ambassade de france - Französische Botschaft
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Frankreich – Info Herausgeber : Französische Botschaft - Presse- und Informationsabteilung Pariser Platz 5 - 10117 Berlin E-Mail: [email protected] Internet: www.botschaft-frankreich.de 10.6.2010 Rede von Botschafter Bernard de Montferrand anlässlich der Verleihung der Insignien eines Ritters im Orden der Ehrenlegion an Geza Freiherr von Geyr Berlin, den 8. Juni 2010 Liebe Freunde, ich habe heute Abend die Ehre, auch Geza von Geyr auszuzeichnen und ihn in den Stand eines Ritters im Orden der Ehrenlegion zu erheben. Mit dieser Auszeichnung, lieber Herr von Geyr, werden Ihre großen Qualitäten gewürdigt. Qualitäten, die Ihnen bald neue Verantwortungen einbringen, nämlich die des Vizepräsidenten des Bundesnachrichtendienstes. Dazu gratuliere ich Ihnen ganz herzlich. Frankreich will heute Ihre beachtliche Rolle in den deutsch-französischen Beziehungen würdigen, besonders in dem so wichtigen Bereich der politisch-militärischen Fragen. Auch Ihre Vorbereitung auf den Beruf des Diplomaten war sehr international. Sie haben in München, Budapest, Wien und Washington Geschichte, Journalistik und Politikwissenschaften studiert. Ihr Interesse galt vorrangig der Geschichte Mitteleuropas. Sie ist für uns von besonderer Bedeutung, denn wer sie nicht kennt, kann Europa nicht verstehen. „The Balkans produce more history than they can consume“, hat Churchill gesagt. Ihr erstes Beschäftigungsfeld im Auswärtigen Amt war der Balkan. Dann haben Sie sich auf europäische Angelegenheiten spezialisiert – in der Generaldirektion Außenpolitik in Brüssel und in der Europa-Abteilung im Auswärtigen Amt. Bevor Sie ins Bundeskanzleramt kamen, haben Sie als außenpolitischer Berater der CDU-CSUFraktion im Bundestag Erfahrungen in der parlamentarischen Arbeit gesammelt und einen sehr politischen Ansatz an die Außenpolitik kennen gelernt. Was aus französischer Sicht an Ihrer Laufbahn auffällt und besonders wertvoll ist, sind Ihre hervorragenden Kenntnisse unseres Landes. Ihr Französisch konnten Sie in einem französischsprachigen Land perfektionieren, nämlich an der deutschen Botschaft in Marokko. Heute möchte ich zu Ihrer Würdigung drei Aspekte Ihres beruflichen Engagements und Ihrer Persönlichkeit besonders hervorheben: www.botschaft-frankreich.de 2 - Die erste Eigenschaft, die alle Ihre Gesprächspartner an Ihnen schätzen und bewundern, ist Ihr sicheres und kluges Urteil. Sie finden immer den notwendigen Abstand zu den Dingen und analysieren Probleme sehr pragmatisch. Ich glaube, Ihre Historiker-Ausbildung und Ihre gute Kenntnis der komplexen Geschichte Mitteleuropas und des Balkan sind eine Erklärung dafür. Die Ereignisse auf dem Balkan haben nach dem Kalten Krieg als erste daran erinnert, dass „Geschichte immer weiter geht“ – und immer tragisch ist. Es war für die Europäische Union eine schmerzhafte Zeit, voller Zweifel und Infragestellungen; aber auch eine Zeit, in der langsam klar wurde, dass man Verantwortung übernehmen muss und dazu effiziente Fähigkeiten zur Stabilisierung und zur Krisenbewältigung braucht. - Die zweite Eigenschaft ist Ihr Engagement für die europäische Verteidigung. Sie gehörten zu denen, die wenig hilfreiche ideologische Debatten und unfruchtbare institutionelle Streitigkeiten beiseite geschoben haben. Sie folgten lieber einem pragmatischen, sehr sachlichen und effizienten Ansatz an die europäische Verteidigung.Wo andere ihre Zeit damit verbrachten, zu zählen, wie viele europäische Fahnen in den Kasernen hingen, haben Sie die einzig richtigen Fragen gestellt: Wie kann Europa zur Bewältigung dieser oder jener Krise beitragen? Und welche Werkzeuge braucht es dazu? Ich glaube, der umfassende Artikel, den die Bundeskanzlerin und der Staatspräsident zur Münchener Sicherheitskonferenz in der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht haben, fasst diesen Ansatz, dem wir jetzt gemeinsam folgen, sehr gut zusammen. Seither ist alles einfacher: Auf beiden Seiten des Atlantik ist klar, dass Europa eine unabhängige, effiziente Verteidigung braucht; und jeder versteht, dass eine konstruktive Beziehung zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten in Sachen Sicherheit notwendig ist. Zu dieser Beziehung gehört ein konstanter Dialog mit den Vereinigten Staaten, damit die Strategien festgelegt werden, die alle befürworten – so wie es bei der neuen Afghanistan-Strategie der Fall war. Natürlich gehört dazu auch eine Einigung über die wesentlichen Grundsätze der Allianz: Zusammensetzung, Strategie, Steuerungsprozesse. All diese Themen sind immer noch Gegenstand der Debatten in der NATO, die stets in einer engen deutsch-französischen Abstimmung vorbereitet werden. Dabei spielen Sie eine maßgebliche Rolle. - Ich möchte heute Abend aber auch und vor allem Ihr Engagement für die deutschfranzösische Zusammenarbeit würdigen. Für die französische EU-Ratspräsidentschaft waren Sie eine der wichtigsten Stützen für das Programm, das wir für unsere Präsidentschaft festgelegt haben, besonders natürlich für die Bereiche Sicherheit und Verteidigung. Ich denke auch an die positive Rolle, die Sie bei der Standortfrage der deutsch-französischen Brigade gespielt haben. Die tiefgreifende Reform der französischen Strukturen hätte Schwierigkeiten bereiten können. Dank Ihnen wurde der Vorschlag von Präsident Sarkozy positiv aufgenommen und umgesetzt, so dass deutsche Einheiten jetzt in Frankreich stationiert sind. Diese Entscheidung war ein weiterer wichtiger Schritt im Leben dieser so symbolträchtigen Truppe. Und nicht zuletzt haben Sie eine Schlüsselrolle gespielt bei der Organisation des NATO-Gipfels in Straßburg, Kehl und Baden-Baden im vergangenen Jahr. Dieser Gipfel zum sechzigsten Jubiläum der Allianz war eine Premiere, denn er wurde zum ersten Mal von zwei Ländern gemeinsam organisiert. Und er war vor allem auch eine starke politische Demonstration der deutsch-französischen Freundschaft. Ich möchte noch eine weitere wichtige Etappe der deutsch-französischen Zusammenarbeit erwähnen, in der Sie eine Schlüsselposition in Berlin hatten, nämlich bei der Verabschiedung der deutsch-französischen Agenda 2020. Dieser ehrgeizige „Fahrplan“ verdankt Ihrem persönlichen Einsatz für die deutsch-französische Beziehung sehr viel. Lieber Geza von Geyr, unsere Zusammenkunft ist für mich auch die Gelegenheit, Ihnen für Ihr Talent und Ihr Engagement im Dienste unserer Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich zu danken. Auch hier wissen wir, dass nichts Nachhaltiges und nichts Solides in Europa und in unserem Verhältnis zu den Vereinigten Staaten entstehen kann ohne eine enge Abstimmung 3 zwischen Deutschland und Frankreich. Natürlich brauchen wir auch die anderen, an erster Stelle Großbritannien. Aber am Anfang stehen immer Frankreich und Deutschland. Die Sicherheit ist ein sehr sensibler Bereich, denn er trifft unsere nationalen Kompetenzen im tiefsten Inneren. Viele beklagen, wir würden nicht schnell genug vorankommen. Das ist sicher richtig. Aber vergleichen wir nur einmal unsere Lage heute mit der vor 20 Jahren, als die Europäische Union weder Kompetenzen, noch Mittel, noch Institutionen im politischmilitärischen Bereich hatte. Die ersten Schritte waren die schwersten; doch dies ist ein Bereich, in dem wir jeden Tag aufs Neue spüren, dass wir mehr Europa und ein besseres Europa brauchen. Und ich bin überzeugt, dass wir die Haushaltskürzungen, die wir gerade überall in Europa erleben, nutzen müssen, um noch mehr zusammen zu arbeiten, damit wir für weniger Mittel bessere Fähigkeiten bekommen. Für Ihren Beitrag zu diesem gemeinsamen Werk, das für die Stabilität Europas und der Welt von wesentlicher Bedeutung ist, und für Ihr Engagement im Dienste der deutsch-französischen Zusammenarbeit macht der Präsident der Republik Sie zum Ritter der Ehrenlegion.