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www.verkehrsjournal.at 1. Jahrgang Heft 02/2007 € 8,-
Das österreichische
Verkehrsjournal
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BETRIEBSWIRTSCHAFTLICHE Auswirkungen der fahrleistungsabhängigen
Maut CITY-MAUT in Österreichs Städten REALISIERUNGSVARIANTEN bei
PPP-Projekten im Verkehrswegebau EINE TRADITION setzt sich durch
Das österreichische Verkehrsjournal erscheint einmal pro Quartal
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EDITORIAL
EDITORIAL
Alles über einen Kamm scheren!
A
lle Menschen sind gleich! Zumindest vor Gott und dem Gesetz!
Dass ich nicht lache... vor Gott kann ich zwar nicht wirklich beurteilen, obwohl auch hier von Himmel und Hölle die Rede ist, was
die unterschiedliche Behandlung der Menschen vermuten lässt, vor dem
Gesetz stimmt‘s keinesfalls. Also warum macht man dann bei der Maut,
Vignette oder wie auch immer das Instrument genannt wird, genau dieses.
Stimmt für Österreich auch nicht ganz. Die Lkw-Maut berechnet sich anhand der Achsanzahl des jeweiligen Lkw. Juhu... ich kann meine Freude
kaum in Worte fassen.
Mag. Alex Schubert,
Herausgeber des
österreichischen Verkehrsjournals
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Doch das ist zuwenig!!! Eigentlich stimmt‘s ja nicht mal für die Lkw-Maut,
denn die müsste ja eigentlich Lkw- und Busmaut heißen. Und dabei wird
nicht mal zwischen einem Lkw und einem Autobus unterschieden. Na gut,
auf den ersten Blick fallen mir bei diesen beiden Gefährten auch keine Unterschiede auf.
Was kann man sich dann überhaupt noch erwarten? Ich persönlich würde
mir dennoch eine Menge erwarten: Die Maut - sowohl beim Lkw als auch
beim Pkw - bietet nämlich deutlich mehr Differenzierungsmöglichkeiten als
die Achsanzahl: So könnte man die Maut regional (z.B. im Sinne eienr CityMaut, bei der gewisse überlastete Gebiete bemautet werden, um den Verkehr
zu regulieren), ökologisch (z.B. durch Staffelung der Mautsätze aufgund des
Kraftstoffverbrauchs bzw. der Emissionen), zeitlich (z.B. durch hohe Bemautung von ausgewählten Straßen zu verkehrlichen Spitzenzeiten), Auslastungsgrad bezogen (z.B. durch höhere Bemautung von Pkw, die nur mit
einer Person besetzt sind oder schlecht ausgelastete Lkw), aber auch Nutzer
bezogen differenzieren (z.B. geringere Maut für wirtschaftlich notwenige
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Fahrten ala Zustell- oder Pendlerverkehr und höhere Maut für reine Privatfahrten).
Aber warum nachdenken, wenn‘s so auch ganz gut geht? Ganz einfach: Alles über einen Kamm scheren, kann ich nicht mal beim Frisör leiden, warum
soll ich es dann im Verkehr dulden.
Alex Schubert, Herausgeber
Verkehrsjournal 05
INHALT 01 | 08
INHALT
06 Verkehrsjournal
18
32
Betriebswirtschaftliche Auswirkungen der fahrleistungsabhängigen Maut. Wie sich
die Einführung der Lkw-Maut
im Jahr 2004 auf den Verkehr
ausgewirkt hat, wurde bereits
zahlreich untersucht. Welche
Konsequenzen hatte sie allerdings auf die Transportunternehmen selbst?
City-Maut in Österreichs
Städten. London, Stockholm
und jetzt auch noch Mailand
exerzieren vor, wie eine CityMaut in Weltstädten eingeführt
werden kann. Sind Österreichs
Städte Weltstadt genug, um
ebenfalls eine City-Maut zu
vertragen?
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48
Realisierungsvarianten bei
PPP-Projekten im Verkehrswegebau. Das stetig steigende
Verkehrswachstum in Europa
verlangt geradezu nach neuen
Infrastrukturen. Da das staatliche Budget zusehends knapper
wird, müssen innovative Projekte diese Lücke schließen.
Können bzw. wie können PPPProjekte dazu beitragen?
Eine Tradition setzt sich
durch. In den letzten drei Jahren gewann eine jeweils im
November stattfindende Veranstaltung namens „Europäischer
Schienengipfel“ zunehmend
an Bedeutung. Kann sich diese
Veranstaltung als Tradition im
Schienenverkehrsbereich etablieren?
Rubriken
Zahlenspielerei: Der Wirtschaftsverkehrsucht sich seinen Weg
Meinung zum Thema: Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Autobahnen
Offen ausgesprochen - Ausgesprochen offen: Ist die Maut auf dem Weg ...?
Impressum
Umfrage: zu Licht am Tag
Der Verkehrsflieger: Wer heute die Verkehrspolitik abschafft, ...!
Verkehr in Kürze: Oktober, November, Dezember 2007
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Verkehrsjournal 07
ZAHLENSPIELEREI
ZAHLENSPIELEREI
Alex Schubert
Der Wirtschaftsverkehr sucht sich seinen Weg!
Seit 1. Jänner 2004 muss jeder Lastkraftwagen, der in
allerdings (statistisch gesehen) lediglich in etwa 40
Österreich das hochrangige Straßennetz (also Auto-
Prozent aller Fälle. Die Gründe hierfür sind vielfältig,
bahnen und Schnellstraßen) benutzen will, eine fahrlei-
beispielhaft seien die unterschiedliche Marktmacht zwi-
stungsabhängige Maut berappen; Fahrzeuge mit 2 Ach-
schen Auftraggebern und Auftragnehmern bzw. langfri-
sen müssen dabei 0,155 Euro pro Kilometer, Fahrzeuge
stige vertragliche Verpflichtungen angeführt. Anderer-
mit 3 Achsen müssen 0,217 Euro pro km und jene mit 4
seits suchen die Verkehrsunternehmen nach alternativen
oder mehr Achsen müssen 0,3255 Euro pro gefahrenem
Routen.
Kilometer bezahlen.
Die Transporteure suchen sich immer den günstigsten
Jetzt klingen diese Beträge durchaus überschaubar. Wenn
Weg; und das bedeutet nicht, dass sämtliche Fahrten am
man allerdings bedenkt, dass ein durchschnittlicher Lkw
hochrangigen Netz durch Umwegfahrten auf niederran-
im Jahr zwischen 80 und 200 tausend Kilometer zu-
gigem Netz (also auf Bundes-, Landes- und/oder Ge-
rücklegt, abhängig von seinem Einsatzschwerpunkt im
meindestraßen) ersetzt werden.
Nah- oder Fernverkehr, dann erscheinen diese Beträge
in einem ganz anderen Licht: Selbst ein Lkw, der nur
Diese sog. Ausweichverkehre werden nur dann durchge-
80.000 Kilometer Jahreslaufleistung aufweist, wird mit
führt, wenn die damit verbundenen Mehrkosten - z.B. als
Mehrkosten in Höhe von 16.431 Euro pro Jahr konfron-
Zeitkosten verursacht durch die verlängerte Fahrtdauer,
tiert. Steigert sich die Jahreslaufleistung auf 140.000
aber auch erhöhte Treibstoffkosten durch etwaige Um-
Kilometer, so erhöht sich die Mehrbelastung um immer-
wegfahrten bis hin zu vermehrter Abnutzung der Fahr-
hin 38.233 Euro. Bei im Jahr gefahrenen Kilometern
zeuge - geringer ausfallen als die Mehrkosten, die durch
von 200.000 entstehen Mehrkosten in Höhe von 54.619
die zusätzlich zu entrichtende Lkw-Maut entstehen.
Euro.
Die beiden Grafiken rechts zeigen, dass der StraßengüUnd genau diese Beträge lassen die Transporte überle-
tertransportmarkt hervorragend funktioniert: An einem
gen! Einerseits wird natürlich versucht, die Mehrbela-
durchschnittlichen ochentag wurden im Bereich der
stungen auf die Kunden abzuwälzen; dies funktioniert
Dauerzählstelle Lassnitzhöhe im Jahr 2003 ca. 4.200
08 Verkehrsjournal
Dauerzählstelle Lassnitzhöhe: tatsächliche Entwicklung und langfristiger Trend der Verkehrsentwicklung der Lastkraftwagen (LKW) und der Sattellastzüge (SLZ)
Dauerzählstelle Haid: tatsächliche Entwicklung und langfristiger Trend der Verkehrsentwicklung
der Lastkraftwagen (LKW) und der Sattellastzüge (SLZ)
Lastkraftwagen und 2.200 Sattellastzüge gezählt. Dem-
im Bereich der Dauerzählstelle Haid ausreichen. Im
gegenüber fahren dort 2007 etwa 5.000 Lkw und 2.900
Jahr 2007 fuhren dort mit ca. 9.800 Lkw und 5.900 SLZ
SLZ vorbei. Dies entspricht nahezu dem langfristigen
kaum mehr Fahrzeuge als im Jahr 2003; und das obwohl
Trend; und dies obwohl in den Jahren 2004, 2005 und
dort eigentlich (dem langfristigen Trend folgend) mehr
2006 reduzierte Verkehrsströme festzustellen waren. Für
als 12.000 Lkw und knapp 8.000 SLZ zu beoachten sein
mich lässt dies den Schluß zu, dass sich die Ausweich-
müssten.
verkehre im Bereich Lassnitzhöhe für die Transporteure
nicht ausgezahlt haben.
Der Verkehr - und noch viel mehr der Wirtschaftsver-
Im Gegensatz dazu dürften die Ausweichmöglichkeiten
kehr - sucht sich seinen Weg! ...auch hier.
Verkehrsjournal 09
MEINUNG ZUM THEMA
MEINUNG ZUM THEMA
Auszüge einer regen Diskussion zum Thema „Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Autobahnen“ auf verkehrsforum.at
100er auf Autobahn - die dümmste Maßnahme aller Zeiten
schen 130 bis manchmal auch 160 oder 170, je nach
Verkehrsitutation. Meiner Beobachtung nach liegt
das Durchschnittstempo auf der Autobahn bei ca 150
Anonym Dieses Tempolimit ist eine der dümmsten
km/h. Das Problem ist, das man bei der Verkehrsdich-
Massnahmen der jüngeren Geschichte. Bleibt zu
te heute den Wagen nicht frei laufen lassen kann.
hoffen dass da bald die Vernunft einkehrt und wieder
130 kmh erlaubt sein werden.
Anonym Oesterreichs Politiker haben sonst keine
100 kmh auf einer 3spurigen Autobahn, unfassbar.
anderen Sorgen und Probleme. Aber so kann man die
Meint jmd. ernsthaft dass dadurch die Umwelt „we-
Medien fuettern und von den wirklichen Problemen
sentlich“ entlastet wird?! In Relation zu den Gesamt-
die mit Arbeit verbunden sind ablenken. So „arbeitet“
emissionen österreichweit (von Europa red‘ ich gar
ein Politiker, Klappe gross aufreissen, gewaehlt wer-
nicht) ist das doch absolut vernachlässigbar.
den, nichts tun, fuer nichts verantwortlich sein, halbes
Jahr vor der naechsten Wahl aufwachen und wieder
Anonym Was bitte soll an 130 vernünftiger sein? Die
die klappe gross aufreissen....
Einsparung von, lass mich schätzen, 2 Minuten auf
10 km?
Anonym Oesterreichs Politiker haben sonst keine
anderen Sorgen und Probleme.
Anonym Den 100er fahre ich normalerweise im 4.
Gang, die 130 im 5. Gang --- was wird wohl mehr
Aber so kann man die Medien fuettern und von den
Umweltbelastung bringen?
wirklichen Problemen die mit Arbeit verbunden sind
ablenken. So Tempo 100 >>> naja wie kann man die
Anonym Naja man kann sich den 5. Gang ja auch
Autofahrer noch abzocken?!
für spezielle Momente aufheben. Ich fahre bei 100
durchaus auch im 5. Gang, außer beim Beschleuni-
Mit Anlassgesetzgebung! Im Jahr 1980 würde ich ja
gen. Wie wärs damit? Schon mal probiert?
noch einsicht haben aber heute?
Mit Verkehrsicherheit oder Umweltschutz hat das
marchfelder Also Ich fahr auf der A2 im Schnitt zwi-
10 Verkehrsjournal
nichts mehr zu tun!
Wir bauen Fahrzeuge mit Höchtgeschwindigkeiten
verrechnen, die er auf Heller und Pfennig von seinem
von über 300km/h extremen Sicherheitsstandart und
Privatvermögen zurückzahlen sollte. Es war von
Motoren bzw Getrieben mit 6Gängen und Überset-
Haus aus klar, dass dieser Beschluss wieder zurück-
zungen wo man 130km/h fast mit Standgas fährt!
genommen werden muss!
Gedanke zum Überlegen!!
Anonym Vielleicht kann man endlich einmal damit
Anonym Es ist wirklich dämlich. Das steht fest.
aufhören, alle Autofahrer, die schon mal schneller
Na, das kommt heraus, wenn man Berater von a la
als 130 auf Autobahnen unterwegs waren, als Raser
Knoflacher hat.
zu bezeichnen. Ich selbst fahre auch, wenn es die
Wetterlage, die Beschaffenheit der Straße, die Ver-
epo Anscheinend kommt Faymann auch endlich
kehrsdichte, usw. zulassen, schneller als die erlaubten
drauf, dass 100 auf Autobahnen nicht sinnvoll sind.
130 kmh. Jeder Autofahrer kann selbst am besten
Feinstaubbelastungen kann man damit nicht oder
beurteilen, welche Geschwindigkeit möglich ist und
wenn nur ganz gering beeinflussen. Hofentlich sehen
welche nicht.
das auch endlich die Gutmenschen der Grünen ein.
Anonym Sie haben unrecht
160 vor dem Aus!
Anonym Wem 130 auf der Autobahn zu langsam
Anonym Endlich kommen die verantwortlichen
sind, der solle bitte nur noch in Deutschland Auto-
Herren drauf, dass 160 km/h einfach zu schnell sind.
bahnrasen.
Die meisten Autofahrer haben schon bei 130 kaum
Hier hat man sich an die herrschenden Tempolimits
mehr Kontrolle über ihr Fahrzeug, geschweige mit
zu halten. Mir kann keiner sagen, dass auch mit
160. Dass diese Höchstgeschwindigkeit zuviel ist,
modernen Autos der Bremsweg bei 160 km/h kürzer
hätte jedem Laien sofort auffallen müssen.
ist als bei 130. Sicherheit geht eben vor, auch für
mündige Zeitgenossen.
Anonym Man sollte die gesamten Projektkosten diesem unseligen Ex-Verkehrsminister Gorbach weiter-
Anonym Der Gorbach war auch kein Licht.
Verkehrsjournal
11
offen Ausgesprochen - ausgesprochen offen
[email protected]
Ist die maut auf dem weg
zu einem sinnvollen
benutzungsentgelt?
Elmar Wilhelm M. Fürst
Damit unsere Wirtschaft funktionie-
strukturen ist kostenaufwändig. Be-
voll, klar zu stellen dass die All-
ren kann, brauchen wir Verkehr.
sonders diskutiert wird dabei die Be-
gemeinheit (welche einen funda-
wirtschaftung des Verkehrsträgers
mentalen Nutzen aus dem Verkehr
Damit der Verkehr funktionieren
Straße. Eigentlich wird schon lange
zieht; z.B. durch Erhöhung des ge-
kann, brauchen wir zu allererst die
nicht mehr hinterfragt, ob die Be-
sellschaftlichen Wohlstandes durch
nötigen Infrastrukturen. Diese beste-
nutzung der Straßeninfrastrukturen
vermehrte Arbeitsteilung oder auch
hen aus Straßen, Schienen und Was-
mittels Bemautung sinnvoll ist oder
verbesserte medizinische Versor-
serwegen sowie dem Luftraum.
nicht, sondern nur noch, in welcher
gung besondes im ländlichen Raum)
Form die Bemautung erfolgen soll.
auch einen Teil dieser Kosten zu tra-
Die Errichtung, Bewirtschaftung
bzw. Instandhaltung dieser Infra12 Verkehrsjournal
gen hat.
Dabei erscheint es zu allererst sinn-
Ebenso nachvollziehbar ist jedoch
auch die Forderung, dass jene, die
staatlicher Aufgaben) als sinnvolle
die Infrastruktur benützen, um un-
Finanzierungsvariante überlegt wer-
mittelbare
den könnten.
erwerbswirtschaftliche
Ziele zu verfolgen bzw. jene, die
solche Verkehre verursachen, eben-
Steht dann schließlich fest, wofür
falls einen Teil der (internen und ex-
der Nutzer bzw. der Verursacher des
ternen) Kosten tragen sollen.
Verkehrs nun selbst aufzukommen
hat, können ökonomische Mecha-
Genauso müssen jene, die die Ver-
nismen eingesetzt werden, die einer-
kehrsinfrastrukturen ausschließlich
seits zu einer effizienteren Ausnut-
für Freizeitaktivitäten benutzen (z.B.
zung infrastruktureller Ressourcen
um Freunde zu besuchen), einen Teil
und andererseits zu einer Reduktion
der Kosten übernehmen.
negativer externen Effekte führen
sollen.
Wie an dieser Stelle schon mehrfach ausgeführt, gibt es kein allein
Der Preis für die Infrastrukturnut-
richtiges Rezept zur Berechnung
zung kann als Knappheitsindikator
dieser Kosten. Es wäre als Vorfrage
dienen. Dies bedeutet, zu Zeiten
zunächst zu klären, ob man sich auf
hoher Nachfrage nach Verkehrsin-
ein zumindest einheitlich verwen-
frastrukturen ist der Preis höher, zu
detes System einigen kann, mög-
Zeiten niedrigen Verkehrsaufkom-
lichst europaweit, um aus etwaigen
mens geht das Benutzungsentgelt
Differenzen resultierende Standort-
gegen Null.
nachteile hintanzuhalten.
Zusätzlich könnte man mittels EinFerner wäre auch festzulegen, in
satz moderner Erfassungs- und
welchen Bereichen die Vorhaltung
Abrechnungsverfahren
der Verkehrsinfrastrukturen als ge-
fahrzeug-
meinwirtschaftliche
Staatsaufga-
Preisdifferenzierung betreiben. Bei-
be und ab wann als eine durch den
spielsweise könnten Fahrzeuge mit
Verursacher oder Nutzer zu tragende
geringerem Schadstoffausstoß be-
Leistung darstellt.
günstigt oder Leerfahrten schlechter
sowie
strecken-,
nutzerbezogene
gestellt werden.
Dies ist eine politische Frage. Demnach ist sie durch die gewählten
Sinnvoll wäre also ein ökosoziales
Vertreter zu entscheiden. Aus dieser
Peak-load-Pricing anstelle von Ein-
Entscheidung folgt indirekt auch, wo
heitspreisen, die – abgesehen vom
PPP-Modelle (= Public Private Part-
Unmut jener, sie diese zu bezahlen
nerships, auch als Öffentlich-Private
haben – kaum steuernde Wirkung
Partnerschaft bezeichnet; beschreibt
haben; jedenfalls bei weitem weni-
die Mobilisierung privaten Kapi-
ger, als diese – gesellschaftlich wün-
tals und Fachwissens zur Erfüllung
schenswert – entfalten könnten.
Verkehrsjournal 13
eine tradition setzt sich durch
Stell dir vor, es ist Weihnachten ...
14 Verkehrsjournal
... und keiner geht hin!
Verkehrsjournal 15
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Betriebswirtschaftliche Auswirkungen der fahrleistungsabhängigen Maut
Betriebswirtschaftliche
Auswirkungen der fahrleistungsabhängigen Maut
Marcus Einbock
Der Leitartikel dieser Ausgabe des Österreichischen Verkehrsjournals gibt nach
einer fachlichen Einführung einen Überblick über die betriebswirtschaftlichen
Konsequenzen der fahrleistungsabhängigen Maut auf die Unternehmen. Neben
Kostenaspekten werden die Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit ange-
20 Verkehrsjournal
sprochen. Schlussendlich werden Strategien aufgezeigt, welche die mautbedingte
sollen.
Zusatzbelastung
abfedern
Betriebswirtschaftliche Auswirkungen der fahrleistungsabhängigen Maut
Bemautung keine Idee des 20. Jahrhunderts
Vielfalt an Begriffen ist teilweise mit den unterschiedlichen, der Bepreisung zugedachten Aufgaben erklärbar
(vgl. Teubel 2001).
Die Bepreisung der Nutzung von Verkehrsinfrastruktur
Eine „Maut“ bezeichnet im Allgemeinen ein Entgelt für
im Allgemeinen und von Straßen im Besonderen ist kei-
die Nutzung von Straßen. Die Bezugsgrundlage für die
ne Idee des 20. Jahrhunderts. Bereits im Altertum wa-
Erhebung der Maut kann entweder ein bestimmter Zeit-
ren für die Benützung bestimmter Straßen Gebühren zu
raum (Vignette) oder die gefahrenen Kilometer (Péage)
entrichten (vgl. Levinson 2002). Ein Beispiel dafür ist
sein. Es wird somit zwischen einer zeitabhängigen und
die Bepreisung der Verbindungsstraße zwischen Syrien
einer fahrleistungsabhängigen Maut unterschieden (vgl.
und Babylon. Im 12. Jahrhundert führte England Maut-
Grandjot 2003). Als Zahlungsempfänger bei der Bemau-
abgaben ein (vgl. Lay 1994). Im Jahr 1770 wurden etwa
tung fungieren sowohl staatliche Stellen oder auch pri-
Neun Zehntel aller englischen Straßen mittels Straßen-
vate Unternehmen. Von der Maut ist grundsätzlich jeder
benutzungsabgaben finanziert (vgl. Scheele 1993). Im
Verkehrsteilnehmer betroffen; dabei ist es irrelevant, ob
mittelalterlichen Deutschland haben Fürsten sogar extra
inländische oder ausländische Verkehrsteilnehmer die
Brücken gebaut, um Mauteinnahmen für die Überque-
Straße nutzen.
rung der Brücke einzunehmen.
Eine zeitabhängige Bemautung in Form von Vignetten
Es ging bei der Bepreisung somit weniger um die Fi-
wird in erster Linie unter Finanzierungsgesichtspunkten
nanzierung der Verkehrsinfrastruktur, vielmehr war die
diskutiert. Für eine Lenkungsfunktion von Verkehrsströ-
Erzielung von Staatseinnahmen das primäre Ziel (vgl.
men ist eine zeitabhängige Bemautung denkbar ungeeig-
Kossak 204). Erst mit dem ausgehenden 17.Jahrhundert
net, da keine Differenzierung im Hinblick auf Häufigkeit
erkannten die Staaten die Bedeutung des Ausbaus der
sowie der zeitlichen und örtlichen Inanspruchnahme der
Verkehrsinfrastruktur für das Wachstum ihrer Volkswirt-
Straßeninfrastruktur erfolgt (vgl. Just 1992). Charakte-
schaft und begannen, die Nutzung von Straßen mit einer
ristisch für eine zeitabhängige Bemautung ist ihr Fixko-
Abgabe zu belegen, um die Quantität der Verkehrsinfra-
stencharakter.
struktur zu verbessern (vgl. Scheele 1993).
Einerseits wird dadurch tendenziell der Anreiz verstärkt,
das bemautete Netz zur besseren Verteilung der Fixko-
Arten der Bepreisung von Straßeninfrastruktur
sten stärker zu nutzen und andererseits spielt eine zeitabhängige Abgabe bei der Entscheidung des Verkehrsteilnehmers über eine weitere Fahrt grundsätzlich keine
Rolle, da die Grenzkosten der zeitabhängigen Abgabe
Bei genauer Betrachtung der deutschsprachigen Lite-
bei einer weiteren Fahrt den Wert Null annehmen.
ratur zur Bepreisung von Straßen ist festzustellen, dass
eine enorme Begriffsvielfalt vorherrschend ist. Gleiche
Fahrleistungsabhängige Mautsysteme für den Güterver-
Sachverhalte werden mit unterschiedlichen Begriffen
kehr und / oder Personenverkehr lassen sich in der Praxis
beschrieben und unterschiedliche Sachverhalte mit dem
immer häufiger finden. Das hat verschiedene Ursachen.
gleichen Wort belegt. So werden Begriffe wie Stra-
Mittlerweile sind die Technologien der Erhebung soweit
ßenbenutzungsgebühren, -beiträge, -abgaben, -preise,
fortgeschritten, dass eine hohe Zuverlässigkeit bei der
Mauten, City-Mauten, Staugebühren, Ballungsabgaben,
Identifikation von mautpflichtigen Fahrzeugen erreicht
Vignetten oder Road Pricing in Zusammenhang mit der
wird. Europäische Regierungen erkennen die Möglich-
Bepreisung von Straßeninfrastruktur verwendet. Diese
keiten der Generierung zusätzlicher Steuereinnahmen
20 Verkehrsjournal
Straße frei. Aufgrund von Lkw- und/oder Pkw-Maut?
Die Bepreisung ... von Straßen ist keine Idee des 20. Jahrhunderts. Bereits im Altertum waren für die Benützung bestimmter Staßen Gebühren zu entrichten. Ein Beispiel dafür
ist die Bepreisung der Verbindungsstraße zwischen Syrien
und Babylon.
bzw. der besseren Refinanzierung von Verkehrsinfra-
als ein mit elektrischer Energie sparsam wirtschaftender
struktur.
Haushalt, so ist es unmittelbar einleuchtend und verursachungsgerecht, dass der verschwenderische Haushalt
Der große Vorteil der fahrleistungsabhängigen Maut
höhere Energiekosten tragen soll. Der Unterschied ist
liegt darin, dass das Prinzip der Verursachungsgerech-
jedoch, dass bei elektrischer Energie die Akzeptanz bei
tigkeit realisiert wird. Wer mehr Fahrzeugkilometer
der Bevölkerung zur verursachungsgerechten Kosten-
auf dem mautpflichtigen Netz zurücklegt, muss ent-
zuordnung gegeben ist, bei der fahrleistungsabhängigen
sprechend mehr zahlen. Die Mautkosten sind demnach
Maut – zumindest bis heute – nicht.
variable Kosten und somit keine Fixkosten wie bei
zeitabhängigen Systemen. Die Bepreisung anhand des
Nicht nur in Europa, sondern auch in anderen Teilen der
Ressourcenverbrauches ist ja auch bei anderen Gütern
Welt wird eine zeit- bzw. fahrleistungsabhängige Be-
üblich. Wenn ein privater Haushalt beispielsweise durch
mautung von Autobahnen und anderen Straßen verstärkt
unangemessene Festbeleuchtung mehr Strom verbracht
praktiziert. Beispielsweise nimmt die Anzahl bepreister
Verkehrsjournal 21
Betriebswirtschaftliche Auswirkungen der fahrleistungsabhängigen Maut
Autobahnen in China in den letzten Jahren stark zu. Die
daraus generierten Einnahmen dienen der Finanzierung
des Ausbaus der Verkehrsinfrastruktur (vgl. Yang/Tang/
Cheung/Meng 2002).
Eine fahrleistungsabhängige Maut ist jedoch nicht
gleichzusetzen mit dem „Road Pricing“. Unter „Road
Pricing“ wird generell eine stauabhängige sowie räumlich und zeitlich differenzierte Preissetzung für Straßennutzungen verstanden (vgl. Berger 2000). Bei „Road
Pricing“ erfolgt eine Erhebung von Preisen für die Straßenbenutzung, die nach einzelnen Straßenabschnitten
sowie nach unterschiedlichen Zeitpunkten sowie ggf.
nach unterschiedlichen Fahrzeugarten differenziert sind.
Neben den Kriterien der Region sowie des Straßentyps
Letzte Ausfahrt Pkw-Maut?
spielen demnach bei „Road Pricing“ auch Auslastungsgrade der Straßenverkehrsinfrastruktur eine Rolle (vgl.
Aberle 2003). Daher wird auch oft von Congestion Pricing gesprochen. „Road Pricing“ geht folglich über pauschale Nutzungsentgelte (Vignetten, Kfz-Steuer) weit
hinaus.
Im verkehrspolitischen Raum dagegen wird der Begriff
des „Road Pricing“ sehr weit ausgelegt. Das erstaunt
insofern wenig, da Straßenverkehr einen Verkehrsweg
voraussetzt und so jedwede Belastung des Verkehrs als
eine des Weges interpretiert werden kann (vgl. Hauser
1992). Mittels „Road Pricing“ werden grundsätzlich
zwei Ziele verfolgt. Einerseits dient dieses Konzept der
marktwirtschaftlichen Steuerung von Verkehrsströmen
im Sinne einer effizienten Ressourcenallokation. Andererseits ist „Road Pricing“ geeignet, den Eigentümern
der Verkehrsinfrastruktur Einnahmen zu verschaffen
(vgl. Wissenschaftlicher Beirat des Bundesministeriums
für Verkehr 1997).
Mittels der marktwirtschaftlichen Steuerung soll eine
pretiale Beeinflussung der Nachfrage auf dem Straßennetz vorgenommen werden und zwar derart, dass eine
möglichst gleichmäßige Auslastung der Infrastrukturkapazität erfolgt. Insbesondere sollen Überlastungen der
Jeder Verursacher trägt seine Kosten. Dank Pkw-Maut?
22 Verkehrsjournal
Infrastruktur durch eine engpassorientierte Preisfindung,
die zu intertemporalen sowie strecken- und verkehrs-
Unternehmens. Dagegen halten sich die Auswirkungen
mittelspezifischen Verlagerungen führen soll, abgebaut
auf das Organisations- sowie das Personalführungssy-
werden (vgl. Döring 2003). Die aus dem „Road Pricing“
stem in vielen Unternehmen in Grenzen.
zu erzielenden Erlöse sollten nicht in den allgemeinen
öffentlichen Haushalt eingehen, sondern zur Finanzie-
Im Informationssystem sind in erster Linie die Finanz-
rung der Investition zur Beseitigung dieser Engpässe
buchhaltung sowie die Kostenrechnung mit der fahr-
beitragen.
leistungsabhängigen Maut konfrontiert. In der Finanzbuchhaltung wird ein eigenes Konto für Mautzahlungen
Auswirkungen von fahrleistungsabhängigen Mauten auf Unternehmen
eingerichtet und die Mautzahlungen dokumentiert. Die
Veränderungen in der Kostenrechnung sind im Vergleich
zur Finanzbuchhaltung weit gravierender. Die Maut führt
zur Entstehung einer neuen Kostenart, den Mautkosten.
Überblick
Diese können in direkte und indirekte Mautkosten unterteilt werden. Die Mautkosten erhöhen unmittelbar die
Die fahrleistungsabhängige Maut wirkt in vielfältiger
Transportkosten eines Unternehmens. Mittelbar können
Art und Weise auf Unternehmen. Dabei ist es für eine
durch die fahrleistungsabhängige Maut auch die Be-
strukturierte Diskussion von Konsequenzen sinnvoll,
schaffungskosten eine Steigerung erfahren. Im Rahmen
Unternehmen nach der Theorie der Unternehmensfüh-
der Kostenverteilung müssen Methoden entwickelt wer-
rung in ein Führungs- und in ein Ausführungssystem
den, die Verrechnung der Mautkosten auf Kostenträger
zu differenzieren. Das Führungssystem (Management)
verursachungsgerecht vorzunehmen.
kann dabei weiter unterteilt werden in fünf verschiedene
Führungsteilsysteme und zwar in das Informationssy-
Im Kontrollsystem ergibt sich in erster Linie ein Ände-
stem, Kontrollsystem, Planungssystem, Organisations-
rungsbedarf durch die Überprüfung der Rechnungen des
system und Personalführungssystem.
Mautsystembetreibers. Umfangreiche Auswirkungen
der Maut ergeben sich auch im Planungssystem eines
Die Maut hat zunächst einen unmittelbaren Einfluss auf
Unternehmens. Die fahrleistungsabhängige Maut kann
das Ausführungssystem der Unternehmen, sofern maut-
die Wettbewerbssituation für Unternehmen verändern.
pflichtige Fahrzeuge des Unternehmens das bemautete
Die Wettbewerbsposition kann sich gegenüber inlän-
Straßennetz benutzen.
dischen / ausländischen Mitbewerbern in Österreich wie
in anderen Absatzmärkten verbessern oder verschlech-
Transportleistungen als Bestandteil von Beschaffungs-,
tern. Für die Unternehmen ist es in der strategischen
Absatz- oder Entsorgungsleistungen im Ausführungssy-
Planung das Ziel, die sich durch die Maut verändernden
stem erfahren Veränderungen durch die Notwendigkeit
Gesamtkosten des logistischen Systems unter einem ge-
der Zahlung einer fahrleistungsabhängigen Maut auf
gebenen Service Level zu minimieren. Dafür bieten sich
den Autobahnen und Schnellstraßen. Die Zahlung der
eine Vielzahl von Strategien an.
Maut hat Veränderungen in allen fünf Führungsteilsystemen zur Folge.
Im Organisationssystem kann es zu Änderungen kommen, wenn neue Aufgaben, die in Zusammenhang mit
Das Ausmaß der Auswirkungen auf die fünf Führungs-
der fahrleistungsabhängigen Maut entstehen, Aufgaben-
teilsysteme ist jedoch sehr unterschiedlich. Verände-
träger zugeordnet werden müssen. Die fahrleistungs-
rungen ergeben sich insbesondere im Informationssy-
abhängige Maut kann im Einzelfall auch als Anlass für
stem, im Kontrollsystem sowie im Planungssystem des
grundlegende Organisationsänderungen gelten, so zum
Verkehrsjournal 23
Betriebswirtschaftliche Auswirkungen der fahrleistungsabhängigen Maut
Beispiel dann, wenn der Planung und Durchführung von
auch die Emissionsklasse des Fahrzeuges die Höhe des
Transporten komplett an Dritte vergeben wird.
Mautsatzes.
Im Personalführungssystem spielt insbesondere die
Schwerpunkt der Mautdiskussionen sind die direkten
Weiterbildung der Mitarbeiter über mautrelevante As-
Mautkosten. Diese weisen in der Tat auch den größten
pekte eine große Rolle. Eine Schulung des Fahrperso-
Anteil an den gesamten Mautkosten auf. Allerdings ent-
nals ist ebenso von Bedeutung wie eine Schulung der
stehen durch die fahrleistungsabhängige Maut in den
Mitarbeiter der Buchhaltung, der Kostenrechnung oder
Unternehmen auch indirekte Mautkosten, die nicht ver-
der Disposition.
nachlässigbar sind (vgl. Kummer/Einbock 2003).
Industrie- und Gewerbeunternehmen sowie Händler
Indirekte Mautkosten sind jene Kosten, die beim Trans-
sind dann unmittelbar von der fahrleistungsabhängigen
portdienstleister oder werkverkehrsbetreibenden Un-
Maut betroffen, wenn sie über einen eigenen Werkver-
ternehmen anfallen, in einem unmittelbaren Zusam-
kehrsfuhrpark mit mautpflichtigen Fahrzeugen verfü-
menhang mit der fahrleistungsabhängigen Maut stehen
gen, welche das hochrangige Straßennetz benutzen.
sowie nicht zu den direkten Mautkosten gehören. Die
Das Ausmaß der Auswirkungen ist jedoch stark bran-
indirekten Mautkosten gehören zu den Gemeinkosten
chenabhängig. In Branchen, in denen der Transportko-
und können in drei Kategorien unterteilt werden:
stenanteil am Umsatz hoch ist, wird die mautbedingte
Transportkostensteigerung offensichtlich stärkere (Ko-
Vorfinanzierungskosten,
sten-)Auswirkungen haben als in Branchen mit geringen
Kosten des Dekrederrisikos und
Transportkostenanteilen am Umsatz. Mittelbar wirkt die
Kosten des Mautcontrollings.
fahrleistungsabhängige Maut unter der Voraussetzung
einer zumindest teilweisen Weitergabe der Mautkosten
Die indirekten Mautkosten fallen entweder permanent
an die Kunden über eine Zunahme der Beschaffungsko-
an oder sie sind einmaliger Natur.
sten auf die Unternehmen.
Vorfinanzierungskosten entstehen aufgrund der Vorfinanzierung, d.h., wenn die Einzahlungen des Auftragge-
Erhöhung der Kosten
bers zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen als die für die
Leistungserstellung relevanten Auszahlungen. Sie stellt
Mautkosten können in direkte und indirekte Mautkosten
folglich eine Art der Überbrückungsfinanzierung dar,
unterschieden werden, beide erhöhen die Transportko-
die aus dem betrieblichen Leistungsprozess resultiert.
sten eines Unternehmens.
Für Transportdienstleister sind die Vorfinanzierungskosten durchaus ein erhebliches Problem, da teilweise Ein-
Unter direkten Mautkosten werden diejenigen Kosten
zahlungen vom Auftraggeber erst 60 oder 80 Tage nach
verstanden, die den Zahlungen an den Betreiber des
Leistungserstellung eintreffen.
Mautsystems für die Benutzung des hochrangigen Straßennetzes entsprechen. Sie sind grundsätzlich fahrzeug-
Das Delkredererisiko spielt beim Management von For-
bezogen. Die direkten Mautkosten für ein mautpflichti-
derungen aus Lieferungen und Leistungen eine wichtige
ges Fahrzeug setzen sich in Österreich aus dem Mautsatz
Rolle. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen
in Abhängigkeit der Achszahl sowie der zurückgelegten
entstehen durch unbare Transaktionen, die aus gegen-
Fahrleistung auf dem mautpflichtigen Straßennetz in ei-
seitigen Ansprüchen von Vertragsparteien entstehen,
ner Periode zusammen. In anderen Staaten, so beispiels-
wobei nur der Lieferant der Leistung seine Pflichten
weise in der Bundesrepublik Deutschland, beeinflusst
erfüllt hat. Das Delkredere stellt die Wertberichtigung
24 Verkehrsjournal
Verkehrsjournal 25
Betriebswirtschaftliche Auswirkungen der fahrleistungsabhängigen Maut
im Umfang der erwarteten Einbußen bei zweifelhaften
die Abwicklung der Bestellungen. Die mautinduzierte
und bei uneinbringlichen Forderungen dar. Kosten für
Veränderung der Beschaffungskosten trifft insbesondere
das Delkredere-Risiko fallen insbesondere bei Frächtern
Industrie-, Gewerbe- sowie Handelsunternehmen.
bzw. Speditionen an. Wenn beispielsweise ein Spediteur
einen Frächter mit einer Transportdurchführung beauftragt und der Frächter benutzt für die Auftragserfüllung
das mautpflichtige Straßennetz, so wird der Frächter
Weitergabe von Kostenerhöhungen in Supply
Chains
Mautschuldner gegenüber dem Mautbetreiber. Gerät
der Spediteur nach der Durchführung des Transportes
Die fahrleistungsabhängige Maut wirkt wie eine Di-
in Konkurs und mangelt es an Konkursmasse, so muss
stanzsteuer und kann eine erhebliche Kostensteige-
der Transporteur - vollständige Weiterverrechnung der
rung bewirken. In Bezug auf die Kostenträgerschaft
Mautkosten unterstellt - seine Forderung an den Spedi-
der mautbedingten Zusatzkosten gibt es drei Mög-
teur vollständig abschreiben. Ebenso gilt dies im Fall,
lichkeiten der Weitergabe:
wenn ein Verlader als Auftraggeber und ein Spediteur
als Auftragnehmer fungiert und letzterer die Transport-
Sie können vollständig selbst getragen werden.
leistung selbst erstellt bzw. durch Frachtunternehmen
Mautkosten können teilweise in der Supply Chain
erstellen lässt.
weitergegeben werden oder
vollständig in der Wertschöpfungskette weiterge-
Zu den indirekten Mautkosten gehören auch die Kosten
reicht werden.
des Mautcontrollings. Das Mautcontrolling beschäftigt
sich mit jenen Prozessen der Zielsetzung, Planung, Steu-
Die tatsächliche Weitergabe von Mautkosten ist u.a.
erung und Kontrolle in Unternehmen, die aus der Ein-
von der Angebots- und Nachfragefunktion eines
führung der fahrleistungsabhängigen Maut resultieren.
Gutes abhängig. Unter einem Gut wird hier entweder
Das Ziel des Mautcontrollings besteht in der Sicherung
die Transportdienstleistung oder ein materielles Gut
und Erhaltung der Koordinations-, Reaktions- und Ad-
verstanden. Die Elastizität der Angebotsfunktion spielt
aptionsfähigkeit der Unternehmensführung aufgrund
eine wichtige Rolle bei der Weitergabe der Kosten der
der mautinduzierten Veränderung der Umweltbedin-
fahrleistungsabhängigen Maut. Bei Vorhandensein ei-
gungen der Unternehmen. Die Einführung eines Maut-
ner vollständig elastischen Angebotskurve kann eine
controllings ist insbesondere für Transportdienstleister,
vollständige Weitergabe der Maut erfolgen. Zu einem
aber auch für werkverkehrsbetreibende Unternehmen,
bestimmten Preis wird jede gewünschte Menge eines
die mit hohen direkten Mautkosten konfrontiert sind,
Gutes (hier z.B. Transportdienstleistung) angeboten,
sinnvoll.
jedoch wird nichts zu einem niedrigeren Preis angeboten. Das bedeutet, dass der Preis ausschließlich
Durch die mautinduzierte Zunahme der Transportkosten
durch die Angebotskurve und die Menge allein durch
im Beschaffungs- und Dis-tributionsbereich von Un-
die Nachfragefunktion determiniert wird. Im Fall eines
ternehmen in Supply Chains können mittelbar die Be-
völlig unelastischen Angebotes steht die Menge eines
schaffungskosten der Unternehmen ansteigen. Zu den
Gutes fest. Der Gleichgewichtspreis wird dann aus-
Beschaffungskosten gehören neben den Beschaffungs-
schließlich durch die Nachfragefunktion bestimmt.
objektkosten (Einkaufspreis) auch die Beschaffungspro-
Das impliziert ein vollständiges Selbsttragen der di-
zesskosten. Zu den Beschaffungsprozesskosten gehören
rekten und indirekten Mautkosten. Der typische Fall
u.a. Kosten für Bedarfs-, Markt-, Lieferantenanalysen,
ist eine positiv geneigte, jedoch nicht vertikale Funkti-
für Verhandlungen mit Zulieferern, aber auch Kosten für
on des Angebotes. Das Ausmaß der Weitergabe hängt
26 Verkehrsjournal
von der Steigung der Angebotskurve ab. Je höher die
Steigung, desto geringer ist der Anteil der Zusatzkosten, die weitergegeben werden können.
Die Angebots- und Nachfragefunktionen können unter anderem durch die Machtverteilung, die Marktstruktur sowie durch die Kooperationswilligkeit beider Marktseiten beeinflusst werden. Als wichtiger
Einflussfaktor für die Möglichkeit der Weitergabe der
Zusatzbelastung ist die Machtverteilung zwischen der
Anbieterseite (Lieferanten bzw. Transportdienstleister)
und der Nachfragerseite (Kunden) zu nennen. Es ist
evident, dass eine große Marktmacht eines Unternehmens zugleich Möglichkeiten eröffnet, Preise aktiv zu
beeinflussen. Ein großer Lieferant / Transportdienstleister wird gegenüber seinen Kunden mit einer höheren
Wahrscheinlichkeit vollständig die Mautkosten weiterverrechnen können als ein kleiner Anbieter. Je größer
der Nachfrager, desto weniger wird er ceteris paribus
aufgrund seiner zunehmenden Machtfülle bereit sein,
mautinduzierte Zusatzkosten zu übernehmen.
Damit eng zusammen hängen die Marktstrukturverhältnisse und damit die Wettbewerbssituation auf der
Anbieter- und Nachfragerseite, welche die Machtverhältnisse der Marktseiten beeinflussen (vgl. Brümmerhoff 2001). Interesse an vollständiger Weitergabe der
Zusatzkosten unterstellt, können Anbieter versucht
www.verkehrsjournal.at
sein, kurzfristige Wettbewerbsvorteile durch ein vollständiges Selbsttragen oder nur teilweiser Weitergabe
der Zusatzkosten zu lukrieren. Dieses Verhalten kann
insbesondere bei polypolistischen Anbieterstrukturen
auftreten. Je höher der Konzentrationsgrad - und damit die Machtbündelung - auf der Anbieterseite ist,
desto leichter wird ceteris paribus eine Weitergabe der
Zusatzkosten möglich sein. Je höher die Wettbewerbsintensität auf den Absatzmärkten der Nachfrager, desto geringer wird die Bereitschaft ausfallen, Zusatzkosten zu übernehmen.
Ein weiterer Einflussfaktor, der unter anderem durch
Marktstrukturen beeinflusst werden kann, ist die KooVerkehrsjournal 29
perationswilligkeit der Anbieter- und Nachfragerseite.
dass die Supply Chain mit der Wertschöpfung im Aus-
Je intensiver die Bereitschaft zu Kooperation auf bei-
land c.p. kostengünstiger ist als die inländische Wert-
den Seiten ausgeprägt ist, desto höher ist ceteris pari-
schöpfungskette.
bus der Anteil der weitergegebenen Zusatzkosten.
Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit
Strategien der Unternehmen als Antwort auf
mautbedingte Zusatzkosten
Die Maut hat auch Konsequenzen für die Wettbe-
Die Einführung der fahrleistungsabhängigen Maut kann
werbsfähigkeit der Unternehmen. Die Wettbewerbs-
zu einer Veränderung der Zielkonzeption von Unterneh-
fähigkeit eines Unternehmens kann durch die fahrlei-
men führen. Das generelle Oberziel ist es, die Wettbe-
stungsabhängige Maut entweder eine Verbesserung
werbsfähigkeit des Unternehmens trotz der Existenz der
oder eine Beeinträchtigung erfahren. Gleichwohl wird
fahrleistungsabhängigen Maut sicherzustellen. Die Er-
es jedoch auch eine Vielzahl von Unternehmen geben,
füllung dieses Oberzieles kann durch zwei Kategorien
deren Wettbewerbsfähigkeit durch die fahrleistungs-
von Unterzielen ermöglicht werden:
abhängige Maut keinen Veränderungen unterworfen
ist. Pauschalaussagen, dass die fahrleistungsabhän-
In der ersten Kategorie der Unterziele geht es da-
gige Maut generell zu einer Verschlechterung der
rum, den durch die fahrleistungsabhängige Maut be-
Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen führt, ent-
dingten Zuwachs der Gesamtkosten zu minimieren.
behren jeglicher Grundlage. Bei der Beurteilung der
Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit macht es
In der zweiten Zielkategorie werden Ziele im Hin-
Sinn, Bezugsobjekte für den Vergleich zu bestimmen.
blick auf die Weiterverrechnung der direkten und
Folgende Bezugsobjekte erscheinen für eine Analyse
ggf. indirekten Mautkosten festgelegt.
als sinnvoll:
Ein wichtiges Unterziel in der ersten Zielkategorie dürfösterreichische Mitbewerber in Österreich,
te bei vielen Unternehmen die Minimierung der Maut-
österreichische Mitbewerber im Ausland,
kosten sein. Ein alleiniges Ziel der Mautkostenmini-
ausländische Mitbewerb er in Österreich und
mierung greift jedoch zu kurz, da Interdependenzen mit
ausländische Mitbewerber im Ausland.
anderen Planungsobjekten auftreten, d.h. Zielkonkurrenz besteht. Eine Minimierung von Mautkosten kann
Aufgrund dieser Differenzierung können Unterschiede
andere Kosten im logistischen System erhöhen. So führt
in der Veränderung der Wettbewerbsfähigkeit je nach
beispielsweise eine Verminderung der Transportfre-
Bezugsobjekt aufgedeckt werden. So ist anzunehmen,
quenz bei Straßengüterfernverkehrstransporten zwar zu
dass die Veränderung der Wettbewerbsfähigkeit im
einer Verringerung der Mautkosten, jedoch nehmen an-
Ausland sich von der im Inland unterscheidet. Eben-
dererseits die Lager- und Bestandskosten zu, abgesehen
so gilt dies für das Kriterium der Herkunft der Wettbe-
von damit einhergehenden längeren Lieferzeiten. Daher
werber (inländische bzw. ausländische Herkunft). So
ist immer eine Minimierung der Gesamtkosten des logi-
beispielweise kann leicht die Behauptung leicht wi-
stischen Systems anzustreben (vgl. Pfohl 2003).
derlegt werden, dass die Maut im Hinblick auf die Wirkung einem Importzoll gleicht. Bei der Gegenüberstel-
Zur Erreichung dieser Ziele können die folgenden Stra-
lung zweier Supply Chains – bei einer Herstellung auf
tegien genutzt werden:
allen Ebenen im Ausland und bei der zweiten Produktion auf allen Stufen in Österreich – wird offensichtlich,
Strategien im Beschaffungsbereich
Verkehrsjournal 29
Betriebswirtschaftliche Auswirkungen der fahrleistungsabhängigen Maut
Die fahrleistungsabhängige Maut führt zur Erhöhung der
Transportkosten. Keineswegs kann paschal unterstelt werden, dass die mautbedingten Zusatzkosten vollständig weitergegeben werden können.
Strategien im Absatzbereich von Unternehmen
Es zeigt sich in der Praxis, dass Mautausweichverkehre,
Strategien zur Verbesserung der Standortstruktur in
also die verstärkte Nutzung nicht bemauteter Straßen,
logistischen Netzwerken
nur im Ausnahmefall betriebswirtschaftlich vorteilhaft
Strategien im Transport- und Verpackungsbereich
ist. Die Fuhrparkzusammensetzung wird auch nur ge-
Reorganisation in der Transportlogistik
legentlich als ein Ansatzpunkt zur Mautkostensenkung
Verstärkte Nutzung nicht bemauteter Straßen
aufgefasst.
Strategien der Veränderung der Fahrzeugzusammensetzung im Fuhrpark
Verstärkter
Einsatz
Die von der Verkehrspolitik erhoffte Verlagerung auf
nicht-mautpflichtiger
andere Verkehrsträger, insb. der Eisenbahn, war bisher
Fahrzeuge
eher ein Hoffen. Mengen im nennenswerten Umfang
Verstärkter Einsatz von kleineren, geringer
sind aufgrund der Maut nicht verlagert worden. Die Ei-
bemauteten Fahrzeu-gen
senbahn könnte es auch nicht, weil für eine Güterver-
Verstärkter Einsatz größerer Fahrzeuge
lagerung im erheblichen Umfang gar keine Ressourcen
Verlagerung auf andere Verkehrsträger
zur Verfügung stehen.
Bildung und Intensivierung von Kooperationen
Verstärkte Kooperation bei Industrie und Gewerbe
Fazit
Verstärkte Kooperation bei Transportdienstleistern
Die fahrleistungsabhängige Maut führt zunächst unmit-
Verstärkte Auslagerung von Transportdienstlei-
telbar zu einer Erhöhung der direkten und indirekten
stungen bei Industrie und Gewerbe
Mautkosten, welche die Transportkosten erhöhen. Dies
Ausflaggung von Fahrzeugen bei Transport-
erhöht die Beschaffungskosten, da auch Lieferanten mit
dienstleistern
den zusätzlichen Kosten konfrontiert werden.
Häufigere Nutzung von Einwegverpackungen
Keineswegs kann pauschal unterstellt werden, dass die
Welche der Strategien wirklich zweckmäßig eingesetzt
mautbedingten Zusatzkosten vollständig weitergegeben
werden, muss im Einzelfall beurteilt werden.
werden. Dies hängt von den geschilderten Faktoren ab.
30 Verkehrsjournal
Für ein Unternehmen ist es das generelle Oberziel, die
Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens trotz Einführung der fahrleistungsabhängigen Maut sicherzustellen.
Die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit erfolgt durch
die Minimierung des durch die fahrleistungsabhängige
Maut bedingten Zuwachses der Gesamtkosten des logistischen Systems. Für die Minimierung des Gesamtkostenzuwachses in Logistiksystemen bieten sich eine
Reihe unterschiedlicher Strategien an. Neben Strategien im Beschaffungs- und Absatzbereich können auch
Strategien zur Verbesserung der Standortstruktur in
logistischen Netzwerken zur Zielerfüllung beitragen.
Weiterhin existieren viele Ansätze im Transport- und
Verpackungsbereich, welche die Gesamtkosten des logistischen Systems vermindern helfen.
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Dr. Marcus Einbock arbeitete bis Dezember 2007 als
Universitätsassistent an der Wirtschaftsuniversität
Wien, Institut für Transportwirtschaft und Logistik.
Nunmehr ist er als Projektmanager am Zentrum für
Transportwirtschaft und Logistik in Wien tätig. Seine
Forschungs- und Beratungsaktivitäten erstrecken sich
von der Gestaltung von Supply Chains über Supply
Chain Planning bis hin zu verkehrsträgerspezifischen
Managementkonzeptionen.
Verkehrsjournal 31
city-Maut in österreichs städten
DI Martin Blum, Verkehrspolitik, Verkehrsclub Österreich
City-Maut
in Österreichs städten
Alex Schubert/Martin Blum
London, Stockholm und jetzt Mailand. Diese Städte ha-
Staus, weniger Schadstoffe und durch die Mauteinnah-
ben in den letzten Jahren die City-Maut eingeführt. Und
men mehr Geld, etwa für den Ausbau des Öffentlichen
mit jeder Einführung wurde auch in Österreich über die
Verkehrs oder die Förderung der lokalen Wirtschaft.
City-Maut heiß diskutiert. Denn manche sehen die CityMaut als „Schreckgespenst“. Andere sehen darin eine
In der Regel werden sämtliche öffentlichkeitswirksame
Lösung, um vorhandene Verkehrsprobleme zu verrin-
Diskussionen zum Thema City-Maut abrupt gestoppt. Im
gern. Erwartet wird von der City-Maut sowohl eine Ver-
Grunde stets, weil sich dieses Thema politisch nicht gut
meidung von Straßenverkehr, als auch eine Verlagerung
verkaufen lässt. Keine politische Gruppierung möchte
auf Öffentliche Verkehrsmittel sowie bei kurzen Strecken
sich den Unmut der größten Wählergruppe, der Auto-
aufs Radfahren und Gehen. Die Auswirkungen: Weniger
fahrer, zuziehen.
32 Verkehrsjournal
Das Österreichische Verkehrsjournal hat sich deshalb
Städten gelöst werden können?
genau mit diesem Thema beschäftigt und zwar via Interview mit Martin Blum vom VCÖ (Verkehrsclub Österrei-
VCÖ Nein. City-Mauten sind kein Allheilmittel, mit de-
ch). Der VCÖ ist durchaus dafür bekannt, auch politisch
nen man sämtliche Verkehrsprobleme lösen kann. Den-
sensible Themen ehrlich anzupacken, um die objektive
noch hat sich gezeigt, dass überall dort, wo derartige
Diskussion zu unterstützen. Da sich das Österreichische
Systeme bisher eingeführt wurden, es heute weniger
Verkehrsjournal einer objektiven Darstellung verschrie-
Staus gibt als vor deren Einführung und dass die Schad-
ben hat, baten wir Herrn Blum zum Gespräch:
stoffbelastungen ebenfalls überall deutlich abgenommen haben. In Stockholm z.B. ist der Kfz-Verkehr in der
Verkehrsjournal Herr Blum, der VCÖ hat sich wieder
bemauteten Zone um immerhin 23 Prozent zurückgegan-
mal sehr weit aus dem Fenster gelehnt und nach der
gen, wodurch die die Feinstaubbelastung um satte 13
raschen Einführung von City-Maut in österreichischen
Prozent abgenommen und die CO2-Emissionen um 14
Städten verlangt. Warum genau?
Prozent zurückgegangen sind.
VCÖ In Städten ist das volkswirtschaftliche Optimum
VJ In welchen österreichischen Städten wären City-
der Verkehrsstärke auf Straßen in der Regel überschrit-
Mauten sinnvoll?
ten. Das heißt, dass Schäden und Folgekosten des zusätzlichen Verkehrs größer sind als der zusätzliche Nut-
VCÖ Der VCÖ hat für die Landeshauptstädte Wien und
zen. Eine City-Maut kann die Verkehrsstärke auf das
Graz detaillierte Studien ausgearbeitet, welche die Ein-
volkswirtschaftliche Optimum verringern.
führung einer City-Maut positiv bewerten. Für die Städte Salzburg und Klagenfurt wurden Mautszenarien ent-
VJ Soll das bedeuten, dass mit Einführung von City-
wickelt, die als Impulse für weitere Untersuchungen und
Maut-Systemen alle Verkehrsprobleme in Österreichs
Abschätzungen dienen sollen. Die City-Maut kann aber
Verkehrsjournal 33
city-maut in österreichs städten
auch in kleineren Städten mit spezifischen Verkehrspro-
bis zu 90 Prozent der Stadtbevölkerung an, dass sie we-
blemen, wie beispielsweise Bregenz, positive Effekte auf
niger Autoverkehr und eine bessere Luftqualität haben
Wirtschaft und Umwelt haben.
möchten. Und genau das bringt die City-Maut. Deshalb
spricht sich der VCÖ für ein Pilotprojekt in Österreich
VJ Bleiben wir bei Wien und Graz, für die Sie also de-
aus. Warum soll eine Maßnahme, die sich international
taillierte Ergebnisse darlegen können. Wie würde sich
sowohl in kleinen, als auch großen Städten bestens be-
die Einführung einer City-Maut in Wien bzw. Graz aus-
währt, gerade in Österreich nicht funktionieren?
wirken?
VJ Soll es nach der Pilotphase eine Abstimmung über
VCÖ Die Umweltbelastung durch den Verkehr ist in bei-
die City-Maut geben?
den Städten hoch. In Wien z.B. werden an jedem Werktag
1,4 Tonnen Feinstaub, 9,1 Tonnen Stickoxide und rund
VCÖ Österreich ist eine repräsentative Demokratie. Im
2.900 Tonnen CO2 durch den Kfz-Verkehr verursacht.
Wesentlichen fallen die Entscheidungen in den Parla-
Das Reduktionspotential durch die City-Maut liegt, je
menten. Während etwa für die Schweiz die direkte De-
nach Modell, bei etwa 15 bis 25 Prozent.
mokratie charakteristisch ist, ist Österreich international
bekannt für den sozialpartnerschaftlichen Weg. Ob nach
VJ Wie muss ich mir ein solches City-Maut-System für
einer Pilotphase die Bevölkerung oder der gewählte Ge-
Wien und Graz nun vorstellen?
meinderat über die Fortführung abstimmt, muss die Politik entscheiden. Ich fände eine direkte Befragung der
VCÖ Grundsätzlich könnte man City-Mauten auf den
Bevölkerung sehr reizvoll, weil ich überzeugt bin, dass
fließenden Verkehr ausrichten; ebenso könnten aber
dann mit dem Mythos verkehrsvermeidende Maßnahmen
auch die abgestellten Fahrzeuge in ein City-Maut-Sy-
wären nicht mehrheitsfähig aufgeräumt werden kann.
stem eingebunden werden. Abgesehen davon sollte die
Bepreisung eine Differenzierung nach der Tageszeit
und/oder der Verkehrsstärke zulassen. Die Maut könnte
VJ Sie sprechen sich demnach eindeutig für City-Mauten
entfernungsabhängig sein. Die Einfahrt in die bemau-
in Österreich aus?
tete Zone wäre dann zu bestimmten Tageszeiten kostenpflichtig.
VCÖ Ja. Wir sprechen uns für die Einführung von CityMauten in ausgewählten Städten Österreichs aus.
VJ Das Thema ist also sehr komplex. Dennoch sind in
der Praxis nur selten inhaltliche Gründe für das Schei-
Dennoch wollen wir an dieser Stelle auch festhalten,
tern der City-Maut-Diskussionen verantwortlich. Sehr
dass auch andere Pricing-Instrumente positive umwelt-
häufig scheuen sich Politiker dieses „heiße Eisen“ an-
als auch gesellschaftspolitische Effekte aufweisen, etwa
zufassen.
Road-Pricing auf Autobahnen und Schnellstraßen oder
Abgaben für Großparkplätze, etwa für Einkaufszentren.
VCÖ Es gehört sicher Mut dazu, eine City-Maut poli-
Letztlich geht es einfach darum: Auch im Verkehrsbe-
tisch umzusetzen. Mut, der von den Wählerinnen und
reich muss endlich die Marktwirtschaft einziehen. Mit
Wählern belohnt wird. In London hat der dortige Bür-
verursachergerechter Besteuerung wird auch der Ver-
germeister Ken Livingston die City-Maut eingeführt und
kehr effizienter und damit flüssiger.
wurde danach wieder gewählt. In Stockholm wurde die
City-Maut einige Monate getestet, die Bevölkerung hat
VJ Vielen Dank für das Gespräch.
sich danach mehrheitlich für die City-Maut ausgesprochen. Das ist keine Überraschung. Bei Umfragen geben
34 Verkehrsjournal
VCÖ Ich danke Ihnen.
Das österreichische Verkehrsjournal erscheint 4 mal pro Jahr
realisierungsvarianten bei ppp-projekten im verkehrswegebau
realisierungsvarianten
bei ppp-projekten
im verkehrswegebau
Sönke Reise
36 Verkehrsjournal
Verkehrsjournal 37
realisierungsvarianten bei ppp-projekten im verkehrswegebau
Einführung
Verfügbarkeitszahlungen
In den letzten Jahren nahm die Anzahl umgesetzter Pu-
Bei den Verfügbarkeitszahlungen wird üblicherweise
blic-Private-Partnership-Projekte im europäischen Ver-
auch von norwegischen und holländischen Konzessionen
kehrswegebau deutlich zu. Hintergrund ist einerseits das
gesprochen. Eine private Projektgesellschaft übernimmt
steigende Verkehrsaufkommen, welches bedarfsgerechte
das Risiko, die Infrastruktureinrichtung plan- und ter-
Infrastrukturen fordert und andererseits die Tatsache,
mingerecht zu errichten und – im Sinne von vereinbar-
dass mit der Bereitstellung dieser Infrastrukturen die
ten Kriterien und Anforderungen – verfügbar zu halten.
öffentlichen Haushalte zunehmend überfordert sind, da
Die Gesellschaft trägt die Verantwortung für den Bau,
der Finanzbedarf oftmals nicht gedeckt werden kann.
den Betrieb, die Finanzierung und die Instandhaltung.
Risiken, welche die Projektgesellschaft trägt, sind Pla-
Zur Lösung tragen PPP-Projekte bei, da bei diesen (Teil-
nungs-, Bau- und Performancerisiken, nicht jedoch die
)Aufgaben an private Institutionen übertragen werden, so
Markt- und Verkehrsrisiken.
dass die Belastung der öffentlichen Haushalte reduziert
werden kann und zugleich Projekte in der Regel schnel-
Die Höhe des Entgeltes der Projektgesellschaft ist damit
ler und effizienter umgesetzt werden. Der nachfolgende
bei den Verfügbarkeitszahlungen nicht abhängig von der
Beitrag skizziert verschiedene, teilweise neuartige, PPP-
Anzahl der Nutzer (Verkehrsteilnehmer) und gegebenen-
Realisierungsvarianten und stellt diese in der Reihenfol-
falls dem von diesen gezahlten Nutzungsentgelt (Maut).
ge abnehmender staatlicher Einflussnahme dar.
Statt dessen erhält sie vom Auftraggeber (dem Staat)
Zahlungen, deren Höhe vom Verfügbarkeitsgrad der In-
Realisierungsvarianten
frastruktur bzw. bei anderen Projekten vom erreichten
Service-Level abhängig ist und deren Bestandteile vertraglich definiert sind. Der turnusmäßig zu ermittelnde
Öffentliche Beschaffung
Verfügbarkeitsgrad setzt sich aus verschiedenen Faktoren zusammen, die für die jeweils anstehende Zahlung
Die öffentliche Beschaffung ist die in der Vergangenheit
berücksichtigt werden. Üblicherweise fallen die Zah-
häufigste Form der Bereitstellung von Infrastrukturen
lungen geringer aus, wenn z.B. wegen einer Baustelle
im Verkehrswesen gewesen.
eine Fahrbahn zeitweise gesperrt ist.
Eine öffentliche Institution schreibt hierbei die Planung,
Am Ende der Konzessionslaufzeit fällt die Infrastruktur
den Bau, den Betrieb und die Finanzierung getrennt aus.
in die vollständige Verantwortung des Staates. Bis dahin
Die Verantwortung und Haftung für das gesamte Projekt
sollte die Projektgesellschaft ihre Investitionen und eine
liegt beim Staat, der auch für die Planung, Finanzierung
Wagnisprämie durch die Verfügbarkeitszahlungen refi-
und Realisierung das komplette Risiko trägt.
nanziert haben.
Häufig kommt es bei der Variante der öffentlichen Be-
Beispiele für Projekte mit Verfügbarkeitszahlungen
schaffung zu Zeit- und Kostenüberschreitungen, da bei
finden sich u.a. in Norwegen und Ungarn. Bei der E39
den gesetzlich vorgeschriebenen Ausschreibungen oft-
Klett-Bardshaug in Norwegen handelt es sich um einem
mals der günstigste Anbieter ausgewählt wird und weni-
26,9km langen Straßenabschnitt südlich von Trond-
ger auf qualitative Aspekte geachtet wird. Da die öffent-
heim mit sechs Tunnel und zehn Brücken, welcher in
liche Beschaffung nicht im Fokus dieses Beitrags steht,
nur 2,5 Jahren Bauzeit fertig gestellt wurde (vgl. Au-
wird von einer näheren Untersuchung abgesehen.
gustin 2006). Ein anderes Beispiel ist ein 59km langer
38 Verkehrsjournal
PPP-Projekte zur Stauprävention?
Durchaus denkbar.
Abschnitt der Autobahn M6 von Budapest nach Dunau-
setzungsleistungen ist u.a. von der Termineinhaltung bei
jvaros in Ungarn. Er wurde nach zwei Jahren Bauzeit
Instandsetzungsarbeiten, dem Zustand der Grünanlagen,
dem Verkehr übergeben. Die Zahlungen des ungarischen
der fristgerechten Schneeräumung etc. abhängig (vgl.
Staates an die Projektgesellschaft „M6-Duna-Autoplaya
Becher 2006). Für die Gesellschaft besteht von daher
Rt“ beginnen mit der Verkehrsübergabe der Straße und
ein großer Anreiz, die Infrastruktur hochgradig verfüg-
werden bei Fahrbahnsperrungen und mangelhaften Be-
bar zu halten und erforderliche Arbeiten, um den Betrieb
triebs- und Instandsetzungsleistungen reduziert.
zu erhalten, möglichst so zu gestalten, dass der negative
Einfluss auf die Verfügbarkeit gering ist. Nach 22 Jahren
Die Höhe der Reduzierung bei Fahrbahnsperrungen ist
Betriebszeit wird die Autobahn 2028 dem ungarischen
abhängig von der Länge und der Anzahl der gesperrten
Staat übergeben.
Fahrbahn, der evtl. Nutzung einer Fahrtrichtung im Gegenverkehr, der Dauer der Sperrung, des Wochentags,
Minimale Verkehrsgarantie
der Tageszeit und der Jahreszeit der Fahrbahnsperrung.
Die Höhe der Reduzierung bei Betriebs- und Instand-
Auch bei dem Modell der minimalen Verkehrsgarantie
Verkehrsjournal 39
realisierungsvarianten bei ppp-projekten im verkehrswegebau
40 Verkehrsjournal
ist eine Projektgesellschaft typischerweise für den Bau,
kehrsgarantie die Verantwortung für den Bau, die In-
die Instandhaltung und den Betrieb der Infrastruktur
standhaltung und den Betrieb der Verkehrsinfrastruktur.
verantwortlich. Die Planungs- und Baurisiken liegen bei
Die Schattenmaut ist jedoch dadurch gekennzeichnet,
der Projektgesellschaft. Das Marktrisiko (Nutzungshäu-
dass der Nutzer der Infrastruktur selber keine Maut an
figkeit der Infrastruktur durch Verkehrsteilnehmer) tei-
die Projektgesellschaft zu entrichten hat. Das Verkehrs-
len sich der Staat und die privaten Investoren.
aufkommen wird gemessen, die Mautzahlungen an die
Gesellschaft werden vom Staat übernommen (vgl. Au-
Die Projektgesellschaft refinanziert sich grundsätzlich
gustin 2006).
über die Erhebung einer Benutzungsgebühr (Maut).
Für die Gesellschaft stehen damit Verkehrsprognosen
Vorteil dieser Variante für den Nutzer ist, dass er selber
in besonderem Interesse. Der Staat garantiert der Pro-
keine Maut zu bezahlen hat und die (neue) Infrastruktur
jektgesellschaft dabei aber ein minimales Verkehrs-
annimmt – für ihn bestehen keine Nutzungshindernisse.
aufkommen, so dass für die Projektgesellschaft ein
Hätte der Nutzer die Maut selber zu zahlen, könnte er
Mindesteinnahmeniveau bekannt ist, d.h. liegt das Ver-
mautfreie Alternativrouten bevorzugen womit es zu (un-
kehrsaufkommen unter dem festgelegten Niveau, zahlt
erwünschten) Verdrängungseffekten kommt. Der Pro-
der Staat die Einnahmeausfälle bis zum minimalen Ver-
jektgesellschaft kommt genau dies ebenfalls zugute.
kehrsaufkommen.
Allerdings garantiert der Staat kein MindestnutzungsÜbersteigt das Verkehrsaufkommen das festgelegte Mi-
niveau, so dass bei diesem PPP-Modell höhere Markt-
nimum, so fließen die zusätzlichen Einnahmen der Pro-
risiken durch die Gesellschaft zu tragen sind. Für den
jektgesellschaft zu. Für den Staat hat dies den Vorteil,
Staat wirkt sich nachteilig aus, dass er keine Sicherheit
dass die finanziellen Belastungen zwar in der genauen
hinsichtlich seiner zukünftigen Mautzahlungen besitzt.
Höhe unbekannt, dafür aber von vornherein auf ein be-
Für die Wirtschaftlichkeitsanalyse eines Schattenmaut-
stimmtes maximales Level gedeckelt sind. Das Modell
Projekts sind Verkehrsprognosen von besonderem Inte-
der minimalen Verkehrsgarantie ist für all solche In-
resse; hierbei sollte berücksichtigt werden, dass die In-
frastrukturen geeignet, bei denen eine Mauterhebung
frastruktur für den Nutzer nicht mautpflichtig erscheint.
möglich ist, aber unsichere Marktrisiken bestehen, d.h.
Das Modell der Schattenmaut ist daher für all solche
Prognosen über das Nutzungsniveau der Infrastruktur
Infrastrukturen geeignet, bei denen eine Mauterhebung
(besonders) unsicher sind (vgl. Augustin 2006).
möglich ist, aber durch die Schattenmaut selber die
Marktrisiken als sicherer anzusehen sind.
Ein Beispiel für dieses PPP-Modell findet sich im Autobahnbau in Kroatien. Das ca. 60km lange Teilstück
Beispiele für Projekte mit Schattenmaut finden sich u.a.
zwischen Zagreb und Macelj (nördlich von Zagreb an
England, Finnland und Portugal. In Portugal dienen die
der Grenze zu Slowenien – weiterführend nach Graz)
Schattenmaut-Projekte der Erweiterung und der Ver-
mit einem Volumen von 367 Mio. € wurde 2007 dem
besserung des Autobahnnetzes, u.a. auch in ländlichen
Verkehr übergeben. Der kroatische Staat garantiert der
Bereichen, wo im Gegensatz zu Agglomerationsräumen
Projektgesellschaft ein.
von einem geringeren Verkehrsaufkommen auszugehen
ist. Damit wäre ein Modell mit echter Maut (siehe 2.5)
Schattenmaut
hier für den Investor unattraktiver. In Portugal wurde
festgelegt, dass die Höhe der Maut pro Nutzer und Fahr-
Beim Modell der Schattenmaut trägt die Projektgesell-
leistung stufenweise in den kommenden Jahren sinkt.
schaft ebenfalls wie beim Modell der minimalen Ver-
Trotzdem machen die Zahlungen Portugals an die GeVerkehrsjournal 41
realisierungsvarianten bei ppp-projekten im verkehrswegebau
Schattenmaut...
oder Echte Maut?
sellschaft derzeit 0,4% des BSP aus und stellen für den
dar. Der Umfang des Risikos wird größtmöglich auf
portugiesischen Haushalt einen nicht zu vernachlässigen
die private Seite übertragen. Eine Projektgesellschaft
Posten dar und es zur Diskussion steht, die Konzessi-
ist verantwortlich für den Bau, Instandhaltung, Betrieb
onen in Modelle mit echter Maut umzuwandeln.
und Finanzierung der Infrastruktur. Nach Ablauf einer
Konzessionslaufzeit fällt die Infrastruktur an einen öf-
In Finnland bildet der 70km lange Ausbau der E75 zwi-
fentlichen Träger.
schen Helsinki und Lahti dagegen ein positives Beispiel
des Modells der Schattenmaut. Der Bau erfolgte schnel-
Die Refinanzierung der Infrastruktur erfolgt über Maut-
ler als geplant, das Nutzungsniveau ist hoch und die Un-
zahlungen der Nutzer, welche direkt und in voller Höhe
fallzahlen sanken (vgl. Schrefel/Hajszan 2008).
der Projektgesellschaft zufließen. Neben dem Staat können auch internationale Organisationen wie die EU oder
Echte Maut
die Weltbank Zuschüsse gewähren mit dem Ziel einerseits das Projekt zu realisieren und/oder andererseits die
Modelle mit echter Maut, die häufig auch als BOT-Mo-
Höhe der Maut zu reduzieren.
delle (build-operate-transfer) bezeichnet werden, stellen
die Modelle mit dem geringsten staatlichen Einfluss
42 Verkehrsjournal
Die Projektgesellschaft sollte diese Möglichkeiten bei
der Angebotserstellung validieren. Da die Gesellschaft
gemeinhin akzeptiert sind.
das volle Marktrisiko trägt, sollte sie auch über die Mauthöhe frei entscheiden können. Wenn ein öffentlicher
In Deutschland gibt es bereits mindestens zwei Beispiele
Zuschuss die Mauthöhe verringern kann, so kann dies
für dieses PPP-Modell. Den Warnowtunnel in Rostock
zu einer höheren Nutzerzahl der Infrastruktur führen.
und den Herrentunnel in Lübeck. Beiden Projekten ist
Modelle mit echter Maut sind generell geeignet für stark
gemein, dass das Nutzungsaufkommen weit hinter den
frequentierte Routen mit geringem Verdrängungsrisiko
Erwartungen zurück bleibt. In Rostock nutzen derzeit
und bei einer gesellschaftlichen, grundsätzlichen Akzep-
ca. 10.500 Fahrzeuge den Tunnel täglich, 20.000 wären
tanz von Mautgebühren.
zur Sicherstellung der Rentabilität erforderlich.
Dies ist gerade in Deutschland nicht der Fall. Deswegen
Aus diesem Grund wurde die Konzessionslaufzeit be-
stehen die Modelle mit echter Maut hier derzeit häufig
reits von 30 auf 50 Jahre verlängert. Zwar liegt das Ver-
und vermehrt in der Kritik. Im Gegensatz zu den Alpen-
kehrsaufkommen in Lübeck höher (21.000 Fzg. tägl.),
ländern Österreich und der Schweiz, wo Mautmodelle
aber auch hier wurde ein höheres Aufkommen prognostiziert (37.000 Fahrzeugen pro Tag). Nach 30 Jahren
Konzessionslaufzeit soll der Herrentunnel der Stadt Lübeck übergeben werden.
Nicht nur in Deutschland, auch beim Cross City Tunnel
in Sydney bleibt das reale Verkehrsaufkommen hinter
den Erwartungen der Betreiber zurück. Hier nutzen nur
20.000 bis 25.000 Fahrzeuge den Tunnel anstatt der erwarteten 90.000 täglich (vgl. Baker et al 2006). Langfristig ist eine Insolvenz der Betreibergesellschaften nicht
auszuschließen.
Fazit und Bedeutung von Verkehrsprognosen
Inzwischen haben sich eine Vielzahl von Modellen mit
diversen Varianten an PPP-Modellen zur Realisierung
von Infrastrukturen im Verkehrswegebau herausgebildet. Entscheider haben daher nicht nur die Wahl zwischen der klassischen öffentlichen und der privaten
Beschaffung und Bereitstellung, sondern können auch
Zwischenmodelle in Erwägung ziehen. Alle vorgestellten Modelle unterscheiden sich in dem unterschiedlichen
Anteil des Risikos, den der öffentliche bzw. die private
Partner trägt. Zwischen den beiden Extremen, nämlich
dem Modell der öffentlichen Beschaffung und dem der
Egal. Hauptsache die Autos können Gas geben.
echten Maut, bestehen drei weitere Modelle.
Verkehrsjournal 43
realisierungsvarianten bei ppp-projekten im verkehrswegebau
Eine wesentliche Erkenntnis der kurzen Betrachtung in
starker privatwirtschaftlicher Verantwortung favorisiert
diesem Beitrag ist jedoch, dass den Verkehrsprognosen,
werden. Denn damit werden Berechnungen hinsichtlich
welche im Vorfeld eines Infrastrukturprojektes durchzu-
der Amortisationszeit und andere Wirtschaftlichkeitsein-
führen sind, eine nicht zu unterschätzende Bedeutung
schätzungen sicherer, von denen letztlich die Entschei-
zukommt.
dung des privaten Investors abhängig ist.
Je sicherer die Kenntnis über die Anzahl der zukünftigen
Empirischen Untersuchungen von Standard & Poors zu
Infrastrukturnutzer ist, desto eher kann ein Modell mit
Verkehrsprognosen für Mautstraßen und von Flyvbjerg
Dr. rer. pol. Sönke Reise, Dipl.-Verkehrswirtschaftler, ist
derzeit als Port Consultant bei der Hamburg Projektmanagement GmbH (HPMG) tätig und ist in einem
großen Containerterminalausbauprojekt in Hamburg
eingebunden. Nach seinem Studium der Verkehrswirtschaft war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter
an der Technischen Universität Dresden, Fakultät
Verkehrswissenschaften tätig und promovierte bei
Prof. Dr. Kummer über Offshore-Containerterminals
als Transshipment-Hub.
44 Verkehrsjournal
zu Verkehrsprognosen für mautfreie Straßenbauprojekte
zufolge besteht tendenziell eine Neigung zu einer zu
optimistischen Einschätzung des erwarteten Verkehrsaufkommens (vgl. Flyvbjerg 2006 und Bain 2007).
Bei Mautstraßen beträgt dieser „Optimismus-Bonus“
durchschnittlich 20-30%, bei mautfreien Straßen ist er
niedriger, etwa 10% (vgl. Bain 2007), dafür ist hier aber
die Varianz markant höher (vgl. Flyvbjerg 2006).
Die voran stehenden Beispiele bestätigen diese Untersuchung. Die prognostizierten Nutzerzahlen wurden deutlich zu hoch prognostiziert. Möglicherweise wurden bei
IMPRESSUM
der Erstellung der Prognosen bestimmte Faktoren, wie
z.B. das Ausweichverhalten in Abhängigkeit der Mauthöhe unterschätzt oder es wurden andere Infrastrukturprojekte (in Lübeck beispielsweise die Fertigstellung
der A20 und damit der Schaffung einer weiträumigen
Umfahrungsmöglichkeit Lübecks) nicht ausreichend
GF
Chefredaktion
Redaktion
Didaktik
Grafik
Autoren
berücksichtigt.
Forschungsbedarf besteht hinsichtlich der Gründe,
Alex Schubert
Alex Schubert
Manuela Schubert
PamelaSchubert
Hannes Horvath
Martin Blum
Marcus Einbock
Elmar Fürst
Sönke Reise
Paul Rittler
Alex Schubert
welche zu diesen teilweise erheblichen Abweichungen
zwischen erwartetem und tatsächlichem Verkehrsaufkommen führen um daraus Maßnahmen für zukünftige
Verkehrsprognosen abzuleiten.
Druck
Heftpreis
Literaturverzeichnis
Augustin, C.: Realisierungsvarianten von PPP Projekten, Vortrag beim
Baltic Sea Forum am 10.10.06 in Hamburg.
Baker, J. et al: Cross City Tunnel heads for the bargain basement bin, in:
The Sydney Morning Herald, 17. Nov. 2006.
Becher, G.: Erfahrung in PPP-Projekten mit Verkehrs- und Marktrisiken,
Vortrag beim Baltic Sea Forum am 10.10.06 in Hamburg.
Abonnenten-Service
Erscheinungsweise
vierteljährlich
Adresse
Josef Weinheber Platz 4/15,
A-1140 Wien, T +43 (0)664/517 09 69,
[email protected]
Bankverbindung
Download von: www.people.hbs.edu/besty/projfnportal/S&P_traffic_
Schrefel, C. u. Hajszan, R.: Erfahrungen mit Public Private Partnership
T +43 (0)664/517 09 69
[email protected]
www.verkehrsjournal.at
Bain, R: S&P Traffic Forecasting Risk: Study Update 2004, London.
risk_2004.pdf am 08.03.2007
Einzelheft: € 8,Jahresabo über 4 Ausgaben:
Jahres-Abo € 28(inkl. Porto und Versand)
Studenten-Abo € 20,(inkl. Porto und Versand)
Professoren-Abo € 30,(inkl. Porto, Versand & 1/8 Rotwein)
Internet
Flyvbjerg, B. et al: Inaccuracy in Traffic Forecasts, in: Transport Reviews,
Vol. 26, 2006, H. 1, S. 1-24.
Niederösterreichisches Pressehaus
Gerichtsstand
Nächste Ausgabe
Bank Austria Creditanstalt
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Handelsgericht Wien
KW 19
im Hochleistungsstraßenbau in Europa. Download von: www.17und4.at/
downloads/ppp-studie_17und4.pdf am 08.01.08
Österreichs erstes wissenschaftliches Verkehrsjournal wird vier mal pro Jahr
veröffentlicht und widmet sich jeweils einem verkehrsspezifischen
Schwerpunktthema.
Nächste Ausgabe: Alles auf Schiene
UMFRAGE
ONLINE-UMFRAGE im
VERKEHRSFORUM.AT
Licht am Tag ...
sollte unverändert beibehalten bleiben.
34,73%
sollte nur im Winter verpflichtend sein.
18,41%
sollte nur auf Autobahnen verpflichtend sein.
2,51%
sollte auf Autobahnen und Bundesstraßen verpflichtend sein.
3,77%
sollte gänzlich abgeschafft werden.
ist mir gleichgültig/betrifft mich nicht.
38,08%
2,51%
Umfragezeitraum: April/Mai 2007
46 Verkehrsjournal
Ihre Meinung zählt!
www.verkehrsforum.at
eine tradition setzt sich durch
Eine tradition
setzt sich durch
Alex Schubert
Weihnachten bereits im November!
W
eihnachten ohne Gäste? Für mich durchaus
lichen Bereich das BMVIT sowie aus dem technischen
vorstellbar. Der Europäische Schienengip-
Bereich die Fa. ??? oder die Fa. ??? genauso wie aus
fel ohne Gäste? Absolut unvorstellbar! Ob
dem wirtschaftlichen Bereich die Wirtschaftskammer
meine Ansicht zum Thema Weihnachten von den Veran-
Österreich bzw. die Fa. ??? gleichsam auch aus dem uni-
staltungsteilnehmern geteilt wurde, kann ich nicht beur-
versitären Bereich die Wirtschaftsuniversität Wien oder
teilen (hab ich auch nicht erfragt), meine Position zum
die Technische Universität Wien und viele mehr.
Schienengipfel wurde und wird jedenfalls geteilt; dies
zeigt schon die Entwicklung der Teilnehmerzahlen: Wa-
Anscheinend entwickelt sich hier eine Tradition! Was
ren in den ersten beiden Jahren fast ausschließlich abso-
nicht weiter verwundert, denn neben der Möglichkeit,
lute Schienenverkehrs-Insider anwesend, so erweiterte
Networking zu betreiben, waren auch heuer wieder die
sich dieser Kreis beim 3. Europäischen Schienengipfel
Vortragenden von allerhöchster Güte. o berichteten etwa
auf nahezu 200 Personen; alle relevanten Player bzw.
Dr. Gürtlich vom Verkehrsministerium, Prof. Kummer
Stakeholder waren vertreten wie z.B. aus dem recht-
von der WU, Mag. Domany vom Flughafen Wien oder
48 Verkehrsjournal
KommRat Poschalko von Rail Cargo Austria über aktu-
eine effiziente Veranstaltung.
elle Entwicklungen im Schienenverkehrsbereich.
Und um den Vergleich mit der anderen traditionsreichen
Und wie bei jeder Business Circle Veranstaltung rundet
Veranstaltung zu Jahresende abzuschließen, bleibt mir
die angenehme Atmosphäre die fachliche Kompetenz
nur noch festzustellen, dass weder bei der einen noch
perfekt ab; nicht nur das kulinarische Angebot war viel-
bei der anderen Veranstaltung auf die Geschenke ver-
fältig und reichlich, sondern auch die Lokalität bot den
zichtet werden musste: Während ich mich über meine
(gewohnten) Wohlfühlfaktor.
Weihnachtsgeschenke nicht weiter verbreitern möchte,
habe ich vom Schienengipfel neben dem umfangreichen
Befinden sich - dem Thema entsprechend - „Europas
Tagungsband zahlreiche weitere informative Unterlagen
Bahnen auf dem Weg zur Effizienz“, so kann man mit
mit nachhause nehmen dürfen; lediglich die Verpackung
Fug und Recht behaupten: Der Schienengipfel erfüllt
lies das berühmte Geschenkspapier vermissen.
bereits in seiner dritten Auflage alle Anforderungen an
Verkehrsjournal 49
DER VERKEHRSFLIEGER
[email protected]
Wer heute die Verkehrspolitik
abschafft, beseitigt morgen
das Verkehrsministerium!
Paul Rittler
Auf der Suche, was den politischen Parteien zur Stra-
gramms, bringt zu Verkehr nichts, wiewohl „Umwelt“
ßenmaut einfällt, findet der Verkehrsflieger schon zur
zu des Bauernbündlers eigenem Arbeitsbereich zählt
allgemeinen Verkehrspolitik nur mühsam einen Lande-
und er sich im Herbst 2006 für das Profil im Magna-
platz.
Mila ablichten ließ. Zur „schwarzen“ Ehrenrettung: Das
Regierungsprogramm wird auch der ÖVP zugerechnet,
Auf der Webseite der ÖVP sucht man die „Verkehrspoli-
und in der Tagespolitik meldeten sich Molterer und Pröll
tik“ vergebens: Im Parteiprogramm (von 1995!) gelangt
– zuletzt mit der NoVA-Anpassung – zu Wort. In der
man erst über den Menüpunkt „Ländlicher Raum“ zu
Landespolitik widmet sich die Partei seit Jahren Tun-
„Infrastruktur am Land sichern und weiter ausbauen“.
nelfragen…
Darin bekennt sich die Volkspartei zur „Sicherung und
Schaffung einer leistungsfähigen Infrastruktur im länd-
Nicht besser sind Freiheitliche und BZÖ: Während das
lichen Raum“ – fünf Zeilen.
BZÖ „Verkehr“ auf seiner Webseite nicht einmal erwähnt, kennt man bei den Freiheitlichen auf fünf Zeilen
Pröll-Programm ohne Verkehr: Auch die Fürschrift
gerade einmal – aber immerhin – drei Schlagwörter: „ex-
der „Perspektivengruppe“ von Landwirtschaftsmini-
terne Kosten“, „Kostenwahrheit“ und „Verursacherprin-
ster Pröll (2007), das Rohpapier des neuen Parteipro-
zip“. Ein ausgefeiltes Programm sucht man vergebens
50 Verkehrsjournal
bei dem Lager, das sechs Jahre lang dem BMVIT vor-
det: gezählte elfmal beschweren sich die Verfasser über
stand, was nachdenklich stimmt. Auf welchem (Bund-
die Vorgängerregierung.
es-)Plan fußt nun der Koralmtunnel?
Zusammenfassung: Ein Verkehrsministerium ohne VerZwiefaltig sind – wo man sich zuerst mehr erwartet hät-
kehrspolitik ist wie eine Kirche ohne Bibel. Zur Einrich-
te – die Grünen: Das Grundsatzprogramm läßt enttäu-
tung eines Ministeriums (wie zu dessen Fortbestand)
schenderweise Verkehr als eigenen Bereich aus, verteilt
gehört meines Erachtens untrennbar ein Plan einer da-
ihn auf andere Sachgebiete. Nur von der Hinterbank
zugehörigen (Verkehrs-)Politik. Über eine solche Poli-
verbreiten sich Gabriela Moser und Reinhard Gschöpf
tik verfügen von den Parteien derzeit nur die Sozialde-
„kurz und bündig“ über die „Verkehrswende“, dies aber
mokraten. Die anderen politischen Bewegungen sollten
sehr ausführlich, nicht ausschweifend, fachkundig und
überlegen, welche Pläne sie für das BMVIT haben. Wer
mit guten verkehrswirtschaftlichen Einschlägen.
keinen Plan hat, muss damit rechnen, dass ihm unterstellt wird, er sei für (bzw. zumindest nicht gegen) eine
Grüner Maut-Populismus: Bei der möglichen Einfüh-
Aufteilung dieser Behörde.
rung einer flächendeckenden Pkw-Maut folgt aber auch
Moser dem populistischen „Rettet-den-Steuerzahler“-
Der Verkehrsflieger meint, dass der große Betrag an
Ruf: Stadtmaut: ja, Lkw-Maut sowieso, sogar mit In-
Ausgaben im Verkehrsbereich sowie dessen Auswir-
dexanpassung. Aber allgemeine Pkw-Maut? Da streikte
kungen auf Umwelt und Mensch die Beibehaltung eines
wohl der Professor…
Verkehrsministeriums jedenfalls rechtfertigen wie auch
einen entsprechenden politischen Unterbau samt Wil-
4:0 gegen die Verkehrspolitik: Bis hierher – blenden
lensbildung bei allen Bundesparteien erfordern. Denn
wir die grüne Einzelkämpferin Moser aus – fällt Öster-
ohne politische Willensbildung geschieht es, wie es ein
reichs Bundesparteien zum Verkehr wenig ein, kaum
namhafter TU-Verkehrsprofessor von der Abwicklung
Zielgerichtetes, keine geplante Politik. Man könnte da-
von Bauvorhaben bei einer ÖVG-Veranstaltung berich-
her meinen, den Parteien läge weder an einer gezielten
tete: „Gebaut werden zuerst die unwichtigen Strecken-
Verkehrspolitik noch an einem eigenen, sich nur darauf
teile. Wenn die stehen, werden dann auch die wichtigen
gründen könnenden, Verkehrsministerium.
gebaut, weil sie dann gebaut werden müssen.“ Wenn die
Parteien bei der Verkehrspolitik auslassen, betreiben die
Wäre da nicht: …die große alte Partei der Sozialde-
Konzerne sie.
mokratie – sie enttäuscht uns in Verkehrsfragen nicht:
Schon das Grundsatzprogramm verbreitert sich auf
Lob gebührt also der SPÖ, der einzigen Partei mit einer
mehreren Seiten über Verkehr und seine Politik. Unter
Verkehrspolitik im Grundsatzprogramm. Lob geht auch
„Positionen“ finden wir auf deren Homepage ein eige-
an die Frau Abgeordnete Moser, wobei ihr zu wünschen
nes 82-seitiges Infrastrukturprogramm der Partei mit
ist, ihre verkehrspolitischen Standpunkte zukünftig in
Ausbauplänen von Verkehrsträgern und technischen
der grünen Zieleschrift verankern zu können.
Vorschlägen, wobei die Genauigkeit der Ausbaupläne
samt Kostenschätzungen einen Urheber im Verkehrsmi-
Gerügt werden die Parteien der Minister Gorbach, For-
nisterium vermuten läßt, die Pkw-Maut wird abgelehnt.
stinger und Reichhold, die trotz sechsjähriger Obmannschaft im BMVIT ihren Parteien keine Verkehrspolitik
SP-Hickhack auf Tagespolitik: Kleine Schönheitsfehler
hinterlassen haben. Die gleiche Rüge geht auch an die
des Programms sind die Schläge auf die frühere Regie-
Volkspartei, der vor allem wegen ihrer Größe das Fehlen
rung, was die Weiterverwendung der Ideen etwas verlei-
entsprechender Ausführungen vorzuwerfen ist.
Verkehrsjournal 51
Das österreichische Verkehrsjournal erscheint einmal pro Quartal
Das österreichische Verkehrsjournal
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VERKEHR
VERKEHR IN
IN KÜRZE
KÜRZE
verkehr in kürze
oktober 2007
teten Verkehrsteilnehmer
cherer und kostengün-
durchschnittlich, geht aus
war sogar um ein Viertel
stigerer
Zur
einer Studie der Schwei-
EU-Lokführer-
niedriger (um 12 Per-
Einreichung solcher Vor-
zer ProgTrans AG hervor.
schein beschlos-
sonen weniger, insgesamt
schläge wurde zum ersten
Der Güterverkehr wird bis
37) als im Vergleichszeit-
Mal EU-weit aufgerufen.
zum Jahr 2020 um mehr
raum des Vorjahres. Die
Für die erste Reihe von
als die Hälfte zulegen,
Beteiligung eines Lkw
Projekten stellt die EU
wobei die Marktanteile
bedeutet noch nicht, dass
217 Mio Euro (von insge-
der Bahn gleich bleiben.
Rund drei Jahre harte
der Unfall vom Lkw auch
samt 2,1 Mrd Euro für die
Fast ein Drittel aller Ton-
Verhandlungen
wurden
verschuldet wurde. Bei
Luftfahrtforschung in den
nenkilometer
mit der jüngsten Annah-
tödlichen Unfällen, wo
Jahren 2007-2013) zur
dabei durch ausländische
me des Dritten EU-Ge-
Nutzfahrzeuge
Verfügung.
Nachfrage,
setzespaketes zur Bahn-
sind, gelten diese selten
re was den Verkehr nach
liberalisierung
als Verursacher des Un-
Italien betrifft. Von den
falles.
hierzulande erwarteten 90
sene Sache
beendet.
Das Gesetz regelt u. a. die
beteiligt
werden.
entstehen
insbesonde-
Öffnung der Bahnnetze
Mrd
Tonnenkilometern
ab 2010 für den grenzü-
bis 2020 entfallen knapp
217 Millionen für
60 Mrd auf den Lkw;
der Fahrgastrechte und
umweltfreundliche
gen noch knapp 40 Mrd
sieht einen einheitlichen
Luftfahrt
berschreitenden
Passa-
gierverkehr, die Stärkung
EU-Lokführerschein im
internationalen Personenund Güterverkehr vor.
2006 fuhren die LastwaTonnenkilometer.
Umweltfreundlichere
Turbinen und leichtere
november 2007
Werkstoffe gehören zu
Unfälle mit
den insgesamt 36 Forschungsprojekten für die
Hohes Verkehrs-
schweren Lkw neh-
Luftfahrt, die die EU mit
wachstum pro-
men ab
217 Mio Euro fördern
wird. Die Vorschläge für
gnostiziert
Forschungsprojekte, aus
Emissionshandel
in der Luftfahrt bereits ab 2011
Das Europäische Parlament sprach sich dafür
aus, ab 2011 alle Flüge,
Die Anzahl der Unfäl-
dem Bereich Luftfahrt
Sowohl der Güter- als
die innerhalb der EU star-
le mit schweren Lkw
erhalten Gelder aus den
auch
Personenverkehr
ten und landen, in den
ging auf 838 Unfälle
Töpfen des 7. Forschungs-
werden in den nächsten
Handel mit CO2-Emissi-
(um 3,7%) zurück. Die
Rahmenprogamms. Der
zehn bis 15 Jahren in Ös-
onszertifikaten einzube-
Zahl der bei Unfällen
Luftverkehr soll damit
terreich stark steigen, im
ziehen.
mit schweren Lkw getö-
umweltfreundlicher,
EU-Vergleich sogar über-
54 Verkehrsjournal
si-
GALILEO-Finan-
leres
zierung weiter
unklar
Beim Treffen der EU-Finanzminister hat es keine
Fortschritte im Streit über
die Finanzierung des EUSatelliten-Navigationssystems Galileo gegeben.
Im Vorfeld regte Finanzminister Molterer an, Galileo über Kredit zu finanzieren. Österreich schlug
vor, in die Finanzierung
des
Reagieren
eine
und Matschreifen) ange-
ein Ausbau von Kombi-
Schnee-
bracht sind. Weiters darf
terminals das Gebot der
kettenpflicht, ein allfäl-
der Lenker eines Per-
Stunde. Die Schiene ist
liges
sonenkraftwagens
oder
billiger als die Straße. So
oder früheres Umleiten
eines leichten Nutzfahr-
kostet ein Rollende Land-
des Verkehrs wirken las-
zeuges während dieses
straßen-Ticket
sen. Geplant sind wei-
Zeitraumes bei winter-
Fahrt über den Brenner
ters die Errichtung von
lichen Fahrbahnverhält-
laut ÖBB 79 €, während
Überkopftafeln für Len-
nissen wie insbesondere
auf der Straße allein für
ker-Informationen,
die
Schneefahrbahn, Schnee-
Maut und Treibstoff 94
Überarbeitung der Win-
matsch oder Eis, dieses
Euro fällig werden. Das
tereinsatzpläne/-dienste,
Fahrzeug nur in Betrieb
Bahnfahren hat zwei wei-
die Optimierung des Kri-
nehmen, wenn an al-
tere Vorteile: Lkw-Fahrer
senmanagements und der
len Rädern Winterreifen
können auch in der Nacht
Unterstützung der Helfer
montiert sind.
unterwegs sein und zu-
zeitgerechtere
Fahrverbot
und/
an Ort und Stelle.
für
die
gleich Ruhezeiten sammeln.
milliardenschweren
Projekts die Hausbank
RoLa sieht rosigen
der EU, die Europä-
Zeiten entgegen
ische Investitionsbank in
Luxemburg, einzubeziehen. Auf dem Programm
Weil sie günstiger ist als
der Minister stand zudem
die Straße, platzt die Rol-
die schadstoffabhängige
Besteuerung von Autos.
dezember 2007
lende Landstraße für den
Ausdehnung der
Transport von Lkws aus
Winterreifenpflicht
beläuft sich wie vor Aus-
allen Nähten. Das Niveau
laufen des Transitvertrags
Während des Zeitraumes
Ende 2003. Mittlerweile
von jeweils 1. Novem-
komme es bei der Verla-
ASFINAG reagiert
ber bis 15. April darf der
dung von Lkw derzeit ´zu
auf Schneechaos
Lenker einen Omnibus
ganz schönen Staus´, so
bzw. ein schweres Nutz-
Heinz Schierhuber vom
Ein Fahrverbot’ gilt ab
fahrzeug nur verwenden,
Fachverband
Güterver-
Mai 2008 auf einem 84
Nach dem Verkehrscha-
wenn zumindest an den
kehr der WKÖ. Um die
km langen Steckenab-
os auf der A21 will die
Rädern einer Antriebsach-
jetzigen langen Verlade-
schnitt der A 12 Inntalau-
ASFINAG durch schnel-
se Winterreifen (Schnee-
zeiten zu verringern, ist
tobahn.
Sektorales
Fahr-
verbot in Tirol
Verkehrsjournal 55
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