Predigt vom Gebetstag um die Seligsprechung der Dienerin Gottes

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Predigt vom Gebetstag um die Seligsprechung der Dienerin Gottes
Predigt vom Gebetstag um die Seligsprechung
der Dienerin Gottes Therese Neumann von Konnersreuth
vom 18. April 2011
Prediger: Pfarrer Max Schultes, Waldsassen
Liebe Schwestern und Brüder!
In den kommenden Tagen gedenken wir des Erlösungswerkes unseres Herrn Jesus
Christus. Er hat sein kostbares Blut für uns vergossen im Zeichen unfassbarer
Erniedrigung und qualvoller selbstloser Hingabe am Kreuz. Unter den großen
Gedenktagen der hl. Woche ist es vor allem der Karfreitag, der Todestag Christi, der uns
besonders berührt und ans Herz geht. Stellt er uns doch das unvorstellbare Leiden des
Gottessohnes vor Augen, das er auf sich nahm und im Ertragen von qualvollen
Schmerzen und Peinen uns vor dem ewigen Tod gerettet hat.
Diese Gedenktage an das bittere Leiden und Sterben Jesu Christi sind darum auch
besonders geeignet der Stigmatsierten Therese Neumann zu gedenken. Vor allem am
Karfreitag war sie eingebunden in das bittere Leiden und Sterben Jesu Christi und hat wie
kaum ein anderer Mensch Anteil genommen an der Erlösungstat Christi. Darum wurde sie
auch gewürdigt die Wundmale unseres Erlösers an sich zu tragen.
Ich betrachte es als große Ehre zu Beginn der heiligen Woche in Konnersreuth sein zu
dürfen und jener Frau zu gedenken,die jahrzehntelang das Leiden und den Tod Christi für
die Menschen sichtbar verkörpert hat. In ihrem Herzen hat sie all das, was man dem
lieben Heiland zugefügt hat, in einer Weise mitempfunden, als wäre sie selber die
Gekreuzigte gewesen. Vor über 50 Jahren hatte ich das Glück, am Karfreitag des Jahres
1960 Therese Neumann persönlich in ihrem Leiden erleben zu dürfen. Von der Erinnerung
an diese Begegnung bin ich heute noch so stark betroffen und beeindruckt, dass ich das
Geschaute ein Leben lang nicht vergessen werde. Ich chaufierte meinen damaligen Chef
Prälat Rohrmeiner, Stadtpfarrer von Waldsassen, zusammen mit der Sekretärin und
einigen Frauen des Pfarrhofs nach Konnersreuth, wo wir die Gelegenheit hatten,Therese
Neumann über eine Stunde lang zu erleben. Die Frauen allerdings waren beim Anblick der
Leidenden so sehr erschüttert, dass sie mit einem Aufschrei des Entsetzens den Raum
verließen und nicht mehr betraten. Zusammen mit Pfarrer Rohrmeiner und Pfarrer Naber,
der auch anwesend war, konnten wir ganz allein die Leidende beobachten ,weil an diesem
Karfreitag 1960 die Menschen nicht zugelassen wurden. Die Gründe dafür waren uns nicht
bekannt. Erst nachträglichh erfuhren wir, dass die Angehörigen und auch die Leidende
selber diesem gewaltigen Ansturm der Menchen nicht mehr gewachsen waren. Sie ist ja
auch zwei Jahre später, nämlich 1962 verstorben. So war es uns vergönnt, über eine
Stunde lang Therese Neumann ungestört in ihrem Leiden zu beobachten und zu erleben.
Normalerweise mussten die Menschen an den Karfreitagen langsam am Bett der
Leidenden vorübergehen und es war deshalb nur eine kurze Zeit möglich, sie zu sehen.
Sicherlich kennen sie von Fotos und Abbildungen her, wie Therese Nemann am Karfreitag
das Bild eines von Schmerz stöhnenden Menschen bot, der am ganzen Körper mit
blutenden Wunden bedeckt war, ein Anblick, der die Besucher bis in die Seele hinein
zutiefst erschütterte und auch von vielen nicht ertragen werden konnte.
Nur wer Therese Neumann persönlich erlebt hat, kann ermessen, in welches Leid sie
eingetaucht war und wie furchtbar die Qualen waren,die sie aus Liebe zum Heiland am
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eigenen Körper erduldete.
Ich brauche nicht mehr im einzelnen ausführlich zu schildern, welchen Anblick die
Leidende den Besuchern bot. Die meisten haben schon entsprechende Bilder oder
Dokumente gesehen. Abgesehen von den aufgebrochen Wundmalen an den Händen und
dem mit großen Blutflecken bedeckten Kopf und SchuItertuch, waren es vor allem die
Augen, die den Blick der Besucher unwillkürlich fesselten und nicht mehr losließen. Die
Tränen, die sie aus Mitleid über den leidenden Heiland unaufhörlich weinte, hatten sich in
Blut verwandelt und bildeten so zwei große Strähnen, die zu beiden Seiten über ihre
Wangen herabflossen.
Ein solches Bild, das wahrscheinlich vorher noch niemand gesehen hat, prägt sich so tief
in die Seele ein, dass man es niemals mehr vergessen kann. Dieser Anblick war es auch,
den die uns begleitenden Frauen nicht ertragen konnten. Von heiligem Schauer ergriffen,
verließen sie mit einem Aufschrei des Entsetzens den Raum.
Warum, so könnten wir fragen, lässt Gott solche Leidensphänomene zu? WiII er damit den
sensationslüsternen Menschen von heute eine billige Attraktion bieten? Ferdinand
Neumann, der Bruder der Resl, konnte die Menschen öfter beobachten, wenn sie das
Zimmer der Leidenden verließen und er sagte, dass keiner von ihnen ungerührt und nicht
ohne tiefe innere Betroffenheit wegging.
Seit Menschen die Erde bevölkern, schickt Gott immer wieder Menschen, die gleichsam
Zeugnis ablegen für seine Existenz. An uns liegt es, diese Zeichen zu erkennen.
Wenn wir zu ergründen versuchen, warum Therese Neumann von Gott gewürdigt wurde,
an seinem Leiden teiIzuhaben, dann war es ihre außergewöhnliche und innige
Heilandsliebe. Ihr ganzes Leben und Wirken stand im Zeichen dieser bewundernswerten
und kindlichen Liebe zum Gekreuzigten. Sie wurde nicht müde, die Menschen, die ihr
begegneten, ununterbrochen zu dieser Liebe zu begeistern und es war ihr ein innerstes
Bedürfnis immer wieder vom guten Heiland zu erzählen.
Ich kann mich nicht erinnern, dass bei den vielen persönlichen Gesprächen, die ich mit ihr
führen durfte, auch nur ein einziges Mal der Hinweis auf den "Lieben Heiland", wie sie zu
sagen pflegte, fehlen durfte.
Hier zeigt sich in aller Deutlichkeit das Sprichwort bestätigt: Wovon das Herz voll ist,
davon fließt der Mund über.
Ihre meist gebrauchten Worte waren: "der liebe Heiland". Zu einem Missionar sagte sie
wörtlich: "Möge der Iiebe Heiland doch recht viel erkannt und geliebt werden. Dazu wollen
wir tun,was in unseren Kräften liegt. Der liebe HeiIand hat so viel für uns getan. Machen
wir ihm möglichst viel Freude". An einen Jungpriester gewandt sagte sie: "Der gute
Heiland hilft auffalIend. Er ist ja so gut. Er verlässt uns nicht. Haben wir ihn über alles
gern. Machen wir ihm Freude".
Der immerwährende Gedanke an Jesus kam zum Ausdruck in Ihrem Lieblingsgebet, das
sie ununterbrochen auf ihren Lippen und vor allem in ihrem Herzen mitvollzog: Heiland ich
habe dich gern, du bist so gut.
Ende 1930 gesteht sie gegenüber Kardinal Faulhaber: "Wissens, da wenn ich so halt mit
dem lieben Heiland rede, kann ich auf einmal nimmer reden, ja nicht einmal denken. Bloß
ihn gern haben. lch sieh da meine Umgebung nimmer und dann ist die Zeit so schnell
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vergangen". So könnte ich endlos fortfahren von ergreifenden Liebesbeteuerungen zu
berichten.
Ich glaube, dass wir mit der Betrachtung dieser tiefen und innigen Herzensbeziehung zu
Jesus mehr Einblick in das Innenleben von Therese Neumann erfahren, als wenn wir
stundenlang nur über ihr äußeres Wirken redeten.
Wir alle sind zutiefst beeindruckt von dieser kindlichen Liebe zu Jesus. Müssten wir nicht
beschämt sein, wie mager unsere Liebe zu Jesus ausfällt. Jesus wartet auf diese kindliche
Liebe seiner Kinder und macht von ihr auch unser ewiges Heil abhängig. Darum sagt er
mit Recht: "wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, dann könnt ihr nicht in das Himmelreich
eingehen".
Therese Neumann liebte Jesus mit aller Kraft und lnbrunst ihres Herzens. Sie ging
gleichsam in Jesus auf und sie konnte mit Recht von sich sagen, nicht mehr ich lebe,
sondern Chrisus lebt in mir. Ihre Gedanken waren ununterbrochen, gleichsam Tag und
Nacht, auf Jesus gerichtet. Oft verbrachte sie ganze Nächte im Gebet oder in diesen
stillen,ungestörten Stunden beantwortete sie Briefe, die in großer Zahl an sie gerichtet
wurden. Ihr Herz schlug im Gleichklang mit Jesus und darum fühlte sie auch alle
Schmerzen als ihre eigenen und die Wundmale waren Ausdruck ihres unvorstellbaren
Mitgefühls und ihrer grenzenlosen Liebe, so dass sie sogar Tränen weinte.
Sie ging so in Jesus auf, dass sie selbst ihre Ieiblichen Bedüfnisse, wie Speise und Trank
nicht mehr als notwendig empfand und erachtete und darum jahrzehntelang nahrungslos
blieb. Ihre Lebenskraft war Jesus. An ihr bewahrheitete sich die Verheißung Christi: Mein
Fleisch ist wahrhaft eine Speise und mein Blut ist wahrhaft ein Trank. Sie lebte von dem,
der sagte: Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist.
Und was ist die Schlussfolgerung für jeden von uns, der heute abend den Gottesdienst
mitfeiert: Es wäre zu wenig, wenn es nur bei der Bewunderung der Resl verbliebe. Jeder
muss ganz persönlich seine irdische Prüfung für die Ewigkeit bestehen, die nur im
Glauben und in der Liebe zu Jesus wirksam wird. Diese Verpflichtung kann uns niemand
abnehmen, auch die Resl nicht. Sie kann zwar Fürsprache für uns einlegen bei Gott oder
uns auch da und dort in unseren Anliegen und Sorgen und Krankheiten helfen, aber sie
kann nicht unser Heil bewirken, das muss jeder Mensch für sich allein erringen. Nehmen
wir darum heute für uns ganz persönlich die Nutzanwendung mit nach Hause: Jesus als
unser Leben, unser Heil und unsere Rettung anzunehmen und nie mehr loszulassen. Mit
Jesus haben wir alles, ohne Jesus haben wir nichts, stehen wir mit leeren Händen da.
Moment, könnte einer sagen: Es gibt viele, die ohne Gott ganz gut und bis ins hohe Alter
beschwerdefrei leben. Eine begnadete Seele erhält bezüglich dieser Festellung folgende
Erklärung: "Über den ich noch allerlei Leiden und Trübsal zulasse, dem helfe ich auch zur
rechten Zeit. Den ich aber sein irdisch stolzes Wohlleben unbeirrt fortgenießen lassen, der
trägt sein Gericht und den ewigen Tod schon in sich und mit sich. Somit wisst ihr, warum
so mancher Weltgroße und Weltreiche ungestraft bis zu seinem leiblichen Tode
fortsündigen kann. Die ich prüfen werde, die werden aus dem erkennen, dass ich sie
überaus liebe".
Gehen wir wieder gestärkt in der Liebe zu Gott zurück in unseren Alltag und halten wir uns
vor Augen, kein Opfer, das wir aus Liebe zu Gott verrichten, bleibt unbelohnt.
Interessant ist die Beziehung und geistige Verbindung zwischen der Resl und ihrer
Namenspatronin der hI. Theresia von Lisieux, durch deren Fürsprache sie mehrfach von
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schweren Erkrankungen geheilt wurde. Obwohl Theresia vom Kinde Jesu nur 24 Jahre
gelebt hat, war ihre Liebe zu Jesus der Mittelpunkt und Kernpunkt ihres kurzen Lebens.
Als sie am 30. September 1897 stirbt, waren ihre letzten Worte mit dem Blick auf das
Kreuz gerichtet: "Mein Gott ich liebe dich". Die Liebesbekundung, die sie in ihrem letzten
Atemzug machte, war gleichsam der ständige Atem ihrer Seele, ihr Herzschlag. Die
einfachen Worte, "Jesus ich liebe dich”, stehen im Mittelpunkt all ihrer Schriften.
Therese Neumann ist das Spiegelbild ihrer Namenspatronion, der hl.Theresia von Lisieux.
Abschließend kann ich sagen, dass es ohne diese beispielhafte und außergewöhnliche
Heilandsliebe der Resl, das Phänomen Konnersreuth nicht gegeben hätte.
Versuchen wir täglich die tiefe Überzeugung ins uns zu vergegenwärtigen, dass nur die
Liebe zu Jesus die Erfüllung unseres Lebens, sowohl Diesseits wie Jenseits ist, wie es in
dem schönen Gebet zum Ausdruck kommt: O Jesus, all mein Leben bist du, ohne dich nur
Tod, meine Nahrung bist du, ohne dich nur Not. Meine Freude bist du, ohne dich nur Leid,
meine Ruhe bist du, ohne dich nur Streit.
Nur mit dieser Haltung im Herzen bewegen wir uns zielbewusst auf das ewige Heil zu und
werden auch in vollem Umfang dem Leben und Wirken der Therese Neumann gerecht,
um deren baldige Seligsprechung wir Gott heute wieder eindringlich bitten. Amen
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