BIKERS NEWS April 4 - Country - Riders Brotherhood Connection

Transcrição

BIKERS NEWS April 4 - Country - Riders Brotherhood Connection
BIKERS NEWS April 4/’05
Über den Streit der Country Riders sollte ein Gericht entscheiden.
Dabei spielte eine Meldung in unseren Clubnachrichten eine besondere Rolle
Weihnachten 2000 war für die Country Riders im schwäbischen Leonberg ein trauriges Fest. Sie hatten sich
zerstritten, und erstmals entfiel das gemeinsame Weihnachtsweißwurst-Essen. Dem waren persönliche und
clubpolitische Differenzen vorausgegangen. Ein Mitglied hatte seine Vorstrafen verschwiegen und wurde auch
noch von der Polizei verhaftet. Drei weitere Mitglieder wollten den Club zu einem harten Einprozenter MC
umstrukturieren. Zwei von ihnen ließen sich abmahnen, der dritte ging freiwillig. Seine Farben wurden eingezogen
und verbrannt.
Eine Bruderschaft mit
seltenen Gesetzen
In der Country Riders Brotherhood Connection Germany" herrschen eigene
Gesetze. Der Club nennt sich seit seiner Gründung im Jahr 1976 "Bruderschaft".
Das "BC" steht für "Brotherhood Connection". Und zwar genau deshalb, um sich
so von einem "MC" zu unterscheiden. In den langen ersten Jahren trug der Club
kein Colour, aber seine strengen Regeln blieben in der Clublandschaft einmalig:
Keine Drogen, keine Kriminalität. Langhaarig und schmutzig sollte ein Biker auch
nicht sein, und er sollte Besäufnisse meiden. Dazu eine strenge Hierarchie. Die
Abstände während gemeinsamer Ausfahrten waren vorgeschrieben: Innerhalb
geschlossener Ortschaften maximal fünf Meter, außerhalb geschlossener
Ortschaften maximal 20 Meter. Die Männer der Führungsriege nannten sich
"Stab", und die Prospects konnte man nicht am Colour, wohl aber an Armbinden
erkennen. Andere Armbinden, die sogenannte "Schmale Armbinde Rechts",
wurden als Auszeichnungen für Verdienste um den Club verliehen. Eine eigene
Sprache kam dazu: Die Werkstatt wurde ab 1997 in "Heilige Hallen" umbenannt.
Und dann mußte ein Country Rider noch ein richtiges Motorrad fahren, im
Sommer wie im Winter. Auch hatte der Club von "richtigen" Motorrädern eine
eigene Vorstellung. Es durften weder Yuppie-Bikes noch Ratbikes sein. Harleys
und BMWs fanden den Vorzug, nicht aber die BMWs der Hosenträger-Fraktion.
Der Boxer-Motor im Colour stand nicht zufällig auf dem Kopf. Der BMW-Boxer, so
erklärten die Country Riders, stand für Biederkeit. Erst, wenn man ihn auf den
Kopf stellte, würde das Gegenteil draus werden.
BIKERS NEWS April 4/’05
Die Country Riders waren kein MC nach üblichen Maßstäben. Und doch beschlossen sie im September 1997, sich
ein Rückencolour zuzulegen. In der Januar-Ausgabe der BIKERS NEWS von 1998 gaben sie das bekannt. Diese
Meldung in unseren Clubnachrichten sollte wenig später noch wichtig werden. Und zwar vor Gericht. Einige
Member hatten nämlich im Zuge der Differenzen den Club verlassen. Die Szene verlassen wollten sie aber nicht.
Und ihr Colour wollten sie auch nicht aufgeben. Präsi "Gipsy" war einigen Versammlungen demonstrativ
ferngeblieben. Die ausgetretenen Member werteten das ihrerseits als Austritt ihres Präsis und nahmen den zum
Anlaß, ihren eigenen Club unter dem gleichen Namen zu gründen.
Ihre Sicht der Dinge unterschied sich freilich von der ihres Präsis Gipsy. Der weiß zu berichten, daß die Member
zwar ausgetreten wären, unmittelbar danach aber wieder eintreten wollten. Das war nach Satzung der Country
Riders nicht möglich. Sein Angebot, stattdessen ein Charter zu gründen, schlugen sie aus. Vielmehr nannten nun
auch sie sich "Country Riders Brotherhood Connection Germany". Das Colour behielten sie mit einer geringfügigen
Änderung bei: Den umgedrehten Boxer-Motor tauschten sie gegen einen gefiederten Totenschädel. Und sie
gingen noch einen Schritt weiter. Sie gründeten einen Verein und stellten die alte Brotherhood damit vor amtliche
Tatsachen. Ihr vollständiger Titel lautete seit dem 7. März 2001 "Country Riders Brotherhood Connection Germany
eV."
Ein Urteil wie bei den Hells Angels
Da gab es die Leitsätze der Country Rider, Punkt IV: „Ein Rider ist diszipliniert und vermeidet Streit und
Schlägereien.“ Aber das konnte Präsi Gipsy nicht durchgehen lassen. Er war mittlerweile „Instructor“ über alle
Charter der Country Riders ernannt worden, und seine Sache sollte nicht mit Fäusten entschieden werden. Er
wählte einen anderen Weg: Nachdem er vor amtliche Tatsachen gestellt worden war, sollte auch ein weiteres Amt
über die Rechtmäßigkeiten entscheiden. Unter Gipsys Führung gingen die Country Riders vor`s Gericht. Vor den
Brüdern standen Jahre des Prozessierens. Und sie sollten Recht bekommen. Was vom Amtsgericht Leonberg am
8.5.2003 erstmalig verkündet wurde, bekräftigte nun am 15.12.2004 das Landgericht Stuttgart: "Die Beklagte wird
verurteilt, es zu unterlassen den Namen "Country Riders Brotherhood Connection Germany" zu verwenden. Das
betraf die Abweichler des eingetragenen Vereins. Die Vereinsgründung hatte
ihnen also nicht viel genützt.
Die alten „Country Riders Brotherhood
Connection Germany" blieben die einzigen
"Country Riders Brotherhood Connection
Germany". Zumindest unter genau diesem
Namen. Das ist nun auch echtes Geld wert,
denn die Rechtsanwälte der Brotherhood
Connection, Dorer, Wolff und
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Kollegen aus Stuttgart, beabsichtigen
bei Nichteinhaltung des Gerichtsurteils 250.000 Euro von den
Abweichlern einzuklagen. Die wiederum haben den Schwanz nicht völlig
eingezogen. "Wir wollen keinen
Streß", erklären sie uns gegenüber. Aber sie vermerken, daß sie trotzdem weiterbestehen, und zwar unter dem
Namen "Country Riders Biker Club Leonberg Germany e.V.". Das Amtsgericht Leonberg hat sie am 27.12.2004
unter diesem Namen im Vereinsregister eingetragen. Und der Beiname "Biker Club" läßt Ihren Namen zumindest in
der abgekürzten Version wieder mit den Buchstaben "BC" erscheinen.
Bemerkenswert ist das Urteil des Stuttgarter Landgerichts in zweierlei Hinsicht. Erstens zählen vor Gericht die
Buchstaben "e.V." recht wenig, wenn es drauf ankommt. Das mußten schon die Heils Angels des Charters
Düsseldorf erfahren. Sie wurden nach Vereinsrecht verboten, obwohl ihr Charter niemals einen Verein gegründet
hatte. Einzig das Hamburger Charter hatte einst als eingetragener Verein Bestand gehabt. Aber nachdem dieses
schon 1983 nach dem Vereinsrecht verboten werden konnte, hüteten die Angels sich, jemals noch einen weiteren
Verein zu gründen. Und doch konnte das Düsseldorfer Charter im Jahr 2000 nach dem Vereinsrecht als kriminelle
Vereinigung verboten werden. Die Begründung des nordrhein-westfälischen Innenministeriums: Die "vereinsähnlichen Strukturen" hätten für diesen rechtlichen Schritt genügt. Auch die Country Riders wurden nun nach
ähnlichem Maßstab gemessen. Das Gericht stufte die 1976 gegründeten Country Riders als "nicht rechtsfähigen
Verein" ein. Damit seien sie zwar nicht ein eingetragener rechtsfähiger Verein, wohl aber "ein vereinsmäßiges
Gebilde mit kooperativer Verfassung" - Und da nicht nachgewiesen werden konnte, daß diese alten Country Riders
sich jemals aufgelöst hätten, sei es auch für keinen neu gegründeten eingetragenen Verein zulässig, den Namen
eines bereits bestehenden "vereinsmäßigen Gebildes" zu führen.
Unsere Clubnachrichten vor Gericht
Und noch ein Argument des Gerichts war bemerkenswert. Zur Bekräftigung des Namensrechtes der alten Country
Riders führte es deren Gründungsanzeige in der BIKERS NEWS vom Januar 1998 ins Feld. "Der Kläger hat
vorgebracht, daß eine derartige Veröffentlichung erforderlich sei, um ein Namensrecht in der Motorradszene zu
haben." Das schmeichelt uns. Wenn wir auch die Verbindlichkeit von Meldungen in den Clubnachrichten
unsererseits durchaus in Frage stellen müssen. Die alten Country Riders waren mit ihrer Meldung zwar nachweisnachweislich die ersten. Trotzdem rutschte auch bei uns eine
weitete Meldung der Country Riders in die Clubnachrichten,
und zwar nachdem wir erstmals über die internen
Zwistigkeiten berichtet hatten. Diese zweite Meldung war eine
der "eingetragenen" Country Riders. Von unserem
Schreibtisch aus können und dürfen wir nun mal nicht
entscheiden, welcher Club der echte und welcher der falsche
ist. Wir hatten die erste Story in der BIKERS NEWS vom
August 2001 nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert.
Aber die Recherchen lieferten uns zwei verschieden
vorgetragene Versionen der gleichen Geschichte. Erst das
Gerichtsurteil verlieh der Darstellung der alten Country Riders
zumindest eine juristische Wertigkeit. Sie waren und blieben
die einzige, mithin amtlich bestätigte "Country Riders
Brotherhood Connection Germany". In der Biker-Szene
werden Streitigkeiten dieser Art selten vor Gericht
ausgefochten. In der Regel macht sich lächerlich, wer in
solchen Fällen den rechtlichen Weg einschlägt. Und doch darf
Gipsy stolz auf das Urteil sein. Es zeigt, wie Probleme sich
auch lösen lassen. Sein Streit währte mehrere Jahre, Und er
wurde nie mit Fäusten ausgetragen.
Michael Ahlsdorf, BIKERS NEWS