Maßgeschneidert auf reaktives Polyamid 6

Transcrição

Maßgeschneidert auf reaktives Polyamid 6
PRODUKTION
Maßgeschneidert auf
reaktives Polyamid 6
Thermoplastisches Resin Transfer Moulding (T-RTM). In einer Kooperation der
Konzernforschung der Volkswagen AG, der BASF SE und der KraussMaffei Technologies
GmbH wurde das T-RTM-Verfahren am Beispiel einer B-Säulenverstärkung aus endlosfaserverstärktem Kunststoff unter Verwendung eines niedrigviskosen CaprolactamSystems realisiert. Die Fertigungsvariante lehnt sich an aktuelle RTM-Verfahrenstechnologien an und bietet die Möglichkeit, thermoplastische Faserverbund-Kunststoff
(FVK)-Bauteile für automobile Anwendungen wirtschaftlich zu fertigen.
MAURICE BITTERLICH U. A.
ür einen Einsatz von FaserverbundKunststoffen im Automobil gibt es
vor allem zwei Motivationen: Zum
einen ist diese Werkstoffklasse aufgrund
ihrer hohen richtungsabhängigen Steifigkeiten und Festigkeiten bei gleichzeitig
geringer Dichte hervorragend für Leichtbauanwendungen geeignet. Dabei ist insbesondere der Karosserieleichtbau von
Interesse, durch den sich z.B. über leichtere Fahrwerke, reduzierte Tankvolumina und ein entsprechendes Downsizing
der Motoren bei gleichen Fahrleistungen
weitere Sekundäreffekte zur Gewichtsre-
F
ARTIKEL ALS PDF unter www.kunststoffe.de
Dokumenten-Nummer KU111615
duzierung erzielen lassen. Dadurch kann
ein wertvoller Beitrag zum Erfüllen der
Zielsetzung einer weiteren Emissionsreduktion für zukünftige Fahrzeuge aufgrund steigender gesetzlicher Vorgaben
sowie der Notwendigkeit zur Ressourcenschonung geleistet werden.
Zum anderen führte der Wunsch nach
individueller Mobilität in den letzten Jahren zu einer höheren Variantenvielfalt und
kürzeren Modellwechselzyklen und somit
zu sinkenden Stückzahlen pro Modell [1].
Deswegen gewinnen einmalig auftretende Kosten für Investitionen an Bedeutung.
Kosten hingegen, die für jedes Bauteil anfallen, wie Fertigungs- und Materialkosten
sind dann zwar immer noch immens
wichtig, dominieren aber nicht mehr derart absolut die Kostenverteilung. Unter
Voraussetzung einer für viele Derivate geringeren Stückzahl können die relativ
hochpreisigen FVK dennoch eine wirtschaftliche Alternative darstellen, sofern
sie im erheblichen Maße Investitionskosten für Betriebsmittel, Werkzeuge und
Pressenstraßen einsparen.
Für eine automobile Serienfertigung
geeignete Prozesse müssen neben den
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
auch die Anforderung an eine hohe und
reproduzierbare Bauteilqualität erfüllen.
Unter den FVK-Fertigungsverfahren, die
zumeist noch einen hohen Anteil an manuellen Tätigkeiten aufweisen, ist das Resin-Transfer-Moulding (RTM)-Verfahren
besonders geeignet, einen robusten Fertigungsprozess abzubilden, da es Potenzial für einen hohen Automatisierungs-
Bild 1. Prinzipdarstellung des T-RTMVerfahrensablaufs
(Bilder 1-4: Volkswagen AG)
80
2013 Carl Hanser Verlag, Mnchen
© Carl Hanser Verlag, München
www.kunststoffe.de/Kunststoffe-Archiv
Kunststoffe 3/2014
Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern
PRODUKTION
grad bietet. Bei den bisher eingesetzten
RTM-Verfahren wurden ausschließlich
duroplastische Matrixsysteme, zumeist
Epoxidharze, verwendet.
Gegenüber den Duroplast-Systemen
haben thermoplastische Matrixsysteme
die Vorteile einer besseren Rezyklierbarkeit sowie der Möglichkeit einer
nachträglichen Umform- und Schweißbarkeit und daher einer günstigeren Gesamtwirtschaftlichkeit. Bei den konventionellen RTM-Verfahren wurden thermoplastische Matrixsysteme bisher jedoch nicht eingesetzt aufgrund ihrer
vergleichsweise hohen Viskosität im
schmelzeflüssigen Zustand, die eine porenfreie Tränkung der trockenen Faserhalbzeuge unter akzeptablen Prozessparametern praktisch ausschließt.
Diese fertigungstechnischen Nachteile
konnten vermieden werden durch Verwendung eines reaktiven, thermoplastischen Matrixsystems auf Basis anionisch
polymerisierter Polyamide. Das üblicherweise auch unter dem Begriff Guss-Polyamid bzw. Reaktiv-Polyamid bekannte
Matrixsystem besitzt im noch nicht polymerisierten, aufgeschmolzenen Zustand eine sehr geringe Viskosität, die
noch deutlich unterhalb derjenigen von
handelsüblichen Epoxidharzsystemen
liegt. Die Polymerisation des reaktiven
Caprolactamsystems zu einem Polyamid 6 (PA6) erfolgt nach Durchtränkung der Fasern innerhalb von ca. 2–
3 Minuten im isotherm temperierten
Werkzeug. Diese Verfahrenstechnik realisiert somit durch die Verwendung von
Reaktiv-Polyamid als Matrixsystem ein
thermoplastisches RTM-Verfahren (TRTM-Verfahren [2,3]), das die Herstellung thermoplastischer FVK-Bauteile bei
niedrigen Injektionsdrücken mit kurzen
Zykluszeiten ermöglicht und so die Vorteile der Thermoplaste mit denen des
RTM-Verfahrens kombiniert.
Das thermoplastische
RTM-Verfahren
Der schematische Ablauf des T-RTMVerfahrens mit Reaktiv-Polyamid unterscheidet sich auf dem ersten Blick nur unwesentlich vom klassischen RTM-Verfahren (Bild 1). Zu Beginn der Prozesskette erfolgt der 2 D-Zuschnitt von textilen
Verstärkungshalbzeugen.Am Beispiel der
B-Säulenverstärkung handelt es sich um
Glasfasergewebe, dessen spezielles Finish
für die Benetzung mit Caprolactam geeignet ist und im späteren Bauteil eine
gute Faser-Matrix-Haftung gewährleistet.
Das textile Lagenpaket kann dabei, soKunststoffe 3/2014
wohl durch den Lagenaufbau mit unterschiedlich orientierten Einzelschichten als
auch durch das Faserhalbzeug in der Einzelschicht, als sogenanntes nicht ausgeglichenes Gewebe mit unterschiedlichen
Anteilen der Faserverstärkung in Kettbzw. Schussrichtung speziell auf die jeweiligen Belastungen des späteren FVKBauteils angepasst werden.
Der komplettierte trockene Lagenaufbau wird in einem separaten Werkzeug
vorgeformt. In diesem PreformingSchritt ist bei der Verwendung von Bindermaterialien darauf zu achten, dass die
Polymerisation im Werkzeug sowie die
spätere Faser-Matrix-Haftung nicht negativ beeinflusst werden. Nach dem Preforming und Besäumen erfolgt die Bestückung des RTM-Werkzeugs, welches
eine konstante Temperatur von 150 °C
aufweist.
In die mit trockenem textilem Halbzeug bestückte Kavität des geschlossenen
RTM-Werkzeugs wird im folgenden Prozessschritt das Reaktiv-PA-System injiziert, wo auch die anschließende Polymerisation stattfindet.
Danach wird das thermoplastische
FVK-Bauteil aus dem Werkzeug entnommen und im letzten Fertigungsschritt findet der Beschnitt des Bauteils auf die Endkontur der B-Säulenverstärkung statt.
Für die Durchführung des T-RTMProzesses wird ein leicht modifiziertes,
konventionelles RTM-Werkzeug auf der
im FVK-Technikum der Volkswagen
Konzernforschung in Wolfsburg vorhandenen 1000-Tonnen-Presse von Dieffenbacher verwendet (Bild 2). Die ersten
erfolgreichen Fertigungsversuche fanden
bereits während der Inbetriebnahme der
Dosieranlage im Technikum von KraussMaffei in München statt.
Das Reaktivsystem, bestehend aus dem
Ausgangsmonomer Caprolactam sowie
einem Aktivator bzw. Katalysator und
weiteren Additiven, in Form von zwei fertig gemischten Komponenten von BASF,
wird bei Raumtemperatur als Granulat in
die beheizbaren Behälter der Dosieranlage gegeben. Oberhalb einer Temperatur
von ca. 70°C schmilzt das Caprolactam
auf und hat eine wasserähnliche Viskosität. Die beiden flüssigen Komponenten
sind vor der Vermischung für sich allein
kaum reaktiv und können bei einer Temperatur von ca. 100°C in der Dosieranlage weiterverarbeitet werden. Dabei ist es
erforderlich, dass die Komponenten mit
Aktivator und Katalysator, genau wie im
klassischen RTM-Verfahren die Harzund Härter-Komponenten, in separaten
Kreisläufen geführt werden. Erst im >
www.kunststoffe.de
2013 Carl Hanser Verlag, Mnchen
www.kunststoffe.de/Kunststoffe-Archiv
81
Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern
PRODUKTION
Bild 2. T-RTM-Versuchsaufbau im FVKTechnikum der
Volkswagen Konzernforschung
Mischkopf entsteht eine reaktive Caprolactam-Mischung, welche dann im Werkzeug bei einer für die Polymerisation optimalen Temperatur von ca. 150°C zu Polyamid 6 ausreagiert. Die Besonderheit
dieser Polymerisation besteht darin, dass
sie unterhalb der Schmelztemperatur des
Endprodukts PA6 stattfindet. Das bedeutet, dass ein direkter Übergang von flüssigem Caprolactam zu festem Polyamid 6
stattfindet, ohne den Zustand einer PA6Schmelze zu durchlaufen. Dadurch wird
die Entformung des Bauteils in einem isotherm beheizten Werkzeug ermöglicht.
Die geschlossene Prozessführung im TRTM-Verfahren gewährleistet eine Injektion des Caprolactam-Systems unter Ausschluss von Feuchtigkeit.
Wie Bild 3 zeigt, ermöglicht die geringe Viskosität des Monomers bei einer
Injektionstemperatur von ca. 100 °C eine exzellente Fasertränkung auch in
komplexen Geometrien. Am Beispiel
der B-Säulenverstärkung wurden bei einer Wandstärke von 6,3 mm bis 12 mm
Faservolumengehalte von 54 % bis 58 %
in einem quasi porenfreien Laminat erzielt. Die Injektion und Aushärtung erfolgte in weniger als 5 Minuten. Derzeit
laufende Versuche sollen eine weitere
Verkürzung auf unter 3 Minuten erzielen.
Bauteil B-Säulenverstärkung
Die hier als Prototypenbauteil ausgewählte B-Säulenverstärkung ist ein dickwandiges Strukturbauteil, das im mittleren Stückzahlbereich für den nordamerikanischen Markt gefertigt wird und der
Energieaufnahme im sogenannten PfahlCrashtest dient. Sowohl die Geometrie
als auch die große Wanddicke des Bauteils stellten für den RTM-Prozess eine
besondere Herausforderung dar, bei der
sich die Verwendung des Reaktiv-Poly-
amid-Systems als sehr vorteilhaft herausstellte.
In der Serienproduktion bei Volkswagen kommt eine B-Säulenverstärkung aus
hochfestem Stahl zum Einsatz. Durch die
Verwendung von glasfaserverstärktem
Kunststoff (GFK) konnte das Gewicht
dieses Bauteils um 36 % reduziert werden. Für eine faserverbundgerechte Bauweise wurde die Geometrie des Bauteils
modifiziert. Die GFK-Variante der B-Säulenverstärkung wird mit dem metallischen Innenteil der B-Säule verklebt
(Bild 4) und stellt somit eine mögliche Anwendung von FVK-Bauweisen für den
Karosserieleichtbau dar.
Material
Die anionische Polymerisation von Caprolactam zu Polyamid 6 in Gegenwart
von Aktivatoren und Katalysatoren wurde erstmals in den 50er Jahren in der Li-
Bild 3. Schliffbilder
an thermoplastischer
GFK-B-Säulenverstärkung
82
2013 Carl Hanser Verlag, Mnchen
© Carl Hanser Verlag, München
www.kunststoffe.de/Kunststoffe-Archiv
Kunststoffe 3/2014
Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern
PRODUKTION
teratur beschrieben [4,5]. Im Gegensatz
zu dem großtechnischen Standardherstellprozess, der hydrolytischen Polymerisation, läuft die Polymerisationsreaktion statt in mehr als 24 Stunden innerhalb
weniger Minuten ab. Industrielle Anwendungen findet die anionische Lactam-Polymerisation heute im Rotomolding oder
im Guss-Polyamid für die Herstellung von
Halbzeugen, Profilen, Seilbahnrollen und
ähnlichen Bauteilen, die hohe Zähigkeitskennwerte und Abriebfestigkeiten erfordern. Für die Herstellung von FVK-Bauteilen ist die Chemie der anionischen Lactam-Polymerisation von großem Interesse, da Caprolactam einerseits aufgrund
seiner Polarität zahlreiche Additive lösen
kann und andererseits wegen seiner geringen Viskosität sehr gut geeignet ist, textile
Strukturen zu imprägnieren. Die BASF als
führender Hersteller von Caprolactam
und Anbieter von technischen Kunststoffen sowie Verbundwerkstofflösungen beschäftigt sich daher seit mehr als 3 Jahren
in der Forschung mit der Herstellung von
thermoplastischen Verbundwerkstoffen
durch die anionische Lactam-Polymerisation und hat analog zum bestehenden
Komponente, die neben dem Caprolactam den Aktivator für die Reaktion enthält, und einer B-Komponente mit dem
Katalysator in Caprolactam. Beide Komponenten werden in Form von einfach
handhabbaren Schuppen bereitgestellt, in
einer RTM-Anlage bei ca. 90–110°C aufgeschmolzen und können im idealen Verhältnis von 1:1 gemischt werden.
Bild 4. Einbausituation der B-Säulenverstärkung
Bild 5. Komponenten
mit Additiven zur Optimierung von Verarbeitung und Eigenschaften (Bild: BASF)
Portfolio an Polyamid 6-Compounds
(Ultramid B) eine sogenannte chemische
Toolbox entwickelt.
Diese Toolbox erlaubt es, Formulierungen bereitzustellen, die nicht nur den
Aktivator oder den Katalysator, sondern
auch bereits eine entsprechende Wärmestabilisierung, interne Trennmittel oder
einen Zähmodifikator enthalten und eine auf den Prozess abgestimmte Reaktivität zeigen. Typischerweise findet die Polymerisation zu hochmolekularem PA6
bei 140–160°C in ca. 2–3 Minuten statt.
Eine weitere Herausforderung ist die
Kompatibilität der Faserschlichten mit
der Polymerisationsreaktion, damit die
chemische Reaktion nicht gestört wird.
Forscher der BASF entwickeln derzeit gemeinsam mit Glas- und Carbonfaserherstellern angepasste Schlichten, um hier eine komplette Systemlösung, bestehend
aus einem formulierten Reaktivsystem
und einem kompatiblen textilen Halbzeug, anbieten zu können. Das Reaktivsystem besteht aus einer sogenannten AKunststoffe 3/2014
Das resultierende FVK-Bauteil besitzt ein hervorragendes Steifigkeits-Zähigkeits-Verhältnis,
kombiniert mit einer hohen Wärmestabilität. Weitere Vorteile dieser in-situ hergestellten thermoplastischen Verbundwerkstoffe sind die Möglichkeit einer
nachträglichen Umform-, Schweiß- und
Rezyklierbarkeit.
Ziel der BASF ist es, dem Verarbeiter
eine Komplettlösung anzubieten, die
nicht nur aus dem abgestimmten Reaktivsystem sowie dem textilen Halbzeug besteht, sondern auch die Unterstützung bei
der Bauteilauslegung und -herstellung
umfasst. Hier werden umfangreiche Materialprüfungen an Verbundwerkstoffen
durchgeführt, um die Anwender bei einer
Bauteilauslegung durch Simulation zu
unterstützen.
Anlagentechnik/Dosieranlage
Für das Projekt war eine Dosieranlage
nötig, die KraussMaffei beisteuern konnte dank umfangreicher Erfahrungen auf
www.kunststoffe.de
2013 Carl Hanser Verlag, Mnchen
diesem Gebiet seit Mitte der 1980er Jahre (Bild 6). Unter der früheren Verfahrensbezeichnung NY-RIM, inzwischen TRTM, hat das Münchner Unternehmen
seitdem dutzende Anlagen zur reaktiven
Verarbeitung von Caprolactam bereitgestellt.
Der Clou des T-RTM-Verfahrens ist eine Anlagentechnik, die exakt auf die re-
www.kunststoffe.de/Kunststoffe-Archiv
aktive Verarbeitung von Caprolactam zugeschnitten ist. Die dafür eingesetzte
Misch- und Dosieranlage von KraussMaffei ist daher mit einem speziellen
Mischkopf, leistungsfähigen Axialkolbenpumpen sowie einer durchgehend elektrischen Temperierung ausgestattet.
Aufbauend auf diesen Kenntnissen
wurde neben der eigens neu aufgebauten
Dosiermaschine auch der NY-RIMMischkopf komplett neu für das T-RTMVerfahren entwickelt. Während früher
sehr große Mischköpfe für die Caprolactam-Verarbeitung erforderlich waren,
verfügen die jetzt eingesetzten Mischköpfe über eine sehr kompakte Bauform. Sie
sind elektrisch beheizt, eignen sich für
Verarbeitungstemperaturen von theoretisch bis zu 160°C und decken den Austragsbereich von 10 bis 200 g/s ab. Die
Mischköpfe bieten die Möglichkeit, eine
dritte Komponente zuzumischen. Das
können weitere Additive, zum Beispiel
eingefärbtes Caprolactam, zusätzliche
Aktivatoren oder Katalysatoren sein.
Auch die Pumpen der Dosieranlage
müssen an die Eigenschaften des
Caprolactams – zum Beispiel an die geringe Viskosität des Materials – angepasst
werden. Da KraussMaffei die dafür
eingesetzten Axialkolbendosierpumpen
selbst entwickelt hat und herstellt, sind sie
passgenau auf die Prozessanforderungen
des T-RTM-Verfahrens abgestimmt. Die >
83
Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern
PRODUKTION
Bild 6. T-RTMDosieranlage
(Bild: Volkswagen AG)
Kraftübertragung der Pumpen erfolgt
über eine dichtungslose, integrierte Magnetkupplung. Außerdem werden die
Pumpenbauteile, die mit dem Caprolactam in Berührung kommen, durch spezielle Maßnahmen vor Korrosion geschützt.
Dies führt zu einer deutlich erhöhten Laufzeit.Darüber hinaus zeichnen sich die Axialkolbenpumpen durch eine kompakte
Bauweise und eine sehr präzise Dosierung
aus.
Bewährt haben sich durchgehend beheizte Leitungen: In ihnen wird das Caprolactam in der T-RTM-Dosieranlage
vom Tagesbehälter bis zum Mischkopf
transportiert. Koppelstücke sind mit
Heizpatronen ausgestattet, um Kältebrücken zu vermeiden. Dieses optimierte Wärmekonzept stellt sicher, dass die
Temperatur des Caprolactams nirgends
unter die Schmelztemperatur absinkt
und das Material daher in allen Bereichen
im flüssigen Zustand vorliegt. Gäbe es
Kältebrücken, könnte das Material erstarren und Pfropfen in der Leitung bilden.
Geschmolzenes Caprolactam neigt
aufgrund seiner chemischen Struktur dazu, Feuchtigkeit aus der Umgebungsluft
aufzunehmen. Als verfahrenstechnische
Gegenmaßnahmen werden die Tagesbehälter auch im laufenden Betrieb unter Vakuum gesetzt oder mit Stickstoff
vorbehandelt. Um zu vermeiden, dass das
Caprolactam aus der Dosiermaschine mit
Feuchtigkeit, z.B. aus der Umgebungsluft,
in Kontakt kommt, wird außerdem das
Werkzeug mit Stickstoff gespült, bevor
das Material eingetragen wird.
Die T-RTM-Dosieranlage bildete mit
der geschilderten Kombination aus innovativer Verfahrenstechnik, entsprechender Vorbereitung der Anlagen und Prozess-Know-how die Grundlage für eine
hohe Prozesskonstanz, die allen Projektpartnern diente.
Fazit
Im Rahmen eines Kooperationsprojekts
zwischen der Konzernforschung der
Volkswagen Aktiengesellschaft, der BASF
SE und der KraussMaffei Technologies
GmbH wurde das T-RTM-Verfahren am
Beispiel einer B-Säulenverstärkung im
FVK-Technikum der Volkswagen Konzernforschung in Wolfsburg entwickelt.
Die Bauteile wurden hergestellt, indem
ein niedrigviskoses, reaktives Caprolactam-System in ein geschlossenes, mit einem Lagenaufbau aus textilen, endlosfaserverstärkten Halbzeugen belegtes Werkzeug injiziert wird und darin zu einem
Polyamid 6 polymerisiert.
Für die im T-RTM-Verfahren eingesetzten Caprolactam-Systeme war umfangreiche Materialentwicklung notwendig, damit entsprechende Formulierungen bereitgestellt werden können. Sie enthalten,
neben dem erforderlichen Aktivator und
Katalysator, auch eine Reihe von Additiven und Zusatzstoffen, um für den späteren Einsatzzweck der FVK-Bauteile angepasste Matrixsysteme zu bilden.Zusätzlich
müssen diese Caprolactam-Systeme kompatibel gegenüber den verwendeten textilen Halbzeugen, Schlichten und Bindern
sein. Weiterhin ist es für einen störungsfreien Fertigungsablauf erforderlich, eine
speziell an die Verarbeitung des extrem
niedrigviskosen Systems angepasste Dosieranlage mit geeignetem Dosierkopf zu
verwenden.
Es konnte gezeigt werden, dass bei Verwendung passender Faser-Matrixsysteme
sowie geeigneter Anlagentechnik im TRTM-Verfahren innerhalb kurzer Zykluszeit Bauteile mit guter Laminatqualität
hergestellt werden können. Das Verfahren
bietet somit die Möglichkeit, thermoplas–
tische FVK-Bauteile für automobile Anwendungen wirtschaftlich zu fertigen. 84
2013 Carl Hanser Verlag, Mnchen
LITERATUR
1 Leohold, J.: Chancen und Grenzen für einen nachhaltigen FVK-Einsatz im Automobil, CCeV Automotive Forum 2011, Ingolstadt 2011
2 Gittel, D.; Henning, F.: Thermoplastische Composites aus Gusspolyamid 6 mit textilen Faserstrukturen: Überblick zu Herstellung und Eigenschaften,
Tagungshandbuch der 9. Internationalen AVKTagung, Essen 2006
3 Fraunhofer Institute: Chemische und verfahrenstechnische Optimierung zur Herstellung von Polyamid 6 durch anionische Lactampolymerisation,
Abschlussbericht AIF-Vorhaben 14488 BG, Pfinztal
2008
4 Sebenda, J.: Lactam-based Polyamides, Polymerization, CRC Press Rudolf Puffr & Vladimir Kubanek, Volume 1 (1991), S. 29–67
5 Wittmer, P.; Gerbens, H.: Über die anionische
Schnellpolymerisation von Caprolactam, Die Makromolekulare Chemie, 89 (1965), S. 27–43
DIE AUTOREN
DIPL.-ING. MAURICE BITTERLICH, geb. 1984, ist
Mitarbeiter in der Abteilung Werkstoffe und Fertigungsverfahren der Konzernforschung der Volkswagen Aktiengesellschaft in Wolfsburg.
DR.-ING. MAX EHLEBEN, geb. 1967, ist Fachreferent in der Abteilung Werkstoffe und Fertigungsverfahren der Konzernforschung der Volkswagen Aktiengesellschaft und leitet das FVK-Technikum der Konzernforschung in Wolfsburg.
DR. ANDREAS WOLLNY, geb. 1973, verantwortet
die Leichtbauaktivitäten für automobile Anwendungen in der Geschäftseinheit Performance Materials
Europe der BASF SE.
DR. PHILIPPE DESBOIS, geb. 1970, Fachgebietsleiter Reaktive Thermoplaste, System Integration Group
Lightweight Automotive.
JOSEF RENKL, geb. 1954, ist Leiter der Forschung,
Entwicklung und Anwendungstechnik im Geschäftsbereich Reaktionstechnik der Marke KraussMaffei,
KraussMaffei Technologies GmbH, München.
SEBASTIAN SCHMIDHUBER, geb. 1978, ist Lead
Engineer/Entwicklung Reaktionstechnik der Marke
KraussMaffei, KraussMaffei Technologies GmbH.
SUMMARY
TAILORED TO REACTIVE POLYAMIDE 6
THERMOPLASTIC RESIN TRANSFER MOLDING (T-RTM).
The T-RTM process has been successfully applied as a
B-pillar reinforcement made from a continuous fiberreinforced plastic, utilizing a low-viscosity caprolactam
system. This was done in cooperation between the company research team at Volkswagen AG, BASF SE and
KrausMaffei Technologies. This production variant borrows from current RTM processing technologies and
can be used to produce thermoplastic FRP parts for automotive applications economically.
Read the complete article in our magazine
Kunststoffe international and on
www.kunststoffe-international.com
© Carl Hanser Verlag, München
www.kunststoffe.de/Kunststoffe-Archiv
Kunststoffe 3/2014
Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern