Schriftliche Anfrage Antwort

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Schriftliche Anfrage Antwort
Bayerischer Landtag
16. Wahlperiode
Drucksache
16/18354
11.10.2013
Schriftliche Anfrage
Antwort
des Abgeordneten Thomas Gehring
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
vom 11.07.2013
des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus
vom 27.08.2013
Ausbildung Fachlehrerinnen und Fachlehrer in Bayern
Ich frage die Staatsregierung:
1.Zugangsvoraussetzungen
a)Wie beurteilt die Staatsregierung die derzeitigen Zugangsvoraussetzungen zur Ausbildung von Fachlehrer(inne)n?
b)Wird der mittlere Schulabschluss trotz der gesteigerten
Ansprüche des Berufsbilds Fachlehrer noch als ausreichend erachtet?
c)Wie steht die Staatsregierung dazu, Fachabitur als Zugangsvoraussetzung zu verlangen?
2.Ausbildung
a)Wie bewertet die Staatsregierung die derzeitige Ausbildung von Fachlehrer(inne)n in Bayern?
b)Sieht sie bei der derzeitigen Ausbildung – mit 2 Jahren
Berufsausbildung und anschließender 2-jähriger Ausbildung am Staatsinstitut – Veränderungsbedarf, falls
ja, wie beurteilt sie den Vorschlag, die gesamte vierjährige fachliche Ausbildung an das Staatsinstitut zu verlagern und gleichzeitig die vorausgehende zweijährige
Berufsausbildung abzuschaffen?
c)Wie beurteilt die Staatsregierung den Vorschlag, die
Staatsinstitute in Fachhochschulen umzuwidmen?
3. Fachlicher Zuschnitt/Lerninhalte
a)Wie beurteilt die Staatsregierung im Hinblick auf die
hohen Anforderungen Inhalt, Abstimmung und Zuschnitt der praktischen Fächer?
b)Wie könnte der fachliche Zuschnitt modifiziert werden,
um alle Bereiche wie z. B. Gestaltung und Ernährung/
Kommunikationstechnik/AWT und Soziales ausgeglichen abzudecken?
4.Unterrichtspflichtzeit
a)Wie beurteilt die Staatsregierung die unterschiedlichen
Wochenstunden von Lehrern an Grundschulen (28
Stunden), an Hauptschulen (27 Stunden) und Fachlehrern vorwiegend an Mittelschulen mit 29 Stunden?
b)Wie beurteilt die Staatsregierung den Vorwurf: „ausgerechnet die Lehrer, die federführend an den Mittelschulen für die Qualität des Alleinstellungsmerkmals Berufsorientierung sorgen, werden in Bayern am schlechtesten
bezahlt und müssen am längsten arbeiten“ß
c) Was tut die Staatsregierung, um hier für gerechte Bezahlung und ausgeglichene Wochenstunden zu sorgen?
Zu 1. a):
Die Voraussetzungen für die Aufnahme an das Staatsinstitut für die Ausbildung von Fachlehrern sind ein mittlerer
Schulabschluss, der Nachweis der gesundheitlichen Eignung
für den Beruf des Fachlehrers oder der Fachlehrerin sowie
das Bestehen eines Eignungstests gemäß § 6 FISO (Studienordnung für das Staatsinstitut für die Ausbildung von Fachlehrern). Darüber hinaus sieht die Studienordnung bei der
Aufnahme vor, dass ergänzend zum Eignungstest mit den
Bewerbern und Bewerberinnen Gespräche geführt werden
können. Mit dem Nachweis dieser Zugangsvoraussetzungen
werden die Anforderungen für die Aufnahme am Staatsinstitut ausreichend erfüllt.
Zu 1. b) und c):
Das Berufsbild der Fachlehrkräfte ist ebenso wie das der
Lehrkräfte an Grund- und Mittelschulen an gesellschaftliche und schulpolitische Veränderungen gebunden und damit einem Wandel unterworfen. Die Ausbildungsinhalte am
Staatsinstitut sowie im Rahmen des Vorbereitungsdienstes
werden regelmäßig an neue Anforderungen angepasst und
entsprechend abgestimmt. Damit wird den veränderten Ansprüchen des Berufsbildes hinreichend Rechnung getragen.
Grundsätzliche Änderungen im Fachlehrereinsatz, die eine
Veränderung der schulischen Voraussetzungen zur Folge
haben müssten, sind nicht gegeben. Ziel der Ausbildung ist
nach wie vor der Einsatz in den praktischen Fächern, nicht
die Übernahme einer Klassenleitung.
Die Möglichkeit, über den mittleren Schulabschluss in eine
qualifizierte Lehrtätigkeit im Beamtenstatus einzusteigen, eröffnet zahlreichen jungen Menschen eine attraktive berufliche
Chance. Eine Änderung der Zugangsvoraussetzungen ist daher nach Ansicht des Staatsministeriums nicht zweckmäßig.
Zu 2. a):
Die Fachlehrer Ernährung und Gestaltung (E/G) und musisch/technisch (m/t) unterrichten die praktischen Fächer
an der Mittelschule (Wirtschaft, Technik, Soziales). Ausbildungen in diesen Fächern werden an den Universitäten
in der für die Mittelschulen notwendigen Ausrichtung nicht
angeboten.
Die Ausbildung der Fachlehrer erfolgt am Staatsinstitut an
den Standorten Augsburg, München, Ansbach und Bayreuth.
Die Fachlehrerausbildung umfasst in beiden Bereichen (E/G
und m/t) vier Jahre in der ersten Phase und zwei Jahre Vorbereitungsdienst.
Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –
Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung.
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Die Ausbildung im Bereich der Fachlehrer m/t (Werken,
Technisches Zeichnen, Kommunikationstechnik, Kunsterziehung oder Sport) ist insgesamt neu strukturiert, gilt als
hochaktuell und ist derzeit inhaltlich unumstritten.
Die Fachlehrerausbildung für E/G (früher Handarbeit und
Hauswirtschaft) ist in der ersten Phase geteilt in eine zweijährige Ausbildung an der Berufsfachschule für Hauswirtschaft und eine zweijährige Ausbildung an den Staatsinstituten für die Ausbildung von Fachlehrern.
Das Ausbildungskonzept zwischen der Berufsfachschule
und der zweijährigen Ausbildung am Staatsinstitut wurde
abgestimmt, sodass die Ausbildung erfolgreich verläuft.
Zu 2. b):
Im Bereich der Fachlehrerausbildung für E/G ist eine Umstellung von einer 2-jährigen Berufsausbildung mit anschließender 2-jähriger Ausbildung am Staatsinstitut auf eine
grundständige 4-jährige Ausbildung am Staatsinstitut grundsätzlich vorstellbar. Dies würde jedoch erhebliche strukturelle und personelle Veränderungen mit sich bringen sowie
zusätzliche finanzielle Ressourcen erfordern, die derzeit
nicht zur Verfügung stehen.
Zu 2. c):
Eine Ausbildung an einer Fachhochschule würde zusätzliche
Mittel in erheblichem Umfang erforderlich machen. Zudem
wäre fraglich, ob die sehr praxisbezogene Ausbildung, die
sich im Unterricht an Grundschulen und Mittelschulen bewährt hat, beibehalten werden könnte.
Die derzeitige Ausbildung ist sehr schülernah und berücksichtigt in hohem Maß die praktischen Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler.
Die Fachlehrerausbildung am Staatsinstitut ist sehr stark an
den Lehrplänen der Grund-, Mittel- und Realschulen ausgerichtet. Soweit sich deren Lehrpläne ändern, wird die Ausbildung entsprechend umgestellt. Da die gesamte Zuständigkeit
für die Fachlehrerausbildung beim Kultusministerium liegt,
ist es möglich, sehr zeitnah die Ausbildungsinhalte auf Änderungen – etwa bei der Mittelschule – umzustellen.
Die Fachlehrerausbildung mit ihrem großen Praxisanteil in
der Ausbildung ist hoch anerkannt und geschätzt. Es besteht
keine Notwendigkeit, die Ausbildungsstruktur kurzfristig zu
ändern und evtl. an einer Fachhochschule anzusiedeln.
Zu 3. a):
Inhalt, Abstimmung und Zuschnitt der praktischen Fächer
sind angemessen (siehe die Antwort zu Frage 2 c).
Zu 3. b):
Die Möglichkeit einer Ausweitung des Fächerkanons der
Fachlehrerausbildung im Bereich Ernährung und Gestaltung
um das Fach Kommunikationstechnik wird grundsätzlich als
sinnvoll erachtet und bereits seit Jahren im Rahmen eines zusätzlichen Erweiterungsfaches umgesetzt. Eine Einbindung
des Fachs Kommunikationstechnik in eine grundständige
Ausbildung am Staatsinstitut ist aufgrund der in der Antwort
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zu Frage 2 b genannten erforderlichen strukturellen und personellen Veränderungen derzeit nicht allgemein umsetzbar.
Eine Erweiterung der Fachlehrerausbildung durch das Fach
AWT ist generell nicht vorgesehen. Das Fach AWT wird
im Rahmen des Studiums für Lehramt an Mittelschulen als
Unterrichtsfach oder Didaktikfach an einer arbeitswissenschaftlichen Fakultät angeboten. Im Rahmen des Studiums
einer Fächerkombination für das Lehramt an Mittelschulen
und den Unterricht in mehreren Fächern als Klassenlehrkraft
ergeben sich für die unterrichtliche Arbeit im Bezug auf das
Fach AWT Schnittstellen zu anderen Fächern, z. B. Deutsch,
Mathematik oder GSE.
Der Unterricht im Fach AWT ist somit Teil des fächerübergreifenden und fächerverbindenden Unterrichts, der so nur
von der Klassenlehrkraft vermittelt werden kann.
Zu 4. a):
Die Arbeitssituation der Fachlehrer an Grund- und Mittelschulen stellt sich im Vergleich wie folgt dar:
− Fachlehrer
29 Stunden UPZ
− Mittelschullehrer27 Stunden UPZ
− Grundschullehrer28 Stunden UPZ
Bei Fachlehrern wurde schulartübergreifend ebenso wie bei
den Lehrkräften die UPZ wegen der Rückführung auf die
40-Stunden-Woche in zwei Stufen um eine Stunde reduziert.
Die Unterrichtsverpflichtung der Fachlehrer mit 29 Wochenstunden ist u. a. aus folgenden Gründen vertretbar:
− Fachlehrer unterrichten in der Regel nur in kleineren Gruppen (durchschnittliche Schülerzahl von
ca. 13 bis 17 Schüler), da viele Fachräume nur eine
begrenzte Anzahl an Arbeitsplätzen ausweisen und
nicht alle Schüler einer Klasse das gleiche Fach
wählen.
− Die Unterrichtsinhalte sind sehr konkret und wenig
theorielastig. Der von den Fachlehrern erteilte fachpraktische Unterricht bedingt daher in der Regel
einen etwas geringeren Aufwand in der Vor- und
Nachbereitung des Unterrichts.
− Die Motivation der Schüler in fachpraktischen Fächern ist durchaus gut, da es sich um Fächer ihrer
Wahl handelt und diese auch gleichzeitig sehr interessante handlungsorientierte Inhalte aufweisen.
Zu 4. b):
Im Rahmen der Weiterentwicklung der Hauptschule zur Bayerischen Mittelschule ist das Gesamtkonzept der Berufsorientierung elementarer Bestandteil und Alleinstellungsmerkmal der Mittelschule im bayerischen Schulsystem. Dabei
handelt es sich jedoch um ein Gesamtkonzept, das sich aus
zahlreichen Teilbereichen zusammensetzt. Die folgende
Übersicht stellt die einzelnen Teilbereiche der Berufsorientierung im Überblick dar:
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Die berufsorientierenden Zweige Wirtschaft, Technik und
Soziales sind somit ein Teil des Gesamtkonzepts „Berufsorientierung“. Eine Reduzierung der Berufsorientierung auf die
berufsorientierenden Zweige ist nicht zutreffend.
Die zitierte Aussage, dass Fachlehrkräfte federführend an
den Mittelschulen für die Qualität des Alleinstellungsmerkmals „Berufsorientierung“ verantwortlich seien, kann in dieser Form nicht bestätigt werden.
Die Planung und Koordination der einzelnen berufsorientierenden Maßnahmen an der Mittelschule liegt in Händen der
Schulleitung, die eine schuljahresbezogene Gesamtplanung
der erforderlichen Maßnahmen wie z. B. Betriebserkundungen, Betriebspraktika, Berufsmessen, Bewerbungstraining vornimmt.
In den einzelnen Jahrgangsstufen liegt die weitere Verantwortung hinsichtlich der Organisation und Durchführung
der einzelnen Bausteine primär bei den Klassenleitern, da in
ihrer Klasse – bezogen auf die berufsorientierenden Zweige
Soziales, Wirtschaft und Technik – alle Schülerinnen und
Schüler der drei Zweige vereint sind. Im AWT-Unterricht,
der durch eine Mittelschullehrkraft erteilt wird, werden dabei
die Unterrichtsinhalte aus den berufsorientierenden Zweigen
aufgegriffen und zusammengeführt. Dies gilt insbesondere
im Hinblick auf die Projektprüfung in Jgst. 9 und 10. Unter
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der Federführung der AWT-Lehrkraft werden gemeinsam
mit den Fachlehrkräften aus den beruforientierenden Zweigen die geplanten Inhalte der Leittexte zusammengefügt und
somit die Erstellung einer fundierten und aufeinander abgestimmten Prüfungsvorlage sichergestellt. Eine Fachlehrkraft
eines berufsorientierenden Zweiges leistet dabei selbstverständlich einen Beitrag. Die Qualität der Berufsorientierung
kann jedoch nicht allein an diesem einen Baustein festgemacht werden.
Zu 4. c):
Das Eingangsamt für die Fachlehrer ist BesGr. A10. Als
Beförderungsämter sind die BesGr. A11 (funktionslos) und
die BesGr. A12 (bisher: als Fachberater oder Seminarleiter)
vorgesehen. Damit ist auf der Grundlage eines Mittleren
Bildungsabschlusses eine Besoldung mit Beförderungsmöglichkeiten gegeben, die erheblich über den Möglichkeiten
vergleichbarer Beamter im Freistaat Bayern liegt.
Die Ausbildung zum Fachlehrer sowie die Arbeitsbedingungen sind unter den derzeit gegebenen Bedingungen für junge
Menschen attraktiv. Insbesondere im Bereich der Fachlehrkräfte für E/G ist das Interesse an diesem Beruf so groß, dass
derzeit nicht alle Bewerberinnen und Bewerber zugelassen
werden können.