Projektbericht Kashani-Classroom und Hero´s AIC Academy Shanzu

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Projektbericht Kashani-Classroom und Hero´s AIC Academy Shanzu
Projektbericht Kashani‐Classroom und Hero´s AIC Academy Shanzu 2012 Projektverantwortliche des ver.di Bildungs‐ und Tagungszentrum Walsrode, Gina Maier Bildungssekretärin und Robert Schlenker (freiberuflicher Dozent beim ver.di BTZ Walsrode). Durch geschickte Verhandlungen über den Sozialeinsatz „Bildungsbrücke Kenia“ mit dem Bau eines Klassenzimmers, konnte bei der Buchung der Flüge bei der Firma Condor 120 Kilo Freigepäck heraus gehandelt werden. Vielen Dank an die Firma Condor als Sponsor und insbesondere an Frau Schneider, bei der wir gut beraten und betreut waren. Dadurch konnten insbesondere Kleidungsstücke und einige immer benötigte Schulutensilien wie Malstifte und Wasserfarben mit nach Kenia genommen werden. Treffpunkt Frankfurt Flughafen, Abflug am 31.12.2011 Mit sieben Koffern plus Handgepäck starteten wir. Am Flughafen in Mombasa half uns eine freundliche Flughafenmitarbeiterin mit unserem Gepäck, mit dem wir Aufmerksamkeit erregten. Selten kommen Europäer mit dermaßen vielen Koffern an. Check in im Appartement „Jupiter“ Am nächsten Tag haben wir zu Familie Herma und Roland Peterhof Kontakt aufgenommen. Herma ist ebenfalls ver.di Kollegin aus Stuttgart und hat 15 Jahre Erfahrung in diversen Projekten an der Nordküste von Mombasa. Seit drei Jahren arbeiten Herma und Roland intensiv am Aufbau einer Primary School in Shanzu (http://sites.google.com/site/herosacademyshanzu/history). Wir werden für den 03.01. zum Einschulungstag eingeladen, um uns vor Ort ein Bild des Projekts zu machen. Die Schule steht auf dem Gelände der Kirchengemeinde einer African Inland Church (vergleichbar mit einer evangelischen Kirchengemeinde), das viel Raum für bauliche Erweiterungen und Platz zum Spielen für die Kinder bietet. Das Gelände ist eingezäunt und wird bewacht. Bei der Einschulung lassen viele Eltern ihre Kinder registrieren und mit einem Foto und der Einwilligung der Eltern werden die Daten dann ins Internet gestellt. Damit kann ein persönlicher Bezug zwischen Sponsor und Kind hergestellt werden und erleichtert die Suche nach Sponsoren. Mit 13 Euro im Monat kann ein Kind gesponsert werden. Informationen dazu gibt es über die oben angegebene Webadresse. Von diesem Geld wird bezahlt: ‐ anteiliger Lohn des Lehrpersonals ‐ Essen (morgens Porridge, mittags Maisbrei (Ugali) mit Kohl und zweimal in der Woche mit Fleisch) ‐ Schulbücher ‐ Schulkleidung (ist in Kenia Pflicht) Im Schuljahr 2011 gingen 105 Kinder zur Schule, für das Schuljahr 2012 gab es 380 Anmeldungen. Ziel ist es, dass für 25 % der Kinder die Eltern selbst aufkommen, für weitere 25 % die Eltern die Hälfte des Schulgeldes bezahlen und für 50 % der Kinder Sponsoren gefunden werden. Auf dem Gelände der Schule wurde fleißig gebaut, vier Klassenzimmer waren noch im Rohbau. Die benötigten Schulbänke wurden vor Ort gezimmert und Steine aus Sand und Zement wurden hergestellt, die beispielsweise für den Bau von Regalen benutzt werden. Projektbericht Kashani‐Classroom und Hero´s AIC Academy Shanzu 2012 Herma und Roland (Familie Petershof) leisten hier eine tolle Arbeit, was Robert und ich fast als persönliches Vorbild sehen. 04.01.2012: Fahrt nach Kashani mit Robert und Familie Petershof SITUATION vor Ort am 04.01.2012: Am Dienstag, den 04.01.2012 haben die Projektverantwortliche des ver.di‐BTZ Walsrode, Gina Maier, Robert Schlenker (freiberuflicher Dozent am ver.di‐BTZ) und das Ehepaar Herma und Roland Peterhof (Hero´s AIC Academy, Shanzu) vor Ort das Kashani‐Schulgelände besucht, um sich konkret zu informieren und in die operative Phase des Projekts „Bau eines Klassenzimmers“ zu starten. Unsere erarbeitete Checkliste 1.)
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den gegenwärtigen Zustand der Schule der Notwenigkeit der Schulerweiterung (ein Klassenraum, Toilettenanlage) die gegebene Lernsituation und schulischen Erfolgsaussichten der SchülerInnen das erkennbare Engagement des Lehrkörpers (also Verantwortungsbereitschaft, Zuverlässigkeit, Führungskompetenz und Motivation der einzelnen Lehrkräfte und insbes. des Head‐Teachers=Schulleiter) 5.) wahrnehmbare Rahmenbedingungen (politischer Einfluss, logistische Herausforderungen) 6.) der potentiellen „Zukunftsfähigkeit“ des Projektes insgesamt Die vorgefundene Situation des ca. drei‐stündigen Aufenthaltes an der Kashani‐School lässt sich in übereinstimmender Beobachtung der o.g. Personen wie folgt zusammenfassen: 1. Es besteht kein Bedarf für den Bau weiterer Klassenräume. Zwischenzeitlich wurden auf dem Gelände zwei (aus unserer Sicht übertrieben luxuriöse) Gebäude errichtet. Ein Gebäudeteil für Lehrräume und das zweite Gebäude ausschließlich für Zwecke der Lehrkörpers (Headoffice, Vorzimmer für eine Schul‐Sekretärin ‐ die es im Übrigen gar nicht gibt ‐ Lehrerzimmer, Besprechungsraum, Material‐ und Lagerraum). So wie sich die Situation darstellt, handelt es sich um ein Image‐Projekt des regionalen Member of Parliament. 2. Die Toilettenanlage ist nach wie vor desolat. Je eine Toilette für LehrerInnen und sämtlichen Schülern / Schülerinnen. Bezeichnenderweise wurde bei der Planung der Erweiterungsbauten die Toilettensituation augenscheinlich nicht bedacht. Dieses Versäumnis ist für uns vollkommen unverständlich. Eine „Kompensation“ unsererseits erscheint nicht angemessen. 3. Der Lehrkörper ist nach unserem Eindruck (zumindest weitgehend) unmotiviert und auch die Lehrfähigkeiten teilweise sehr fragwürdig. Beispiel: Die achte Klasse / Abschlussklasse ist kaum in der Lage Englisch zu sprechen (eigentlich eine zwingende gesetzliche Vorgabe). Konkrete Fragen von uns mussten auf Swahili übersetzt werden. Das kann nicht nur an den schlechten Rahmenbedingungen liegen. Die Resultate der letzten (landesweiten) Abschlussprüfung sind weit unter dem Durchschnitt und (leider) auch die Prognose für das kommende Schuljahr. 4. Der Head‐Teacher selbst (der auch den Rundgang führte) konnte nur durch seine „Selbstdarstellung“ überzeugen. Er war gut im erklären der „Challenges“ (Herausforderungen), die auf die Schule von außen einwirken. Sein persönliches Engagement und insbes. auch seine Führungsqualitäten waren nicht erkennbar. Beispiel: Seine fehlende Autorität gegenüber den eher „nachlässigen Lehrkräften“ (Originalton des Head‐Teachers) versuchte er mit den Worten: "it's because of the union" zu entschuldigen. Die spürbare persönliche Diskreditierung von Gewerkschaftsarbeit (ohne dabei in die Tiefe gehen zu wollen) ist für das ver.di‐BTZ Walsrode eine fragwürdige Basis für eine künftige Zusammenarbeit. Projektbericht Kashani‐Classroom und Hero´s AIC Academy Shanzu 2012 5. Die Rahmenbedingungen sind und bleiben unkalkulierbar. Die persönlichen Eitelkeiten politischer Mandatsträger, Einflussmöglichkeiten der Community, die möglichen administrativen Anforderungen der Schulaufsichtsbehörde und logistische Problemstellungen (Transport und Absicherung des Baumaterials, persönliche Beaufsichtigung des Baufortschrittes) projizieren Risiken auf die Nachhaltigkeit des Gesamtprojektes, die aus unserer Sicht nicht kontrollierbar sind. ZUSAMMENFASSUNG und ENTSCHEIDUNG: Es besteht kein Bedarf und auch keine erkennbare Zukunftsfähigkeit für das angedachte Kashani‐Schul‐Projekt ! Nach eingehender und übereinstimmender Beratung der gegebenen Situation des Kashani‐
Schul‐Projekt vor Ort wurde von der Projektverantwortlichen, Gina Maier folgende finale Entscheidung getroffen: Ó Das Kashani‐Schul‐Projekt wird im vollem Umfang eingestellt! Ó In Verantwortung für die Sponsorengelder wird das gegebene Budget zugunsten eines konkreten, erkennbar tragfähigen, besser strukturierten und von den Geldgebern deutlicher beeinflussbaren Projektes umgelenkt. Hierzu gibt es eine konkrete Alternative mit dem „Hero´s AIC Academy, Shanzu“. Sehr kritisch lauschen wir den Ausführungen des Headteachers (Direktors). Im Büro herrscht das blanke Chaos. Aufräumen geht auch ohne finanzielle Mittel. Auf den Schulbänken ist deutlich erkennbar, dass es auch andere Sponsoren für diese Schule gibt. Projektbericht Kashani‐Classroom und Hero´s AIC Academy Shanzu 2012 Ganz schön luxuriös! Und dann kein Geld mehr für den Bau von einigen Toiletten??? Im Hintergrund sind die neu entstandenen Räumlichkeiten zu sehen. Nach diesem Besuch und unserer Entscheidung, das Projekt einzustellen, waren wir ganz schön geknickt. So hatten wir uns das nicht vorgestellt. Offensichtlich ist ein politischer Mandatsträger, auf welchen Wegen auch immer, auf unser geplantes Projekt aufmerksam geworden und wollte vermutlich auch unsere Initiative nutzen um sich letztlich zu profilieren. Am wichtigsten waren uns jedoch die Interessen der Menschen, deren Geld wir in den Händen hielten. Das Geld gut und nachhaltig in Bildung und damit in die Zukunft für Kinder anzulegen, so hatten wir es versprochen! Wir haben unsere Flüge selbst finanziert und unseren Jahresurlaub verwendet, um in Kenia Gutes zu tun. Unzählige Stunden für Spendenaktionen von Kleidung und Schulutensilien (wir haben z.B. unter Mitwirkung aller Beschäftigten des ver.di BTZ Walsrode einen Floh‐ und Kunsthandwerkermarkt im ver.di BTZ Walsrode organisiert) haben wir dafür eingesetzt und da lag es nah, sich das Projekt „Hero´s AIC Academy“ nochmal genauer anzugucken. In den nächsten Tagen haben wir dort interessante Menschen kennengelernt, intensive Gespräche mit den dort aktiven Menschen geführt und haben uns für dieses Projekt erwärmt und – nach Rücksprache mit dem Verein Humanitas activa (www.humanitas‐activa.de) entschieden, das Geld dort einzusetzen. Vom Verein Humanitas activa kam ein großer Teil der Spenden. Nach einer umfangreichen Begehung der Schule „Hero´s AIC Academy Shanzu“ haben wir genau aufgelistet, was die Schule noch alles benötigt. Einige Dinge konnten in der Zeit, in der wir vor Ort waren, bereits umgesetzt werden. Die Schwierigkeit bestand darin, dass wir immer nur eins nach dem anderen machen konnten. Das lag zum einen daran, dass wir den Schulbetrieb so wenig wie möglich stören wollten, zum anderen musste immer kurzfristig reagiert werden, was am notwendigsten benötigt wird und/oder was die Schulbehörde am dringendsten geändert sehen wollte. Wir konnten aber am Ende fünfzig Kindern die Hälfte (umgerechnet 7 €) des Schulgeldes für ein Jahr finanzieren. Aufgrund der hohen Anmeldezahlen in diesem Schuljahr wurden drei neue LehrerInnen eingestellt, einen von ihnen finanzieren wir – vorerst für ein Schuljahr. Projektbericht Kashani‐Classroom und Hero´s AIC Academy Shanzu 2012 Fünf der im letzten Jahr gebauten Klassenzimmer waren noch nicht gestrichen und auch der Boden war nur festgestampfte Erde, wir finanzierten das Malern und das Legen von Estrich in allen fünf Räumen. Der Schulhof liegt in der prallen Sonne und so haben wir einen Baum gepflanzt, damit die Kinder sich in der Pause auch im Schatten aufhalten können. Das Office konnte bereits mit einem LapTop ausgestattet werden, wir haben noch einen Drucker finanziert, um die nötigste Büroausstattung zu komplettieren. Die Schule ist nun auch offiziell anerkannt, die Kinder können also in der achten Klasse am staatlich anerkannten Examen teilnehmen. Dafür müssen allerdings offizielle Nachrichten in einem Schaukasten der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Dieses abschließbare Infoboard konnte ebenfalls von den von uns mitgebrachten Spenden gebaut werden. Eines meiner schönsten Erlebnisse war der von uns veranstaltete Bazar. Mittendrin statt nur dabei! In unserem Gepäck befand sich überwiegend Kleidung, die wir nicht einfach so verschenken wollten. So richtig westlich/europäisch packten wir die Kleidung fein säuberlich auf Tische vor der Kirche. Als der Gottesdienst beendet war und die Leute herbei strömten wurden schnell Wühltische aus unserer dekorierten Ware. Um Ungerechtigkeiten zu verhindern verkauften wir die Kleidung zu einem vorher festgelegten Preis. Insbesondere um die Koffer gab es ein Feilschen und Handeln. Viele Menschen dort besitzen keinen Kleiderschrank und benötigen etwas, um die Kleidung geschützt aufzubewahren. Nach knapp zwei Stunden waren wir so gut wie ausverkauft, konnten umgerechnet 110 Euro einnehmen und viele Menschen glücklich machen. Das Geld wurde für den Einkauf von Nahrungsmitteln für die Schulküche verwendet und reicht für etwa fünf Tage für 380 Kinder. Während unseres Aufenthalts habe ich auch immer wieder andere Schulen und Waisenhäuser besichtigt. Der Verein Kenia Kinderhilfe e.V. aus Rotenburg/Wümme hatte mir einige gute Kontakte organisiert, so dass ich mir ein gutes Bild von ähnlichen Projekten machen konnte. Die Umsetzung weiterer Ideen wie beispielsweise eine Schulanfängeruntersuchung inklusive Hör‐ und Sehtest war zum momentanen Zeitpunkt nicht möglich. Die Schule hat nun 380 Kinder, was bedeutet, dass die LehrerInnen die Kinder erst ihren Klassen zuordnen mussten. Dafür wurden kleine Leistungstests geschrieben. Die noch laufenden Bauarbeiten und verschiedene Auflagen der Projektbericht Kashani‐Classroom und Hero´s AIC Academy Shanzu 2012 Schulaufsichtsbehörden behinderten den Schulablauf. Viele der Kinder haben noch nie eine Schule besucht und mußten sich ebenfalls erst eingliedern. Spendengelder Ende Dezember 2011 3.500,00 € humanitas activa 367.500 ks 3.600,00 € ver.di BTZ Walsrode 378.000 ks ________________________ __ 7.100,00 € gesamt 745.500 ks entspricht (bei einem Kurs von 105 ks) Lohn des Lehrers für zwölf Monate 1.205,70 € 126.600 ks Schulgeld (50 Kinder a 7 € für 12 Monate) 4.273,30 € 448.700 ks 5 Klassenräume Estrich legen und malern 1.364,80 € 143.300 ks Kauf eines Druckers/Scanner/Kopierer inkl. Ersatzpatrone 78,00 € 8.200 ks Bau und Montage einer Informationstafel 80,95 € 8.500 ks Pins für das Infoboard 1,24 € 130 ks Ausheben eines Lochs für die Pflanzung eines Baums 14,30 € 1.500 ks Ausgrabung eines Baumes, Transport und Baum 38,10 € 4.000 ks Fahrtkosten zur Schule in Shanzu, zur Schule nach Kashani 29,50 € 3.100 ks _____________________________ 7.085,89 € 744.030 ks dieses Geld wird an den Verein „Gewerkschaft weltwärts“ 14,00 € überwiesen. Während des Aufenthaltes haben wir Gespräche darüber geführt, ob und wie man Seminare, Abendkurse etc. für Erwachsene anbieten könnte. Diese Gedanken, Ideen und Gespräche sollen weitergeführt werden und es werden Spenden gesammelt, um Seminare oder Kurse in naher Zukunft in einem Pilotprojekt durchzuführen. Wir dachten da an Alphabetisierungskurse oder etwas ganz praktisches wie z.B. einen Nähkurs oder einen Ersten Hilfe Kurs. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Konkretere Informationen gibt es im Verlauf des Jahres und für Ideen gibt es immer ein offenes Ohr. Weitere Bilder gibt es gern auf Nachfrage. DANKE an alle, die dazu beigetragen haben, Kindern in Kenia eine bessere Zukunft zu schenken.