Die Architekten- und Haustechnikerumfrage

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Die Architekten- und Haustechnikerumfrage
Arbeitsberichte des Lehrstuhls für Allgemeine
und Industrielle Betriebswirtschaftslehre an der
Technischen Universität München
Prof. Dr. Dr. h.c. Ralf Reichwald (Hg.)
Ralf Reichwald, Michael Hermann und Florian
Bieberbach
Auktionen als
Preisfindungsmechanismus auf
elektronischen Märkten
Arbeitsbericht Nr. 21 (Januar 2000) des Lehrstuhls für Allgemeine und Industrielle
Betriebswirtschaftslehre der Technischen Universität München
Leopoldstrasse 139, 80804 München, Tel. 089 / 289 24800
www.prof-reichwald.de
ISSN 0942-5098
© Copyright 2000 by Ralf Reichwald, Michael Hermann and Florian Bieberach, TUM.
Alle Rechte vorbehalten.
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Inhalt
1.
Auktionen als Preisfindungsmechanismus
2.
Elektronische Märkte im Internet
3.
Theorie und Anwendung von Auktionen
4.
Eigenschaften von Online-Auktionen
Zusammenfassung:
Auktionen sind seit Jahrtausenden ein bekannter Mechanismus für den Austausch
von Waren, der in den modernen Volkswirtschaften jedoch nur eine untergeordnete Rolle spielt. Im Zuge der Ausbreitung des Internet gewinnen Auktionen immer
mehr an Bedeutung, was auf die Charakteristika elektronischer Märkte im Internet
zurückzuführen ist. Dabei kommen vier Auktionstypen zum Einsatz, die für verschiedene Waren unterschiedlich gut geeignet sind. Auktionen sind einem System
fester Preise jedoch nicht in jedem Fall überlegen.
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1.
Auktionen als Preisfindungsmechanismus
Auktionen sind Marktinstitutionen mit klar definierten Regeln zur Güterverteilung und
Preisfestlegung auf der Basis von Geboten der Teilnehmer (vgl. McAfee, McMillan,
1987). Der Begriff Auktion kommt vom lateinischen „augere: vermehren, vergrößern“.
Bei einer Auktion entscheidet die Konkurrenz verschiedener Preisgebote der Nachfrager
über den tatsächlich zustande kommenden Preis für ein bestimmtes Gut. Spiegelbildlich
dazu sind Ausschreibungen („reverse auctions“), bei denen mehrere Anbieter um den
Zuschlag eines Nachfragers für ein Gut konkurrieren.
Auktionen sind aus der Sicht des Anbieters gegenüber einem Festpreissystem, bei dem
der Nachfrager den Preis akzeptieren muß, will er das Gut erwerben („take-it-or-leaveit“), insbesondere dann von Vorteil, wenn hohe Unsicherheit über den erzielbaren Preis
besteht. Dies ist der Fall, wenn der Preis eines Gutes starken Schwankungen unterliegt,
wie z.B. bei schnell verderblichen Waren wie Schnittblumen oder Fisch. Hohe Unsicherheit besteht aber auch, wenn einzigartige Güter verkauft werden sollen, für die es kaum
Substitute gibt und deren Wert von verschiedenen Personen sehr unterschiedlich eingeschätzt wird, wie z.B. Gemälde oder Antiquitäten. Die Auktion ist generell vorteilhafter
als Festpreise, wenn es Kapazitätsrestriktionen in der Produktion weiterer Stücke des
versteigerten Gutes gibt. Die fehlende Möglichkeit der Mengenanpassung zum Ausgleich
von Angebot und Nachfrage hier wird durch eine Preisanpassung ersetzt.
Der Nachteil von Auktionen gegenüber einheitlichen festen Preisen besteht in den höheren Transaktionskosten in der Verhandlungsphase: Während bei festen Preisen der Kommunikationsbedarf hinsichtlich der Preisinformationen relativ gering und in der Regel nur
bilateral ist, müssen bei Auktionen alle Auktionsteilnehmer zeitgleich mit dem Anbieter
Informationen austauschen können. Für die Durchführbarkeit insbesondere der weit verbreiteten Englischen Auktion (vgl. Abschnitt 3) folgte daraus in der Vergangenheit die
Notwendigkeit, dass alle Akteure für den begrenzten Zeitraum der Auktion zeitgleich an
einem Ort präsent sein müssen. Der hierfür notwendige Aufwand an Reisekosten und Zeit
schränkte den Kreis der Güter, für die Auktionen ökonomisch sinnvoll waren, stark ein.
Hier weisen Informations- und Kommunikationstechnologien erhebliches Einsparungspotential auf: Wenn die beteiligten Akteure über eine informationstechnische Infrastruktur zeitgleich ihre Gebote eingeben und die relevanten Informationen abrufen können,
ohne physisch zusammentreffen zu müssen, reduzieren sich die Transaktionskosten erheblich, und die potentiellen ökonomischen Vorteile von Auktionen für alle Beteiligten
gewinnen an Gewicht. Das Internet bietet als weltweit verfügbare offene Infrastruktur
somit die ideale Grundlage für eine Ausbreitung von Auktionen als Koordinationsmechanismus auf elektronischen Märkten.
2.
Elektronische Märkte im Internet
Ein elektronischer Markt ist ein Teilmarkt eines bestimmten Gütermarktes, der sich dadurch abgrenzt, dass der Vertragsabschluss und weitere Phasen der Transaktion durch
informationstechnische Systeme unterstützt werden (vgl. Picot et al., 2000). So gibt es
z.B. den elektronischen Markt für Bücher oder den elektronischen Markt für Tickets, die
jeweils Teilmärkte des Büchermarktes oder des Ticketmarktes sind, wobei weitere Segmentierungen dieser Märkte, z.B. nach Region oder Zielgruppen, möglich sind. In Abb. 1
ist ein Schichtenmodell elektronischer Märkte dargestellt.
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Abbildung 1: Schichtenmodell elektronischer Märkte
Elektronische Märkte setzen auf einer informationstechnischen Infrastruktur wie z.B. dem
Internet auf, die als elektronischer Marktplatz die Funktion eines geographisch abgegrenzten Platzes. Ein weiteres Element elektronischer Märkte sind elektronische Handelssysteme, die von einzelnen Anbietern, Nachfragern oder unabhängigen Dritten betrieben
werden. Elektronische Handelssysteme sind Informations- und Kommunikationssysteme,
die speziell der Koordination und Abwicklung marktlicher Leistungsaustausche auf elektronischen Marktplätzen dienen. Nach der Anzahl der Anbieter und Nachfrager können
diese in vier Kategorien unterschieden werden, unter die auch die elektronischen Auktionen, mit einem Anbieter und mehreren Nachfragern fallen. Weitere Handelssysteme sind
die weitverbreiteten elektronischen Stores. Elektronische Ausschreibungen funktionieren
spiegelbildlich zu Auktionen: Ein Nachfrager schreibt die Erbringung einer Leistung auf
einem elektronischen Netzwerk aus und mehrere Anbieter konkurrieren um den Auftrag.
Diese Handelsform ist insbesondere für Ausschreibungen der öffentlichen Hand und im
Handel zwischen Unternehmen von Bedeutung. Auf elektronischen Börsen schließlich
treffen mehrere Nachfrager zeitgleich auf mehrere Anbieter eines bestimmten Gutes.
Über vordefinierte Preismechanismen werden Güter zu möglichst umsatzmaximierenden
Preisen gehandelt. Elektronische Börsen eignen sich insbesondere für standardisierte
Güter wie Finanztitel. Ein Beispiel ist das XETRA-System der Deutschen Börse AG.
Einem einzelnen elektronischen Markt kann eine Vielzahl - auch miteinander konkurrierender - elektronischer Handelssysteme zugrunde liegen.
Marktunterstützungssysteme bauen auf den Handelssystemen auf und dienen den Marktteilnehmern zur effizienteren Abwicklung von Markttransaktionen. Dies können technische Einrichtungen sein, wie z.B. Suchmaschinen im Internet oder auch unabhängige
Institutionen wie Rating-Agenturen, die die Transparenz über die Qualität von Produkten
und potentiellen Marktpartnern erhöhen.
3.
Theorie und Anwendung von Auktionen
Um verstehen zu können, welche Preise bei Auktionen zustande kommen und welcher
Auktionstyp für welche Waren geeignet ist, sind zunächst zwei theoretische Modelle zur
Beschreibung von Auktionen zu unterscheiden (vgl. McAfee/McMillan 1987). Im fol-
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genden wird dabei davon ausgegangen, dass ein Anbieter mehreren Nachfragern gegenübersteht, die um eine Ware konkurrieren.
Das independent-private-values model geht davon aus, dass jeder der Bieter eine genaue
Vorstellung davon hat, was die angebotene Ware für ihn wert ist. Diese persönliche Bewertung ist unabhängig von den Bewertungen der anderen (independent value) und weder
den anderen Bietern noch dem Verkäufer bekannt (private value). Dieses Modell ist beispielsweise realistisch beim Verkauf von Liebhaberstücken oder bei der Vergabe von
Lizenzen auf die Nutzung von technischen Erfindungen (Patenten). Im Falle einer reverse
auction ist das Modell z.B. geeignet für die Ausschreibung von Bauaufträgen. Die Angebote der Baufirmen hängen hier von der individuellen Kostensituation des jeweiligen
anbietenden Unternehmens ab.
Dem common-value-model liegt die Annahme zugrunde, dass die Ware einen objektiven,
für alle gleichen Wert (common value) hat, der jedoch weder dem Anbieter noch den
Nachfragern bekannt ist. Grundlage für die Gebote sind folglich die Schätzungen des
Wertes durch die einzelnen Bieter. Realistisch ist dieses Modell beispielsweise bei der
Vergabe von Erschließungsrechten von Ölfeldern, deren Ergiebigkeit man im voraus
nicht kennt, oder beim Verkauf von Buchmanuskripten, von denen keiner weiß, ob sie
Bestseller werden oder nicht.
Ein bekanntes Phänomen, das hier auftreten kann, ist der winner’s curse (Fluch des Gewinners). Hat jeder Bieter ein verdecktes Gebot entsprechend seiner Schätzung abgegeben und ein Bieter gewinnt, wird damit zugleich klar, dass dieser den Wert am höchsten
geschätzt hat, sich also wahrscheinlich am meisten nach oben verschätzt hat. Einen Zuschlag zu erhalten ist unter diesen Umständen nur bedingt eine gute Nachricht.
Um dieses und ähnliche Probleme bei Auktionen zu vermeiden, sollte aus den vier verschiedenen, grundlegenden Auktionstypen, die sich in bezug auf Preisfindungsmechanismus und Bietverfahren unterschieden, der jeweils für den konkreten Anwendungsfall
passende ausgewählt werden. Die Verfahren werden hier kurz in Funktionsweise, Ergebnis und Anwendung vorgestellt.
Englische Auktion
Funktionsweise: Der Anbieter (oder ein von ihm beauftragter Auktionator) nennt zunächst einen Mindestpreis. Diesen können die Nachfrager durch Gebote steigern (Versteigerung), bis ein Gebot erreicht ist, das keiner mehr überbieten möchte. Wer dieses
höchste Gebot abgegeben hat, erhält die Ware zum genannten Preis.
Ergebnis: Unter den Annahmen des independent-private-values-model erhält der Meistbietende den Zuschlag in der Regel zu einem Preis, der niedriger als seine individuelle
Bewertung der Ware ist. Er steigert den Preis ja nur solange, bis der letzte Konkurrent
ausgestiegen ist, auch wenn er selbst unter Umständen viel mehr zu zahlen bereit gewesen wäre. Damit zahlt er nur ein wenig mehr als die zweithöchste Bewertung aller Bieter.
Die Differenz zwischen der höchsten (seiner eigenen) und der zweithöchsten Bewertung
verbleibt beim Nachfrager als Konsumentenrente. Aus Sicht des Anbieters ist dies natürlich eher ungünstig.
Besser ist die Englische Auktion aus Sicht des Anbieters unter den Annahmen des common-value-model. Durch die Besonderheit der Englischen Auktion, dass die Bieter während des Verfahrens Informationen über die anderen Bieter erhalten, wird das Phänomen
des winner’s curse stark abgeschwächt. Bieten beispielsweise viele Konkurrenten lange
mit, kann man daraus schließen, daß sie den Wert relativ hoch schätzen, und der einzelne
wird ermutigt, weiter mitzubieten, was den Preis nach oben treibt.
Anwendung: Wenn die Gebote der einzelnen Nachfrager von den Geboten der Mitbieter
positiv beeinflußt werden, führt die Englische Auktion zu höheren Preisen als die anderen
Auktionstypen und ist damit aus Sicht des Anbieters anzuwenden. Sie ist der bekannteste
und verbreitetste Auktionstyp. Kunst und Antiquitäten werden beispielsweise oft über
Englische Auktionen verkauft.
Vickrey-Auktion
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Funktionsweise: Bei der Second-Price-Sealed-Bid-Auktion oder Vickrey-Auktion (benannt nach ihrem Erfinder; vgl. Vickrey 1961) gibt jeder Nachfrager ein einziges, verdecktes Gebot ab und derjenige mit dem höchsten Gebot erhält die Ware. Er zahlt allerdings nicht den von ihm gebotenen Preis, sondern den Preis des zweithöchsten Gebots.
Ergebnis: Vickrey konnte nachweisen, dass es bei dieser Auktionsart im Interesse jedes
Bieters liegt, ein Gebot genau in Höhe seiner individuellen Bewertung der Ware abzugeben. Unter den Annahmen des independent-private-values-model ist die VickreyAuktion damit äquivalent zur Englischen Auktion.
Anwendung: Trotz ihrer theoretischen Eleganz wird sie in der Praxis selten eingesetzt.
Dies mag daran liegen, daß bei realitätsnahen Annahmen meist eine andere Auktionsart
vorteilhafter ist oder dass der Mechanismus insbesondere für Endkunden verwirrend erscheint. Besonders ungünstig für den Verkäufer ist diese Auktionsart, wenn nur ein Nachfrager stark an der Ware interessiert ist, da dann unter Umständen ein sehr niedriger Preis
zustande kommt. Hier ist es für den Verkäufer wichtig, vorab einen Mindestpreis festzulegen.
First-Price-Sealed-Bid-Auktion
Funktionsweise: Jeder Nachfrager gibt ein einziges, verdecktes Gebot ab und derjenige
mit dem höchsten Gebot erhält die Ware zu dem von ihm gebotenen Preis.
Ergebnis: Unter den Annahmen des common-value-models ist hier die Gefahr des winner’s curse für die Bieter besonders hoch. Dies ist auch nicht im Interesse des Versteigerers, da die Bieter dadurch verleitet werden, aus Vorsicht niedrige Gebote abzugeben.
Besser geeignet ist diese Auktionsart unter den Annahmen des independent-privatevalues-model. Hier ist es gerade von Vorteil, dass die einzelnen Bieter nicht sehen können, wie viel die anderen bieten. Je wichtiger es einem Bieter ist, die Ware zu erhalten,
desto höher wird er bieten. Seine individuelle Bewertung der Ware stellt dabei natürlich
die Obergrenze dar. Im Extremfall ist der zustande kommende Preis gleich der höchsten
Bewertung der Ware unter allen Bietern. (Bei den bisher genannten Auktionstypen konnte dagegen nur die zweithöchste Bewertung als Preis erreicht werden.)
Ist es den Bietern allerdings nicht so wichtig, den Zuschlag zu erhalten, bieten sie spekulativ niedriger und versuchen nur, die vermuteten Gebote der anderen Bieter zu übertreffen. Der zustande kommende Preis ist damit stark von den Vermutungen der Bieter über
die jeweils anderen Bieter abhängig.
Anwendung: Die First-Price-Sealed-Bid-Auktion ist aus Sicht des Anbieters besonders
günstig, wenn die Annahmen des independent-private-values-model weitgehend zutreffen
und es den einzelnen Bietern besonders wichtig ist, den Zuschlag zu erhalten. In diesem
Fall führt sie zu potentiell höheren Preisen als die Englische und die Vickrey-Auktion.
Dies ist in der Realität insbesondere zu erwarten bei sehr wertvollen Gütern (z.B. exklusive Immobilien oder, im umgekehrten Fall einer Ausschreibung, große Staatsaufträge)
und wird noch verstärkt, wenn dem einzelnen Bieter unbekannt ist, wie viele andere Bieter an der Auktion teilnehmen.
Holländische Auktion
Funktionsweise: Vom Auktionator wird ein hoher Startpreis ausgerufen und schrittweise
abgesenkt, bis ein Nachfrager zum aktuellen Preis zu kaufen bereit ist und dies offen zu
erkennen gibt.
Ergebnis: Die Holländische Auktion ist bezüglich des strategischen Verhaltens der Bieter
und des zustande kommenden Preises äquivalent zur First-Price-Sealed-Bid-Auktion.
Anwendung: Sie wird meist eingesetzt bei Waren, die einem starken Preisverfall ausgesetzt sind, beispielsweise Schnittblumen, Tabak oder frischem Fisch.
Allen Auktionstypen gemeinsam ist die Tatsache, dass der zustande kommende Preis
tendenziell um so höher ist, je mehr Bieter an der Auktion teilnehmen.
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4.
Eigenschaften von Online-Auktionen
Im Zuge der zunehmenden Bedeutung elektronischer Märkte im Internet sind zahlreiche
Online-Auktionshäuser entstanden. Dabei kommt insbesondere die Englische Auktion
besonders häufig zur Anwendung, da dieser Auktionstyp besonders von den Vorteilen des
Internet profitiert. Die enorm gesunkenen Kosten der Informationsübertragung und verarbeitung machen es möglich, dass nahezu unbegrenzt viele, weltweit verteilte Bieter
an einer Auktion teilnehmen, die nicht mehr von einem Auktionator, sondern von einer
einfachen Software durchgeführt wird. Die dadurch entstehenden Kostenvorteile machen
Englische Auktionen auch für Güter niedrigen Werts attraktiv. Englische OnlineAuktionen laufen meist über mehrere Tage und sind entweder beendet, wenn eine bestimmte Frist abgelaufen ist oder wenn über eine bestimmte Zeit keine neuen Gebote
eingegangen sind.
Trotz der ökonomischen Vorteile von Auktionen gegenüber dem Festpreissystem werden
Online-Auktionen derzeit in erster Linie als Marketinginstrument eingesetzt. Dadurch
werden auch Waren, die aus theoretischer Sicht eigentlich nicht gut geeignet sind, über
Auktionen verkauft. Ein Grund dafür ist, dass Auktionen von vielen Kunden als unterhaltsame Art des Einkaufs angesehen werden und somit vom Verkäufer genutzt werden,
um Kunden auf seine Website zu locken und zum Kauf auch anderer (Festpreis)Angebote zu verleiten. Dieser Entertainment-Aspekt ist hauptsächlich im Business-toConsumer-Bereich von Bedeutung, im Business-to-Business-Segment dagegen eher zu
vernachlässigen.
Eine andere mögliche Intention des Verkäufers bei einer Auktion kann sein, bei neuen
Produkten mit Hilfe einer Auktion Informationen über die Zahlungsbereitschaften der
Kunden und damit über einen geeigneten Marktpreis für einen anschließenden Festpreisverkauf zu gewinnen (vgl. Skiera 1998).
Online-Auktionen besitzen für den Anbieter die Charakteristika eines Systemgutes: Je
mehr Bieter an der Auktion teilnehmen, desto höher ist der Nutzen für den Verkäufer, da
mit der Zahl der Bieter im Durchschnitt der Preis steigt, der letztlich zustande kommt
(vgl. McAfee/McMillan 1987). Einige Auktionen für spezielle Güter entstehen überhaupt
erst im Internet, weil nur durch die weltweite Verfügbarkeit des Internet die kritische
Masse von Teilnehmern erreicht werden kann. Aus Sicht des einzelnen Bieters stellt sich
die Situation umgekehrt: Er ist daran interessiert, dass möglichst wenige andere Bieter
teilnehmen, damit er nicht bis zu seiner maximalen Zahlungsbereitschaft mitbieten muss.
Dieses Ungleichgewicht ergibt sich aus der monopolistischen Position der Auktionsanbieter, insbesondere wenn sie einzigartige Güter verkaufen (vgl. Abschnitt 1). Die Bieter
können aber von einem Wettbewerb zwischen Auktionshäusern profitieren, die ähnliche
Güter versteigern. Die große (und weiter steigende) Anzahl von Auktionsanbietern im
Internet mit ähnlichem Angebot zeigt, dass hier durchaus Konkurrenz herrscht (vgl.
Schmidt, Weinhardt, Horstmann 1998). Um sich in diesem Wettbewerb behaupten zu
können, müssen Anbieter also Maßnahmen ergreifen, um eine große Teilnehmerzahl zu
erreichen. Im Business-to-Consumer-Bereich besteht eine Strategie darin, ein möglichst
umfangreiches Angebot an zu versteigernden Gütern aufzubauen, wobei der Auktionator
nicht selbst die Güter verkauft, sondern als Market Maker lediglich die Handelsplattform
bereitstellt. Dadurch wird es für viele potentielle Bieter attraktiv, die Web-Site des Auktionators zu besuchen. Die Konkurrenz zwischen den Angeboten wird gleichsam in einem
Handelssystem „internalisiert“. Mit dieser Strategie kann der Market Maker Aufmerksamkeit vieler Nutzer auf sich ziehen und wird sowohl für Anbieter als auch für Nachfrager attraktiv. Für die Versteigerung von Spezialgütern - insbesondere im Business-tobusiness-Bereich - kommt der Fachkenntnis des Auktionators größere Bedeutung zu: Die
Bieter müssen darauf vertrauen können, dass die Qualität der versteigerten Gütern vom
Anbieter richtig beurteilt und garantiert werden kann.
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Die Potentiale von Auktionen im Internet sind bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Dies
ist auch daran zu beobachten, dass laufend neue Auktionsseiten für den Handel mit speziellen Gütergruppen entstehen, für die Auktionen generell den effizienteren Preismechanismus darstellen, die bisher aber aufgrund fehlender Markttransparenz nicht die notwendige Menge von Teilnehmern erreichen konnten. Beispiele wie Auktionsforen für gebrauchte Industrieanlagen oder Überschussproduktion zeigen, dass insbesondere im Business-to-Business-Bereich internet-basierte Auktionen noch ein weites Anwendungsfeld
erschließen können. Für den zukünftigen Erfolg von Auktionen im Business-toConsumer-Bereich wird auch von großer Bedeutung sein, ob es gelingt, Akzeptanz für
Auktionen bei einem breiten Kreis von Konsumenten herzustellen. Denn neben der Bereitschaft, Güter über das Internet zu erwerben, muss der Konsument auch akzeptieren,
dass der Preis für die von ihm gewünschte Ware vorab nicht bekannt ist. Die intensive
Nutzung von Auktionen als Marketinginstrument, die gegenwärtig zu beobachten ist,
kann mit dazu beitragen, dass der Umgang mit diesem Preisfindungsmechanismus zunehmend akzeptiert wird. Doch selbst wenn eine „Auktionskultur“ hergestellt werden
kann, sind der sinnvollen Anwendbarkeit von Auktionen Grenzen gesetzt. Bei standardisierten Gütern mit einem dominanten festen und bekannten Marktpreis, die insbesondere
im Konsumbereich häufig zu beobachten sind, ist der Auktionsmechanismus für den
Anbieter nicht lukrativ, denn das maximale Gebot wird gerade bei diesem „sicheren“
Festpreis liegen, zu dem es auch über alternative Quellen erworben werden kann. Selbst
bei positiven Rahmenbedingungen für die Verbreitung von Internet-Auktionen wird also
der Festpreis erhalten bleiben.
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Literatur:
McAfee, R.P.; McMillan, J.: Auctions and Bidding. In: Journal of Economic Literature,
Vol. 25 (1987), S. 699-738.
Picot, A.; Reichwald, R.; Wiegand, R.: Die grenzenlose Unternehmung, 4. Aufl., Wiesbaden 2000 (im Druck).
Schmidt, C.; Weinhardt, Ch.; Horstmann, R.: Internet-Auktionen – Eine Übersicht zu
Online-Versteigerungen im Hard- und Softwarebereich. In: Wirtschaftsinformatik
40 (1998) 5, S. 450 – 457.
Skiera, B.: Auktionen. In: Albers, S.; Clement, C.; Peters, K. (Hrsg.): Marketing mit interaktiven Medien, Frankfurt 1998, S. 297 - 310.
Vickrey, W.: Counterspeculation, Auctions, and Competitive Sealed Tenders. In: The
Journal of Finance, Vol. 16 (1961), S. 8-37.