Erfahrungsbericht Chicago März

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Erfahrungsbericht Chicago März
Erfahrungsbericht Chicago März-Mai 2010
Visum
Auf Anraten von Fr. Heller habe ich ein B1 Visum beantragt, was mit der Zusage aus Chicago
und einem Schreiben von Fr. Heller mit der Aussage, dass ich nach Ablauf des Visums wieder
ausreisen würde - auch mit Hinweis auf mein Examen in Berlin - auch unkompliziert war.
Bis auf die Tatsache, dass ich es während einem vorangehenden Auslandsaufenthalt in
Jerusalem im US Generalkonsulat beantragen musste. Aber da waren die örtlichen Behörden
sehr kooperativ. Bei der Einreise am Flughafen O’Hare in Chicago gab es eine riesige
Warteschlange, aber die Fragen des Zollbeamten waren nur sehr kurz.
Wohnung
Ein Zimmer zur Untermiete habe ich über craigslist.com gesucht und binnen einer Woche
auch gefunden. Aus dem Ausland ein Zimmer suchen, ist schwierig; es ist einfacher vor Ort
zu suchen, um Zimmer und Mitbewohner persönlich kennenlernen zu können. Aber da bietet
couchsurfing eine mögliche Brücke für die ersten Tage. Die Warmpreise für ein Zimmer
ausserhalb des Stadtzentrums bewegen sich zwischen 500-800 € Monatsmiete.
Chicago
Joggen am Strand, Architektur downtown bewundern, Chicago Art Institute, Chicago
Symphony Orchestra, Green Mill Jazz Bar, Chicago Blues Center, Chicago Bulls, Chicago
Blackhawks, Chicago Fire, Chicago Cubs, Chicago White Sox, Chicago Bears, McDonalds
vor und nach der Uni…es gibt eine Menge zu sehen.
Universität
Rotation Emergency Medicine
Vom Feinsten. Die nicht lebensbedrohlichen Fälle werden immer von den Studierenden zuerst
gesehen. Die Notaufnahme ist in vier Teams eingeteilt. Ein Team besteht aus attending
(Chefarzt), senior resident (etwa 3. Weiterbildungsjahr), 2 junior residents und einem
Studenten. Das Pflegepersonal ist nicht fest zu den teams eingeteilt. Report wir an senior
resident oder attending gegeben. Dabei wird Wert auf eine vollständige Liste an möglichen
Differentialdiagnosen gelegt, und die Kenntnis der Diagnostik um diese zu belegen oder zu
widerlegen. Es gibt 12 Schichten in dieser rotation, davon einige nachts und am Wochenende.
Für die Studierenden von Northwestern ist dies die letzte rotation, und alle haben schon ihr
USMLE in der Tasche, die allermeisten auch schon einen Job in Aussicht. Nichtsdestotrotz
gehen sie die rotation sehr professionell an.
Begleitend gibt es ein Seminar, das etwa einmal wöchentlich stattfindet und in dem die
diverse Notfallthemen besprochen werden. Ausserdem werden dort Fälle gelöst, wo man
Zeuge des beeindruckenden differntialdiagnostischen Denkens der Northwestern-Studenten
werden kann.
In den USA gibt es einen Facharzt für Notfallmedizin, das bedeutet dass alle Fälle von
Gynäkologie über Traumatologie bis Augenheilkunde in der initialen Versorgung von einer
Abteilung betreut werden.
Rotation Heart Failure
Das Team besteht aus attending (Chefarzt), fellow (Facharzt), resident (Assistent) und
Student. Konsiliarisch werden die Patienten betreut, die aktuell ein Problem mit ihrer
Herzinsuffizienz haben. Das beinhaltet Patienten auf der Normal- wie auf der Intensivstation.
Das bedeutet vier Wochen lang volle Konzentration auf ein Krankheitsbild. Speziell bei dieser
rotation lohnt, sich vorher gut in die Materie einzulesen (Ursachen der Herzinsuffizienz,
Diagnostik, allgemeine und Pharmakotherapie).
Bei den Visiten werden die residents der anderen Fachdisziplinen, die die jeweiligen Patienten
ganzheitlich betreuen intensiv von den Heart Failure attendings geteacht, insbesondere auf der
Intensivstation. Hiervon kann man auch als Student viel profitieren.
Wenn ein neuer Patient im service per Telefon angemeldet wird, wird der Fall an den
Studenten weitergegeben. Der wieselt dann los, liest sich die Akte durch, erhebt eine
Anamnese und untersucht den Patienten. Schreibt dann seinen Bericht und stellt anschliessend
dem Team den Fall vor. Die Fallvorstellungen sind ausgesprochen detailliert, man zeigt dass
man sich auch mit dem Kreatininwert von gestern, vorgestern und vorvorgestern bewusst
auseinandergesetzt hat. Entsprechend ordentlich beschäftigen die Studenten sich mit der
Anamnese, Untersuchung und Krankengeschichte.
Einstellung
Das gesamte Personal ist sehr motiviert und hat einen hohen Anspruch an sich selbst, gute
Arbeit zu leisten. Der Umgangston ist ausgesprochen höflich und professionell, auch wenn
ein persönlicher Umgang gepflegt wird.
Fazit
Die Chicagoer haben mich sehr herzlich aufgenommen, und es war fein, die USA nach
meinem Jahr in der High School nochmal wiederzusehen. Auch im Mikrokosmos
Krankenhaus stellt sich die Gesellschaft mit ihrer multikulturellen Zusammensetzung, ihrer
Toleranz, und ihrem liberalen Credo sehr beeindruckend dar.
Für jeden, der sich für das Land Amerika, für ein anderes Gesundheitssystem oder auch nur
für eine ausgezeichnete Ausbildung interessiert ist das Austauschprogramm mit Chicago ein
Muss!