dkkv infoblatt
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INFOBLATT Nr. 1 vom Mai 2008 DKKV engagiert sich in der Katastrophenvorsorge für Kathmandu und Manila Im November 2007 begann ein durch das Auswärtige Amt (Humanitäre Hilfe) finanziertes Projekt 'Mainstreaming Disaster Risk Reduction in Megacities: A Pilot Application in Metro Manila and Kathmandu', bei dem sich das DKKV in Partnerschaft mit der Earthquakes and Megacities Initiative (EMI, www.emimegacities.org) bemüht, Elemente der Katastrophenvorsorge in die Stadtplanung dieser Megacities zu integrieren. Das DKKV übernimmt dabei die wichtige Rolle der Verbindungsstelle zwischen dem Implementierer (EMI), dem Auswärtigen Amt und der internationalen Ebene. Das Projekt hat zwei wesentliche Ziele: (1) Für das Tal von Kathmandu wurde durch die 'Kathmandu Municipal Corporation’ (KMC) ein Stadtentwicklungsplan, der bis in das Jahr 2020 reicht, vorbereitet. Das Projekt sieht vor, die KMC dabei zu unterstützen und die technische Expertise dafür zu liefern, Elemente der Katastrophenvorsorge zu integrieren und die relevanten Institutionen und Partner auf Stadtebene für diesen Aspekt zu engagieren. Gleichzeitig wird für die KMC das Konzept für eine funktionale und operationelle Struktur zur Förderung der Katastrophenvorsorge innerhalb der Stadtverwaltung entwickelt. (2) Makati City, eine der 17 Stadteinheiten von Metro Manila (Philippinen) beabsichtigt, einen Teil der Stadt zu renovieren und entwickelt dafür einen Plan. Das Projekt sieht vor, Katastrophenvorsorge, Risikominderung und Verbesserung der Lebensverhältnisse in diesen Entwicklungsplan für die Regionen von Makati City zu integrieren, die am meisten von Katastrophen betroffen sind. Darüber hinaus beinhaltet das Projekt eine Komponente, die es anderen Städten erlauben wird, durch eine 'city to city' Partnerschaft an den Erfahrungen in Kathmandu und Manila zu partizipieren. Die Projektlaufzeit ist vom November 2007 bis Dezember 2009 vorgesehen und in drei Phasen unterteilt: In der ersten Phase, die bereits abgeschlossen ist, wurden die Diagnose und die daraus folgenden Arbeitspläne und Optionen für Partnerschaften identifiziert. Die entsprechenden Berichte, Analysen und Dokumente wurden partnerschaftlich entwickelt und bilden die Grundlage für Phase 2, in der die detaillierten Schritte mit den obigen Zielsetzungen entwickelt werden; diese Phase soll 1 Jahr dauern, um schließlich in Phase 3 der In dieser Ausgabe: DKKV engagiert sich in der Katastrophenvorsorge für Kathmandu und Manila 3. Extremwetterkongress in Hamburg vom 26. – 28.03.2008 Eine neue Initiative der EU-Kommission zur Katastrophenprävention – Bericht von einer Konsultation Rosersberginitiative Workshop „Climate Change Adaptation“ in London am 25.04.2008 Fortschritte in der Katastrophenvorsorge ? DKKV INFOBLATT Implementationsphase ihren Abschluss zu finden. Dieses Projekt wurde – abgesehen von der Finanzierung durch das AA – möglich durch die mehrjährige Erfahrung von EMI in partnerschaftlichen Projekten mit Kathmandu und Manila. Die wichtigsten lokalen Partner des Projekts sind in Kathmandu: Kathmandu Municipal Corporation (KMC) mit Mr. Dinesh Thapalia als Chief Officer and Acting Mayor und National Society for Earthquake Technology – Nepal (NSET) mit Amod Dixit als Executive Director und Ramesh Kendal als Project Manager. In Manila: Metro Manila Development Authority (MMDA) mit Bayani Fernando als Chairman und Ramon Santiago als Project Representative, Makati City Government mit Jejomar Binay als Mayor, der gleichzeitig Mitglied des Executive Boards von EMI ist und dem Philippine Institute of Vulcanology and Seismology mit Dr. Renaldo Solidum als Director. In der ersten Projektphase wurden folgende spezifischen Ergebnisse erzielt: - - - Erstellung eines Risikoprofils für das Kathmandu Tal, das insbesondere das urbane Wachstum, die Entwicklung der Region und ein Erdbebenszenario einschließt. Dokumentation des momentanen Status der Raumplanung in Kathmandu und Einbeziehung der verantwortlichen Institutionen, insbesondere das Urban Development Department des KMC. Ein Workshop am 8. Februar 2008 endete mit einem formalen Übereinkommen über das weitere Vorgehen. Entwicklung erster konzeptioneller Rahmenbedingungen für die 'urban renovation' von Teilen von Makati City, insbesondere denen, die besonders von Katastrophen betroffen sind. Dies geschieht im Rahmen des Programms Makati 21, das die Langzeitperspektiven für die Stadtplanung repräsentiert. Obgleich Makati City das Geschäftszentrum von Manila beinhaltet, sind gleichzeitig ärmere und vulnerable Teile Bestandteil der Stadt. Diese sind Gegenstand des Projekts. Gewinnung von Daten zu den physischen Risiken und dem sozial-ökonomischen Umfeld in den vulnerablen Teilen von Makati City wurden auf der Basis früherer Studien und Arbeiten von EMI und anderen Institutionen; Entwicklung von Indikatoren, die physische Risiken und sozio-ökonomische Vulnerabilität verknüpfen. Obgleich das Projekt erst am Anfang steht, zeichnet sich ab, dass es eine Pilotfunktion für zukünftige Strategien der Katastrophenvorsorge in Großstädten haben wird. In der Tat gibt es in der sich entwickelnden Welt bis heute de facto keine Beispiele dafür, dass Katastrophenvorsorge systematisch in die Stadtentwicklung integriert würde. Obgleich zahlreiche Dokumente der Vereinten Nationen dies als eine der höchsten Prioritäten identifiziert haben, ist deren Umsetzung bisher nicht angegangen worden. Die hier gemachten Erfahrungen werden also über regionale Aspekte von Kathmandu und Makati City hinausgehen, Bedeutung für andere Städte haben und Erkenntnisse für die nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit liefern. F. Wenzel 2 DKKV INFOBLATT 3. Extremwetterkongress in Hamburg vom 26.-28.03.2008 Die dritte Veranstaltung des Kongresses unterstrich die Tragfähigkeit des Kongresskonzeptes. Den Veranstaltern, zwei jungen Unternehmern, war es schon mit den beiden ersten Veranstaltungen der Reihe sehr erfolgreich gelungen, die Öffentlichkeit zu erreichen. Mit dem aktuellen Kongress stieg auch das fachliche Niveau im Vergleich mit den Vorveranstaltungen noch einmal erkennbar an. Den Vortragenden wurde mit einer ¾Stunde eine auch für die Behandlung komplexerer Fragen ausreichende Zeit zur Verfügung gestellt. An den drei Veranstaltungstagen war mit den etwas über 30 Beiträgen der Kongresszeitplan jeden Tag bis in den späten Abend ausgefüllt. Die Breite der vorgestellten Themen war beachtlich, so dass nahezu für jeden der etwa 500 Kongressteilnehmer Interessantes angeboten wurde. Das Spektrum der Vorträge orientierte sich einerseits tatsächlich an „Extremwetter“, andrerseits wurden nahezu alle aktuellen zum Kongresstitel passenden Themen behandelt : „Tornadojagd“ fand sich ebenso wie „Kosten des Klimawandels“, „Sandstürme auf dem Mars“ ebenso wie „Wettervorhersage“. Da aber die Vortragenden in der großen Mehrzahl ausgewiesene Experten in ihrem Feld waren, ergab sich ein breites Bildungsangebot für interessierte Zuhörer. Die Veranstalter hatten sich bei der Kongressvorbereitung darum bemüht, dass die Vorträge möglichst allgemeinverständlich gehalten wurden. Auffällig war dann, dass ein recht ansehnlicher Teil der Besucher Fachpersonen waren, die die Gelegenheit nahmen, die Vorträge ihrer Fachkollegen in prägnanter Form anzuhören. Den Veranstaltern war es gelungen, die Veranstaltung für die Medien, allen voran das Fernsehen, attraktiv zu machen. So wurde die Veranstaltung nahezu komplett vom Sender „Phönix“ aufgezeichnet. Exemplarisch für das umfangreiche Programm sollen einige Aspekte aus den Präsentationen zum Klimawandel vorgestellt wurde. Ökonomische Berechnungen zum Klimawandel erbrachten konkrete Zahlen zu den Adaptionskosten, die sogar herunter gebrochen auf einzelne deutsche Bundesländer vorgestellt wurden. Diese jedoch beruhten auf einer einzigen Klimamodellrechnung (Vortrag Kemfert) und berücksichtigten keinerlei Bandbreiten für die Kimavorhersagen. Aus den nur schwer ermittelbaren Schadensfunktionen und der Festlegung des Diskontsatzes entstehen weitere Unsicherheiten. Die durch die Festlegung auf nur eine Zahl pro Bundesland stark vereinfachenden Ergebnisse fanden in Presse eine breite Resonanz. Positiv zu vermerken ist es, dass die Ergebnisse die Aufwendungen für Adaption an den unabwendbaren Teil des Klimawandels betrafen. Die Darstellung des Abschmelzens der Nordpolarkappe (Lemke) wurde in einem detaillierten Beitrag auf hohem wissenschaftlichen Niveau dargestellt. Es wurde dargestellt, dass die Eisdicke sich in den letzten Jahren verringert hat, wobei dieser Trend sich in der jüngsten Vergangenheit beschleunigt hat. Dies führt auch zu einer Beeinflussung der polaren Ökosysteme. Allerdings bleibt die vom Autor 3 DKKV INFOBLATT angesprochene Schlussbemerkung, dass dieser nordpolare Klimawandel durch einfache Bescheidenheit beim Lebensstil aufzuhalten oder gar zurückzudrehen sei könnte, als kaum umsetzbare Handlungsanleitung stehen. Maßnahmen zum Schutz des Klimas werden tendenziell als nahezu gleichbedeutend mit Maßnahmen zur Rettung der Welt dargestellt. Das führt zur Problematik der öffentlichkeitswirksamen Präsentation von langfristig wirkenden Vorsorgemaßnahmen im Feld der Katastrophenvorsorge. Katastrophenschutz ist in der öffentlichen Darstellung nur ein schwer begreifbares Thema. Die Wirkung von Aufwendungen erschließt sich nur nach längerer Erklärung. Der Grund liegt in den meist fallspezifischen Maßnahmen, die in aller Regel noch nicht einmal überlokale Aspekte ausweisen. Insofern nehmen sich Maßnahmen der Katastrophenvorsorge mit ihrer lokalen bis regionalen Erstreckung in ihrer Wirkung meist eher bescheiden aus. Abhilfe zu schaffen erfordert, vorhandene und zukünftig erwartete Defizite in der Katastrophenvorsorge konkret und prägnant zu benennen, ebenso wie erforderlichen Maßnahmen zu deren Verbesserung. Nur wenn es gelingt, eine solch prägnante Darstellung der Forderungen und konkreten Ziele zu formulieren, wird es gelingen, auch für die Belange des Katastrophenschutzes, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu erringen. Die aktuelle öffentliche Aufmerksamkeit für den Klimawandel bietet auch für den Katastrophenschutz eine Chance, weil Zeithorizonte und Planungsansätze sehr viel gemeinsames haben. G. Tetzlaff Eine neue Initiative der EU- Kommission zur Katastrophenprävention – Bericht von einer Konsultation Am 14. April 2008 lud die Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission, Civil Protection Unit, zu einem Runden Tisch ein, bei dem eine Initiative der Europäischen Union zur Katastrophenprävention diskutiert wurde. Neben Vertretern der Regierungen der Mitgliedsstaaten waren auch internationale Organisationen, Vertreter der Zivilgesellschaft und nationale Plattformen der Katastrophenvorsorge geladen. Aus Deutschland nahmen Vertreter des BMI, des Innenministeriums NordrheinWestfalen und des DKKV – vertreten durch das Global Fire Monitoring Center (GFMC), Freiburg – teil. Die Initiative zur Katastrophenprävention ist ein Element des legislativen Arbeitsprogramms der Kommission im Jahr 2008 und schließt Anhörungen bzw. Konsultationen – einschließlich einer öffentlichen Konsultation auf dem Internet – bis Ende Mai 2008 ein. Die Begründung für eine solche Initiative liegt in der Reaktion der Politik auf die Waldbrände, Flutkatastrophen und extreme Trockenperioden der vergangenen Jahre. Die Forderung, das Thema der Prävention von Naturkatastrophen bzw. technogenen Katastrophen aufzugreifen und Prioritäten zu definieren, liegt auf der Linie der UN-ISDR bzw. des Hyogo Framework for Action. 4 DKKV INFOBLATT Auch eine Studie der dänischen Consulting Engineers and Planners (COWI) "Assessing the potential for a comprehensive Community strategy for the prevention of natural and man made disasters - The Community setting" legte die Handlungsdefizite in der EU auf den Tisch. Dies spiegelte auch das Programm der Veranstaltung wider, in dem u.a. folgende Fragestellungen offen und kritisch diskutiert wurden: - - Besteht die Notwendigkeit einer EU-Initiative zur Katastrophenprävention? Welche wissensbasierten Methoden, einschließlich Verfahren von Datenverarbeitung und -austausch, werden benötigt? Welche Elemente sollten in eine Initiative eingebaut werden: Reichen die existierenden Direktiven der EU aus, die zur Reduzierung von Katastrophen beitragen können, oder bedarf es neuer, komplementärer Instrumente für die Katastrophenprävention, beispielsweise spezifische sektorale Präventionsinitiativen für Waldbrände oder Erdbeben. Notwendigkeit des verstärkten Ineinandergreifens von Prävention, Vorsorge und Bewältigung von Katastrophen Koordination mit existierenden international Initiativen, vor allem mit UN-ISDR. Auch wenn derzeit noch kein offizieller Bericht über diese Konsultation vorliegt, so folgert der Berichterstatter aus der Diskussion, dass gerade beim letzten Punkt der Debatte ein klares Meinungsbild vorhanden ist: Von verschiedener Seite wurde die Notwendigkeit unterstrichen, eine Initiative mit dem Konzept von UN-ISDR und dem Hyogo Framework in Einklang zu bringen. Der Beiträge der eingeladenen Vertreter der EU-Länder und internationaler Organisationen wiesen wiederholt auf die Priorität der Katastrophenprävention hin. Die Konsultationen gehen mit Expertenanhörungen in die nächste Runde. Am 20. Mai 2008 wird die Generaldirektion für Umwelt eine Expertenanhörung zur Prävention von Vegetationsbränden einberufen, anlässlich dessen das GFMC zur Stellungnahme zu einer Reihe von Fragen aufgefordert wurde und die Teilnahme zugesagt hat. Johann Georg Goldammer Rosersberginitiative Was Anfang Juni 2007 im schwedischen Rosersberg in der dortigen nationalen Akademie für Katastrophenschutz zu Papier gebracht wurde, kann - sofern richtig umgesetzt - die internationale Hilfe vor Umweltschutzkatastrophen bzw. nach deren Eintritt einen bedeutsamen Schritt nach vorn bringen. Es kann zugleich die weitere Umsetzung der Neuen Strategie zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland aus dem Jahre 2002 unterstützen und zugleich der Konsolidierung der europäischen Zusammenarbeit im Bevölkerungsschutz dienen. Dabei ist die von den Teilnehmern am 7. Treffen der Advisory Group on Environmental Emergencies (AGEE) der Joint UNEP/OCHA Environment Unit (JEU) 5 DKKV INFOBLATT verabredete, nach dem Ort des Treffens benannte Rosersberginitiative ein eher schmales Dokument. Es knüpft an die durch Analysen untermauerte Feststellung an, dass im Gegensatz zu anderen Schadensereignissen - etwa nach Nuklear- oder Chemieunfällen - das Bewusstsein für und die Vorbereitung auf Umweltkatastrophen deutlich schlechter entwickelt ist. Um dies zu verändern, sollen die Geberländer, die von Umweltkatastrophen bedrohten und betroffenen Staaten, Wirtschaftsunternehmen sowie staatliche wie nichtstaatliche Organisationen zusammenwirken; auf diese Weise soll das fehlende Bewusstsein geschaffen, sollen die Strukturen der Hilfs- und Schutzsysteme verbessert und das Verfahren bei der Bereitstellung und Entgegennahme von internationaler Hilfe nach Umweltkatastrophen optimiert werden. Das Deutsche Komitee Katastrophenvorsorge hatte sich schon Anfang Juli 2007 am Rande eines kleinen Expertentreffens im Global Fire Monitoring Center in Freiburg mit dieser Initiative befasst. Als Ergebnis wurde danach festgehalten, die Initiative könne Deutschland als einem Land mit einem hoch entwickelten System des Bevölkerungsschutzes und hoher Einsatzbereitschaft nach internationalen Katastrophen unter Einbeziehung von gleichgerichteten Zielen der Europäischen Gemeinschaft die einmalige Chance eröffnen, das nationale System des Bevölkerungsschutzes und das Gemeinschaftsverfahren einer selbstkritischen Analyse zu unterziehen. Das Auswärtige Amt hat die Anregung aus dem DKKV zu einer nationalen Startveranstaltung spontan aufgegriffen, die in der zweiten Aprilhälfte ganztägig in Berlin stattfand. Beteiligt waren neben Roy Brooke und René Nijenhuis von der Joint UNEP/OCHA Environment Unit (JEU) und Frau Brammann für das Monitoring and Information Centre der EU Vertreter aus Bundesressorts, dem Arbeitskreis V der Innenministerkonferenz sowie den Hilfsorganisationen und der GTZ. Nach Erläuterung der Ziele der Rosersberginitiative wurden dabei in zwei Foren die Hilfsmöglichkeiten des nationalen Bevölkerungsschutzes sowie die Technik der internationalen Hilfe diskutiert. Die Teilnehmer kamen überein, die Koordination der Akteure im nationalen Bevölkerungsschutz funktioniere in konkreten Problemlagen durchaus zufriedenstellend, wie sich an der Einrichtung des Havariekommandos gezeigt habe. Im internationalen Katastrophenschutz bestehe eines der unzureichend gelösten Probleme hingegen in der Vielzahl der Akteure. Insbesondere im Verhältnis der UN und der EU bestehe Klärungsbedarf. Angesichts der Risiken für die Umwelt aus künftigen Klimaentwicklungen entstehe aber eine neue Dimension für die internationale Katastrophenbewältigung. Im Hinblick darauf müsse die Einrichtung einer nationalen Anlaufstelle für internationale Katastrophenhilfe neu geprüft werden. Elemente hierfür seien bereits vorhanden, von der Bedarfsanalyse bis hin zur Errichtung einer Datenbank für den Nachweis von Expertenwissen zwischen nationalen und europäischen Systemen sowie UN seien aber Fragen der Vernetzung zu klären. Vor allem müsse aber Überbürokratisierung vermieden werden. Den weiteren Umsetzungsprozess auf der nationalen Ebene wird das Bundesministerium des Innern federführend wahrnehmen. Klaus-Henning Rosen 6 DKKV INFOBLATT Workshop „Climate Change Adaptation“ in London am 25.04.2008 veranstaltet von der European Bank for Reconstruction and Development Der Workshop brachte vor allem Teilnehmer aus dem Banken und Investorensektor zusammen. Für DKKV waren die Anpassungsstrategien von Interesse. Besonders war das Augenmerk auf der Frage gerichtet, wie der Finanzsektor Langfristvorsorge und Infrastruktur mit Adaption vereinbaren würden. Das Programm gliederte sich in einen Vortragsteil und zwei Diskussionsrunden. In den 6 Vorträgen wurden aus den verschiedenen Blickrichtungen Finanzierungen angesprochen. Dabei wurden von den verschiedenen Vortragenden die Sichtweise der konkreten Projektdurchführung zur Anpassung an den Klimawandel in den Vordergrund gestellt. Durchgängig wurde die Sichtweise der Regionalität von Anpassung im Unterschied zur Globalität von CO2-Minderung hervorgehoben. Je konkreter die vorgestellten Maßnahmen oder Projekte waren, desto mehr wurde aber andrerseits die Zwecksetzung mit der CO2-Minderung verknüpft. Dies ist kaum verwunderlich, als die Zeitskala der meisten dieser Projekte deutlich kürzer ist als diejenige des Klimawandels. Es mangelte an Projekten, die strategisch eine Vorsorgeplanung über einen längeren Zeitraum wie z.B. ein Jahrhundert hinweg zwingend erfordern. Es fiel auf, dass über die Gestaltung von regulierenden Langzeitplanungswerkzeugen wenig konkrete Informationen vorliegen. Dabei ist klar, dass in der Planung künftiger kritischer Infrastrukturen dringend Langzeitprognosen Beachtung finden müssen. Derzeit gibt es dazu aber keine/kaum Regularien. Die Rolle der Wissenschaft bei der Ermittlung von Klimawandel wurde mit dem Satz charakterisiert „we are in the hands of the scientists“. Dies drückt das Gefühl einer unkontrollierbaren Abhängigkeit aus. In der Tat besteht eine Abhängigkeit, obwohl die zur Verfügung gestellten Ergebnisse in ihrer Bandbreite deutlich die sonst üblichen Unsicherheiten bei der Entscheidungsfindung übersteigen. Interessant war der Hinweis des EU-Vertreters (Jos Delbeke) auf die Umwandlung des EU Green Paper in ein White Paper, geplant im Zuge der französischen Ratspräsidentschaft. Interessant war ferner die Auffassung zum CO2-Markt. Dieser Markt wurde künstlich geschaffen, wird aber nunmehr als „real“ angenommen. Eine wichtige Ergänzung zum CO2-Handel stellt aus der Sicht der EU-Kommission die CO2-Einlagerung dar. Dafür wird es in den kommenden Jahren umfangreiche Forschungen und Praxistests geben. Vielfach wurde von Bankern bei Anpassungsprojekten eine pragmatische Herangehensweise gepflegt. Der Klimawandel und die Anpassung daran wird in ihren Projekten genannt, findet auch 7 DKKV INFOBLATT in der einen oder anderen Kleinigkeit ihren Niederschlag. Das ändert an der Gesamtstruktur der Projekte meist gar nichts, evtl. nur wenig. Der Grund liegt in der angestrebten Amortisationszeit, die nur in seltenen Fällen einen Zeitraum von 10 Jahren übersteigt. In diesem knapp bemessenen Zeitraum wird der Klimawandel kaum als Problem angesehen. Die Frage nach der Versicherungsfähigkeit oder nach höheren Festigkeitsanforderungen über die Gesamtstandzeit eines Projektes wird von Seiten der Finanzierer wenig reflektiert. Möglich ist das auch, weil für „marktübliche“ Investitionsvorhaben keine Berücksichtigung von Langzeitvorhersagen vorhanden sind. Das gilt wohl auch für den Sektor der kritischen Infrastruktur, zumindest von der Seite der Finanzierung aus. Auch in diesem Kreis herrschte in vielen Beiträgen das fundamentale Missverständnis bezüglich der Wirkungen/Auswirkungen von Klimawandel vor. Es wird vielfach angenommen/unterstellt, dass Klimawandel sich vor allem durch langsame Veränderungen bemerkbar macht. Langsame Veränderungen finden in der typischen Zeitskala von Dekaden statt. Obwohl in mehreren Beiträgen die Bedeutung von „Extremwetter“ angesprochen wurde, blieben die Schlussfolgerungen dazu jedoch meist wenig konkret. Das war bei den langsamen Änderungen anders. Dabei bleibt aber zu beachten, dass von den meisten Vortragenden keine klare Unterscheidung der Wirkung der verschiedenen Zeitskalen vorgenommen wurde. Natürlich wirken langsame Veränderungen im Bereich der Landwirtschaft z.T. erheblich, so dass in diesem Bereich große Umstellungen erforderlich sein werden. Da aber die durchschnittliche Adaption der Agrartechnik und des Saatgutes vielfach eine bis wenige Dekaden beträgt, kann Adaption längerfristigen Veränderungen folgen. Das gilt in ähnlicher Weise auch für eine Reihe von anderen Sektoren, so z.B. den Tourismus. In den Sektoren der (kritischen) Infrastruktur stellen sich die Bedingungen anders dar. Wegen der langen Standzeiten ist Adaption bei Vorliegen einer Vorhersage über etwa 100 Jahre sofort erforderlich. Zusätzlich ist zu beachten, dass mit dem Klimawandel vor allem auch Veränderungen in den extremen Wetterereignissen von statten gehen. Extreme Ereignisse sind selten. Sie treten u.U. nur in so großen Zeitabständen auf, dass die normale Überlieferung sie nicht zur Erfahrung werden lassen kann. Die Auswirkungen sind dann aber meist katastrophal, weil die Schadenswirkung sehr steil mit der Ereignisgröße ansteigt. So sind die materiellen Schäden durch das größte Hochwasserereignis in Deutschland im Jahre 2002 so groß wie die Summe der Schäden durch die 4 nächstgroßen Schadensereignisse. Im Bereich der Landwirtschaft werden Erträge nicht nur durch die Veränderung der mittleren Verhältnisse bestimmt, vielmehr prägen einzelne seltene Ereignisse das Ernteergebnis. In diesem Zusammenhang kommt der Frage nach der Veränderung von seltenen Ereignissen auch für diesen Bereich eine Schlüsselrolle zu. Das gleiche gilt für die Fragen der Entwicklung der Artenvielfalt. Die meisten Spezies reagieren stark auf einzelne extreme Ereignisse. So weist Patagonien Mitteltemperatur und Niederschlagsmengen auf, wie sie auch in Mitteleuropa angetroffen werden. Dennoch wird durch die immer wieder auftretenden Extremereignisse die ganze Vegetation anders geprägt. Daher wird Adaption vielfach durch die 8 DKKV INFOBLATT Adaption an veränderte Extremwerte geprägt. Da aber momentan die Vorhersagequalität der Extremwerte gegenüber derjenigen der Mittelwerte zurück liegt, bedarf großer Anstrengungen zur Verbesserung der Vorhersagequalität. In den aktuellen Investitionskriterien spielen Extremwerte eine untergeordnete Rolle. Katastrophenvorsorge ist gleichfalls auf diese Verbesserungen angewiesen. G. Tetzlaff Fortschritte in der Katastrophenvorsorge ? Angesichts der Naturkatastrophen in Myanmar und China mit fehlenden Warnungen der Bevölkerung und zusammenstürzenden Gebäuden durch schlechte Bauausführung müssen wir uns diese Frage stellen. In Myanmar stellt sich die Situation als besonders tragisch dar, da es in der Region Positivbeispiele in Bangladesh und Indien für funktionierende Frühwarnsysteme und Schutzbauten für die Bevölkerung gibt, die als Folge von großen Katastrophenereignissen Anfang der 90er Jahre konsequent und mit massiver Unterstützung deutscher Organisationen und Einrichtungen eingesetzt wurden. Können wir also von Fortschritten in der Katastrophenvorsorge sprechen ? Auf der Weltkonferenz zur Katastrophenvorsorge im Januar 2005 in Japan verabschiedeten mehr als 160 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen ein Aktionsprogramm, den Hyogo Framework for Action, für den Zeitraum bis 2015. Teil der Konferenzbeschlüsse war es auch, dass die Internationale Strategy zur Katastrophenvorsorge (ISDR) in regelmäßigen Abständen Informationen sammelt, um Fortschritte in der Umsetzung des Hyogo Framework for Action zu erfassen. Dabei wird die ISDR auf der nationalen Ebene durch Nationale Plattformen bzw. Focal Points für die Umsetzung des HFA unterstützt. Erstmalig wurden 2007 Informationen zusammen getragen. Ein Kritikpunkt an dieser ersten Informationssammlung war, dass die Fragestellungen zwar die Darstellung eines Sachstandes ermöglichten, Fortschritte – also positive Entwicklungen – auf diese Weise aber nicht erfasst werden konnten. Dieser Kritik wurde in Vorbereitung des zweiten Durchlaufes in diesem Jahr Rechnung getragen. Der Aufbau der Informationssammlung zielt klar und eindeutig auf die Erfassung von Entwicklungen und Fortschritten. Allerdings ist im Bemühen die Struktur der Informationssammlung zu verbessern, ein 34seitiges Dokument entstanden, dessen Abarbeitung sich zeitaufwändig gestalten wird. Das DKKV als Nationale Plattform zur Katastrophenvorsorge hat in einem ersten Schritt aus diesen 34 Seiten eine 8-seitige deutsche Fassung entwickelt. Die Informationssammlung orientiert sich an den Inhalten des Hyogo Framework for Action und umfasst die folgenden Punkte: Strategische Ziele - Integration der DRR in Politik und Planung nachhaltiger Entwicklung. 9 DKKV INFOBLATT - Entwicklung und Stärkung von Institutionen, Mechanismen und Kapazitäten,um Resilienz gegenüber Naturgefahren zu erhöhen. Systematische Miteinbeziehung von DRR-Ansätzen im Hinblick auf Notfallvorbereitungs-, -schutz- und –rettungsprogramme. Dringlichkeit von Maßnahmen Gewährleisten Sie, dass DRR nationale und lokale Priorität besitzt, bei gleichzeitiger breit aufgestellter institutioneller Basis hinsichtlich ihrer Anwendung. Identifizieren, abschätzen und überwachen Sie Risiken durch Naturgefahren und verbessern Sie die Frühwarnung. Verwenden Sie Wissen, Innovationen und Ausbildung um eine Sicherheitskultur und Resilienz auf allen Ebenen zu etablieren. Reduzieren Sie die grundlegenden Risikofaktoren. Stärken sie die Katastrophenbereitschaft für effektive Gegenmaßnahmen auf allen Ebenen. „Triebfedern des Fortschritts“ sind alle jene Faktoren, die als Antrieb oder Beschleuniger für substantiellen Fortschritt in DRR und nachhaltige Erholung von Katastrophen dienen. Zukunftsaussichten Dieser Abschnitt ist thematisch zweigeteilt. Zum einen sollen generelle Herausforderungen, auf die Sie bei der Umsetzung lokaler und nationaler Aktivitäten der DRR gestoßen sind, umreißen. Zum anderen sollen Sie eine Neueinschätzung der anzustrebenden Ziele der DRR Ihres Landes skizzieren. Diese Neueinschätzung soll eine kritische Neuausrichtung der gegenwärtigen Ziele (im Abschnitt ‚Strategische Ziele’ genannt) vor dem Hintergrund der von Ihnen erfahrenen Herausforderungen sein. Das DKKV wird sich in den nächsten Tagen mit Ihnen in Verbindung setzen, Ihnen weitere Informationen zukommen lassen und Sie um Ihre Mitarbeit bei der Erstellung des deutschen Berichtes zur Umsetzung des HFA bitten. Wir sind auf Ihre aktive Unterstützung angewiesen, möchten gleichzeitig darauf hinweisen, dass nur durch Ihre Informationsbeiträge die in Deutschland – sowohl im nationalen Kontakt als auch im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit – gemachten Fortschritte positiv nach außen vermittelt werden können. Karl-Otto Zentel 10