe von sprachvermittelnder Methoden in der Bibel und
für die kirchliche Praxis betonte, wie wichtig es sei, unterschiedliche Kommunikationsformen zu
entwickeln, durch die das Evangelium vermittelt werden könne. Dazu zählte er Formen wie Briefe,
Lieder, Gleichnisse, Allegorien, Geschichten, Prosa oder auch Poesie. Durch solche spräche der
Heilige Geist (:35). Auch wenn eine direkte Verbindung zwischen Röber und Gerhardt nicht
nachweisbar ist, so kann man dennoch, wie auch im Falle Hülsemanns, davon ausgehen, dass ein
Student zu Gerhardts Zeiten von der Art und Weise, wie Röber Theologie lehrte, beeinflusst wurde.
Seiner Person wird eine große Anziehungskraft nachgesagt, was die vielen Einträge als Pate in
einem Wittenberger Taufbuch untermauert (Petrich 1907:32). Seine Predigten seien nicht nur bei
den Studenten begehrter Stoff zum Nachschreiben gewesen, sondern auch für die Ohren der
unterschiedlichsten Leute aus allen Schichten. Nach solchen Schilderungen ist es schwer zu
glauben, dass eine Prägung Gerhardts von Röber ausgeschlossen sei, zumal er auch noch ein
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musikalischer und dichterisch versierter Mensch war. In welchem Ausmaß das auf Gerhardt
abgefärbt haben könnte, ist nicht zu sagen. Doch, dass eine Person wie Röber, der eine lyrisch
künstlerische Ader hatte und noch dazu eine lebendige Frömmigkeit an den Tag legte völlig an
Gerhardt vorbei gegangen ist halte ich angesichts des großen Einflusses die er auf sein Umfeld
hatte, für unmöglich.
An dieser Stelle soll in einem Exkurs über Johann Arndt, ein weiterer prägender Theologe
unmittelbar vor Gerhardts Zeit (1555 – 1621) genannt werden, der zwar nicht zu Lebzeiten
Gerhardts wirkte, aber zur damaligen Zeit als einer der einflussreichsten Dogmatiker im Luthertum
galt:
In seiner Grabschrift wird er als ‚Liebhaber des inneren
Christentums’ bezeichnet (Petrich 1907:185). Arndts Sicht der
Dinge gegenüber dem Protestantismus waren zu seiner Zeit
durchaus kritisch. So bezeichnete er die evangelischen Christen als
verweltlicht. Zwar hätten sie die Wahrheit gefunden und sie als ihr
Gut angenommen, wollten sich aber durch sie nicht verändern
lassen. „Dem einzelnen Christen fehle die persönliche innere
Erfahrung, durch die allein die Lehre sinnvoll angeeignet werden
könne, und sein Leben zeige zu wenig von den ethischen
Konsequenzen, die sich aus der innerlich angeeigneten Lehre
ergeben müsse.“ (Axmacher 2001:2) Arndt versuchte diesem
Missverhältnis durch seine Schriften, den vier Büchern vom
„Wahren Christentum“ entgegen zu wirken. Er gilt mit dieser
Auffassung als der theologische Denker der den Weg zum
Pietismus ebnete. Seine verfassten Schriften leisteten einen Beitrag
zur Erbauungsliteratur, die zu den meistgelesenen des Luthertums
zählten (Axmacher 2001:XI). Unter Arndts Veröffentlichungen
befindet sich ein kleines Gebetsbuch mit dem Namen
Paradiesgärtlein. Der zweite Teil des Buches enthält neun
Passionsgebete. Sie dienten Paul Gerhardt als Vorlage für
insgesamt sechs Liedneudichtungen.
Infolge des Wittenberger Stadtbrandes entstanden um das Jahr 1642 eine Anzahl von Trost- und
Bußpredigten. In ihnen wird deutlich, wie damals Leidsituationen überwunden wurden. Dabei
spielte nach Stegmann (2008:24) die Dichtung keine so große Rolle. Im Mittelpunkt der
Aufmerksamkeit stand die Predigt, die nach gegebenen theologischen Regeln erfolgte. Der
Prediger hatte die Aufgabe, die biblische Botschaft anschaulich, auf praktische Weise und mit
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Befiehl du deine Wege
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fachtheologischer Kompetenz zu vermitteln. Auf diesem Weg und nicht vorrangig durch geistliche
Dichtung wurde die lutherische Theologie und Frömmigkeit manifestiert.
Gegen diese Ansichten Stegmanns sprechen folgende Ausführungen über die „praxis pietatis
melica“: Wie schon definiert, bedeutet der lateinische Begriff des Liederbuches von Herausgeber
Johann Crüger – Übung der Frömmigkeit im Gesang. Mit dem Wort „Übung“ sagt Crüger aus, wie
notwendig es ist, geistliches Leben und Glaube im Alltag zusammen zu entwickeln (Bunners
2007:44). Mit geistlichem Leben setzt er Konzentration, Meditation, Gebet und Gesang gleich. Aus
Crügers Sicht ging es darum, diese Disziplinen in das Alltagsgeschehen einfließen zu lassen, was
wiederum ihrer Prägung, Einübung und Gewöhnung bedarf. Sein Anliegen war es somit, in der
Tradition Luthers, das Gotteslob zu fördern. Dies galt in musikalisch vielseitiger und ausgeprägter
Weise sowohl für den Gottesdienst, als auch für das individuelle Liedersingen im Glaubensalltag,
in dem die privaten Hausandachten dafür einen Rahmen bildeten. Darin werden drei
Gesichtspunkte deutlich, die für Bunners (:44) als entscheidende Kriterien für die Wirkkraft der
Lieder Gerhardts gelten: a) Die Tatsache, dass sie für den öffentlichen Gottesdienst gedacht sind, b)
für die „private Andacht“ und c) eine künstlerische Motivation dahinter steckt.
Christian Bunners zeigt anhand von Hartmut Lehmann, dass Paul Gerhardt in Verbindung mit
Johann Crüger durchaus gezielte Absichten hatte seine Lieder zu verbreiten. Crüger hatte wie
Gerhardt seine Wurzeln in der lutherischen Orthodoxie. In gleicher Weise zeigten sich beide mit
einer damals aufkommenden Frömmigkeitsbewegung verbunden, in der man sich danach
ausstreckte, den Glauben zu erleben (Lehmann bei Bunners 2008:214). Crüger und Gerhardt
stimmten in musiktheologischen Ansichten weitgehend überein und beabsichtigten durch ihr
geistliches Liedschaffen, die Kirche während und nach der Periode des Krieges innerlich wieder
aufzurichten (:214).
Wie wir später sehen werden, ist Gerhardts Liedgut wie Predigten aufgebaut. Dahingehend mag
Stegmann mit seiner Beurteilung richtig liegen, dass es für Theologiestudenten zu Gerhardts Zeit in
Wittenberg darum ging, in erster Linie das Predigen zu lernen. Jedoch hatte, wie bei Bunners und
Lehmann gesehen, die geistliche Dichtkunst eine prägende Rolle dabei gespielt. Auch gilt zu
bedenken, dass Luthers und Melanchthons Bildungskonzept die Künste, zu denen auch die Musik
und die Poesie zählte, eine sehr wichtige Rolle in der Evangeliumsverkündigung spielten. Diese
Tradition, war nach 100 Jahren nicht gebrochen, sondern sie unterzog sich sogar einer
Weiterentwicklung, wie die enge Zusammenarbeit zwischen Gerhardt und Crüger zeigt. Seine
Lieder haben in nicht wenigen Strophen homiletischen Charakter28. Aufgabe des Predigers ist es
Lehre und Trost zu vermitteln (Stegmann 2008:60). Crüger und Gerhardt wollten auch Trost
vermitteln, und nutzten dazu die Dichtkunst und die Musik.
28
Siehe Kapitel 3.1.1 Textaufbau und Sprache: Das Lied „Befiehl du deine Wege“
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Musik: Über die musikalische Entwicklung und Prägung Gerhardts ist weiter nichts bekannt. Es
lässt sich auch nichts darüber sagen, ob Gerhardt Melodien im Kopf hatte, als er seine Texte
schrieb. Fakt ist, dass ein Mann entscheidenden Einfluss darauf hatte, wie Gerhardts Lieder zu
ihren Melodien und überhaupt unters Volk kamen. Johann Crüger gilt laut Bunners (2008:209) als
der Mann, der Paul Gerhardt als Liederdichter „entdeckt“ hat. Das Aufeinandertreffen der beiden
markierte einen Meilenstein in der Geschichte des geistlichen Liedes. Ob Gerhardt einige seiner
Liedtexte dem Kirchenmusiker vorgelegt hat? Wenn nein, wie wurde Crüger auf den Liederdichter
aufmerksam? Hat er ihn ermutigt und dazu aufgefordert mehr zu schreiben? Zwar stellt Rösler
(1990:18) die These auf, Crüger hätte Gerhardt um Lieder gebeten, der ihm dann auch welche
geliefert hätte, aber einen Quellenbeleg dafür gibt es nicht. Es bleibt aber festzuhalten, dass ohne
Crügers Bestreben, Gerhardts Texte mit Melodien zu versehen bzw. welche dafür zu schreiben und
diese zu veröffentlichen, die Lieder Gerhardts nicht zum Tragen gekommen wären.
Christoph Albrecht hat Johann Crüger als den ‚bedeutendste[n] Melodist der evangelischen Kirche’
bezeichnet – er sei von, unerschöpflichem melodischen Einfallsreichtum’ gewesen (Bunners
2007:259). Vom älteren Gemeindelied Luthers hat er sich ebenso inspirieren lassen, wie von den
Psalmliedern der französisch-reformierten Kirche des 16. Jh. Er knüpfte gelegentlich an Genfer
Psalmenmelodien an (Stalmann:2001:63) Darüber hinaus lehnte er sich an italienische Musik, als
auch an zeitgenössische Andachtslieder. All diese verschiedenen musikalischen und stilistischen
Elemente lies er in seine Kompositionen mit einfließen. Seine herausragende Leistung bestand
darin, aus all den musikalischen Einflüssen und Strömungen etwas Neues geschafft zu haben
(Stalmann 2001:63). Der Kantor war ein innovativer Künstler, der es verstand die Sprache der
Musik, auf anspruchsvolle und einfache Weise zugleich zum Ausdruck zu bringen.
2.2.3 Hauslehrer und Hilfsprediger in Berlin (1642/43-1651)
Geistliches Leben und Theologie: Es gilt als wahrscheinlich, dass Paul Gerhardt zum
Hilfspredigtdienst an der St. Nikolai Kirche in Berlin herangezogen wurde. Dadurch kam er
vermutlich mit Johann Crüger, dem damaligen Kantor zum ersten Mal in Berührung. Aus dieser
Zeit liegt uns das älteste überlieferte Gedicht von Gerhardt vor. In ihm wird ein Grundzug seiner
Frömmigkeit deutlich, nämlich dass er sich fröhlich und vertrauensvoll unter die Führung Gottes
stellte.
Dichtung und Musik: Die Auswirkungen des 30-Jährigen Kriegs und die kämpfenden Theologien
prägten Gerhardts Leben. Wenn Petrich behauptet, dass Gerhardts Liedschaffen bereits in Berlin
zur Blüte kam, dann war der Aspekt des Krieges ein Hintergrund, auf dem Gerhardts Lieder
entstanden sind. Allgemein spielte das geistliche Lied zu dieser Zeit eine große Rolle. Es diente zur
Erbauung der Menschen, die unter den Gewalttaten der Auseinandersetzungen zu leiden hatten.
Dazu Petrich (1907:57):
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„Daß unser Volk im Stande gewesen ist, die Selbstzerfleischung des dreißigjährigen Krieges zu
überleben und seine Todeswunden allmählich auszuheilen, verdankt es […] vor allem dem
unverschütteten Duell religiösen Lebens, aus dem ihm in Wortverkündigung,
Erbauungsliteratur und geistlichem Liede immer wieder neue Heil- und Kraftmittel zuflossen.“
Die Verbindung Gerhardt - Crüger wirkte genau in dieses religiöse Leben hinein. Damals waren
die Lieder leicht einzuprägen, denn sie sollten dabei helfen, evangelisches Gedankengut zu
verbreiten und zu vermitteln. Nur 50% der Berliner, so schätzt man, konnten in der damaligen Zeit
lesen und schreiben. So war man auf die sog. Mund-zu-Ohr-Propaganda des singenden Lernens
angwiesen. Das Volk lernte durch Hörensagen und nach Holm durch das ‚Hörensingen’ (Bunners
2007:45). Darüber hinaus galt das Singen als in der Kultur verankertes Medium zur gegenseitigen
Verständigung. Gerade zur Zeit des 30-Jährigen Krieges spielte die Musik eine wichtige Rolle zur
Erbauung und zum Trost (Bunners 2007:45).
2.2.4 Pfarramt in Mittenwalde (1651-1657)
Dichtung: Wenn auch kaum und höchstens nur ansatzweise bekannt ist, wie und wann Gerhardts
Lieder genau entstanden sind, so darf man annehmen, dass sein Ruf als Dichter geistlicher Lieder
über einen nur kleinen persönlichen Kreis zu dieser Zeit weit hinausging. Seine Berufung 1651
zum Probst (Titel des ev. Pfarrers einer Hauptkirche) in Mittenwalde, könnte durchaus nicht nur
mit seiner angenehmen menschlichen Art und seiner theologischen Bildung und Kompetenz im
Zusammenhang gestanden haben, sondern auch mit seinen dichterischen Fähigkeiten (Foss
1995:16). Das deutet sich in einem Empfehlungsschreiben an, in dem ein paar charakteristische
Züge Paul Gerhardts deutlich werden: So heißt es, dass er eine
Person…, deren Fleiß und Erudition [Gelehrsamkeit] bekannt, die eines guten Geistes und
ungefälschter Lehren, dabei auch eines ehr- und friedliebenden Gemütes und christlich
untadelhaften Lebens ist, daher er auch bei Hohen und Niedrigen unseres Ortes lieb und
wert gehalten… wird. (:16).
Zwar wird hier nichts über seine Dichtkunst gesagt, doch bei Bunners (2007:46) finden wir im Zitat
des gleichen Empfehlungsschreibens weitere Informationen. Da heisst es: ‚… daß er auf unser
freundliches Ansinnen zu vielen Malen mit seinen von Gott empfangenen Gaben um unsere Kirche
sich beliebt und wohlverdient gemacht hat.’ Gerhardts eindeutige Gabe war es nun mal geistliche
Lieder zu schreiben, die nicht nur im privaten Gebrauch der Hausandachten gesungen wurden,
sondern auch im Gottesdienst.29
Geistliches Leben und Theologie: Der Frömmigkeits- und Theologieaspekt bezieht sich hier auch
und vor Allem auf die praktischen Aufgaben, die Paul Gerhardt zu jener Zeit, als er ins Pfarramt
29
Siehe Kapitel
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Befiehl du deine Wege
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berufen wurde zu bewältigen hatte. Noch wirkten die seelischen Nöte der Kriegszeiten in den
Leben der Menschen nach. So war es die schwerpunktmäßige Aufgabe aller Pastoren,
einschließlich Gerhardt, innere Wunden zu verbinden und Halt im Glauben zu geben. Ausgelöst
durch die schweren Verwüstungen von Häusern auf dem Land und in den Städten, durch Seuchen,
Pest, Tod, Hunger, Kriegsverletzungen, Vergewaltigung und allen weiteren Grausamkeiten, die mit
dem Krieg einhergingen, war das keine leichte Bürde. Auch die Kirche musste innerlich wie
äußerlich wieder aufgebaut werden. Viele Pfarrhäuser und Kirchengebäude sind zerstört worden
und viele Geistliche nahmen ihre Amtspflichten nicht ausreichend wahr.
Die Kirche entwickelte verschiedene Konzepte zur inneren und äußeren Wiederherstellung. Dazu
gehörten Ansätze, die vorsahen, dass Laien in kirchlichen Aufgaben verantwortlicher mitwirken
sollten. Solche Programme sind als richtungweisend für die Entwicklung des Pietismus unter
Philipp Jakob Spener (1635-1705) zu sehen (Bunners 2007:51). Paul Gerhardt ist zusammen mit
Johan Crüger in eine Bewegung einzuordnen, die auf dem Fundament lutherischer Dogmen dafür
eintrat, das geistliche Leben mehr zu vertiefen. Damit wären wir wieder bei Johann Arndt
angekommen, dessen Bestreben es ja war, dass die lutherisch überlieferte Orthodoxie sich als
gelebte Frömmigkeit zeige (Petrich 1907:91). Das theologische Thema dieser aufkommenden
Strömungen ist am besten mit den Worten „Trost und Heiligung des Christlichen Lebens“
ausgedrückt. Auf diesem Hintergrund dichtete Gerhardt Lieder und Crüger schrieb oder übernahm
feststehende Melodien, um sie damit zu verbinden.
Die Pfarrhäuser in Stadt und Land, die sehr unter den Auswirkungen des Krieges gelitten hatten
wurden zu Zentren des geistlichen Wiederaufbaus und „…Brunnenstuben des Trostes und der
Hoffnung.“ (Petrich 1907:92). Viele Pfarrer, die uns heute unbekannt sind, haben dazu beigetragen,
die Kriegswunden und Traumen zu bewältigen. Mit Sicherheit zählte Paul Gerhardt zu ihnen. In
seinem Lied „Befiehl du deine Wege“, das nach Petrich (:92) wahrscheinlich in dieser Zeit
entstanden ist, wird dieser Aspekt eindrücklich sichtbar.
2.2.5 Pfarramt an der Nikolaikirche in Berlin (1657-1668)
Dichtung: Als Gerhardt erneut in Berlin heimisch wurde und dort sein Amt als Pfarrer ausübte,
stieg der Bekanntheitsgrad des Kirchenliederdichters. Nun war er auch über die Grenzen seiner
unmittelbaren Wirkungsstätten hinaus bekannt geworden. Sein Name taucht in Crügers zehnter
Auflage des Gesangbuches der „praxis pietatis melica“ insgesamt unter 90 Liedern auf. Als Crüger
1662 starb, führte der Drucker Christoph Runge das Werk des berühmten Berliner Kantors weiter.
Gerhardts dichterischer Ruf wurde mit den Erscheinungen der “Praxis“ von Crüger 1656, 1662 und
insgesamt bis Ende des 17. Jh. vermutlich durch insgesamt vierzehn Ausgaben in Frankfurt a. M.
überregional vernommen. Darüber hinaus wurde 1660 Crügers Gesangbuch in Stettin
herausgegeben. Weitere Auflagen folgten. Damit war aber noch nicht das Ende der Fahnenstange
erreicht, denn es existierten auch noch andere Gesangbücher außer dem Crügerschen, in denen
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Gerhardts Texte abgedruckt waren. Dresden, Lüneburg und Hannover waren die Städte in denen
Gerhardts Lieder gesungen werden konnten. 1663 bahnten sich dann sogar sieben von ihnen den
Weg in die Druckereien der Schweiz. Als Crüger eine Lücke im Kantorenamt von St. Nikolai
hinterließ, wurde sie von Georg Ebeling geschlossen.
Geistliches Leben und Theologie: Gerhardts Berufung nach St. Nikolai als dritter Pfarrer neben
dem Probst und dem Archidiakon erfolgte auf schriftlichem Wege. In einem Antwortschreiben auf
die Anfrage der Berliner Kirchenobrigkeit kommen Gerhardts Neigungen zu einem lebhaften
persönlichem Gebetsleben zum Ausdruck. Für eine Woche gab sich Gerhardt Bedenkzeit, um dann
die Anfrage als Berufung Gottes zu erkennen und zu bejahen: „ … nach fleißiger Anrufung des
Namens Gottes und reifer Erwägung … will mir nicht anstehen, diesem großen und allgewaltigen
Herren zu widerstehen.“ (Bunners 2007:54) Unterzeichnet hat Gerhardt das Schreiben mit „…
gebets- und dienstwilliger Paulus Gerhardt.“ (:54). Spiegelt eine solche Haltung nicht das wieder,
was man gelebten Glauben nennen würde? Ich meine schon. Der Quellennachweis spiegelt
jedenfalls wider, dass Gerhardt sich der Führung Gottes anvertraute. Gerhardt stellte sich aber nicht
nur als starker Mann des Gebets dar, sondern zeigte auch, dass er sich seiner Bedürftigkeit des
Gebets anderer bewusst war (Rösler: 1990).
Aus der zweiten Berliner Zeit, erfahren wir sehr wenig über die Amtshandlungen Gerhardts. Doch
gibt es einige Leichenpredigten, die bis heute erhalten geblieben sind. Rödding hat sich mit ihnen
auseinandergesetzt und als Homilien (Predigttypus, der Bibelstellen Wort für Wort auslegt)
charakterisiert (2006:200). Sie hatten das Ziel, die Gotteserkenntnis anhand der Heiligen Schrift der
Gemeinde deutlich zu machen.
Für Gerhardt bedeutete diese elf-jährige Berliner Zeit einen tiefen Einschnitt in sein Leben. Er
verlor dabei vier seiner fünf Kinder und seine Ehefrau. Des Weiteren sah er sich schweren
Anfechtungen im Berliner Religionsstreit30 gegenüber. Letztlich hat Paul Gerhardt der von
kurfürstlicher Seite geforderten Toleranz gegenüber der reformierten Theologie nicht nachgegeben
und verlor dadurch sein Amt als Pfarrer.
2.2.6 Pfarramt in Lübben (1668-1676)
In Paul Gerhardts letzten Jahren wird nichts mehr überliefert, was auf dichterische Tätigkeit
hinweisen könnte. Dafür sind einige seiner Leichenpredigten und das„so genannten“ Testament
von ihm erhalten geblieben. In letzterem wird das starke Vertrauen und die getroste Freude, die er
in Gott gefunden hat, deutlich:
30
Darauf einzugehen würde den Rahmen der Arbeit sprengen. Deshalb verweise ich auf das Buch „Paul
Gerhardt. Weg-Werk-Wirkung von Christian Bunners in dem diese Thematik ausführlich behandelt ist.
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Nachdem ich nunmehr das 70. Jahr meines Alters erreicht, auch dabei die fröhliche Hoffnung
habe, dass mein lieber frommer Gott mich in kurzem aus dieser Welt erlösen und in ein
besseres Leben führen werde, als ich bisher auf Erden gehabt habe, so danke ich ihm zuförderst
für alle seine Güte und Treue, die er mir von meiner Mutter Leib an bis auf jetzige Stunde an
Leib und Seele und an allem, was er mir gegeben, erwiesen hat…
Was Gerhardt hier als fröhliche Hoffnung ausdrückt, spiegelt sich auch in seinem Liedgut wider31.
Das deutet darauf hin, dass er nicht einfach nur theologisch fundierte Lieder geschrieben hat,
sondern den Glauben auch gelebt hat. In den Lebensregeln, die Teil des „Testaments“ sind und er
seinem Sohn Paul Friedrich nahe legt, wird das sichtbar. Sie sind einfach formuliert und
dokumentieren die unmittelbare und direkte Art, nach der Gerhardt geistlich handelte: „…Bete
fleißig, studiere was Ehrliches, lebe friedlich, diene redlich und bleibe in deinem Glauben und
Bekenntnis beständig, …“ (Rödding 2006). Wie man sieht verwendet Gerhardt in diesem kleinen
Auszug (gilt aber für das ganze „Testament“) keine abstrakten theologischen Begriffe, die er ohne
weiteres hätte einflechten können. Seine Sprache konnte einfach, klar und gut verständlich sein,
was wiederum zeigt, dass sich orthodoxe Rechtgläubigkeit und lebensnahe Frömmigkeit nicht
ausschließen.
Zusammenfassung: Das Leben Paul Gerhardts war geprägt von inneren und äußeren Umständen,
die man als zutiefst zerrüttend bezeichnen könnte. Verlust der Eltern, 30-Jähriger Krieg, Pest,
Religionskonflikte usw. Doch umso stärker wirkt sein Zeugnis, dass er im Glauben abgelegt hat.
Unter der segnenden Hand Gottes hat er das Leben gemeistert: Schule, Studium und Berufung als
Diakonus und Probst, aber natürlich besonders als Dichter. Geschult und gelehrt in der Bibel und
fest verankert in der lutherischen Orthodoxie, bestritt er seinen Lebensweg in tiefem Vertrauen zu
Gott. Seelsorgerlich bewandt nahm er sich der Menschen an, die ihm anvertraut waren.
31
Siehe Kapitel 3.1.1 und 3.2.2
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3. BEFIEHL DU DEINE WEGE UND WAS DEIN HERZE
KRÄNKT
Die Lieder „Befiehl du deine Wege“ und „Ist Gott für mich so trete“ wurden beide erstmals 1653 in
der „praxis pietatis melica, der 5. Auflage des von Johann Crüger herausgegebenen Gesangbuches
abgedruckt und veröffentlicht (Kemp 1975:48/49). Die folgende rein textliche Darstellung der
Lieder erfolgt nach der oben angegebenen Fassung des Jahres 1653 bei Axmacher (2001:103/104;
143/144):
Befiehl du deine Wege
Ist Gott für mich so trete
1. BEfiehl du deine wege
Vnd was dein hertze kränckt,
Der allertreusten pflege
Deß, der den Himmel lenckt:
Der wolcken lufft und winden
Gibt wege, lauf und bahn,
Der wird auch wege finden,
Da dein fuß gehen kan.
1. ISt Gott für mich, so trete
Gleich alles wider mich.
So oft ich ruf un[d] bäte,
Weicht alles hinter sich.
Hab ich das haupt zum freunde
Vn[d] bin geliebt bey Gott:
Was kann mir thun der feinde
Vnd widersächer rott?
2. Dem HErren mußt du trauen,
Wann dirs sol wol ergehn;
Auf sein werck must du schauen,
Wann dein werck sol bestehn.
Mit sorgen und mit grämen
Vnd mit selbsteigner pein
Läßt Gott jhm gar nichts nehmen:
Es muß erbäten seyn.
2. Nun weiß und gläub ich veste,
Ich rühms auch ohne scheu,
Daß Gott der Höchst und beste
Mir gäntzlich günstig sey
Vnd daß in allen fällen
Er mir zu rechten steh
Vnd dämpfe sturm und wellen
Vnd was mir bringet weh.
3. Dein ewge treu und gnade,
O Vater, weiß und sieht,
Was gut sey oder schade
Dem sterblichen geblüt;
Vnd was du denn erlesen,
Das treibst du, starcker Held,
Vnd bringst zum stand und wesen,
Was deinem rath gefällt.
3. Der grund da ich mich gründe,
Ist Christus und sein blut:
Das machet, daß ich finde
Das ewge, wahre gut.
An mir und meinem leben
Ist nichts auf dieser erd;
Das Christus mir gegäben,
Das ist der liebe wehrt.
4. Weg hast du allerwegen,
An mitteln fehlt dirs nicht,
Dein thun ist lauter segen,
Dein gang ist lauter liecht.
Dein werck kann niemand hindern,
Dein arbeit darf nicht ruhn,
Wann du, was deinen kindern
Ersprießlich ist, wilt thun.
4. Mein Jesus ist mein ehre,
Mein glantz und schönes liecht.
Wenn der nicht in mir wäre,
So dürft un[d] könt ich nicht
für Gottes augen stehen
Vnd für dem Sternensitz:
Ich müste stracks vergehen
wie wachs in feuershitz.
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Befiehl du deine Wege
5. Vnd ob gleich alle teufel
Hie wolten widerstehn,
So wird doch ohne zweifel
Gott nicht zurücke gehen:
Was er jhm fürgenommen
Vnd was er haben wil,
Das muß doch endlich kommen
Zu seinem zweck und ziel.
5.Der, der hat außgeleschet,
Was mit sich führt den tod;
Der ists, der mich rein wäschet,
Macht schneeweiß, was ist roth.
In jhm kan ich mich freuen,
Hab einen heldenmuth,
Darf kein Gerichte scheuen,
Wie sonst ein Sünder thut.
6. Hoff, o du arme seele,
Hoff und sey unverzagt:
Gott wird dich aus der höle,
Da dich der kummer plagt,
mit grossen gnaden rücken.
Erwarte nur der zeit,
So wirst du schon erblicken
Die Sonn der schönsten freud.
6. Nichts, nichts kan mich verdammen,
Nichts nimmet mir mein hertz.
Die höll und jhre flammen,
Die sind mir nur ein schertz.
Kein unheyl mich erschrecket,
Kein unheyl mich betrübt,
Weil mich mit flügeln decket
Mein Heyland, der mich liebt.
7. Auf, auf, gib deinem schmertze
Vnd Sorgen gute nacht;
Laß fahren, was das hertze
Betrübt und traurig macht.
Bist du doch nicht Regente,
Der alles führen sol:
GOtt sitzt im regimente
Vnd führet alles wol.
7. Sein Geist wohnt mir im hertzen,
Regiert mir meinen sinn,
Vertreibet sorg und schmertzen,
Nimmt allen kummer hin,
Gibt segen und gedeyen
Dem, was er in mir schafft,
Hilft mir das Abba schreyen
Aus aller meiner krafft.
8. Jhn, jhn laß thun und walten:
Er ist ein weiser Fürst
Vnd wird sich so verhalten,
Daß du dich wundern wirst,
Wann er, wie jhm gebüret,
Mit wunderbarem rath
Das werck hinaus geführet,
Das dich bekümmert hat.
8.Vnd wenn an meinem orte
Sich furcht und schrecken find,
So seuffzt und spricht er worte,
Die unaußsprechlich sind
Mir zwar und meinem munde,
Gott aber wol bewust,
Der an des hertzens grunde
Ersiehet seine lust.
9. Er wird zwar eine weile
Mit seinem trost verziehn
Vnd thun an seinem theile,
Als hätt in seinem sinn
Er deiner sich begäben;
Vnd soltst du für und für
In angst und nöthen schweben,
So frag er nichts nach dir.
9. Sein Geist spricht meinem geiste
Manch süsses trostwort zu,
Wie Gott dem hülfe leiste,
Der bey jhm suchet ruh,
Vnd wie er hab erbauet
Ein edle, neue stadt,
Da aug und hertze schauet,
Was es gegläubet hat.
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22.9.2009
Abschlussarbeit BA
Befiehl du deine Wege
10. Wirds aber sich befinden,
Daß du jhm treu verbleibst,
So wird er dich entbinden,
Da dus am wengsten gläubst:
Er wird dein hertze lösen
Von der so schweren last,
Die du zu keinem bösen
Bisher getragen hast.
10. Da ist mein theil und erbe
Mir prächtig zugerichtt.
Wann ich gleich fall un sterbe,
Fällt doch mein himmel nicht.
Muß ich auch gleich hier feuchten
Mit thränen meine zeit,
Mein JEsus und sein leuchten
Durchsüsset alles leid.
11. Wohl dir, du Kind der treue:
Du hast und trägst davon
Mit ruhm und danckgeschreye
Den sieg und ehrenkron.
Gott gibt dir selbst die palmen
In deine rechte hand,
Vnd du singst freudenpsalmen
Dem, der dein Leid gewandt.
11. Wer sich mit dem verbindet,
Den Satan fleucht und haßt,
Der wird verfolgt und findet
Ein hohe, schwere last
Zu leiden und zu tragen,
Geräht in hohn und spott;
Das creutz und alle plagen,
Die sind sein täglich brodt.
12. Mach end, o HErr, mach ende
An aller unser noth;
Stärck unser füß und hände
Vnd laß bis in den tod
Vns allzeit deiner pflege
Vnd treu empfohlen seyn,
So gehen unsre wege
Gewiß zum himmel ein.
12. Das ist mir nicht verborgen,
Doch bin ich unverzagt:
GOtt wil ich lassen sorgen,
Dem ich mich zugesagt.
Es koste leib und leben
Vnd alles, was ich hab:
An dir will ich vest kleben
Vnd nimmer lassen ab.
30
13. Die welt, die mag zubrechen,
Du stehst mir ewiglich
Kein brennen, hauen, stechen
Sol trennen mich und dich.
Kein hunger und kein dürsten,
Kein armut, keine pein,
Kein zorn der großen Fürsten
Sol mir ein hindrung seyn.
14. Kein Engel, keine freuden,
Kein thron, kein herrlichkeit,
Kein lieben und kein leiden,
Kein Angst und fährlichkeit,
Was man nur kan erdencken,
Es sey klein oder groß:
Der keines sol mich lencken
Aus deinem arm und schooß.
15. Mein hertze geht in springen
Und kan nicht traurig seyn,
Ist voller freud und singen,
Sieht lauter sonnenschein.
Die Sonne, die mir lachet,
Ist mein Her Jesus Christ;
Das, was mich singend machet,
Ist, was im himmel ist.
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Befiehl du deine Wege
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3.1 Aufbau, Form und Sprache des Liedguts von Paul Gerhardt
Im Folgenden geht es darum zu veranschaulichen, wie Paul Gerhardt den textlich strukturellen
Aufbau seines Liedguts gestaltet und dabei rhetorisch und dichterisch vorgeht. Dabei soll sich
zeigen, wie die sprachlichen und musiktheoretischen Mittel zu einem tröstenden und Hoffnung
spendenden Charakter des Liedguts beitragen. Wenn nun im weiteren Verlauf des Kapitels das
Wort „Zeile“ im Zusammenhang mit einer Liedstrophe (Str.) gebraucht wird, dann ist es synonym
mit dem Begriff „Vers“ (V.) zu verstehen.
3.1.1 Textaufbau und Sprache
Das Lied: „Befiehl du deine Wege“
„Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird’s wohl machen“, so lautet der fünfte
Vers aus Psalm 37. Er bildet den Ausgangspunkt für das Lied. Alle zwölf Strophen beginnen mit
einem Wort des Psalmverses. Ein solches Stilmittel wird Akrostichon (Spitzenvers) genannt. Auch
wenn es eine im Barock häufig verwendete Kunstform war, – die den Zweck erfüllte, hoch
stehende Persönlichkeiten besonders zu loben und zu würdigen – hat sie Gerhardt nur einmalig
gebraucht. Natürlich tat er das nicht in diesem Sinne wie man sieht, sondern vielmehr, um die
Worte Gottes besonders zu würdigen und die Strophen einprägsamer zu gestalten. Möglicherweise
war die ursprüngliche Anordnung des Psalms Vorbild für sein Stilmittel, denn: Der Psalm 37
beginnt die ungeraden Verse (1, 3, 5 usw.) in der Reihenfolge des hebräischen Alphabetes.
Paul Gerhardt legt das gesamte Psalmwort anhand der angewandten Struktur des Akrostichon
Schritt für Schritt aus. Hierfür diente ihm das exegetische Verständnis der lutherischen Orthodoxie
als Rahmen (Axmacher 2001:107). Als Gerhardt den Psalm in Gedichtform goss, spielte dieser
Aspekt bei der sprachlich-theologischen Ausarbeitung eine gewichtige Rolle. Dadurch war er
nämlich an die Regeln der Dogmatik gebunden, die ihrerseits die Bibel zur Norm hatte.32 Gerade
aber weil Gerhardt in diesem Sinne tief lutherisch geprägt war, muss er in erster Linie die
„heilsame Lehre und … ihre Anwendung im Leben …“, vor Augen gehabt haben, die mit all dem
genannten zusammenhängt (:107).
Bevor wir nun näher auf sprachliche Mittel im Text eingehen, soll eine mögliche Gliederung des
zwölfstrophigen Liedes in fünf Sinnabschnitte, wie sie sich nach Axmacher (:109) ergibt,
dargestellt werden (die auftauchenden Fachbegriffe werden im weiteren Textverlauf erklärt):
32
In der lutherischen Theologie gilt die Bibel als norma normans (normierende Norm). Sie ist Gottes Wort
und somit die einzige Richtschnur und Norm aller Lehre. Die Dogmatik als norma normata (genormte
Norm) in Form der lutherischen Bekenntnisschriften, ist an die Heilige Schrift als höchste Instanz gebunden.
Sie ist damit von der Bibel genormte Norm. Dieses Verständnis findet sich in der Konkordienformel
schriftlich fixiert wider. Wie bereits bekannt, wurde Paul Gerhardt auf sie vereidigt.
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Sinnabschnitt
Strophe
Funktion
Befiehl dem Herrn
1-2
Exposition
deine Wege und
3-5
Explikation in Gebetsform 1. Teil
hoffe auf ihn.
6-8
Explikation in Gebetsform 2. Teil
Er wird’s wohl
9-11
Applikation
machen.
12
Gemeinsames Gebet
Die Möglichkeit, den Text so gliedern zu können, wie es die Darstellung zeigt, ist ein Indiz dafür,
dass Paul Gerhardt eine logisch und gedanklich durchdachte Vorgehensweise im Aufbau seines
Liedguts pflegte. Sie erinnert an einen Predigtaufbau.33 was auch nicht weiter verwunderlich ist,
denn Gerhardt war schließlich Pfarrer.
Liedanalyse:
Str.1-2: Die beiden ersten Strophen bilden zusammen die Exposition (Darlegung der Grundstimmung,
Ausgangssituation und Zustände), die das zentrale Thema „die eigenen Wege Gott anzuvertrauen“
nicht nur vorstellen, sondern auch gleichzeitig schon zusammenfassen (Axmacher 2001:109).
Obwohl er in seiner Psalmverarbeitung empfindsam und seelsorgerlich klingt, wirkt Gerhardt in
seinen Sätzen fest und stark. Das liegt mitunter an den kraftvollen Bildern, die er immer wieder
verwendet und denen er durch entsprechende Substantive eine noch stärkere Kontur verleiht. In
unserem vorliegendem Lied drückt sich das beispielhaft in den Zeilen fünf und sechs aus: „Wolken,
lufft und winden“ und „wege, lauf und bahn“. Solche – wenn auch nicht immer in dreifacher Weise
– angeordneten und aufeinander bezogenen Substantivreihen, sind ein Markenzeichen Paul
Gerhardts. Sie begegnen uns immer wieder in seinen Texten. Daraus und aus zahlreichen andern
Beispielen ließe sich ableiten, dass der Kirchenliederdichter grundsätzlich in Parallelstrukturen
denkt (Rößler 1990: 25). Das würde auch begründen, warum in Gerhardts Art sich auszudrücken,
so viel Ähnlichkeit zur alttestamentlichen Psalmensprechweise besteht.
Ihr typisches Merkmal ist der Parallelismum membrorum (gleichlautendes Satzglied), durch
welches ein Thema in zwei aufeinander folgenden Versen (V.) wiederholt wird. Hier ein Beispiel
aus Ps 74:
V. 3: „Der Feind hat alles verheert [verbrannt] im Heiligtum.“
V. 4: „Deine Widersacher brüllen in deinem Hause und…“
Durch diese Art von Denk- und Ausdrucksweise werden Schlüsselworte verstärkt und mit Worten
beschriebene Szenen anschaulicher und einprägsamer für den Beter gemacht. Gerhardt hat sich
33
Siehe Kapitel 2.2.2
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offenbar in Anlehnung daran, eine dichterische Sprache angewöhnt, die nicht nur Bilder in den
Köpfen der Hörer entstehen lässt, sondern auch in ihre Gefühlswelten vordringt. Seine vielen
Lieder, die er direkt aus den Psalmen bildete, sind ein Beleg für seine intensive Prägung durch ihre
Form und Sprache.
Der Liedtext „Befiehl du deine Wege“ birgt allein so viele für Gerhardts Dichtkunst
kennzeichnende Merkmale, dass sich damit reichlich über seinen förmlichen und sprachlichen Stil
im Allgemeinen aussagen lässt. Dazu ein weiteres eindrückliches Beispiel. Wir haben festgestellt,
wie strukturiert und durchdacht Gerhardt im Liedaufbau vorging. In seinem vorliegenden Text
greift er die Metapher vom Weg auf, durch die er dem Gesamtwerk ein Gerüst gibt.
Strophe 1
Strophe 4
Strophe 12
„BEfiehl du deine wege …
„Weg hast du allerwegen, …“
„So gehen unsere wege …“
Gibt wege, lauf und bahn,
Der wird auch wege finden …“
Durch das Wort „wege“ der ersten Strophe in Vers 6, welches in der unmittelbar folgenden Zeile
noch einmal aufgegriffen wird, entsteht eine Verbindung der beiden Verse. Gerhardt nutzt sie, um
ein wichtiges Motiv besonders zu betonen. Der Effekt dabei ist, dass seine Sprache ruhig,
gleichmäßig und fließend klingt.
Insgesamt werden die „wege“ in dieser Strophe dreimal erwähnt. Sie verknüpfen demnach nicht
nur zwei Verse, sondern halten die ganze Strophe zusammen. So sind es in der ersten Verszeile die
„eigenen menschlichen Wege“, in Zeile sechs die „der Wolken, Luft und Winden“ und in der
vorletzten dann werden sie zu „Gottes Wegen“ (Grimm 1990:286).
Die „wege“ umspannen sogar den kompletten Liedtext. Sie bilden somit gleichzeitig den Rahmen
und den Kern des gesamten Stücks. In verdichteter Form entfaltet Gerhardt die theologischinhaltliche Bedeutung des Weg-Bildes. Er zeigt auf, wie die menschlichen Wege zu Gottes Wege
werden können. Das ist gleichzeitig der Grund dafür, warum dieses Lied Trost spendet (Axmacher:
2001:129)!
Wie reich an rhetorischer und sprachlicher Brillanz diese erste Strophe noch ist, zeigt sich in der
Analyse der weiteren Verse. Untersucht man die sechs Worte auf ihre Buchstaben, dann stellt man
nicht nur fest, dass jeweils die beiden ersten der jeweiligen Zeilen eine Alliteration bilden, sondern,
dass auch alle Vokale auf die einzelnen Wörter verteilt sind:
„Wolken lufft und winden…
wege
lauf und bahn“
Durch diese Art von synonymer Aufzählung, klingt die Sprache Gerhardts rund und freundlich,
aber gleichzeitig kraftvoll. Die Verwendung solcher Substantivreihen als rhetorische Stilmittel sind
in vielen seiner Lieder zu finden (Hillenbrand1992:16). Sie sind besonders durch so genannte
Zwillingsformeln (feststehende Wortpaare, die meist durch eine Art von Reim miteinander
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verbunden sind) gekennzeichnet. Allgemeine Beispiele dafür sind Wind und Wetter, Rat und Tat,
Leib und Seel. In unserem Beispiel kommt die Wind und Wetter -Formel leicht verändert und sogar
als Drillingsformel („wollcken, lufft und winden...“) zum Ausdruck. Alle hier von Gerhardt
benutzten Substantive stehen sowohl dem Sinn nach, als auch vom sprachlichen Aspekt her
betrachtet, in unmittelbarem Zusammenhang.
Für den tröstenden Aspekt der Sprache Gerhardts spricht ein weiteres Stilmittel. Es wird als
instrumentales „mit“ bezeichnet (:35). Was sich dahinter verbirgt wird in Strophe zwei (V. 5+6)
ersichtlich:
„Mit sorgen und mit grämen
Vnd mit selbseigner pein“
Durch das „mit“ werden die Sorgen, der Kummer und die Selbstanklage betont, damit sie der
Mensch Gott anvertraut.
Str.3-5: Nachdem in den ersten beiden Liedstrophen Grundstimmung und Ausgangssituation des
Psalmverses ausgedrückt wurden, entfaltet sich nun der zentrale theologische Inhalt. Zusammen
bilden die angegebenen Strophen einen Verbund, der inhaltlich einer Explikation (Erklärung,
Auslegung, Unterweisung) gleich kommt. Dafür wechselt in den Strophen drei und vier zunächst
die Anrede. Plötzlich ändert sich die Perspektive: Wurde zu Beginn des Liedes (Str.1-2) der Hörer
von Paul Gerhardt persönlich angesprochen, steht jetzt Gottes Wesen direkt im Mittelpunkt. Er
wird zum Inhalt dessen, was Gerhardt an dieser Stelle vermitteln möchte. Gott wird mit „Du, „O
Vater“ und „starcker Held“ angeredet (Str.3 V.1,2,6). Somit formuliert Gerhardt in seelsorgerlicher
Weise ein Gebet, das gleichzeitig über Gott lehrt und dem Beter die Kindschaft zuspricht.
Die Verse sieben und acht der dritten Strophe bergen eine weitere rhetorische Feinheit in sich, die
für Paul Gerhardts sprachliche Logik ein typisches Charakteristikum ist. Im Satzbau bevorzugt er
eine zweiteilige Argumentationsstruktur, d.h. er folgt der Formulierung „was – das“ (Hillenbrandt
1992:34).
„Vnd was du denn erlesen,
Das treibst du starcker Held, “
Weitere Muster dieser Art wären „wo – da“, „wer – der“, „wie – so“ usw. Sie dienen dazu, zwei
Verse miteinander zu verbinden und die Argumentation logisch nachvollziehbar zu machen. Weil
es sich dabei ausschließlich um kurze Worte handelt, hindern sie nicht den gesamten Zeilenfluss,
sondern unterstützen ihn sogar.
Wir haben festgestellt, dass es sich in unserem Strophenverbund um einen Lehrteil handelt. Im
Mittelpunkt der Lehre steht Gottes Wesen und Handeln. Das drückt Gerhardt besonders stark durch
eine anaphorische Reihung (Verse die nacheinander mit demselben Wort beginnen) in Strophe vier
aus:
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35
„Dein thun ist lauter segen
Dein gang ist lauter liecht
Dein werck kann niemand hindern
Dein arbeit darf nicht ruhn“
Die Anwendung der Anapher „Dein“, die Wiederholung des Wortes „lauter“ und die stets gleiche
Anordnung der Subjekte „thun, genug, werck und arbeit“ an zweiter Position, bewirkt eine
eindrucksvolle Schlichtheit. Gerhardt gelingt es dadurch, eine Sprach- bzw. Gebetshilfe zu
schaffen, die den Beter in die Arme Gottes treibt.
Str.6-8: Nun wird die Aufmerksamkeit wieder dem Singenden zuteil. Gerhardt ermutigt ihn, indem er
auffordert a) zu hoffen: „Hoff, o du arme seele, hoff…“, b) sich aufzumachen: „Auf, auf gib deinem
schmertze / Vnd sorgen gute Nacht;…“ und c) Gott wirken zu lassen: „Jhn, jhn laß thun und
walten“ Im rhetorischen Fachjargon werden solche Wortdoppelungen Epizeuxis
(Wortwiederholung) genannt. Sie tauchen in Gerhardts Liedgut bis zu sechs Mal auf und auch in
vielen anderen Dichtungen des Barocks sind sie zu finden. Mit Hilfe von Wortdoppelungen, wird
nicht nur die Absicht hinter der betreffenden Textpassage verstärkt zum Ausdruck gebracht,
sondern auch Bezüge und Verbindungen zwischen größeren und kleineren Sinnabschnitten
hergestellt (Hillenbrand 1992:26). In unserem Beispiel wirkt die dreifache Aufforderung in
Strophe sechs (V.1+2), zu hoffen, wie ein Befreiungsschlag.
In derselben Strophe stoßen wir in Vers fünf wieder auf das schon bekannte instrumentale „mit“.
Es drückt an dieser Stelle aus, wie mächtig und stark Gott ist (:35): „ … mit großen gnaden rücken
…“ Verstärkt wird der Ausdruck noch mit der Alliteration „großen Gnaden“. Wo sonst in allen
vorherigen Verseinheiten die Mitte der Strophe durch einen thematischen Einschnitt markiert ist,
werden die Verse vier und fünf zusammengezogen:
Vers 3: „Gott wird dich aus der höle“
Vers 4: „Da dich der kummer plagt“
Vers 5: „mit großen gnaden rücken.“
Verssprungkop#ükoü#koü#koüop#kop#
kop#kop#mkop#kopä
Die hier vorliegende Abweichung, sprich der Verssprung, kann zusammen mit der oben genannten
Alliteration als Zeichen der Hoffnung gedeutet werden (Axmacher 2001:135).
Ein weiteres Kennzeichen der bildhaften Sprache Gerhardts ist die Metapher der Sonne, die in den
theologischen Untersuchungen im Kapitel 3.2 noch näher erläutert wird.
Str.9-11: Nun erfolgt die Übertragung der theologischen Lehre auf den Singenden.
Str.12: Der Schluss in Gerhardts Befiehl du deine Wege bildet ein abschließendes Gebet.
Das Lied: „Ist Gott für mich so trete“
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So wie „Befiehl du deine Wege“ auf Vers 5 des 37. Psalmes beruht, ist die Grundlage für das Lied
„Ist Gott für mich, so trete“ das achte Kapitel des Römerbriefes. Paul Gerhardt greift damit das
zentrale Thema der paulinischen Theologie, die Rechtfertigung aus Glauben, auf. Das Lied ist von
Gerhardt mit einem, in der lutherischen Rechtfertigungslehre wurzelndem Rahmen abgesteckt
worden. Diese entfaltet er auf selbständige Weise unter dem trinitarischen Aspekt – Gott Vater,
Gott Sohn und Gott Heiliger Geist –, der dem Lied eine grobe Gliederung gibt. Dabei steht der
pneumatologische Gesichtspunkt vom Umfang her im Mittelpunkt. Betrachtet man das Lied im
Gesamtkontext und vergleicht es mit der Dogmatik der altprotestantischen Orthodoxie, so kann
man feststellen: Die lutherische Rechtfertigungslehre gibt ihm die Struktur und den
hauptsächlichen Inhalt. (Axmacher 2001:146). Dennoch hat er seine eigenen theologischen
Gedanken daraus entwickelt.
Aus dem Lied ergibt sich folgende mögliche Gliederung:
Sinnabschnitt
Strophen
Bibl. Bezug: Röm 8
Funktion
Gott macht durch den Tod und die
1-2+3-6
31-34
Exposition (1-2)
Auferstehung Jesus gerecht
Explikation (3-6)
Das Wirken des Geistes im Menschen
7-10
1-30
Explikation
Nichts kann trennen von der Liebe Gottes
11-14
35-39
Applikation
Jesus die vollkommene Freude
15
Unabhängig
Zeugnis
Liedanalyse:
Str.1-2: Der erste Versverbund wird von einer parallelen Satzbauweise durchzogen. Wie wir bereits
festgestellt haben, bestimmen sie das Grundprinzip, nach denen Gerhardt syntaktisch (Satzgliedernd) und dichterisch arbeitet. Die sprachliche Formulierung des Römerbriefes ist für ihn die
Vorlage. In Vers eins und zwei beziehen sich die possessiven (besitzanzeigenden) Verbindungen
„für mich“ und „wider mich“ aufeinander. Im zweiten Abschnitt (V.5-8) finden sie ihre jeweiligen
Entsprechungen in „haupt, freunde, Gott“ und „feinde, widersächer, rott“. Dadurch betont
Gerhardt, dass Gegensätzliches miteinander zusammen hängt. Dieser so genannte antithetische
Parallelismus (gegensätzliche Entsprechung) dient ihm im vorliegenden Falle dazu, die Wirkung
des „Angenommenseins von Gott“, zu bekräftigen. Durch dieses sprachliche Mittel wird die
tröstende Wirkung verstärkt. Theologisch gesehen, sind daran bestimmte Folgen geknüpft, die sich
sprachlich durch eine zweiteilige Argumentationsstruktur, „Ist Gott…, so…“ (V.1+3), „Hab ich…
Was kann…“(V.5+7) ausdrücken. Durch die rhetorische Frage am Ende der Strophe werden die
negativen Folgen („widersächer rott“) entkräftet.
Ist die erste Strophe, von aufeinander sich beziehenden und bedingenden Argumenten durchzogen,
so steht die zweite in assertorischer (feststellender, behauptender) Rede (Axmacher 2001:157).
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Ihren rhetorischen Zweck erhält sie dadurch, dass Aussagen als sicher und unantastbar dargestellt
werden. Durch eine synonymische Verbreihe („Nun weiß und glaub ich“), eine Zwillingsformel
(„Daß Gott der Höchst und beste“) und eine alliterierende substantivische Doppelung („Mir
gänzlich günstig sey“) wird vermittelt, wie stark der Glaube durch die bedingten Zusagen Gottes
aus der ersten Strophe ist.
Str.3-10: In der Analyse der Form und Sprache des Liedes „Befiehl du deine Wege“ wurde schon
angedeutet, dass die Metapher der Sonne bei Gerhardt fester Bestandteil des Liedguts ist. Dadurch
will Gerhardt die Bedeutung Jesu besonders herausstellen. An folgenden drei Stellen ist dies
nachzuvollziehen:
Strophe 4: „Mein Jesus ist mein ehre,
Mein glantz und schönes liecht“
Strophe 10: „Mein Jesus und sein leuchten
„Durchsüsset alles leid“
Strophe 15: „Die Sonne die mir lachet,
Ist mein Herr Jesus Christ“
Der Name Jesus wird hier in drei verschiedenen Zusammenhängen dargestellt. 1. Die Erfahrung
der Befreiung durch die Rechtfertigung ( Str. 4 im Kontext der Str.3). 2. Der Trost im Leiden auf
der Erde (Str.10). 3. Die Hoffnung auf das ewige Leben (Str.15). Durch die Doppelformel „glantz
und schönes liecht“, zu der auch das Oxymoron (zwei sich widersprechende Wörter) „Durchsüsset
alles leid“ zählt und die Sonnenmetapher in Strophe 15 gibt Gerhardt den Worten einen lieblichen,
gefühlsbetonten und zugleich vollen Klang.
Str.11-14: Um die starke und wunderbare Verheißung aus Röm 8,31ff besonders hervorzuheben, werden
einige Stilfiguren angewendet. So z.B. die Zwillingsformeln „fleucht [flucht] und haßt“ oder die
Verbreihe „brennen, hauen, stechen“. Ergänzt werden diese mit dem starken Bild „arm und
schooß“ und der Alliteration „kein Hunger… kein dürsten … kein armut …kein pein“.
Str.15: Zum Schluss ein schönes Beispiel des symmetrischen Strophenaufbaus, den Gerhardt hier
anwendet. Der Mittelpunkt der Strophe ist die Sonne (V. 4+5). Auf sie läuft alles hinaus. Im ersten
Teil der Strophe wird beschrieben wie in der Gegenwart der Sonnenstrahlen das Leben des
Singenden aussieht. Sein Herz springt, kann nicht traurig sein ist voller Freude, Singen und sieht
lauter Sonnenschein. Im zweiten Teil wird die Sonne als Quelle der Strahlen benannt und erhält
den tiefen Sinn, dass sie Jesus Christus selbst ist. Der Himmel, aus dem Christus scheint, ist
schließlich über dem Singenden geöffnet und lässt ihn die Hoffnung der himmlischen Herrlichkeit
selbst sehen.
Zusammenfasung: Zunächst fällt auf, dass beide Lieder einen sehr ähnlichen Aufbau haben. Sie
enthalten eine prägnante Hinführung bzw. Vorstellung des Themas, die sich dann im weiteren
Strophenverlauf als theologische Lehre entfaltet. Des Weiteren beinhaltet das Liedgut Gerhardts
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Befiehl du deine Wege
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den Bezug der Lehre zum Leben, welches im Zwiespalt des Irdischen und Himmlischen steht.
Schließlich weisen beide Lieder Gebets bzw. Bekenntnischarakter auf. Die Sprache ist aufgrund
eingesetzter Stilmittel im Allgemeinen rund weich und lieblich und zugleich stark tragend und fest.
In Verbindung mit dem Inhalt wirkt sie stark seelsorgerlich.
3.1.2 Versmaß
Das Lied: „Befiehl du deine Wege“
Ein klassisches Werk der Liederdichtung, das Nibelungenlied,34 diente in seiner Form vielen
Werken zum Vorbild. So auch unserem vorliegenden Lied. Es weist das einfache und eingängige
Versmaß, den dreihebigen Jambus (Versfuss) auf. Abwechselnd setzt es sich aus einer sieben- und
einer sechssilbigen Zeile zusammen (Muntanjohl 2006:33). Durch die betonten Silben (-), die auf
die unbetonten (x) folgen, entsteht die sog. Hebung des Metrums (synonym für Versmaß).
Versmaß: Jambus (x –)
Beispiel: Strophe 1
x – x – x – – (Metrum)
x–x–x–
x–x–x––
x–x–x–
x–x–x––
x–x–x–
x–x–x––
x–x–x–
Be
Und
Der
Deß
Der
Gibt
Der
Da
fiehl
was
al
der
Wol
we
wird
dein
Reimschema: Kreuzreim
du
dein
ler
den
cken
ge
auch
fuß
dei
hert
treu
him
lufft
lauf
we
ge
ne
ze
sten
mel
und
und
ge
hen
we
ge
kränckt,
pfle
ge
lenckt:
win
den
bahn,
fin
den,
kann.
a
b
a
b
c
d
c
d
Das Versmaß, in unserem Falle der Jambus, ist demnach bestimmend für die Metrik (das über die
Verszeilen oder Strophen gleich bleibende Schema von Hebungen und Senkungen), die der
Sprache einen Rhythmus vorgibt. Somit bestimmt das Versmaß den Charakter des Liedes mit, der
in unserem Beispiel zur Festigkeit und Bestimmtheit des Liedes beiträgt. Versmaß Rhythmus und
Reimschema gestalten den Text so, dass er in der Regel leicht auswendig gelernt und behalten
werden kann. Damit liegt dem Lied ein wichtiges Mittel zum Verinnerlichen des Textes zu Grunde.
Das Lied: „Ist Gott für mich so trete“
Hier handelt es sich um das gleiche Versmaß und Reimschema wie bei „Befiehl du deine Wege“.
3.1.3 Melodie
Das Lied: „Befiehl du deine Wege“
Wie in der Definition von Kirchenmusik und den Ausführungen zu Johann Crüger hervorgegangen
34
Das Nibelungenlid ist ein Heldenepos (Heldengedicht) das ca. 1200 in Mittelhochdeutschland entstanden
ist. Der Verfasser, der aus dem Donauraum stammte, ist unbekannt.
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ist, wurden Kirchenlieder mit verschiedenen Melodien unterlegt. „Befiehl du deine Wege“ gibt es
mit einer Melodie von Bartholomäus Gesius aus dem Jahre 1603 und von Philipp Telemann 1730.
Letztere ist die gängige Weise, nach der im EG 294 das Lied heute noch gesungen wird (Erb 1983:
144). Deshalb wird nun die Bedeutung dieser Melodie für das Lied beschrieben.
Durch den vorliegenden Jambus ergibt sich für die Melodie ein Auftakt. Es handelt sich dabei um
einen geraden Takt, den wir heute als 4/4 Takt bezeichnen. Wenn man die Melodie im Einklang
mit dem Text betrachtet, dann ist eine gleichmässige Auf- und Ab- Bewegung ersichtlich. Dabei ist
die Terz das größte Intervall und die Sekunde das Häufigste. Dadurch werden Melodiesprünge
vermieden, was dem ganzen Lied einen gleichmäßig fließenden Charakter verleiht (Grimm
1990:287). Die Melodie wirkt zwar nicht leichtfüssig, macht es dem Singenden aber auch nicht
schwer mit zu gehen. Derjenige, der ein schweres Herz hat, wird nicht überfordert, doch von der
Melodie bewegt. Dadurch trägt sie zur Absicht von Ps 35,7 bei, die darin besteht, zum Vertrauen
und Hoffen aufzufordern. Das Auf- und Absteigen der Melodie ist punktuell durch kleinere NotenSprünge erweitert, was sie lebendig hält und fröhlich macht, ohne dabei oberflächlich zu wirken.
Das Lied steht in der dorischen35 Kirchentonart und basiert auf dem Grundakkord D-Moll.
Insgesamt erstreckt sich die Melodieführung wie ein großer Bogen über das ganze Lied, bei dem
am Anfang und am Ende der Grundakkord D-Moll erklingt. So wie ein Weg einen Anfangspunkt
und einen Endpunkt markiert zeigt die Melodie von „Befiehl du deine Wege“ den Weg Gottes von
der Erde zum Himmel.
Die Molltöne A, F und C dominieren zunächst das Lied. Ab der Mitte der Strophen erfolgt ein
Wechsel in C-Dur, der mit A-Dur variiert. Dadurch verändert sich der Charakter der Melodie.
Etwas Neues bricht hervor, etwas, das Hoffnung weckt. Schließlich kehrt das Lied wieder in das
getragene Moll zurück.
Das Lied: „Ist Gott für mich so trete“
Die Melodie, nach der das Lied auch heute noch gesungen wird, findet ihre Wurzeln im 16. Jh. in
England. Sie bildete dort die Grundlage eines Begrüßungsliedes zur triumphalen Rückkehr
englischer Truppen. Für ein weltliches Singspiel aufgegriffen und benutzt, verbreitete sie sich auch
Anfang des 17. Jh. in Europa. Dadurch wurde sie bekannt und berühmt. In Augsburg erscheint in
dem Büchlein „24 Geistliche Lieder samt Melodien“ eine Ballade mit vielen Anklängen an das
englische Original. Die Popularität und Innovation der Ursprungsmelodie hat sich Johann Crüger
1640 zu Nutze gemacht und dem Lied „Keinen hat Gott verlassen“ unterlegt (Rösler 2008:45). Im
20. Jh. wurde sie dann für „Ist Gott für mich, so trete“ verwendet.
35
Als dorisch wird eine der vier alten Kirchentonarten bezeichnet. In ihrem Modus (auf der entsprechenden
Tonart gebildete Tonskala) bildet die kleine Terz auf der dritten Stufe den Grundton und hat daher einen
Moll-ähnlichen Charakter. Zwischen der zweiten und dritten sowie der sechsten und der siebenten Stufe, liegt
ein Halbton. Alle anderen Intervalle sind Ganztonschritte.
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Die Melodie steht ebenfalls in der dorischen Kirchentonart und weist eine raue, trotzig
herausfordernde Tonfolge auf (:45). Im Vergleich zur Melodieführung von „Befiehl du deine
Wege“, die gemäßigt und ausgeglichen wirkt, nimmt sie durch große Intervallsprünge (Quinten
Quarten und eine markante Oktave) einen dynamischen Charakter an. Bei einem Kirchenlied ist
eine Oktave dabei eher etwas Ungewöhnliches. Gerade deshalb entspricht die Melodie aber sehr
gut dem Textinhalt und trifft den Pulsschlag des Liedes hervorragend: „Mein hertze geht in
springen“.
Die Grundtonart ist C-dorisch und wechselt häufig zwischen C-Moll und G-Moll, wodurch dem
Lied eine gewisse Dramatik verliehen wird. Dadurch gibt es die Spannung zwischen der
rechtfertigenden Annahme Gottes („ISt Gott für mich…“) und der folgenden Konsequenz (…so
trete / Gleich alles wider mich.“) wieder. Im zweiten Teil der Strophe, d.h. in den Metren fünf bis
acht nimmt die Melodie einen anderen Charakter an. Ein neues, den Rhythmus belebendes
Element, wird eingeführt. Es besteht aus einer verlängerten und somit bremsenden Viertel- und
einer beschleunigenden Achtelnote. Die Melodie hat in diesem Abschnitt etwas Triumphierendes
an sich, bevor sie dann allmählich wieder zu ihrer Ausgangslage zurückgeführt wird. Dort
bekommt sie durch eine Notenverlängerung noch einmal einen kurzen Bewegungsschub. Dadurch
erweist sie sich als eigenwillig (:85). Im Vergleich zum Lied „Befiehl du deine Wege“, dessen
Melodie sehr schön das Vertrauen, aber auch das Zweifeln vermittelt, drückt die Melodie bei „Ist
Gott für mich so trete“ die feste Gewissheit der Liebe Gottes aus, die zum Hoffnungsträger und
Trostspender geworden ist.
Schlussfolgerung: Wir haben erkannt, dass die Melodien des Liedguts einen wichtigen Beitrag zur
Vermittlung des Inhalts der Lieder leisten. Der tröstende und hoffnungsvolle Charakter des
Liedguts wird durch das Ansprechen der Gefühle verstärkt. Die Musik wirkt dadurch als Türöffner
für die theologischen Lehrinhalte beim Singenden.
3.2 Untersuchungen zur Theologie des Liedguts von Paul Gerhardt
Im folgenden Teil geht es darum zu zeigen, wie die theologisch Prägung Paul Gerhardts in seinem
Liedgut dazu beiträgt, dass seine Texte trösten und Hoffnung schenken. Zum Teil wurde in der
Sprachanalyse schon angedeutet, welche Mittel dazu beitragen. Da die logische Gliederung36 des
Liedguts den Schlüssel zur theologischen Interpretation darstellt, wird er zur Erschließung des
Textes nun auch angewandt.
3.2.1 Trost und Hoffnung durch die alles umfassende Fürsorge Gottes
Das Lied: „Befiehl du deine Wege“
36
Siehe Kapitel 3.1.1: Zu jeweils beiden Liedern liegt eine tabellarische Gliederung vor.
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Paul Gerhardt hat, wie schon festgestellt, Ps 37,5 in dichterischer Form verarbeitet und erklärt. Um
nun am Liedtext anzusetzen und seine Auslegung zu interpretieren, stellen wir uns die Frage: Was
lehrt er von und über den Trost und die Hoffnung Gottes? Wie aus der Grobgliederung des Liedes
hervorgeht, tragen die beiden Strophenblöcke drei-vier-fünf und sechs-sieben-acht den Kerngehalt
der theologischen Lehre, die Gerhardt auf Basis des Psalmwortes vermitteln möchte. In den ersten
beiden Strophen (Exposition) liegt bereits das zusammengefasst beinhaltet, was aus der
angesprochenen Mitte des Liedes hervorgeht. Von ihnen ausgehend, betrachten wir nun Strophe für
Strophe bis zum Ende. Dabei soll die Theologie des Trostes und der Hoffnung bei Paul Gerhardt
entwickelt werden.
Strophe 1: „Befiehl du deine wege / Vnd was dein hertze kränckt“ Das Lied spricht von Anfang an
aus einer leidvollen Situation. Paul Gerhardt stellt dem ersten Teil des Psalmworts (Ps 37,5) ein
von Kummer und Sorgen gekränktes Herz gegenüber. Damit fordert er den Hörer auf, all die Last
und Bürde, die auf seinen Wegen liegt, Gott anzubefehlen oder wörtlich: auf ihn abzuwälzen.
(Spurgeon z. St. Ps 37,5). Hier wird ein aktives Handeln des Menschen gefordert, was untrennbar
mit einem Schritt des Vertrauens verbunden ist. Dem Herrn seine Wege anzuvertrauen, darum geht
es in diesem Lied.
Aus der Mehrzahl, in der das Wort „Weg“ in der ersten Zeile steht, geht weiter hervor, dass nicht
nur der momentane Weg beschwerlich ist, sondern der gesamte Lebensweg, mit all dem was dazu
gehört. Der Lebensweg des Menschen ist somit ein Leidensweg (Axmacher 2002:130). Gerhardt
zeichnet diesen Weg nach bzw. vor. So wie Gott den Himmel lenkt und den weglosen Wolken,
Lüften und Winden einen Weg gibt, so wird er für den Menschen auch einen Weg finden auf dem
er ihn leiten kann. Der Weg des Menschen ist unter Gottes „allertreusten pflege“ einerseits sicher,
aber andererseits auch unberechenbar, wie der von Wolken Luft und Winden auch. Für den
Menschen gilt gleiches wie für die Natur: Wenn Gott ihr schon Wege gibt, wie viel mehr wird er
dann besorgt um die Wege des Menschen sein? Ihm möchte er aus seinem Leidensweg einen
Ausweg zeigen und das ist der Weg Gottes. Er ist sicher, aber unerkennbar (:130). Wäre er für den
Menschen ersichtlich, so müsste er nicht auf ihn hoffen, so wie es im Psalmwort (37,5) geschrieben
steht. Auch zu vertrauen wäre nicht mehr nötig. So ist es aber nicht. Der Mensch ist darauf
angewiesen zu vertrauen. Begibt er sich vertrauensvoll in Gottes Fürsorge („pflege“) und lässt sich
von ihm den Weg führen, den er nicht sieht, empfängt er Trost (Axmacher:130).
Strophe 2: Wir haben gesehen, dass die Aufforderung „Befiehl du deine Wege“ eine Anweisung
zum Vertrauen ist. Mit der ersten Zeile der zweiten Strophe, spricht Paul Gerhardt es nun klar und
deutlich aus: „Dem Herren musst du trauen, / Wann [wenn] dirs sol [soll] wol [wohl] ergehn.“
Damit ist dem Menschen eine klare Vorraussetzung gegeben, dass sein Weg mit Gott auch gelingt:
Er muss dem Herrn vertrauen (V.1). Es braucht das aktive Zutun des Menschen, damit es ihm gut
gehen kann. Ohne sich von seinem Gram (Kummer) und seiner Sorge zu trennen und sich nicht
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mehr selbst zu bemitleiden, kann er von Gott nichts empfangen (V.2-3). Gerhardt macht dem
Singenden deutlich, dass er ins Gebet gehen muss, wenn er von Gott etwas empfangen möchte (V.
7-8).
Strophe 3: Durch die Anrede „Dein … O Vater“ richtet Gerhardt die volle Aufmerksamkeit auf
Gott den Vater. Nachdem in den ersten beiden Strophen dargestellt wird worum es geht und worauf
sich der Hörer einlassen soll verändert das Lied jetzt seinen Charakter und leitet ihn dazu an, Gott
den Vater zu erfahren. Es ist anzunehmen, dass Gerhardts Verständnis dafür der altprotestantischen
Anschauung von Lehre und Leben entspricht (:110). Anzeichen dafür sind, dass die lehrhaften
Aussagen über Gott von Gerhardt als Gebet formuliert werden. Gott im Leben durch Lehre zu
erfahren, d.h. in der Andacht, ist der Kern dieses Verständnisses. Das setzt voraus, ihn im Gebet
wahrzunehmen, um zu erkennen was er lehrt. Somit ist es auch das Ziel Gerhardts hier und in den
folgenden Strophen (4-8) Lehre im Gebet zu vermitteln, damit Gott erkannt und erfahrbar wird.
Betrachtet man die Verbformen, die das Geschehen innerhalb der dritten Strophe beschreiben, dann
geben sie ihr eine Struktur. Durch sie werden drei Wesenszüge Gottes sichtbar: a) Gott weiß und
sieht, b) erliesst (erwählt, bestimmt) und c) treibt und bringt zum Stand und Wesen (bewirkt, führt
aus). Der Grund, der ihn handeln lässt, liegt in seiner unendlich treuen und gnädigen Zuwendung
zum „sterbliche[n] geblüt“, also seinen Geschöpfen den Menschen (V.1+2). Gottes Handeln und
Zuwenden erscheint jedoch noch in einer größeren Dimension: Seine Treue und Gnade wissen und
sehen im Voraus, was für den Menschen gut ist, bzw. was ihm schadet (V.2+3). Man kann es auch
so formulieren: Gott sieht seine Treue und Gnade für den Menschen schon in der Zukunft. Weiter
heißt es dann: Das, was für den Menschen (aus der Treue und Gnade des Vaters heraus) bestimmt
ist und wofür Gott ihn auserwählt hat (weil er allezeit treu und gnädig ist) soll geschehen und das
möchte er nach seinem Willen im Menschen bewirken (V.5-8). Darin liegt „ … das für den
Menschen Heilsame“ (:113).
Es wird hiermit folgendes angedeutet: Wir Menschen können getröstet werden, weil Gott treu und
gnädig ist und mit seiner Treue und Gnade für den Menschen voraus sieht. Gottes Trost für den
Menschen besteht in der tiefen Zusage, dass er der Vater und starker Held ist, der aufgrund seines
treuen und gnädigen Wesens für seine Kinder (Str. 4,7) sorgt. Sorgen bedeutet im Kontext von
sehen und wissen, sorgen für und vorsorgen. Gerhardt hat den Charakter der Strophen drei vier und
fünf so geschaffen, dass der Hörer bzw. der Singende zum Beter wird und darin diesen Zuspruch
eines fürsorglichen und vorsorgenden Gottes erfährt. Im Folgenden wird dieser Zuspruch weiter
entfaltet:
Strophe 4: Der Begriff Weg, der im fünften Vers des 37. Psalms den Aufhänger zur vorliegenden
Strophe kennzeichnet, wird bei Paul Gerhardt vom menschlichen zum göttlichen Weg (V.1). Der
Beter spricht sich hier zu, was Gottes Werke verheißen. Im wörtlich- übertragenden Sinn bedeutet
das: „Du hast immer einen Weg, den du mit den Menschen gehen willst.“ In diesem Satz wird
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ausgedrückt, dass Gott den Menschen führen möchte. Geführt werden muss jemand, der den Weg
nicht finden kann, weil er ihn nicht kennt oder sieht. Dem entsprechend gibt es nur einen Ausweg
und der heißt: Sich auf Gottes Weg ein- und leiten lassen. Der Aspekt, dass der Mensch den Weg
nicht finden kann, schwingt bei der Interpretation des Wege-Motivs immer mit, ja zieht sich sogar
durch das komplette Lied (:120). Der biblische Bezug dazu ist in Jer 10,23 zu finden: „Ich weiß
Herr, dass des Menschen Tun nicht in seiner Gewalt steht und es liegt in niemandes Macht, wie er
wandle oder seinen Gang richte.“ Inhaltlich wird in Gerhardts Strophe (V.1-5) auf die Klage
Jeremias zurückgegriffen und aus ihr heraus die Perspektive Gottes eröffnet. Im Vergleich zum
menschlichen (Tun, Macht, Wandeln, Gang) ist sein Tun lauter Segen (V.3), fehlt es seiner Macht
nicht an Mitteln das Werk und die Arbeit zu tun, ohne dass ihn jemand hindert (V.2+5), hat er Wege
allerwegen (V.1) und ist sein Gang lauter Licht (V.4).
Wer mit Jeremia sagen kann: Ich weiß Herr, dass mein Leben nicht in meiner Hand liegt und ich
meine Schritte nicht nach meinem Plan lenken kann, der findet Trost und Hoffnung, indem er mit
Paul Gerhardt sagt: „Weg hast du allerwegen, / An Mitteln fehlt dirs nicht, / Dein thun ist lauter
segen, / Dein gang ist lauter liecht. / Dein Werk kann niemand hindern …“ (V.1-5). Aber um
erfahren zu können, dass Gott wirklich so handelt, ist es entscheidend, ihm zu vertrauen.
Nachdem in den Versen eins bis fünf klar geworden ist, was das Werk Gottes beinhaltet, stellen wir
fest, dass in den restlichen drei Zeilen eine Bitte enthalten ist: „Dein arbeit darf nicht ruhn, / Wann
du, was deinen kindern / Ersprießlich ist willst tun.“ Der Beter bittet, dass Gottes Werke, die er für
seine Kinder tun möchte erfahrbar werden. Er weiß, dass dazu Gottes Arbeit bzw. sein Tun nicht
ruhen darf. In der nächsten Strophe sehen wir warum.
Strophe 5: Zu Beginn der Strophe malt Gerhardt dem Singenden einen Kampf vor Augen. In ihm
findet er sich um das Vertrauen Gottes ringend wider. Im Mittelpunkt steht aber die Macht Gottes
unter der „ alle teufel“ entmachtet werden. Die Wendung „alle Teufel“ meint alles Böse und ihre
Quelle, also den Teufel. Er steht mit seiner Macht, der Macht Gottes gegenüber, die aber
Übermacht ist (:134). Der Teufel selbst kann aber trotz der ihm verbliebenen Macht kein Unheil
mehr anrichten, denn er ist gegen seinen Willen in Gottes regieren einbezogen. So geht es aus den
Dogmatiken37 hervor, die Gerhardt eindeutig als Norm dienten (:120).
Aus der souveränen Handhabung Gerhardts mit diesem Thema in der vorliegenden Strophe, kann
abgeleitet werden, wie stark die dogmatischen Lehren in ihm verankert waren. Zwar begegnet uns
keine vertiefte theologische Auseinandersetzung der komplizierten Fragen, die mit der Herrschaft
Gottes gegenüber der Macht von Sünde und des Bösen zusammenhängen, doch: Gerade, dass
37
Dabei handelt es sich u. a. um Hutters Kompendium.
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Gerhardt in einer schlichten klaren und auf Gott fixierten Art und Weise, einen so komplexen
Inhalt, noch dazu in dichterischer Form zu handhaben weiss, bestätigt seine Vertrautheit und
Sicherheit in der biblischen Lehre und Dogmatik.
Die am Ende der vierten Strophe formulierte Bitte („Dein arbeit darf nicht ruhn“) hat sich für den
Glaubenden erfüllt. Die Machtverhältnisse sind geklärt. Der Zweifel (sogar wörtlich) aufgegriffen
(V.3), gegen Gottes unaufhaltbares Handeln gestellt und dadurch entkräftet. Gerhardts gelebtes
Gottvertrauen kommt hier so stark zum Ausdruck, dass der Hörer davon lernen kann, sein eigenes
Vertrauen in Gott zu setzen. Das ist auch hier wieder der springende Punkt, um getröstet zu
werden. In dem Wagnis etwas voraus zu setzen (was nichts anderes als „vertrauen“ heißt) und zwar
auf Gott, d.h. man setzt voraus, dass Gott zu seiner Zeit, in seiner Absicht handeln will und wird,
ist Trost erfahrbar. Aus solch einem tröstlichen Vertrauen spricht Gerhardt in den nächsten
Strophen in bewegender und eindringlicher Weise weiter.
Strophe 6: Gerhardt verharrt in der gleichen Sprechweise, die wie schon zuvor meditativen
Charakter hatte und dem „augustinischen Meditationsstil des Sprechens vor Gott über Gott“ ähnelt
(Axmacher:107). Zu Beginn der Strophe hat es den Anschein, als würde sich mit Paul Gerhardt
Gottes großer Lichtkegel direkt auf den Singenden richten und ihn mit Strahlen des Trostes und der
Hoffnung durchfluten. Damit ist auch gesagt, wer sich als deren Quelle zu erkennen gibt. Es ist
Gott selber. „Hoff o du arme Seele hoff, und sei unverzagt“, so die erste Zeile. Dabei wird klar,
dass hoffen nicht etwas passives ist, sondern die aktive Beteiligung – der armen Seele des
Menschen, fordert. Erneut wird hier Gerhardts enger Bezug zu den Psalmisten deutlich, die sehr
häufig zu ihrer eigenen Seele sprechen bzw. singen. Sehr wohl war ihnen bewusst, wie wichtig es
ist, nicht passiv zu sein, sondern ihren Geist aufzufordern sich nicht entmutigen zu lassen. Ein
Beispiel dafür ist Ps 62,5: „Aber sei nur stille zu Gott, meine Seele, denn er ist meine Hoffnung.“
Auf diese Art ermutigt Gerhardt den Singenden zu hoffen und zwar nachhaltig: „ …sey [sei]
unverzagt …“, sei nicht mutlos, spricht er ihm zu. „Gott wird dich aus der höle“, in der dich der
Kummer plagt holen. Was für ein starkes Bild des Trostes! Wer weiß nicht genau von was
Gerhardt hier spricht. Die Höhle des Kummers kennt jeder Mensch. Es ist der Ort, an dem die
Gedanken scheinbar endlos kreisen und die Seele depressiv werden lassen. Umso wichtiger ist es
sie immer wieder aufzufordern zu hoffen. Auffällig an der Formulierung Gerhardts ist es, dass
Gottes befreiendes Eingreifen in der Zukunft liegt, d.h.: Offensichtlich besteht der Trost nicht
erstrangig darin, dass Gott akut eingreift und dem Kummer ein Ende macht, sondern Trost gibt es
bereits in der Höhle, trotz des Kummers. Der Grund dafür ist, dass er in Gott selbst zu finden ist
und nicht erst dann, wenn er eingreift, denn: Gott sieht seine Treue und Gnade für die Menschen
voraus. Wer erfasst hat, was das bedeutet und darauf hofft und vertraut, der wird in jeder Lage
Trost erfahren.
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Strophe 7: So eindringlich wie er in der vorherigen Strophe zum Hoffen aufgefordert hat, ermutigt,
ja drängt Paul Gerhardt fast: „Auf, auf, gib deinem schmertze / Vnd [und] Sorgen gute Nacht; / las
fahren was das hertze / Betrübt und traurig macht.“ Noch einmal richtet er den Blick auf die Höhle
des Kummers, auch wenn er sie nicht mehr explizit beim Namen nennt. Eindringlich, schon fast
aufdringlich wirken seine Sätze, wenn es nun darum geht, mit den quälenden Lasten des Lebens
umzugehen. Nicht immer ist es einfach für einen Menschen, der von Kummer Sorgen und
Schmerzen geplagt wird zu hoffen. In diesem Wissen führt Gerhardt den Singenden am Psalmwort
weiter entlang. Er ermutigt und ermahnt ihn, nicht einfach nur zu hoffen und geduldig zu warten,
sondern auch die Last von Herz und Seele los zu werden. Für Gerhardt heißt es den Schmerzen und
Sorgen gute Nacht zu sagen. „Laß fahren …“ so in Vers drei. Der Singende soll loslassen was sein
Herz betrübt und traurig macht. Doch nicht nur loslassen oder fahren lassen, sondern auch
überlassen steckt in dieser Handlung. Weil ja nicht der Mensch „… regente …“ ist, der alles „…
führen …“ soll, sondern Gott im „… Regimente (Herrschaft, Regierung) …“ sitzt (V.5-7), kann er
seinen Kummer und Sorgen Gott geben. Das bedeutet: Er wird sich um den Menschen kümmern
und er wird für ihn sorgen. Begründet liegt dieser Aspekt nicht nur in Ps 37,5 sondern auch in Ps
55, 23: „Wirf dein Anliegen auf den Herrn; der wird dich versorgen.“ und seiner Entsprechung im
NT in 1 Petr 5,7: „Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.“ Beide biblischen Quellen
durchtränken theologisch gesehen das gesamte Liedgefüge, insbesondere die Strophen sechs,
sieben und acht. Wir erinnern uns erneut an Strophe drei, in der ausgesagt wird, dass Gottes Fürund Vorsorge in seinem gnädig- treuen Tun, Wollen und Handeln besteht.
Wenn der Mensch sein Sorgen Gott überlässt, dann überlässt er ihm auch die Führung. Und mit der
Führung und Sorge Gottes, also mit seiner Fü(h)rsorge verknüpft, liegt das großartige Versprechen
aus dem zugrunde liegenden 37. Psalmvers fünf: „ … und er wird es wohl machen.“ Gottes
Absichten haben demnach das Gute für den Menschen zum Ziel. Auch wenn der Weg dahin einen
großen Vertrauensschritt beinhaltet, wird er doch leichter, wenn er sich mit der Absicht und dem
Ziel Gottes vertraut macht. Zwar heißt das noch nicht, dass Gott unmittelbar handelt, aber allein
das Bewusstsein unter der Fürsorge und Leitung Gottes zu stehen, bedeutet Trost und Hoffnung für
die momentane und zukünftige Zeit. Im tröstlichen Vertrauen kann mit Gerhardt gesagt werden:
Gott sitzt im Regimente und führet alles wohl (V.8).
Strophe 8: Was Gerhardt in ermutigender und ermahnender Lehrform in beiden vorherigen
Strophen entfaltet hat vertieft er nun weiter. Erneut geht es darum, Gott handeln zu lassen: „Jhn,
jhn lass tun und walten (Sorge tragen, herrschen)“. Auffallend in dieser Strophe sind die
wechselnden Zeiten. So heißt es, dass sich der Hörer wundern wird (Futur) über das was Gott tun
wird (Futur), wenn er das Werk vollbracht hat, (Perfekt), welches ihm Kummer bereitet hat
(Perfekt). Der Hörer spricht das in die Gegenwart hinein, was in der Zukunft schon passiert ist,
nämlich, dass Gott ihn vom Kummer schon befreit hat. Wenn er das erkannt hat, dann sieht er die
Wahrheit! Plötzlich wird die Hoffnung zur Gewissheit, welch ein Trost! Genau an diesen Punkt
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wollte Paul Gerhardt gelangen. Es war seine Absicht den Hörer, Sänger, Beter mit in den Willen
Gottes hinein zu nehmen. Angefacht durch die Hoffnung, soll er nicht auf das sehen, was noch
geschehen wird, sondern auf Gott, der zwar schon weiß, was geschehen wird, aber auch dafür
Sorge trägt, dass er dorthin geführt wird.
Strophe 9: Nach dieser großartigen Erkenntnis der vorherigen Strophe hätte das Lied eigentlich
enden können, so denkt man. Doch Paul Gerhardt wusste aus den Zeugnissen und Lehren der
Bibel, aus den Dogmen und Lehrschriften der lutherischen Orthodoxie, aber eben auch aus eigener
Erfahrung, dass es keinen dauerhaften Zustand ohne Anfechtung im Glauben gibt. Ohne, dass sich
Gerhardt innerhalb des Liedes mit dieser Thematik auseinander gesetzt hätte, wäre es lebensfremd
geblieben. Der lehrhaft betende und teils meditierende Charakter, der in den beiden voran
gegangenen Strophenblöcken herrschte, verändert sich nun.
Durch die teils unbeholfenen aneinander gereihten Worte und Gedanken, die tatsächlich Ängste
und Nöte auslösen, gelingt es Gerhardt eine Situation darzustellen, die einer Anfechtung wirklich
gleich kommt. Vor allem der Schlusssatz der Strophe macht die scheinbare Gleichgültigkeit Gottes
gegenüber seinem Kind spürbar. Kein Zuspruch oder ein Wort, an dem man sich festhalten kann:
Gott schweigt! Der Mensch ist hier offensichtlich völlig auf sich alleine gestellt, ja von Gott
verlassen („So frag er nichts nach dir.“). Richtig begreifen kann man die Strophe in analytischer
Form nicht, sich mit dem Geschehen darin identifizieren aber schon – es wirkt trotz aller
Dunkelheit vertraut. Man kennt eine solche Phase, genau so, wie sie Gerhardt ebenfalls sehr gut
kannte. Der Charakter der neunten Strophe findet starke Anlehnung an das Buch Hiob, aber ebenso
an die Psalmen. In beiden wird die Gottverlassenheit des Menschen thematisiert. Damit ist auch
angedeutet was in Strophe zehn gleich stark zum Ausdruck kommt: Die Anfechtung in der die
Hilfe Gottes ausbleibt und er schweigt, bedeutet für den Menschen eine Prüfung, die er bestehen
muss.
Strophe 10: Paul Gerhardt zeigt nun, wie die Gottverlassenheit überwunden werden kann. Seine
Worte wirken dabei wieder fest und klar. Das „aber“, der ersten Zeile wirkt befreiend, und neue
Hoffnung keimt auf. Gerhardt malt vor Augen, dass es in Situationen der Anfechtung darum geht,
an Gott „festzuhalten“. Selbst wenn er mit seinem Trost verzogen ist, soll der Mensch ihm treu
bleiben. Der in Teil eins der Arbeit behandelte Aspekt, dass in der Begegnung mit Gott die
Psalmen den Beter zur Überwindung der Anfechtung führen, kommt hier zum tragen.38
Die Aufforderung „Hoff o du arme seele, hoff …“ und die Zusage, dass Gott den Angefochtenen
aus der „Kummerhöle“ holt, wenn er seine Sorgen der Sorge Gottes überlässt, kommt hier wieder
in den Sinn. Er bleibt Gott treu! In dem er vertraut, hofft und ausharrt, wird er die Auswirkung
38
Siehe Kapitel 1.3.2: In der Begegnung mit Gott führen die Psalmen den Beter zur Überwindung der
Anfechtung
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erfahren, so wie es ihm versprochen ist: „Wirds aber sich befinden, / Daß du jhm treu verbleibst /
So wird er dich entbinden, / Da dus am wengsten gläubst“ In der zweiten Hälfte der zehnten
Strophe wird noch einmal deutlich, dass die Seele des Menschen leidgeprüft wird. Ähnlich wie
Hiob muss sie sich Prüfungen unterziehen, was die Aussagen in den Versen 7 und 8
andeutungsweiße wiedergeben. Zwar erfolgt zunächst der Zuspruch „Er wird dein hertze lösen Von
der so schweren last“, doch auch dieser ist, wie der aus den Versen eins und zwei, an eine
Bedingung geknüpft: „Die du zu keinem bösen Bisher getragen hast.“ Damit spielt Paul Gerhardt
auf den Machtkampf zwischen Gott und „den teufeln“ in Strophe fünf an. Natürlich ist klar, dass
der Kampf zu Gunsten Gottes entschieden ist, doch hindert es/er den „Bösen“ nicht den Menschen
zu versuchen.
Strophe 11: In der uns vorliegenden Verseinheit werden einige Inhalte aus der vorherigen (Str.10)
nochmals aufgegriffen und deutlicher unterstrichen. Mit einer Seligpreisung39 beginnt Gerhardt die
ersten Zeilen: „Wol dir, du Kind der treue: / Du hast und trägst davon / Mit ruhm und
danckgeschreye / Den sieg und ehrenkron.“ In diesen Zeilen spricht die Verheißung Offb 2,10b
durch: „Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben.“ Vergleicht man die
Seligpreisung mit der Bibelstelle, dann erkennt man, dass Paul Gerhardt im Gegensatz zu Johannes,
von der Ehrenkrone „als gegenwärtige Gabe“ redet (Grimm 1990:287; Axmacher 2001: 136). Wir
erinnern uns an Strophe acht, in der der Dichter zeigt, dass Gott den Kummer schon im Hier und
Jetzt wegnimmt (Str.8 V.7+8). Ebenso sieht er das Zukünftige, sprich die Ehrenkron zu tragen,
auch als ein Ereignis, das schon im Diesseits geschieht. Das wird mit den restlichen Verszeilen
erneut bekräftigt: „Gott gibt dir selbst die palmen / In deine rechte hand / Vnd du singst
freudenpsalmen / Dem der dein Leid gewandt.“ Dieser Vers ruft sofort den Einzug Jesu in
Jerusalem (Mk, 11) ins Gedächtnis. Während Jesus im Pilgerzug auf einem Jungesel in die Stadt
reitet und immer wieder der Psalmenruf (Ps 118) Hosianna (urspr. im hebr. hoschiah na: Hilf
doch! Ein Ausruf, der sich vom Bittruf zum Freudenschrei gewandelt hat) hörbar wird. Dabei war
es Brauch den Festzweig (Palmzweig) zu schütteln bzw. zu wedeln (Burkhardt, 2004:605). Im NT
wird dieser Ritus als Teil der Abendmahlsliturgie beschrieben, gilt aber im Kontext von Mk 11 (Mt
21; Lk; 19; Joh 12) der Huldigung des Messias, d.h. in diesem Falle Jesus selbst. Für Gerhardt ist
es der Dank und das Lob, für einen Gott, der den Menschen dorthin führt, wo sich das Leid in
Freude verwandelt hat.
Wir haben in Vers zwei, drei und vier eine Seligpreisung identifiziert. Vergegenwärtigt man sich
das neutestamentliche Verständnis und vergleicht es mit dem, was es bei Gerhardt ausdrückt, dann
können daraus Rückschlüsse für die Theologie des Trostes und der Hoffnung aus dem Liedgut des
39
Seligpreisung im NT bedeutet: Das durch den Glauben empfangene Glück der Errettung durch Jesus
Christus, die aus der Ewigkeit in die Gegenwart hineinreicht und für das man Gott lobt. (Burkhardt
2005:1426)
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Dichters gezogen werden. Im NT sind die sog. Makarismen (Seligpreisungen) keinesfalls nur
„Vertröstungen“ auf eine erträglichere Zukunft, vielmehr „…fassen [sie] die Gegenwart im Licht
der Zukunft …“, die Gott herbeiführt. Diese Aussage spiegelt sich in dem wider, wozu das
komplette Lied immer wieder anhält, nämlich allzeit mit Gottes Fü(h)r- und Vorsorge zu rechnen.
Darin bestehen der Trost und die Hoffnung im jetzigen, als auch im zukünftigen Leben.
Strophe 12: Die letzte Strophe bildet mit den ersten beiden zusammen den Rahmen um das ganze
Lied. Zum ersten und einzigen Mal schreibt Gerhardt hier (Str.12) in der „Wir-Form. Es handelt
sich dabei um ein Gebet, in das alle Gläubigen und somit Gemeinde eingeschlossen wird. Die
Anrede „o Herr“ (V.1) belegt das. Nachdem Gerhardt bisher den einzelnen persönlich
angesprochen und angeleitet hat, macht er sich nun mit allen Frommen eins und erweißt sich
einmal mehr als kraftvoller Vorbeter. Das Große Ziel dabei ins Visier gefasst, komplettiert er darin
das, was in Strophe eins begonnen hat. Menschliche Wege, die zu göttlichen Wegen geworden sind
gehen gewiss in den Himmel: „So gehen unsre wege / Gewiß zum himmel ein.“ In der uns
vorliegenden letzten Liedstrophe findet demnach alle Not, ja selbst der Tod ein Ende und der
Mensch sein letztes Ziel.
Die ersten Zeilen beschreiben das Verlangen nach dem Eintreten dieses Ereignisses: „Mach end, o
Herr, mach ende / An aller unser noth.“ Es ist ein flehendes aber festes Gebet, in dem die
Perspektive auf den Himmel gerichtet ist. Der Vorbeter und seine Glaubensgeschwister wissen,
dass es ein irdisches Leben ohne Leid und Anfechtung nicht gibt, und so bleibt in ihnen eine
Spannung aufrecht erhalten, die erst im Himmel endgültig aufgelöst werden wird. Dennoch haben
sie den Trost Gottes und die Hoffnung, dass er alles „wol“ (Str.2+7) führt, schon im gegenwärtigen
Leben als Kraftquelle erlebt. Aus ihr heraus und dem Setzen ihres Vertrauens auf Gottes Wege,
werden die Glaubenden das Ziel des Himmels erreichen. Deshalb formuliert Gerhardt weiter:
Stärck unser füß und hände / Vnd laß bis in den tod / Vns allzeit deiner pflege / Vnd treu
empfohlen seyn“.
Im übertragenen Sinne und mit dem Wissen, wie Gottes Weg beschaffen ist, kann der erste Teil der
Bitte lauten: „Schenke uns Kraft, den Weg, den du uns lenkst auch zu gehen, denn wir wissen, dass
er voller Anfechtungen und Prüfungen ist.“ Weiter der zweite Teil: „Bleibe uns treu, und sorge für
uns, auch auf dem Weg durch das Sterben hindurch.“ Damit ist das Vertrauen in Gott
ausgesprochen, die Betenden befehlen ihren Weg in Gottes treue Fü(h)rsorge, die im Tod dafür
sorgt, dass es aus dem Tod heraus weitergeht. Auf theologischer Ebene ist der Tod längst
entmachtet, doch durch die Sprache wird diese Wahrheit hier noch einmal oder gar erst begreifbar
gemacht (Axmacher 2001:136). Wer das mit der Gemeinschaft der Gläubigen erfasst hat, kann mit
Paul Gerhardt zusammen sagen: „So gehen unsere wege / Gewiß zum Himmel ein.“ Zum Schluss
gibt es sogar die Gewissheit, für den, der im Glauben annehmen kann, dass seine Hoffnung in den
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Wegen Gottes begründet liegt. Sie kommt aus dem Getröstet sein durch die „treue pflege“ Gottes
(Str. 1+12).
Zusammenfassung: Paul Gerhardt beschreibt theologisch in einer Vielzahl von Punkten40, wie Trost
und Hoffnung in seinem Lied zum Ausdruck kommt. Drei davon haben sich als wesentlich
herauskristallisiert: Zum einen besteht Trost darin, Gottes Wegen zu vertrauen, obwohl man nicht
sehen kann, wohin sie führen. Des Weiteren wird man im Wissen um seine Treue getröstet.
Schließlich liegt tiefer Trost und große Hoffnung in der Perspektive des Himmels und somit des
Heils. Trost und Hoffnung gibt Gerhardt aber auch, weil es ihm gelingt, biblische Lehre und
dogmatische Inhalte nicht in belehrender Form zu präsentieren. Er lehrt zwar, aber so, dass er durch
seine Sprache, den Singenden mit auf Gottes Weg nimmt, den er mit ihm geht.
3.2.2 Trost und Hoffnung durch Glaubensgewissheit und Glaubensfreude
Das Lied: „Ist Gott für mich so trete“
Strophe 1-2: Wie in der Gliederung schon festgestellt, leiten sich die Strophen eins bis sechs aus
Röm 8, 31-34 ab. Gerhardt stellt von Anfang an die Aussagen des zugrunde liegenden Textes auf
eine persönliche Ebene. Das geschieht indem er in „ich - Form“ schreibt und dadurch seinen
persönlichen Glauben bekennt. „Ist Gott für mich“, so beginnt er den Text und stellt somit die
Heilszusage Gottes über das gesamte Lied bzw. das gesamte Leben im Glauben.41 Dieser Zuspruch
Gottes ist der Grund, warum für Gerhardt und mit ihm alle, die darauf vertrauen, kein Zweifel mehr
besteht, dass sie von Gott angenommen und gerettet sind. Für ihn steht aufgrund der Lehre fest:
Gott ist für mich. Ich bin geliebt bei Gott (Str.1). Indem der Singende im Glauben annimmt, was
als Wahrheit feststeht, erfährt er Trost.
Strophe 3-6: Hier beleuchtet Gerhardt den christologischen Aspekt des Trostes. Er besteht in der
Hoffnung auf die Ewigkeit („Das machet daß ich finde / Das ewge wahre gut“). Diese Hoffnung ist
begründet in der Hingabe Jesu (Der Grund da ich mich gründe / Ist Christus und sein blut). Sie
besteht in der Liebe, durch die er den Menschen das ewige Leben schenkt (Das Christus mir
gegäben, /das ist der Liebe wehrt).Wenn Jesus nicht wäre, dann könnte kein Mensch mit seiner
Sünde vor Gott bestehen, denn „Der, der hat außgeleschet, Was mit sich führt den tod“. Damit
zeigt Gerhardt auf, dass es keine Verdammnis gibt für die, die in Jesus Christus sind (nach Röm
8,1). Darin liegt nach Axmacher eine Besonderheit. Ihrer Ansicht nach betont Gerhardt im
Gegensatz zu dogmatischen Darstellungen, die rechtfertigende Liebe Gottes als Schutz und Trost
des gefährdeten menschlichen Lebens (Axmacher 2001:158). Die Kraft, die in den Worten dieser
40
Siehe Anhang
41
Das Lied „Befiehl du deine Wege“ zeigt anhand des Bildes vom Weg, ebenfalls das gesamte
Glaubensleben auf.
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Strophen steckt, schenkt dem Hörenden ein Bild eines Glaubenden, der sich zwar der Sünde und all
den Widerständen des Glaubenslebens bewusst ist, der aber trotzdem die Gewissheit des Glaubens
hat. Durch ihn weiß er sich getröstet.
Strophe 7-10: In diesen Strophen beschreibt Gerhardt das Wirken des Heiligen Geistes. Er ist der
Parakletos (Tröster im Sinne von Beistand) der im Herzen des Glaubenden wohnt. Dort hilft er
ihm, sich in allen Lebenslagen an Gott den Vater zu wenden („Hilft mir das Abba schreyen. /Aus
aller meiner krafft“). Der Heilige Geist spricht das vor Gott mit Seufzen aus, wofür es menschlich
gesehen keine Worte gibt („So seuffzt und spricht er worte, Die unaußsprechlich sind“). Im
Römerbrief heißt es zu den beiden Stellen folgendermassen: „…ihr habt einen kindlichen Geist
empfangen, durch den wir rufen Abba, lieber Vater!“ (Röm 8,14) und „ … wir wissen nicht was
wir beten sollen [in unserer Schwachheit, doch] …der Geist selbst vertritt uns in
unaussprechlichem Seufzen.“ (Röm 8,26). Gerhardt beschreibt hier, wie der Himmlische Tröster
Trost spendet. Wenn sich Furcht und Schrecken um die menschliche Seele legen, dann steht er dem
Glaubenden bei und spricht vor Gott für ihn!
Das tröstliche Wirken des Heiligen Geistes unterstützt aber eine Seele in Not nicht nur im
Hinwenden zu Gott, sondern Gott selber wendet sich an die Seele in Not (Sein Geist spricht
meinem geiste / Manch süsses trostwort zu, / Wie Gott dem hülfe leiste, / Der bei ihm suchet ruh“)
Das geschieht im Hinblick auf die Ewigkeit. Gott offenbart den Himmel in Form einer edlen neuen
Stadt (Str.9 V.7), wie es Gerhardt ausdrückt.
Strophe 11-14: Gerhardt zeigt nun auf, was es bedeutet, ein von Gott im Glauben Gerechtfertigter
zu sein: „Wer sich mit dem verbindet, / Den Satan fleucht und haßt, / Der wird verfolgt und findet /
Ein hohe schwere last.“ Hier ist der Widerstand in Person des Satans beschrieben, der die
Glaubenden aus der Hand Gottes reißen will. Doch er kann es nicht, denn für ein an Gott
hingegebenes Leben ist gesorgt (Str 12). Es kann ihm nicht entrissen werden.
In den Strophen 13 und 14 stellt sich Gerhardt auf die Zusagen des triumphierenden Finales von
Röm 8, 31-39 indem er zusammen mit dem Singenden bekennt: „Niemand und nichts kann mich
trennen von der Liebe Gottes.“ Er stimmt damit in ein urchristliches Lied ein, das wahrscheinlich
wie die Psalmen im Wechselgesang gesungen wurde. (Erb1974:132). Pohl (z.St. Röm 8,31-39)
setzt die Stelle einem Siegeshymnus, der mit den Spitzensätzen der Liebe Gottes aufbrandet,
gleich.
Strophe 15: Paul Gerhardt hat sich in seinem Lied einmal mehr als Exeget auf Grundlage von Röm
8 erwiesen. Den Schlusspunkt setzt er nun unabhängig von einem biblischen Text, bestärkt, ja
regelrecht beseelt von seiner Glaubensgewissheit: „Mein hertze geht in springen / Und kan nicht
traurig seyn, / Ist voller freud und singen, / Sieht lauter sonnenschein. / Die Sonne, die mir lachet,
Ist mein Herr Jesus Christ; / Das, was mich singend machet, / Ist, was im himmel ist. Wer das mit
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Paul Gerhardt von ganzem Herzen singen kann, der ist nicht nur getrost und glaubensgewiss,
sondern auch voller Glaubensfreude und Hoffnung.
Zusammenfassung: Für eine Theologie des Trostes und der Hoffnung liefert das Lied „Ist Gott für
mich so trete“ vertiefte Erkenntnisse. Sie lassen sich angesichts der sich widerspiegelnden
trinitarischen Gesichtspunkte in Gerhardts Lied in dreifacher Weise beschreiben:
1. Unter dem Aspekt, dass von Gott dem Vater und Urheber des Heils, Trost ausgeht, der in
der Rechtfertigung des Glaubenden liegt.
2. Unter dem christologischen Aspekt, bei dem Jesus durch seine Heilstat am Kreuz der
Grund für den Trost Gottes ist.
3. Unter dem pneumatologischen Aspekt, bei dem der Heilige Geist als der Trostwirkende im
Herzen des Gläubigen den Trost Gottes in Christus hervorruft.
3.3 Die seelsorgerliche Wirkung des Liedguts von Paul Gerhardt in
der Gegenwart
Insgesamt wurden 198 Zeugnisse erfasst. Davon habe ich 144 als aussagekräftig befunden. Aus
ihnen konnten drei Schwerpunktthemen ermittelt werden (Trost und Hoffnung, Wegbegleitung und
Grund zur Freude), die die Gründe für das seelsorgerliche Wirken der Lieder darstellen.
3.3.1 Trost und Hoffnung
In 144 persönlichen Aussagen wurde zunächst deutlich, dass die Lieder Paul Gerhardts Trost und
Hoffnung in der heutigen Zeit spenden. In 29 Zeugnissen kam der Begriff Trost und in zehn das
Wort Hoffnung explizit vor. Neben ihnen noch eine große Anzahl von Aussagen, in denen
tröstliche und Hoffnung schenkende Erfahrungen beschrieben werden.
Hier nun drei wesentliche Gründe für die Tröstende Kraft und Hoffnung schenkende Wirkung der
Lieder Paul Gerhardts in der Gegenwart, die sich aus den Zeugnissen ergeben:
1. Die Lieder erreichen das Herz
Die Lieder von Paul Gerhardt können zu einem „Schatz im Herzen der Menschen werden“, wie aus
einem Zitat des Gästebuchs hervorgeht. Sie bleiben nicht einfach an der Oberfläche hängen,
sondern „machen das Herz frei und glücklich“, wie aus weiteren Aussagen hervorgeht. Oft wurde
in diesem Zusammenhang erwähnt, dass gerade dann, wenn es nötig war, auf bestimmte Verse oder
Textzeilen Gerhardts zurückgegriffen werden konnte, weil sie auswendig gelernt wurden. Hier
wird angedeutet, dass die starken Inhalte der Lieder Gerhardts somit zur Wirkung kommen und
Menschen dadurch Kraft, Trost, Mut und Hoffnung erfahren:
● Paul Gerhardts Lieder haben einen großen Inhalt, auch in jeder Strophe. Die Verse erreichen einem das
Herz! Die Lieder geben einem viel Kraft, Trost, Mut und Hoffnung.
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●Ich bin froh, dass ich als Kind und Jugendlicher viele der einmaligen Liedtexte Gerhardts auswendig
gelernt habe. Das ist ein kostbarer Schatz in meinem Herzen geworden.
2. Die Lieder ermöglichen Identifikation
Ein Merkmal der Psalmen war ihre seelsorgerliche Wirkung durch Identifikation.42 In einigen
Zeugnissen kam dieser Aspekt bezüglich der Lieder Gerhardts zum tragen. Hier eines davon:
● P.G.´s Lieder sprechen das Wesentliche an, das Menschsein in dieser Welt ausmacht und die Verbindung
zur gesamten Schöpfung ausdrückt. In seinen Texten fühle ich mich erkannt und verstanden. Möglicherweise
geht es anderen ähnlich. Vielleicht ist es das, was für die weltweite Verbreitung gesorgt hat. Seine Lieder
sind ein Teil meines Lebens.
● Paul Gerhardts Lieder kann man in frohen und schweren Zeiten singen. Man fühlt sich verstanden und
getragen und man singt die Lieder gerne und von Herzen.
3. Die Lieder stärken den Glauben
In mehreren Aussagen des Gästebuches, wird angedeutet, welche Wirkung die Lieder auf den
persönlichen Glauben haben. Sie sind „Vorbild“ im Glauben und „prägen“ ihn.
● Paul Gerhardt Lieder bedeuten mir unendlich viel. Sie stärken mich im Glauben sehr tief. Sie geben mir
viel Trost, Hoffung uns Zuversicht, und stärken mein Gott-Vertrauen, ganz ganz tief.
3.3.2 Wegbegleitung
In 24 Zeugnissausagen wurde deutlich, dass die Lieder Paul Gerhardts viele Menschen auf ihrem
Lebensweg begleiten. Die Begleitung auf dem Lebensweg ist ein wichtiger seelsorgerlicher
Aspekt. Nicht nur Menschen können solche Weggefährten sein, sondern eben auch Lieder. Wie das
hauptsächlich geschieht deutet sich in drei Gesichtspunkten an:
1. Die Lieder schützen und tragen in Freude, Leid, Krankheit und Sterben
● Die Paul Gerhardt- Texte begleiten mich durch meine Krebserkrankung und trösten immer wieder,
besonders „Befiehl du deine Wege… der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann.
● Vieles seines Dichtens hat mich seit frühester Kindheit begleitet und in schwerer Zeit geschützt.
● Paul Gerhardt - ein Lebensbegleiter im Auf und Ab des Lebens! Eine Fülle von sprachlichen Bildern,
Beobachtungen und Weisheiten! Zuversicht und Gottvertrauen sind zuverläßliche (sic!)Wegbegleiter herzlichen Dank an Paul Gerhardt!
● Paul Gerhardts Texte und Liedvertonungen begleiten mich seit der Schulzeit durch mein Leben. Sie geben
mir Tragkraft in schwierigen Lebensphasen, aber auch in der Freude lassen sie "das Herz zusätzlich
springen". Ich danke meinen Lehrern und Ausbildern immer wieder für diesen kostbaren Schatz.
● Paul Gerhardt begleitet mich bisher durch mein Leben und durfte meine Mutter mit seinen
42
Siehe Kapitel 1.3.2 unter der Überschrift: Psalmen ermöglichen Identifikation
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Liedern auch im Sterben und beim Abschied damit begleiten.
2. Die Lieder sind Gebete
● In vielen Lebenssituationen, in Freude und in schweren Stunden, haben sie mich begleitet,
als Gebet, haben sie mir Kraft, Trost und Hilfe gegeben, haben meinen Blick nach oben zu Gott
gelenkt.
3. Die Lieder vertiefen biblische Aussagen
Auch heute noch legen Gerhardts Lieder biblische Texte aus und dienen dem geistlichen
Wachstum:
● Ich bin mit den Liedern Paul Gerhardt´s aufgewachsen. Sehr oft haben mich Verse begleitet
und biblische Aussagen vertieft. Dank sei Gott für diese Begabung, die bis heute solche
Ausstrahlung entfaltet.
● Seine Lieder sind Schwarzbrot auf dem Lebensweg.
3.3.3 Grund zur Freude
In 23 Aussagen des Gästebuches aus Lübben spiegelt sich wider, dass die Lieder auch heute noch
Freude schenken. In welcher Weise sie das tun, zeigen zwei Aspekte:
1. Die Lieder führen in die Höhe zu Gott
In einer Zeugnisaussage wird direkt ausgesprochen, was in vielen anderen mitklingt: Das Liedgut
Gerhardts ist Gotteslob! Damit ist wiederum eine Parallele zu den Psalmen erkennbar, die den
Beter zu Gott ziehen und jubeln lassen.
● Paul Gerhardts Lieder zu singen ist mir eine große Freude! Sie treffen mich immer im
Innersten und führen mich in die Höhe - zu Gott!
2. Begeisternde Texte
● Ich begeistere mich sehr für seine Texte, da man sich sehr gut hineinversetzen kann. Sie
bedeuten sehr viel.
● Die Lieder Paul Gerhards sind Trost-, Freuden- und Kraftquellen zu ALLEN Zeiten.
Man soll sich in die Texte hinein nehmen lassen. Sie haben eine unendliche Tiefe
und Kraft gegenüber unserer abgeflochtenen, oberflächlichen heutigen Sprache
(dies gilt auch für unsere neuen Lieder in der Kirche)
Zusammenfassung: Durch die Zeugnisberichte wird deutlich, welche Faktoren für die Trost und
Hoffnungs-Spendende Kraft der Lieder Gerhardts in Betracht gezogen werden können. Der Grund,
dass sie verinnerlicht wurden und deshalb als Wegbegleiter wirken, kommt dabei am stärksten zum
tragen.
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3.4 Trösten und Hoffen mit Paul Gerhardt – ein Dreiklang
3.4.1 Der Grundton: Klang Gottes
1. Das Liedgut Paul Gerhardts lehrt tiefgründige, biblische Wahrheit, durch die Gott als der echte
Trost -und Hoffnungsgeber erkannt und erfahrbar wird.
2. Das Liedgut fordert dazu auf, alle Hoffnung und alles Vertrauen auf Gott zu setzen, denn bereits
im Setzen auf ihn liegt starker Trost.
3. Weil das Liedgut eine Theologie enthält, in der Trost und Hoffnung von Gott ausgehen, in Jesus
Christus begründet liegen und vom Heiligen Geist bewirkt werden, tröstet es und schenkt
Hoffnung.
4. Das Liedgut schenkt tiefen Trost, weil es die Gewissheit des Heils und eine bleibende Hoffnung
durch Glaubensfreude vermittelt.
3.4.2 Die Terz: Klang des Lebens
1. Weil Paul Gerhardt trotz persönlicher und zeitlicher Krisen und Glaubenskämpfe hindurch sein
Vertrauen in Gott setzte, wurde der Trost in seinen Liedern durchlebter und erfahrenerTrost.
2. Weil das Liedgut Gerhardts von ihm und Crüger gezielt genutzt wurde, um die Menschen im
Glaubensalltag und Gottesdienst zu stärken, wurde ihnen dadurch Trost und Hoffnung zuteil.
3. Weil das Liedgut Gerhardts auf seelsorgerliche Weise dem Einzelnen persönlich die Gegenwart
im Licht der himmlischen Perspektive aufzeigt, schenkt es tiefen Trost und Hoffnung.
4. Durch sein Liedgut nimmt Gerhardt den Singenden mit auf Gottes Weg, auf dem er unter seiner
Für- und Vorsorge geführt wird und dadurch tief greifenden Trost erlebt.
3.4.3 Die Quinte: Klang der Sprache und Musik
1. Durch eine dichterisch und rhetorisch geschulte Sprache, die im Einklang mit der passenden
Melodie steht, wird der textliche Inhalt des Liedguts von Paul Gerhardt verstärkt und vermittelt
dadurch starken Trost und große Hoffnung.
2. Wegen der schlichten doch kraftvollen Sprache Gerhardts erreichte sein Liedgut Menschen aus
der Unter-, wie auch der Oberschicht, wodurch diese getröstet werden konnten.
3. Gerhardts reiche und bildhafte Sprache und seine Eigenständigkeit, theologische Inhalte
künstlerisch gestalten zu können, ermöglichten es Herz und Geist der Menschen zu trösten.
Quintessenz: So, wie ein Akkord, der aus drei Tönen besteht die für sich alleine niemals den
Klang eines kraftvollen Dreiklangs hätten, so erklingt das Liedgut Paul Gerhardts noch heute und
tröstet in hoffnungsvoller Perspektive bis in den Himmel.
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4. AUSBLICK UND EMPFEHLUNGEN FÜR
LIEDERDICHTER
In meiner Diplomarbeit wollte ich herausfinden, wie es zu den Liedern Paul Gerhardts kam, warum
sie noch heute soviel Trost und Hoffnung spenden und was Kirchenliederdichter unserer Zeit
daraus lernen können. Ich fand heraus, dass es zur Entstehungsgeschichte keine ernst zu
nehmenden Quellen gibt. Dafür umso mehr Erkenntnisse, was die zweite Fragestellung betrifft. Der
Grund für die Wirkkraft der Lieder liegt in dem beschriebenen Dreiklang. Was bedeutet das nun für
Dichter, Theologen und Musiker? Hier meine Gedanken:
1. Paul Gerhardt erreichte eine enorme seelsorgerliche Tiefe in seinen Liedern, nicht nur, weil
er biblische Lehren verinnerlichte, sondern auch, weil er ein Mann des Gebets, des
Glaubens und des Handelns war. Das ist für die Persönlichkeit des Kirchenliederdichters in
unserer Zeit die Grundlage, um überhaupt durch eigene Lieder trösten zu können.
2. Gerhardt war ausgebildet. Er studierte die Bibel sehr gründlich und lernte wie man ihre
Inhalte den Menschen nahe brachte. Auch im Dichten durchlief er eine Ausbildung, die
ihm das Handwerkszeug bescherte, das er für die Praxis benötigte. Jemand, der heute
Lieder schreibt, die er der Gemeinde vorstellt, braucht ein gewisses Maß an Ausbildung.
3. Wir leben in einer Kultur die geprägt von „Pop Stars“ und Deutschland sucht den
„Superstar“ ist. Fast jeder, auch der „christliche Musiker“, der „geistliche Lieder“ schreibt,
ist heute im Internet präsent und versucht auf seine Musik, seine Lieder, und seine Texte
aufmerksam zu machen. Ein Trend der normal geworden ist, vor dem keiner gefeit ist.
Gerhardt hatte zusammen mit Crüger die „Vision“ den Menschen in ihrer gebrochenen
Welt zu dienen und zu trösten. Wir können das auch tun, indem wir als Texter, Musiker
und Theologen zusammenarbeiten und eine ähnliche „Vision“ entwickeln. Gerhardt hatte
dafür Crüger, bzw. Crüger entdeckte Gerhardt, wen haben wir oder wen entdecken wir?
4. Um mehr Tiefgang in unseren modernen Liedern zu haben bedarf es der Verinnerlichung
biblischer Wahrheiten. Es geht nicht darum mit Bibelphrasen zu jonglieren, um ein paar
schöne Kunststückchen damit zu zeigen. Vielmehr muss den Liedern abzuspüren sein, dass
sie aus einer Erfahrung mit Gott heraus kommen und wenn sie leid-, oder schmerzvoll ist,
dann muss man sie nicht mit einem „dreifachen Halleluja“ übertünchen sondern sie dürfen
vor Gott zum Ausdruck kommen, denn:
„Unser Vater, der uns geliebt und uns einen ewigen Trost gegeben hat und eine gute Hoffnung
durch Gnade, der tröste eure Herzen und stärke euch in allem guten Werk und Wort.“
(2 Thes 2,16-17)
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Die Heilige Schrift, Elberfelder Studienbibel mit Sprachschlüssel. Das Neue Testament,
revidierte Fassung 1985/1991. 2003. 6. Neuauflage. Wuppertal: R. Brockhaus
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ANHANG
Thematisch angeordnete Übersicht der Lieder Gerhardts nach Johann Heinrich Feustking
aus dem Jahre 1707 und Eberhard von Cranach-Sichart aus den Jahren 1949/1957. Die
Einteilung geht zurück auf die „praxis pietatis melica von 1653. Bei Cranach-Sichart stehen
die im Jahre 2004 ergänzten neu aufgefundenen Werke Gerhardts hinter dem „+“-Zeichen.
Feustking
Anzahl
Cranach-Sichart
Anzahl
Advent
4
Advent
2
Weihnachten
6
Weihnachten
7
Neujahr
3
Neujahr
2
Passion
13
Passion
14
Ostern
3
Ostern
3
Pfingsten
4
Pfingsten
3
Besondere Feste
3
Dreifaltigkeit
1
Buße und Beichte
3
Buße
4
Katechismus
4
Taufe
1
Christliches Leben
6
Abendmahl
1
Zeitlieder
3
Rückkehr von der Reise
1
Beruf
8
Freundschaft und Ehe
2;4+1
Kreuz und Trost
24! (T.W.)
Kreuz und Trost
29! (T.W.)
Bitte, Gebet
4
Gebet, Christliches Leben
Lob und Dank
15
Lob und Dank
18+1
Krieg und Frieden
3
Pest und Krankheit
1
Morgen
3
Morgen
3
Abend
2
Abend
2
Sommer (und Regen)
3
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Tobias Wegschaider
22.9.2009
Abschlussarbeit BA
Befiehl du deine Wege
63
Feustking
Anzahl
Cranach-Sichart
Anzahl
Sterben
8
Tod und ewiges Leben
21
Himmelslied
1
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Tobias Wegschaider
22.9.2009
Abschlussarbeit BA
Befiehl du deine Wege
64
BEFIEHL DU DEINE WEGE
1. Befiehl du deine Wege,
und was dein Herze kränkt
der allertreusten Pflege
des, der den Himmel lenkt,
Der Wolken, Luft und Winden
gibt Wege, lauf und Bahn,
der wird auch Wege finden,
da dein Fuß gehen kann.
6. Hoff, o du arme Seele,
hoff und sei unverzagt!
Gott wird dich aus der Höhle,
da dich der Kummer plagt,
mit großen Gnaden rücken;
erwarte nur die Zeit,
so wirst du schon erblicken
die Sonn der schönsten Freud.
2. Dem Herren musst du trauen,
wenn dir’s soll wohlergehn;
auf sein Werk musst du schauen,
wenn dein Werk soll bestehn.
Mit Sorgen und mit Grämen
und mit selbsteigner Pein
lässt Gott sich gar nichts nehmen,
es muss erbeten sein.
7. Auf, auf, gib deinem Schmerze
und Sorgen gute Nacht,
lass fahren, was das Herze
betrübt und traurig macht;
bist du doch nicht Regente,
der alles führen soll,
Gott sitzt im Regimente
und führet alles wohl.
3. Dein ewge Treu und Gnade
o Vater, weiß und sieht,
was gut sei oder schade
dem sterblichen Geblüt;
und was du dann erlesen,
das treibst du, starker Held,
und bringst zum Stand und Wesen,
was deinem Rat gefällt.
8. Ihn, ihn lass tun und walten,
er ist ein weiser Fürst
und wird sich so verhalten,
dass du dich wundern wirst,
wenn er, wie ihm gebühret,
mit wunderbarem Rat
das Werk hinausgeführet,
das dich bekümmert hat.
4. Weg hast du allerwegen,
an Mitteln fehlt dir’s nicht;
dein Tun ist lauter Segen,
dein Gang ist lauter Licht;
dein Werk kann niemand hindern,
dein Arbeit darf nicht ruhn,
wenn du, was deinen Kindern
ersprießlich ist, willst tun.
9. Er wird zwar eine Weile
mit seinem Trost verziehn
und tun an seinem Teile,
als hätt in seinem Sinn
er deiner sich begeben
und sollt’st du für und für
in Angst und Nöten schweben,
als frag er nichts nach dir.
5. Und ob gleich alle Teufel
hier wollten widerstehn,
so wird doch ohne Zweifel
Gott nicht zurücke gehn;
was er sich vorgenommen
und was er haben will,
das muss doch endlich kommen
zu seinem Zweck und Ziel.
10. Wird’s aber sich befinden,
dass du ihm treu verbleibst,
so wird er dich entbinden,
da du’s am mindsten glaubst;
er wird dein Herze lösen
von der so schweren Last,
die du zu keinem Bösen
bisher getragen hast.
© IGW International
Tobias Wegschaider
22.9.2009
Abschlussarbeit BA
Befiehl du deine Wege
65
11. Wohl dir, du Kind der Treue,
du hast und trägst davon
mit Ruhm und Dankgeschreie
den Sieg und Ehrenkron;
Gott gibt dir selbst die Palmen
in deine rechte Hand,
und du singst Freudenpsalmen
dem, der dein Leid gewandt.
12. Mach End, o Herr, mach Ende
mit aller unsrer Not;
stärk unsre Füß und Hände
und lass bis in den Tod
uns allzeit deiner Pflege
und Treu empfohlen sein,
so gehen unsre Wege
gewiss zum Himmel ein.
© IGW International
Tobias Wegschaider
22.9.2009
Abschlussarbeit BA
Befiehl du deine Wege
66
IST GOTT FÜR MICH SO TRETE
1. Ist Gott für mich, so trete
gleich alles wider mich;
sooft ich ruf und bete,
weicht alles hinter sich.
Hab ich das Haupt zum Freunde
und bin geliebt bei Gott,
was kann mir tun der Feinde
und Widersacher Rott?
6. Nichts, nichts kann mich verdammen,
nichts nimmt mir meinen Mut:
Die Höll und ihre Flammen
löscht meines Heilands Blut.
Kein Urteil mich erschrecket,
kein Unheil mich betrübt,
weil mich mit Flügeln decket
mein Heiland, der mich liebt.
2. Nun weiß und glaub ich feste,
ich rühm’s auch ohne Scheu,
dass Gott, der Höchst und Beste,
mein Freund und Vater sei
und dass in allen Fällen
er mir zur Rechten steh
und dämpfe Sturm und Wellen
und was mir bringet Weh.
7. Sein Geist wohnt mir im Herzen,
regiert mir meinen Sinn,
vertreibet Sorg und Schmerzen,
nimmt allen Kummer hin;
gibt Segen und Gedeihen
dem, was er in mir schafft,
hilft mir das Abba schreien
aus aller meiner Kraft.
3. Der Grund, da ich mich gründe,
ist Christus und sein Blut;
das machet, dass ich finde
das ewge, wahre Gut.
An mir und meinem Leben
ist nichts auf dieser Erd;
was Christus mir gegeben,
das ist der Liebe wert.
8. Und wenn an meinem Orte
sich Furcht und Schrecken find’t,
so seufzt und spricht er Worte,
die unaussprechlich sind
mir zwar und meinem Munde,
Gott aber wohl bewusst,
der an des Herzens Grunde
ersiehet seine Lust.
4. Mein Jesus ist mein Ehre,
mein Glanz und schönes Licht.
Wenn der nicht in mir wäre,
so dürft und könnt ich nicht
vor Gottes Augen stehen
und vor dem Sternensitz,
ich müsste stracks vergehen
wie Wachs in Feuershitz.
9. Sein Geist spricht meinem Geiste
manch süßes Trostwort zu:
wie Gott dem Hilfe leiste,
der bei ihm suchet Ruh,
und wie er hab erbauet
ein edle neue Stadt,
da Aug und Herze schauet,
was es geglaubet hat.
5. Der, der hat ausgelöschet,
was mit sich führt den Tod;
der ist’s, der mich rein wäschet,
macht schneeweiß, was ist rot.
In ihm kann ich mich freuen,
hab einen Heldenmut,
darf kein Gerichte scheuen,
wie sonst ein Sünder tut.
10. Da ist mein Teil und Erbe
mir prächtig zugericht’;
wenn ich gleich fall und sterbe,
fällt doch mein Himmel nicht.
Muss ich auch gleich hier feuchten
mit Tränen meine Zeit,
mein Jesus und sein Leuchten
durchsüßet alles Leid.
© IGW International
Tobias Wegschaider
22.9.2009
Abschlussarbeit BA
Befiehl du deine Wege
11. Wer sich mit dem verbindet,
den Satan fleucht und hasst,
der wird verfolgt und findet
ein hohe schwere Last
zu leiden und zu tragen,
gerät in Hohn und Spott;
das Kreuz und alle Plagen,
die sind sein täglich Brot.
13. Die Welt, die mag zerbrechen,
du stehst mir ewiglich;
kein Brennen, Hauen, Stechen
soll trennen mich und dich;
kein Hunger und kein Dürsten,
kein Armut, keine Pein,
kein Zorn der großen Fürsten
soll mir ein Hindrung sein.
12. Das ist mir nicht verborgen,
doch bin ich unverzagt,
Gott will ich lassen sorgen,
dem ich mich zugesagt.
Es koste Leib und Leben
und alles, was ich hab:
An dir will ich fest kleben
und nimmer lassen ab.
14. Kein Engel, keine Freuden,
kein Thron, kein Herrlichkeit,
kein Lieben und kein Leiden,
kein Angst und Fährlichkeit,
was man nur kann erdenken,
es sei klein oder groß:
Der keines soll mich lenken
aus deinem Arm und Schoß.
67
15. Mein Herze geht in Sprüngen
und kann nicht traurig sein,
ist voller Freud und Singen,
sieht lauter Sonnenschein.
Die Sonne, die mir lachet,
ist mein Herr Jesus Christ;
das, was mich singen machet,
ist, was im Himmel ist.
© IGW International
Tobias Wegschaider
22.9.2009
Abschlussarbeit BA
Befiehl du deine Wege
68
Gründe des Trostes und der Hoffnung im Lied „Befiehl du deine Wege“
1. Im Herren
Str. 2,11
Dem Herren musst du trauen
2. In Gott
6,3-5+7,7+11,7
Gott wird dich mit Gnaden rücken… Gott
führet alles wohl… Gott gibt dir selbst
die Palmen…
3. In seiner Fürsorge
Str.1,3+12,5
Der allertreusten Pflege…Deiner Pflege..
4. In seinem Werk
Str.2,3
Auf sein Werk musst du schauen…
5. In seiner Treue
Str.3,1+12,6
Dein ewge Treu
6. In seiner Gnade
Str.3,1+6,5
Dein ewge Gnade
7. In seiner Erwählung
Str.3,5
Und was du denn erlesen…
8. In seiner Allmacht
Str.4,2
An Mitteln fehlt dirs nicht
9. In seiner Treuezusage
Str.5,5-8
Was er sich vorgenommen… wird
endlich kommen…
10. Befreiung
Str.6,3-5+10,3-5
Gott wird dich aus der Höle… mit
+11,8
grossen Gnaden rücken… Er wird dich
entbinden… dein Herze lösen… dein
Leid wenden
11. In Jesus
Str.6,8
Die Sonn der schönsten Freud
12. Unter der Herrschaft
Str.7,7
Gott sitzt im Regimente…
13. Unter der Führung
Str.7,8
Gott sitzt…Und führet alles wohl
1. Im Anbefehlen
Str.1,1
Befiehl du deine Wege…
2. Im Trauen
Str.2,1
Dem Heren musst du trauen…
3. Im Schauen
Str.2,3
Auf sein Werk musst du schauen
4. Im Gebet
Str.2,8
Es muss erbeten sein…
5. Im Hoffen
Str.6,1-2
Hoff…hoff du arme Seele
6. Im Festhalten
Str.6,2
Sei unverzagt
7. Im Loslassen
Str.7,1-3
Gib deinem Schmerze und Sorgen gute
Nacht; Lass fahren was das Herze…
8. Im Überlassen
Str.8,1
Ihn, ihn lass tun und walten…
9. Im Vertrauen
Str.10,2
Dass du ihm treu verbleibst…
10. Im Widerstehen
Str.10,7-8
Zu keinem Bösen getragen hast…
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Tobias Wegschaider
22.9.2009
Abschlussarbeit BA
Befiehl du deine Wege
69
Zeugnis
Anzahl
Trost
29
Begleiter
24
schön
9
Hilfe
5
Ermutigung
4
Ruhe
3
tragen
1
Halt
1
unendliche Tiefe
1
geleitet in Not durch Gott
1
treffen noch heute ins Herz
1
Balsam
1
sind bewegend
1
machen Herz frei
1
machen Herz glücklich
1
Hoffnung
10
Freude
23
Gottvertrauen
5
Glaube
3
Dank
3
Jesus Christus groß
1
Leben und Licht für die Ewigkeit
1
lassen Ewigkeit durchscheinen
1
© IGW International
Tobias Wegschaider
22.9.2009
Abschlussarbeit BA
Befiehl du deine Wege
70
Trost und Hoffnung
Kraft
11
bestärkt
6
Schatz
5
Besinnung
4
Predigt
3
Heimat
3
berührt
2
Segen
1
Bezugspunkt/Orientierung
1
Gebet
1
Breite des menschlichen Empfindens
1
Treffen ins Innerste und führen in die Höhe zu Gott
1
Schwarzbrot auf Lebensweg
1
lassen sonnige Strahlen entstehen
1
© IGW International
Tobias Wegschaider
22.9.2009
Abschlussarbeit BA
Befiehl du deine Wege
71
Sonstiges
Vorbild im Glauben
1
vertrauenswürdig
1
sprechen das Wesentliche an
1
schätzen
1
authentisch
1
Vertrautheit
2
Lebensbestandteil
1
gut
1
bleibt
1
kann sich gut hineinversetzen
1
zeitgemäß
1
Blick erweitert
1
geschützt
1
geprägt im Glauben und Denken
1
staunen
1
Lieblingslied
1
wertvoll
1
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Tobias Wegschaider
22.9.2009
Abschlussarbeit BA
Befiehl du deine Wege
72
32
Trost
30
Begleiter
28
schön
26
Hilfe
24
Ermutigung
22
Ruhe
20
tragen
18
16
Halt
14
unendliche Tiefe
12
geleitet in Not
durch Gott
10
treffen noch heute
ins Herz
8
Balsam
6
bewegend
4
machen Herz frei
2
machen Herz
glücklich
0
Trost
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Tobias Wegschaider
22.9.2009
Abschlussarbeit BA
Befiehl du deine Wege
73
26
Hoffnung
24
22
Freude
20
Gottvertrauen
18
16
Glaube
14
12
Dank
10
Jesus Christus
groß
8
6
Lebe und Licht für
die Ewigkeit
4
2
Lassen Ewigkeit
durchscheinen
0
Hoffnung
© IGW International
Tobias Wegschaider
22.9.2009
Abschlussarbeit BA
Befiehl du deine Wege
12
74
Kraft
Bestärkt
11
Schatz
10
Besinnung
9
Predigt
Heimat
8
berührt
7
Segen
6
Bezugspunkt
Orientierung
5
Gebet
4
Breite des
menschlichen
Empfindens
treffen ins innerste
3
führen zu Gott
2
Schwarzbrot auf
Lebensweg
1
lassen sonnige
Strahlen entstehen
0
Trost und Hoffnung
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Tobias Wegschaider
22.9.2009
Abschlussarbeit BA
Befiehl du deine Wege
3
75
Kraft
Bestärkt
Schatz
Besinnung
Predigt
Vorbild im Glauben
vertrauenswürdig
2
Vertrautheit
sprechendas
wesentliche an
schätzen
authentisch
Lebensbestandteil
gut
bleibt
kann sich gut hinein
verstzen
zeitgemäß
1
Blick erweitert
geschützt
geprägt im Glauben
und denken
staunen
Lieblingslied
wertvoll
0
Sonstiges
© IGW International
Tobias Wegschaider
22.9.2009
Abschlussarbeit BA
Befiehl du deine Wege
76
Trost und Hoffnung
● Paul Gerhardts Lieder kann man in frohen und in schweren Zeiten singen. Man fühlt sich
verstanden und getragen und man singt die Lieder gerne und von Herzen.
● Paul Gerhardts Lieder haben einen großen Inhalt, auch in jeder Strophe. Die Verse erreichen
einem das Herz! Die Lieder geben einem viel Kraft, Trost, Mut und Hoffnung.
● In schwerer Kindheitsnot hat uns u. a. das Lied "Befiehl du deine Wege" meiner Frau und mir
reichen Trost vermittelt.
● Paul Gerhardt Lieder bedeuten mir unendlich viel. Sie stärken mich im Glauben sehr tief. Sie
geben mir viel Trost, Hoffung uns Zuversicht, und stärken mein Gott-Vertrauen, ganz ganz tief.
● Die Lieder - und die Lebensgeschichte - von P.G. haben uns in vielen Situationen Trost und Halt
geschenkt. Gerade auf dem Hintergrund seiner Lebenserfahrung - vor allem Leiderfahrung - sind
sie uns ein großerSchatz. - Auch bei Hausbesuchen greife ich oft darauf zurück und finde für die
Situationen passende Worte durch Lieder.
● Seine Lieder haben auch uns, meine Frau und mich, oft getröstet, den Blick erweitert
● Die Lieder Paul Gerhardts haben mir und meine Gemeindeglieder viel viel Trost in Jesus
Christus gegeben.
● In allen schweren Situationen ist mir der Vers: "Hoff´o du arme Seele....." aus "Befiehl du deine
Wege" ein großer Trost.
● "Befiehl du deine Wege", „ das größte der deutschen Trostlieder" Vers 8: Ihn, ihn lass tun und
wollen... Dieser Vers hat die … Gemeinde gestärkt und ist auch mir in schwerer Zeit Trost gewesen
● P.G.´s Lieder sprechen das Wesentliche an, das Menschsein in dieser Welt ausmacht und die
Verbindung zur gesamten Schöpfung ausdrückt. In seinen Texten fühle ich mich erkannt und
verstanden. Möglicherweise geht es anderen ähnlich. Vielleicht ist es das, was für die weltweite
Verbreitung gesorgt hat. Seine Lieder sind ein Teil meines Lebens.
© IGW International
Tobias Wegschaider
22.9.2009
Abschlussarbeit BA
Befiehl du deine Wege
77
Wegbegleitung
● Befiehl du deine Wege ist mein Lieblingswort, das mich schon Jahrzehnte durch alle Höhen und
Tiefen begleitet. Danke Gott, danke Paul Gerhardt für diese ermutigenden Liedverse!
● Paul Gerhardt - ein Lebensbegleiter im Auf und Ab des Lebens! Eine Fülle von sprachlichen
Bildern, Beobachtungen und Weisheiten! Zuversicht und Gottvertrauen sind zuverläßliche (sic!)
Wegbegleiter - herzlichen Dank an Paul Gerhardt!
● Paul Gerhardt begleitet mich bisher durch mein Leben und durfte meinee Mutter mit seinen
Liedern auch im Sterben und beim Abschied damit begleiten.
● Ich bin mit den Liedern Paul Gerhardt´s aufgewachsen. Sehr oft haben mich Verse begleitet und
biblische Aussagen vertieft. Dank sei Gott für diese Begabung, die bis heute solche Ausstrahlung
entfaltet.
● Seine Lieder sind Schwarzbrot auf dem Lebensweg.
● Sie haben mein Denken und Glauben sehr stark geprägt. Wie meine Geschwister kenne ich nun
Verse auswendig. Es ist, als käme ich nach Hause, obwohl ich noch nie in dieser Kirche war.
● Vieles seines Dichtens hat mich seit frühester Kindheit begleitet und in schwerer Zeit geschützt.
● Paul Gerhardts Texte und Liedvertonungen begleiten mich seit der Schulzeit durch mein Leben.
Sie geben mir Tragkraft in schwierigen Lebensphasen, aber auch in der Freude lassen sie "das
Herz zusätzlich springen". Ich danke meinen Lehrern und Ausbildern immer wieder für diesen
kostbaren Schatz.
● Seine Lieder haben mich ein Leben lang begleitet, Kraft und Mut in oft traurigen Zeiten gegeben.
● Von "Wenn ich einmal soll scheiden" bis " Mein Herze geht in Sprüngen" beschreibt Paul
Gerhard in seinen Texten die ganze Breite menschlichen Empfindens. Daher sind seine Lieder so
unvergänglich. Seit meiner Konfirmationszeit begleiten sie mich durch mein Leben.
● Die Paul Gerhardt- Texte begleiten mich durch meine Krebserkrankung und trösten immer
wieder, besonders „Befiehl du deine Wege… der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann.
© IGW International
Tobias Wegschaider
22.9.2009
Abschlussarbeit BA
Befiehl du deine Wege
78
Freude
● Die Lieder von Paul Gerhardt begleiten uns durchs Leben, geben uns Freude und Zuversicht…
● Die Lieder Paul Gerhards sind Trost-, Freuden- und Kraftquellen zu ALLEN Zeiten.
Man soll sich in die Texte hinein nehmen lassen. Sie haben eine unendliche Tiefe
und Kraft gegenüber unserer abgeflochtenen, oberflächlichen heutigen Sprache
(dies gilt auch für unsere neuen Lieder in der Kirche)
● In vielen Lebenssituationen, in Freude und in schweren Stunden, haben sie mich begleitet, als
Gebet, haben sie mir Kraft, Trost und Hilfe gegeben, haben meinen Blick nach oben zu Gott
gelenkt.
● Das Kirchenjahr ohne Paul Gerhardt ist undenkbar.
-Freude, Dankbarkeit zum Ausdruck bringen ohne seine Lieder
- undenkbar
-Natur erleben und innerlich spüren - ohne „Geh aus [mein Herz und suche Freud]...“
- undenkbar.
-Traurigkeit, Leid und Schmerz ohne seine Lieder überwinden
- undenkbar.
-daus Leben ohne ihn
- undenkbar, weil
eingekettet in Gottes Wort!
● Von Jugend an bis im Alter sind die Lieder von Paul Gerhard. ein Segen, Trost und Frohsinn.
Ich danke Gott im Namen Jesu Christi für Paul Gerhardt.
●…Seine Lieder vermitteln uns das ganze Kirchenjahr Freude, Optimismus aber auch
Besinnlichkeit. Dafür danken wir ihm von Herzen.
● Die Lieder von Paul Gerhard begleiten uns durchs Leben, geben uns Freude und Zuversicht!
● Die Lieder von Paul Gerhard vermitteln mir Stärke, Kraft und Lebensfreude in frohen, aber
besonders auch in schwieriger Zeit.
● Ich begeistere mich sehr für seine Texte, da man sich sehr gut hineinversetzen kann. Sie bedeuten
sehr viel.
● Paul Gerhardts Lieder zu singen ist mir eine große Freude! Sie treffen mich immer im Innersten
und führen mich in die Höhe - zu Gott!
© IGW International
Tobias Wegschaider
22.9.2009
PUBLIREPORTAGE
10
ideaSchweiz l 13/2009
Theologiestudium mitten im Leben – missional und innovativ
Für den nächsten Schritt ausgebildet
Wovon träumen Sie? Zieht
es Sie zu einem Beruf wie
Jugendarbeiter, Pastor, Zeltmacher, Evangelist, sozialdiakonischer
Mitarbeiter,
Streetworker, Pionier, Gemeindegründer, Missionar...
und bis ans Ende der Welt?
Oder haben Sie begabte jüngere Mitarbeiter in Ihren Reihen, die Sie gerne praxisbegleitend und «in house» zu
vollzeitlichen Mitarbeitern
ausbilden lassen möchten?
Unsere beiden neuen Studiengänge «Bachelor of Arts» und
«Bachelor of Theology» sind dafür massgeschneidert und wären genau das Richtige hierfür!
Warum?
Zielgruppe
Das Bachelor-Programm (BA)
ist auf Personen ausgerichtet,
die diese Ausbildung für einen
vollzeitlichen Dienst in Gemeinde oder Mission absolvieren wollen und bereits in einer
verbindlichen Mitarbeit in einer Gemeinde oder einem Missionswerk stehen: angehende
Jugendarbeiter, Gemeindeleiter,
Pastoren, sozialdiakonische Mitarbeiter, Missionare u. ä.
Zielsetzung
Die
Studierenden
erwerben
in diesen 4- bis
6-jährigen theologischen Ausbildungen berufsMichael
qualifizierende
Girgis
Kompetenzen in
den grundlegenden theologischen Fächern sowie wertvolle
praktische Erfahrungen.
(Eine Ausnahme bildet der
1-jährige
Studiengang
igw.
network, der als Ausbildung für
eine ehrenamtliche Tätigkeit
angelegt ist.)
Tätigkeiten unserer Absolventen
75 % unserer bisher insgesamt
173 Absolventen (Bachelor-Programm seit 1996) arbeiten heute
in einem solchen vollzeitlichen
leitenden Dienst, und zwar v. a.
in folgenden Berufen:
•Gemeindeleiter
•Pastor
•Jugendpastor
•Mitarbeiter in Missionswerk
•sozialdiakonischer Mitarbeiter
•Jugendarbeiter
Die 7 Pluspunkte von IGW
1. fundierte theologische Ausbildung
2. innovatives Ausbildungskonzept – studienbegleitende
Praxis
3. einzigartige Kombination von
Theorie, Praxis und Persönlichkeitsentwicklung
4. ganzheitliche Ausbildung
5. mitten im Leben
6. modular und massgeschneidert
7. anerkannte Abschlüsse
Auf www.igw.edu kann die
ausformulierte Version dieser
7 Punkte heruntergeladen oder
per E-Mail an [email protected]
bestellt werden.
IGW ist eduQua-zertifiziert!
Mit dem eduQua-Zertifikat erhält IGW das wichtigste und
bedeutendste
schweizerische
Qualitätszertifikat für Aus- und
Weiterbildungsinstitutionen. Das
eduQua-Zertifikat bescheinigt IGW
ein zeitgemässes, hochstehendes
sowie praxisrelevantes Angebot.
Die Zertifizierung erfolgt durch
die Schweizerische Vereinigung
für Qualität und ManagementSysteme (SQS).
Studiengänge und Angebote
Ausgezeichnete Qualität
Unsere über 150 Studierenden
im Bachelor-Programm, die uns
zur grössten theologischen Ausbildungsstätte im deutschsprachigen Europa machen, irren
sich nicht. Unsere Ausbildung
hält, was sie verspricht. Das
kürzlich erhaltene eduQuaZertifikat bescheinigt IGW ein
zeitgemässes, hochstehendes
und praxisrelevantes Angebot
(siehe Kasten).
Überzeugen Sie sich vor Ort
an einem Schnuppertag. Wir
freuen uns auf Sie und/oder
Ihren Leiternachwuchs!
Michael Girgis, Co-Rektor IGW
Weiterbildung (MA)
Gerade in Zeiten der Veränderung
ist lebenslange Weiterbildung wichtig: praxisrelevantes, theologisches
Forschen, spannende Kurse, aktuelle
Literatur und Einbezug der eigenen
Praxis bilden die Grundlage unserer
berufsbegleitenden Weiterbildung.
Fernstudium
fundierte biblische Ausbildung für
ehrenamtliche Mitarbeitende mit
massgeschneidertem,
individuellem Studienprogramm aus Präsenz- und Fernkursen.
Kursbesuch als Gasthörer
IGW bietet eine grosse Vielfalt von
Kursen und Seminaren an, die auch
Hörerinnen und Hörer besuchen
können. Eine ideale Gelegenheit,
um IGW-Luft zu schnuppern oder
zu interessanten Konditionen von
kompetenten Referenten zu profitieren. Die Kursliste ist online einsehbar, unter «Kurse».
Downloads (NEU!)
Die Studienangebote im Bereich Ausbildung (Bachelor)
Studiengang Bachelor of Arts
(BA)
Studiengang Master of Theology (BTh-MTh)
Dauer: 4 Jahre
Voraussetzung: abgeschlossene
Berufslehre
Credits: 180 C. (ECTS)
Abschluss: Bachelor of Arts (BA)
Nach Abschluss kann im MAStudiengang weiter studiert
werden.
Dauer: 6 Jahre
Voraussetzung: Matura/Abitur
oder Berufsmatur plus «Passerelle»
Credits: 300 C. (ECTS)
Abschluss: Bachelor of Theology
(BTh) und anschliessend Master
of Theology (MTh)
Studiengang igw.network
Dauer: 1 Jahr
Voraussetzung: abgeschlossene
Berufslehre
Credits: 30 C. (ECTS)
Abschluss: igw.network-Zertifikat
Nach Abschluss kann in das
zweite Jahr des BA-Studienganges eingestiegen werden.
Abschlussarbeiten, Handouts, Magazine und Artikel stehen in unserem Downloadbereich kostenlos
zur Verfügung.
1991 gegründet, über 340 immatrikulierte Studierende.
www.igw.edu (CH) oder
www.de.igw.edu (DE).
PUBLIREPORTAGE
10
ideaSchweiz l 09/2008
Umsetzung der grossen Studienreform
Neue Lernfelder bei IGW
Mit grundlegenden Neuerungen richtet IGW sich noch
stärker auf sein Hauptziel
aus, Menschen umfassend
für ihren Dienst auszubilden.
IGW hat die grosse europäische Bildungsreform zum
Anlass genommen, sein Ausbildungskonzept grundsätzlich zu überarbeiten und sich,
so Co-Rektor Michael Girgis,
«noch einmal neu zu erfinden.»
Zum Start des Studienjahres
im September 07 wurden daher
teilweise tiefgreifende Neuerungen lanciert. So orientiert
sich das Bachelor-Programm
(BA), das Männer und Frauen
in 4 Jahren für ihren Dienst in
Gemeinden oder christlichen
Werken ausbildet, neu an drei
«Lernfeldern»: Theorie, Praxis
und Praxisbegleitung.
Theorie deckt ab, was man gemeinhin unter schulischer Aus-
bildung versteht:
Hier wird auf allen Gebieten der
Theologie das für
den Dienst notwendige Fachwissen vermittelt. Die
Michael
Praxis, bei IGW
Girgis
immer schon ein
wichtiges Ausbildungselement,
wird noch stärker in den Studiengang eingebunden, so dass
im praktischen Dienst erworbene Kompetenzen dem Studium nun angerechnet werden
können. Im Bereich Praxisbegleitung schliesslich werden in
neu entwickelten Kursmodulen
die grossen Ausbildungsthemen
Persönlichkeitsentwicklung und
Jüngerschaft über die gesamten
4 Jahre des Studiums vertieft.
Ausführliche Informationen zur
grossen Studienreform finden
Sie auf www.igw.edu ➝ Ausbildung ➝ Studienreform 2010.
Cla Gleiser, Studienleiter IGW
Neue Fachrichtung bei IGW
Studiengang Missionale Theologie
Der Ruf nach qualifizierten
und missionarischen Fachkräften in Werken, Gemeindeverbänden und Missionsgesellschaften wird immer
lauter. Spürbar ist vor allem
der Mangel an klassischen
Evangelisten. Für den Dienst
an Bevölkerungsgruppen aus
orientalischen bzw. überseeischen Ländern werden auch
Inlandmissionare
gesucht.
Gerade die Ausbildung zum
Missionsdienst unter Moslems wird zunehmend an
Wichtigkeit gewinnen.
IGW stellt sich diesen neuen
Herausforderungen und rüstet
Menschen zum Dienst aus –
nicht nur für die bisherigen
klassischen Missionsländern,
sondern gerade auch für das
europäische Umfeld. Aus diesem Grund erweitert IGW sein
Angebot an Fachrichtungen auf
BA-Niveau: Neben Theologie
(Schwerpunkt
systematische
Illustration: www.gleiser.ch
und biblische Fächer), praktischer Theologie, Missiologie
und Sozialdiakonie steht IGWStudenten ab September 2008
ein Studiengang in missionaler
Theologie offen. Die neue Fachrichtung hat folgende Schwerpunkte:
1. Evangelisation im
nachchristlichen Europa
Seit einigen Jahren fehlen zunehmend Evangelisten für Gemeinden und spezielle übergemeindliche Anlässe. Wir sind
überzeugt, dass dieser Dienst
für die Zukunft wieder verstärkt
gefragt sein wird. IGW wird sich
vermehrt für die Gewinnung
und Ausbildung von Menschen
einsetzen, die in diesem Dienst
ihre Zukunft sehen.
2. Gemeindegründung und
Gemeindebau
Europa ist zum klassischen Missionskontinent geworden. Damit
gewinnt die Thematik «Mission»
Relevanz für Gemeindebau und
Evangelisation in
unserer
Gesellschaft. Die Ausbildung bei IGW
vermittelt
zuHelmut
künftigen PionieKuhn
ren und Gemeindegründern in diesen Bereichen
Fachkompetenz und Perspektive.
3. Transkulturelle Mission
Mission findet vor unserer eigenen Haustüre statt. Religionen
und Weltanschauungen aus
verschiedenen Kulturen prägen
unsere Gesellschaft. Gerade der
Dienst unter Moslems wird an
Wichtigkeit zunehmen. IGW
wird Studierende befähigen, das
Evangelium in einer multikulturellen Gesellschaft weiterzugeben. Dabei sucht das Institut
bewusst die Zusammenarbeit
mit evangelistisch und missionarisch tätigen Partnern.
Helmut Kuhn, Direktor EE
Studiengang
Bachelor of Arts (BA)
Ziel: vollzeitlicher Dienst in
Gemeinde oder Mission
Voraussetzung: abgeschlossene
Berufslehre
Dauer: 4 Jahre (180 Credits)
Studiengang Master
of Theology (BTh-MTh)
Ziel: vollzeitlicher Dienst in
Gemeinde oder Mission
Voraussetzung: Matura/Abitur
Dauer: 5 Jahre (300 Credits)
Studiengang igw.network
Ziel: ehrenamtliche Mitarbeit in
der Gemeinde
Voraussetzung: abgeschlossene
Berufslehre
Dauer: 1 Jahr (30 Credits) mit
Anschlussmöglichkeit an BA
oder BTh-MTh
www.igw.edu

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