Maßgeschneidert auf reaktives Polyamid 6
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Maßgeschneidert auf reaktives Polyamid 6
PRODUKTION Maßgeschneidert auf reaktives Polyamid 6 Thermoplastisches Resin Transfer Moulding (T-RTM). In einer Kooperation der Konzernforschung der Volkswagen AG, der BASF SE und der KraussMaffei Technologies GmbH wurde das T-RTM-Verfahren am Beispiel einer B-Säulenverstärkung aus endlosfaserverstärktem Kunststoff unter Verwendung eines niedrigviskosen CaprolactamSystems realisiert. Die Fertigungsvariante lehnt sich an aktuelle RTM-Verfahrenstechnologien an und bietet die Möglichkeit, thermoplastische Faserverbund-Kunststoff (FVK)-Bauteile für automobile Anwendungen wirtschaftlich zu fertigen. MAURICE BITTERLICH U. A. ür einen Einsatz von FaserverbundKunststoffen im Automobil gibt es vor allem zwei Motivationen: Zum einen ist diese Werkstoffklasse aufgrund ihrer hohen richtungsabhängigen Steifigkeiten und Festigkeiten bei gleichzeitig geringer Dichte hervorragend für Leichtbauanwendungen geeignet. Dabei ist insbesondere der Karosserieleichtbau von Interesse, durch den sich z.B. über leichtere Fahrwerke, reduzierte Tankvolumina und ein entsprechendes Downsizing der Motoren bei gleichen Fahrleistungen weitere Sekundäreffekte zur Gewichtsre- F ARTIKEL ALS PDF unter www.kunststoffe.de Dokumenten-Nummer KU111615 duzierung erzielen lassen. Dadurch kann ein wertvoller Beitrag zum Erfüllen der Zielsetzung einer weiteren Emissionsreduktion für zukünftige Fahrzeuge aufgrund steigender gesetzlicher Vorgaben sowie der Notwendigkeit zur Ressourcenschonung geleistet werden. Zum anderen führte der Wunsch nach individueller Mobilität in den letzten Jahren zu einer höheren Variantenvielfalt und kürzeren Modellwechselzyklen und somit zu sinkenden Stückzahlen pro Modell [1]. Deswegen gewinnen einmalig auftretende Kosten für Investitionen an Bedeutung. Kosten hingegen, die für jedes Bauteil anfallen, wie Fertigungs- und Materialkosten sind dann zwar immer noch immens wichtig, dominieren aber nicht mehr derart absolut die Kostenverteilung. Unter Voraussetzung einer für viele Derivate geringeren Stückzahl können die relativ hochpreisigen FVK dennoch eine wirtschaftliche Alternative darstellen, sofern sie im erheblichen Maße Investitionskosten für Betriebsmittel, Werkzeuge und Pressenstraßen einsparen. Für eine automobile Serienfertigung geeignete Prozesse müssen neben den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch die Anforderung an eine hohe und reproduzierbare Bauteilqualität erfüllen. Unter den FVK-Fertigungsverfahren, die zumeist noch einen hohen Anteil an manuellen Tätigkeiten aufweisen, ist das Resin-Transfer-Moulding (RTM)-Verfahren besonders geeignet, einen robusten Fertigungsprozess abzubilden, da es Potenzial für einen hohen Automatisierungs- Bild 1. Prinzipdarstellung des T-RTMVerfahrensablaufs (Bilder 1-4: Volkswagen AG) 80 2013 Carl Hanser Verlag, Mnchen © Carl Hanser Verlag, München www.kunststoffe.de/Kunststoffe-Archiv Kunststoffe 3/2014 Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern PRODUKTION grad bietet. Bei den bisher eingesetzten RTM-Verfahren wurden ausschließlich duroplastische Matrixsysteme, zumeist Epoxidharze, verwendet. Gegenüber den Duroplast-Systemen haben thermoplastische Matrixsysteme die Vorteile einer besseren Rezyklierbarkeit sowie der Möglichkeit einer nachträglichen Umform- und Schweißbarkeit und daher einer günstigeren Gesamtwirtschaftlichkeit. Bei den konventionellen RTM-Verfahren wurden thermoplastische Matrixsysteme bisher jedoch nicht eingesetzt aufgrund ihrer vergleichsweise hohen Viskosität im schmelzeflüssigen Zustand, die eine porenfreie Tränkung der trockenen Faserhalbzeuge unter akzeptablen Prozessparametern praktisch ausschließt. Diese fertigungstechnischen Nachteile konnten vermieden werden durch Verwendung eines reaktiven, thermoplastischen Matrixsystems auf Basis anionisch polymerisierter Polyamide. Das üblicherweise auch unter dem Begriff Guss-Polyamid bzw. Reaktiv-Polyamid bekannte Matrixsystem besitzt im noch nicht polymerisierten, aufgeschmolzenen Zustand eine sehr geringe Viskosität, die noch deutlich unterhalb derjenigen von handelsüblichen Epoxidharzsystemen liegt. Die Polymerisation des reaktiven Caprolactamsystems zu einem Polyamid 6 (PA6) erfolgt nach Durchtränkung der Fasern innerhalb von ca. 2– 3 Minuten im isotherm temperierten Werkzeug. Diese Verfahrenstechnik realisiert somit durch die Verwendung von Reaktiv-Polyamid als Matrixsystem ein thermoplastisches RTM-Verfahren (TRTM-Verfahren [2,3]), das die Herstellung thermoplastischer FVK-Bauteile bei niedrigen Injektionsdrücken mit kurzen Zykluszeiten ermöglicht und so die Vorteile der Thermoplaste mit denen des RTM-Verfahrens kombiniert. Das thermoplastische RTM-Verfahren Der schematische Ablauf des T-RTMVerfahrens mit Reaktiv-Polyamid unterscheidet sich auf dem ersten Blick nur unwesentlich vom klassischen RTM-Verfahren (Bild 1). Zu Beginn der Prozesskette erfolgt der 2 D-Zuschnitt von textilen Verstärkungshalbzeugen.Am Beispiel der B-Säulenverstärkung handelt es sich um Glasfasergewebe, dessen spezielles Finish für die Benetzung mit Caprolactam geeignet ist und im späteren Bauteil eine gute Faser-Matrix-Haftung gewährleistet. Das textile Lagenpaket kann dabei, soKunststoffe 3/2014 wohl durch den Lagenaufbau mit unterschiedlich orientierten Einzelschichten als auch durch das Faserhalbzeug in der Einzelschicht, als sogenanntes nicht ausgeglichenes Gewebe mit unterschiedlichen Anteilen der Faserverstärkung in Kettbzw. Schussrichtung speziell auf die jeweiligen Belastungen des späteren FVKBauteils angepasst werden. Der komplettierte trockene Lagenaufbau wird in einem separaten Werkzeug vorgeformt. In diesem PreformingSchritt ist bei der Verwendung von Bindermaterialien darauf zu achten, dass die Polymerisation im Werkzeug sowie die spätere Faser-Matrix-Haftung nicht negativ beeinflusst werden. Nach dem Preforming und Besäumen erfolgt die Bestückung des RTM-Werkzeugs, welches eine konstante Temperatur von 150 °C aufweist. In die mit trockenem textilem Halbzeug bestückte Kavität des geschlossenen RTM-Werkzeugs wird im folgenden Prozessschritt das Reaktiv-PA-System injiziert, wo auch die anschließende Polymerisation stattfindet. Danach wird das thermoplastische FVK-Bauteil aus dem Werkzeug entnommen und im letzten Fertigungsschritt findet der Beschnitt des Bauteils auf die Endkontur der B-Säulenverstärkung statt. Für die Durchführung des T-RTMProzesses wird ein leicht modifiziertes, konventionelles RTM-Werkzeug auf der im FVK-Technikum der Volkswagen Konzernforschung in Wolfsburg vorhandenen 1000-Tonnen-Presse von Dieffenbacher verwendet (Bild 2). Die ersten erfolgreichen Fertigungsversuche fanden bereits während der Inbetriebnahme der Dosieranlage im Technikum von KraussMaffei in München statt. Das Reaktivsystem, bestehend aus dem Ausgangsmonomer Caprolactam sowie einem Aktivator bzw. Katalysator und weiteren Additiven, in Form von zwei fertig gemischten Komponenten von BASF, wird bei Raumtemperatur als Granulat in die beheizbaren Behälter der Dosieranlage gegeben. Oberhalb einer Temperatur von ca. 70°C schmilzt das Caprolactam auf und hat eine wasserähnliche Viskosität. Die beiden flüssigen Komponenten sind vor der Vermischung für sich allein kaum reaktiv und können bei einer Temperatur von ca. 100°C in der Dosieranlage weiterverarbeitet werden. Dabei ist es erforderlich, dass die Komponenten mit Aktivator und Katalysator, genau wie im klassischen RTM-Verfahren die Harzund Härter-Komponenten, in separaten Kreisläufen geführt werden. Erst im > www.kunststoffe.de 2013 Carl Hanser Verlag, Mnchen www.kunststoffe.de/Kunststoffe-Archiv 81 Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern PRODUKTION Bild 2. T-RTM-Versuchsaufbau im FVKTechnikum der Volkswagen Konzernforschung Mischkopf entsteht eine reaktive Caprolactam-Mischung, welche dann im Werkzeug bei einer für die Polymerisation optimalen Temperatur von ca. 150°C zu Polyamid 6 ausreagiert. Die Besonderheit dieser Polymerisation besteht darin, dass sie unterhalb der Schmelztemperatur des Endprodukts PA6 stattfindet. Das bedeutet, dass ein direkter Übergang von flüssigem Caprolactam zu festem Polyamid 6 stattfindet, ohne den Zustand einer PA6Schmelze zu durchlaufen. Dadurch wird die Entformung des Bauteils in einem isotherm beheizten Werkzeug ermöglicht. Die geschlossene Prozessführung im TRTM-Verfahren gewährleistet eine Injektion des Caprolactam-Systems unter Ausschluss von Feuchtigkeit. Wie Bild 3 zeigt, ermöglicht die geringe Viskosität des Monomers bei einer Injektionstemperatur von ca. 100 °C eine exzellente Fasertränkung auch in komplexen Geometrien. Am Beispiel der B-Säulenverstärkung wurden bei einer Wandstärke von 6,3 mm bis 12 mm Faservolumengehalte von 54 % bis 58 % in einem quasi porenfreien Laminat erzielt. Die Injektion und Aushärtung erfolgte in weniger als 5 Minuten. Derzeit laufende Versuche sollen eine weitere Verkürzung auf unter 3 Minuten erzielen. Bauteil B-Säulenverstärkung Die hier als Prototypenbauteil ausgewählte B-Säulenverstärkung ist ein dickwandiges Strukturbauteil, das im mittleren Stückzahlbereich für den nordamerikanischen Markt gefertigt wird und der Energieaufnahme im sogenannten PfahlCrashtest dient. Sowohl die Geometrie als auch die große Wanddicke des Bauteils stellten für den RTM-Prozess eine besondere Herausforderung dar, bei der sich die Verwendung des Reaktiv-Poly- amid-Systems als sehr vorteilhaft herausstellte. In der Serienproduktion bei Volkswagen kommt eine B-Säulenverstärkung aus hochfestem Stahl zum Einsatz. Durch die Verwendung von glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) konnte das Gewicht dieses Bauteils um 36 % reduziert werden. Für eine faserverbundgerechte Bauweise wurde die Geometrie des Bauteils modifiziert. Die GFK-Variante der B-Säulenverstärkung wird mit dem metallischen Innenteil der B-Säule verklebt (Bild 4) und stellt somit eine mögliche Anwendung von FVK-Bauweisen für den Karosserieleichtbau dar. Material Die anionische Polymerisation von Caprolactam zu Polyamid 6 in Gegenwart von Aktivatoren und Katalysatoren wurde erstmals in den 50er Jahren in der Li- Bild 3. Schliffbilder an thermoplastischer GFK-B-Säulenverstärkung 82 2013 Carl Hanser Verlag, Mnchen © Carl Hanser Verlag, München www.kunststoffe.de/Kunststoffe-Archiv Kunststoffe 3/2014 Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern PRODUKTION teratur beschrieben [4,5]. Im Gegensatz zu dem großtechnischen Standardherstellprozess, der hydrolytischen Polymerisation, läuft die Polymerisationsreaktion statt in mehr als 24 Stunden innerhalb weniger Minuten ab. Industrielle Anwendungen findet die anionische Lactam-Polymerisation heute im Rotomolding oder im Guss-Polyamid für die Herstellung von Halbzeugen, Profilen, Seilbahnrollen und ähnlichen Bauteilen, die hohe Zähigkeitskennwerte und Abriebfestigkeiten erfordern. Für die Herstellung von FVK-Bauteilen ist die Chemie der anionischen Lactam-Polymerisation von großem Interesse, da Caprolactam einerseits aufgrund seiner Polarität zahlreiche Additive lösen kann und andererseits wegen seiner geringen Viskosität sehr gut geeignet ist, textile Strukturen zu imprägnieren. Die BASF als führender Hersteller von Caprolactam und Anbieter von technischen Kunststoffen sowie Verbundwerkstofflösungen beschäftigt sich daher seit mehr als 3 Jahren in der Forschung mit der Herstellung von thermoplastischen Verbundwerkstoffen durch die anionische Lactam-Polymerisation und hat analog zum bestehenden Komponente, die neben dem Caprolactam den Aktivator für die Reaktion enthält, und einer B-Komponente mit dem Katalysator in Caprolactam. Beide Komponenten werden in Form von einfach handhabbaren Schuppen bereitgestellt, in einer RTM-Anlage bei ca. 90–110°C aufgeschmolzen und können im idealen Verhältnis von 1:1 gemischt werden. Bild 4. Einbausituation der B-Säulenverstärkung Bild 5. Komponenten mit Additiven zur Optimierung von Verarbeitung und Eigenschaften (Bild: BASF) Portfolio an Polyamid 6-Compounds (Ultramid B) eine sogenannte chemische Toolbox entwickelt. Diese Toolbox erlaubt es, Formulierungen bereitzustellen, die nicht nur den Aktivator oder den Katalysator, sondern auch bereits eine entsprechende Wärmestabilisierung, interne Trennmittel oder einen Zähmodifikator enthalten und eine auf den Prozess abgestimmte Reaktivität zeigen. Typischerweise findet die Polymerisation zu hochmolekularem PA6 bei 140–160°C in ca. 2–3 Minuten statt. Eine weitere Herausforderung ist die Kompatibilität der Faserschlichten mit der Polymerisationsreaktion, damit die chemische Reaktion nicht gestört wird. Forscher der BASF entwickeln derzeit gemeinsam mit Glas- und Carbonfaserherstellern angepasste Schlichten, um hier eine komplette Systemlösung, bestehend aus einem formulierten Reaktivsystem und einem kompatiblen textilen Halbzeug, anbieten zu können. Das Reaktivsystem besteht aus einer sogenannten AKunststoffe 3/2014 Das resultierende FVK-Bauteil besitzt ein hervorragendes Steifigkeits-Zähigkeits-Verhältnis, kombiniert mit einer hohen Wärmestabilität. Weitere Vorteile dieser in-situ hergestellten thermoplastischen Verbundwerkstoffe sind die Möglichkeit einer nachträglichen Umform-, Schweiß- und Rezyklierbarkeit. Ziel der BASF ist es, dem Verarbeiter eine Komplettlösung anzubieten, die nicht nur aus dem abgestimmten Reaktivsystem sowie dem textilen Halbzeug besteht, sondern auch die Unterstützung bei der Bauteilauslegung und -herstellung umfasst. Hier werden umfangreiche Materialprüfungen an Verbundwerkstoffen durchgeführt, um die Anwender bei einer Bauteilauslegung durch Simulation zu unterstützen. Anlagentechnik/Dosieranlage Für das Projekt war eine Dosieranlage nötig, die KraussMaffei beisteuern konnte dank umfangreicher Erfahrungen auf www.kunststoffe.de 2013 Carl Hanser Verlag, Mnchen diesem Gebiet seit Mitte der 1980er Jahre (Bild 6). Unter der früheren Verfahrensbezeichnung NY-RIM, inzwischen TRTM, hat das Münchner Unternehmen seitdem dutzende Anlagen zur reaktiven Verarbeitung von Caprolactam bereitgestellt. Der Clou des T-RTM-Verfahrens ist eine Anlagentechnik, die exakt auf die re- www.kunststoffe.de/Kunststoffe-Archiv aktive Verarbeitung von Caprolactam zugeschnitten ist. Die dafür eingesetzte Misch- und Dosieranlage von KraussMaffei ist daher mit einem speziellen Mischkopf, leistungsfähigen Axialkolbenpumpen sowie einer durchgehend elektrischen Temperierung ausgestattet. Aufbauend auf diesen Kenntnissen wurde neben der eigens neu aufgebauten Dosiermaschine auch der NY-RIMMischkopf komplett neu für das T-RTMVerfahren entwickelt. Während früher sehr große Mischköpfe für die Caprolactam-Verarbeitung erforderlich waren, verfügen die jetzt eingesetzten Mischköpfe über eine sehr kompakte Bauform. Sie sind elektrisch beheizt, eignen sich für Verarbeitungstemperaturen von theoretisch bis zu 160°C und decken den Austragsbereich von 10 bis 200 g/s ab. Die Mischköpfe bieten die Möglichkeit, eine dritte Komponente zuzumischen. Das können weitere Additive, zum Beispiel eingefärbtes Caprolactam, zusätzliche Aktivatoren oder Katalysatoren sein. Auch die Pumpen der Dosieranlage müssen an die Eigenschaften des Caprolactams – zum Beispiel an die geringe Viskosität des Materials – angepasst werden. Da KraussMaffei die dafür eingesetzten Axialkolbendosierpumpen selbst entwickelt hat und herstellt, sind sie passgenau auf die Prozessanforderungen des T-RTM-Verfahrens abgestimmt. Die > 83 Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern PRODUKTION Bild 6. T-RTMDosieranlage (Bild: Volkswagen AG) Kraftübertragung der Pumpen erfolgt über eine dichtungslose, integrierte Magnetkupplung. Außerdem werden die Pumpenbauteile, die mit dem Caprolactam in Berührung kommen, durch spezielle Maßnahmen vor Korrosion geschützt. Dies führt zu einer deutlich erhöhten Laufzeit.Darüber hinaus zeichnen sich die Axialkolbenpumpen durch eine kompakte Bauweise und eine sehr präzise Dosierung aus. Bewährt haben sich durchgehend beheizte Leitungen: In ihnen wird das Caprolactam in der T-RTM-Dosieranlage vom Tagesbehälter bis zum Mischkopf transportiert. Koppelstücke sind mit Heizpatronen ausgestattet, um Kältebrücken zu vermeiden. Dieses optimierte Wärmekonzept stellt sicher, dass die Temperatur des Caprolactams nirgends unter die Schmelztemperatur absinkt und das Material daher in allen Bereichen im flüssigen Zustand vorliegt. Gäbe es Kältebrücken, könnte das Material erstarren und Pfropfen in der Leitung bilden. Geschmolzenes Caprolactam neigt aufgrund seiner chemischen Struktur dazu, Feuchtigkeit aus der Umgebungsluft aufzunehmen. Als verfahrenstechnische Gegenmaßnahmen werden die Tagesbehälter auch im laufenden Betrieb unter Vakuum gesetzt oder mit Stickstoff vorbehandelt. Um zu vermeiden, dass das Caprolactam aus der Dosiermaschine mit Feuchtigkeit, z.B. aus der Umgebungsluft, in Kontakt kommt, wird außerdem das Werkzeug mit Stickstoff gespült, bevor das Material eingetragen wird. Die T-RTM-Dosieranlage bildete mit der geschilderten Kombination aus innovativer Verfahrenstechnik, entsprechender Vorbereitung der Anlagen und Prozess-Know-how die Grundlage für eine hohe Prozesskonstanz, die allen Projektpartnern diente. Fazit Im Rahmen eines Kooperationsprojekts zwischen der Konzernforschung der Volkswagen Aktiengesellschaft, der BASF SE und der KraussMaffei Technologies GmbH wurde das T-RTM-Verfahren am Beispiel einer B-Säulenverstärkung im FVK-Technikum der Volkswagen Konzernforschung in Wolfsburg entwickelt. Die Bauteile wurden hergestellt, indem ein niedrigviskoses, reaktives Caprolactam-System in ein geschlossenes, mit einem Lagenaufbau aus textilen, endlosfaserverstärkten Halbzeugen belegtes Werkzeug injiziert wird und darin zu einem Polyamid 6 polymerisiert. Für die im T-RTM-Verfahren eingesetzten Caprolactam-Systeme war umfangreiche Materialentwicklung notwendig, damit entsprechende Formulierungen bereitgestellt werden können. Sie enthalten, neben dem erforderlichen Aktivator und Katalysator, auch eine Reihe von Additiven und Zusatzstoffen, um für den späteren Einsatzzweck der FVK-Bauteile angepasste Matrixsysteme zu bilden.Zusätzlich müssen diese Caprolactam-Systeme kompatibel gegenüber den verwendeten textilen Halbzeugen, Schlichten und Bindern sein. Weiterhin ist es für einen störungsfreien Fertigungsablauf erforderlich, eine speziell an die Verarbeitung des extrem niedrigviskosen Systems angepasste Dosieranlage mit geeignetem Dosierkopf zu verwenden. Es konnte gezeigt werden, dass bei Verwendung passender Faser-Matrixsysteme sowie geeigneter Anlagentechnik im TRTM-Verfahren innerhalb kurzer Zykluszeit Bauteile mit guter Laminatqualität hergestellt werden können. Das Verfahren bietet somit die Möglichkeit, thermoplas– tische FVK-Bauteile für automobile Anwendungen wirtschaftlich zu fertigen. 84 2013 Carl Hanser Verlag, Mnchen LITERATUR 1 Leohold, J.: Chancen und Grenzen für einen nachhaltigen FVK-Einsatz im Automobil, CCeV Automotive Forum 2011, Ingolstadt 2011 2 Gittel, D.; Henning, F.: Thermoplastische Composites aus Gusspolyamid 6 mit textilen Faserstrukturen: Überblick zu Herstellung und Eigenschaften, Tagungshandbuch der 9. Internationalen AVKTagung, Essen 2006 3 Fraunhofer Institute: Chemische und verfahrenstechnische Optimierung zur Herstellung von Polyamid 6 durch anionische Lactampolymerisation, Abschlussbericht AIF-Vorhaben 14488 BG, Pfinztal 2008 4 Sebenda, J.: Lactam-based Polyamides, Polymerization, CRC Press Rudolf Puffr & Vladimir Kubanek, Volume 1 (1991), S. 29–67 5 Wittmer, P.; Gerbens, H.: Über die anionische Schnellpolymerisation von Caprolactam, Die Makromolekulare Chemie, 89 (1965), S. 27–43 DIE AUTOREN DIPL.-ING. MAURICE BITTERLICH, geb. 1984, ist Mitarbeiter in der Abteilung Werkstoffe und Fertigungsverfahren der Konzernforschung der Volkswagen Aktiengesellschaft in Wolfsburg. DR.-ING. MAX EHLEBEN, geb. 1967, ist Fachreferent in der Abteilung Werkstoffe und Fertigungsverfahren der Konzernforschung der Volkswagen Aktiengesellschaft und leitet das FVK-Technikum der Konzernforschung in Wolfsburg. DR. ANDREAS WOLLNY, geb. 1973, verantwortet die Leichtbauaktivitäten für automobile Anwendungen in der Geschäftseinheit Performance Materials Europe der BASF SE. DR. PHILIPPE DESBOIS, geb. 1970, Fachgebietsleiter Reaktive Thermoplaste, System Integration Group Lightweight Automotive. JOSEF RENKL, geb. 1954, ist Leiter der Forschung, Entwicklung und Anwendungstechnik im Geschäftsbereich Reaktionstechnik der Marke KraussMaffei, KraussMaffei Technologies GmbH, München. SEBASTIAN SCHMIDHUBER, geb. 1978, ist Lead Engineer/Entwicklung Reaktionstechnik der Marke KraussMaffei, KraussMaffei Technologies GmbH. SUMMARY TAILORED TO REACTIVE POLYAMIDE 6 THERMOPLASTIC RESIN TRANSFER MOLDING (T-RTM). The T-RTM process has been successfully applied as a B-pillar reinforcement made from a continuous fiberreinforced plastic, utilizing a low-viscosity caprolactam system. This was done in cooperation between the company research team at Volkswagen AG, BASF SE and KrausMaffei Technologies. This production variant borrows from current RTM processing technologies and can be used to produce thermoplastic FRP parts for automotive applications economically. Read the complete article in our magazine Kunststoffe international and on www.kunststoffe-international.com © Carl Hanser Verlag, München www.kunststoffe.de/Kunststoffe-Archiv Kunststoffe 3/2014 Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern