grundbegriffe - Projekt "Akademische Integrität"

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grundbegriffe - Projekt "Akademische Integrität"
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GRUNDBEGRIFFE
BASISWISSEN
Akademische Integrität
Unter
„Akademischer
Integrität“
verstehen
wir
die
weitgehende
Übereinstimmung der tatsächlichen Praxis in Forschung, Studium, Lehre und
Verwaltung mit den Regeln und Normen der guten wissenschaftlichen Praxis
sowie des akademischen Miteinanders:
„Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist der Maxime akademischer
Integrität verpflichtet: Das tägliche Handeln ihrer Mitglieder in Forschung,
Lehre und Studium, in der wissenschaftlichen Weiterbildung sowie im
Wissenschaftsmanagement steht in Übereinstimmung mit den Werten und
Regeln guter wissenschaftlicher Praxis.“ (Aus dem Leitbild der JGU)
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Während der Begriff der „Akademischen Integrität“ im deutschen Sprachraum
noch kaum Verwendung findet, ist das Konzept der „academic integrity“ z.B. an
US-amerikanischen Universitäten weit verbreitet. Er wird dort nach Bertram
Gallant im akademischen Kontext synonym zu Ehre („honor“) und Ehrlichkeit
(„honesty“) verwendet. Lange Zeit standen dabei allein das Verhalten und der
Charakter der Studierenden im Fokus der Beobachtung. Heute findet ein Wandel
hin zur Betrachtung von angemessenen und die Integrität fördernden
Lernumgebungen statt.
 Zur Geschichte des Begriffs „academic integrity“: TRICIA BERTRAM GALLANT, Academic Integrity
in the Twenty-First Century: A Teaching and Learning Imperative (ASHE Higher Education Report,
Volume 33, Number 5). New York 2008.
Gute wissenschaftliche Praxis vs.
Wissenschaftliches Fehlverhalten
Als gute wissenschaftliche Praxis werden all diejenigen Formen
wissenschaftlicher Tätigkeit zusammengefasst, die in Einklang mit den
geschriebenen wie ungeschriebenen Regeln der scientific community insgesamt
bzw. den Regeln eines wissenschaftlichen Faches, einer Fachrichtung stehen.
Insbesondere umfasst die gute wissenschaftliche Praxis den Anspruch auf
vollständige Dokumentation von Forschungsergebnissen und den ehrlichen und
fairen Umgang mit MitarbeiterInnen, VorgängerInnen und KonkurrentInnen –
vor allem hinsichtlich ihrer jeweiligen Beiträge (s. hierzu die Ordnung zur
Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis der JGU).
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Akademische Integrität vermitteln.
GRUNDBEGRIFFE
Fortsetzung:
Gute wissenschaftliche Praxis vs.
Wissenschaftliches Fehlverhalten
Als wissenschaftliches Fehlverhalten kann folglich jedes Verhalten bezeichnet
werden, das geeignet ist gegen diese Regeln zu verstoßen. Wissenschaftliches
Fehlverhalten ist dabei von anderen Formen des Fehlverhaltens im Kontext
wissenschaftlicher Tätigkeit (z.B. sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz oder die
Entwendung von einfachen Arbeitsmaterialien) zu unterscheiden. Seine
Reichweite bleibt auf Verhaltensweisen mit unmittelbarem Bezug zu einer
wissenschaftlichen
Forschungsoder
Lehrtätigkeit
(z.B.
Plagiate,
Datenmanipulationen, Sabotage) beschränkt.
 Einen griffigen Einstieg in die Thematik finden Sie bei:
FUCHS, MICHAEL, U.A., Forschungsethik. Eine Einführung. Stuttgart 2010, S. 41-55.
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Plagiat
Der Begriff des Plagiats ist rechtlich nicht näher bestimmt. Es handelt sich
vielmehr, um eine in unterschiedlichen Kontexten mehr oder minder scharf
abgegrenzte Bezeichnung. Plagiate bleiben nicht auf den meist diskutierten
Bereich der Formulierung von Texten begrenzt, sie können überdies bei
Abbildungen, Strukturen, Ideen oder auch Quellcodes auftreten. Eine griffige
Definition bietet TEDDI FISHMANN, Direktorin des International Center for Academic
Integrity:
"Plagiarismus tritt auf, wenn jemand (1) Worte, Ideen oder Arbeitsergebnisse
verwendet, (2) die einer anderen identifizierbaren Person oder Quelle zugeordnet
werden können, (3) ohne auf die Quelle zu verweisen, aus der die entsprechenden
Elemente übernommen wurden, (4) und das in einer Situation, in der die legitime
Erwartung eigenständiger Autorschaft besteht, (5) und zwar mit dem Ziel einen
Vorteil, Ansehen oder Gewinn zu erhalten, der nicht monetär sein muss."
 FISHMAN, TEDDI: “We know it when we see it” is not good enough: toward a standard
definition of plagiarism that transcends theft, fraud, and copyright. Conference Paper zur 4th
Asia Pacific Conference on Educational Integrity (2009): Educational Integrity: Creating an
Inclusive Approach. Seite 5. Online abrufbar unter:
http://ro.uow.edu.au/cgi/viewcontent.cgi?article=1037&context=apcei [letzter Aufruf 16-012014] [Übers. AkIn].
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GRUNDBEGRIFFE
Datenfälschung, -manipulation, -selektion
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Der unredliche Umgang mit Forschungsdaten wurde bereits früh thematisiert.
Der britische Mathematiker Charles Babbage unterschied bereits 1830 vier
Formen dieser Praxis: Hoaxing, Forging, Trimming und Cooking. In Bezug auf die
Regeln guter wissenschaftlicher Praxis werden aktuell drei Grundformen des
unredlichen Umgangs betrachtet: Das freie Erfinden von Daten, die Veränderung
von Daten oder Abbildungen und die Auswahl erwünschter bzw. Zurückweisung
unerwünschter Ergebnisse. Besonders bei der Auswahl bzw. Auslassung von
Ergebnissen lassen sich einige Abstufungen hinsichtlich der Schwere des Eingriffs
feststellen.
Aktuelle Beispiele für Verstöße gegen die gute wissenschaftliche Praxis in Bezug
auf den Umgang mit Forschungsdaten stellen die folgenden Fälle da:
Daten erfinden: Der Sozialpsychologe Diederik Stapel erfand über Jahre hinweg
zahlreiche Studien und die dazugehörigen Messergebnisse, bis seine Praktiken
2011 aufgedeckt wurden. Abbildungen manipulieren: Im Bereich der
Stammzellenforschung machte eine japanische ForscherInnengruppe Anfang
2014 mit möglicherweise bahnbrechenden Ergebnissen auf sich aufmerksam.
Nach kurzer Zeit entstanden jedoch Zweifel über die Echtheit der publizierten
Abbildungen.
 s. BABBAGE, CHARLES, Reflections on the Decline of Science in England, and on some
of its Causes. Online unter: http://www.gutenberg.org/files/1216/1216-h/1216h.htm. Zum Fall Stapel: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/niederlanderenommierter-psychologe-gesteht-faelschungen-a-795476.html Zum Fall Obokata:
http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2014-04/stap-obokata-faelschung
[alle zuletzt abgerufen 17-10-2014]
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