5-13_Schimmel_im_Segel
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5-13_Schimmel_im_Segel
Segel + Rigg | Schimmelschutz Schimmel im Segel Ungebetene Gäste Schimmel und Stockflecken sind auf Yachten ein vertrautes Übel – immer häufiger berichten Skipper mittlerweile ebenso von schädlichem Pilzbefall an den Segeln. Jan Kuffel geht den Ursachen auf den Grund und gibt Tipps zur gezielten Vorbeugung sowie zur effektiven Beseitigung. H einz freut sich. Endlich einmal schönes Wetter nach dem verregneten und kalten Frühjahr. Die Yacht lag bisher fast nur im Hafen. Die Segel sind zwar schon seit dem Einwassern angeschlagen, haben aber seitdem kaum Tageslicht gesehen. Nun noch schnell die Genua ausgerollt, auf die der Eigner besonders stolz ist. Sie kam in der vorangegangenen Saison neu an Bord – feinstes Cruising-Laminat in effizientem Radialschnitt. Ein guter Kauf, wie sich schnell herausstellte: 48 PALSTEK 5/13 Das Segel passt perfekt und zieht hervorragend. Doch beim Trimmen der Schot stutzt der Eigner: Statt einer in makellosem weiß schimmernden Fläche, wie er sie im Frühjahr angeschlagen hat, ist das Vorliek auf mehreren Metern Länge mit schwarzen und grünen Punkten gesprenkelt. Das Segel verströmt zudem einen muffigen Geruch, der bis nach achtern ins Cockpit weht. Bei näherer Betrachtung wird schnell klar: Schimmelpilze haben sich auf dem und im Segel eingenistet. Heinz ist ratlos – waren doch nur wenige Wochen zuvor noch keine Spuren des Befalls erkennbar. Unsichtbare Anfänge „Ich sehe was, was Du nicht siehst“ – ähnlich wie dieses alte Kinderspiel ließe sich auch das Phänomen der Schimmelbildung betiteln, denn wie bei vielen biologischen Prozessen sind ihre Anfänge für das menschliche Auge zunächst unsichtbar. Umso vertrauter ist das Ergebnis: Auf Die schwarzen Flecken lassen keinen Zweifel an einem ausgeprägten Schimmelbefall. Schimmel trifft man im Haushalt, in der Natur und natürlich auch auf Yachten. Wohl jeder Eigner hat nach einem langen feuchten Winter schon einmal schwarze oder grünliche Flecken auf Polstern, GFK-Oberflächen, dem Ölzeug oder den Rettungswesten gefunden – üblicherweise bei schlechter Lüftung unter Deck. Noch vertrauter dürfte Schimmelbildung auf Lebensmitteln wie Brot oder Obst sein, wenn sie überlagert wurden – und an feuchten Wänden in Altbauten. Schimmel in Segeln stellt hingegen ein eher junges Phänomen dar, das im Laufe der vergangenen zehn Jahre immer häufiger in Erscheinung getreten ist. Die oben beschriebene Geschichte von „Heinz“ ist zwar Fiktion, dürfte sich auf ähnliche Weise aber schon des Öfteren abgespielt haben. Um die Gründe für diese Entwicklung auszumachen, muss man sich zunächst einmal etwas näher damit auseinandersetzen, was Schimmel eigentlich ist und wie er entsteht. Generell ist Schimmel in der Biologie ein Sammelbegriff für eine Anzahl von Pilzgewächsen, die hauptsächlich zu den Schlauch- und Jochpilzen gehören. Während sie zum einen für die Produktion von schädlichen Pilzgiften in Lebensmitteln und als Auslöser von Allergien bekannt sind, macht man sich zum anderen ebenso die positiven Eigenschaften einiger Schimmelpilzarten als Nahrungsmittelzusatz wie in Schimmelkäse und Salami sowie als biologische Grundlage für Antibiotika wie Penicillin oder cholesterinsenkende Medikamente zunutze. Schimmel ist zugleich der umgangssprachliche Begriff für den Schimmelpilz. Dieser besteht aus dem Mycel, dem Fruchtkörper (Karposoma) und den Sporen. Letztere bilden eine Art „Staubschicht“, die durch Luftbewegung weitergetragen wird und für eine großflächige Ausbreitung der Sporen sorgt. Häufig verbindet man mit den Schimmelpilzen lediglich das Karposoma. Dieses repräsentiert jedoch den kleinsten Teil des Schimmelpilzes. Allerdings ist auch nur dieser für das menschliche Auge sichtbar. Den größeren Rest des Pilzes kann man nicht erkennen: Das Mycel – sozusagen seine Wurzeln – und die Sporen. Letztere sorgen ähnlich wie Samen für die Vermehrung des Pilzes. Schimmel entsteht aus Sporen, die praktisch beständig in unserem Umfeld vorhanden sind. Der Pilz benötigt darüber hinaus Feuchtigkeit, Nahrung, eine geeignete Umgebungstemperatur (je nach Schimmelart unterschiedlich) und Sauerstoff. Um mit dem Wachstum beginnen zu können, muss die Schimmelspore zunächst auf ein entsprechendes Substrat, also einen geeigneten Nährboden, fallen. Als Nahrung dienen im Allgemeinen organische Moleküle wie Kohlenhydrate, Fette und Proteine – also Kohlenstoffquellen. Diese würde man wohl Der Übeltäter im Detail: oben die Sporen, darunter der Fruchtkörper (Karposoma), ganz unten die „Wurzeln“, das Mycel. PALSTEK 5/13 49 Segel + Rigg | Schimmelschutz und 40 Grad Celsius am wohlsten. Da der Schimmelbefall nicht nur unschön aussieht, sondern auch Materialzerstörungen und die Entstehung von Giften (Mykotoxine) zur Folge haben kann, gilt es, den Schimmel schnellstmöglich zu entfernen. Dafür bieten sich unterschiedliche Herangehensweisen an. Wichtig ist nicht nur, das sichtbare Karposoma abzutöten, sondern auch das Mycel und die Sporen zu entfernen. Nur so verhindert man ein sofortiges Wiederaufkeimen. Behandlung Schimmel ist allgegenwärtig – man findet ihn vor allem auf überlagerten Lebensmitteln wie Obst oder Brot, wo er besonders schnell wächst. in erster Linie auf Lebensmitteln und anderen „natürlichen“ Untergründen wie Holzoberflächen oder Tuchen und Stoffen vermuten. Einschlägige „Nahrungsmittel“ finden sich allerdings auch in zahlreichen Kunststoffen, wie beispielsweise in Schläuchen und Kabelisolierungen. Zudem bildet ausreichende Feuchtigkeit ein wichtiges Kriterium für das Wachstum der Schimmelpilze – hier gelten circa 70 Prozent Luftfeuchtigkeit als untere Grenze. Unterhalb davon sterben Schimmelpilze zwar nicht ab – sie wachsen jedoch auch nicht weiter. Schimmelpilze trocknen allerdings auch nicht aus, sondern stellen das Wachstum lediglich temporär ein. Sobald wieder Wasser ins Spiel kommt, beginnt das Wachstum erneut. Weiterhin benötigt Schimmel Sauerstoff sowie das richtige pH-Millieu – eine sehr alkalische Umgebung bremst die Entwicklung. Ferner beeinflusst die Umgebungstemperatur das Wachstum. Generell geht man 50 PALSTEK 5/13 von 0 bis 60 Grad Celsius als geeigneter Spannbreite aus – einige Arten fühlen sich indes zwischen 20 Mit welchen Maßnahmen sich Schimmelpilze rückstandslos entfernen lassen, hängt wesentlich von der Beschaffenheit der befallenen Oberflächen ab. Auf glatten Untergründen lassen sich die sichtbaren Bestandteile der Schimmelpilzkultur mit üblichen Haushaltsreinigern auf Alkoholbasis lösen und abspülen – allerdings beseitigt dies lediglich die äußeren Verästelungen der Schimmelpilze. Die Vermehrung ist damit also noch nicht sicher gestoppt. Auch höher konzentrierter Alkohol (Isopropanol 70, Ethanol 70 bis 80 Prozent) entfernt zwar den sichtbaren Belag – das Karposoma –, aber nicht das Mycel und die Sporen. Auch Stockflecken repräsentieren typische Vorboten für einen Schimmelbefall – sie sind häufig die Folge von Kältebrücken und falschem Lüften. Durch eine Bestrahlung mit ultraviolettem Licht kann man hingegen zwar die weitere Ausbreitung des Schimmelpilzes stoppen, diesen aber nicht entfernen. Hier werden nur die Sporen zerstört – Karposoma und Mycel bleiben bestehen. Eine effektive Entfernung des kompletten Schimmelpilzes erreicht man durch die Verwendung von Wasserstoffperoxid und Chlorverbindungen. Wasserstoffperoxid, Natriumhypochlorit und Chlordioxid zerstören die Zellwände des Schimmelpilzes. Wasserstoffperoxid (H 2O 2) wirkt durch die Freisetzung von Sauerstoff, dessen starke Oxidationswirkung die Zellbestandteile zerstört. Dies ist ein sehr aggressiver Vorgang und stellt damit bei einer zu hohen Lösungskonzentration ebenso eine Gefahr für das behandelte Material und die Gesundheit des Anwenders dar. Auch die begrenzte Haltbarkeit ist ein nicht zu vernachlässigender Punkt. Gegenüber Alkohol hat Wasserstoff- Stockflecken können ebenso in Segeln auftreten. Sie sind hartnäckig und lassen sich nur sehr schwer wieder entfernen. peroxid den Vorteil, dass es nicht entzündlich ist. Im Gegensatz zu den chlorhaltigen Mitteln entstehen keine chlorierten Nebenprodukte. Chlodioxid ist in Reinform ein Gas, das zudem als explosiv gilt. Von einigen Firmen wird es in wässrigen Lösungen für die Trink- Anzeige 1/2 Seite quer PALSTEK 5/13 51 Segel + Rigg | Schimmelschutz wasserdesinfektion angeboten. Für die Schimmelentfernung ist jedoch zurzeit kein Chlordioxidprodukt für den Endverbraucher erhältlich. Von entsprechend ausgestatteten Betrieben wird Chlordioxid in mindestens 2-prozentigen Lösungen zur Schimmelbekämpfung eingesetzt. Natriumhypochlorit ist als 12-prozentige Lösung unter anderem in Apotheken erhältlich. Um die Gefahr von Verätzungen und die Bildung explosiver Dämpfe zu vermindern, muss man die Lösung nach Packungsangabe verdünnen. Bei der Herstellung der verdünnten Lösung wird zuerst das Wasser vorgelegt und dann die Natriumhypochlorit-Lösung dazu gegeben. Die Reihenfolge ist hierbei entscheidend, da es bei Nichtbeachtung zu Explosionen kommen kann. Natriumhypochlorit stellt für private Selbstanwender dennoch die beste Methode dar, um Schimmelbefall zu entfernen: Es ist leicht erhältlich, preisgünstig und bei Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen auch für Nichtchemiker einfach anzuwenden. Bei den vorgestellten Mitteln empfiehlt es sich allerdings grundsätzlich – wie bei allen Chemikalien –, das Produkt zunächst an einer kleinen Stelle zu testen. Poröse Untergründe wie der Putz auf Hauswänden oder Textilien Schimmelbefall in Dacron-Segeln tritt vorzugsweise unter Tuchdoppelungen wie Nähten, Lattentaschen und Eckverstärkungen auf. bereiten zusätzliche Probleme, da sich die Myzelien wie die Wurzeln eines Baumes tief in einen solchen Untergrund eingraben können – je nach Beschaffenheit bis zu mehreren Zentimetern. Was als Schimmel auf der Oberfläche wahrgenommen wird, stellt, wie bereits dargelegt, nur das Karposoma dar – also quasi die „Baumkrone“ mit den „Früchten“ (Sporen). Wird der Schimmel lediglich oberflächlich entfernt, lässt sich das Resultat mit einem Haselnussstrauch vergleichen, der ebenerdig abgesägt wird. Verbleibt das Wurzelwerk im Boden, keimen schon bald wieder neue Ruten aus. Das im Untergrund verbliebene Myzel des Schimmelpilzes ist auch für Reinigungsmaßnahmen durch Chlor nicht erreichbar – ein Grund dafür, dass beispielsweise in der Altbausanierung mit Schimmel befallene Wände komplett vom Putz befreit werden müssen. Eine ähnliche Problemstellung ergibt sich, wenn man sich mit dem Schimmelbefall in Segeln näher auseinandersetzt. Segel sind Sporenträger Auch Tapes zur Fixierung der Tuchbahnen bilden eine Nahrungsgrundlage für die Schimmelbildung. Durch den Pilzbefall zeichnen sie sich deutlich ab. 52 PALSTEK 5/13 Bei Lichte betrachtet ist das Problem des Schimmelbefalls in Segeln nicht wirklich neu, auch wenn vielleicht manchem so erscheinen mag. An Bord einer Yacht bestehen geradezu ideale Bedingungen für das Wachstum der Kulturen – die Segel bilden da keine Ausnahme. Hinzu kommt, dass selbst ein neues Segel unvermeidbar mit Sporen behaftet ist, da weder die Herstellung des Tuches und der Garne, noch die Verarbeitung beim Segelmacher in sterilen Räumen erfolgen. Hier können sich also bereits durch die Umgebungsluft Sporen auf dem Segel niederlassen. Die übrigen Faktoren, die für das Entstehen von Schimmelpilzen notwendig sind, finden sich an Bord. Dort ist Feuchtigkeit in der Regel im Überfluss vorhanden. Die nötigen Nährstoffe kommen über Hautfette durch das Anfassen oder andere Verunreinigungen hinzu. In jedem Segel werden sich daher über kurz oder lang Schimmelpilze ausbilden. Ob man sie mit bloßem Auge sehen kann, hängt von der Stärke des Befalls ab. Letzterer ist wiederum von zahlreichen Faktoren abhängig, wie den im Segel verwendeten Materialien, ihrer Verarbeitung sowie der Nutzung und Pflege des Segels. Da jeder dieser Faktoren auf ganz eigene Weise zum „Schimmelverhalten“ eines Segels beiträgt, müssen sie einzeln betrachtet werden. Wasser ist der Schlüssel Ein wichtiger Grund dafür, dass in jüngerer Zeit an immer mehr Segeln deutlicher Schimmelbefall sichtbar wird, liegt sicher in der Art ihrer Nutzung – gerade bei Vorsegeln. Noch zu Anfang der 80er-Jahre stellten Rollanlagen auf Yachten eher eine Ausnahme dar – auch die Vorsegel wurden je nach Wind gewechselt und im Hafen abgeschlagen, getrocknet, aufgetucht sowie im Sack verstaut. Heute hat sich der Umgang mit den Segeln grundlegend geändert: Vorsegel werden im Allgemeinen auf einer Rollanlage geführt und verbleiben auch bei längeren Liegezeiten im Hafen aufgerollt am Vorstag. Als Konsequenz trocknet das Segel nur sehr langsam beziehungsweise in den inneren Wicklungen der Rolle gar nicht – hier herrscht also permanent ein feuchtes Klima, das der Schimmelbildung Vorschub leistet. Die Empfehlung, das Segel statt mit einer Rollfock- Anzeige 1/3 Seite hoch 55 mm breit Solche Rotverfärbungen zeugen ebenfalls von Schimmel. Wie er sich darstellt, hängt in erster Linie von den vorhandenen Nährstoffen ab. PALSTEK 5/13 53 Segel + Rigg | Schimmelschutz Beginnender Schimmelbefall eines Laminat-Segels: Entlang der „Schimmelspur“ konnte Wasser in den Sandwichverbund gelangen – in der Folge beginnen die hier vorhandenen Sporen, Pilzkulturen auszubilden. persenning lediglich mit einem UV-Schutzstreifen am Achterliek abzudecken, ändert daran nur wenig. Das Segel trocknet in diesem Fall nur unwesentlich besser – stattdessen werden über das Regenwasser Schmutzpartikel in das Segel transportiert, die den Schimmelsporen als zusätzliche Nahrung dienen können. Ein ähnlicher Effekt stellt sich bei Rollgroßsegeln ein – ganz gleich, ob sie in den Mast oder Baum gerollt werden. Ein konventionelles Großsegel, das locker auf dem Baum aufgetucht und obendrein mit einer atmungsaktiven Baumpersenning abgedeckt wird, trocknet wesentlich schneller. Der beste Weg, um starkem Schimmelbefall vorzubeugen, besteht also darin, auch Rollsegel vor längeren Hafenliegezeiten – vor allem im feuchten Frühjahr und Herbst – abzuschlagen, zu trocknen und anschließend trocken und kühl zu lagern. terfasern, auch Dacron genannt, das in der Regel einschichtig verarbeitet wird. Auf der anderen Seite stehen modernere Tücher aus SandwichVerbund: die sogenannten CruisingLaminate. Sie sind mehrschichtig aufgebaut und bestehen häufig aus einer gewebten Dacron-Schutzschicht an den Außenseiten – dem sogenannten Taft oder Tafetta –, dann folgen im Inneren zwei Lagen Film oder Folie, zwischen denen im „Kern“ des Segels die lasttragenden Fasern eingebettet sind. Bei beiden Segelarten bestimmt grundsätzlich die Kombination aus Sporen, Nahrung und Feuchtigkeit den Umfang des Schimmelbefalls – wobei sich die Dacron-Tücher in den vergangenen Jahren gegenüber den Laminaten als schimmelresistenter erwiesen haben. Dacron-Tuch wird bei der Herstellung aus Polyestergarn gewebt und anschließend mit speziellen, aus unterschiedlichen Harzen zusammengesetzten Coatings versehen, um es formstabiler zu machen und gegen Umwelteinflüsse zu schützen. Solange dieses Coating intakt ist, wirkt es obendrein wasserabweisend – das Segel nimmt also vergleichsweise wenig Feuchtigkeit auf. In diesem Stadium sind es vor allem die Bereiche um die Nähte, durch die Wasser eindringen kann – zumal hier das Coating schon durch die Verarbeitung auf den Nähmaschinen der Segelmacher porös wird. Zugleich kommt es durch das Nähen zu einer Perforation des Tuches, wobei das verwendete Nähgarn zudem ähnlich einer Wasserleitung wirkt und Feuchtigkeit ins Tuch transportiert. Wie bereits erwähnt, sind die Segelmaterialien im Allgemeinen bereits sporenbehaftet – was also zur Schimmelbildung noch fehlt, sind die Nährstoffe. Diese finden sich im Segel zum einen in Gestalt von Schmutzpartikeln, Vogelkot und Dacron versus Laminat Wie stark ein Segel vom Schimmel befallen wird, hängt ferner von seiner Konstruktion ab. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal besteht in den verwendeten Materialien. Hier gibt es auf der einen Seite das klassische gewebte Tuch aus Polyes54 PALSTEK 5/13 Aufgrund der Sandwichkonstruktion von Laminat-Segeln sind tiefsitzende Schimmelkulturen für Reinigungschemikalien unerreichbar – lediglich Schimmelpilze in den äußeren Schichten lassen sich vollständig entfernen. Dieses Cruising-Laminat ist bereits teilweise delaminiert. Zwar konnten die Reinigungschemikalien die Schimmelpilze lösen, jedoch nicht ausspülen – sie haben sich über der Naht gesammelt. ähnlichem Material, das über das Wasser ins Tuch gelangen kann. Zum anderen bieten mitunter auch Klebebänder eine Nahrungsquelle, die von den Segelmachern zum Fixieren der Bahnen vor dem Zusammennähen verwendet werden. Der Kleber dieser Bänder enthält viele Kohlenstoffverbindungen, die dem Schimmel als Nahrung dienen können. Ein Schimmelbefall wird sich in Dacron-Segeln also zunächst entlang der Nähte und unter den Verstärkungen zeigen – dies allerdings auch nur dann, wenn das Segel sehr lange feucht gelagert wurde, beispielsweise ganzjährig auf einer Rollanlage. Einschichtige DacronSegel trocknen auch leichter und schneller wieder ab als mehrschichtige Laminate, was den Schimmelbefall zusätzlich mindert. Einige Konstruktionsmerkmale moderner Rollsegel bilden diesbezüglich jedoch besondere Problemzonen. So fungieren zum Beispiel parallel zum Vorliek aufgebrachte Schaumstreifen als regelrechte Wasserspeicher, die Feuchtigkeit aufnehmen wie ein Schwamm und diese nur langsam wieder abgeben. Um ein schnelles Trocknen auch dieser Bereiche zu gewährleisten, sollten besagte Schaumstreifen mit extrem durchlässigen Tuchverstärkungen aufgenäht werden und quasi „selbstlenzend“ ausgeführt sein. Eine ähnliche Vorgehensweise hilft auch bei anderen Aufdoppelungen, wie beispielsweise an Lattentaschen, Schothörnern und UV-Schutzstreifen, einen möglichen Schimmelbefall einzugrenzen. In Laminaten funktioniert die Entwicklung von Schimmelkulturen nach den gleichen Prinzipien – allerdings bieten sie für den Schimmel erheblich günstigere Bedingungen. Wie bereits beschrieben, bestehen die Außenlagen in CruisingLaminaten in der Regel aus dünnem Dacron-Tuch, das über dieselben schützenden Coatings verfügt wie reine Dacron-Segel. Auch hier findet das Eindringen von Feuchtigkeit in den Laminatverbund zunächst über die Nähte statt, wobei allerdings die Art des verwendeten Nähgarns eine besondere Rolle spielt. So ist beispielsweise Garn aus Dyneema als besonders guter Wasserleiter bekannt – gleiches gilt für Polyestergarne mit einer gedrehten Struktur. Anzeige 1/3 Seite hoch 55 mm breit PALSTEK 5/13 55 Segel + Rigg | Schimmelschutz Das Segel vom Aufmacherfoto nach der Reinigung durch die Firma Red Gull: Der Schimmelbefall wurde zwar deutlich reduziert, ließ sich aber in den besonders stark betroffenen Schaumpolstern der Genua nicht komplett entfernen. Auch aus Paneelen zusammengesetzte Laminatsegel werden in den Nähmaschinen unter hohem Druck verarbeitet, was das Coating der schützenden Taffetas auf einem Streifen von etwa 5 Zentimeter links und rechts der Naht extrem belastet und diese somit wasserdurchlässig machen kann. Es gibt also kaum ein Laminatsegel, dessen Konstruktion wirklich „wasserdicht“ ist. Im Grunde genommen funktioniert die Feuchtigkeitsaufnahme hier ähnlich wie in einem Dacron-Segel – es dauert nur länger, bis sie sich in der Fläche ausgebreitet hat. Leider enden an dieser Stelle aber auch schon die Gemeinsamkeiten, denn durch die verschiedenen Schichten kommt die Feuchtigkeit zwar relativ langsam hinein, dafür aber auch nur sehr langsam wieder heraus. Ein Laminatsegel bleibt also länger feucht als ein Segel aus gewebtem Tuch. Unterschiede bestehen ferner darin, was sich anschließend im Inneren der Segelstruktur abspielt. Während die Schimmelsporen in einem DacronTuch nur relativ wenige Nährstoffe vorfinden und sich daher selbst bei ausreichender Feuchtigkeit nur langsam entwickeln, bieten viele Laminate für Schimmelsporen eine attraktive Speisekarte – und zwar in Form des Klebers, mit dem die einzelnen Laminatschichten verbunden sind. Diese Kleber basieren in der Regel auf Polyester und werden in offenen Kaltverfahren produziert, wodurch sie nicht schimmelfrei sein können, da Sporen auch hier Zugang finden. Weiterhin ernähren sich Schimmelsporen unter anderem von Estermolekülen, die einen großen Teil des Klebers ausmachen. Das Innere eines Laminatsegels kann man also getrost als „Schlaraffenland“ für das Schimmelwachstum bezeichnen. Sobald Feuchtigkeit eindringt und die Außentemperaturen passen, ist durchaus ein explosionsartiges Wachstum innerhalb weniger Wochen oder Monate möglich. Dies führt schließlich zu solchen Erfahrungen, wie sie unser fiktiver Skipper Heinz gemacht hat. Auch hier sind wieder Rollsegel besonders gefährdet, da sie eben noch wesentlich langsamer trocknen als ihre Dacron-Pendants und sich bei Sonneneinstrahlung in der aufgerollten Genua ein Microklima bildet, das nahe an die Verhältnisse in einem Treibhaus herankommt. Die Reinigung befallener Segel Auch bei den Möglichkeiten, vom Schimmel befallene Segel zu reinigen, unterscheiden sich Dacron-Tücher von Laminatware. In Dacron-Segeln Dacrontuch mit Schimmelbefall vor und nach der Reinigung: Hier verlief die Behandlung erfolgreich, allerdings wurde auch das ursprüngliche Coating entfernt und muss daher erneuert werden. 56 PALSTEK 5/13 sind aufgrund ihrer einschichtigen Konstruktion selbst tief eingewachsene Schimmelpilze für Reinigungsmittel zugänglich. Durch den Einsatz der oben beschriebenen Chemikalien können sowohl die sichtbaren Bestandteile des Schimmels entfernt als auch das Mycel sowie die Sporen abgetötet werden. Hier bestimmt der Umfang des Schimmelbefalls die Art der Behandlung. Sind nur vereinzelt kleine Schimmelflecken sichtbar, können diese mit geringem Aufwand vom Eigner selbst beseitigt werden. Bei großflächiger Ausdehnung der Pilze sind hingegen Profis gefragt. Professionelle Reinigungsfirmen wie Red Gull (www.red-gull.com) und Novosail (www.novosail.com) rücken dem lästigen Bewuchs mit Chlorverbindungen auf der kompletten Segelfläche zu Leibe – so wird auch die Sporenbelastung beträchtlich vermindert. Eine solche Behandlung zerstört allerdings in der Regel ebenso das ursprüngliche Coating, das bei älteren Segeln meist allerdings ohnehin nur noch in Resten vorhanden ist. Zu einer professionellen Reinigung sollte also auch immer ein neuerliches Beschichten der Segel gehören, wobei gemeinhin Coatings mit schimmelhemmenden Zusätzen zum Einsatz kommen. Problematischer gestaltet sich das Entfernen von Schimmel aus Laminat-Segeln. Ist dieser nur oberflächlich auf den Taffetalagen vorhanden, kann er auf dieselbe Weise entfernt werden wie oberflächlicher Schimmel bei Dacron-Segeln. Haben sich die Schimmelpilze allerdings in den inneren Lagen des Laminats verankert, sind alle heutigen Reinigungsverfahren machtlos, da der Schimmel durch die Reinigungsmittel und Chemikalien nicht erreicht werden kann, ohne den Laminatverbund zu zerstören. Anzeige 1/2 Seite hoch 90 mm breit Vorbeugung Anhand der Kernfaktoren für das Schimmelpilzwachstum – Sporen, Wasser und Nahrung – lassen sich auch Lösungen für eine erfolgreiche Schimmelprophylaxe ableiten. PALSTEK 5/13 57 Segel + Rigg | Schimmelschutz Segel + Rigg | Schimmelschutz Ein von Red Gull entwickeltes Coating soll die Oberfläche von Laminatsegeln vollständig abdichten, um etwaigen Schimmelsporen im Inneren die Wasserzufuhr abzusperren. Hinzu kommt ein Abperleffekt für eine verbesserte Trocknung. Anzeige 1/4 Seite hoch 42 mm breit Wie bereits erwähnt, sind Schimmelsporen in unserer Umwelt allgegenwärtig. Ein sporenfreies Segel ließe sich nur unter Laborbedingungen herstellen, was nicht nur angesichts der entsprechenden Kosten unrealistisch wäre. Bliebe noch der nächste Faktor in der Entwicklungskette: Ohne Wasser gibt es kein Schimmelwachstum. Den Ansatz, die Sporen von der Wasserversorgung zu isolieren, verfolgen mittlerweile sowohl professionelle Segelreiniger als auch Tuchhersteller. So hat die Firma Dimension-Polyant (www. dimension-polyant.com) in Kempen unter der Bezeichnung UVM („ultraviolet and mildew protection“) ein neuartiges Coating für Cruising-Laminate entwickelt, das ursprünglich als verbesserter UV-Schutz gedacht war, sich aber obendrein als sehr effektiver Schutz gegen frühzeitigen Schimmelpilzbefall erwiesen hat. Es besteht aus einer PolyurethanBeschichtung, die mit verschiedenen pilzhemmenden Additiven versetzt ist und das Risiko eines Schimmelbefalls laut Dimension-Polyant um bis zu 95 Prozent verringern soll. Einen etwas anderen Ansatz verfolgt das Coating-Verfahren der finnischniederländischen Firma Red Gull. Auch hier geht es in erster Linie darum, die Oberfläche des Segels so abzudichten, dass in Laminaten Trotz aller Fortschritte in der Herstellung, Ausrüstung und Reinigung ist weiterhin der Eigner gefordert, für eine sachgerechte und trockene Lagerung seiner Segel zu sorgen – letztlich immer noch die effektivste Vermeidungsstrategie. 58 PALSTEK 5/13 keine Feuchtigkeit mehr zwischen die Schichten dringen kann. Die Feuchtigkeit gelangt auf verschiedenen Wegen ins Segel: Zum einen wird das ursprüngliche Coating durch den Gebrauch des Segels sowie vielfaches Knicken immer durchlässiger. Zum anderen gestatten die vielen Nähte, die man auch in jedem Laminatsegel findet, selbst in neuen Segeln das Eindringen von Wasser in den Laminatverbund. Vor diesem Hintergrund wurde eine Beschichtung entwickelt, die auf bereits montierte und genähte Segel aufgebracht wird und so auch die Nähte wasserdicht verschließt. Weiterhin sorgt ein Abperleffekt dafür, dass das Segel vor dem Einrollen „trockengeschüttelt“ werden kann – bei Rollsegeln wird somit deutlich weniger Nässe eingeschlossen. Obgleich Red Gull bereits die Behandlung neuer Segel mit diesem Verfahren empfiehlt, um die Schimmelbildung im Inneren von vornherein auszuschließen, können auch ältere Laminat-Genuas und -Großsegel von diesem Coating profitieren – selbst wenn sie schon Pilzbefall zwischen den Laminatschichten aufweisen. Letzterer lässt sich zwar nicht mehr entfernen, kann sich aber durch den Entzug von Feuchtigkeit auch nicht weiter ausbreiten. Die beschriebenen Vorbeugungsmaßnahmen sind in der Lage, einen Schimmelbefall mehr oder weniger wirkungsvoll zu verzögern – ganz ausschließen können sie ihn jedoch nicht. Hier ist nach wie vor die Sorgfalt des Eigners gefordert, denn zu einer gewissenhaften Segelpflege gehört nun einmal auch das Abschlagen und Trocknen nasser Segel, die richtige Lagerung, wenn sie längere Zeit nicht benutzt werden, sowie das Abdecken im Hafen mit einer wirkungsvollen Persenning. Anzeige 1/2 Seite hoch 90 mm breit Links Segelreinigung www.novosail.com www.red-gull.com www.sarres.de www.segelpflege.de www.segelreinigung.net PALSTEK 5/13 59