“Schweinske Reeperbahn”, Hamburg

Transcrição

“Schweinske Reeperbahn”, Hamburg
Schweinske (Reeperbahn) - „Ein schlechter Witz, oder?“
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Inhalt:
- Einleitung
- Soweit so gut
- Bedienung, bitte!
- Happa-Happa
- Rast & Räume
- Zahlen
- Fazit des Ganzen
- Schweinske-Infos
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Hallo Ausgeher,
kennt ihr den? Wie heißt der Lieblingsfilm der Krankenhausärzte? – Bambi – Es ist ein
Re(h)animationsfilm! Oder den? Fragt die Kassiererin die Oma: „Brauchen Sie eine Tüte?“ –
Die Oma antwortet: „Nee, Fräulein, wenn ich jetzt kiffe, vergesse ich wieder die Hälfte!“
Noch einer gefällig, vielleicht mal aus dem Genre der weniger lustigen? „Ich möchte ihren
Chef sprechen!“ – „Geht leider nicht, er ist nicht da!“ – „Ich habe ihn durchs Fenster
gesehen!“ – „Stimmt, er Sie auch!“
===Einleitung===
Hamburgs Gastronomie ist so vielfältig wie die Welt der Witze auf diesem Planeten. Es gibt
gute sowie schlechte Gags. Ob billig, verstaubt, seriös, anstößig oder einfach nur gut – Die
Auswahl ist verblüffend groß. Oder wie lässt es sich erklären, dass man sich selbst nach
einem Lokalbesuch den Satz sagen hört: „Das war doch wohl ein schlechter Witz, oder?“
Demnach ist die Erwartungshaltung in jedem Laden verschieden. Umso teurer, desto höher.
So erwarten wir instinktiv beispielsweise vom Hamburger Nobel-Hotel „Vier Jahreszeiten“,
das mit fünf Sternen kategorisiert ist, hochwertiges Ambiente, teures Essen und hochtrabende
Bedienung. Um das mal in einem Kurzwitz auszudrücken: Zwei Männer sitzen im Theater,
sagt der eine: “Pass auf, jetzt kommt gleich der große Monolog.” Darauf der andere: “Oh,
hoffentlich setzt er sich nicht vor mich!” Na gelacht? Gut.
Währenddessen bringt´s die kleine, schmutzige Kneipe von nebenan, in der das Rauchen zum
Standard gehört, der Kellner seine Schürze nur alle Woche wechselt und das Bierglas mit
leichtem Fettrand serviert wird, auf ein voraussichtliches Gag-Niveau vom „Übern Berg ist es
kürzer als wenn Du läufst!“
Aber warum? Wieso kann es in diesem doch günstigen Lokal kein leckeres Essen geben? Und
warum muss das Nobelhotel perfekt sein? Weil wir eine Erwartungshaltung haben, die wir
jederzeit jederorts an uns und die Umgebung stellen. Und warum stelle ich überhaupt diese
Fragen?
Weil wir Gastronomen kein Stück besser sind als Spediteure, Büroangestellte, Bauarbeiter,
Kraftfahrer oder Kranführer unter seinesgleichen. Wir sind sogar noch schlimmer! Weil wir
eine augenblicklich hohe Erwartungshaltung an unsere Kollegen stellen. Schlimm, oder?
Dabei beruht diese Auffassung auf der Grundlage, dass wir wissen, was wir leisten müssen,
was von uns erwartet wird und mit welchen Lösungen schwierige Gäste beherrschbar
gemacht werden können. Getreu dem Motto: „Wozu wir imstande sind, verlangen wir auch
von den anderen!“ Wie werde ich empfangen? Machen die das genauso gut wie ich? Wie
wurde meine Reservierung bearbeitet und umgesetzt? Setzt das Team meine Umbestellungen
genauso wie bei uns um? Oder sind die Köche überfordert mit Leistungen außerhalb der
Karte? Somit sind die Kollegen bereits im Vorwege meist chancenlos, egal wie man es dreht
und wendet. Ein Teufelskreis. Wir wollen, nein wir müssen einfach mit der Einstellung
wieder nach draußen gehen: Mensch, das war so gut, dass habe ich nicht erwartet!“ Getreu
unserem heutigen Witzgedanke: „Wussten Sie schon, dass fünf von drei Leuten keine
Bruchrechnung können?“
Na gut, umso schlimmer ist es für Lokale, die auf einer Kette basieren, deren Personal meist
aus Studenten oder ungelernten Einsteigern besteht. Meist sind dies Locations, deren
Leitgedanke es ist, für eine junge, spontane und vielleicht nicht ganz so anspruchsvolle
Zielgruppe da zu sein. So nennt man sich „Einstein“, „Treibhaus“, „Brauhaus“, „Oktober“
oder „Schweinske“ und firmiert unter dem Begriff „Bistrorant“. Rustikal, viel Holz, schnelle,
einfache und günstige Küche, Cocktails – Stilistisch ähnelt man sich, lediglich das Motto ist
anders. So dreht sich im letztgenannten Hamburger Franchise-Unternehmen „Schweinske“
alles um das rosarote Borstentier. Dekorativ balanciert man im ganzen Lokal auf
schweinische Hingucker, das Essen ist vorwiegend vom selbigen und ebenso basiert das
Marketing dahin. Gut positioniert findet man das „Schweinske“ überall in Hamburg. Sogar
am Hauptbahnhof stellt sich eine Filiale der Herausforderung „Gast“! Und was am
Anlaufpunkt Nummer eins funktioniert, wieso nicht auch auf Hamburgs bekanntester Meile
der Reeperbahn?
===Soweit so gut===
Mein Chef beschließt einen gemeinsamen Ausflug in die Hansestadt. Gibt es eine bessere
Methode der Teambildung wie einen bündigen Gang in Richtung Gemeinsamkeit? Nein. Es
ist Februar, wir sind zehn Personen, gut drauf und draußen macht sich der Frost so richtig
breit. Michelin-Männchengleich treibt es die Sippe (nach mehreren Zwischenstationen) auf
die sündige Meile der City. Weise wie mein Chef so ist reserviert er im Vorwege für uns
einen Tisch im „Schweinske“. Die Vorfreude, endlich etwas Nettes in warmer Atmosphäre
zwischen die Beißerchen zu bekommen, ist gigantisch. Die Stimmung ähnelt ungefähr diesem
Witz: Ein Mann fährt mit dem Auto eine steile Bergstraße hinauf. Eine Frau fährt dieselbe
Straße hinunter. Als sie sich begegnen, lehnt sich die Frau aus dem Fenster und schreit:
"Schwein!" Der Mann schreit sofort zurück: "Schlampe!" Beide fahren weiter. Als der Mann
um die nächste Kurve biegt, rammt er ein Schwein, das mitten auf der Straße steht. Wenn
Männer doch nur zuhören würden...
Heute ist im „Schweinske“ an der Reeperbahn nicht sonderlich viel los. Lediglich vier bis
fünf Tische finden ihre sitzenden Besucher, zusätzlich uns. Die Einrichtung ist
erwartungsgemäß rustikal, edle Dinge sucht man hier vergebens. Die dunkel lackierten,
blanken kräftigen Holztische gibt’s in verschiedenen Größen; eine recht großzügige Theke,
bepackt mit allerlei Flaschen und Gläsern, bevölkert den hinteren Mittelbereich des Lokals. In
Deckenhöhe knattert leise eine kleine Eisenbahn mit ihren Güterwagons brav hin und wieder
zurück und erledigt so ihre witzige Aufgabe des Hinguckers- ohne zu murren. Hier und da
verzieren Bilder rund um das Motto „Schwein“ die Wände. In einem Käfig sitzt eine
übergroße in Strapse gekleidete Saupuppe. Witzige Idee. Eine offene Küche bietet Einsicht in
deren Inventar. Zwei brutzelnde Menschen in weiß verrichten in der doch relativ kleinen
Kombüse ihren Job.
Ein junger Mann weist den Weg per Zeigefinger zu dem uns vorgesehenen Platz. Viel Mühe
macht man sich hiermit allerdings nicht, denn für uns kleine Personenzahl hat man zwei
kleine Tafeln hergerichtet. Eher lieblos, als einfallsreich. Das Problem diesbezüglich liegt
wahrscheinlich am Größenunterschied der beiden Tische, die nun offenbar als Tafel keinen
Sinn mehr ergeben könnten. Völliger Unsinn! Da wir ungern an getrennten Tafeln sitzen
möchten, geben wir der Tischreihe den ihren bestimmten Zweck zurück. Jacken aus, endlich
sitzen. Doch so wirklich warm wird uns nicht wirklich. Ist hier die Heizung ausgefallen?
Vermutlich hat uns der Frost da draußen noch so was von in den Fängen, dass die hier innere
Wärme uns erst später empfangen wird. Kein Problem.
Fein säuberlich im Ständer verstaut lauert ein Packen Informationsmaterial auf ihre Nutzer.
Darunter auch die Speisenkarte. Selbige bietet eine relativ großzügige Auswahl an. So finden
sich darauf etwas kleinere Gerichte wie Salate (z.B. Caesarsalat mit Hähnchenbruststreifen &
Parmesan € 8,20), Grillkartoffeln mit Sourcreme (z.B. mit Putenbrust € 5,50) oder Suppen
(z.B. Kartoffelsuppe € 3,40). Variantenreich setzt sich die Liste mit Schnitzelvarianten (z.B.
Zigeunerschnitzel € 7,65), Schweinesteaks (z.B. Huftsteak mit Grillkartoffel € 10,40),
Geflügel (z.B. Fritz-Pute, Pommes & Salat € 8,10) und Nudelgerichten (z.B. Nudelauflauf €
6,50) für den großen Appetit fort. Auch an Kinder wurde gedacht (z.B. Kleines Schnitzel,
Pommes € 3,45). Der süße Janker (z.B. Apfelstrudel, Vanilleeis & Sahne € 3,40) wird mit
fünf Varianten leicht vernachlässigt, was eventuell am geringen Interesse der Gäste liegen
mag. Wer hier über die Preise lästert, hat keine Ahnung!
Die Größe der „Schweinske-Gruppe“ und der dementsprechenden Mengenabnahme an
Getränken sorgen auch in diesem Metier für recht günstige Preise. So liegt ein Mineralwasser
0,2l bei € 1,80, die Cola 0,3l bei € 2,40, das Warsteinerpils 0,3l bei € 2,50 und die Weine
(0,2l) zwischen € 3,00 und € 3,50.
Eine separate Karte für Cocktails soll Akzente setzen. So gut wie jedes der angegebenen
Mixgetränke steht im kleinen sowie im Jumboformat zur Verfügung. So kostet der „Pina
Colada“ in der kleinen Variante € 7,10, die größere € 10,90. Ein „Mojito“ gibt’s für € 7,10
und € 11,90; ein Margarita ab € 6,90. Zwischen 16.00 und 19.00 Uhr ist „Happy Our“
angesagt. Wer hier einen der angepriesenen Cocktails ordert, bezahlt erheblich weniger. Auch
der „Caipirinha“ bekommt seine Stunde (19.00 – 21.00 Uhr) ebenso wie der Jumbo-Cocktail
(21.00 – 22.00 Uhr). Wie man sieht, kann sich der willige Gast Stunde um Stunde nur aus
Mixgetränken ernähren. Zu, na sagen wir, relativ günstigen Preisen.
===Bedienung, bitte!===
„Was darf´s zu Trinken sein?“ Die Bedienung schlängelt sich zu uns durch. Sie wirkt etwas
gestresst, lässt sich diesbezüglich aber nichts anmerken. Auch wenn dieser Cocktail nicht auf
der offiziellen Karte zu finden ist, versuche ich mein Glück und erfrage, ob ich einen
„Appletini“ (Martini, Apfelsaft, Pfefferminzlikör) bekommen kann. Alle dazugehörigen
Bestandteile sind laut der Karte definitiv vorhanden. Die Antwort kommt prompt: „Ich glaube
nicht!“ Ich erkläre ihr kurz die Zutaten und stelle fest, dass der Barkeeper das Ganze bestimmt
zusammenkippen kann. „Er hat heute seinen ersten Tag, ich glaube es zwar nicht, aber ich
versuche es mal!“ Sprach´s und ging. Flexibler geht’s kaum.
Es ist immer noch nicht wirklich warm. Langsam aber sicher glaube ich an die kaputte
Heizung. Na ja, bei den Ölpreisen…
Während wir auf die Getränke warten kommt uns der Gedanke, uns etwas vorweg zu
bestellen. Doch so wirklich findet sich nichts auf der Speisenkarte, was an eine Vorspeise
erinnern könnte. Ungewöhnlich, aber nicht zu ändern. Da müssen wir mal wieder einen
Sonderwunsch äußern.
Die junge Dame kommt wieder. Sie hat Brot dabei, welches sie auf den Tisch stellt. Es ist (in
Köche-Sprache) eine „Brötchensonne“. Auf gut Deutsch ein runder Weißbrotzopf. Da es sich
um eine „milde Gabe“ des Hauses handelt, wagen wir nicht, etwas Butter dazu zu bestellen,
oder zumindest etwas, dass das Brot etwas weniger trocken erscheinen lässt.
Die junge Dame interessiert sich nun für unsere Essenswünsche. Nach und nach notiert sie
sich die Anliegen. Ich entscheide mich für das „Fritz Schnitzel XXL“ (€ 9,90). Der Hunger
lässt es zu. Hoffentlich sind die Augen tatsächlich nicht größer als der Magen. Sie nickt,
während sich unsere Meute mit einem „Typisch Knopfi!“ äußert. Manno! Ach ja, da war ja
noch die Arie mit der Vorspeise. Den Part darf (natürlich) ich übernehmen. Diese Situation,
der Böse zu sein, kenne ich ja schon von zu Hause her. Also, ran an den Speck. „Wir hätten
gern eine Vorspeise!“ – „Welche?“ – „Am Besten die Chicken-Crossies!“ (€ 7,40) – „Das ist
aber ein Hauptgang!“ – „Dann bringen Sie doch drei Cossies-Hauptgänge auf jeweils drei
Teller verteilt, die wir dann mittig stellen!“ – „Mit allem Drum und Dran?“ – „Von mir aus
auch das!“ - „Okay, das können wir machen!“ – „Gut!“ Nicht wirklich überzeugt geht sie von
Dannen. Schade, dass sie sich das anmerken lässt. Ein virtuelles Augenrollen empfangen wir
dann doch noch. Aber wir sind ja voller guter Erwartungen, denn: Lieber auf den Geschmack
als auf den Hund gekommen.
Die Getränke kommen. Die Bedienung, die sich eben ein öffentliches, aber effizientes
Gefecht mit ihrem Kollegen geliefert hat, weiß, welche Getränke wohin gehören. Sogar
meinen „Appletini“ hat sie ermöglicht. Schön.
Oje, was ist das denn dahinten für ein Lärm am Tisch? Da regt sich doch unser Küchenchef
ein wenig über das gelieferte Getränk auf. Warum nur? Die Rücksprache ergibt, dass das
Gelieferte nicht so wirklich mit dem Bestellten harmoniert. Man ordert die Bedienung, welche
mit wehendem Haar herbeieilt. Immerhin, das funktioniert. „Die Cola hier ist keine Coca Cola
wie auf der Karte beschrieben, sondern eine Pepsi!“ Der Gute ist echt angepisst. Nur wegen
einer Cola, ich fasse es nicht. Aber gut, jedem das seine. Ich sage ja immer, wir Gastronomen
sind halt etwas anders! Die Köche sowieso: "Wie hat Dir denn der Obstkuchen geschmeckt?"
"Da musst Du schon die Wespen fragen..."
Die Kellnerin reagiert korrekt. Sie teilt mit, sie habe verschwitzt zu sagen, dass man nicht
mehr mit der Marke Coca Cola handelt, sondern nun mit Pepsi. Nicht, dass es den Chefkoch
jemals zufrieden gestellt hätte, aber immerhin…
Um noch einmal auf den „Appletini“ zurückzukommen. Außer, dass der Minzlikör fehlte, war
er echt gut. Na ja, immerhin. Auch der „Sex on the Beach“ (€ 7,90) schien meiner kleinen
Azubine zu schmecken. Das „Er hatte etwas zu viel Alkohol gehabt“ lassen wir mal dahin
gestellt.
===Happa-Happa===
Aha, das Essen naht. Zumindest in Form der Chicken-Crossies. Ja, so ungefähr hatten wir uns
das vorgestellt. Wieso man nun zig Tonnen Pommes dazu gibt, keine Frage. Da sieht man mal
wieder, wie unterschiedliche die Vorstellungen zweier Menschen von etwas sein können. Was
haben wir in unserem Verkaufsseminar gelernt? Deutlich ausdrücken! Damit der Gegenüber
auch wirklich weiß, was er zu tun hat. Na ja, aber mit den dazu gelieferten Knoblauch- und
BBQ-Saucen war´s echt nett.
Einige Minuten später kommen auch die Hauptgänge. Mein XXL-Brummer ist echt eine
Aufgabe. Er schmeckt. Die Salatbeilage (ist eh viel zu gesund) und die Berge an Pommes
frites lasse ich allerdings auf dem Teller. Einfach zuviel.
Dieser Meinung scheinen meinem Befehlshaber und Tochter Swenja scheinbar nicht zu sein.
Während das bestellte Huftsteak Swenjas (€ 10,40) kalt ist, hat mein Herr Chef echte
Probleme mit dem Schneiden des Selbigen. Fassungslos wütet der Gute an seiner Schuhsohle
umher. Chancenlos. Das Huftsteak möchte und möchte einfach nicht gegessen werden. Und
die Bedienung ist auch nicht in Sicht.
Doch, da kommt sie! Anstandslos nimmt sie das Gummi-Problem mit, mit dem Versprechen,
ein neues zu bringen. Also, ein Wohlschmeckendes. Nun dann. Dieser Vorgang ging dann
aber auch fix von Statten. Der Brüller war´s dann leider doch nicht. Schade. Auch unser
Chefkoch scheint mit seinem zähen Etwas nichts anfangen zu können. Hier geht die
skandalöse Offenbarung zudem noch in die Richtung sehr fettiger Zwiebeln. Selber Schuld
kann ich da nur sagen. Hätten sie ein Schnitzel bestellt…
Die „Riesencurrywurst“ (€ 5,65) kann sich sehen lassen. Meiner Azubine, die offenbar mit
der Riesenlatte überfordert war, schien zufrieden. Aber was soll man sagen, wenn sich ein
Einsachtundfünfzig-Mädel solch ein Geschoss bestellt!?
Es wird und wird nicht wärmer. Mittlerweile kann man absolut davon ausgehen, dass hier die
Heizung in einen Kühlschrank umfunktioniert wurde. Da hilft selbst das warme Essen hier
vor uns nichts.
Die Bedienung siehts gelassen. Ja, heute stecke hier der Wurm im Detail. Aber gern würde sie
uns ein Heißgetränk in Form von Milchkaffee, Cappuccino, Kakao etc. offerieren. Nette
Geste, die wir gerne annehmen. Die gelieferten Kaffeespezialitäten sind gut, vor allem heiß.
===Rast & Räume===
Zeit für einen Blick in Richtung Toiletten. Nachdem ich mir nach dem „Appletini“ noch einen
halben Liter Duckstein (€ 3,80) einverleibte, drückt dann doch die Blase.
Vorbei an Miss Piggy, die sich – mal aus der Nähe betrachtet- nicht nur mit dem recht engen
Käfig, sondern einem überaus unerotischem Pelz aus Staub rumschlagen muss, geht’s die
Treppen hinab zu den Toiletten. Um den Weg im Vorwege erst einmal dorthin zu finden,
braucht es vorab erst einmal etwas Koordination. Ahnt man nicht, dass sich die Toiletten im
Untergeschoss befinden, kann es schon einmal sein, dass man (falls man zu schüchtern ist
zum Fragen) kurzsichtigerweise im Lokal umherirrt. Das wegweisende Schild gen unten wirkt
etwas fipsig, wird wohl daher gern übersehen.
Vorbei an elendig vielen internen Werbeplakaten findet man dann den korrekten Eingang. Die
Waschräume sind tadellos sauber, erinnern mich aber an die Toiletten eines Kinos. Über den
Pissoirs kleben die nervigen Pösterchen, deren Inhalt auf das bevorstehende Event hinweist.
Die Initiative, günstig im „Schweinske“ zu frühstücken, ist so stark, dass man es unbedingt
verzehnfacht in die Hirne der pinkelnden Gäste pflanzen möchte. Dennoch, alles ist sauber,
den Eindruck von Verschleiß, den viele dieser Bistrorants diesbezüglich hinterlassen, konnte
ich nicht finden.
===Zahlen===
„Möchte noch jemand etwas?“ – Mein Chef drängelt ein wenig. Der Transfer gen Heimat
wartet draußen auf uns. Außerdem friert der Gute. Er möchte lieber draußen sein, zum
Aufwärmen. Höre ich da einen Hauch Ironie aus seiner Stimme?
Das kollektive Kopfschütteln bringt nun wieder die junge Dame ins Spiel. Ja, das mit der Cola
ist schon eine Sache die ihr auf der Seele brennt. Und die nicht vorhandene Wärme erst. Ja,
schlimm. Gern würde sie uns allen den hiesigen „Hausschnaps“ offerieren. Sozusagen als
Wiedergutmachung. Okay, bevor wir uns schlagen lassen…
Mit dem Erläutern der beinhalteten Indigrenzien tut sich die Gute allerdings etwas schwer. So
wirklich scheint sich nicht zu wissen, was sich im„Hausschnaps“ beherbergt. „Etwas
Jägermeister und…ähm…“ stottert sie uns zu und verteilt die kleinen Stamper mit der
schwarzen Flüssigkeit, die keinen Zweifel am Inhalt von Hörnerwhisky geben. Auch wenn
wir unter ärgstem Anstrengen die weiteren Flüssigkeiten des Feuerwassers nicht herausfinden
können: Er schmeckt und- Achtung- wärmt!
Die Tatsache, dass mein Oberbefehlshaber nicht rückwärts aus der Tür taumelt, beweist, dass
die Rechnung angemessen und in Ordnung ist. Alle Posten sind aufgeführt, die versprochenen
„Geschenke“ fehlen. Gut. Im Nachhinein bestätigt er mir, dass wir absolut günstig gegessen
hätten, in so manch anderen Lokalitäten wäre dies bestimmt nicht der Fall gewesen. Na
wenigstens mein Chef bekommt sein Lächeln wieder. Die junge Dame verabschiedet sich
brav und stößt erneuten Aufträgen entgegen. Wenn das mal keine Gastronomen sind…
===Fazit des Ganzen===
Auf Hamburgs Sündenmeile Nummer eins, der Reeperbahn, gibt es viel zu sehen und erleben.
Alles hat seinen Preis – und der ist meist happig. Man schlägt gut zu, wenn es darum geht,
dem Touristen so viel Kohle aus der Tasche zu ziehen wie nur möglich. Egal ob Sexshop,
Diskothek oder Gastronomie. Es sei denn, man entscheidet sich für eine der unzähligen
Gastronomieketten, deren Preise von Grund auf „normal“ sind. Wie dem „Schweinske“, das
sich direkt an der Reeperbahn befindet.
Rustikal eingerichtet, legere einfache Karte, schnelle Küche – die prinzipielle Ausrichtung
eines Bistrorants. Wer so etwas mag, ist im „Schweinske“ richtig. Hier dreht sich alles – um
dem Namen gerecht zu werden- um das Thema Schwein. Achtzig Prozent der Hauptgerichte
basieren auf dem rosaroten Rüsseltier. Die Kuh sucht man hier vergebens, dafür sind Hühner
eine Alternative. Auch die Vegetarier bekommen hier ihr „Fett weg“. Das günstigste Gericht
gibt es hier ab € 4,00, das teuerste ruht auf € 20,00 (Grillplatte für zwei Personen). Auch die
Preise im Bereich der Durstlöcher sind absolut unschlagbar. So bewegen diese sich zwischen
€ 1,00 und € 5,00. Lediglich die variantenreichen Cocktails haben ihren Preis.
Doch wer in solche Kette einmarschiert, muss sich auch mit Abstrichen zurechtfinden. Gerade
hier, im „Schweinske“ an der Reeperbahn, stecken die Kleinigkeiten im Detail. Das das
komplette Lokal eisig kalt war, lassen wir einmal dahin gestellt. Wir können nur hoffen, dass
der erklärte Heizungsausfall tatsächlich nur einmalig war.
Die Bedienung wirkt hier leicht gestresst, was wohl auf ein Unterbesetztsein zurückzuführen
ist. Wären da nicht die merkwürdigen öffentlichen Streitigkeiten, die man hier im
Ferngespräch über den Köpfen der Gäste vollzieht, würde man denken, das Team
funktioniert. In Sachen Flexibilität gibt man sich hier eher bescheiden, versucht aber
zumindest, die Umbestellung zu klären. Erläutert man nicht genau, was man haben möchte,
kann es schon passieren, dass die erwarteten Gerichte anders ausfallen. Schade, denn meiner
Ansicht nach sollte nicht der Gast der Überlegende sein, sondern der Service muss seine
Möglichkeiten preisgeben. Ein Zugeständnis muss man allerdings hinsichtlich der offerierten
Heißgetränke und Schnäpse machen – Gut so!
Dass das „Schweinske“ seine Cola-Marke ändert ist absolut legitim. Steht natürlich jedem zu.
Doch sollte man diesen Schritt tunlichst in der Getränkekarte vermerken oder zumindest sein
Team anweisen, es den Gästen da draußen mitzuteilen. Das geschieht hier (vielleicht aus
Stressgründen) nicht. Und wer kann es einem Coca-Cola-Junkie wie unserem Chefkoch
verdenken, dass er not amused ist, über die missglückte Getränkelieferung.
Die gemixten Cocktails sind okay. Hier geht es letztlich um den Geschmack des Gastes. Da
viele Cocktails keine festen Rezepte haben („Sex on the beach“, „Kanguroo“,
„Swimmingpool“) deren Zutaten weltweit identisch sind, wird man von Kneipe zu Kneipe
unterschiedliche Geschmacksnuancen bekommen. Hier liegt es tatsächlich am Barmann, wie
reichlich er seine Säfte, Sirupe und Alkoholika dosiert.
Das Essen ist mit einem klaren „Okay“ abzuheften. Das wir keine Fünf-Sterne-Küche
erwarten können ist klar, aber etwas mehr Qualität wäre schon schön. Sicherlich sehen wir
Gastro-Freaks die Sache etwas ernster, aber ich bin mir sicher, dass der ein oder andere
Alternativgast ebenfalls zu diesem Essen sein „Geht so“ äußern dürfte, ohne arbeitstechnisch
aus der Gastro-Schiene abzustammen. Mit Reklamationen geht man aber offen um und sorgt
sich um eine schnelle Abwicklung.
Last but not least kommt nun die Endbewertung des Ganzen. Um bei dem Motto dieses
Reports zu bleiben, könnte man das Resultat folgendermaßen ausdrücken: Was ist hat vier
Beine ist groß und grün und wenn es vom Baum auf dich runter fällt bist du tot? - Ein
Billardtisch. Geschmunzelt? Ja? Okay. Mehr ist das „Schweinske“ an der Reeperbahn auch
nicht. Ein Schmunzler, den man gut zum Cocktailtrinken nutzen kann. Um das Ganze noch in
eine genauere Bewertung umzubauen: Drei von fünf Sternen.
Um das Paket „Schweinke“ nicht komplett abzuwerten sei ehrlicherweise gesagt, dass zum
Beispiel die Filialen am Hamburger Hauptbahnhof oder Ochsenzoll um einiges Besser sind
und als absolut lecker zu beurteilen sind. Vielleicht sollte man lieber diese Depots aufsuchen,
statt der in Sankt Pauli…
===Schweinske-Infos===
Adresse: Reeperbahn 157, 20359 Hamburg, St. Pauli
Tel: 040 / 33 39 67 70
Internet: www.schweinske-st-pauli.de
Öffnungszeiten: Mo – Do 09.00 - 00.00 Uhr, Fr – Sa und vor Feiertagen durchgehend
geöffnet, So 09.00 - 00.00 Uhr
Akzeptierte Zahlungen: EC, bar
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