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Ruhestand 3 Wörter, 23 Zeichen
?Ruhestand, s. Pension.
?Pension (franz., spr. pangssióng oder -siohn, v. lat. pensio, »Zuwägen«, Bezahlung), Gehaltsversorgung ohne unmittelbare
Gegenleistung. Eine solche wird zuweilen aus bloßer persönlicher Vergünstigung (Gnadengehalt) verwilligt; in der Regel liegt aber
der Verwilligung eine Verpflichtung zu Grunde, sei es eine privatrechtliche oder vertragsmäßige, sei es eine staatsrechtliche oder
gesetzliche. Staatsrechtlich begründet ist der Pensionsanspruch der aus dem aktiven Dienst ausscheidenden Staatsdiener.
? Der Gehalt (Ruhegehalt, Quieszentengehalt), welchen ein solcher bezieht, wird vorzugsweise Pension genannt. Daher
bezeichnet man auch die Verletzung in den dauernden Ruhestand mit Pension als Pensionierung, im Gegensatz zur Stellung eines
Beamten zur Disposition (s. d.), d. h. der einstweiligen Versetzung in den Ruhestand unter Verwilligung eines Wartegeldes und unter
Vorbehalt späterer Wiederverwendung. Ebenso werden die Versorgungsbezüge, welche die Hinterbliebenen eines Beamten
beziehen, Pension (Witwenpension, Erziehungs- und Waisengelder) genannt. Abgesehen von der Schweiz, ist in den
Pensionsgesetzen und Pensionsreglements aller europäischen Staaten dem Beamten, welcher infolge geistiger oder körperlicher
Schwäche dienstunfähig wird, das Recht auf Pension garantiert und zwar den Zivilbeamten ebenso wie den Militärs. Auch für
Geistliche und Volksschullehrer ist das Pensionswesen gesetzlich geordnet. Im einzelnen besteht in den Pensionssystemen eine
große Verschiedenheit. In manchen Staaten sind die Beamten zur Zahlung von Pensionsbeiträgen verpflichtet. Das deutsche
Reichsbeamtengesetz vom 31. März 1873 verlangt von den Beamten keine Pensionsbeiträge. Es macht den Pensionsanspruch von
dem Nachweis eingetretener Dienstunfähigkeit und von einer zehnjährigen Dienstzeit abhängig.
Ist jedoch erstere die Folge einer Krankheit oder Beschädigung, welche sich der Beamte bei oder infolge der Ausübung seines
Amtes zuzog, so wird ausnahmsweise auch schon bei kürzerer Dienstzeit Pension gezahlt. Besonders günstig für die Beamten ist
das bayrische Edikt über die Verhältnisse der Staatsdiener (Beilage IX zu Tit. V, § 6 der Verfassung). Schon nach Ablauf von drei
Dienstjahren tritt in Bayern die Pensionsberechtigung ein, und ein Beamter, welcher 40 Jahre im Dienst war, braucht den Nachweis
eingetretener Dienstunfähigkeit nicht zu führen. Belgien und die Niederlande dagegen verlangen überhaupt ein Alter von 65 Jahren
und überdies Belgien eine Dienstzeit von 30, die Niederlande eine solche von 40 Jahren, um den Anspruch auf Pension zu
begründen.
Was die Höhe der Ruhebezüge anbetrifft, so beträgt der Meistbetrag der Pension nach deutschem und preußischem Recht
(Gesetz vom 27. März 1872) ¾ des pensionsfähigen Diensteinkommens. Der Mindestbetrag ist ¼. Während aber früher die Pension
vom zehnten Dienstjahr ab mit jedem weitern Dienstjahr um 1/80, also von 20/80 nach 50jähriger Dienstzeit bis zu 60/80 stieg,
beträgt die jährliche Steigerung nach der Novelle zum preußischen Beamtengesetz vom 31. März 1882 1/60, so daß also der Beamte
nach 40jähriger Dienstzeit den Maximalbetrag der Pension von 40/60 erreicht. Dasselbe gilt (Reichsgesetz vom 21. April 1886) für die
Reichsbeamten. Günstiger ist in dieser Beziehung wiederum das bayrische System. Nach diesem wird die Pension in den ersten
zehn Jahren auf 7/10, im zweiten Jahrzehnt auf 8/10, im dritten und spätern auf 9/10 des Gesamtgehalts berechnet und dem letztern
gleichgestellt, wenn der Beamte das 70. Lebensjahr erreicht hat. In Österreich (Verordnung vom 9. Dez. 1866) beträgt die Pension
bei einer Dienstzeit von 10-15 Jahren, von 15-20 Jahren und für je fünf Jahre mehr bis zum 40. Jahr mehr, somit vom 35.-40. Jahr
des Gehalts.
Nach 40 Jahren wird der ganze Aktivitätsgehalt als Pension gezahlt. In England beträgt die Pension für jedes Dienstjahr 1/60; sie
steigt bis zu 40/60. In Italien ist das Maximum, in den Niederlanden und in Belgien des Gehalts. Als Garantie für die Unabhängigkeit
der Rechtspflege und des Richterstandes ist in den meisten Staaten und namentlich auch in dem deutschen
Gerichtsverfassungsgesetz der Grundsatz anerkannt, daß Richter gegen ihren Willen nur kraft gerichtliche Entscheidung in den
Ruhestand versetzt werden können.
Was die Fürsorge für die Hinterbliebenen (Relikten) eines Beamten anbetrifft, so haben dieselben in den meisten Staaten einen
Anspruch auf Fortzahlung des Gehalts außer dem Sterbemonat noch für ein sogen. Gnadenquartal (in Österreich »Konduktsquartal«
genannt). Ein Witwen- und Waisengeld wird gleichfalls in den meisten Staaten bezahlt, indem entweder Witwen- und Waisenkassen
bestehen, zu welchen der Beamte bei Lebzeiten Beiträge zu leisten hat, oder diese Beiträge (Reliktenbeiträge) zur Staatskasse zu
entrichten sind, aus welcher die Witwen und Waisen ihre Pension beziehen. Für die Beamten und Offiziere des Deutschen Reichs
sind die Reliktenbeiträge seit 1888 abgeschafft, ebenso in Preußen. Das Witwengeld beträgt der Pension, welche der Beamte am
Todestag verdient haben würde. Das Waisengeld besteht, wenn die Mutter lebt, für jedes Kind bis zum 18. Lebensjahr in, andernfalls
in des Witwengeldes. - Pension heißt übrigens auch die Rente, welche infolge von Unfallversicherung (s. d.) zu zahlen ist, oder
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welche Altersversorgungs-, Invaliden- und ähnliche Kassen gewähren; auch bedeutet Pension s. v. w. Kostgeld und Institut
(Pensionat) mit Verpflegung der Zöglinge.
Vgl. Marcinowski, Die gesetzlichen Bestimmungen (2. Aufl., Berl. 1884).
Im deutschen Heer bezieht jeder aktive Offizier und im Offiziersrang stehende Militärarzt nach dem Reichsgesetz vom 27. Juni
1871 eine lebenslängliche Pension, wenn er nach einer Dienstzeit von wenigstens zehn Jahren zur Fortsetzung des aktiven Dienstes
unfähig geworden ist. Bei kürzerer Dienstzeit erwächst Anspruch auf Pension, wenn die Dienstunfähigkeit Folge einer unverschuldet
bei Ausübung des Dienstes erlittenen Verwundung oder Beschädigung ist. Die Höhe der Pension ist wie bei den Reichsbeamten
bemessen.
Als pensionsfähiges Diensteinkommen wird berechnet: der Gehalt nach den Sätzen für Infanterieoffiziere, der mittlere Chargenoder Stellenservis, Wohnungsgeldzuschuß, für Leutnants und Hauptleute eine Entschädigung für Bedienung, für erstere noch eine
solche für Tischgelder und vom Brigadekommandeur an aufwärts die Dienstzulage. Ein Überschuß des Diensteinkommens über
12,000 Mk. jährlich wird nur zur Hälfte angerechnet. Kriegsjahre (s. d.) werden doppelt gezählt.
Wer nachweislich durch den Krieg invalid geworden ist und seine Pensionierung vor Ablauf von fünf Jahren nach dem
Friedensschluß nachsucht, erhält eine Pensionserhöhung (Kriegszulage) von 300-750 Mk. jährlich, je nach Höhe der Pension. Eine
weitere Erhöhung der Pension tritt ein infolge einer im Krieg oder Frieden im aktiven Dienst erlittenen Verstümmelung, unheilbaren
Dienstbeschädigung etc. Diese Verstümmelungszulage, die niemals aberkannt oder vermindert werden darf und unabhängig von der
Höhe der Pension ist, beträgt 600-1200 Mk., bei vollständiger Erblindung 1800 Mk. Die Witwen der im Kriege gebliebenen oder vor
Ablauf eines Jahrs nach dem Friedensschluß an im Krieg erhaltenen Verwundungen oder Krankheiten gestorbenen Offiziere erhalten
außer ihrer gesetzlichen Witwenpension, solange sie im Witwenstand verbleiben, und noch auf ein Jahr nach ihrer
Wiederverheiratung für jedes Kind bis zum vollendeten 17. Lebensjahr eine Erziehungsbeihilfe von 150 Mk.; wird das Kind auch
mutterlos, so erhält es 225 Mk. jährlich. Im übrigen ist die Witwen- und Waisenversorgung durch Reichsgesetz vom 17. Juni 1887
ebenso geordnet wie für die Zivilbeamten (s. oben).
Unteroffiziere und Soldaten erhalten als Invalidenversorgung entweder den Zivilversorgungsschein, die Aufnahme in ein
Invalideninstitut, die Verwendung im Garnisondienst oder eine Pension. Die Pensionen zerfallen für jede Rangstufe in fünf Klassen
und betragen monatlich (Mark):
1. Klasse 2. Klasse 3. Klasse 4. Klasse 5. Klasse
Feldwebel 42 33 27 21 15
Sergeanten 36 27 21 15 12
Unteroffiziere 33 24 18 12 9
Gemeine 30 21 15 9 6
? Unteroffiziere und Soldaten, welche nachweislich durch den Krieg ganz invalid geworden sind, erhalten eine Kriegszulage von
monatlich 6 Mk. neben der Pension; sind sie verstümmelt oder erblindet, so erhalten sie eine Verstümmelungszulage von monatlich
18 Mk. bei einfacher, bei mehrfacher Verstümmelung entsprechend mehr. Unteroffiziere vom Feldwebel abwärts erhalten vom
zurückgelegten 18. Dienstjahr an für jedes weitere Dienstjahr bei eintretender Ganzinvalidität eine Pensionszulage von monatlich 1,5
Mk. Vgl. Militärversorgung.
Ende Pension
Quelle: Meyers Konversations-Lexikon, 1888; Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte
Auflage, 1885-1892;12. Band, Seite 831 im Internet seit 2005; Text geprüft am 16.9.2006; publiziert von Peter Hug; Abruf am
20.1.2017 mit URL:
Weiter: http://peter-hug.ch/12_0832?Typ=PDF
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