roomescape_15-3-2015 - Room Escape Challenge
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roomescape_15-3-2015 - Room Escape Challenge
so. LEIPZIG Honeckers Ratespielchen Jetzt aber schnell: 60 Minuten Zeit haben die Spieler, um aus einem fast original eingerichteten DDR-Wohnzimmer im Leipziger Kohlrabizirkus zu entkommen. Wir haben uns an den kniffligen Rätseln der „Room Escape Challenge“ versucht. VON CHRISTOPHER RESCH (TEXT) UND DIRK KNOFE (FOTOS) Sonntag, 15. März 2015 vVvvvv D ie Tür fällt hinter mir ins Schloss, der Schlüssel dreht sich zweimal herum. Von außen. Jetzt sind wir eingesperrt, auf uns gestellt. Mein Blick wandert von der DDR-Sofagarnitur über die alte Nähmaschine der VEB Altenburg hin zur Schrankwank „Leipzig“. Irgendwo in diesem Raum muss ein Hinweis versteckt sein. Von einem gerahmten Foto an der der Wand schaut mich Erich Honecker an. Das Porträt des DDR-Staatschefs hing vor der Wende zu tausenden in Betrieben und Schulen. Ich habe mich 25 Jahre zurückversetzen lassen und frage mich: Wie komme ich aus dem Zimmer jemals wieder heraus? Denn wieder herausfinden, das ist das Ziel der „Room Escape Challenge“ im Leipziger Kohlrabizirkus. Zwei bis sechs Personen lassen sich von Inhaber Nicolas Niggemeyer in einen Raum einschließen. Dann haben sie 60 Minuten Zeit, den Schlüssel für die Tür zu finden. „Es ist eine Kombination aus Rätsel, Knobel, Logik und Denkspielen. Man muss suchen und Hinweise miteinander kombinieren, um dann letztendlich aus dem Raum zu entkommen“, erklärt Niggemeyer. Die Idee kam dem 32-jährigen Eventmanager, als er wieder so.Gesellschaft Jetzt oder nie RETRO-STIL Inzwischen gibt es im Leipziger Kohlrabizirkus zwei Spielräume, die vom Boden bis zur Decke original mit typischen DDRSchick eingerichtet sind. Sonntag, 15. März 2015 vvVvvv so.Gesellschaft Jetzt oder nie einmal eine Nacht mit dem Handyspiel „Escape Challenge“ verbracht hatte. Auch hier muss der Spieler verschiedene Rätsel lösen, um den Schlüssel zur Zimmertür zu finden. Wie genau die Rätsel aussehen, bleibt geheim, schließlich will ich kein Spielverderber sein. Das Spannende ist, dass zu Beginn niemand einen Schimmer hat, was genau auf ihn zukommt. Das Problem habe ich auch. Erich Honecker beobachtet mich mit seinem undefinierbaren Blick, wie ich den liebevoll dekorierten Raum abschreite. Alles könnte ein Hinweis sein: der originale DDR-Steckkalender? Die Amiga-Schallplatten von Herbert Roth und Gerhard Winkler? Wir wissen weder, ob wir rechnen, schreiben oder kombinieren sollen, noch, wie viele Aufgaben uns erwarten. Nach einiger Grübelei haben mein Mitstreiter und ich das erste Rätsel gelöst, eine Art Zahlenrätsel. Und da ist es zum ersten Mal. Dieses Aha-Erlebnis, das süchtig macht und uns für die nächsten 60 Minuten begleiten wird. Moment, nur noch 40 Minuten? Die Uhr tickt gnadenlos. Dann gebt mal Gas, liebe Gehirnwindungen! So ähnlich wie mir ging es bisher über 5000 Frauen und Män- DIE UHR TICKT Unser Autor Christopher Resch nahm die Herausforderung an. 60 Minuten Zeit hatte er, um sich aus dem DDR-Zimmer zu befreien. Viele der Einrichtungsgegenstände stammen von Trödelmärkten. Sonntag, 15. März 2015 vvvVvv so.Gesellschaft Jetzt oder nie nern, Jungen und Mädchen. Denn die „Room Escape Challenge“ ist äußerst beliebt, das Reise- und Bewertungsportal „TripAdvisor“ beispielsweise listet die Live-Kniffelei auf Platz eins seiner Aktivitäten in Leipzig. Und das, obwohl Nicolas Niggemeyer und sein Bruder Falk sie erst seit August 2014 anbieten. Bisher gibt es zwei Räume mit dem gleichen Thema, sodass auch Gruppen auf Zeit gegeneinander spielen können. Das DDR-Thema bot sich dabei einfach an, erzählt Niggemeyer, auch wenn er als gebürtiger Paderborner nur eine indirekte Verbindung mit der DDR hatte. „20 Jahre vor dem Mauerbau ist unser Opa aus dem Eichsfeld nach Nordrhein-Westfalen gegangen.“ Ein Blick auf die Uhr. Die Zeit verfliegt viel zu schnell und wir kommen nicht weiter. Ich sitze vor einem Rätsel, wälze mögliche Lösungen im Kopf. Zum Glück gibt es da ein kleines schwarzes Funkgerät. Wir haben Nicolas vorher gesagt, dass wir die Escape Challenge in mittlerer Schwierigkeitsstufe spielen wollen, das heißt: Über das Walkie-Talkie gibt er uns bis zu fünf Hinweise, kleine Denkanstöße zum jeweiligen Rätsel. Der Raum wird außerdem per Video überwacht, sodass Niggemeyer und sein Bruder sehen können, wenn ich KLEINER DENKANSTOSS Die Spielräume werden videoüberwacht, sodass Nicolas Niggemeyer per WalkieTalkie wertvolle Tipps geben kann. Sonntag, 15. März 2015 vvvvVv so.Gesellschaft Jetzt oder nie ratlos auf der Sofagarnitur verzweifle. Doch so weit will ich es nicht kommen lassen. Ich lächle grimmig zuerst zur Videokamera, dann zu Erich Honecker, und überlege, wie ich den Hinweis in das Rätsel einbauen kann. Und tatsächlich: Da ist es wieder, das Aha-Erlebnis! Die Videokamera übertrage nur live, erklärt Niggemeyer, sie speichere keine Bilder. Auch weil Nicolas und sein 30-jähriger Bruder Falk immer ein Auge auf die Räume haben müssen, bedeutet die Room Challenge viel Arbeit. „Wir sind im Moment zu fünft“, sagt Nicolas Niggemeyer. „Meine Tage sind 16, 17 Stunden lang.“ Trotzdem will er ausbauen. Zunächst ist ein weiterer Raum geplant, der das DDR-Thema aufgreift und die Geschichte weiterspinnt. Dazu soll es zwei Horror-Zimmer geben, einen extrem kniffligen Raum – und dann schwebt den Brüdern noch etwas anders vor: „Leipzig bietet als Stadt unheimlich viel, deswegen wollen wir den Gedanken der Escape Challenge auf die ganze Stadt ausweiten. Da gibt es zum Beispiel diese alte, nie fertiggestellte U-Bahn-Station beim Hauptbahnhof“, erzählt Niggemeyer begeistert. „Leipzig erkunden“ nennt er die Spielidee, in DIE ERFINDER Inhaber Nicolas Niggemeyer (re.) und sein Bruder Falk hatten die Idee zur „Room Escape Challenge“ – ein Spiel, das für Knobler und Logiker bestens geeignet ist. Sonntag, 15. März 2015 vvvvvV so.Gesellschaft Jetzt oder nie der frühestens 2016 vor allem alteingesessene Leipziger ihre Stadt auf vergessenen Wegen neu entdecken können. Zurück im DDR-Zimmer habe ich aufgegeben, auf einen Geistesblitz zu hoffen. Unsere fünf Hinweise sind verbraucht, die Uhr tickt unbeirrt. Es ist fünf vor Zwölf. Mein Mitstreiter grübelt noch. Bevor ich verzweifelt „Ich bin Journalist, holt mich hier raus!“ rufen kann, springt er auf: „Ich hab’s!“ Tatsächlich, wir halten den Schlüssel zur Freiheit in unseren Händen. Das Spiel hat uns einiges abverlangt, mein Kopf sollte eigentlich eine Pause brauchen, doch die Erleichterung überwiegt. Und die Freude, es geschafft zu haben. Grinsend empfängt uns Nicolas Niggemeyer an der Theke im Büro. Die Thekenwand ist vollgekritzelt mit kleinen Zeichnungen und Inschriften früherer Spieler. Eine davon beschreibt genau, N wie ich mich fühle: „Danke für die Gemeinheiten!“ AUTOGRAMMJÄGER An der Thekenwand haben sich zahlreiche ehemalige Spieler mit kleinen Zeichnungen und ihren Unterschriften verewigt.