Landtag Mecklenburg-Vorpommern Protokoll Nr. 31 6. Wahlperiode

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Landtag Mecklenburg-Vorpommern Protokoll Nr. 31 6. Wahlperiode
Landtag Mecklenburg-Vorpommern
6. Wahlperiode
Enquete-Kommission
„Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
KURZPROTOKOLL
der 31. Sitzung der Enquete-Kommission
„Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
am Freitag, dem 23. Januar 2015, 10:00 Uhr,
in Schwerin, Schloss, Plenarsaal
Vorsitz:
Abg. Jörg Heydorn
TAGESORDNUNG
1. Anhörung zum Themenfeld
„Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
hierzu: Anlagen 1 bis 9
2. Allgemeine Kommissionsangelegenheiten
Protokoll Nr. 31
- 31/6 PUNKT 1 DER TAGESORDNUNG
Anhörung zum Themenfeld
„Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
hierzu: Anlagen 1 bis 9
Stellv. Vors. Karen Stramm führt aus, dass Grundlage der Anhörung die
Handlungsansätze und -empfehlungen der Grundlagenexpertise des Deutschen
Institutes für Urbanistik gGmbH (Difu), Berlin, Bereich Mobilität und Infrastruktur und
von plan:mobil, Planungsbüro, Verkehrskonzepte & Mobilitätsplanung, Kassel, zur
Mobilitätssicherung Älterer in Mecklenburg-Vorpommern seien [KDrs. 6/36 f].
Christoph Gipp (Bereichsleiter Mobilität, IGES Institut GmbH, Berlin) stellt fest, dass
mehr als die Hälfte aller Wege im Pkw als Fahrer oder Mitfahrer zurückgelegt werde.
Das gelte für alle Altersgruppen, wobei das Mitfahren mit zunehmendem Alter an
Bedeutung gewinne. Hingegen nehme die Erledigung von Besorgungen zu Fuß oder
mit dem Rad bei Älteren ab. Bus und Bahn spielten eher eine untergeordnete Rolle.
Hierfür gebe es mehrere Gründe, so die beschränkten Mitnahmemöglichkeiten von
Gepäck, die mangelnde Flexibilität dieser Verkehrsmittel sowie die lange Reisezeit.
Das Taxi habe eine unerwartet hohe Bedeutung, auch aus Mangel an Alternativen.
Die Mitfahr- oder Gemeinschaftsverkehre als eine wichtige Säule der Mobilität seien
bereits gegenwärtig sehr ausgeprägt und weiter auszubauen, wobei die Frage der
Finanzierung dringend einer Antwort bedürfe. Umfragen hätten ergeben, dass viele
Ältere gerne auf ihr Auto verzichteten, dieses jedoch aus Mangel an Alternativen
nicht könnten. Das zeuge von Verantwortungsbewusstsein und erhöhe den
Handlungsdruck auf die politisch Verantwortlichen, auf diesem wichtigen Gebiet in
weitaus stärkerem Maße tätig zu werden [vgl. Anlage 1, S. 4ff]. Das Sicherheitsgefühl
älterer Verkehrsteilnehmer verbinde sich vor allem mit dem Pkw. Das Fahrradfahren
und Zufußgehen werde mit zunehmendem Alter eher als unsicher empfunden.
Umfrageergebnisse belegten, dass 60 Prozent der Älteren im ländlichen Raum der
Überzeugung seien, dass sich ihr Mobilitätsverhalten zukünftig nicht wesentlich
verändern
werde.
Der
Bekanntheits-
und
Nutzungsgrad
von
alternativen
Mobilitätsoptionen sei gering. Lediglich 6 Prozent nutzten einen Rufbus, 10 Prozent
Carsharing, 15 Prozent das Elektrofahrrad sowie 16 Prozent den Mitnahmeverkehr
[vgl. Anlage 1, S. 12ff.]. Gleichwohl hätten Mitnahme- und Gemeinschaftsverkehre
perspektivisch eine Chance. Im ländlichen Raum spiele bereits gegenwärtig bei
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23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
- 31/7 älteren Internet- und Smartphone-Nutzern die Information über und Buchung von
Mobilitätsangeboten eine große Rolle. Es bestünden viele Pkw-Mitfahrmöglichkeiten
für alle Wegezwecke, jedoch überwiegend im unmittelbaren Familien- und
Bekanntenkreis. Eine Analyse vorhandener Mobilitätsprojekte eröffne Potenziale für
die stärkere Etablierung von gewerblich organisierten Mitnahmeverkehren. Ansätze
hierfür gebe es mit dem Carsharing in Greifswald oder von unterschiedlichen
Radverleihsystemen in Vorpommern. Für die Etablierung alternativer Bedienformen
bedürfe es aber eines langen Atems. Weder der Öffentliche Personennahverkehr
[ÖPNV], noch bestehende Mobilitätsoptionen seien gegenwärtig eine wirkliche
Alternative zur eigenen Pkw-Nutzung. Das gelte auch für die bestehenden
Förderanreize in diesem Segment [vgl. Anlage 1, S. 15ff]. Der ÖPNV und der
Schienenpersonennahverkehr [SPNV] müssten stärker auf die Nutzerwünsche
zugeschnitten werden, speziell auf jene der Älteren. Besonders beim SPNV gebe es
Tendenzen, zukünftig nur noch die Hauptstrecken zu bedienen. Das sei angesichts
der Beförderungszahlen im ländlich geprägten Mecklenburg-Vorpommern teilweise
nachzuvollziehen. Gleichwohl sollte das Land sich auch dem Anspruch stellen, den
Nahverkehr, insbesondere den SPNV, im Sinne der Daseinsvorsorge zu gestalten.
Die Problemlagen seien vielschichtig. Neben einer realistischen Einschätzung der
Gegebenheiten
gelte
es,
effiziente
Strukturen
zu
schaffen.
Kurzfristige
Forschungsprojekte sollten langfristigen Lösungen weichen. Die Stärkung der
Achsen
im
Takt
führe
zu
tatsächlichen
Nachfrageerhöhungen.
Die
Flächenerschließung mit alternativen Bedienformen brauche Zeit. Die Frage der
Wirtschaftlichkeit
sei
in
diesem
Zusammenhang
noch
nicht
abschließend
beantwortet. Er sehe das Land in der Pflicht, die Aufgabenträger in dieser Frage
stärker zu unterstützen und finanziell mehr Verantwortung zu übernehmen.
Eingehend auf den Schülerverkehr merkt er an, dass sich Schulen selbst
verwalteten. Das betreffe auch die Festlegung der Schulanfangszeiten. Die
Einflussmöglichkeiten der Aufgabenträger bei der Gestaltung und Koordinierung der
Fahrpläne seien dadurch stark eingeschränkt [vgl. Anlage 1, S. 18]. Für ein
attraktives Bus- und Bahnangebot seien neue Finanzierungsmöglichkeiten und
Strukturen des öffentlichen Nahverkehrs notwendig. Das betreffe die Schaffung von
Anreizsystemen für die Aufgabenträger, aber auch die Bündelung der Finanzströme.
Die Länder Sachsen-Anhalt und Brandenburg seien hier neue Wege gegangen, die
auch für Mecklenburg-Vorpommern durchaus interessant sein könnten. Den
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23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
- 31/8 Landkreisen werde mehr Gestaltungsspielraum gegeben. Die Kreisgebietsreform in
Mecklenburg-Vorpommern habe zu den in Deutschland größten Flächenkreisen
geführt,
setze
dann
aber
auch
das
entsprechende
Know-how
in
den
Kreisverwaltungen voraus. Eine Personalstelle entspreche mit Sicherheit nicht den
aktuellen Anforderungen. Er mahnt an, die Verbundstrukturen weiter zu stärken.
Wichtig sei, sich noch stärker der Problematik von Verbundtickets und der
Tarifgestaltung zuzuwenden. Gerade für ältere Leute sei dies ein wesentlicher
Anreiz, vom Auto auf den ÖPNV oder SPNV umzusteigen. Die Gesundheitswirtschaft
sei ein boomender Wirtschaftszweig, speziell in Mecklenburg-Vorpommern. Das
stelle
ständig
wachsende
Anforderungen
an
die
Gesundheitsmobilität.
Versorgungslücken könnten durch eine wachsende Mobilität gelindert werden. Das
sei
auch
im
Interesse
der
Kassenärztlichen
Vereinigungen,
die
einen
Sicherstellungsauftrag hätten, den jedoch nicht mehr umfassend wahrnehmen
könnten. Der ÖPNV erbringe in diesem Sektor Dienstleistungen, die er jedoch nicht
vergütet bekomme. Ein Teiltransfer von Mitteln aus dem Gesundheitssystem
(SGB V) für die Bestellung des ÖPNV oder ähnlichen Systemen sei ein Thema, das
auf der Tagesordnung stünde [vgl. Anlage 1, S. 19f].
Dr. Hubertus Baumeister (BBG und Partner, Partnergesellschaft mbH, Bremen)
widmet sich in seinem Statement schwerpunktmäßig der Notwendigkeit einer ÖPNVFinanzreform für eine nachhaltige Mobilitätsgewährleistung in MecklenburgVorpommern. Diese Problematik sei gesamtgesellschaftlich zu betrachten und lasse
sich nicht allein aus Sicht der älter werdenden Bevölkerung erklären. Bei der
Betrachtung der Finanzierung des ÖPNV handele es sich nicht um ein Erkenntnis-,
sondern um ein Umsetzungsproblem. Im Jahr 2013 stellte das Land MecklenburgVorpommern etwa 70 Millionen Euro Landeszuschüsse zur Verfügung, verteilt auf 12
Finanzierungsregelungen in vier Fachressorts. Die gesetzliche Verantwortung für die
Organisation des straßengebundenen ÖPNV liege bei den sechs Landkreisen und
zwei kreisfreien Städten als Aufgabenträger. Die Finanzierungsbeihilfen des Landes
ergänzten kommunale Mittel. Dieses Finanzierungsvolumen, ohne Infrastruktur- und
SPNV-Mittel, werde für circa 1,6 Millionen Einwohner zur Verfügung gestellt. Damit
sei das ÖPNV-System finanziell relativ gut ausgestattet [vgl. Anlage 2, S. 2f]. Diese
von ihm als „Spaghetti-Finanzierung“ bezeichneten Finanzströme des Landes hätten
zur Folge, dass die Aufgabenträger aufgrund der Fülle der Vorgaben der
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23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
- 31/9 Finanzierungsregelungen des Landes ihre Aufgaben der Organisation des
straßengebundenen ÖPNV nicht im erforderlichen Umfang erfüllen könnten. Der
Verwaltungsaufwand für die Kommunen, aber auch für das Land, sei erheblich.
Hinzu käme, dass das Finanzgebaren des Landes teilweise im Widerspruch zum
Europäischen
Beihilferecht
stehe.
Kritisch
merkt
er
das
Fehlen
eines
Landeskonzeptes zur integrierten Bestellung von SPNV- und ÖPNV-Leistungen in
Zusammenarbeit mit den Aufgabenträgern an. Im SPNV-System stünden derzeit
jährlich 230 Millionen Euro zur Verfügung. Hier sei mit weiteren Kürzungen zu
rechnen. Als Beispiel führt er das Problem der Abbestellung der Südbahn an und
plädiert trotz aller Probleme für den Erhalt dieser Bahnverbindung als ein wichtiges
Rückgrat des SPNV im Land. Darüber hinaus mahnt er die Erstellung eines
integrierten Landeskonzeptes im Bereich Gesundheitsversorgung und ÖPNV in
Zusammenarbeit mit den Aufgabenträgern an. Er kenne viele Initiativen der
Landkreise, die auf eine noch engere Vernetzung beider Bereiche abzielten. Ohne
Unterstützung des Landes sei dies jedoch wenig nachhaltig. Bei zielgerichtetem
Einsatz der EU-Fördertöpfe könne hier eine ganz andere Kraft entwickelt werden. Als
Fazit stellt er fest, dass die derzeitigen Finanzierungs- und Organisationsstrukturen
auf Landesebene eine nachhaltige Mobilität verhinderten [vgl. Anlage 2, S. 3f].
Vorbildhaft hätten die Länder Brandenburg und Sachsen-Anhalt diese Prozesse in
die Hand genommen und neu geregelt. Eine Reform der ÖPNV-Finanzierung in
Mecklenburg-Vorpommern
solle
folgende
Empfehlungen
aufgreifen.
Um
Planungssicherheit zu schaffen, seien die Landesfinanzmittel in einem Pool
zusammenzufassen bei gleichzeitiger gesetzlicher Fixierung aller ÖPNV-Mittel im
Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr in Mecklenburg-Vorpommern
[ÖPNVG
M-V].
Darüber
hinaus
bedürfe
es
eines
gesetzlich
verankerten
Verteilungsschlüssels für die Aufgabenträger nach Fläche, Bevölkerung und
Leistung. Dieser ermögliche die Umstellung der Landesfinanzierung auf einen
Zuwendungsbescheid für jeden Aufgabenträger. Die kommunale Ebene sei fachlich
gut aufgestellt und durchaus in der Lage, mehr Verantwortung zu übernehmen.
Wünschenswert sei eine umfassende gesetzlich verankerte Förderung der flexiblen
und alternativen Bedienformen oder von Marketingprogrammen. Er spricht sich für
die Schaffung einer landesweiten Dispositionszentrale für flexible Bedienformen aus.
Nicht jeder Landkreis müsse eine solche vorhalten. Die Schaffung der vollständigen
Barrierefreiheit bis zum 1. Januar 2022 gemäß § 8 Absatz 3 Satz 3 PBefG
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23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
- 31/10 [Personenbeförderungsgesetz]
sei
ebenfalls
ein
Thema,
das
durch
die
Landesregierung stärker ins Auge zu fassen sei. Für unerlässlich halte er die
Schaffung einer politischen Plattform „Gesundheit und ÖPNV“. So stünden
Kooperationsmodelle unter anderem mit den gesetzlichen Krankenkassen zur
Budgetzusammenlegung auf der Tagesordnung. Die gemeinsame Erarbeitung eines
Konzeptes zur integrierten Bestellung von SPNV und ÖPNV durch das Land und die
Aufgabenträger sei aus seiner Sicht ebenfalls unerlässlich [vgl. Anlage 2, S. 5ff].
Wieland Brohm (ETC Transport Consultants GmbH, Berlin) stellt in den Mittelpunkt
seiner Ausführungen die regionale Nahverkehrsplanung als Steuerungsinstrument
und führt aus, dass ETC unter anderem an der Erstellung des Nahverkehrsplanes
Nordwestmecklenburg mitgewirkt habe. Die rechtliche Auslegung und Bewertung
dieser
Planung
werde
gegenwärtig
vorgenommen.
Das
Instrument
des
Nahverkehrsplanes gebe es seit Mitte der 90er-Jahre. Damit erhielten die Landkreise
und kreisfreien Städte die Möglichkeit, den Willen zur Ausgestaltung des ÖPNV
politisch zu manifestieren. Bei der Gestaltung der regionalen Nahverkehrspläne habe
Mecklenburg-Vorpommern durchaus eine Vorreiterrolle gespielt. Mit Ausnahme der
Region Vorpommern verfügten gegenwärtig alle Aufgabenträger über dieses
Instrument. Nicht zu übersehen sei das große Spannungsfeld zwischen den
zentralen Orten und den Landkreisen hinsichtlich des Schülerverkehrsanteils. Dieses
in Übereinstimmung zu bringen, sei keine leicht zu lösende Aufgabe. Unstrittig sei,
dass die Schullandschaft in Mecklenburg-Vorpommern unheimliche Ressourcen im
ÖPNV binde. Er erinnert an ein durch das Land in Auftrag gegebenes Gutachten,
das
die
Kosten
des
Erhalts
von
Schulstandorten
mit
den
Kosten
des
Schülerfahrverkehrs verglich. Im Ergebnis seien kaum Unterschiede erkennbar.
Angesichts dessen sei politisch die Frage zu beantworten, ob es tatsächlich Sinn
habe, sich auf Schulstandorte zu konzentrieren. Er persönlich finde es befremdlich,
wenn Grundschüler täglich eine Stunde und mehr durch das Land transportiert
würden. Vernetzte Planungen zwischen Schiene und Bus seien in MecklenburgVorpommern mit Ausnahme der Region Mittleres Mecklenburg-Rostock mit dem
Verkehrsverbund Warnow nur bedingt möglich. Allein dieser Verkehrsverbund
verfüge über einen einheitlichen Tarif. Die Hemmschwelle, den ÖPNV zu nutzen,
sinke dadurch erheblich. Festzustellen sei, dass die Landkreise innerhalb der
Erstellung der Nahverkehrspläne ihre Spielräume sehr unterschiedlich interpretiert
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23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
- 31/11 und wahrgenommen hätten. Der Landkreis Nordwestmecklenburg habe für die
Umgestaltung seines Liniennetzes ohne Kenntnis der Grundlagenexpertise „Mobilität
im Alter“ zahlreiche der dort unterbreiteten Vorschläge bereits aufgegriffen [vgl.
Anlage 3, S. 2]. Ausgangslage für die Neugestaltung des Liniennetzes sei ein
unübersichtliches, vorrangig auf die Erfordernisse des Schülerverkehrs ausgelegtes
Angebot mit für den Fahrgast unattraktiven Tarifen gewesen. Im Planungsansatz des
Nahverkehrsplanes sei das Netz in sieben klar strukturierte Taktlinien und ein
nachfrageorientiertes Ergänzungsnetz aufgegliedert worden. Die Taktzeiten betrügen
zwei Stunden in der Fläche bei einer Verdichtung in den Hauptverkehrszeiten auf
eine Stunde. Das Ergänzungsnetz bestünde aus dem konventionellen Linienverkehr
und alternativen Bedienformen. Dieser Planungsansatz sollte mit einer Verbesserung
der Verknüpfungssituation und der Intermodalität einhergehen. Das bisher nur für
den Busverkehr angedachte neue Tarifkonzept orientiere auf niedrigere Tarife, um
die Hemmschwelle zur Nutzung des ÖPNV bei den Bürgerinnen und Bürgern zu
senken. Im Landkreis Vorpommern-Rügen sei ein neues Tarifkonzept in der
Erarbeitung, das diesen Gedanken aufgreife, um die Akzeptanz des ÖPNV in der
Fläche zu erhöhen. Es sei auch nicht weiter zumutbar, dass ein Fahrgast von Zingst
nach Sassnitz zweimal umsteigen und drei Fahrkarten lösen müsse. Das schrecke
ganz einfach ab und habe die verstärkte Nutzung des eigenen Pkw zur Folge. Leider
halte das Land einen einheitlichen Landestarif nicht für wirtschaftlich. Die Lösungen
im Landkreis Nordwestmecklenburg seien nicht 1:1 auf andere Regionen
übertragbar. Spezifische Lösungen seien immer territorial bestimmt [vgl. Anlage 3,
S. 3]. Eingehend auf die Grenzen der Regionalen Nahverkehrsplanung merkt er an,
dass die geringe Bevölkerungszahl verbunden mit der großen Flächenausdehnung
die Planung, Durchführung und Wirtschaftlichkeit von ÖPNV-Leistungen erschwere.
Als Aufgabenträger für den ÖPNV trügen die Landkreise in hohem Maße
Verantwortung für die Daseinsvorsorge in den dünn besiedelten ländlichen Räumen.
Darüber hinaus müsse jedem klar sein, dass die vorhandenen Finanzmittel der
öffentlichen Hand für den SPNV und den ÖPNV in den nächsten Jahren mit
Sicherheit nicht steigen werden. Die Splittung der Verantwortlichkeiten für den SPNV
und dem übrigen – straßengebundenen – öffentlichen Personennahverkehr in
Mecklenburg-Vorpommern verhindere den effizienten Mitteleinsatz für den gesamten
ÖPNV unter den derzeitigen Rahmenbedingungen. Die Größe der Landkreise führe
zwangsläufig zur Suche nach regionalen beziehungsweise überregionalen sowie
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23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
- 31/12 verkehrsmittelübergreifenden Lösungen für kreisinterne Mobilitätsprobleme. Bei einer
Entfernung zwischen Löcknitz im Süden des Landkreises Vorpommern-Greifswald
und der Kreisstadt von 100 Kilometern könne man nicht mehr von Nahverkehr
sprechen. Die derzeitigen uneinheitlichen Tarifsysteme von Bahn und Bus innerhalb
eines Landkreises seien unattraktiv für den Kunden. Die Bündelung der
Finanzströme gestalte sich in Brandenburg und Sachsen-Anhalt sehr erfolgreich. In
dieser Frage stimme er Dr. Hubertus Baumeister ausdrücklich zu. Es sei auch die
Frage zu stellen, inwieweit die heutigen Organisationstrukturen noch zeitgemäß
seien. Diese vor mehr als 20 Jahren unter ganz anderen Rahmenbedingungen
entstandenen Formen könnten weder die heutigen Prozesse effizient und zielführend
steuern noch den zukünftigen Anforderungen Rechnung tragen. Die Einrichtung
eines Kompetenzzentrums ÖPNV auf Landesebene sehe er skeptisch, da das Land
nicht über die notwendigen detaillierten Erfahrungen auf diesem Gebiet verfüge. Das
Land
sei
Gesetzgeber
organisatorische
und
und
Fondsverwalter.
durchführende
Konzeptionelle,
Kompetenzen
sehe
er
planerische,
auf
dieser
Entscheidungsebene nicht. Diese lägen eindeutig in den Landkreisen. In der
Bündelung der bestehenden Erfahrungen in den Regionen sei ein Ansatz für eine
neue Herangehensweise an die bestehenden Probleme gegeben [vgl. Anlage 3, S.
4f]. Eine zukünftige Entwicklungsoption der Regionalen Nahverkehrsplanung
bestünde in der Bildung von drei Nahverkehrsregionen, Vorpommern/Mecklenburg
Süd-Ost, Westmecklenburg und Rostock. Diese Nahverkehrsregionen sollten
Aufgabenträger für den gesamten ÖPNV inklusive des SPNV sein. Damit sei ein
integriertes ÖPNV-Angebot mit einheitlichen Tarifen gegeben. Formal seien diese
Regionen
die
Anforderungen
Bestellorganisationen
an
SPNV-Leistungen
für
den
SPNV,
formulierten.
Die
die
die
inhaltlichen
Verkehrsgesellschaft
Mecklenburg-Vorpommern GmbH (VMV) werde dann das SPNV-Bestellmanagement
sowie die Verantwortung für landesbedeutsame SPNV- und Buslinien übernehmen
und als Dienstleister für die Nahverkehrsregionen fungieren. Der Vorschlag sei
vielleicht für einige zu weitgehend, aber die Enquete-Kommission habe die Aufgabe,
auch einmal über den Tellerrand hinwegzusehen. Verbunden mit der Bündelung der
Finanzströme sehe er in diesem Organisationsmodell einen guten Ansatz für die
Erfüllung der zukünftigen Aufgaben und eine Stärkung des Subsidiaritätsprinzips [vgl.
Anlage 3, S. 6]. Abschließend geht er auf einige Aspekte der technischen
Entwicklung ein. „Selbstfahrende Autos“ würden innerhalb der nächsten 10 Jahre die
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23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
- 31/13 Marktreife
erlangt
haben.
Nachdem
die
deutschen
Automobilkonzerne
die
Hybridentwicklung verschlafen hätten, sehe man auf diesem Gebiet eine große
Marktchance. Das eröffne neue Möglichkeiten, Mobilität im ländlichen Raum neu zu
organisieren
und
könne
ein
neues
Betätigungsfeld
für
kommunale
Verkehrsunternehmen darstellen. Daraus ergebe sich die Anforderung an die
Landespolitik,
auf
Bundesebene frühzeitig für die Lösung der rechtlichen
Fragestellungen zu werben.
Dr. Bernd Schuster (Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und
Landesentwicklung, Wiesbaden) führt eingangs aus, dass er sich sehr intensiv mit
dem Gutachten „Mobilität im Alter“ befasst habe und in diesem Papier eine
umfassende und detaillierte Analyse mit wichtigen und verwertbaren Erkenntnissen
sehe. Die aufgezeigten Handlungsfelder seien sehr vielschichtig und den regionalen
Anforderungen angepasst. An der Umsetzungsreife der Vorschläge sei jedoch aus
seiner Sicht noch zu arbeiten. Die Mobilität im ländlichen Raum habe bereits vor 25
Jahren in der Forschung eine wichtige Rolle eingenommen, so unter anderem an der
Technischen Universität München unter Prof. Dr. Peter Kirchhoff. Es sei nicht zu
verstehen, dass die zu jener Zeit gewonnenen Erkenntnisse nicht den Erfolg
gebracht hätten, den man sich erhofft habe [vgl. Anlage 4, S. 3]. Hessen stehe vor
ähnlichen Herausforderungen wie Mecklenburg-Vorpommern. Dieses Bundesland sei
ebenfalls stark ländlich geprägt und habe mit Bevölkerungsrückgängen zu kämpfen
[vgl. Anlage 4, S. 4]. Die Mobilität im ländlichen Raum unterliege zahlreichen
Einflussfaktoren
Überalterung,
wie
Abwanderung
Konzentration
von
insbesondere
Arbeit
und
der
jüngeren
Versorgung
in
Generation,
den
Zentren,
Flexibilisierung der Arbeitszeiten oder der Virtualisierung der Mobilität [vgl. Anlage 4,
S. 5]. Der klassische Linienverkehr werde zukünftig nur noch auf Verkehrsachsen
zwischen zentralen Orten und im Schülerverkehr erfolgen. Das erfordere die stärkere
Einbindung flexibler Bedienformen. Das Verkehrsverhalten der Menschen werde
sich, bedingt durch die verstärkte Nutzung der neuen Medien, in den kommenden
Jahren erheblich verändern. Innovative und flexible Angebotsformen würden in der
Zukunft somit an Bedeutung gewinnen [vgl. Anlage 4, S. 6]. In diesem Prozess
müsse Politik eine koordinierende Rolle übernehmen. Durch die Mobilitätsanbieter,
Landkreise, Gemeinden, Land und Wirtschaft seien hierzu gemeinsame fachliche,
organisatorische und finanzielle Anstrengungen zu unternehmen. Das sei angesichts
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23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
- 31/14 der unterschiedlichen regional gewachsenen Strukturen nicht einfach. Hinzu käme,
dass auch die Abstimmung zwischen den einzelnen Fachressorts auf Landesebene
nicht in jedem Fall problemlos verlaufe. Da gebe es gewisse Egoismen, die nur
schwer aufzubrechen seien. Im Land Hessen sei man diesen Weg trotz aller
Probleme
gegangen
und
habe
die
dafür
notwendigen
organisatorischen
Voraussetzungen geschaffen, aber auch viel Geld eingesetzt. Zur Förderung von
neuen, innovativen Projekten im ländlichen Raum sei eine Task Force „Mobilität im
ländlichen Raum“ gegründet und der ÖPNV vollständig regionalisiert worden [vgl.
Anlage 4, S. 7]. Das Land sei also weder für den ÖPNV noch für den SPNV direkt
zuständig, mit Ausnahme bestimmter Finanzierungsfragen und des Einsatzes der
Regionalisierungsmittel. Der SPNV und der regionale Busverkehr sei an zwei
Verkehrsverbünde
als
Besteller
übertragen
worden,
den
Rhein-Main-
Verkehrsverbund und den Nordhessischen Verkehrsverbund. Darüber hinaus gebe
es noch den Verkehrsverbund Rhein-Neckar in Kooperation mit Baden-Württemberg.
In diese Strukturen seien insgesamt 28 lokale Nahverkehrsorganisationen auf Kreisund Stadtebene, in der Regel in der Organisationsform öffentlicher GmbH, integriert.
Auch die Organisation und Finanzierung neuer Bedienformen, wie Bürgerbusse,
Anrufsammeltaxis, Rufbusse oder klassischer Verkehrsmittel, wie U-Bahnen oder
Straßenbahnen, lägen in deren Verantwortung. Die durch das Land an die
Verkehrsverbünde ausgereichten Mittel beliefen sich auf jährlich etwa 600 Millionen
Euro. Die Delegation des ÖPNV und SPNV durch das Land auf regionale Ebenen
habe sich bewährt. Auch die Bürgerinnen und Bürger profitierten von dieser
Verfahrensweise, da sie den sogenannten „Kümmerer“, sei es der Bürgermeister,
Oberbürgermeister oder Landrat, direkt vor Ort als Ansprechpartner und im besten
Fall als Vertrauensperson hätten. Dieses „Kümmererprinzip“ sei wichtig, da es
erkennbar Verantwortlichkeiten in der Region offenlege [vgl. Anlage 4, S. 8]. Er habe
sich diesen Exkurs erlaubt, weil die Organisationsformen, aber auch die Philosophie
der politischen Umsetzung zwischen den Ländern Hessen und MecklenburgVorpommern
stark
voneinander
abwichen.
In
Hessen
habe
man
sich
schwerpunktmäßig auf vier Handlungsfelder der Mobilität im ländlichen Raum
konzentriert. In Nordhessen und im südöstlichen Teil des Landes seien es die
Projekte „Mobilfalt“ und „Garantiert Mobil“, in Mittelhessen die E-Mobilität und im
Spessart das Mobilitätsnetzwerk. Die Implementierung der E-Mobilität im ländlichen
Raum sehe er eher skeptisch. Sie solle erst einmal dort weiter vorangebracht
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23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
- 31/15 werden, wo es bereits heute die Potenziale gebe, nämlich im städtischen Raum [vgl.
Anlage 4, S. 9]. Auslöser für die „Mobilfalt“ in Nordhessen sei eine Demografiestudie
aus dem Jahr 2011 gewesen. Das Projekt basiere auf der Idee der Verknüpfung des
Individualverkehrs mit allen ÖPNV-Angebotsformen. Es biete mehrere Vorteile. So
böten Taxiunternehmen und private Autofahrer ihre Fahrten im NVV-Tarifsystem
gegen feste Kostenerstattung an. Mit „Mobilfalt“ seien gemäß dem Motto
„Gemeinsam mehr bewegen“ die volle Fahrplan- und Tarifintegration sowie die
Nutzung aller Informationsmedien gewährleistet. Vor allem die Schaffung eines
einheitlichen Tarifs für alle Bedienformen habe im Fokus gestanden. Wichtig sei die
Zugangshemmnisse für den Nutzer zu beseitigen und Angebote aus einer Hand zu
schaffen [vgl. Anlage 4, S. 10f]. Trotz vieler neuer Bausteine, das habe eine
Evaluation im Jahr 2014 ergeben, funktioniere das Projekt. Man habe eine völlig
neue Software für die Disposition, Buchung und Abrechnung entwickelt. Diese
Software sei im Wesentlichen durch das Land finanziert worden. Eine schrittweise
Einführung im gesamten Land sei in Vorbereitung. Gleichwohl benötigten neue
Systeme
Zeit,
insbesondere,
wenn
die
Nutzung
mit
Verhaltens-
und
Bewusstseinsänderungen einhergingen. Ein wichtiger Erfolgsfaktor für das Projekt
liege im privaten Engagement. Viel Geld sei in die Gewinnung der ehrenamtlichen
„Kümmerer“
vor
Ort
investiert
worden.
Mit
der
Ebene
lokaler
Nahverkehrsorganisationen sei eine „Kümmererzentrale“ geschaffen worden. Eine
solche Anlaufstelle allein sei aber absolut nicht ausreichend. Vielmehr bedürfe es
zahlreicher Multiplikatoren. Das könnten niedergelassene Ärzte, der Bäcker,
Fleischer, der Dorfkonsum oder Altersheime sein. Mobilitätsprojekte müssten immer
von unten her wachsen und in den Kommunen verankert sein. Man müsse alle
Kommunikationswege,
Vertriebsarten
und
-wege
nutzen,
um
breiteste
Bevölkerungskreise zu erreichen. Er verweist auf die USA, die sich dieser
Problematik der Mobilität in entlegenen ländlichen Räumen bereits Anfang der 90erJahre angenommen und als einen besonderen Aspekt die Bedürftigkeit von
Menschen herausgestellt hätten. So würden im Staat Pennsylvania zum Beispiel
notwendige Taxifahrten dieser Personengruppen durch den Bundesstaat finanziert.
Das sei bei den Kreisgrößen und dem deutschen System nicht unbedingt kopierbar,
jedoch zumindest ein Denkanstoß [vgl. Anlage 4, S. 12]. Im Weiteren geht er auf die
bereits erwähnte Task Force „Mobilität im ländlichen Raum“ ein. Sie habe die
Aufgabe, Projekte fachlich, juristisch und finanziell zu begleiten und zu koordinieren.
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23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
- 31/16 Prämissen hierfür seien, Doppelförderungen zu vermeiden, die Übertragbarkeit von
Projekten
und
deren
Zugang
für
alle
sowie
die
Gleichbehandlung
von
Ballungsräumen und ländlich geprägten Regionen zu gewährleisten. Die Task Force
sei als freiwillige Aufgabe konzipiert. Sie setzt sich aus dem ehrenamtlich tätigen
Mobilitätsbeauftragten des Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr
und
Landesentwicklung
sowie
Vertretern
des
Landes
Hessen,
der
Nahverkehrsverbünde und der lokalen Nahverkehrsorganisationen zusammen.
Begleitet werde die Tätigkeit durch die Universität Kassel [vgl. Anlage 4, S. 13]. Für
diese Mobilitätsoffensive habe das Land Hessen erhebliche Finanzmittel zur
Verfügung gestellt, allein für die Projekte „Mobilfalt“ und „Garantiert Mobil“
zusätzliche Mittel von 1,2 Millionen Euro, insbesondere für die Entwicklung der
Software bei „Mobilfalt“ und die „Kümmerer“ vor Ort. Nicht zu unterschätzen seien die
zu klärenden juristischen Fragen. Allein die steuerrechtliche Problematik der
Gewerbeanmeldung bei Mitfahrgelegenheiten habe das Finanzministerium und die
Finanzämter Monate beschäftigt. Es gehe jetzt um das „Ausrollen“ der Projekte im
gesamten Land durch gezielte Informationsveranstaltungen zu den einzelnen
Konzepten, der Finanzierung und der rechtlichen Bewertung. Ende 2015 sei eine
diesbezügliche Beratung mit dem Hessischen Landkreistag geplant. Darüber hinaus
bringe Hessen die Projektergebnisse in das Vorhaben des Bundesministeriums für
Verkehr
und
digitale
Infrastruktur
„Planung
und
Bewertung
von
ÖPNV-
Angebotsstrategien im ländlichen Raum“ ein.
Vors. Jörg Heydorn merkt an, dass die Übertragung von Projekten immer auf
regionale Besonderheiten stoße und fragt nach, wie dieser Aspekt in Form von
Modifikationen Berücksichtigung finde.
Abg. Maika Friemann-Jennert geht auf die Frage der Mitfahrmöglichkeiten und
„Kümmerer“ vor Ort ein. Eine flexible Bedienform im ländlichen Raum sei zumindest
in Mecklenburg-Vorpommern noch Zukunftsmusik. Bei der bisherigen Befassung mit
dem Thema in der Enquete-Kommission sei auch deutlich geworden, dass eine
geringe Bevölkerungsdichte eine hohe Selbstorganisation erfordere. In Sachsen,
Sachsen-Anhalt und in Thüringen seien Ausnahmen von den Vorschriften der
Fahrerlaubnisverordnung erlassen worden. Dabei gehe es um die Absenkung des
Mindestalters für die Erlangung des Mopedführerscheins von 16 auf 15 Jahre sowie
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23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
- 31/17 für das begleitete Fahren ab 16 Jahre. Eine solche Reform sei auch in MecklenburgVorpommern angesichts der „Spaghetti-Finanzierung“ und der nach wie vor breiten
Nutzung des privaten Autos anzustreben. Sie verspreche sich davon eine
Erweiterung der Mitnahmemöglichkeiten im ländlichen Raum und einen Abbau
bestehender Zugangshemmnisse für den straßengebundenen Kraftverkehr. Sie
hinterfragt Beispiele für die Finanzierung von Gesundheitsmobilität und bittet um
Aussagen zum Nutzungsverhalten bei Rufbussen.
Abg. Martina Tegtmeier bittet Dr. Bernd Schuster um die Auflistung der vielfältigen
zu klärenden rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit den Pilotprojekten „Mobilfalt“
und „Garantiert Mobil“. Das würde die Implementierung bestimmter alternativer
Bedienformen im Land erleichtern und Doppelarbeit vermeiden.
Dr. Bernd Schuster erklärt eingehend auf die Frage von Jörg Heydorn, dass hierzu
einerseits der Top-Down-Ansatz bei der Verbreitung bewährter Projekte zu wählen
und andererseits viel Geld seitens des Landes bereitzustellen sei. Angesichts der
Finanzlage der Länder und Kommunen sehe er dafür nur wenig Spielraum. Auch in
Hessen werde sehr großer Wert auf die kommunale Selbstverwaltung und
Planungshoheit gelegt. Eine mögliche restriktive Handlungsweise des Landes habe
das stets im Fokus zu haben. Vor diesem Hintergrund sei der Initiierung von
Pilotprojekten
eine
große
Bedeutung
beizumessen.
Nach
erfolgreicher
Erprobungsphase seien die Landkreise und Kommunen davon zu überzeugen, sich
selbst einzubringen und diese in Gänze oder Teilen zu übernehmen. Dieser Prozess
sei auch in Hessen sehr langwierig gewesen und nicht frei von unterschiedlichen
Auffassungen. Andere Projekte, so das Mobilnetzwerk Spessart, würden über
MORO-Projekte und die Raumplanung kommuniziert. Er verweist nochmals auf die
Notwendigkeit eines unmittelbaren Ansprechpartners vor Ort. Hier müssten, so die
Erfahrungen in Hessen, in weitaus stärkerem Maße die politisch Verantwortlichen in
Erscheinung treten – Landräte und Bürgermeister. Das Land Hessen sei bereit,
diesen
Prozess
auch
Gesundheitsmobilität
weiter
gewinne
finanziell
ohne
Frage
zu
an
begleiten.
Das
Bedeutung.
Themenfeld
Aussagekräftige
Erfahrungswerte könne er an dieser Stelle nicht vorweisen, da gebe es in Hessen
noch Nachholbedarf. Er sagt die Zusendung einer Checkliste zu den rechtlichen
Fragen zu.
_______________________________
23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
- 31/18 Christoph Gipp geht auf Erfahrungen des Landes Brandenburg zum begleiteten
Fahren ab 17 ein. Es sei ein signifikanter Rückgang der Unfallzahlen in dieser
Altersgruppe zu verzeichnen. Mit einer weiteren Herabsetzung des Alters werde
natürlich auch dem ÖPNV ein nicht unbeträchtlicher Kundenstamm entzogen.
Gleichwohl sei die Frage der Mobilitätssicherung ein Punkt, warum man sich dieser
Frage zugewendet habe. Bei der Gesundheitsmobilität handele es sich um ein
steuer- und nutzerdefiniertes System in der Gesundheitswirtschaft. Beträchtliche
Steuermittel würden in das Gesundheitssystem transferiert. Tatsache sei, dass die
Versorgungsstrukturen sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich weiter
zentralisiert würden. Damit sei die Zunahme von Verkehrs- und Mobilitätsengpässen
gerade in so einem Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern verbunden.
Betrachte man allein die Kosten für Krankenfahrten, stelle man jährliche
Steigerungsraten von nahezu 10 Prozent fest. Von Effizienz könne angesichts dieser
Entwicklung nicht gesprochen werden. Eine sinnvolle Verknüpfung im Kontext mit der
Mobilität insgesamt sei wünschenswert. In dieser Frage stehe man jedoch erst ganz
am Anfang. Das Interesse der Gesundheitsbranche halte sich jedoch in dieser Frage
sehr in Grenzen.
Wieland Brohm gibt zu, dass das Nutzerverhalten bei Rufbussen oder anderen
alternativen Bedienformen bei Weitem nicht mit dem traditionellen ÖPNV
vergleichbar sei. Rufbusse und andere Formen seien als ein ergänzendes Instrument
zum ÖPNV konzipiert und angedacht. Die Verbreitung dieser Angebote verlange
verstärkte Anstrengungen im Marketingbereich. Die Nahverkehrsbetriebe im Land
verfügten hierfür aber nicht über die notwendigen finanziellen Mittel.
Dr.
Hubertus
Baumeister
stellt
fest,
dass
ein
Landeskonzept
zur
Gesundheitsversorgung nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern fehle. Auch andere
Länder täten sich hiermit schwer. Ihm seien zwei Pilot- und ein Umsetzungsprojekt in
Niedersachsen in Ansätzen bekannt. Viele Krankenfahrten seien gegenwärtig über
das Sozialgesetzbuch V geregelt. Das Volumen der Krankenfahrten im Nahverkehr
sei noch nicht überaus hoch. Gleichwohl sei es aber gerade für ehrenamtlich tätige
Bürgermeister in den Dörfern von politischem Interesse im Rahmen der
Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Die gesetzlichen Krankenkassen würden bei
geschätzten Ausgaben von jährlich 20 Millionen Euro für Krankenfahrten per Taxi in
_______________________________
23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
- 31/19 Mecklenburg-Vorpommern erst dann diese Problematik ernsthaft diskutieren, wenn
es ernsthafte und finanzierbare Alternativen gebe. Vor diesem Hintergrund könne er
das durch Wieland Brohm vorgestellte Modell als Plattform für eine Umgestaltung
des ÖPNV nur begrüßen. Damit ginge die Neustrukturierung der Finanzströme
einher, wobei er die Auffassung vertrete, dass das Land seine Steuerungsfunktion
auch in finanzieller Hinsicht noch stärker wahrnehmen müsse.
Abg. Silke Gajek merkt an, dass es offensichtlich unterschiedliche Positionen zur
Ausgestaltung von Straße und Schiene im Land gebe. Diese Frage sei Ländersache.
Vielfach seien die Verzahnung der Akteure in den Ländern angesprochen worden
und eine Task Force, eine Landesmobilitätszentrale oder andere Formen der
Vernetzung zur Diskussion gestellt worden. Hierzu sei unter den spezifischen
Bedingungen
des
Landes
Mecklenburg-Vorpommern
eine
Positionierung
vorzunehmen. Eine zentrale Frage sei die Ausrichtung regionaler Verkehre auf die
Anforderungen der Zukunft. Sie fragt nach, ob Formate wie Mobilitätskonferenzen
oder Runde Tische ein gangbarer Weg wären, um Gemeinschaftsverkehre stärker zu
entwickeln. Zu den Finanzströmen führt sie aus, dass ihre Fraktion eindeutig das
Brandenburger Modell favorisiere. Die Schaffung von Anreizsystemen
und
intermodalen Anknüpfungspunkten erachte sie auch für Mecklenburg-Vorpommern
als gangbaren Weg. Abschließend geht sie auf die Mitnahmemöglichkeiten von
Fahrrädern im ÖPNV ein und fragt nach, ob es hierfür Best Practice Beispiele gebe.
Dr.
Hubertus
Baumeister
merkt
an,
dass
in
Mecklenburg-Vorpommern
Erkenntnisprobleme nicht vorlägen. Es ginge viel mehr darum, die strategische
Architektur neu zu durchdenken. Wichtig sei, den politischen Willen eindeutig zu
formulieren. Die Entflechtung der Finanzströme sehe er als absolut notwendig an.
Die stärkere Zusammenführung der Verkehrsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern
GmbH und der Aufgabenträger des ÖPNV sei ein weiteres Erfordernis.
Vors. Jörg Heydorn geht auf den Kieler Kompromiss ein und fragt nach, ob dieser
noch Grundlage der Beratungen oder bereits vom Tisch sei. Eine weitere Absenkung
der Mecklenburg-Vorpommern zur Verfügung stehenden Regionalisierungsmittel sei
zu befürchten.
_______________________________
23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
- 31/20 Dr. Hubertus Baumeister führt aus, dass der Kieler Schlüssel nach wie vor gelte.
Eine weitere Kürzung der Regionalisierungsmittel sei mit Sicherheit zu erwarten.
Wieland Brohm ergänzt, dass der Bundesfinanzminister die Regionalisierungsmittel
nur noch für dieses Jahr mit einer Dynamisierung von 1,5 Prozent fortgeschrieben
habe. Das Gutachten der Länder gehe jedoch von deutlich höheren Bedarfen aus.
Die verbleibende Zeit bis zur Kürzung sei aber zwingend dafür zu nutzen, die
erforderlichen Strukturen zu schaffen. Die von Silke Gajek vorgeschlagenen
Mobilitätskonferenzen gebe es bereits. Hauptaugenmerk solle auf das Kümmern vor
Ort gelegt werden. Die enge Verknüpfung von Schiene und Bus sei ganz wesentlich.
Er geht in diesem Zusammenhang nochmals auf die Südbahn-Problematik im Land
ein. Die Neugestaltung der Verteilung des Geldes könne nach dem Beispiel des
Landes Brandenburg mit der Schaffung von Anreizsystemen für die Aufgabenträger
auf Grundlage von Qualitätskriterien gestaltet werden, sei aber auch in Form einer
Finanzierungsverordnung wie in Sachsen möglich. Die für den ÖPNV im Freistaat
Sachsen zuständigen fünf Zweckverbände erhielten ihre Finanzierungsmittel auf
Grundlage einer datengestützten Erfolgskontrolle. Bei der Verteilung der zur
Verfügung stehenden ÖPNV-Mittel sei Transparenz zu schaffen. Ein bloßes
Durchreichen der Mittel, ohne Schaffung von Rahmenbedingungen durch die Länder,
halte er nicht für zielführend. Die Mitnahmemöglichkeiten für Fahrräder seien regional
zu klären.
Für Christoph Gipp ist das durch Wieland Brohm vorgestellte Modell ebenfalls
zukunftsweisend.
Es
gehe
um
die
Professionalisierung
der
Tätigkeit
der
Aufgabenträger. Er sehe bei der adaptierten Umsetzung dieses Handlungskonzeptes
ganz dringenden Handlungsbedarf. Zeit habe man nicht mehr, da die Finanzthematik
die Akteure sehr schnell ereilen werde. Wolle man der Verkehrsentwicklung
umfassend Rechnung tragen, sei eine deutliche Steigerung bei der Dynamisierung
der Finanzen anzustreben. Die Entscheidung liege beim Bundesministerium der
Finanzen. Die gegenwärtige Entwicklung bei den Regionalisierungsmitteln sei
besorgniserregend und werde insbesondere die fünf neuen Bundesländer vor
erhebliche Probleme stellen. Die Nahverkehrspläne müssten perspektivisch weiter
gefasst werden. Die alleinige Befassung mit dem regionalen ÖPNV ist zu kurz
_______________________________
23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
- 31/21 gedacht. Er plädiert für die Erstellung von Mobilitätsplänen, die alle Elemente des
Nahverkehrs enthielten.
Dr. Bernd Schuster führt aus, dass jedes Land gefordert sei, eigene und
möglicherweise auch ganz spezifische Mobilitätsstrukturen zu schaffen, die
alternative Bedienformen in hohem Maße implementiere. Das Land Hessen habe mit
der Regio- und Kommunalisierung des ÖPNV und SPNV sehr gute Erfahrungen
gemacht. Auch planerisch gebe es eine enge Abstimmung zwischen den
verschiedenen Handlungsebenen. So gebe es in Hessen neben den lokalen auch
regionale Nahverkehrspläne. Neben der Intermodalität spreche man neuerdings,
insbesondere in den Städten, auch verstärkt von der Multioptionalität, einer großen
Vielfalt von Bedienformen als Angebote für den Kunden.
Christoph von Kaufmann (Amtsleiter, Amt für Raumordnung und Landesplanung
Mecklenburgische Seenplatte und Leiter der Geschäftsstelle des Regionalen
Planungsverbandes Mecklenburgische Seenplatte) führt aus, dass Wieland Brohm
maßgeblich an der Erarbeitung des Nahverkehrsplanes für die Mecklenburgische
Seenplatte mitgewirkt habe und seine Strukturvorschläge sinnvoll und durchdacht
seien. Warnen möchte er davor, den Schwerpunkt überproportional auf die
Kompetenzen vor Ort zu setzen. Die Gemeinden mit ihren ehrenamtlich tätigen
Bürgermeistern dürften nicht überfordert werden. Mit der Kreisgebietsreform sei die
Regionalisierung der Mobilität bereits vorweg genommen worden. Mit einer nicht EUkonformen „Spaghetti-Finanzierung“ könne man die Landkreise als Besteller des
ÖPNV nicht allein lassen. Die Kreisgebietsreform habe in den Landkreisen nicht
zwingend zu einer Stärkung der personellen Kompetenz in den zuständigen
Fachbereichen geführt. Hier sehe er politischen Handlungsbedarf. Die Kompetenz
beim Besteller sei die entscheidende Komponente im Gesamtgefüge des ÖPNV. Der
Aufbau von Parallelstrukturen sei damit ausdrücklich nicht gemeint.
Unterbrechung der Sitzung von 12:39 Uhr bis 13:30 Uhr
Christoph von Kaufmann stellt seinem Statement grundsätzlich voran, dass bei der
Behandlung dieses Themenfeldes der Personennahverkehr nur einen Ausschnitt
darstelle. Es gehe um die zukünftige Gewährleistung der Mobilität im ländlichen
_______________________________
23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
- 31/22 Raum als öffentlichen Personenverkehr. Soziale Infrastrukturen in der Fläche seien
nur tragfähig zu gestalten, wenn die Erreichbarkeit gewährleistet werde. Mobilität sei
das Schlüsselthema. Der Regionale Nahverkehrsplan Mecklenburgische Seenplatte
empfehle die Erarbeitung eines zentralen Konzeptes für alternative Bedienformen
und die Überführung dieses Konzeptes in die Praxis unter Berücksichtigung der
Integration beziehungsweise Anpassung bereits vorhandener Lösungen. Ein
Regionaler Nahverkehrsplan müsse die Kategorisierung der Bedienungsrelationen
und Verknüpfungspunkte vornehmen. Im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte
habe man sich zur Aufrechterhaltung der Mobilität für ein funktionierendes Hauptund ein Ergänzungsnetz entschieden, definiert als Erschließungs-, Zubringer- und
Schülerverkehrsnetz. Diese Verkehrsachsen würden durch eine Flächenerschließung
begleitet, die vor allem durch den Einsatz alternativer Bedienformen gekennzeichnet
sei [vgl. Anlage 5, S. 3ff]. Formen der differenzierten Bedienung nähmen zukünftig an
Bedeutung stark zu. Dabei seien alternative und flexible Bedienformen nicht als
Konkurrenz zu verstehen. Sie seien in den Markt effizient einzubinden. Ohne den
Ergänzungs- und Zubringerverkehr zu den Hauptstrecken könnten diese nicht
wirtschaftlich arbeiten [vgl. Anlage 5, S. 6ff]. Die Komplexität der Aufgaben setze eine
Dispositionszentrale voraus. Er spreche in diesem Zusammenhang von einer
Mobilitätszentrale. Gerade die ältere Bevölkerung im ländlichen Raum, die über kein
Smartphone verfügten, benötige eine Dienst- und Beratungsleistung aus einer Hand,
möglichst realisiert mit einem Verbundticket. Der Aufbau eines Dienstleistungsportals
sei
kostenintensiv,
insbesondere
die
Entwicklung
und
Implementierung
entsprechender Software. Vergleichbar mit einem Callcenter sei ein 24-StundenService anzustreben. Zumindest müsse jedoch eine Erreichbarkeit zwischen 6:00
und 22:00 Uhr gewährleistet sein. Dabei könne man auf Erfahrungen anderer
Regionen in Deutschland zurückgreifen. Auch die Einbindung der unterschiedlichen
Bedienformen sei technisch heutzutage kein Problem mehr. Juristische Fragen seien
im Detail zu klären, dürften jedoch keine unüberwindlichen Hürden darstellen. Das
alles sei an einheitliche Qualitätsstandards auszurichten. Verkehrspartner seien per
Software automatisch über Fahrtenanmeldungen zu informieren. Alle Fahrzeuge
verfügten
über
eine
entsprechende
Druckertechnik
zum
Empfang
der
Fahrtenanmeldungen sowie zur Auswertung und Meldung der Fahrgastzahlen, Lastund Leerkilometer. Über eine einheitliche Software seien auch einfache und schnelle
Auswertungen
und
Abrechnungen
gegenüber
Landesbehörden
oder
_______________________________
23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
den
- 31/23 Verkehrspartnern gegeben [vgl. Anlage 5, S.9]. Das Projekt „Mobilfalt“ in Nordhessen
erachte er als beispielgebend. Es handele sich hierbei um ein flexibles, verlässliches
und bezahlbares Angebot, das alle Verkehrsträger sinnvoll miteinander vernetze.
Ganz entscheidend für den Erfolg von „Mobilfalt“ sei die Einbeziehung der Menschen
im ländlichen Raum. Nur unter dieser Voraussetzung könnten sich dieses und
andere Projekte als nachhaltige Lösung für die mobilen Herausforderungen in dünn
besiedelten Regionen auf Dauer durchsetzen [vgl. Anlage 5, S. 10]. Die Schaffung
zusätzlicher Koordinierungs- oder Zwischenebenen sei grundsätzlich zu vermeiden.
Die vorhandenen Strukturen in Form der großen Landkreise als Besteller des ÖPNV
eröffneten genügend Spielraum, Mobilität zu gestalten. Diese Kompetenz gelte es
noch stärker zu nutzen.
Stephan Lösel (Geschäftsführer NAHBUS Grevesmühlener Busbetriebe GmbH,
Grevesmühlen)
stellt
den
neuen
Nahverkehrsplan
für
den
Landkreis
Nordwestmecklenburg vor, der beginnend ab 2016 umgesetzt werden soll. An
Schultagen, in Ferienzeiten und an Wochenenden sei die Fahrtenhäufigkeit sehr
unterschiedlich. Zwischen Schwerin und Lübeck existiere schon von Montag bis
Freitag
keine
durchgehende
Verkehrsverbindung.
Auch
der
geforderte
Lückenschluss durch die Bahn erfolge nicht. Zu Ferienzeiten werde die Fläche noch
weniger bedient. Viele Orte und Ortsteile fahre der Öffentliche Verkehr nicht mehr an.
Ganz prekär sehe es am Wochenende aus. Zwischen Freitag 17:00 und Montag
05:00 Uhr finde der Nahverkehr de facto nicht mehr statt [vgl. Anlage 6, S. 3ff]. Nur
55 Prozent der Tage eines Jahres seien Schultage. Im Umkehrschluss bedeute dies,
dass nahezu in der Hälfte eines Jahres das schon ohnehin eingeschränkte
Fahrplanangebot zusätzlich stark ausgedünnt werde. Da der Landkreis die
Schülerbeförderung sicher zu stellen habe, konzentrierten sich zwangsläufig die
Anstrengungen auf diese Aufgabe. Eine Änderung sei nur im Zusammenspiel
zwischen dem Landkreis als Aufgabenträger, dem Land als Gesetzgeber und den
Unternehmensstrukturen vor Ort zu erreichen. Noch im Jahr 2009 verfügte der
Landkreis Nordwestmecklenburg allein über 8 Busunternehmen. Die Abstimmung
zwischen kreislichen und städtischen Verkehren sei fast ein Ding der Unmöglichkeit.
Andere Bedienformen, wie Bahn oder Taxi, seien in diesem Kontext noch gar nicht
berücksichtigt [vgl. Anlage 6, S. 6f]. Ein weiteres Hindernis sei die Unübersichtlichkeit
der einzelnen Finanzierungstöpfe [vgl. Anlage 6, S. 8]. Der Verkauf von
_______________________________
23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
- 31/24 Fahrscheinen
bestimmte
lediglich
20
Prozent
der
Gesamteinnahmen.
Die
Optimierungsanreize für die Verkehrsunternehmen seien, zumindest für den
Landkreis Nordwestmecklenburg, völlig falsch gesetzt. Es gelte das Prinzip
„Möglichst wenig Fahrten bei minimalem Kostenaufwand und maximalen Preisen“.
Die Schülerfahrkarte werde durch den Landkreis finanziert. Die steigenden
Erhöhungen im Kreishaushalt seien bei diesem Ansatz vorprogrammiert. Dem
Busunternehmen sei daraus gar kein Vorwurf zu machen. Er habe unter
Berücksichtigung der stetigen Kostensteigerungen zu planen. Gelinge das nicht,
stehe der Geschäftsführer eines in der Regel kommunalen Unternehmens in der
Kritik und werde gegebenenfalls zur Verantwortung gezogen. Nach § 2 ÖPNVG M-V
sei eine bedarfsgerechte Versorgung in allen Teilen des Landes zu gewährleisten,
auch in dünn besiedelten Räumen. Für den Schülerverkehr werde dies eingehalten.
Die bedarfsgerechte Anbindung der Wohngebiete, von Arbeitsstätten, öffentlichen,
sozialen und kulturellen Einrichtungen oder Erholungsgebieten sei jedoch oft mehr
Wunschdenken als Realität [vgl. Anlage 6, S. 10]. Im Dezember 2009 sei in
Grevesmühlen der Anrufbus eingeführt worden. Dieser werde überwiegend von der
älteren Bevölkerung in Anspruch genommen, stehe aber bei Verfügbarkeit auch
kleineren Gruppen aus Vereinen zur Verfügung. Die Anmeldung der Fahrtwünsche
erfolge deutschlandweit kostenfrei über eine Hotline. Abfahrtsort, -zeit und Zielort
könnten sofort mit der Einsatzleitung telefonisch vereinbart werden. Statistisch
gesehen erziele der Anrufbus ein Aufkommen von durchschnittlich 42 Fahrgästen am
Tag, wobei dieses witterungsbedingt deutlich schwanke. Die Stadt Grevesmühlen
trage die jährlichen Kosten des Busses von 56.000 Euro. Ziel sei es, diese
Bedienform flächendeckend im Landkreis einzusetzen. Spätestens an dieser Stelle
sei das Land gefordert, über zusätzliche finanzielle Beihilfen ernsthaft nachzudenken
[vgl. Anlage 6, S. 11f]. Neue Ansätze seien oft lokal determiniert. Als Beispiel führt er
das Touristische Mobilitätsangebot Boltenhagen an. Seit dem 21. Mai 2009 würden
Gäste der in der Weißen Wiek zusammengefassten Hotels und Marina in allen
Bussen des ÖPNV innerhalb der Gemeinde kostenlos befördert. Auch die anderen
Gäste
des
Ostseebades
erhielten
gegen
Vorlage
der
Kurkarte
innerhalb
Boltenhagens vergünstigte Konditionen [vgl. Anlage 6, S. 13]. Das INMOD-Projekt
setze er als bekannt voraus. Die Umsetzung gestaltete sich jedoch teilweise
schwierig, insbesondere der Verleih von Elektrofahrrädern. Mit der Vorlage einer
Geburtsurkunde für Kinder, die noch keinen Personalausweis besäßen, seien
_______________________________
23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
- 31/25 Touristen meist überfordert. Alle aufgeführten Beispiele seien bestenfalls ein Tropfen
auf den heißen Stein [vgl. Anlage 6, S. 13f]. Insgesamt sei MecklenburgVorpommern schlecht aufgestellt. Die Studie Mobilität in Deutschland ermittle
durchschnittliche Werte von 5 Prozent Anteil des öffentlichen Verkehrs für ländliche
Kreise. Damit liege man 50 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt. Der
Regionalbusverkehr in Nordwestmecklenburg erreiche nur einen Anteil von 2,8
Prozent
am
Modal
Split
[vgl.
Personenbeförderungsgesetzes
Anlage
[PBefG]
6,
zur
S.
15].
Umsetzung
Die
der
Novelle
des
EU-Verordnung
1370/2007 ermögliche den Landkreisen als Aufgabenträger nunmehr ausschließliche
Rechte im öffentlichen Dienstleistungsauftrag zu gewähren, was bisher im
Verantwortungsbereich des Landesamtes als Genehmigungsbehörde angesiedelt
gewesen sei. Damit seien die Rechte der Aufgabenträger gestärkt worden. Die
Erstellung der Nahverkehrspläne als das wesentliche politische Instrument, mit dem
die
Vorgaben
des
öffentlichen
Dienstleistungsauftrags
bestimmt
und
die
Finanzierung des ÖPNV geregelt und gesichert würden, liege in der Verantwortung
der Kreistage. Gleichwohl verbleibe damit auch das finanzielle Risiko beim
Aufgabenträger [vgl. Anlage 6, S. 17]. Der Nahverkehrsplan des Landkreises
Nordwestmecklenburg habe in starkem Umfang die Pendlerströme zu beachten. Das
sei mit umfangreichen Erhebungen von Strukturdaten verbunden. Mit finanzieller
Unterstützung des Landes habe man ein digitales Verkehrsmodell entwickelt, das er
für alle Landesteile als dringend erforderlich ansehe [vgl. Anlage 6, S. 18].
Nahverkehrspläne seien in besonderer Form geeignet, regionale Besonderheiten zu
berücksichtigen. Zwar verfüge der Landkreis Nordwestmecklenburg über circa 680
Orte und Ortsteile, doch auf nur 20 Kommunen konzentrierten sich 80 Prozent der
sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Diese könnten mit sieben Hauptlinien
wirtschaftlich
effizient
verkehrstechnisch
an
die
angebunden
Zentren
werden.
Schwerin,
Die
Wismar
Konzentration
auf
und
Lübeck
vorhandene
Potenziale sei also ein ganz wichtiges Element zukünftiger Verkehrsplanung [vgl.
Anlage 6, S. 19]. Das neue Verkehrskonzept für den Landkreis basiere auf einer
konsequenten Netzhierarchisierung, bestehend aus einem angebotsorientierten
Taktnetz einschließlich Stadtverkehr Wismar, und einem nachfrageorientierten
Ergänzungsnetz sowie alternativer Bedienformen. An den Wochentagen sei ein 2-hTakt vorgesehen, der in den Hauptverkehrszeiten auf einen 1-h-Takt verdichtet
werden könne. Bei den Ankunfts- und Abfahrtzeiten in den Zentren Schwerin,
_______________________________
23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
- 31/26 Wismar und Lübeck fänden die Arbeitszeiten, insbesondere im Einzelhandel,
Berücksichtigung. Mit den geplanten sieben Hauptlinien könnten fußläufig in einem
Umkreis von 1.000 Metern 60 Prozent der Fahrgäste an 90 Prozent der Arbeitsplätze
angebunden werden [vgl. Anlage 6, S. 20ff]. Das Ergänzungsnetz beinhalte sowohl
den konventionellen Linienverkehr als auch alternative Bedienformen. Es werde ein
Grundangebot an Werktagen von 6:00 bis 10:00 Uhr und zwischen 14:00 und 18:00
Uhr mit dem Zweck der Anbindung an das Taktnetz vorgehalten [vgl. Anlage 6, S.
23ff]. Nach wie vor sei die Rechtssicherheit alternativer Bedienformen für die
Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen nicht gegeben. Ziel sollte sein, diese in
den Paragrafen 42 PBefG einzubinden, um deren Genehmigung zu erleichtern.
Hierzu bedürfe es klarer Vorgaben durch die Landesregierung in Form einer
entsprechenden
Verwaltungsvorschrift.
Anzustreben
sei
ebenfalls
eine
Bundesratsinitiative zur Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für
alternative Bedienformen [vgl. Anlage 6, S. 27f]. Das Beschreiten neuer Wege sei in
der Anlaufphase in der Regel mit einem Mehraufwand verbunden. Landkreise, die
die Neuausrichtung des ÖPNV verfolgten, bedürften einer finanziellen Unterstützung
durch das Land. Eine Novellierung des ÖPNVG M-V sei dringend erforderlich. Es
gehe, dem Beispiel des Landes Brandenburg folgend, um die Budgetierung der zur
Verfügung stehenden Landesmittel nach transparenten Kriterien. Von weiteren
Mittelkürzungen für den straßengebundenen ÖPNV sei abzusehen. Neben rein
strukturbedingten Finanzierungsgrundlagen seien Erfolge bei der Umsetzung neuer
Konzepte zu honorieren und Änderungsprozesse aktiv finanziell zu unterstützen.
Marco Thiele (Leiter Angebotsplanung, rebus Regionalbus Rostock GmbH,
Güstrow) merkt an, dass mit der Kreisgebietsreform eine Umstrukturierung des
ÖPNV zwingend verbunden gewesen sei. Die rebus Regionalbus Rostock GmbH,
gegründet am 25. Juli 2013, sei aus der Verschmelzung der Küstenbus GmbH, der
Omnibusverkehrsgesellschaft Güstrow mbH, der Regionalverkehr Küste GmbH und
der Hameister Personenverkehr GmbH hervorgegangen. Das Unternehmen bediene
mit seinen 190 Fahrerinnen und Fahrern täglich 86 Linien. Zu den Schulzeiten seien
täglich allein 11.000 Schüler zu befördern [vgl. Anlage 7, S. 2f]. Datenerhebungen
belegten, dass sich die Fahrtzwecke wie folgt aufteilten: Arbeit/Beruf – 16 Prozent,
Einkauf, Arzt, Erledigungen – 18 Prozent, Freizeit und Urlaub – 14 Prozent und
Schule/Ausbildung – 53 Prozent [vgl. Anlage 7, S. 5]. Der teilweise drastische
_______________________________
23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
- 31/27 Bevölkerungsrückgang in den ländlich geprägten Regionen wirke sich erheblich auf
die Verkehrsplanung aus. Das spiegele sich natürlich auch im Schülerverkehr wider.
In den vergangenen zehn Jahren sei ein Rückgang von bis zu 30 Prozent zu
verzeichnen, hingegen nehme die Altersgruppe der Senioren erheblich zu [vgl.
Anlage 7, S. 6ff]. Die rebus Regionalbus Rostock GmbH habe auf diese Entwicklung
reagiert und ein speziell auf die Zielgruppe der Älteren ausgerichtetes Tarifsegment
eingeführt. Der Zugang zum ÖPNV müsse für die älter werdende Bevölkerung
erleichtert werden, um bestehende Ängste abzubauen. Das sogenannte „Mobil 60
Ticket“ gelte im Verkehrsverbund Warnow für alle öffentlichen Verkehrsmittel. Dieses
Verbundticket finde große Resonanz. Festzustellen sei, dass der gezielte Abbau von
Hemmschwellen bei der Nutzung der Fahrzeuge gerade bei Älteren notwendig sei.
Dazu werde durch die Gesellschaft sehr erfolgreich ein Mobilitätstraining mit
Schwerpunkt Rollator- und Rollstuhlfahrer angeboten. Hierfür stünden eigene
Übungsparcours zur Verfügung [vgl. Anlage 7, S. 10]. Das Rufbus-System beinhalte
als Komponenten sowohl die Stichstreckenbedienung als auch Linienfahrten. Die
Information der Kunden erfolge über die Abbildung im Fahrplan, im Internet, über
Aushänge und Veröffentlichung in der regionalen Presse. Für die Linienverkehre
gebe es eine Anmeldefrist bis 16.00 Uhr des Vortages, für zusätzliche Haltestellen
bis 2 Stunden vor Abfahrt. Die Information des Fahrpersonals werde über das
rechnergestützte Betriebsleitsystem sichergestellt. In der Praxis werde dieses
Verfahren durch Kunden jedoch oft durchbrochen. Dem versuche man natürlich
Rechnung zu tragen. Gleichwohl bestehe die Gefahr, dass die notwendige
Informationskette dann nicht mehr greife [vgl. Anlage 7, S. 12]. Für die Bedienform
des Bürgerbusses gebe es Potenziale und damit Ersparnisse im Bereich
Infrastruktur- und Betriebskosten. Realisierungsbarrieren. Zum Beispiel fehlende
Anfahrtsstrukturen und Ansprechpartner in den Gemeinden verhinderten jedoch oft
den effizienten Einsatz. In den Orten fehle oft auch das Wissen um die spezifischen
rechtlichen Rahmenbedingungen. Darüber hinaus gestalte sich die Einordnung in
den bestehenden ÖPNV, speziell in die Angebotsplanung zur Vermeidung von
Parallelstrukturen, als schwierig.
Prof. Dr. Dr. Helmut G. Pratzel (Kreisseniorenbeirat Mecklenburgische Seenplatte)
stellt fest, dass der Ausgangspunkt für sein Engagement in seinem Amtsbereich die
Stärkung des sozialen Zusammenhalts Älterer sei. Dazu sei der Verein „Törpiner
_______________________________
23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
- 31/28 Forum“
mit
dem
Ziel
gegründet
worden,
innovative
Strategien
für
die
Daseinsvorsorge im ländlichen Raum gemeinsam mit den Betroffenen zu entwickeln.
Zwangsläufig sei man in diesem Zusammenhang auf das Thema Mobilität gestoßen.
Mit dem Bürgerbus des Vereins sei ein bedarfsgerechtes Transportmittel der Zukunft
in ländlich geprägten Regionen als eine private nicht öffentliche Fahrgemeinschaft
geschaffen worden. Der Bürgerbus diene als Bindeglied im Netz durch Anbindung an
den ÖPNV, an die Bahn und an den Schulbus. Darüber hinaus werde er für
regelmäßige Fahrten oder auf Bestellung eingesetzt [vgl. Anlage 8, S. 2]. Zahlreiche
Auslandsaufenthalte, besonders in Südeuropa, hätten ihm aufgezeigt, dass das
Problem der Mobilität in dünn besiedelten Regionen anderswo längst unbürokratisch
gelöst worden sei. Deutschland mit seinem Drang zu einer ausgeprägten
Gesetzgebung
tue
sich
damit
sehr
schwer.
Eine
Konkurrenz
zu
den
Taxiunternehmen gebe es nicht. Dies sei vorher miteinander besprochen und
abgestimmt worden. Natürlich sei der Bürgerbus in seiner Einführungsphase ein
Zuschussgeschäft. Aber mit der zunehmenden Akzeptanz sei die Kostenentwicklung
in kürzester Zeit konsolidiert und ins Gegenteil verkehrt worden. Im Jahr 2014 habe
man einen Überschuss von etwa 4.000 Euro erwirtschaftet [vgl. Anlage 8, S. 3]. In
diese Berechnungen seien die Personalkosten nicht einbezogen worden. Der Verein
habe drei Fahrer für den Bürgerbus eingestellt, anfangs mit Unterstützung der
Arbeitsagenturen
und
Jobcenter
durch
den
Einsatz
arbeitsmarktpolitischer
Instrumente wie „Kommunalkombi“ oder „Bürgerarbeit“. Neuerdings könne auch das
Instrument des Bundesfreiwilligendienstes in Anspruch genommen werden. Die
Förderung ermögliche es dem Verein, die Personalkosten bei gleichzeitiger hoher
Verfügbarkeit der Kraftfahrer sehr niedrig zu halten [vgl. Anlage 8, S. 4]. Ziel sei es,
in dieses Projekt weitere Orte des Amtes Demminer Land mit einzubeziehen. Mittels
einer Befragung der rund 3.800 Haushalte im Amtsbereich seien die Bedarfe ermittelt
worden. Gleichzeitig habe man eine Einschätzung der gegenwärtigen Situation in der
Region vorgenommen [vgl. Anlage 8, S. 5]. Das vorhandene Mobilitätsdefizit habe
Auswirkungen auf die Basisversorgung und gesellschaftliche Teilhabe, die
erheblichen
Beeinträchtigungen
ausgesetzt
seien
und
alle
Alters-
und
Interessengruppen beträfen. Unzureichende Verkehrsanbindungen würden als
Minderung
der
Attraktivitätsverlust
Lebensqualität
des
wahrgenommen
ländlichen
und
Lebensraumes
führten
sowie
zu
zu
einem
einem
Besiedlungsrückgang, verbunden mit der Gefahr einer zivilisatorischen Verödung des
_______________________________
23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
- 31/29 ländlichen Raumes [vgl. Anlage 8, S. 6]. In Auswertung der erfassten Daten seien
Lösungsansätze für die Modellregion Demminer Land entwickelt worden. Die
Mobilität der Bevölkerung sollte im Sinne eines erweiterten Personennahverkehrs
neben
den
kommunalen
und
gewerblichen
Trägern
um
die
Säule
des
bürgerschaftlichen Engagements ergänzt werden, ohne in Konkurrenz zu etablierten
Dienstleistern zu treten. Das Projekt müsse sich nach einer zeitlich begrenzten
Anlaufphase
finanziell
flächendeckende,
selbst
alle
tragen
Haushalte
[vgl.
Anlage
8,
erfassende
S.
7].
Erhebung
Durch
eine
sei
der
Personentransportbedarf von den Dörfern der Region in die Städte und umgekehrt
ermittelt worden. Von den zugestellten 3.850 Erhebungsbögen seien allerdings
lediglich 353 zurückgesandt worden [vgl. Anlage 8, S. 8ff]. Betrachte man die geringe
Rückläuferquote in Verbindung mit der Bedarfsanzeige von gerade einmal 164
Haushalten, so spiegelt dies nicht die durch die Einwohner gegenüber ihren
Mandatsträgern und den Medien geäußerte Unzufriedenheit mit den derzeitigen
Beförderungsangeboten wieder. Es bestehe ein Optimierungsbedarf, der sich über
die gesamte Fläche des Amtsbereiches erstrecke. Vor dem Hintergrund der zurzeit
erwarteten demografischen Entwicklung dürfe angenommen werden, dass sich der
Bedarf stetig erhöhen werde. Eine detaillierte Auswertung erfolge in Zusammenarbeit
mit Prof. Dr. Henning Bombeck von der Universität Rostock [vgl. Anlage 8, S. 14ff].
Bei unterschiedlich starken Bedarfszonen im Amtsbereich, so eine Schlussfolgerung,
könnten zusätzliche Fahrten des ÖPNV an bestimmten Wochentagen nach Demmin
und zurück einen Teil des Bedarfs wirtschaftlich tragfähig abdecken. Spontane
Mobilitätsbedarfe seien nur durch die Bürgergesellschaft in eigener Regie
abzudecken [vgl. Anlage 8, S. 17]. Zusammenfassend lasse sich feststellen, dass die
besonderen Bedingungen und Anforderungen an die Mobilität im ländlichen
Flächenland eine Flexibilisierung vorhandener Standards und Normen im ÖPNV
erforderten. Er vertritt die Auffassung, dass die vielfältigen Probleme auf dem Lande
oft
durch
Eigeninitiative
zu
lösen
seien,
wenn
bestehende
gesetzliche
Rahmenbedingungen dies nicht behinderten.
Vors. Jörg Heydorn merkt an, dass die Ausgestaltung der ländlichen Räume die
Enquete-Kommission noch intensiv beschäftigen werde. Die Räume mit besonderen
demografischen Herausforderungen habe man zwar definiert, die viel spannendere
Frage
sei
jedoch
deren
Ausgestaltung.
In
diesem
Zusammenhang
seien
_______________________________
23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
- 31/30 Regulierungsfragen und das Feld der Standardöffnung weiter zu erörtern. Kontrovers
werde immer wieder die Frage der Aufwandsentschädigung beim bürgerschaftlichen
Engagement beleuchtet. Hierzu bittet er um eine differenziertere Aussage.
Prof. Dr. Dr. Helmut G. Pratzel verweist auf den Umstand, dass viele, die sich
engagierten, durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen finanzielle Unterstützung
erhielten. Daneben gebe es die rein ehrenamtlich Tätigen. Neben dem Land sehe er
auch die Bürgermeister und die Ämterebene in der Verantwortung. Wie die
Förderung konkret zu gestalten sei, vermöge er zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch
nicht zu sagen.
Abg. Maika Friemann-Jennert sieht in der Akquise der Fahrer die entscheidende
Herausforderung. Davon hänge der Einsatz eines Bürgerbusses ganz wesentlich ab.
Sie fragt nach, wie die ständige Fahrbereitschaft auf Dauer aufrecht zu erhalten sei.
Abg. Karen Stramm geht nochmals auf die Frage zur Aufwandsentschädigung von
Jörg Heydorn ein und fragt nach, wie es dem Törpiner Forum gelinge, Bürger für das
Ehrenamt zu motivieren.
Hans Schommer (Bürgermeister, Gemeinde Hohenbollentin) führt aus, dass er als
Mitglied des Törpiner Forums für den Bürgerbus mit verantwortlich zeichne. Die
Fahrer seien tatsächlich ehrenamtlich im Sinne des Begriffes tätig. Entgelte würden
nicht gezahlt. Die Anerkennung erfolge auf anderem Wege. So könnten sie den
Bürgerbus für sich und ihre Familien kostenlos nutzen. Sollte es zu einer
Kooperationsvereinbarung mit dem örtlichen ÖPNV kommen, was angestrebt und
auch notwendig sei, so solle diese Form auf die Nutzung der Fahrzeuge des ÖPNV
ausgedehnt werden. Darüber werde einmal im Jahr eine gesellige Veranstaltung für
alle
Kraftfahrer
samt
Angehörige
durchgeführt.
Für
die
Betreibung
eines
Bürgerbusses benötige man, so die Erfahrungswerte, mindestens 20 ehrenamtlich
tätige Bürger. Die Bürgerbusse Ladelund und Fehmarn hätten auf diesem Gebiet
gute Erfahrungen gesammelt. Der plötzliche Ausfall eines eingesetzten Fahrers
könne durch eine organisierte Rufbereitschaft sofort kompensiert werden. Darüber
hinaus sei der ÖPNV bereit, im Notfall einen seiner Einsatzfahrer abzustellen.
_______________________________
23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
- 31/31 Bernd Rosenheinrich (Vorsitzender des Landesseniorenbeirates MecklenburgVorpommern e. V.) erkundigt sich nach der Wartungspflicht beim Bürgerbus.
Abg. Silke Gajek hinterfragt die Voraussetzungen für die zu bedienenden
Hauptachsen.
Stefan Lösel stellt fest, dass die Bestellung der Hauptachsen in der Hand des
Aufgabenträgers läge. Die Synchronisation dieser gewährleiste die abgestimmte
Bedienung von Schnittstellen, wie zum Beispiel der Mittelzentren. Das heißt, die
notwendigen Umstiegs- und Weiterfahrgelegenheiten seien selbstverständlich
gegeben. Die Anpassung an den SPNV erfolge ebenfalls nach diesem Prinzip. Dies
erfolge über die regelmäßig durchgeführten Fahrplankonferenzen. In Sachsen-Anhalt
sei zum Beispiel die Förderung von Buslinien mit landesweiter Bedeutung an die
Einhaltung solcher Standards gekoppelt. Die kreisbezogenen Hauptlinien in
Mecklenburg-Vorpommern solle man gar nicht landesweit denken. Es gebe keine
durchgehenden Busverbindungen im Land. Die Hauptachsen hätten daher die
vorrangige Aufgabe, die Umsteigemöglichkeiten zu koordinieren. Eine konkrete
Abstimmung der kreislichen Aufgabenträger des ÖPNV sehe er nicht.
Andreas Helms verweist auf den überregionalen Nahverkehrsplan für die Region
Westmecklenburg. Dieser berücksichtige notwendige Vernetzungen.
Hans
Schommer
merkt
an,
dass
zur
Frage
der
Kostenübernahme
der
Buswartungen eine Vereinbarung mit dem ÖPNV hilfreich sei. Der Aufgabenträger
müsse durch den Einsatz des Bürgerbusses einige Strecken nicht bedienen. Die
Einnahmen aus den Fahrten dieses Fahrzeuges würden jedoch dem ÖPNV zur
Verfügung gestellt. Im Gegenzug engagiere sich das Verkehrsunternehmen bei der
Wartung und Instandsetzung des Bürgerbusses. In den Trägervereinen von
Bürgerbussen sollten die Kommunen in angemessener Form vertreten sein.
Stefan Lösel hält es für möglich, dass auch die Verkehrsunternehmen Bürgerbusse
zur Verfügung stellten, da das immer noch die kostengünstigere Variante sei, als
selbst die Strecken zu bedienen. Das setze ein gutes Grundkonzept und eine hohe
Akzeptanz in der Bevölkerung voraus.
_______________________________
23. Januar 2015 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
Enquete-Kommission "Älter werden in MV"
Schloss Schwerin, 23.01.2015
Mobilität – Der Schlüssel zur Sicherung
der Daseinsvorsorge im Flächenland
Mecklenburg-Vorpommern am Beispiel
der Region Mecklenburgische Seenplatte
Amt für Raumordnung und Landesplanung
Mecklenburgische Seenplatte
nachgeordnete Behörde des Ministeriums für Energie, Infrastruktur
und Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommern
Christoph von Kaufmann, Amtsleiter
mailto: [email protected]
Situation Fahrgastinformation 2015
Regionaler Nahverkehrsplan
Mecklenburgische Seenplatte
dieser beinhaltet folgende Empfehlung:
Erarbeitung eines zentralen Bedienungsund Umsetzungskonzeptes für alternative
Bedienungsformen und Überführung dieses
Konzeptes in die Praxis - dabei Integration
bzw. Anpassung bereits vorhandener Lösungen
Regionaler Nahverkehrsplan
Mecklenburgische Seenplatte
Formen der
differenzierten
Bedienung
Alternative Bedienform in der Schweiz
Fahrgastinformation für morgen – 1 zentrale
Anlaufstelle
Machbare Vision: Mobilitätszentrale
Mecklenburgische Seenplatte / Vorpommern
 Mo.-So. 24 h besetzt (zumindest von 06:00 bis 22:00 h)
 funktioniert wie ein „Call Center“
 Verkehrspartner werden per Software automatisiert über
Fahrtenanmeldungen informiert
 Alle Fahrzeuge sind mit Druckertechnik zum Empfang der
Fahrtenanmeldungen sowie zur Auswertung und Meldung
der Fahrgastzahlen, Last- und Leerkilometer etc. an die
zentrale Software ausgestattet
 Einfache und schnelle Auswertungen und Abrechnungen
gegenüber Landesbehörden oder gegenüber den
Verkehrspartnern durch die zentrale Software
Mögliches Vorbild:
NVV-Mobilfalt – Ein Projekt aus Nordhessen
Die NVV-Mobilfalt. Mobilität für alle – heute und morgen
• Mit einem vollkommen neuen Angebot, der NVVMobilfalt, wollen wir gemeinsam mit unseren Partnern
die Versorgung durch den öffentlichen
Personennahverkehr in den ländlichen Regionen
Nordhessens auch in Zukunft sicherstellen. Die NVVMobilfalt ist ein flexibles, verlässliches und
bezahlbares Angebot, das alle Verkehrsträger
sinnvoll miteinander vernetzt. Entscheidend für den
Erfolg von Mobilfalt ist aber die Beteiligung der
Menschen. Nur wenn viele mitmachen, kann sich
Mobilfalt als nachhaltige Lösung für die mobilen
Herausforderungen im ländlichen Raum durchsetzen.
Wer hat keine Fragen?
Kontakt
Amt für Raumordnung und Landesplanung
Mecklenburgische Seenplatte
Christoph von Kaufmann, Amtsleiter
Helmut-Just-Straße 2 - 4
17036 Neubrandenburg
Tel.: 0395 / 777 551-100
Fax: 0395 / 777 551-101
Internet: www.afrl.mv-regierung.de und www.region-seenplatte.de
E-Mail: [email protected]
Mobilitätsaspekte in MV
rebus Regionalbus Rostock GmbH
Neuordnung ÖPNV im LK Rostock
2
-
rebus Regionalbus Rostock GmbH
am 25.07.2013 durch Verschmelzung der VU
Küstenbus GmbH
Omnibusverkehrsgesellschaft Güstrow mbH
Regionalverkehr Küste GmbH
Hameister Personenverkehr GmbH
neu gegründet
Gemeinsam mobil.
23.01.2015
rebus heute
3









255 Beschäftigte
190 Fahrerinnen und Fahrer
140 Omnibusse
davon ca. 40 % Niederflur
täglich 11.000 Fahrschüler im Auftrag des LK
60 Schulen
86 Linien
7,5 Mio Fahrplankilometer
7,9 Mio Fahrgäste jährlich
Gemeinsam mobil.
23.01.2015
Quelle-Ziel-Beziehungen
4
Graal Müritz
Kühlungsborn
Bad Doberan
Rostock
Gnoien
Laage
Bützow
Güstrow
Teterow
Krakow am See
Gemeinsam mobil.
23.01.2015
Fahrtzwecke
5




Arbeit, Beruf
Einkauf, Arzt, Erledigung
Freizeit, Urlaub
Schule, Ausbildung
Gemeinsam mobil.
16 %
18 %
14 %
53 %
23.01.2015
Einwohnerentwicklung
6
Einwohner
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St
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-6,5%
Am
-8,0%
-1,1%
et
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-4,0%
Am
Am
-2,0%
tB
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-8,0%
-10,0%
-10,1%
-12,0%
-12,6%
-14,0%
-16,0%
-15,6%
-12,8%
-15,9%
-18,0%
Einwohnerentwicklung je Amt und amtsfreie Gemeinden (2006-2015)
Quelle: Bevölkerungsentwicklung bis 2020 StaLA M-V
Gemeinsam mobil.
23.01.2015
Entwicklung Altersgruppe Schüler
7
Schüler
St
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-3,0%
tM
ec
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-5,0%
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-20,0%
-14,0%
Am
-15,0%
-18,0%
-25,0%
-25,0%
-28,0%
-30,0%
-27,0%
-30,0%
-32,0%
-35,0%
Entwicklung Altersgruppe Schüler (2006-2015)
Quelle: Bevölkerungsentwicklung bis 2020 StaLA M-V
Gemeinsam mobil.
23.01.2015
Entwicklung Altersgruppe Senioren
8
Senioren
35,0%
32,0%
30,0%
25,0%
20,0%
20,0%
19,0%
17,0%
16,0%
13,0%
15,0%
10,0%
13,0%
6,0%
5,0%
et
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tG
no
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Am
Am
tB
üt
zo
w
0,0%
Entwicklung Altersgruppe Senioren (2006-2015)
Quelle: Bevölkerungsentwicklung bis 2020 StaLA M-V
Gemeinsam mobil.
23.01.2015
9
ABO – Monatskarte, gültig für Bahn, Bus , Fähre und Straßenbahn im Gesamtnetz des VVW
Mobil60-Tiket
mtl. 40,90 € (42,50 € ab 01.02.15)
Mobil60-Tiket + Bike mtl. 45,90 € (47,50 € ab 01.02.15)
(Mitnahme wahlweise Fahrrad oder Hund ganztägig)
Gemeinsam mobil.
23.01.2015
10
Mobilitätstraining
für Rollator- und Rollstuhlfahrer
Gezielter Abbau von Hemmschwellen bei der
Nutzung unserer Fahrzeuge
-
Sicheres Ein- und Aussteigen
Tipps und Tricks für eine sichere Fahrt mit
dem Bus und an der Haltestelle
Übungsparcour mit Situationen aus dem
Alltag
Hinweise zur Verkehrssicherheit
Sicherheitscheck des Rollators
„Probefahrt“ mit einem Rollator
Gemeinsam mobil.
23.01.2015
Rufbus-System (ALF) - Theorie
11

vordergründig Stichstreckenbedienung, aber auch komplette
Linienfahrten

Information der Kunden über Abbildung im Fahrplan,
Aushänge und regionale Presse (z. B. „Landkurier“)

Anmeldung bis 16.00 Uhr des Vortages für Linien und bis
2 Std. vor Abfahrt für zusätzliche Haltestellen (Stiche)

Information des Fahrpersonals über RBL
Gemeinsam mobil.
23.01.2015
Rufbus-System (ALF) - Praxis
12

Kunden bestellen z. T. bis 60 Minuten vor Abfahrt

Zeiträume für Fahrerinformation inkl. Rückbestätigung über
Betriebsleitsysteme oftmals zu klein

Fahrpersonal ist als Konsequenz verpflichtet, sich ca. 30
Minuten vor Abfahrt in der Einsatzleitung zu melden

inzwischen regelmäßiger Abruf der Leistungen, z. T. aber nur
ein bis zwei Fahrgäste
Gemeinsam mobil.
23.01.2015
Bürgerbus
13



Potenziale im Bediengebiet rebus vorhanden
Ersparnisse im Bereich Infrastruktur- und Betriebskosten
möglich
Realisierungsbarrieren:
- bisher fehlende Anfangsstrukturen in den Gemeinden
- Transparenz der rechtlichen Rahmenbedingungen
(z.Bsp. Genehmigungen, Betriebspflichten)
- Einordnung in den bestehenden ÖPNV
(Angebotsplanung, Kommunikation, Kontrolle)
Gemeinsam mobil.
23.01.2015
Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit
14
Gemeinsam mobil.
Hessisches Ministerium für Wirtschaft,
Energie, Verkehr und Landesentwicklung
Enquete-Kommission Demographischer Wandel,
Schwerin
Handlungsoptionen zur Mobilitätssicherung im
ländlichen Raum – Beispiele aus Hessen
Dr. Bernd Schuster
23.01.2015
Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung
Gliederung
 Grundlagenexpertise:
Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern
 Ausgangslage in Hessen
 ÖPNV-Projekte im ländlichen Raum
 Mobilfalt
 Task Force Mobilität im ländlichen Raum
 Blick in die Zukunft
23.01.2015
2
Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung
Grundlagenexpertise:
Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern
 Sehr umfassende, detaillierte Analyse mit wichtigen und
verwertbaren Erkenntnissen
 Handlungsfelder
 Vielschichtig und den regionalen Anforderungen angepasst
 Nicht detailliert und umsetzungsreif
 Umsetzungsstrategien und Organisationsstrukturen müssen
noch geschaffen werden
23.01.2015
3
Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung
23.01.2015
Strukturräume
Bevölkerungsentwicklung
4
Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung
Mobilität im ländlichen Raum - Einflussfaktoren
 Abwanderung, insbesondere der jüngeren Generation
 Bevölkerungsrückgang
 Überalterung
 Konzentration von Arbeit und Versorgung in den Zentren
 Flexibilisierung der Arbeitszeiten
 Zunehmende Individualisierung und Flexibilisierung
 Virtualisierung der Mobilität (z.B. durch neue Dienste)
23.01.2015
5
Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung
Mobilität im ländlichen Raum - Folgen




Allgemein:
Steigende Pendlerdistanzen
Zunehmende Abhängigkeit vom motorisierten Verkehr
Abbau der kleinräumigen Versorgungsstrukturen
 Für den ÖPNV:
 Ausdünnung des öffentlichen Verkehrs
 Klassischer Linienverkehr ist nur noch auf Verkehrsachsen
zwischen zentralen Orten und im Schülerverkehr möglich
 Innovative und flexible Angebotsformen gewinnen in Zukunft an
Bedeutung
23.01.2015
6
Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung
Mobilität im ländlichen Raum –
Reaktionen der Politik
 Förderung einer nachhaltigen Mobilität im ländlichen Raum.
Beachtung sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Aspekte
 Land als Koordinator: gemeinsame fachliche (innovativ,
integriert, intermodal), organisatorische und finanzielle
Anstrengungen von Mobilitätsanbietern, Landkreisen,
Gemeinden, Land und Wirtschaft.
 Umsetzung am Beispiel des Landes Hessen:
 Förderung von neuen, innovativen Projekten im ländlichen Raum
 Gründung der Task Force „Mobilität im ländlichen Raum“ zur
Koordination der Einzelprojekte und Ausrollen auf ganz Hessen
23.01.2015
7
Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung
Organisation des
ÖPNV in Hessen
Drei Verkehrsverbünde
(NVV, RMV, VRN) und
Lokale Nahverkehrsorganisationen
(LNO) auf Kreis- und Stadtebene
23.01.2015
8
Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung
Beispiele
für neue Projekte des ÖPNV
im ländlichen Raum
23.01.2015
9
Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung
Beispiel „Mobilfalt“: Auslöser Demographiestudie
2011
23.01.2015
10
Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung
Beispiel „Mobilfalt“: Neues Konzept
„Verschmelzung ÖV – IV“

Verknüpfung des Individualverkehrs im
Rahmen des Fahrplans mit allen ÖPNVAngebotsformen (AST, Bürgerbus, Bus,
Tram, Zug)

Taxiunternehmen oder private Autofahrer
bieten ihre Fahrten im NVV-Tarifsystem
gegen feste Kostenerstattung an

Volle Fahrplanintegration

Volle Tarifintegration

Volle Nutzung aller Informationsmedien
(Homepage, Hotline, Print….)
23.01.2015
11
Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung
Beispiel „Mobilfalt“: Evaluation 2014
 Mobilfalt funktioniert grundsätzlich – trotz vieler neuer Bausteine
 Neue Systeme – insbesondere, wenn die Nutzung mit Verhaltens/ Bewusstseinsänderungen einhergeht – benötigen Zeit
 Erfolgsfaktoren:
 privates Engagement (Fahrer, Starthelfer, Anlaufstellen, …)
 Unterschiedlichste Vertriebsarten (Print, Telefon, stationäres und
mobiles Internet, Mund-zu-Mund) und Vertriebswege (Schulen,
Altersheime, Geschäfte, Behörden, Ärzte, ….), wenn alle
Bevölkerungsgruppen angesprochen werden sollen
 einen einfachen Zugang, selbsterklärend
23.01.2015
12
Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung
Task Force: Mobilität im ländlichen Raum
 Aufgabe der Task Force:
 Projektsteuerung durch fachliche, juristische, finanzielle
Unterstützung und Marketing sowie Koordinierung mit den Zielen:
 Alles nur einmal zu fördern
 Alles muss übertragbar sein
 Alles steht allen zu
 Alles muss gerecht sein; Gleichbehandlung Ballungsraum - Region
 Zusammensetzung der Task Force:
 Mobilitätsbeauftragter des HMWEVL (Leitung)
 Land Hessen, Verbund, LNO..
 Universität (Evaluation)
23.01.2015
13
Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung
Task Force: Mobilität im ländlichen Raum
 Finanzielle Unterstützung durch das Land Hessen seit 2011
mit ca. 1,2 Mio. € (Nachhaltigkeitsstrategie, Regionalisierungsmittel)
 Weiteres Vorgehen – Blick in die Zukunft:
 Ausrollen der Projekte im Land Hessen durch gezielte
Informationsveranstaltungen zu den Konzepten (Betrieb und Software),
der Finanzierung, der rechtlichen Situation, u.s.w.
 z.B. Task Force stellt die Projekte dem Landkreistag vor (Winter 2015)
 z.B. Einbringen der Projektergebnisse in das BMVI-Vorhaben: „Planung
und Bewertung von ÖPNV-Angebotsstrategien im ländlichen Raum“
23.01.2015
14
Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!
Dr. Bernd Schuster
Referat Mobilität, Logistik, Binnenschifffahrt
Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie
Verkehr und Landesentwicklung
Kaiser-Friedrich-Ring 75
65185 Wiesbaden
Tel.: +49 (611) 815 2374
E-Mail: [email protected]
www.wirtschaft.hessen.de
23.01.2015
15
Die Notwendigkeit einer Finanz- und
Organisationsreform des ÖPNV in MecklenburgVorpommern im Lichte der demografischen
Entwicklung
Vorschläge zur Novellierung des ÖPNV-Gesetzes des Landes
Mecklenburg-Vorpommern (ÖPNVG M-V)
Rechtsanwalt Dr. Hubertus Baumeister
31. Sitzung der Enquete-Kommission „Älter
werden in Mecklenburg-Vorpommern“ –
Anhörung zum Themenfeld „Mobilität im Alter“
Schwerin, den 23. Januar 2015
1
Rechtsanwälte
Die Finanzierung des ÖPNV in MecklenburgVorpommern
1 von 4
Die Schlaglichter:
> Etwa 70 Mio. € Landeszuschüsse pro Jahr für den
straßengebundenen ÖPNV (Stand 2013), verteilt auf
12 Finanzierungsregelungen in 4 Ressorts
> Gesetzliche Verantwortung für die Organisation des
straßengebundenen ÖPNV bei den 6 Landkreisen
und 2 kreisfreien Städten (Aufgabenträger)
> Zusätzliche Mittel durch die Kommunen
> ÖPNV-Finanzierungsvolumen für etwa 1,6 Mio.
Einwohner (ohne Infrastruktur- und SPNV-Mittel)
2
Rechtsanwälte
Die Finanzierung des ÖPNV in MecklenburgVorpommern
2 von 4
„Spaghetti-Finanzierung“ im Bus-ÖPNV, u.a.
> § 17 FAG (Schülerbeförderung)
18,0 Mio. €
> § 18 FAG (ÖPNV-Ausgleich)
11,0 Mio. €
> AusgleichVO für Ausbildungsverkehre
23,8 Mio. €
> Investitionsrichtlinie ÖPNV
3,5 Mio. €
> Richtlinie zur Anschaffung von Bussen
4,5 Mio. €
> Richtlinie Zuschuss Straßenbahnen
8,5 Mio. €
> Richtlinie Förderung Verkehrskooperationen
2,1 Mio. €
> Förderung IC-Kooperation
1,2 Mio. €
> Schienenersatzmittel nach ÖPNVG M-V
3,4 Mio. €
> FörderRL Europ. Fond Regionalentwicklung
Zuständigkeit verteilt auf 4 Ressorts!
3
Unbekannt
Rechtsanwälte
Die Finanzierung des ÖPNV in MecklenburgVorpommern
3 von 4
Effekte der „Spaghetti-Finanzierung“ im Bus/StraB-ÖPNV
> Die Aufgabenträger (zugleich zuständigen Behörden gem. VO
1370/2007) können aufgrund der Fülle von Vorgaben der
Finanzierungsregelungen des Landes ihre Aufgaben der
Organisation des straßengebunden ÖPNV nicht optimal für die
Menschen des Landes Mecklenburg-Vorpommern erfüllen
> Die Fülle der Finanzierungsregelungen führen zu einem
erheblichen Verwaltungsaufwand auf Landes- und
Kommunalebene
> Die Finanzierungsregelungen des Landes führen teilweise zu
einer Unvereinbarkeit mit dem Europäischen Beihilfenrecht
(insbesondere der VO 1370/2007)
4
Rechtsanwälte
Die Finanzierung des ÖPNV in MecklenburgVorpommern
4 von 4
Effekte der „Spaghetti-Finanzierung“ im Bus-ÖPNV, u.a.
> Es fehlt an einem Landeskonzept zur integrierten Bestellung von
SPNV- und ÖPNV-Leistungen in Zusammenarbeit mit den
Aufgabenträgern (SPNV-Finanzierungsvolumen derzeit
230 Mio. €), Beispiel „Südbahn“
> Es fehlt an einem integrierten Landeskonzept im Bereich
Gesundheitsversorgung und ÖPNV in Zusammenarbeit mit den
Aufgabenträgern
Fazit: Die derzeitigen Finanzierungs- und Organisationsstrukturen auf Landesebene verhindern eine nachhaltige
ÖPNV-Mobilität in Mecklenburg-Vorpommern.
Angesichts der dramatischen demografischen Entwicklung in
diesem Land besteht dringender Reformbedarf.
5
Rechtsanwälte
Vorschläge für eine Reform des ÖPNVG M-V
1 von 4
1
Pooling und Fixierung aller ÖPNV-Mittel im ÖPNVG M-V
(u.a. größere Planungssicherheit und Mitteleffizienz)
2
Normierung eines Verteilungsschlüssels für die
Aufgabenträger (Fläche, Bevölkerung, Leistung etc.)
3
Umstellung der Landesfinanzierung auf anteilige gesetzliche
Zuweisung an die Aufgabenträger (vereinfachter Verwendungsnachweis gegenüber dem Zuwendungsrecht und effektive
Selbstverwaltung)
Erfolgreiche Beispiele in Brandenburg und Sachsen-Anhalt
6
Rechtsanwälte
Vorschläge für eine Reform des ÖPNVG M-V
2 von 4
7
4
Umfassende Förderung der flexiblen Bedienformen
(Umbau der Busflotte, Dispositionszentrale,
Marketingprogramme etc.)
5
Im Verteilungsschlüssel z.B. Bewertung der Angebots-km der
Bedarfsverkehre im Verteilungsschlüssel als 100 % (obwohl
i.d.R. nur 20 % abgefordert werden) als hoch effektiven Anreiz
6
Bindung des Verteilungsschlüssel an erfolgreicher finanzieller
Erschließung von Sonderschulfahrten, Sozialdiensten, SGB-VFahrten etc. durch %-Eigenanteil der Aufgabenträger)
7
Landeskonzept zur Barrierefreiheit i.V.m. den flexiblen
Bedienformen zur Herstellung der „vollständigen
Barrierefreiheit bis zum 01.01.2022“ gem. § 8 Abs. 3 Satz 3
PBefG (u.a. Förderung von behindertengerechten Kleinbussen)
Rechtsanwälte
Vorschläge für eine Reform des ÖPNVG M-V
3 von 4
8
8
Schaffung einer verankerten Plattform zur Kooperation der
ÖPNV/SPNV-Aufgabenträger (z.B. im Modell dreier
Nahverkehrsräume in Zusammenarbeit mit der VMV GmbH im
Gegenstromprinzip), mit u.a. folgenden Aufgaben:
1
Abstimmung zur Integration der ÖPNV/SPNVLinienverkehre
2
Ggf. Schaffung eines Busnetzes mit landesweiter
Bedeutung (als bezahlbare Alternative zum SPNV)
3
Förderung von flexiblen Bedienformen (Abstimmung von
Linien- und Bedarfsverkehren)
4
Errichtung einer Dispositionszentrale (ggf.
kostengünstigen Anschluss an insa [NASA] prüfen)
Rechtsanwälte
Vorschläge für eine Reform des ÖPNVG M-V
4 von 4
8
9
Schaffung einer gesetzlich verankerten Plattform zur Kooperation der ÖPNV/SPNV-Aufgabenträger (z.B. im Modell
dreier Nahverkehrsräume in Zusammenarbeit mit der VMV
GmbH im Gegenstromprinzip), mit u.a. folgenden Aufgaben:
5
Förderung der Tarifvereinheitlichung
6
Förderung der medizinische Versorgung durch den
ÖPNV in Zusammenarbeit mit den Akteuren aus der
Gesundheitsversorgung (Budgetzusammenlegung!)
7
Förderung eines Bürgerbus-Systems mit einer
einheitlichen Benutzeroberfläche für die Fahrgäste (mit
Fahrzeugförderung des Landes)
Rechtsanwälte
Unterstützt
durch die
Universität
Rostock
Initiiert
durch das
Törpiner
Forum e.V.
Gefördert durch das Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung MV
1
Der Bürgerbus des Törpiner Forums
das bedarfsgerechte Transportmittel der Zukunft im ländlichen Raum
als eine private nicht öffentliche Fahrgemeinschaft
Bindeglied im Netz durch Anbindung
an den ÖPNV
an die Bahn
an den Schulbus
Regelmäßige Fahrten
Zum Vereinstreffen
Zu Kulturveranstaltungen
Zu Einkaufsfahrten
zum Arbeitsplatz
Ein 4-jähriges Erfolgsprojekt
Besondere Vorteile
Fährt möglichst voll besetzt
Hält nach Wunsch
Fährt nach Hause
Auf Bestellung
zum Arzt (ausgen. KrKassen-vergütete Fahrten)
zur Nachbarschaftshilfe
zu Abendveranstaltungen
Fahrer hilft beim Tragen
Bietet Sicherheit für
Senioren
€
13.400 km/a
19.400 km/a
Etwa 200 h/a zu 8,50€ = 1.700€/a
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Situation im Demminer Land
- Die Mehrzahl der Dörfer und Splittersiedlungen im Demminer Umland
werden außerhalb des Schülertransfers vom ÖPNV nicht angefahren.
- Einkaufsmöglichkeiten gibt es in einzelnen Dörfern, aber zu diesen
führt der ÖPNV nicht oder nur zu ungünstigen Zeiten.
- Obgleich etwa 50% der Haushalte über einen Pkw verfügen, steht
dieser für immobile Familienmitglieder zumeist nicht zur Verfügung,
weil er für die Fahrt zum Arbeitsplatz genutzt wird.
- Die Grundversorgung lebensälterer Einwohner - insbesondere mit
Lebensmitteln - kann derzeit nur durch das Angebot fahrender
Händler abgedeckt werden. Für immobile Einwohner von
Splittersiedlungen ist deren Angebot jedoch meist nicht erreichbar.
- Die zuvor geschilderten Unzulänglichkeiten verschärfen sich während
der Schulferien, da der ÖPNV dann nur noch eingeschränkt befördert.
Dies trifft dann auch Auszubildende und Berufstätige.
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Auswirkungen des Mobilitätsdefizites
- Basisversorgung und gesellschaftliche Teilhabe vieler der etwa 7.800
Einwohner des Umlandes von Demmin sind erheblich beeinträchtigt.
- Die unzureichenden Verkehrsanbindungen treffen alle Alters- und
Interessengruppen; die Stadt-Umland-Verbindungen sind gestört.
- Mobilitätsangebote des schienengebundenen Nah- und Fernverkehrs
sind in Folge unzureichender Anbindung nicht zu nutzen.
- Die als Minderung der Lebensqualität wahrgenommenen
Mobilitätsdefizite führen zu einem Attraktivitätsverlust des ländlichen
Lebensraumes sowie zu einem Besiedlungsrückgang - verbunden mit
der Gefahr einer zivilisatorischen Verödung des ländlichen Raumes.
- Die Chance, den „großstadtmüden“ Menschen der bundesdeutschen
Ballungsgebiete in unserem Land eine Heimstatt zum geruhsamen
Altwerden zu geben, wird vertan. Einschließlich aller damit
verbundener Synergieeffekte für Institutionen und Dienstleister.
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Lösungsansatz für die Modellregion Demminer Land
- Die Mobilität der Bevölkerung soll im Sinne eines „erweiterten“
Personennahverkehrs neben den kommunalen und gewerblichen
Trägern auf eine weitere Säule, nämlich das „bürgerschaftliche
Engagement“, gestellt werden.
- Das Projekt darf dabei weder zu einer Konkurrenz etablierter
Dienstleister werden, noch soll es im laufenden Betrieb auf
Zuschüsse angewiesen sein – es muss sich durch eingenommene
Leistungsentgelte und ehrenamtliches, bürgerschaftliches
Engagement selbst tragen.
- Der Trägerverein soll durch satzungsgemäße Verpflichtung
kontinuierlich zu prüfen haben, in wie weit die eigenen Aktivitäten mit
Wohlfahrtsverbänden und regionalen gewerblichen Anbietern im
Sinne eines gegenseitigen Zugewinnes an Leistung, Effizienz und
Ökonomie miteinander verwoben bzw. koordiniert werden können.
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Evaluierungsphase des Projekts
Durch eine flächendeckende, alle Haushalte erfassende
Erhebung wurde der Personentransportbedarf von den
Dörfern der Modellregion „Demminer Land“ in die Städte
und umgekehrt ermittelt.
Die gewonnenen Erkenntnisse sind geeignet,
Möglichkeiten zur Vernetzung mit dem ÖPNV sowie zum
koordinierten Anbieten von Mitfahrgelegenheiten zu
bewerten.
Die grundsätzliche Bereitschaft der Bürger zur aktiven
Beteiligung am Projekt konnte erfragt werden.
11
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Die Bedarfserhebung
über einen Fragebogen
an 3800 Haushalte
im Amtsbereich
Demmin Land
15
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Nun müssen wir noch erfahren, welches Fahrtziel von wie vielen Personen wann, wie
oft und für wie lange aufgesucht werden soll. Hier die Angaben zum Beispiel:
Zum Ziel mit der Nummer
möchten so viele Personen
1...
...2...
...
2...
...2...
...
3...
...1...
...
..........
..........
..........
..........

..........

werktags
am Wochenende
X

X
..........


X




vormittags
X





nachmittags

X




terminabhängig


X



mehrmals die Woche






einmal die Woche
X





gelegentlich
und nach Hause fahren
nach etwa so vielen
Stunden

X
X



..........
..........
..........
...
2...
...
4...
...
3...
20
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Erhebungsgebiet:
Alle Haushalte der 16 Gemeinden
des Amtes Demmin-Land und
der ST der Hansestadt Demmin:
Lindenfelde, Drönnewitz,
Wotenick, Seedorf,
Woldeforst, Randow,
Waldberg, Karlshof.
Zugestellte
Erhebungsbögen 3850 (100%)
Rückläufer
353 (9%)
davon auswertbar 321 (8%)
21
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Alle Haushalte 3850 (100%)
Rückläufer
mit Fehlanzeige
157 (4%)
mit Bedarfsanzeige 164 (4%)
22
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Ergebnis
Bei durchschnittlich 2 Personen pro Haushalt
bekunden somit etwa 328 Personen
bei 7700 Personen im Einzugsgebiet (also 4%)
ein Interesse am ÖPNV respektive am Bürgerbus
23
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Folgerung
Betrachtet man die geringe Rückläuferquote in Verbindung
mit der Bedarfsanzeige von gerade einmal 164 Haushalten,
so spiegelt dies nicht die durch die Einwohner gegenüber
ihren Mandatsträger und den Medien geäußerte
Unzufriedenheit mit den derzeitigen
Beförderungsangeboten wider.
24
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Folgerung
Dennoch wird deutlich, dass ein Optimierungsbedarf besteht,
welcher sich über die gesamte Fläche des Amtsbereiches
erstreckt.
Vor dem Hintergrund der zur Zeit erwarteten
demografischen Entwicklung darf angenommen werden,
dass sich der Bedarf auf der Zeitachse stetig erhöhen wird.
.
25
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Folgerung
Unabhängig von der zukünftigen Entwicklung bedürfen
natürlich auch die geschätzten etwa 328 Personen einer
zeitnahen Verbesserung ihrer Mobilität.
Ansonsten droht mittelfristig eine zivilisatorische
Verödung des ländlichen Raumes.
26
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Handlungsempfehlungen
1. Bei unterschiedlich starke Bedarfszonen im
Demminer Land könnten zusätzliche Fahrten des
ÖPNV an bestimmten Wochentagen nach
Demmin und zurück einen Teil des Bedarfs
wirtschaftlich tragfähig abdecken.
2. Spontane Mobilitätsbedarfe sind nur durch die
Bürgergesellschaft in eigener Regie selbst zu
lösen.
27
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durch die
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Schlussfolgerung
Die besonderen Bedingungen und Anforderungen
an die Mobilität im ländlichen Flächenland erfordern
1. Eine Flexibilisierung vorhandener Standards
und Normen im ÖPNV.
2. Die Förderung der Mobilitätsgestaltung
durch eine aktive Bürgergesellschaft
nach eigenen Bedürfnissen.
28
Probleme die uns
auf dem Lande belasten
Können wir selbst lösen, wenn die
gesetzlichen Rahmenbedingungen
uns nicht behindern würden.
1
Nahverkehr 2016
Grevesmühlener Busbetriebe GmbH
Wismarsche Straße 155
23936 Grevesmühlen
2
Inhalt
1. Ausgangssituation
2. Wo klemmt es?
3. Erste Lösungsansätze
4. Nahverkehrsplan 2016
5. Erwartungen
6. Unterstützung durch Landespolitik
3
1. Ausgangssituation
1.1. Eingeschränktes Fahrplanangebot
Fahrtenhäufigkeit Montag bis Freitag Schulzeit:
4
1. Ausgangssituation
1.2. Eingeschränktes Fahrplanangebot
Fahrtenhäufigkeit Montag bis Freitag Ferienzeit:
5
1. Ausgangssituation
1.3. Eingeschränktes Fahrplanangebot
Fahrtenhäufigkeit Sonnabend, Sonntag, Feiertag:
6
2. Wo klemmt es?
2.1. Konzentration auf die Schülerbeförderung
Landkreis stellt Schülerbeförderung sicher, darüber hinaus bislang kaum
Vorgaben als Aufgabenträger ÖPNV
Nur 55 % der Tage eines Jahres sind Schultage. An den schulfreien Tagen,
also an fast der Hälfte der Tage eines Jahres, ist das ohnehin
eingeschränkte Fahrplanangebot zusätzlich stark ausgedünnt.
7
2. Wo klemmt es?
2.2. Unternehmensstruktur
Unternehmensstrukturen, die teilweise noch aus den Altkreisen von vor
1994 stammen, erschweren ein abgestimmtes Verkehrsangebot (im Bild
Stand 2009).
8
2. Wo klemmt es?
2.3. Unübersichtliche Finanzierung
§ 18 FAG ÖPNV
§ 17 FAG Schülerbeförderung
SonstÖPNVVLRL i.V.m § 8 III ÖPNVG
§ 113 V SchulG Konnexität Schulgesetznovelle
BusRL i.V.m § 8 VI ÖPNVG
InvRL i.V.m § 8 VI ÖPNVG
AltBedFRL i.V.m § 8 VI ÖPNVG
AusglVO i.V.m § 45a PBefG
§ 148 SGB IX
9
2. Wo klemmt es?
2.4. Falsche Optimierungsanreize für die Verkehrsunternehmen
Nachfrage
Fahrgastpotential n/a
€/n
Angebot
km/a
Umsatz
€/a
Kosten
10
3.
Anspruch an ÖPNV
§ 2 ÖPNVG M-V
Der ÖPNV soll eine bedarfsgerechte Versorgung in allen Teilen des
Landes, auch in den dünn besiedelten Räumen, gewährleisten und …
als vollwertige Alternative zum motorisierten Individualverkehr
ausgebaut werden.
Eine bedarfsgerechte Anbindung der Wohngebiete ist anzustreben:
 an Arbeitsstätten
 an Schulen
 an öffentliche, soziale und kulturelle Einrichtungen
 an Erholungsgebiete
11
4. Erste bereits realisierte Lösungsansätze
4.1. Anrufbus Grevesmühlen (seit 14. Dezember 2009)
12
4. Erste bereits realisierte Lösungsansätze
4.1. Anrufbus Grevesmühlen
Zurzeit erzielt der Anrufbus ein Aufkommen von durchschnittlich ca. 42
Fahrgästen am Tag, wobei das Aufkommen witterungsbedingt deutlich
schwankt.
13
4. Erste bereits realisierte Lösungsansätze
4.2. Touristisches Mobilitätsangebot Boltenhagen
Seit 21. Mai 2009 fahren Hotelgäste der Weißen Wiek kostenlos in allen
Bussen des ÖPNV innerhalb der Gemeinde Boltenhagen. Seit dem 1. Juli
2009 werden auch die sonstigen Kurgäste gegen Vorlage der Kurkarte
innerhalb Boltenhagens zu vergünstigten Konditionen befördert.
14
4. Erste bereits realisierte Lösungsansätze
4.3. INMOD-Projekt
15
4. Erste bereits realisierte Lösungsansätze
4.4. Hand aufs Herz
Studie Mobilität in Deutschland ermittelt durchschnittliche Werte von 5 %
Anteil ÖV für ländliche Kreise.
Der Regionalbusverkehr in Nordwestmecklenburg erreicht heute einen
Anteil von nur 2,8 % am Modal Split.
16
5. Nahverkehrsplan 2016
5.1. Novelle des PBefG zur Umsetzung der EU VO 1370/2007
 Landkreis als Aufgabenträger
kann nunmehr ausschließliche
Rechte gewähren, bisher nur
die Genehmigungsbehörde
(Landesamt) Hierzu kann ein
öDA erteilt werden.
 Der Nahverkehrsplan ist das
wesentliche politische
Instrument, mit dem die
Vorgaben des öDA bestimmt
werden und die Finanzierung
des ÖPNV geregelt und
gesichert wird.
17
5. Nahverkehrsplan 2016
5.2. Beachtung wichtiger Nutzergruppen (Pendler, Freizeit,
Eigenversorgung, Touristen)
Pendler:
Lübeck
Schwerin
LuP
Hamburg
Bad Doberan
Rostock
Lauenburg
10.800
10.600
3.400
2.500
2.500
2.000
2.000
18
5. Nahverkehrsplan 2016
5.3. Digitales Verkehrsmodell
umfangreiche Datenerhebungen von Strukturdaten:
 Einwohnerverteilung
 Wohnorte Schüler und Schulstandorte
 Pendlerströme
 Arbeitsplätze
 Versorgungseinrichtungen
 Gastgewerbestandorte
 Straßennetz, Fahrzeugaufkommen
 Haltestellen
 ÖPNV- und SPNV-Linien und Fahrpläne
19
5. Nahverkehrsplan 2016
5.4. Stärken stärken
Neue Fahrpläne – Konzentration auf Potentiale
20
5. Nahverkehrsplan 2016
5.5. Neues Verkehrskonzept
Konsequente Netzhierarchisierung mit folgenden Bestandteilen:
 angebotsorientiertes Taktnetz
einschließlich
Stadtverkehr Wismar
 nachfrageorientiertes
Ergänzungsnetz
einschließlich
Alternativer
Bedienformen
21
5. Nahverkehrsplan 2016
5.6. Neues Verkehrskonzept
Bedienungsstandard Taktnetz
Takt:
Montag bis Freitag: 2-h-Takt, wobei nachfrageorientiert eine Taktverdichtung in
der Hauptverkehrszeit zu einem 1-h-Takt erfolgen soll
Samstag, Sonn- und Feiertag: 2-h-Takt, wobei nachfrageorientiert ein
bedienungsfreies Zeitfenster von bis zu 4 Stunden zur Tagesmitte eingerichtet
werden kann
Zeiten:
erste Ankunft in Schwerin, Wismar, Lübeck spätestens 7:00 Uhr
letzte Abfahrt in Schwerin, Wismar, Lübeck frühestens 20:30 Uhr
22
5. Nahverkehrsplan 2016
5.7. Erreichbarkeit
Summenfunktion Anschlussgrad Taktnetz
23
5. Nahverkehrsplan 2016
5.8. Neues Verkehrskonzept
Bedienungsstandard Ergänzungsnetz
Konventioneller Linienverkehr im Ergänzungsnetz
Konventioneller Linienverkehr – wenn zeitlich und räumlich ausreichende
Nachfragebündelung
Alternative Bedienformen im Ergänzungsnetz
Grundangebotes montags bis freitags von 6:00 Uhr bis 10:00 Uhr und 14:00 Uhr
bis 18:00 Uhr mit dem Zweck einer Anbindung an das Taktnetz
flexible Bedienung im Bedarfslinien-, Richtungsband- und/oder Flächenbetrieb
mit Umstiegssicherung in das Taktnetz
zeitliche und räumliche Ausdehnung des Grundangebotes möglich (z.B. TaxiTarif, fifty-fifty-Taxi-Ticket usw.)
24
5. Nahverkehrsplan 2016
5.9. Neues Verkehrskonzept
Mobilität neu denken
25
6. Erwartungen
6.1. Fahrgastströme
Fahrgastströme heute / 2016
Je nach Fahrplanangebot und Tarifgestaltung Steigerung Fahrgastzahl (ohne
Fahrschüler zwischen 140 bis 290 %
26
6. Erwartungen
6.3. Aufwand
Fahrleistungen in km
8000000
6000000
Alternative
Bedienform
Taktnetz
4000000
2000000
Ergänzungsnetz
0
2015
2016
Mehraufwand soll durch Mehreinnahmen an Fahrscheinentgelten gedeckt
werden, ABER: besonderer Mehraufwand im Einführungsjahr bis zu 1 Mio. €
Kreistagsbeschluss zu Nahverkehrsplan und Finanzierung am 29.01.2015
27
7. Unterstützung durch Landespolitik
7.1. Genehmigungsfähigkeit alternativer Bedienformen
Genehmigungsfähigkeit alternativer Bedienformen nicht rechtssicher
geregelt, inwieweit handelt es sich um Linienverkehr nach § 42 PBefG.
PBefG Novelle hat Genehmigungsfähigkeit zwar erweitert, da die
„besonders gelagerten Einzelfälle“ entfallen sind. Genehmigung als
Linienverkehr aber nur, wenn die alternative Bedienform dem
Linienverkehr „am meisten entspricht“ (§ 2 Abs. 6 PBefG)
Welche Arten alternativer Bedienformen sind danach als Linienverkehr
genehmigungsfähig? Keine eindeutige Klärung durch die Rechtsprechung
 Rechtsunsicherheit für Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen
 Ziel: Genehmigung von alternativen Bedienformen erleichtern
28
7. Unterstützung durch Landespolitik
7.2. Genehmigungsfähigkeit alternativer Bedienformen
Rechtssicherheit für Verkehrsunternehmen und Genehmigungsbehörden
schaffen
Unterstützung alternativer Bedienformen
Anrufbus im Richtungsbandbetrieb = Linienverkehr
 Klare
Vorgaben
der
Landesregierung
(EM)
Genehmigungsbehörde (Verwaltungsvorschrift)
für
die
 Landesregierung: Bundesratsinitiative zur Verbesserung der
rechtlichen Rahmenbedingungen für alternative Bedienformen:
Bundesgesetzgeber muss rechtssichere Regelung für alternative
Bedienformen im PBefG schaffen
29
7. Unterstützung durch Landespolitik
7.3. Finanzielle Unterstützung in der Anlaufphase
Jede Veränderung braucht ihre Zeit!
Beispiel Altmarkkreis Salzwedel
40.000 Fahrgäste nutzten Anrufbus im ersten Jahr
Innerhalb von drei Jahren Verdopplung
 Finanzielle Unterstützung der Landkreise bei der Neuausrichtung
des ÖPNV dringend erforderlich
30
7. Unterstützung durch Landespolitik
7.4. Neuregelung der ÖPNV-Finanzierung
 Verantwortung und Budget vereinheitlichen: Budgetierung aller
Landesmittel auf die Landkreise nach transparenten Kriterien (siehe
Brandenburg)
 keine weiteren Mittelkürzungen für den straßengebundenen ÖPNV,
zügig Planungssicherheit schaffen, Mittel an Aufgabenträger zahlen
als gesetzliche Zuweisung und nicht an Verkehrsunternehmen
 neben rein strukturbedingten Finanzierungsgrundlagen: Erfolge
honorieren, Änderungsprozesse aktiv finanziell unterstützen
Novelle des ÖPNVG M-V erforderlich
31
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich beantworte gern Ihre Fragen.
Stefan Lösel
Geschäftsführer
NAHBUS - Grevesmühlener Busbetriebe GmbH
| Gesundheit | Mobilität | Bildung |
Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern
Christoph Gipp, IGES Mobilitätsberatung
Anhörung. 31. Sitzung der Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
Schwerin, 12. Januar 2015
Anhörung „Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
IGES Institut. Ein Unternehmen
23.01.2015
der IGES Gruppe.
Seite 1
| Gesundheit | Mobilität | Bildung |
Inhalt
1.  Mobilitätsrealität statt ÖV-Wunschdenken!
2.  Sicher unterwegs?
3.  Alternativlos automobil?
4.  Wie kann das Land helfen, Mobilität zu sichern?
Anhörung „Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
23.01.2015
Seite 2
| Gesundheit | Mobilität | Bildung |
1.  Mobilitätsrealität statt ÖV-Wunschdenken!
Wie bewegen sich Ältere im ländlichen Raum (auch
in Mecklenburg-Vorpommern)...
Anhörung „Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
23.01.2015
Seite 3
1 | Mobilitätsrealität statt ÖV-Wunschdenken
Wie stellt sich die Verkehrsmittelwahl Älterer im ländlichen
Raum dar?
•  Mehr als die Hälfte aller Wege wird im Pkw als Fahrer oder
Mitfahrer zurückgelegt.
•  Je jünger die Befragten, um so deutlicher steht das Fahren des Pkw als
Fahrer im Vordergrund, während mit zunehmendem Alter das Mitfahren
im Pkw steigt.
•  Der Anteil der Fußwege und Radfahren nimmt mit zunehmendem
Alter ab, die Abhängigkeit von anderen Mobilitätszwecken steigt.
•  Bus und Bahn spielen eine eher untergeordnete Rolle für die
befragten Älteren im ländlichen Raum.
•  Insbesondere bei den Wegezwecken Arztbesuch und Ausflüge hat das
Taxi eine unerwartet hohe Bedeutung.
Anhörung „Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
23.01.2015
Seite 4
1 | Mobilitätsrealität statt ÖV-Wunschdenken
Modal Split nach Wegezwecken
Arbeiten
Ausflüge
Besuch von
Freunden und
Verwandten
IGES 2013. Oben: n=324 (55-64) n=54 (65-74) Altersgruppe über 75 Jahre nicht berücksichtigt (n=1). Gruppe „keine Angabe“ nicht berücksichtigt. Mitte: n=365 (55-64) n=289 (65-74)
n=245 (>75). Gruppe „keine Angabe“ nicht berücksichtigt. Unten: n=376 (55-64) n=319 (65-74) n=272 (>75). Gruppe „keine Angabe“ nicht berücksichtigt.
.
Anhörung „Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
23.01.2015
Seite 5
1 | Mobilitätsrealität statt ÖV-Wunschdenken
Beim Wegezweck Einkaufen zeigen sich regionale Unterschiede
im Modal Split
Dichtestufe
< 100 Ew/km²
Dichtestufe
< 150 Ew/km²
IGES 2013. n=178 (55-64<100) n=142 (65-74<100) n=125 (>75<100). n=199 (55-64<100) n=163 (65-74<100) n=136 (>75<100). Gruppe „keine Angabe“ nicht berücksichtigt.
Anhörung „Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
23.01.2015
Seite 6
1 | Mobilitätsrealität statt ÖV-Wunschdenken
Auch beim Wegezweck Arztbesuch ist ein hoher Anteil des
Individualverkehrs zu verzeichnen
Modal Split
Häufigkeiten
Oben: IGES 2013. n=378 (55-64) n=321 (65-74) n=286 (>75). Gruppe „keine Angabe“ nicht berücksichtigt.
Unten: IGES 2013. n=378 (55-64 Jahre). n=321 (65-74 Jahre). n=286 (>75 Jahre). Gruppe „keine Angabe“ nicht berücksichtigt
Anhörung „Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
23.01.2015
Seite 7
1 | Mobilitätsrealität statt ÖV-Wunschdenken
Welchen Stellenwert hat der öffentliche Verkehr für die
Mobilität im ländlichen Raum?
•  Bus und Bahn spielen nicht die
wichtigste Rolle bei den
Generelle Einschätzung der Anbindung an
Bus und Bahn:
< 100 Ew/km²
Wegezwecken Älterer im ländlichen
Raum.
•  Insgesamt die Befragten die
Erreichbarkeit von Bus und Bahn zwar
als positiv ein. Das tatsächliche
Angebot wurde jedoch nicht bewertet.
< 150 Ew/km²
•  Häufigste Nutzungshemmnisse sind
für Ältere im ländlichen Raum die
schwierige Mitnahme von Gepäck
(auch Einkäufe), Unflexibilität sowie
lange Reisezeiten.
IGES 2013. n=443 (<100 Ew/km2) n=505 (<150 Ew/km2). Gruppe „keine Angabe“ nicht berücksichtigt.
Anhörung „Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
23.01.2015
Seite 8
1 | Mobilitätsrealität statt ÖV-Wunschdenken
Welchen Stellenwert hat der Pkw für die Mobilität Älterer
im ländlichen Raum?
•  Pkw- / Führerscheinbesitz und Pkw-Verfügbarkeit nehmen mit
zunehmendem Alter im ländlichen Raum ab.
•  Die Befragten im ländlichen Raum sind daher mit zunehmendem Alter auf
Alternativen zum eigenen Pkw angewiesen.
•  Es existiert bereits ein hoher Anteil an Pkw-Mitfahrten bei allen
Wegezwecken.
•  Die drei häufigsten Umstände, unter denen die Befragten das
Autofahren aufgeben würden, sind:
„Wenn ich mich selbst
nicht mehr sicher
fühle“ (37%)
„Wenn ich Medikamente
nehmen muss, die meine
Fahrtüchtigkeit
beeinträchtigen“ (23%)
„Wenn mir der
Arzt davon
abrät“ (17%)
•  Ein Großteil der Älteren ist sich ggf. vorhandenen gesundheitlichen
Einschränkungen bewusst.
Anhörung „Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
23.01.2015
Seite 9
| Gesundheit | Mobilität | Bildung |
2.  Sicher unterwegs?
Limits für Wege zu Fuß und auf dem Rad?
Anhörung „Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
23.01.2015
Seite 10
2 | Sicher unterwegs?
Wie wirkt sich der Gesundheitszustand Älterer
auf ihre Mobilität aus?
•  Mit zunehmendem Alter bewerten Ältere im ländlichen Raum ihre Mobilität
subjektiv schlechter im Vergleich zu den letzten Jahren.
•  Als Handlungsschwerpunkt zeigt sich die Altersgruppe der über 75Jährigen, da hier die Einschätzung der eigenen Mobilität besonders
rückläufig ist.
Hat sich Ihre Mobilität in den letzten Jahren verändert?
IGES 2013. n = 966. Gruppe „keine Angabe“ nicht dargestellt.
Anhörung „Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
23.01.2015
Seite 11
2 | Sicher unterwegs?
Sicherheitsgefühl
Wie sicher fühlen sich Ältere im Straßenverkehr?
•  Das Gefühl von Sicherheit im Straßenverkehr nimmt bei Älteren im
ländlichen Raum mit zunehmendem Alter ab.
•  Der Pkw wird von Älteren im ländlichen Raum dabei als sicherster
Verkehrsmittel bewertet.
•  Mit zunehmendem Alter wird von Älteren im ländlichen Raum das
Fahrradfahren und Zufußgehen als eher unsicher empfunden.
Wie sicher fühlen Sie sich im Straßenverkehr?
Altersgruppe
Sicher bis eher sicher
Eher unsicher bis unsicher
55 bis 64-Jährige
88%
12%
65 bis 74-Jährige
63%
37%
über 75-Jährige
48%
52%
IGES 2013. n = 369 (55-64 Jahre) n=324 (65-74 Jahre) n=284 (>75 Jahre). Gruppe „keine Angabe“ nicht berücksichtigt.
Anhörung „Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
23.01.2015
Seite 12
| Gesundheit | Mobilität | Bildung |
3.  Alternativlos automobil?
Es gibt (schon jetzt) gemeinsame Alternativen!
Anhörung „Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
23.01.2015
Seite 13
3 | Alternativlos automobil?
Wie ist die Einstellung Älterer im ländlichen Raum zu neuen
Mobilitätsoptionen?
•  Bei Älteren im ländlichen Raum ist sowohl der Bekanntheits- als auch
Nutzungsgrad von den alternativen Mobilitätsoptionen gering.
•  Wenn das jeweilige Angebot in ihrem Wohnort verfügbar wäre, würden
von den befragten Älteren im ländlichen Raum
◦ 
◦ 
◦ 
◦ 
6% einen Rufbus,
10% Carsharing,
15% das Elektrofahrrad sowie
16% Mitnahmeverkehr
nutzen.
•  60% aller befragten Älteren im ländlichen Raum nehmen an, dass
sich ihre Mobilität in Zukunft nicht ändern wird!
Anhörung „Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
23.01.2015
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3 | Alternativlos automobil?
Warum haben Mitnahme-/Gemeinschaftsverkehre
dennoch eine Chance?
Information und Buchung von Mobilitätsangeboten spielt
bei älteren Internet- und Smartphone-Nutzern im
ländlichen Raum bereits eine große Rolle.
Es existiert bereits heute ein hoher Anteil an PkwMitfahrten für alle Wegezwecke, derzeit überwiegend
durch Mitnahme im Familien- und Bekanntenkreis.
Die Analyse vorhandener Mobilitätsprojekte lässt jedoch
auch Potentiale für die stärkere Etablierung von
gewerblich organisierten Mitnahmeverkehren
Ansätze für Gemeinschaftsnutzungen in MV bereits
im Echtbetrieb etabliert – Erweiterung schafft
Alternative zum Pkw-Selbstfahren
- Carsharing in Mittelstädten wie Greifswald
- Radverleihsysteme in Vorpommern etc.
- Mitnahmesysteme haben sich vielfach (technisch)
bewährt
Anhörung „Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
Tatsächliche Nutzung
ausgewählter moderner
Kommunikationsmittel:
Altersgruppe
Anteil der
InternetNutzer
Anteil der
SmartphoneNutzer
55 bis 64Jährige
76%
27%
65 bis 74Jährige
28%
12%
über 75Jährige
13%
6%
Große Zielgruppe für
Gemeinschaftsverkehr
§  Allein lebende Ältere
§  > 50% haben keinen Pkw
23.01.2015
Seite 15
| Gesundheit | Mobilität | Bildung |
4.  Wie kann das Land helfen, Mobilität zu sichern?
Anhörung „Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
23.01.2015
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4 | Handlungsfelder Land Mecklenburg-Vorpommern
Alternativen zum eigenen Autofahren sind erforderlich
Der Pkw hat eine große Bedeutung für die Mobilität
Älterer im ländlichen Raum. Weder ÖV noch
alternative Mobilitätsoptionen sind bisher eine ernste
Alternative.
Das Rad kann (außer bei Schnee und Eis)
Aktionsradius erhöhen (wenn es nahe
Versorgungsstrukturen gibt).
Besonderer Fokus sollte daher auf Angeboten des
Mitnahmeverkehrs liegen.
Anhörung „Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
23.01.2015
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4 | Handlungsfelder Land Mecklenburg-Vorpommern
Nahverkehr kann und muss gestaltet werden
Angebote des öffentlichen (Nah-)Verkehrs müssen
stärker Nutzerwünschen entsprechen und (auch)
speziell auf Ältere zugeschnitten sein.
•  Effizienzen ausschöpfen geht nur noch
teilweise – nämlich beim Bus
•  Achsen im Takt stärken - führt zu
tatsächlich Nachfrageerhöhung (vgl. LK
Elbe-Elster)
•  Realistische Einschätzung zu flexiblem
Betrieb erforderlich
•  Langfristige Lösungen statt nur kurze
Forschungsprojekte
•  Realität selbstbestimmter Schulen setzt
Innovationsgrenzen im Schülerverkehr
Anhörung „Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
Allheilmittel
Flächenbedienung?
§  Akzeptanz braucht Zeit.
§  Spart nur bedingt!
§  Landesweit nutzbare
Buchungs- / Dispositionsinfrastruktur hilft wirksam
23.01.2015
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4 | Handlungsfelder Land Mecklenburg-Vorpommern
Wer bezahlt die Mobilitätssicherung?
Reichen RegG & Co. aus?
Für ein attraktives Bus- und Bahnangebot sind neue
Finanzierungsmöglichkeiten und Strukturen des
öffentlichen Nahverkehrs nötig.
•  Bündelung der Finanzströme (Weiterentwicklung SachsenAnhalt/Brandenburg – aber angepasst an MV)
•  Landkreise erhalten dadurch mehr Spielraum (ggf. auch
entgegen Interessen der VU)
•  Professionalisierung aber dringend erforderlich (Großkreise
versus Machbarkeit der „Gestaltung und Verwaltung“ als
Aufgabenträger)
•  Ein Tarif fürs ganze Land? – Verbundstrukturen stärken
(bzw. in Teilen etablieren)
Das Handlungsfeld Gesundheitsmobilität im ländlichen
Raum sollte stärker in den Fokus gerückt werden. Auch bei der
Finanzierung!
•  Versorgungslücken können durch Mobilität gelindert werden
•  Mobilität im Dienste der KV –
Anhörung „Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
23.01.2015
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4 | Handlungsfelder Land Mecklenburg-Vorpommern
Umsatzpotenziale im Markt der Gesundheitsmobilität
übersteigen derzeit bereits die 2 Mrd. Euro-Marke
§  Konservative Schätzung
§ 
§ 
beruhend u.a. auf GKV
Krankenkassendaten
und eigenen Analysen
Jährliche
Kostensteigerung allein
bei GKV-Krankenfahrten
ca. +10% Euro
Teilweise sind
Parallelstrukturen
vermeidbar!
Patientenfahrdienst
Qualifizierte
Krankenfahrten
Exkl. Notarztwagen,
Rettungswagen &
Flugrettung
518 Mio. €
€
504 Mio. €
€
€
€
994 Mio. €
Nicht-qualifizierte
Krankenfahrten
(inkl. Taxi und
„Dialysefahrt“)
Gesamtes Umsatzvolumen (exkl. Rettungsdienst und
Patientenfahrservice): ca. 2,06 Mrd. € p.a.
Kann Geld aus dem Gesundheitssystem (SGB V) für die
Bestellung/Zahlung von ÖPNV oder ähnlichen Systemen
verfügbar gemacht werden?
Quelle: Analyse von Ausgaben der GKV durch IGES, Stand 2012.
Anhörung „Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
23.01.2015
Seite 20
4 | Handlungsfelder Land Mecklenburg-Vorpommern
ÖPNV-Branche sichert Erreichbarkeit medizinscher Versorgung
Gesundheitswirtschaft sollte für diese Leistung (mit-)bezahlen
Es besteht ein hoher Bedarf an Mobilität zur
Sicherstellung der Erreichbarkeit der medizinischen
Versorgung in schrumpfenden Regionen. Der Bedarf
wird dramatisch steigen!
Mobilitätsangebote wie Patientenfahrservices sind in der
Lage, hierzu Antworten anzubieten, die bezahlbar sind
und die Abhängigkeit vom privaten Pkw
reduzieren.
Mobilitätsangebote wie Patientenfahrservices sind in der
Lage, hierzu Antworten anzubieten, die bezahlbar sind
und die Abhängigkeit vom privaten Pkw
reduzieren.
Nutznießer Gesundheitswirtschaft (z.B. KV) an
Finanzierung der von beanspruchten Leistung beteiligen
Ein Weg: SGB V Mitteleinsatz für
Erreichbarkeitssicherung ambulanter Versorgung?
Anhörung „Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
23.01.2015
Seite 21
4 | Handlungsfelder Land Mecklenburg-Vorpommern
Handlungsfeld Verkehrssicherheit hilft Mobilität sichern
Speziell für die Klientel „Ältere im ländlichen Raum“ muss
Aufklärungsarbeit zu Fahrerassistenzsystemen und
Elektrofahrrädern geleistet werden.
Die gefühlte Verkehrssicherheit Älterer im ländlichen Raum
muss erhöht werden.
Anhörung „Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
23.01.2015
Seite 22
4 | Handlungsfelder Land Mecklenburg-Vorpommern
Da Alternativen zum Autofahren oft fehlen:
Fahrtauglichkeit sichern / Verkehrssicherheitsgefühl stärken
1.  Gesellschaftlicher Diskurs im Land zum Fahren im
Alter erforderlich
2.  Freiwillige Fahrtauglichkeitsprüfung intensiver
anbieten
3.  Anlehnung an Lkw-Fahrer (ab 50 alle 5 Jahre
Sehtest) – Prüfung Ausdehnung auf alle
Führerscheinbesitzer
4.  Verfügbarkeit von Fahrerassistenzsystemen bei
Älteren Fahrern schwierig (alte Autos, kein
Neuwagenkauf etc.)
5.  Fahrsicherheitstrainings helfen
Was kann das Land tun?
Etablierung freiwilliger Beratungen, die es bereits bei den Begutachtungsstellen gibt
Gesundheitsuntersuchungen zur Fahreignung
Stärkung der Rolle der Ärzte als erste Ansprechpartner
Gezielte Unterstützung der Beratungskompetenz von Haus- und Fachärzten
Prüfung einer rechtlichen Möglichkeit für Ärzte, Fahrunfähigkeit von Patienten
behördlich zu melden
•  Öffentlichkeitsarbeit in Arztpraxen und Magazinen, z. B. die Apotheken-Umschau,
•  ...
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Anhörung „Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
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| Gesundheit | Mobilität | Bildung |
Fragen und Diskussion
Anhörung „Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
23.01.2015
Seite 24
| Gesundheit | Mobilität | Bildung |
Christoph Gipp
IGES Institut GmbH
Friedrichstraße 180
10117 Berlin
[email protected]
Fon +49 30 230 809 589
Fax +49 30 230 809 11
www.iges.de
Anhörung „Mobilität im Alter in Mecklenburg-Vorpommern“
IGES Institut. Ein Unternehmen
23.01.2015
der IGES Seite
Gruppe.
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31. Sitzung EnqueteKommission
„Älter werden in M-V“
Schwerin, 23. Januar 2015
ETC Transport Consultants GmbH
Martin‐Hoffmann‐Str. 18 12435 Berlin
Fon/Fax: 030/25465 311/103 wieland.brohm@etc‐consult.de www.etc‐consult.de
Steuerungsinstrument Regionale
Nahverkehrsplanung
 Aufgabenträger für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) ist das Land MecklenburgVorpommern.
 Für den übrigen –straßengebundenen- öffentlichen Personennahverkehr (üÖPNV) sind
die Landkreise und kreisfreien Städte Aufgabenträger.
 Seit Beginn der 2000er-Jahre wurden mit Ausnahme der Region Vorpommern regionale
Nahverkehrspläne erstellt.
 Es waren die Interessen der jeweiligen zentralen Orte mit geringem
Schülerverkehrsanteil mit denen der Landkreise mit hohem Schülerverkehrsanteil in
Übereinstimmung zu bringen.
 Schullandschaft in M-V bindet unheimliche Ressourcen im ÖPNV.
 Vernetzte Planungen zwischen Schiene und Bus waren nur bedingt möglich.
 LK haben innerhalb der Erstellung der Nahverkehrspläne ihre Spielräume unterschiedlich
interpretiert.
23. Januar 2015
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Steuerungsinstrument Regionale
Nahverkehrsplanung
 LK Nordwestmecklenburg als Beispiel für Umgestaltung des Liniennetzes wie in
Handlungsempfehlungen der Grundlagenexpertise „Mobilität im Alter in M-V“
vorgeschlagen:
 Ausgangslage: unübersichtliches, vorrangig auf die Erfordernisse des
Schülerverkehrs ausgelegtes Angebot mit für den Fahrgast unattraktiven Tarifen
 Umgestaltung des Netzes in sieben klar strukturierte Taktlinien und ein
nachfrageorientiertes Ergänzungsnetz
 Ergänzungsnetz wird in konventionellen Linienverkehr und alternative Bedienformen
unterteilt
 Verbesserung Verknüpfungssituation und Intermodalität
 Neues Tarifkonzept (allerdings nur für den Busverkehr) geht über
Handlungsempfehlungen hinaus
 Insgesamt erfolgt eine Angebotsverbesserung für alle Kundengruppen
 Lösungen im LK Nordwestmecklenburg sind nicht 1:1 übertragbar auf alle LK in M-V
(Größe, Ausdehnung, unmittelbare Nachbarschaft zu Schleswig-Holstein …).
23. Januar 2015
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Grenzen der Regionalen
Nahverkehrsplanung
 Die geringe Bevölkerungszahl verbunden mit der großen Flächenausdehnung erschwert
Planung, Durchführung und Wirtschaftlichkeit von ÖPNV-Leistungen.
 LK als Aufgabenträger des üÖPNV tragen auch für die Daseinsvorsorge des dünn
besiedelten, ländlichen Raums Verantwortung.
 Vorhandene Finanzmittel der öffentlichen Hand für den SPNV als auch den üÖPNV
werden in den nächsten Jahren voraussichtlich nicht wesentlich steigen.
 Aufsplittung der Verantwortlichkeiten für SPNV und üÖPNV verhindert effizienten
Mitteleinsatz für den gesamten ÖPNV unter den derzeitigen Rahmenbedingungen.
 Größe der Landkreise (z.B. Entfernung zwischen Löcknitz im Süden des LK
Vorpommern-Greifswald und der Kreisstadt Hansestadt Greifswald 100 km) bedeutet
auch die Suche nach regionalen bzw. überregionalen sowie verkehrsmittelübergreifenden
Lösung für kreisinterne Mobilitätsprobleme.
 Die derzeitigen uneinheitlichen Tarifsysteme von Bahn und Bus innerhalb eines
Landkreises sind unattraktiv für den Kunden.
23. Januar 2015
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Grenzen der Regionalen
Nahverkehrsplanung
 Die heutigen Organisationsstrukturen im ÖPNV von M-V entstanden vor mehr als 20
Jahren unter anderen Randbedingungen.
 Sind die Prozesse heute noch effizient und zielführend?
 Können die derzeitigen Organisationsstrukturen den zukünftigen Anforderungen an
Organisation, Planung, Durchführung und Finanzierung des gesamten ÖPNV in M-V
noch ausreichend Rechnung tragen?
 Angesichts der noch offenen Fragen der zukünftigen SPNV-Finanzierung (Revision der
Regionalisierungsmittel) sollte jetzt eine Diskussion über die zukünftige (Aus-)
Gestaltungsform des ÖPNV in M-V geführt werden.
 Vorschlag in den Handlungsempfehlungen: Einrichtung eines Kompetenzzentrums ÖPNV
auf Landesebene:
 Landesebene verfügt über geringe Erfahrungen im Bereich des üÖPNV
 Ausnahme: Landesamt als Genehmigungsbehörde
 Neuer Ansatz: Bündelung der bestehenden Erfahrungen in den Regionen
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5
Zukünftige Entwicklungsoption der
Regionalen Nahverkehrsplanung
 Bildung von NahverkehrsRegionen (NR):
 Vorpommern/Mecklenburg Süd-Ost: LK Vorpommern-Rügen, LK VorpommernGreifswald, LK Mecklenburgische Seenplatte
 Westmecklenburg: LK Ludwigslust-Parchim, LK Nordwestmecklenburg,
Landeshauptstadt Schwerin
 Rostock: LK Rostock, Hansestadt Rostock
 NR sind als Aufgabenträger für den gesamten ÖPNV (SPNV und üÖPNV) verantwortlich:
 Integriertes ÖPNV-Angebot (Bahn, Bus und weitere, ggf. neue Verkehrsmittel)
 Tarifhoheit für das gesamte Angebot
 Bestellorganisation SPNV (formal) mit Definition der Anforderungen an die
Bestellung von SPNV-Leistungen (inhaltlich)
 Verkehrsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern GmbH (VMV) „neu“:
 übernimmt SPNV-Bestellmanagement
 ist verantwortlich für landesbedeutsame SPNV- und Buslinien
 Dienstleister für NR
23. Januar 2015
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Zukünftige Entwicklungsoption der
Regionalen Nahverkehrsplanung
 Diskussionsvorschlag:
Land Mecklenburg-Vorpommern
25 %
VMV „neu“
25 %
25 %
Nahverkehrsregion
Vorpommern/
Mecklenburg SüdOst
LK
V-R
LK
V-G
LK
MSE
Nahverkehrsregion
Westmecklenburg
LK
LWLPCH
LK
NW
M
SN
 Stärkung des Subsidaritätsprinzips
23. Januar 2015
25 %
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Nahverkehrsregion
Rostock
LK
ROS
HR
O
Persönlicher Ausblick
 In den nächsten 10 Jahren werden „selbstfahrende Autos“ mehr als nur Marktreife erlangt
haben (s. Daimler-Chef Zetsche auf der Elektronikmesse CES, Januar 2015).
 Deutsche Automobilfirmen sehen hier nach dem Verschlafen der Hybridentwicklung eine
große Marktchance.
 Damit bietet sich die Möglichkeit, Mobilität im ländlichen Raum neu zu organisieren.
 Neues Betätigungsfeld für kommunale Verkehrsunternehmen ist denkbar.
 Wenn die jetzigen Akteure es nicht machen, machen es andere (Bsp. Uber vs. Taxi).
 Anforderungen an Landespolitik: Auf Bundesratsebene frühzeitig für die Lösung der
rechtlichen Fragestellungen werben.
23. Januar 2015
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